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2.2Kommunikationswissenschaft
Wie kann nun die Disziplin Publizistik- und Kommunikationswissenschaft definiert werden? Welchen Ausschnitt der uns umgebenden Wirklichkeit analysiert dieses Fach?
Unter Kommunikationswissenschaft wird die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Prozess der menschlichen Kommunikation verstanden. Ziel kommunikationswissenschaftlicher Forschung ist ein besseres Verständnis des Kommunikationsprozesses, seiner Teile, seiner Rahmenbedingungen, seiner Ursachen und Auswirkungen, seiner Funktionen sowie seines Wandels im Lauf der Geschichte. Die Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich dabei mit den unterschiedlichen Formen menschlicher Kommunikation: Sowohl die unmittelbare, interpersonelle Kommunikation als auch die Kommunikation mithilfe von (Massen-)Medien sowie die Online-Kommunikation (via Computer und Netzwerke) werden untersucht.
2.2.1Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (PKW)
Bei der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft steht die öffentliche, (massen-)medial vermittelte Kommunikation stärker im Vordergrund, die heute immer häufiger auch online erfolgt. Es werden vor allem Prozesse der öffentlichen Kommunikation – mit anderen Worten der Massenkommunikation – untersucht. Dies legt schon der Begriff „Publizistik“ nahe: Er steht für die via Massenmedien öffentlich verbreiteten Aussagen.
Der Begriff „Publizistik“ lässt sich etymologisch auf das lateinische Verbum publicare (veröffentlichen, öffentlich machen) bzw. das lateinische publicus (öffentlich) zurückführen und verweist damit auf einen öffentlichen Kommunikationsprozess.
„Öffentlich“ heißt in diesem Zusammenhang vor allem „öffentlich zugänglich“: Gemeint ist damit, dass grundsätzlich „alle“ die Chance haben, an einem Kommunikationsprozess teilzunehmen, oder – umgekehrt formuliert – dass man niemals genau weiß, wer tatsächlich an einem Kommunikationsprozess teilnimmt und wer nicht.
Freilich sind individuelle Kommunikation und Massenkommunikation nicht isoliert voneinander zu verstehen, weshalb auch im Rahmen der Publizistikwissenschaft Phänomene der individuellen Kommunikation Berücksichtigung finden (vor allem wenn Letztere im Rahmen massenmedialer Kommunikation von Bedeutung sind). Vor diesem Hintergrund entstand auch die Bezeichnung „Publizistik- und Kommunikationswissenschaft“ (PKW). [19]
2.2.2Unterscheidung Medienwissenschaft – Kommunikationswissenschaft
In den 1970er-Jahren entstand die geisteswissenschaftliche Form der Medienwissenschaft aus der textorientierten Germanistik und der Theaterwissenschaft als Pendant zur sozialwissenschaftlichen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; die Medienwissenschaft fokussiert auf die kulturellen Ausprägungen.
Bei der Medienwissenschaft steht die Untersuchung der Gestaltung der Medien im Vordergrund. Im Mittelpunkt der Forschung sind dabei vor allem Printmedien, Hörfunk, Fernsehen, Video sowie Internet, Online-Medien und Spiele (Games). Viele Medienwissenschaftler zählen auch die Filmwissenschaft zu ihrer Disziplin.
Der Begriff „Medienwissenschaft“ wird teilweise als Gegenstück zur empirisch-sozialwissenschaftlichen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft verstanden. In diesem Sinne wird er für einen Ansatz verwendet, der stärker sprach-, geistes- und kulturwissenschaftlich angelegt ist und sich weniger durch den Einsatz empirischer, sondern hauptsächlich hermeneutischer („verstehender“) Methoden (bspw. Textanalyse, Filmanalyse) auszeichnet. Tatsächlich bezeichnen sich heutzutage aber auch viele der publizistikwissenschaftlichen Tradition entstammenden Forscherinnen, Institute und Studiengänge gleichfalls als „medienwissenschaftlich“.
Es wäre also falsch, an dieser Stelle den Eindruck von der Existenz klarer Grenzen zu vermitteln. Fraglos sind es unterschiedliche wissenschaftliche Traditionen, die hier aufeinandertreffen, aber sie scheinen mehr und mehr zusammenzuwachsen.
