Kitabı oku: «Der Dritte Weg in der Retrospektive», sayfa 6
2.Weltliches kollektives Arbeitsrecht in der Weimarer Republik
Die Weimarer Reichsverfassung war der „Durchbruch“ für die verfassungsrechtliche
Garantie der Koalitionsfreiheit, die Tarifautonomie, die Mitbestimmung durch Betriebsräte, für den sozialen Arbeitsschutz und die Sonntagsruhe, erst die Weimarer Republik hat das Arbeitsrecht aus der Zuordnung zum Dienstvertragsrecht des BGB gelöst.184 Die Reichsverfassung von 1871 hatte das Arbeitsrecht überhaupt nicht erwähnt, im
Zuständigkeitskatalog der Weimarer Verfassung wurde es als besonderes Rechtsgebiet in Art. 7 Abs. 1 Nr. 9 WRV aufgeführt.185
Mit der Frage nach kollektiven Instrumenten des Arbeitsrechts zur Zeit der Weimarer Republik geht auch die Frage nach „Vorgängerregelungen“ des Dritten Weges einher. Wenn auch die Zahl der nach BGB-Dienstrecht Beschäftigten in den Einrichtungen der verfassten katholischen Kirche und Caritas zu dieser Zeit noch nicht sehr hoch war186, so lässt doch die Tatsache, dass das weltliche Arbeitsrecht sich zur Weimarer Zeit weitgehend fortentwickelte, die Frage zu, ob diese Fortentwicklung nicht auch in kirchlichen und caritativen Einrichtungen, möglicherweise auch nur vereinzelt, zur Übernahme oder Etablierung kollektiver Regelungsinstrumente geführt hat und so von Bedeutung für die Entwicklung kollektiver Regelungen im kirchlichen Bereich war,187 evtl. sogar durch einen Rückgriff der Ordnungen zum Dritten Weg auf das, was in Weimar bereits entwickelt worden war. Im säkularen Arbeitsrecht kann man nämlich durchaus eine Kontinuität der Arbeitsrechtssysteme in der Weimarer Republik und für die Zeit nach 1945 konstatieren.188
Auch wenn der Dritte Weg die Mitbestimmung der Dienstnehmer auf überbetrieblicher Ebene regelt, werden hier sowohl betriebliche als auch überbetriebliche Ebene betrachtet, um die Entwicklung kollektiver Elemente und ihre Auswirkungen auf kirchliche Einrichtungen insgesamt zu erfassen.
a)Betriebliche Mitbestimmung
Nachdem 1848 erste politische Versuche des Volkswirtschaftlichen Ausschusses der Paulskirche ein Mitbestimmungsgremium zu schaffen, nicht umgesetzt worden waren, kam es erst Jahrzehnte später zu einer Mitwirkung der Arbeitnehmer auf betrieblicher Ebene. Die 1891 novellierte Gewerbeordnung sah auf freiwilliger Basis zu errichtende Arbeiterausschüsse mit ganz begrenzter Kompetenz in Betrieben mit mindestens 20 Arbeitern vor.189 Eine obligatorische Einrichtung derartiger Ausschüsse sah das 1916 geschaffene Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst190 vor. Das Gesetz enthielt Vorschriften über die Gründung von Arbeiter- und Angestelltenausschüssen in Betrieben, die Schaffung eines Systems paritätisch besetzter Schlichtungsausschüsse sowie die Erweiterung gewerkschaftlicher Kompetenzen. § 11 des Hilfsdienstgesetzes regelte, dass alle Betriebe mit mindestens 50 Arbeitern oder 50 Angestellten Arbeiter- und/oder Angestelltenausschüsse einzurichten hatten. Diesen Ausschüssen oblag es nach § 12, das gute Einvernehmen innerhalb der Arbeiterschaft des Betriebs und zwischen der Arbeiterschaft und dem Arbeitgeber zu fördern. Die Arbeiter- und Angestelltenausschüsse waren befugt, sich zu Lohn- und Arbeitsbedingungen zu äußern.191 Zudem sah § 13 eine Konfliktlösung durch Anrufung eines Schlichtungsausschusses vor. Die Bestimmungen des Hilfsdienstgesetzes bedeuteten einen „neuen Eckpfeiler in dem System organisierter Mitwirkung der Arbeiterschaft in den Fragen des Arbeitsverhältnisses“192 und können rückblickend als Fundament eines modernen Betriebsverfassungsrechts bezeichnet werden.193
