Kitabı oku: «Sich einen Namen machen», sayfa 11

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3.4.3 Graphische Markierung der Namen

Die onymische Markierung kann auch auf graphischer Ebene erfolgen, d.h., dass Namen – insbesondere, wenn sie syntaktisch integriert sind – durch verschiedene graphische bzw. visuelle Mittel vom restlichen Text abgesetzt werden. Voraussetzung für das Wirksamwerden dieser Mittel ist allerdings eine Realisierung der Namen im Medium der Schrift. KALVERKÄMPER formuliert dazu 1978 folgende Ausgangsbeobachtung:

Nicht nur das Sprachsystem selbst kann die Determination auf propriale Kommunikationsfunktion eines Sprachzeichens erbringen; es stehen auch Signale außerhalb des Sprachsystems zur Verfügung, die entweder allein oder gemeinschaftlich mit der Sprache die Festlegung eines Sprachzeichens als Proprium übernehmen. (1978: 309f.)

Er spricht dabei von einer „Transposition“ (KALVERKÄMPER 1978: 312), die die Graphie leistet, indem sie ein Wort in die Substantivklasse der Namen überführt.1 Mit den Strategien der graphischen Auszeichnung von Namen haben sich bisher allerdings nur einige wenige Autoren beschäftigt, was erstaunlich ist, weil viele Zeitungen und Magazine bei Namen von speziellen Auszeichnungstechniken Gebrauch machen.2 Ein Aufsatz, der gezielt die Kennzeichnung von Namen durch graphische Mittel thematisiert, stammt von TIPPE, der diesbezüglich auch von der „Leistung graphischer Elemente“ spricht (1995: 349). Den Beobachtungen von KALVERKÄMPER (1978) und TIPPE (1995) folgend, wird diese Möglichkeit der onymischen Markierung im Folgenden als graphische Markierung bezeichnet.

Die onymische Markierung durch graphische Mittel ist für einige Namenklassen weniger relevant als für andere. Bei Ruf- und Familiennamen sowie geographischen Namen ergeben sich kaum Abgrenzungsprobleme, weil die Differenzierung in der Regel bereits auf verschiedenen sprachlichen Ebenen und insbesondere auf graphematischer Ebene geleistet wird. Das zeigt sich auch daran, dass diese Namen in Texten, z.B. in Zeitungsberichten, selten durch Kursivschreibung, Fettschreibung etc. hervorgehoben werden. Schwieriger ist die Unterscheidbarkeit hingegen bei voll-transparenten – KALVERKÄMPER spricht auch von „appellativ-homophon[en]“ – Namen (1978: 317). Diese finden sich nach NÜBLING ET AL. bei einer Sortierung der Namen anhand ihrer Individualität und Belebtheit insbesondere in den „unteren Klassen“, also den Namen mit einem geringen Individualitäts- und Belebtheitsgrad (2015: 105).3 Namenklassen wie Ergonyme (z.B. Warennamen, Unternehmensnamen, Institutionsnamen), Praxonyme (z.B. Kriegsnamen, Revolutionsnamen und Veranstaltungsnamen) sowie Phänonyme (z.B. Namen von Großbränden, Hoch- bzw. Tiefdruckgebieten, Wirbelstürmen und Sturmfluten) weisen demzufolge oft „nicht-onymische […] Bausteine“ wie Appellative, Adjektive und Präpositionen auf und sind demzufolge anfälliger für Verwechslungen (NÜBLING ET AL. 2015: 105).