2.3Alltagswissen vs. wissenschaftliches Wissen
Wie verhalten sich Alltagswissen und wissenschaftliches Wissen zueinander? Beginnend mit unserer Geburt (sieht man von pränatalen Erfahrungen einmal ab) erwerben wir Wissen. Zunächst eher zufällig und beiläufig im Rahmen von (primären) Erfahrungen, die in der jeweiligen Umgebung, in die man hineingeboren wurde, bereitgestellt werden. Das im Rahmen dieser (frühen) alltäglichen Erfahrungen erworbene Wissen wird auch als „Alltagswissen“ bezeichnet.
Das Denken basiert normalerweise auf Alltagswahrnehmungen und ist subjektiv und (unreflektiert) selektiv. Dabei sind die Auswahlkriterien dieser Selektion (von jenem, was man wahrnimmt) meist nicht explizit bzw. nicht offensichtlich. Sie haben bestimmte Filter, einen impliziten [20] „Bias“ (eine systematische Abweichung) eingeschrieben. Das führt, aus wissenschaftlicher Perspektive gesehen, zu unzulänglichen Wahrnehmungswirklichkeiten, weil das Alltagswissen immer (aber unbewusst) perspektivisch ist (dies kann aber auch in der Wissenschaft nicht immer gänzlich ausgeschlossen werden).1 Es gibt also je nach Betrachterperspektive unterschiedliche Wirklichkeiten (bspw. unterschiedliche politische Einstellungen) und gewisse (unreflektierte) Selbstverständlichkeiten. Wissenschaft verlangt nun, dass man von diesem Alltagsdenken Abstand nimmt (und den „gesunden Menschenverstand“ kritisch analysiert) und sich ein gewisses wissenschaftliches Vorgehen aneignet.
Einen Zwischenschritt auf dem Weg von Alltags- zu wissenschaftlichem Wissen stellt eine „Lehre“ oder „Kunde“ dar. Diese lässt sich definieren als eine Verallgemeinerung von Handlungs-, Strategie- und Denkregeln, zusammengesetzt aus kollektiv gesammelten Erfahrungen, die sich als praktikabel erwiesen haben und üblicherweise erfolgreich waren.
So haben auch „Alltagstheorien“ und „Praktikertheorien“ (auch „Berufstheorien“) einen gewissen berechtigten Stellenwert. Praktikertheorien systematisieren berufliche Erfahrungen, haben in der Regel normativen oder beschreibenden, aber keinen erklärenden Charakter. Sie haben meist die Form von Richtlinien, „Goldenen Regeln“ etc., dienen dazu, vorhandene Berufsinstrumente und -techniken passend einzusetzen, und werden zumeist in Praktikerhandbüchern weitergegeben. Sie werden durch berufliche Erfahrungen sicherer und zutreffender, aber im Gegensatz zu wissenschaftlichen Theorien nicht systematisch durch bestimmte Verfahren überprüft (vgl. Bentele & Nothhaft, 2008, S. 50–51).
Alltags- und Praktikertheorien sind häufig Ausgangspunkt für die Entwicklung von wissenschaftlichen Theorien. Vorurteile, Einstellungen und Erfahrungswerte sollen durch „überlegte Erkenntnisse“ ersetzt werden. Dazu braucht es bestimmte Spielregeln der Wissenschaft und mit diesen Spielregeln befassen sich die Wissenschaftstheoretiker. In ihrem Fachgebiet, der Wissenschaftstheorie (vgl. etwa Seiffert & Radnitzky, 1994), überlegen sie, welche Regeln wissenschaftlichen Erkennens [21] und Forschens existieren und unter welchen Bedingungen sie Gültigkeit für sich beanspruchen können oder sollen. Wissenschaftstheoretiker können auch als „Beobachter 2. Ordnung“ bezeichnet werden: Sie beobachten, wie wir im Alltag unsere Umwelt beobachten und wie wir unser Handeln danach einrichten. Sie beobachten aber auch, wie Wissenschaftlerinnen die Welt betrachten, wenn sie forschen. Im Grunde ist Forschen eine Alltagstätigkeit, wir alle „forschen“ eigentlich ständig: im Supermarkt nach Produktangaben und Preisen, als Studierende an der Universität nach den richtigen Lehrveranstaltungen und wann wir eine Prüfung ablegen sollen, als Mobilitätswillige, welches Rad, Auto etc. wir kaufen sollen – indem wir Daten, Preise, Meinungen usw. einholen und vergleichen.