Mit der Weimarer Reichsverfassung vom 11.08.1919 und der Etablierung der parlamentarischen Demokratie ging auch die Niederlage der Rätebewegung einher. Die damalige Reichsregierung wollte dennoch die revolutionären Tendenzen der Rätebewegung auffangen und sah in Art. 165 Abs. 2 WRV eine hierarchische Organisation von Arbeiter- und Wirtschaftsräten (Rätesystem) vor, welche dann aber nicht vom Gesetzgeber umgesetzt wurde.194 Das Betriebsrätegesetz vom 04.02.1920195 blieb vielmehr erheblich hinter den Forderungen der Rätebewegung zurück.196 Die Betriebsräte nach dem Betriebsrätegesetz waren eine Fortentwicklung der vor 1918 geschaffenen Arbeiterausschüsse.197 Die Befugnisse der Betriebsräte überschritten die Befugnisse der Angestelltenausschüsse im Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst von 1916198 und das BRG schaffte für Betriebe ab einer Größe von 20 Beschäftigten die Verpflichtung, Betriebsräte wählen zu lassen.
b)Tarifverträge
Die Anfänge des kollektiven Arbeitsrechts bilden die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts und die in deren Umfeld in den 1860er Jahren aufkommende Gewerkschaftsbewegung.199 Die Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund vom 21. Juli 1869 hatte die Bildung von Gewerkschaften zwar erleichtert, Tarifverträge behandelte diese Gewerbeordnung allerdings als nicht einklagbare Naturalobligationen.200 Die Arbeitgeber schlossen sich, reagierend auf die Gewerkschaftsbildung, in Arbeitgeberverbänden zusammen, welche sich zunächst als Abwehrorganisationen gegenüber den Gewerkschaften verstanden.201 Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich die Tarifvertragsidee mehr und mehr durch: Durch kollektiven Zusammenschluss sollte eine Beteiligung an den ökonomischen Marktgesetzen der liberalen Ordnung erreicht werden. Tatsächlich gab es Ende 1913 13.446 Tarifverträge für 170.000 Betriebe mit 2.072.456 Arbeitnehmern, nachdem 1910 das Reichsgericht den Tarifvertrag als rechtsverbindlichen Schuldvertrag anerkannt hatte.202
Im 1918 geschlossenen, sog. Stinnes-Legien-Abkommen203 zwischen 21 Arbeitgeberverbänden und sieben Gewerkschaften wurden die Gewerkschaften als Vertreter der Arbeiterschaft und Kollektivvereinbarungen als Regelungsinstrument anerkannt, es bildete die Grundlage für die sodann noch vor der Verabschiedung der Weimarer Reichsverfassung vom Rat der Volksbeauftragten am 23.12.1918 erlassenen Tarifvertragsordnung.204 Diese gesetzliche Regelung des Tarifrechts sah in § 1 bereits die unmittelbare und zwingende Wirkung des Tarifvertrages unter Anerkennung des Günstigkeitsprinzips vor.205
Die Weimarer Reichsverfassung schuf dann mit Art. 165 WRV eine rechtliche Grundlage des Tarifvertragssystems, 206 Art. 165 Abs. 1 S. 1 WRV enthielt eine institutionelle Absicherung der Koalitionsfreiheit,207 Art. 165 Abs. 1 S. 2 WRV erkannte die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände und die zwischen ihnen geschlossenen Tarifverträge an.208 Zudem garantierte Art. 159 eine Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.