Wegen ihrer größeren Nähe zu den „Normalstrukturen“ erkennt man den Namenstatus der unteren Klassen nicht so schnell von außen […] wie bei prototypischen Namen, die von zahlreichen Abweichungen auf allen Ebenen Gebrauch machen […]. (NÜBLING ET AL. 2015: 105)

Der Bedarf zur Abgrenzung besteht nicht nur an der Schnittstelle von Onomastikon4 und Lexikon, sondern auch innerhalb des Onomastikons selbst, denn einige Namenklassen machen vom gleichen Inventar Gebrauch. Bei den Namen für Hoch- und Tiefdruckgebiete werden beispielsweise Rufnamen genutzt und somit quasi „von oben recycelt“ (NÜBLING ET AL. 2015: 104). Auch die Namen von IKEA-Möbeln werden aus Namen anderer Namenklassen gebildet, wie sich an BILLY (Rufname), HEMNES (Kommune in Norwegen) und TYLÖSAND (schwedisches Küstendorf) zeigen lässt. TIPPE weist daher darauf hin, dass die graphische onymische Markierung nicht nur bei der Unterscheidung von Name und Appellativ relevant wird, sondern auch „eine weitergehende Differenzierung innerhalb einer Klasse oder Teilklasse der Eigennamen“ ermöglicht (1995: 349).

Diese Einheiten werden daher oft durch eine besondere Auszeichnung vom restlichen Text abgegrenzt. Nach NÜBLING ET AL. kann diese Auszeichnung über verschiedene Techniken erfolgen, z.B. durch Anführungszeichen (wie in „Neue Westfälische“), Kursivierung (die Neue Westfälische), Fettdruck (die Neue Westfälische), Kleinschreibung als „Kontrastmittel“ (neue westfälische), Binnenkleinschreibung („KAUFhOF“), farbliche Markierung oder einen Wechsel der Schriftart (2015: 90). NÜBLING ET AL. nehmen bei diesen Auszeichnungstechniken keine weitere Unterscheidung vor. Bei einer Auszeichnung durch Anführungszeichen sind es hinzutretende Zeichen, die die sprachliche Einheit als Onym markieren. Bei Fettdruck, Kursivierung, Kleinschreibung etc. sind es hingegen die Formausstattungsmerkmale der Schrift selbst, die die Markierung leisten.5 Es ist also eine typographische Ressource, die genutzt wird – gegenüber den Anführungszeichen als graphematische bzw. orthographische Ressource.

KALVERKÄMPER macht die „transponierende Funktion“ der Graphie anhand einiger Beispiele deutlich. Er bezieht sich dabei u.a. auf die Schlagzeile „Gericht vertagt Entscheidung über ‚Capital‘“ und die Anzeige „Jetzt in ELTERN: Das Beste aus SCHULE“ (1978: 315). Bei „Eltern“ und „Schule“ handelt es sich um die Namen von Zeitschriften, was in der Anzeige durch die Majuskelschreibung kenntlich gemacht wird. Auf was der Name „Capital“ referiert, wird bei KALVERKÄMPER nicht geklärt, als Leser kann man durch die Anführungszeichen lediglich auf den onymischen Status dieser Einheit schließen. Sowohl in der Schlagzeile als auch in der Anzeige werden somit sprachliche Einheiten durch spezielle graphische Auszeichnungsverfahren als Namen markiert, wobei sich in beiden Beispielen auch weitere „Marker“ erkennen lassen. Bei „Capital“ „sollte man nicht den ,exklusiven‘ Wert des initialen C statt – beim appellativisch verwendeten Monem – K vergessen“, bei „SCHULE“ weist beispielsweise das Fehlen eines Artikels (der) oder Pronomens (ihrer, unserer, meiner) auf die onymische Lesart hin (KALVERKÄMPER 1978: 315).

In einigen Fällen wird die onymische Kennzeichnung ausschließlich durch graphische Elemente geleistet. TIPPE (1995: 352) nennt Beispiele wie „… im muffigen Dachstübchen des KÖNIGS VON MAZEDONIEN“ und „Er … ist nicht ohne Grund Vorsitzender der GEGENSEITIGEN BAUERNHILFE“, in denen die Majuskelschreibung anzeigt, dass die betreffenden Einheiten nicht appellativisch, sondern als Namen zu lesen sind.6 TIPPE geht sogar so weit, die Graphie in diesen Fällen, in denen sie einen Bedeutungsunterschied herbeiführt, als eine Art „distinktive[s]“ Merkmal zu interpretieren (1995: 349).

