Kitabı oku: «Feuerwehr - Challenge», sayfa 2

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Doch darüber konnte ich mir nach dem Mittagessen noch genug Gedanken machen ...

III.

Wie immer, wenn ich die kleine Imbissbude meines Freundes Curry-Erwin in Mönchengladbach-Rheydt betrat, ließ der Gute alles stehen und liegen und stürmte mit freudestrahlendem Gesicht hinter seiner Theke hervor. Erwin legte seine mit Mayonnaise verschmierten Hände auf meine Schultern, drückte mir zwei freundschaftliche Küsschen auf die Wangen und sah mich grinsend an. Skeptisch betrachtete ich die fettigen Flecken auf meinem Hemd, doch bei der nächsten Wäsche würden die vermutlich wieder herausgehen.

Hoffentlich.

Bingo hatte ich draußen angebunden und ihm eingeschärft, auf mich zu warten. Der Malinois durfte nicht mit in die Frittenbude hinein und als Alternative bot Erwin eine Art Außengastronomie auf dem Gehweg an. Das wäre durchaus akzeptabel gewesen, zumal ja auch das Wetter mitspielte, doch Erwins Preise in dieser ‚Außengastronomie‘ waren horrend hoch, so dass ich meinen kleinen fellnasigen Freund lieber draußen warten ließ. „Zur Belohnung bringe ich dir etwas Leckeres mit“, informierte ich Bingo, der mir mit einem unwilligen Knurren antwortete.

Oder war es eher ein freudiger Laut, der mir seine Vorfreude auf das gute Essen mitteilen sollte?

Diesmal gab es in Erwins Verhalten eine neue Variante und er nahm mein Gesicht fest in beide Hände. Der Geruch von Senf, Ketchup, Mayonnaise und Schweiß drang in meine Nase und ließ meinen Magen in Erwartung des kulinarischen Genusses einen freudigen Hüpfer machen. Zumindest die ersten drei Gerüche, aber an Erwins permanenten Schweißgeruch hatte ich mich schon längst gewöhnt.

„Jonathan, es ist schön, dich wieder bei mir zu haben.“ Erwin hielt mein Gesicht immer noch fest und schüttelte leicht den Kopf. „Doch ich sehe dir an, dass irgendetwas nicht stimmt.“

Da hatte der feinfühlige Mann vollkommen Recht. Nach meinem Fiasko mit dem Schnulzensänger ging es mir gar nicht sonderlich gut und der garantiert auf mich zukommende Ärger schnürte mir die Kehle zusammen.

Gut, dass es mir noch nicht den Magen zuschnürte ...

„Ach Erwin“, seufzte ich und spürte, wie mein Freund seine glitschigen Hände von meinen Wangen zog. „Heute ist ein richtig mieser Tag.“

Erwin stupste mich mit der Faust unter dem Kinn an und diesmal meinte ich einen Hauch von Desinfektionsmitteln zu riechen. Seitdem Erwin gesteigerten Wert auf Hygiene legte und einen zusätzlichen Spender mit irgendeiner desinfizierenden Lösung auf seiner Theke stehen hatte, schmeckten Currywurst und Pommes manchmal nach Lösungsmitteln.

Aber nur manchmal.

„Kopf hoch, Jonathan. Egal was dich bedrückt, zeige der Welt ein Lächeln. Denk an Charlie Chaplin und ‚Smile‘.“

„Smile?“, fragte ich. „Wieso soll ich an diesen Chaplin denken und lächeln?“

Mein Freund schüttelte den Kopf und wuselte zurück hinter seine Theke. Ein älterer Mann, der schon ungeduldig gewartet hatte, deutete auf ein Schälchen, das vor Erwin stand. „Hallo, meine Pommes dürften inzwischen kalt sein. Sie können doch nicht einfach mitten im Bedienvorgang weglaufen!“

Erwin sah den Mann sinnend an. „Hmm. Sie haben doch gesehen, dass ich das kann. Aber wissen sie was? Als kleine Entschuldigung erhalten sie eine Portion Mayonnaise gratis von mir.“ Curry-Erwin hielt die Schale mit den erkalteten Pommes unter einen der Spender und drückte schwungvoll auf den Hebel. Eine durchsichtige Flüssigkeit schoss heraus und der penetrante Geruch nach dem Desinfektionsmittel erfüllte plötzlich den Raum.

„Macht acht Euro dreißig“, grinste der Imbissbesitzer, während er dem Alten das Schälchen hinschob.