Trotz in der Verfassung erfolgten Ausgestaltung des Tarif- und Betriebsräterechts, fehlte eine Streikgarantie, was dazu führte, dass Arbeitsverträge erst mittels Kündigung gelöst werden mussten, bevor eine legale Arbeitsniederlegung möglich war.209
Im Laufe der Weimarer Republik wurden auch die Gewerkschaften immer schwächer: Nachdem die Anzahl der Gewerkschaftsmitglieder zunächst gestiegen war, ging sie insbesondere nach der Inflation 1923/24 und nach der Wirtschaftskrise 1931/32 nochmals stark zurück, das galt auch für die Anzahl der Arbeitskämpfe.210
3.Arbeitsbeziehungen in verfasster katholischer Kirche und Caritas zur Zeit der Weimarer Republik
a)Mitarbeiterstruktur
Die Anzahl privatrechtlich beschäftigter Mitarbeiter in Caritas und verfasster katholischer Kirche während der Zeit der Weimarer Republik nahm zwar zu,211 allerdings rekrutierten die Kirchen während der Fortentwicklung des Arbeitskampfrechtes in der Weimarer Republik weiter nur im geringen Umfang über den Abschluss privatrechtlicher Dienstverträge Mitarbeiter.212 Im unmittelbaren kirchlichen Dienst waren 1925 insgesamt 89.565 Personen tätig, davon waren allerdings weniger als zwei Drittel (57.782) Arbeiter, Angestellte und Beamte. Letztere herausgerechnet dürfte der Anteil der Arbeiter und Angestellten weniger als die Hälfte der unmittelbar im kirchlichen Dienst tätigen Personen betragen haben.213 Überwiegend wurden die Aufgaben des kirchlichen Dienstes von Priestern, Pfarrern, sonstigen Kirchenbeamten sowie Ordensangehörigen und ehrenamtlichen Helfern übernommen.214 Der Caritasverband strukturierte sich in den 1920ern Jahren neu, sowohl Verwaltungsapparat als auch Ortsgruppen und Fachvereine expandierten.215 Dennoch bestanden in der Caritas 1925 noch unter 5.000 Vertragsverhältnisse.216
Diese noch geringe Anzahl privatrechtlich Beschäftigter soll aber nicht dazu führen, das geltende Arbeitsrecht, insbesondere das kollektive Arbeitsrecht während dieser Zeit schlicht nicht zu betrachten. Denn die eher marginale Quote der aufgrund eines BGB-Dienstvertrages Beschäftigten kann nicht Gradmesser für die Relevanz der Entwicklung der Arbeitsrechtsregelungen sein. Trotz der nur geringen Anzahl der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages Beschäftigten soll betrachtet werden, nach welchen Bestimmungen diese beschäftigt wurden. Nur so kann eine eventuell hier schon erfolgte Etablierung kollektiver Regelungsinstrumente festgestellt und so ein möglicher Rückgriff der Ordnungen zum Dritten Weg auf das, was in Weimar bereits entwickelt worden war, bestätigt oder ausgeschlossen werden.
b)Kollektives Arbeitsrecht in verfasster katholischer Kirche und Caritas?
aa)Betriebliche Mitbestimmung in verfasster katholischer Kirche und Caritas?