Eine weitere Technik zur onymischen Markierung stellt die Nutzung von „BinnenGroßschreibung“ (DÜRSCHEID 2000: 240) oder „Binnenmajuskelschreibung“ (MÜLLER 2016) dar.7 Dabei handelt es sich nach MÜLLER um

ein vergleichsweise junges schriftsprachliches Phänomen des Majuskelgebrauchs […], bei dem nicht-initiale Majuskeln in onymischen Konstrukten verwendet werden, die sich nicht als Akronyme oder Kurzwörter interpretieren lassen, da ihnen die korrespondierende graphemische Vollform fehlt. (MÜLLER 2016: 103)

STEIN, der das Phänomen der Binnenmajuskel 1999 ausführlich beschrieben hat, arbeitet in seinem Beitrag heraus, dass Binnenmajuskeln aus morphologisch-struktureller Perspektive insbesondere in Komposita auftreten und die Majuskel dabei typischerweise die Grenze zwischen den Konstituenten markiert (1999: 275). Als Beispiele für dieses Prinzip lassen sich InterCityHotel, KomfortSchlafwagen und PowerPoint anführen, bei denen die Majuskeln jeweils an einer Morphemgrenze erscheinen. Die Funktionalität dieser Schreibungen bewertet STEIN dabei folgendermaßen:

Wegen ihrer Auffälligkeit (Blickfang) dient die Binnenmajuskel als Aufmerksamkeitssignal, und sie wertet die Wörter, in denen sie auftritt, graphisch auf, verleiht ihnen den Charakter von Eigennamen (Onymisierung). Als graphostilistische Abweichung besitzt sie einen Mehrwert gegenüber den konventionellen Schreibweisen, der in der Werbung gezielt genutzt wird. (STEIN 1999: 276)

Die Wörter seien durch einen bewussten Verstoß gegen die amtliche Norm folglich auffälliger und würden damit besser im Gedächtnis bleiben.8 Der Gedanke, dass die Binnenmajuskel auch den Eigennamencharakter von sprachlichen Einheiten betont, wird bei MÜLLER (2014, 2016) noch verstärkt. Er stellt heraus, dass Binnenmajuskeln gerade „als Signal eingesetzt werden, um den Eigennamencharakter schriftsprachlicher Entität gegen eine alternativ mögliche appellativische Lesart abzugrenzen“ (2016: 105).9 Insbesondere bei vollständig transparenten Namen, bei denen eine Verwechslung mit Appellativen möglich ist, wie in KalenderBlatt, BioBackHaus und GartenShop, werde der onymische Status durch die Sonderschreibung markiert. Die Binnenmajuskelschreibung kann damit ebenfalls eine bedeutungsunterscheidende Funktion erfüllen, weil sie dem Leser anzeigt, die sprachliche Einheit nicht als Appellativ, sondern als Namen zu lesen (MÜLLER 2016: 106).10

Mit der Übernahme eines im Bereich der EDV ausgebildeten grafischen Musters, das über die enorme Bedeutung des Internets und seinen Einfluss auf Rezeptions- und Produktionsgewohnheiten in den letzten Dekaden auch im schriftsprachlichen Alltag anschlussfähig geworden ist, bildet Binnenmajuskelschreibung eine praktikable Möglichkeit zur Eigennamenauszeichnung, die sich den etablierten orthografischen Mitteln insofern als überlegen erweist, als sie 1) den Eigennamencharakter des Komplexes eindeutig markiert, dabei zugleich 2) den Aufbau der Zusammensetzung transparent macht, ohne damit 3) vorzeitiges syntaktisches Parsing der Teilausdrücke auszulösen oder 4) als okkasionelle Spontanbildung missverstanden zu werden. (MÜLLER 2016: 109)

Nach MÜLLER bietet die Binnenmajuskelschreibung damit ein besonders eindeutiges Verfahren der onymischen Markierung. Gegenüber Anführungszeichen, die im Schriftsystem etwa auch direkte Rede markieren, haben sich bei der Binnenmajuskelschreibung bisher noch keine weiteren spezifischen Funktionen herausgebildet.