Wissenschaftliches Wissen hebt sich von diesem Alltagswissen dadurch ab, dass es das, was es zu wissen gilt, und den Weg dorthin systematisiert. Es gibt also je nach Vorgangsweise verschiedene Regeln, die man einhalten muss, um seine Ergebnisse „wissenschaftlich“ nennen zu dürfen. Tabelle 1 veranschaulicht den Unterschied zwischen Alltagswissen und wissenschaftlichem Wissen.
Auf die Parallelitäten zwischen wissenschaftlicher Forschung und journalistischer Recherche sei an dieser Stelle hingewiesen: Hannes Haas und Klaus Lojka haben ein Konzept erarbeitet, das die kommunikationswissenschaftliche Vorgehensweise und den Journalismus (stellvertretend für die Kommunikationsberufe) gemeinsam betrachtet, um durch die Gegenüberstellung sowohl mögliche Berufsinteressen der Studierenden als auch die wissenschaftliche Grundausbildung miteinander zu verbinden (vgl. Haas & Lojka, 1988, S. 3).
Tab. 1: Alltagswissen vs. wissenschaftliches Wissen
Alltagswissen | Wissenschaftliches Wissen |
intuitiv | theoriebasiert |
„gesunder Menschenverstand“ | strukturiertes Wissen |
frei | systematisiert (Regeln) |
spontan | geplant |
selektiv | (zumeist) objektiv |
„magisches“ Denken | wissenschaftliches Denken |
unkontrolliert, unvollständig | kontrolliert, (so) logisch (wie möglich) |
Fokus auf persönliche Entscheidungen | Fokus auf Erfassung der Wirklichkeit |
Quelle: Berger, 2000, S. 6; eigene Übersetzung. [22]
Im Journalismus geht es, wie die beiden Autoren ausführen, um „einen Modus von Erkenntnisgewinnung durch Recherche“ (Haas & Lojka, 1988, S. 4) und auf (kommunikations-)wissenschaftlicher Seite um die praktische Umsetzung des Kritischen Rationalismus. Zwar sind für diese beiden „Verfahren Forschen [in der Wissenschaft; Anm. d. Verf.] und Recherchieren [im Journalismus; Anm. d. Verf.] gleichermaßen Alltagsphänomene der Ausgangspunkt, doch unterscheiden sie sich hinsichtlich des professionellen Procederes (Forschungszwang versus Erkenntnisgewinn um des Gewinnes willen)“ (Haas & Lojka, 1988, S. 4). Als Zielsetzung sind dabei im wissenschaftlichen Kontext die Strukturierung des Erkenntnisprozesses zu benennen und für den Journalismus die Entwicklung eines Rechercheplanes. Dazu wurden für den Journalismus sieben Schritte der Recherche konzipiert – ausgehend von dem Input: Aussendung, Gerücht, Hinweis, Auffälligkeiten, der zum Output führt (bzw. führen soll): Artikel, Interview, Reportage, Story (vgl. Haas & Lojka, 1988, S. 6).