Chronologisch sind anknüpfend an die oben dargestellte Rechtslage im weltlichen Recht zunächst die Angestelltenausschüsse zu betrachten, welche nach dem Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst zu bilden waren. Nach der am 23. Dezember 1918 in Kraft getretenen Tarifvertragsordnung, deren § 8 anordnete, dass in allen Betrieben mit mindestens 20 Arbeitnehmern ein Angestelltenausschuss zu errichten ist, wurde an der Zentrale des DCV in Freiburg im März 1919 ein solcher Ausschuss gewählt.217 Die Aufgaben dieses Angestelltenausschusses bestanden neben der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen der Angestellten darin, „in Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber darüber zu wachen, dass in dem Unternehmen die maßgebenden Tarifverträge durchgeführt werden, [und] soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht im Einvernehmen mit den beteiligten wirtschaftlichen Vereinigungen der Angestellten bei der Regelung der Löhne und sonstigen Arbeitsverhältnisse mitzuwirken; das gute Einvernehmen innerhalb der Angestelltenschaft sowie zwischen dieser und dem Arbeitgeber zu fördern; ihr Augenmerk auf die Bekämpfung der Unfall- und Gesundheitsgefahren in dem Betriebe, der Verwaltung oder dem Büro zu richten[…].“218
Thematisch ging es bei dem Angestelltenausschuss des DCV vor allem um Gehaltsfragen, der Ausschuss konnte sich zur Regelung der Gehaltsverhältnisse unmittelbar an den Zentralrat des DCV wenden.219 Das geschah auch tatsächlich, die Leitung des DCV war bereit, die mit dem Angestelltenausschuss besprochene Erhöhung der Gehälter zu zahlen, wies aber darauf hin, dass die „Caritas kein Erwerbsgeschäft, sondern ein Wohltätigkeitsunternehmen“ sei.220 Die Arbeit der Angestelltenausschüsse betraf auch im weltlichen Bereich aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten meist Lohnerhöhungen.221
Die Fortentwicklung der Angestelltenausschüsse durch das Betriebsrätegesetz (BRG) vom 4. Februar 1920 und deren weitreichendere Befugnisse traf auch die Kirchen und ihre Einrichtungen. Diese waren vom BRG nicht ausgenommen, gem. § 9 BRG waren „alle Betriebe, Geschäfte und Verwaltungen des öffentlichen und privaten Rechtes“ vom sachlichen Geltungsbereich des BRG erfasst. § 67 BRG ließ den kirchlichen Einrichtungen aber das Privileg eines Tendenzbetriebes insoweit zukommen, als § 67 BRG i.V.m. § 66 Ziff. 1, 2 BRG bestimmte, dass eine Mitbestimmung des Betriebsrates in wirtschaftlichen Angelegenheiten bei Betrieben, die politischen, gewerkschaftlichen, militärischen, konfessionellen, wissenschaftlichen, künstlerischen und ähnlichen Bestrebungen dienen, ausscheide, soweit die Eigenart dieser Bestrebungen es bedinge.222 Die Religionsgemeinschaften waren nicht wegen ihrer Besonderheit als Kirche, sondern als „Unternehmen mit geistig ideeller Bestimmung“ aus dem Anwendungsbereich des BRG ausgenommen.223 Die Geltung des BRG auch für Religionsgemeinschaften (als Tendenzbetriebe) war damit ohne Frage, sodass diese gehindert waren, eigene Regelungen der Betriebsverfassung zu erlassen.224 Auch beim DCV wurde im April 1920 ein Betriebsrat gewählt.225
Eine flächendeckende Bildung von Betriebsräten in kirchlichen Einrichtungen blieb nach der Schaffung des BRG aus.226 Der persönliche Anwendungsbereich des § 10 BRG erfasste Arbeitnehmer, und nahm vor allem diejenigen Personen aus dem Anwendungsbereich heraus, deren „Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerbe dient, sondern mehr durch Rücksichten der körperlichen Heilung, der Wiedereingewöhnung, der sittlichen Besserung oder Erziehung oder durch Beweggründe charitativer, religiöser, wissenschaftlicher oder künstlerischer Art bestimmt wird“. Die Voraussetzung für die Bildung von Betriebsräten in kirchlichen Einrichtungen nach dem BRG war demnach nicht aufgrund des persönlichen Anwendungsbereichs per se ausgeschlossen, denn wie oben227 gezeigt, beschäftigten die Kirchen auch Arbeitnehmer, die sich auf das BRG berufen konnten.228 In der einschlägigen Literatur werden häufig keine Initiativen zur Einrichtung von Betriebsräten in den Einrichtungen der Caritas und verfassten katholischen Kirche festgestellt, unter anderem auch mit der Erklärung, die Einrichtungen hätten nicht über die nach § 1 BRG erforderliche Anzahl von 20 beschäftigten Arbeitnehmern pro Betrieb verfügt.229
bb)Tarifverträge in verfasster katholischer Kirche und Caritas?