3.5 Zusammenfassung

Namen sind hier als eine Subkategorie der Substantive eingeführt worden, die sich von anderen Vertretern dieser Wortart sowohl in funktionaler als auch in grammatischer Hinsicht unterscheiden. Namen lassen sich, je nach Objektbezug, in Anthroponyme, Toponyme, Ergonyme etc. unterteilen. Je nach Namenklasse können sich auch die Funktionen der Namen unterscheiden.

Der sprachliche Bezug auf ein einziges Referenzobjekt (Monoreferenz) ohne Aktivierung einer lexikalischen Bedeutung oder eines Konzeptes (Direktreferenz) wurde hier als Primärfunktion der Namen angenommen. Monoreferenz wird allerdings von Warennamen nur eingeschränkt hergestellt, da die Produkte massenhaft produziert werden und der Name folglich auf unzählbar viele Objekte verweist (NÜBLING ET AL. 2015: 48). Dafür weisen Warennamen nicht selten charakterisierende Eigenschaften auf, was für deutsche Ruf- und Familiennamen prinzipiell nicht gilt. Auch erschöpfen sich die Funktionen der Namen nicht in den hier diskutierten. Für literarische Namen wird in der onomastischen Literatur eine Fülle weiterer Funktionen herausgearbeitet, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll.1

Der viel diskutierten Frage nach der Semantik der Eigennamen wurde in diesem Kapitel nachgegangen, indem zunächst die für die Linguistik wichtigsten Konzepte zu dieser Frage beschrieben und diskutiert sowie anschließend die verschiedenen Bedeutungsebenen von Namen gegeneinander abgegrenzt wurden. Dabei zeigte sich u.a., dass Namen – auch wenn sie bei ihrer Monoreferenz keine lexikalische Bedeutung aktivieren – nichtsdestotrotz konnotative Bedeutungen auslösen können. Es wurde daher – auch im Hinblick auf die Untersuchung der Graffitinamen – dafür plädiert, bei Namen von einem weiteren Bedeutungsbegriff auszugehen und auch „andere“ Arten der Bedeutungsgenerierung zu berücksichtigen.

Des Weiteren wurden in diesem Kapitel unterschiedliche Formen der onymischen Markierung beschrieben. Dieser Aspekt ist für die Beschäftigung mit Graffitinamen äußerst relevant, weil in dieser Arbeit u.a. geklärt werden soll, wie im Graffiti der onymische Status von Einheiten indiziert wird. Dies muss diese Arbeit sogar leisten, weil die Graffitinamen im Korpus andernfalls gar nicht identifiziert werden könnten. Dafür bot es sich an, zunächst die Verfahren der Markierung zu beschreiben, die sich in anderen Namenarten finden. Strukturelle Unterschiede zwischen Name und Appellativ, die daraufhin dargestellt wurden, betreffen die phonologische und prosodische, morphologische, graphematische und syntaktische Ebene. Es zeigte sich, dass bei vielen Namenarten insbesondere der Graphematik eine wichtige Rolle bei der onymischen Markierung zukommt. Diachron ist dieser Umstand so zu erklären, dass bei sehr alten Namenarten wie beispielsweise den Familiennamen und Siedlungsnamen, die sich bereits vor Jahrhunderten entwickelt haben, im Wortkörper oftmals regionale und/oder alte Schreibungen konserviert sind. Synchron lassen sich diese Schreibungen folglich als onymische Marker interpretieren. Diese onymische Kennzeichnung auf der Ebene der Graphematik wird allerdings in erster Linie dann wirksam, wenn der Name medial schriftlich realisiert ist. Bei einer gesprochensprachlichen Realisierung sind „graphematische Marker“ wie in Mueller, Roth und Schmid wirkungslos – sofern sie nicht auch zu einer abweichenden Aussprache führen.