Im wissenschaftlichen Bereich gehen die sieben Schritte wissenschaftlichen Forschens vom Input des wissenschaftlichen Problems aus und der Output ist hier die Seminararbeit, Diplom- bzw. Masterarbeit, Dissertation (vgl. Haas & Lojka, 1988, S. 7). Dabei können auch als didaktisches Modell in den jeweiligen sieben Schritten die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der wissenschaftlichen und journalistischen Verfahrensweisen festgemacht werden. In ihrem Aufsatz erörtern die beiden Autoren exemplarisch den ersten Schritt – Gewichten:
„Auf dieser Ebene geht es um eine Problematisierung und Bewertung (um das Gewichten) von Alltagserfahrungen, die persönliche Aufmerksamkeit durch unmittelbares Erleben erregt haben. Im journalistischen und wissenschaftlichen System gibt es unterschiedliche und je spezifische Muster der Bewertung. Während bei der Wissenschaft die kommunikationswissenschaftliche Relevanz einer Thematik zu untersuchen ist, ist es beim Journalismus die öffentliche Relevanz, die sich durch Interessenslagen und Betroffenheit manifestiert.“ (Haas & Lojka, 1988, S.4)
Sowohl in der wissenschaftlichen als auch in der journalistischen Betrachtungsweise ist es entscheidend, dass die diesbezüglichen Prozesse anhand von konkreten Beispielen dokumentiert werden. Dabei beziehen sich Haas & Lojka auf die klassische Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ (Jahoda et al., 1975)2, die in den 1930er-Jahren von [23] Marie Jahoda, Paul F. Lazarsfeld und Hans Zeisel durchgeführt wurde, die reichhaltiges journalistisches Material – u. a. Sozialreportagen – enthält und bei der außerdem unterschiedliche Methoden eingesetzt wurden. Lazarsfeld nahm dazu selbst Stellung und schrieb in der Einleitung der Marienthal-Studie, dass es den Forschern darum gegangen sei, eine Brücke „zwischen den nackten Ziffern der offiziellen Statistik und den allen Zufällen ausgesetzten Eindrücken der sozialen Reportage“ (Jahoda et al., 1975, S. 24) zu schlagen. Und genau da setzen Haas und Lojka an und zeigen, wie einerseits Problemstellungen, die mit Forschungsschwerpunkten verbunden sind, umgesetzt werden können und wie dies in ähnlicher Weise in der journalistischen Wirklichkeit der Berichterstattung realisiert wird.3 [24]
1Zur Frage der Subjektivität: Bereits Popper hat darauf hingewiesen, dass die Festlegung der Forschungsfragen und das Aufstellen von Hypothesen immer bereits etwas mit der Subjektivität der Forscher zu tun hat. Wissenschaftler sind in ein bestimmtes Umfeld eingebettet und verfügen über Wertvorstellungen, die implizit in den Forschungsprozess einfließen. Daher ist auch die intersubjektive Nachvollziehbarkeit wichtig. Es geht dabei um die Gütekriterien sozialwissenschaftlicher Forschung: Objektivität, Reliabilität, Validität. Die einzelnen Gütekriterien sind aufeinander bezogen, denn ohne Objektivität ist keine Reliabilität und ohne Reliabilität ist keine Validität möglich. Und seit Max Weber wird in den Sozialwissenschaften intensiv darüber diskutiert, welche Bedeutung Werte und Werturteile in der Forschung haben.
2Die Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ gilt als eine Pionierarbeit der sozialwissenschaftlichen Forschung. 1930 erschien eine Sozialreportage über die Schließung der Textilfabrik in Marienthal, die auch einen Beitrag zur wissenschaftlichen Konzeption der Studie geleistet hat. Durchgeführt wurde die Studie unter der Leitung von Paul F. Lazarsfeld, der sie 1933 gemeinsam mit Marie Jahoda und Hans Zeisel unter dem Titel Die Arbeitslosen von Marienthal. Ein soziographischer Versuch über die Wirkungen langandauernder Arbeitslosigkeit publizierte.
3In ihren Ausführungen verweisen sie auch auf die historische Kontinuität und die Arbeit von Eric W. Allen, der 1927 im Journalism Bulletin „Journalismus als angewandte Sozialwissenschaft“ beschrieb (vgl. Allen, 1927).
3Publizistik- und Kommunikationswissenschaft – Anmerkungen zum Fach
3.1Das Selbstverständnis der PKW: Was ist sie und was tut sie?
Kommunikationswissenschaft beschäftigt sich mit den Phänomenen der Kommunikation als einer Form des „sozialen Handelns“ (Burkart, 2019, S. 25–28), wobei die massenmedial vermittelte, also öffentliche Kommunikation – so die mehrheitliche Auffassung der Fachvertreter – im Mittelpunkt steht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Fach in verschiedenen Ländern verschiedene Institutionalisierungen erfahren hat und sich unterschiedliche Schwerpunkte gebildet haben. Die Problematik des fachlichen Selbstverständnisses beginnt bei seinem konstitutiven Begriff, von dem unzählige Definitionen existieren.