Die erste gesetzliche Regelung des Tarifrechts erfolgte durch die Tarifvertragsordnung vom 23. Dezember 1918230, die keine Sonderstellung für Betriebe mit geistig-ideeller Zielsetzung vorsah.231 Ein gesetzlich geregelter Tendenzschutz ist bis heute nicht in das TVG aufgenommen. Das bedeutet freilich nicht, dass es einen solchen auf tariflicher Ebene nicht gibt, denn die von der jeweiligen Tendenzregelung erfasste Eigenart wird von den Tendenzschutzregeln lediglich anerkannt und nicht erst durch diese begründet.232 Historisch beschreibt Dörrwächter das Nichtbestehen einer tariflichen Tendenzregelung zur Zeit der Weimarer Republik damit, dass die Problematik eines Tendenzschutzes keine Rolle gespielt habe, da man zum einen vom Verbot bestimmter Klauseln im Tarifvertrag bewusst abgesehen habe, um deren Zulässigkeit im Einzelfall der Rechtsprechung zu überlassen, zum anderen gesetzliche Regelungen im Hinblick auf den näheren Inhalt der Tarifverträge ablehnte.233 Weitere Entwürfe für ein Tarifvertragsgesetz zur Zeit der Weimarer Republik sahen keine Tendenzregelungen vor.234
Da die Rechtslehre zur damaligen Zeit einen Sonderstatus für kirchliche Arbeitnehmer nicht diskutierte, könnte man in den Kirchen und ihren Einrichtungen eine ähnliche Anzahl an Tarifverträgen wie in weltlichen Betrieben zur Zeit der Weimarer Republik vermuten. Aufgrund der noch geringen Anzahl der nach BGB-Dienstvertragsrecht Beschäftigten235 kam es jedoch nur selten zu Tarifvertragsabschlüssen mit kirchlichen Einrichtungen. Jähnichen führt dazu als Beispiel den 1919 geschlossenen Tarifvertrag zwischen Berliner Stadtsynode und den dortigen Friedhofsmitarbeitern an. Weitere Beispiele hat Schatz236 erforscht, diese stammen alle aus dem Bereich der evangelischen Einrichtungen.237 Zur Zeit der Weimarer Republik gab es also gewerkschaftlich verhandelte Tarifverträge mit evangelischen kirchlichen Arbeitnehmern. Dies lässt sich für katholische Kirche und Caritas allerdings nicht konstatieren. So ließ sich die Feststellung von Wacke, das Erzbistum Köln habe während der Zeit der Weimarer Republik Tarifverträge abgeschlossen,238 so, auf Grundlage der hier erfolgten Untersuchung, nicht bestätigen. Bereits Schmadtke hatte am 10. Oktober 1949 für seine Dissertation239 beim Erzbistum Köln nach derartigen Unterlagen gefragt und um Übersendung eines entsprechenden Exemplars gebeten. Auch Schmadtke hatte die Angabe bei Wacke gefunden, dass im Erzbistum Köln ein Tarifvertrag bestanden habe.240 Schmadtke selber schreibt dazu in seiner Arbeit, dass es ihm „nicht gelungen sei, in entsprechende Unterlagen Einsicht zu nehmen.“241 Vielmehr war es wohl so, dass der Reichsangestelltentarifvertrag (RAT) vom 2. Mai 1924 und der Angestelltenvertrag für die preußische Staatsverwaltung (PAT) vom 30. Juni 1924 kraft besonderer Vereinbarungen in den Anstellungsverträgen des Erzbistums übernommen wurden.242 Allerdings wies bereits Keßler243 darauf hin, dass es in den 1920er Jahren Versuche katholischer kirchlicher Arbeitnehmer gab, Tarifverträge im Wege der Zwangsschlichtung durchzusetzen. Der Schlichtungsausschuss Kempten lehnte am 20. Oktober 