Anschließend wurden in einem separaten Teilkapitel auch andere – d.h. nicht grammatische – Möglichkeiten der onymischen Markierung thematisiert. Im Medium der Schrift ergeben sich nämlich noch weitere Optionen der onymischen Auszeichnung: Hier können Wörter und Phrasen mithilfe graphischer Mittel als Namen ausgezeichnet werden. Dieses Verfahren ist insbesondere für diejenigen Namen relevant, bei denen sich am Namenkörper selbst keine graphematische, morphologische oder phonologische Markierung findet, die Grammatik also keine Differenzierung leistet. An dieser Stelle können die graphischen Mittel indizieren, wie eine Form zu lesen ist. Um eine Form als Namen auszuzeichnen, kann auf verschiedene Techniken und Verfahren zurückgegriffen werden, wobei hier beispielhaft das Phänomen der Binnenmajuskelschreibung ausführlicher beschrieben wurde. Die graphische Gestaltung kann – so wurde argumentiert – sogar zu einer Art „distinktivem Merkmal“ werden, wenn sie alleinig die Differenzierung zwischen Name und Appellativ leistet.

4. Pseudonyme

Nachdem Namen bisher aus einer weiten linguistischen Perspektive betrachtet wurden, geht es im folgenden Abschnitt um das Pseudonym als eine spezifische Form des Personennamens. Die Perspektive verengt sich an dieser Stelle auf das Pseudonym, weil die Graffitinamen – wie im Folgenden noch zu zeigen ist – dieser Namenart zugeordnet werden können. Aus diesem Grund wird im vorliegenden Kapitel dargestellt, wie das Pseudonym in der bisherigen onomastischen Forschung beschrieben wurde und worin das Erkenntnisinteresse dieser Studien lag.

4.1 Positionierung im System der Personennamen

Ein Pseudonym ist ein „[z]usätzlich angenommener, selbst gewählter Name einer Person, der vom wirklichen Namen ablenken soll (z.B. wegen politischer Verfolgung; häufig auch bei Künstlern)“ (BUSSMANN 2008: 561). Es bildet damit eine Art Gegenstück zum bürgerlichen Namen, der als „der standesamtlich beurkundete und im behördlichen Datensatz gespeicherte Geburtsname einer Person“ verstanden wird (GLÄSER 2009: 507, Hervorh. i.O.). Als Name einer Person bildet das Pseudonym zusammen mit dem Rufnamen, dem Familiennamen und dem Spitznamen die Namenklasse der Anthroponyme. Es unterscheidet sich von den Namenarten dieser Kategorie jedoch in mehrfacher Hinsicht, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden.

Im Deutschen existiert ein zweiteiliges Personennamensystem, das aus den Komponenten Rufname und Familienname besteht. Beide Komponenten dieses beim Standesamt beurkundeten Personennamens erfüllen eine eigene Funktion: Der Familienname weist den Namenträger als Mitglied einer Familie aus und wird bei der Geburt automatisch an das Kind vergeben (SEIBICKE 2008: 9).1 Der Rufname wird hingegen von den Eltern gewählt und dient der sprachlichen Unterscheidbarkeit des Namenträgers von den anderen Mitgliedern der Familie (SEIBICKE 2008: 9). Im deutschen Personennamensystem kodiert der Rufname außerdem das Geschlecht (NÜBLING 2017: 102).2

Sowohl Ruf- als auch Familienname können durch das Hinzufügen von Namen erweitert werden. Viele Menschen tragen mehrere Vornamen, von denen jedoch oftmals nur einer in der Kommunikation genutzt wird (SEIBICKE 2008: 10). Der zusätzliche Rufname, auch Mittelname genannt, unterstützt die Monoreferenz, indem er den Gesamtnamen einzigartiger macht: Das Hinzufügen eines weiteren Kombinationselements zu einer in Deutschland ansonsten eher geläufigen Kombination aus Ruf- und Familiennamen kann einen einmaligen Eintrag im Onomastikon ergeben. Auch Familiennamen bestehen mitunter aus mehreren Bestandteilen, wie es etwa bei Koch-Mehrin, Schröder-Köpf und Elvers-Elbertzhagen der Fall ist.