Kommunikation kann mit Gerhard Maletzke (1963, vgl. dazu Burkart, 2019, S. 21–23) als „Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen“ begriffen werden. Mit dieser Definition ist zum einen bereits gesagt, dass in unserer Wissenschaft Kommunikationsprozesse zwischen „Nicht-Lebewesen“ (wie bspw. datenverarbeitenden Maschinen) ausgeklammert werden. Zum anderen wird damit auf den „sozialen“ Aspekt von Kommunikation verwiesen: Ein Kommunikationsprozess benötigt stets (mindestens) zwei Partner.
Handeln bezeichnet die Fähigkeit von Menschen, bewusst und absichtsvoll Ziele zu verfolgen. Der wesentliche Unterschied zwischen Mensch und Tier besteht gemäß dieser Perspektive in der Instinktgebundenheit tierischen Verhaltens und in der – relativen – Instinktun- gebundenheit menschlichen Handelns. Der Begriff des „sozialen Handelns“ meint, dass sich das Handeln in seinem Ablauf an der Existenz bzw. am Handeln anderer Personen orientiert – m. a. W. „der Andere“ (lat. socius = der Gefährte) ist in der Vorstellung des Handelnden (mental) stets präsent. Spätestens seit Max Weber ist der Begriff des „sozialen [25] Handelns“ ein zentraler Begriff der Soziologie. Gleichsam in Entsprechung dazu ist der Begriff des „kommunikativen Handelns“ ein zentraler Begriff der Kommunikationswissenschaft (vgl. dazu Burkart, 2019, S. 25–33).
Die für den deutschsprachigen Raum maßgebliche „Deutsche Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft“ (DGPuK) definiert den Gegenstandsbereich der Kommunikationswissenschaft in ihrem Selbstverständnispapier wie folgt:
Die Kommunikations- und Medienwissenschaft beschäftigt sich mit den sozialen Bedingungen, Folgen und Bedeutungen von medialer, öffentlicher und interpersonaler Kommunikation. Der herausragende Stellenwert, den Kommunikation und Medien in der Gesellschaft haben, begründet die Relevanz des Fachs.
Die Kommunikations- und Medienwissenschaft versteht sich als theoretisch und empirisch arbeitende Sozialwissenschaft mit interdisziplinären Bezügen. Sie leistet Grundlagenforschung zur Aufklärung der Gesellschaft, trägt zur Lösung von Problemen der Kommunikationspraxis durch angewandte Forschung bei und erbringt Ausbildungsleistungen für eine seit Jahren dynamisch wachsende Medien- und Kommunikationsbranche. Geschichte, Gegenwart und Zukunft der gesellschaftlichen Medien- und Kommunikationsverhältnisse stehen im Mittelpunkt von Forschung und Lehre.
Forschung und Lehre in der Kommunikations- und Medienwissenschaft verändern sich, da sich Kommunikation, Medien und Gesellschaft durch Digitalisierung, Globalisierung, Individualisierung, Mediatisierung und Ökonomisierung wandeln. Vor diesem Hintergrund hat sich die DGPuK, die Fachgesellschaft der Kommunikations- und Medienwissenschaft, auf Eckpunkte für ein Selbstverständnis des Faches geeinigt.