1921 einen Antrag des Reichsverbandes der katholischen Kirchenbeamten auf Festsetzung eines Tarifvertrages zwischen den weltlichen Kirchendienern verschiedener Gemeinden und diesen Gemeinden ab, weil die Regelung nur eine geringe Zahl von Arbeitnehmern betreffe, deren äußerst unterschiedliche Arbeitsverhältnisse nur durch Einzelvereinbarung geregelt werden könnten und gegen eine Zwangsschlichtung auch der religiöse Charakter der Arbeit spreche.244 Einen ähnlichen Antrag des Reichsverbandes der katholischen Kirchenbeamten wies der Schlichtungsausschuss Stuttgart am 30. Januar 1928 zurück, da die betroffenen hauptamtlichen Mesner in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis stünden und es somit an der sachlichen Zuständigkeit des Schlichtungsausschusses fehle.245
c)Exkurs: Der Reichsverband der katholischen Kirchenangestellten
In diesen Fällen hatte jeweils der Reichsverband katholischer Kirchenbeamter die Schlichtungsausschüsse angerufen. Dieser Reichsverband war eine Interessenvertretung der kirchlichen Arbeitnehmer, der auch heute noch als „Zentralverband der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Einrichtungen der kath. Kirche Deutschlands e.V. (ZKD)“ besteht und in der Entwicklung des Dritten Weges keine unbedeutende Rolle spielt, weshalb hier kurz auf seine Historie eingegangen werden soll.246
Grundstein dieses noch heute bestehenden Berufsverbandes war der 1905 gegründete Küsterverein des Kreises Düren, der sich im Anschluss an die seit 1877 bzw. 1893 bestehenden Berufsgemeinschaften „Unterstützungsverein römisch-katholischer Küster der Diözesen von Rheinland und Westfalen“ und „Allgemeiner Deutscher Organistenverein“ bildete, um „mit allen Berufskollegen gemeinsam das Ziel, dem Kirchenangestelltenstand eine höhere Bewertung zu geben, erreichen zu können“.247 1909 konstituierte sich dann die Vereinigung „römisch-katholischer Küster Preußens e.V.“, die sich zu einer anerkannten Standesgemeinschaft entwickelte, ehe der Erste Weltkrieg und die ihm folgende Inflation den Zusammenschluss in mehrere Gruppen zerfielen ließen. Als die Bischofskonferenz 1922 die Besoldung der Kirchenangestellten den staatlichen Besoldungsgruppen anpasste, bekam die Vereinigung neuen Auftrieb: 1924 schlossen sich die einzelnen Gruppen über die Diözesen von Rheinland und Westfalen hinaus zum „Zentralverband deutscher katholischer Kirchenbeamten e.V. Sitz Düsseldorf“ zusammen. Anders als der Name andeuten mag, vertrat der Verband nicht „Beamte“ im heutigen öffentlich-rechtlichen Sinn. Der Begriff „Kirchenbeamter“ wurde damals vielmehr häufig benutzt, ohne dass damit das Verständnis im Sinne des herkömmlichen Beamtenrechts gemeint war. Insoweit stellte bereits Zahn klar: „Dem katholischen Kirchenrecht ist der Begriff des Kirchenbeamten fremd; wenn daher auf innerkirchlichem Gebiet vom Kirchenbeamten gesprochen wird, handelt es sich nicht um einen Rechtsbegriff, der etwa eine kirchenrechtliche Stellung der betreffenden Person ausdrücken soll, sondern um eine Bezeichnung aus dem Sprachgebrauch des täglichen Lebens. Der Ausdruck Kirchenbeamter wird innerkirchlich sowohl für die Träger jeden Kirchenamtes gebraucht, wie auch beschränkt auf die Kirchendiener, die kein Kirchenamt im eigentlichen Sinn bekleiden.