Das Pseudonym unterscheidet sich von Ruf-, Mittel- und Familiennamen dadurch, dass es vom Namenträger selbst gewählt und nicht von außen verliehen wird.3 Im Gegensatz zu einer Namenänderung bleibt der Gesamtname erhalten; das Pseudonym existiert damit in der Regel zusätzlich zum amtlichen Ruf- und Familiennamen. NEEF weist darauf hin, dass ein Pseudonym demzufolge immer einen Akt der „Selbsttaufe“ voraussetzt, was mit dem traditionellen Taufverständnis nicht ganz zu vereinen sei (2008: 319). Ursprünglich wird bei einer Taufe ein Täufling durch einen Täufer in eine gesellschaftliche Ordnung aufgenommen (NEEF 2008: 319):

Die Selbsttaufe ist so gesehen ein Normverstoß. Denn der taufende Getaufte übt ein Amt aus, das ihm nicht zusteht. Von jeher kommt die Namensvergabe dem Anderen zu. Überhaupt kann eine Taufe niemals selbstbezüglich sein, schreibt sie doch das Subjekt in das Archiv einer Kulturgemeinschaft (des Standesamtes) ein, damit der Getaufte gerade auch in seiner Abwesenheit von anderen oder für andere beim Namen genannt werden kann. (NEEF 2008: 319, Hervorh. i.O.)

Tatsächlich vergibt man Personennamen typischerweise an andere und nicht an sich selbst. Die Pseudonymenwahl stellt damit einen ungewöhnlichen Fall dar, denn dabei entscheidet der Träger selbst über den Namen. Auch wenn diese Form der Selbsttaufe dem religiösen Taufverständnis widersprechen mag, können Pseudonyme rechtlich anerkannt werden. In diesem Fall nehmen sie einen dem bürgerlichen Namen gleichwertigen juristischen Status ein (GLÄSER 2009: 503). Durch § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches ist ein Pseudonym als Künstlername rechtlich geschützt; seit 2010 darf es – nach einem dreijährigen Verbot4 – auch wieder in den Personalausweis eingetragen werden (vgl. dazu § 5 Abs. 2 Nr. 12 PAuswG sowie § 4 Abs. 1 Nr. 4 PaßG).5 Zu den Voraussetzungen, die gegeben sein müssen, um ein Pseudonym rechtlich schützen zu lassen, gibt es in der juristischen Forschung unterschiedliche Ansichten. Nach SEUTTER muss der Name „in der Öffentlichkeit gebraucht werden“, um ihn rechtlich anerkennen zu können (1996: 74). SCHERER nennt dabei u.a. die „Verkehrsgeltung“ des Pseudonyms als Kriterium für den Pseudonymenerwerb, was etwa der Fall ist, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum unter einem Pseudonym agiert und „in weiten Kreisen“ unter diesem Namen bekannt ist (2002: 46). In der Rechtswissenschaft existiert jedoch auch die gegenteilige Meinung, wonach bereits die einmalige Nutzung eines Namens zum Erwerb eines Pseudonyms führt (SCHERER 2002: 48). Grundsätzlich gilt, dass der Namenträger ganz individuell entscheiden kann, wie lange er unter einem Pseudonym agiert.6