Diese Eckpunkte sind weit ausgelegt, denn eine Fachgesellschaft sollte die Vielfalt der Fachgemeinschaft widerspiegeln. Das Selbstverständnis der Fachgemeinschaft bildet einen weiten Rahmen. Einzelne Lehr- und Forschungseinrichtungen können und sollen ein spezifisches Profil ausbilden und kommunizieren, auch um ihren verschiedenen Anspruchsgruppen eine klare Orientierung geben zu können. (DGPuK, 2008)
Aber auch diese Definition wird von unterschiedlichen Seiten kritisiert, etwa mit Blick auf die Nichteinbeziehung der direkten Kommunikation. So plädiert Hipfl dafür, dass sich die PKW nicht auf die indirekte, medial vermittelte Kommunikation beschränken soll, sondern [26] „auch tatsächlich Kommunikation als Ausgangspunkt ihrer Untersuchungen und Analysen“ (Hipfl, 2002, S. 13) nehmen soll. Allerdings hat Rühl in diesem Zusammenhang schon längst deutlich gemacht, dass mit dieser fraglos richtigen Hinwendung zum Kommunikationsprozess keineswegs der Anspruch verbunden sein kann, für jedwede Problematik aus dem Bereich der Humankommunikation zuständig zu sein (vgl. Rühl, 1985). Das erinnert ein wenig an den Wiener Ordinarius der 1970er-Jahre Kurt Paupiè, der die Publizistikwissenschaft selbstkritisch als „Bisserl-Wissenschaft“ bezeichnet hat und damit auf die Notwendigkeit verwies, sich auf ausgewählte Forschungsbereiche zu konzentrieren.4
Wie stark sich die Dynamiken der gesellschaftlichen Entwicklungen auf das Fach der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft selbst ausgewirkt haben, wird deutlich, wenn man sieht, welche unterschiedlichen Fachgruppen sich mittlerweile in der DGPuK etabliert haben: Digitale Kommunikation; Gesundheitskommunikation; Internationale und interkulturelle Kommunikation; Journalistik/Journalismusforschung; Kommunikation und Politik; Kommunikations- und Medienethik; Kommunikationsgeschichte; Medien, Öffentlichkeit und Geschlecht; Medienökonomie; Medienpädagogik; Mediensport und Sportkommunikation; Mediensprache – Mediendiskurse; Methoden der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft; PR- und Organisationskommunikation; Rezeptions- und Wirkungsforschung; Soziologie der Medienkommunikation; Visuelle Kommunikation; Werbekommunikation und Wissenschaftskommunikation (vgl. DGPuK, 2021). Diese Auflistung zeigt deutlich, wie die Publizistik- und Kommunikationswissenschaft auf die gesellschaftlichen Herausforderungen reagiert hat. [27]
3.2Facetten der PKW
Wie weiter oben erwähnt, kann der Gegenstand der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft über ihr Materialobjekt und über ihr Formalobjekt bestimmt werden. Materialobjekte sind die einzelnen Mediengattungen (bspw. Print, Audiovisuell, Online), Gespräche zwischen Menschen („Kommunikationsakte“) sowie institutionalisierte kommunikative Handlungen wie der Journalismus. Formalobjekte zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass man die Materialobjekte aus einem bestimmten Blickwinkel/einer bestimmten Perspektive heraus betrachtet – also ob Kommunikationsprozesse bspw. für die Öffentlichkeit bestimmt sind, ob sie beeinflussen wollen, ob sie Objektivität für sich beanspruchen usw. (vgl. dazu Bonfadelli et al., 2010, S. 7–8).
Tab. 2: Facetten der (Massen-)Kommunikations-, Medien- und Publizistikwissenschaft
Quelle: Bonfadelli et al., 2010, S. 8.
3.3Die „Lasswell-Formel“ – eine „klassische“ Differenzierung der PKW
Neben der Einteilung in Formal- und Materialobjekte kann man die Kommunikationswissenschaft auch ganz grob entlang der sog. „Lasswell-Formel“ (Harold Lasswell, 1948, vgl. dazu Burkart, 2019, S. 419–421) in bestimmte Forschungsfelder einteilen, wobei man diese Formel als Orientierungshilfe und nicht als letztgültige Abgrenzung und Eingrenzung [28] des Faches sehen darf. Sie lautet: „Who says what in which channel to whom with what effect?“ – und ist vermutlich der meistzitierte (Frage-)Satz aus unserer Fachtradition. Die Frage bezieht sich auf die Struktur der (öffentlichen) Kommunikationsprozesse:
Who | – | Kommunikator |
says what | – | Inhalt; Aussage |
in which channel | – | Medium |
to whom | – | Rezipient |
with what effect | – | Wirkung |
•Kommunikator – Kommunikatorforschung
Hier stehen die Medienschaffenden (Akteure) in ihrem engeren oder weiteren Berufsfeld im Mittelpunkt (Vertreterinnen von Journalismus, Public Relations, Werbung), es geht zentral um Prozesse der Produktion von Medienbotschaften. Kommunikatoren können bspw. Parteien, Verbände, Kirchen, Unternehmen etc. sein.