“248 Die Nutzung des Beamtenbegriffs im Sinne des herkömmlichen Beamtenrechts wird in der Sprache der staatlichen und kirchlichen Gesetzgebung der zwanziger Jahre nur für den evangelischen Bereich verwendet.249 Der Begriff Beamter ist, wie Löhr250 zeigt, zu dieser Zeit weder ein rechtlicher noch ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich um Beamte im Sinne des öffentlichen Beamtenrechts handelt. Hinzu kommt, dass die katholische Kirche, anders als die evangelische Kirche, nur in geringem Umfang von der Anstellung Beamter Gebrauch gemacht hat und macht, so bestanden 1925 in der verfassten evangelischen Kirche 38.160 Statusverhältnisse, in der verfassten katholischen Kirche zur selben Zeit 16.395 Statusverhältnisse.251
Der Zentralverband blieb auch während der Herrschaft der Nationalsozialisten bestehen und es gelang, seine Gleichschaltung und sein Aufgehen in der Deutschen Arbeitsfront zu vermeiden. Durch einen Erlass der deutschen Bischöfe wurde er 1934 zum „Reichsverband der deutschen katholischen Kirchenangestellten“ erweitert, ihm sollten alle kirchlichen Laienangestellten beitreten. Dazu zählten: Küster, Organisten, Küster-Organisten, Chorleiter, hauptamtliche Rendanten und sonstige an den Kirchen hauptamtlich tätige männliche Personen, ferner Laienangestellte bei den Bischöflichen Ordinariaten, den Gesamt- und Gemeindeverbänden und den kirchlichen Instituten sowie die hauptamtlich im Kirchendienst tätigen Musiker. Für die Anstellung im Kirchendienst sollte ab dem 1. Januar 1937 die Mitgliedschaft im Reichsverband Voraussetzung sein, sie war Gegenstand des Arbeitsvertrages.252 In Zusammenarbeit mit dem Reichsverband erarbeiteten einige Diözesen Rechtsgrundlagen für Anstellung und Altersversorgung, die zur Regelung der Dienstverhältnisse der Kirchenangestellten dienten. In der Zentrale des damaligen Reichsverbandes in Essen waren die Formblätter für die Verträge zu erwerben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte der Reichsverband seinen Namen in „Zentralverband katholischer Kirchenangestellter Deutschlands (ZKD)“ und blieb als Berufsverband aktiv. So nahm er insbesondere in Nordrhein-Westfalen Einfluss auf die Anfang der 1970er Jahre von den Bistümern Aachen, Köln, Münster, Paderborn und Essen beschlossene Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO).253 1971 schlossen der Arbeitskreis der Diözesen in NRW (Vorgänger der Personalwesenkommission) und der ZKD einen Vertrag zur Bildung des „Arbeitskreises für berufliche und arbeitsrechtliche Belange der Kirchenangestellten“.254 1975 bildeten der ZKD und die Diözesen NRW eine „Ständige Kommission für berufliche und arbeitsrechtliche Belange der Kirchenangestellten“, welche in Fragen der KAVO und Fragen sonstiger vergütungs-, arbeits-, und sozialrechtlicher Art verhandelte.255 Bis heute besteht der Verband und ist am Dritten Weg im Bereich der Diözesen in Nordrhein-Westfalen durch das Entsendungsrecht von Mitgliedern unmittelbar am Verfahren der Regional-KODA beteiligt.256