In einigen Berufsgruppen, beispielsweise bei Künstlern und Schriftstellern, tauchen Pseudonyme besonders häufig auf. Grundsätzlich hat jedoch jeder Mensch das Recht, sich ein Pseudonym zuzulegen und dieses auch wieder abzulegen, „gesetzliche Bestimmungen, wer sich unter welchen Voraussetzungen ein Pseudonym beilegen darf, existieren nicht“ (SCHWENZER UND MENNE 1996: 1788).7 Der Franzose Francois Marie Arouet, besser bekannt unter dem Pseudonym Voltaire, soll beispielsweise unter 160 verschiedenen selbst gewählten Namen agiert haben (DEBUS 2012: 133). Da der Namenträger frei entscheiden kann, ob er ein Pseudonym wählt und welches Pseudonym er wählt, werden Pseudonyme in rechtlicher Hinsicht zu den „Wahlnamen“ gezählt (SEUTTER 1996: 107f.). Einen offiziellen Charakter erhalten sie durch eine Eintragung in den Pass, andernfalls gehören sie zu den inoffiziellen Namen und können theoretisch beliebig oft gewechselt werden (SEUTTER 1996: 108). In dieser Hinsicht ähneln sie Spitznamen, die ebenfalls zusätzlich zum amtlichen Namen existieren.

Spitznamen werden – genau wie Ruf- und Familiennamen – nicht vom Namenträger selbst gewählt, sondern von außen verliehen. Wie NÜBLING schreibt, „leisten Spitznamen – im Gegensatz zu den üblichen Namen – gerade nicht die Identifikation einer Person […], sondern sie etablieren eine spezifische Nähebeziehung (sei sie freundschaftlich oder sei sie übergriffig) zwischen NamenverwenderIn und NamenträgerIn“ (2017: 101). Sie dienen demnach weniger der Identifizierung, sondern stattdessen der Erzeugung und Pflege einer Beziehung, wobei diese soziale Handlung vom Namengeber ausgeht (NÜBLING 2017: 101). Der Namenträger ist dieser Handlung in gewisser Weise ausgeliefert.

Die Spitznamen werden ihrer Funktion entsprechend in Kosenamen eingeteilt, die oft innerhalb von Familien, Freundeskreisen und Partnerschaften aufkommen, sowie in Spottnamen, die in nahezu allen Kontexten entstehen können, auffallend häufig jedoch von in einer Hierarchie Niedrigstehenden an sozial Höherstehende vergeben werden (NÜBLING 2014: 111). In der Regel werden Spitznamen jedoch – im Gegensatz zu Pseudonymen – nicht in der Öffentlichkeit verwendet und bleiben nur einem kleinen Personenkreis vorbehalten.8 Aus diesem Grund ist es auch sehr schwierig, Spitznamen zu erforschen – NÜBLING spricht sogar von einem „forschungsaversive[n] Thema“ (2017: 99). Für Befragungen ergibt sich beispielsweise das Problem, dass Spitznamen im Laufe der Jahre vergessen oder verdrängt werden. Weil es sich um sehr persönliche oder sogar intime Bezeichnungen handeln kann, besteht außerdem das Risiko, dass die Probanden möglicherweise nicht wahrheitsgemäß Auskunft geben (NÜBLING 2014: 107).

Folgende Grafik aus NÜBLING ET AL. (2015: 108) bildet das zweiteilige Personennamensystem und die parallel existierenden Namen der nicht-amtlichen Ebene ab. Die Grafik zeigt, dass Spitznamen auf den Ruf- oder Familiennamen als Basis zurückgehen können oder aber völlig unabhängig vom amtlichen Ruf- oder Familiennamen entstehen. In letzterem Fall weisen sie oftmals eine stark charakterisierende Wirkung auf (vgl. dazu die Namen Wiesel, Weisse und Bescheid in Abb. 13).


Abb. 13: Die amtliche und nicht-amtliche Ebene der Personennamen (aus: NÜBLING ET AL. 2015: 108)

In dieser Grafik ist das Pseudonym nicht aufgeführt, was möglicherweise daran liegt, dass es kaum eindeutig zu positionieren ist: Typischerweise gehört es zur nicht-amtlichen Ebene, es kann jedoch, wie oben erläutert wurde, einen Status erhalten, der dem bürgerlichen Namen gleichwertig ist.

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