•Inhalt; Aussage – Medieninhalts- bzw. Aussageforschung
In diesem Bereich interessieren vor allem die durch Massenmedien in Form von manifesten und latenten Aussagen produzierten Medienrealitäten (Kommunikate).
•Medium – Medienforschung
Hier werden die vielfältigen Organisationen des Mediensystems, die Strukturen im Mediensystem und deren Entwicklung untersucht. Dazu gehören auch die formalen Angebotsweisen sowie die technisch bedingten Eigengesetzlichkeiten und Funktionsweisen.
•Rezipient – Nutzungsforschung
Unter Rezipienten versteht man die Leser, Hörer und Seher von Medien, also die verschiedenen Publika. Die Publika der Massenmedien, ihre Strukturen und Muster der Mediennutzung und die dahinter stehenden Wünsche und Erwartungen (Motivations- und Gratifikationsforschung) stehen hier im Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses.
•Wirkung – Wirkungsforschung
Von Interesse sind hierbei die individuellen und sozialen, intendierten und zufälligen, kurz- wie langfristigen, sozial erwünschten, aber auch schädlichen Effekte der Massenmedien auf Wissen, Einstellungen, Emotionen und Verhaltensweisen. Es geht also um die kurz- und langfristigen Folgen der Medienzuwendung für den Menschen und die Gesellschaft (bspw. psychologische Einstellungsforschung, soziologische Diffusionsforschung). [29]
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich eben nicht alle kommunikationswissenschaftlich relevanten Forschungsinteressen in diesem Modell unterbringen lassen: So ist bspw. die Frage nach dem Warum nicht gestellt, d. h., dass Motive und Interessen der am Kommunikationsprozess Beteiligten keine Berücksichtigung finden, und ebenso wird hier die Reziprozität, also der interaktive Charakter, ausgeblendet. Kommunikation ist keine „Einbahnstraße“, d. h., man darf sich diesen Prozess niemals nur einseitig von A nach B (von Sender zu Empfänger) ablaufend vorstellen (vgl. dazu Burkart, 2019, S. 420–422). Dies wurde jedenfalls lange Zeit (falsch) mit Blick auf die „legendäre“ Lasswell-Formel unreflektiert unterstellt. Bisweilen geschieht dies auch heute noch.
Darüber hinausgehend stellen auch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer sich Massenkommunikation abspielt, sowie die ökonomischen Voraussetzungen und die medientechnologische Basis einen Gegenstand der Forschung dar.
3.4Teildisziplinen und Praxisbereiche der PKW
Von den Forschungsfeldern zu unterscheiden sind die sog. Teildisziplinen der Kommunikationswissenschaft (vgl. Langenbucher, 1994):
•Kommunikationstheorie
•Methoden der Kommunikationsforschung
•Medienlehre und Medienkunde
•Kommunikations- und Mediengeschichte
•Kommunikations- und Medienpolitik
•Kommunikations- und Medienökonomie
•Kommunikations- und Medienpraxis
Diese klassische Unterteilung wird zeitgemäß ergänzt durch Kommunikations- und Medienpsychologie, Kommunikations- und Medienethik, Medienpädagogik und Kommunikationssoziologie.
Hier zeigt sich auch ganz deutlich die Interdisziplinarität der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Die Kommunikationswissenschaft versteht sich als eine interdisziplinäre Sozialwissenschaft, d. h., es ist kaum möglich, sie begrifflich und vom Objektbereich her von anderen Wissenschaften abzutrennen. Fragestellungen reichen in andere verwandte Wissenschaften hinüber: Im engsten Kreise der Verwandtschaft stehen Soziologie, Psychologie und Politikwissenschaft, aber auch die Wirtschaftswissenschaften, die Geschichtswissenschaft, Pädagogik, Sprachwissenschaft bis hin zur Rechtswissenschaft teilen mit ihr Forschungsgebiete. Dieser Umstand wird im Allgemeinen als [30] positiv befruchtend aufgefasst, weil er erlaubt, bei der Erforschung der kommunikativen Realität verschiedenste Perspektiven einzunehmen.
Die Allgegenwart medialer Kommunikation ermöglicht vielfältige Beziehungen zu anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Besonders enge Kooperationsbeziehungen bestehen zu Fächern, mit denen die Kommunikations- und Medienwissenschaft gemeinsame Forschungsfelder oder Studiengänge ausgebildet hat. Beispiele für Forschungsfelder sind Kommunikations- und Medienethik, Kommunikationspolitik, Mediengeschichte, Medienlinguistik, Medienökonomie, Medienpädagogik, Medienpsychologie, Medienrecht, Mediensoziologie und Medientechnologie, politische Kommunikationsforschung und visuelle Kommunikation; von großer Bedeutung ist auch die Kooperation mit der geisteswissenschaftlich orientierten Medienwissenschaft. In allen diesen Bereichen findet ein erfolgreicher Austausch auf theoretischer und empirischer Ebene statt. Die Kommunikations- und Medienwissenschaft greift in Forschung und Lehre gesellschaftliche Wandlungsprozesse auf. Zentrale Stichworte sind hier Digitalisierung, Globalisierung, Individualisierung, Mediatisierung und Ökonomisierung. (DGPuK, 2008)
3.5Generelle wissenschaftstheoretische Positionen mit Fokus auf die Sozialwissenschaften
3.5.1Wissenschaftstheoretische Blitzlichter
Wissenschaftstheorie ist ganz basal formuliert die Wissenschaft von der Wissenschaft in all ihren Ausformungen und Facetten. Wissenschaft bedeutet, dass die Frage nach dem Warum gestellt wird, es ist das systematische und methodische Weiterfragen, und dies seit der klassischen griechischen Antike, der Geburtsstätte „unserer abendländischen rationalen Kultur“ (Poser, 2001, S. 11). Das Aufgabenverständnis der Wissenschaftstheorie kann dahingehend beschrieben werden, dass es um die Aufklärung über Wissenschaft geht, nämlich „über die Bedingungen ihres Funktionierens, ihrer Stagnation, Degeneration und Progression. […] Sie ist keine Metatheorie, keine Überwissenschaft, keine Methodologie a priori“ (Fischer, 1995, S. 254).
Dies führt in weiterer Folge dazu, dass man sich mit Fragen der Erkenntnis auseinandersetzen muss. Denn Wissenschaftstheorie ist immer auch ein Teil der Erkenntnistheorie, auch wenn Fragestellungen nach Erkenntnis viel weiter zurückgehen als Fragen der Wissenschaft selbst. [31]
Das Ziel der Wissenschaft ist es, Erkenntnis zu gewinnen. Wie man zu Erkenntnissen gelangt, wird in der Wissenschaftstheorie intensiv diskutiert, es gibt dazu unterschiedliche Zugänge und Vorstellungen.
Nur um zu illustrieren, wie sich wissenschaftstheoretisches Denken entwickelt hat und wie lange es die Beschäftigung mit derartigen Fragen schon gibt, soll auf die drei großen Denker Griechenlands verwiesen werden: Sokrates, Platon und Aristoteles, wobei „von denen der Jüngere jeweils der Schüler des Älteren war“ (Störig, 1999, S. 137). Diese Zeitspanne (Philosophie der Antike) war prägend für die gesamte philosophische Entwicklung, da sowohl Logik, Metaphysik, Ethik, Natur- und Gesellschaftspolitik, Ästhetik und Pädagogik (vgl. Störig, 1999) ausgebildet wurden. Diese Bereiche bilden das Fundament, auf dem auch heute noch die unterschiedlichen Wissenschaften aufbauen, ihre unterschiedlichen Entwicklungen beeinflussen unser heutiges Wissenschaftsverständnis.
Platon geht davon aus, dass Erkenntnis durch Begriffe erzielt wird, aber nicht durch Wahrnehmung. Aristoteles hingegen geht davon aus, dass Menschen von sich aus nach Wissen („theoretische Neugier“) und damit nach Erfahrung streben. Bereits Aristoteles suchte nach sicheren Begründungen: „Er geht von der Welt unserer Erfahrungen aus, vom gesunden Menschenverstand und nicht von kühnen Thesen“ (Hauk, 2003, S. 80). Mit Aristoteles kann der Beginn der Verwissenschaftlichung der Welt angesetzt werden (vgl. Störig, 1999).