Dann wandte er sich wieder an mich: „Also, Jonathan. Du sollst nicht an Charlie Chaplin denken, sondern an das Lied, das er geschrieben hat. Hast du denn nie den Film ‚Moderne Zeiten‘ gesehen? Der Text kam übrigens erst später hinzu und wurde von Turner und Parsons geschrieben. Aber es trifft deine Situation auf den Punkt: lächle.“

„Ja danke, Erwin. Moderne Zeiten habe ich genug und nach lächeln ist mir im Moment nicht zumute. Weißt du, ich musste da heute einen Schlagersä...“

Erwin unterbrach mich nickend. „Ja, furchtbar, Jonathan. Aber lass uns zum Wesentlichen kommen, du siehst ja, dass ich Gäste habe und gleich ist Mittagszeit, da wird es hier rappelvoll. Also, was kann ich dir Gutes zu essen anbieten? Und möchtest du ein Bier dazu?“

Ich überlegte. Sollte ich mir heute mein Standardessen, eine Currywurst mit Pommes Frites und reichlich Mayonnaise leisten? Oder doch lieber etwas Besonderes?

Erwin, der meine Unentschlossenheit bemerkte, zeigte wieder einmal, dass er ein wahrer Freund war. „Also, wenn du dich nicht entscheiden kannst, Jonathan, dann verlass dich ruhig auf den guten Erwin. Ich habe genau das Richtige, um dich wieder aufzumuntern. Stell dich zu dem alten Mann dort, ich bringe dir sofort dein Essen.“

„Und eine Cola bitte, kein Bier. Ich brauche heute noch einen klaren Kopf.“

„Marschiert, Jonathan.“ Erwin zwinkerte mir zu. „Zwei Minuten und dieses Lokal wird wieder einen glücklichen und zufriedenen Kunden sehen!“

„Jetzt schauen sie sich doch mal diese Sauerei an“, begrüßte mich der alte Mann, der lustlos in seinen Pommes herumstocherte. „Das ist doch nie im Leben Mayonnaise! Viel zu dünn und stinkt nach Lösungsmittel. Wollen sie mal probieren?“

Ich hob abwehrend die Hände. „Nein danke. Vermutlich hat Erwin lediglich den falschen Spender erwischt und statt der Mayonnaise sein Desinfektionsmittel auf die Pommes getan. Sie sollten das reklamieren.“

Der Alte nickte. „Genau das werde ich tun. Außerdem sind die Pommes kalt. Die schmecken doch nicht mehr!“ Er nahm sein Schälchen und ging zur Theke, hinter der Erwin geschäftig hin- und her wuselte. Neugierig lauschte ich dem Gespräch.

„Hallo, Herr Koch. Das hier ist keine Mayonnaise auf den Pommes. Der Alte schob die Schale über die Theke. Erwin nahm sie auf und roch daran.

Ich musste nun doch lächeln. Smile. Hmm, mir war klar, dass mein großzügiger Freund diese Kundenreklamation auch großzügig und kulant behandeln würde. Der Mann hatte genau richtig gehandelt. Und wirklich: Erwin zeigte sich großzügig.

„Sie haben vollkommen Recht“, lächelte er und kramte in einer Schublade herum. „Ich Schussel habe mich wieder einmal mit dem Spender vertan. Entschuldigen sie bitte, das werde ich umgehend korrigieren.“

Der Alte grinste. „Entschuldigung angenommen. Und die Pommes waren auch ganz kalt.“

„Auch das wird sofort behoben“, verkündete Erwin jovial und hielt ein Feuerzeug an die Pommesschale. Eine Stichflamme schoss hoch, verlosch aber sofort wieder. Erwin hielt die Schale unter einen weiteren Spender auf seiner Theke, dann reichte er sie dem Mann zurück. „So, sehen sie. Jetzt sind die Pommes warm und Mayonnaise haben sie diesmal auch.“

Der Alte betrachtete die Schale skeptisch. „Das ist keine Mayonnaise, das ist Senf“, keuchte er dann.

„Senf ist genauso gut wie Mayonnaise“, trompete Erwin und jetzt klang sein Ton ein wenig drohend. „Senf ist sogar noch besser! Außerdem haben sie jetzt Mayonnaise und Senf bekommen, mit ihren Sonderwünschen ruinieren sie mich noch.“

Der Alte murrte leise: „Desinfektionsmittel und Senf“, kehrte aber mit seiner Schale an unseren Tisch zurück.

„Senf ist wirklich besser als Mayo“, bestätigte ich wider besseres Wissen die Worte meines Freundes. Wir Liebhaber kulinarischer Speisen mussten schließlich zusammenhalten und ich konnte Erwin ja schlecht in den Rücken fallen.

„Außerdem sind die Pommes jetzt verbrannt. Sehen sie hier, total schwarz.“ Der alte Mann stocherte mit seinem Gäbelchen in dem Senf herum und hob eine schlabbrige, schwarze Pommes heraus.

„Ich sehe nur Senf“, gab ich zu bedenken und der Alte wischte mit den Fingern so lange an dem Stäbchen herum, bis kein Senf mehr daran klebte. In der Tat war die Pommes ziemlich verbrannt.

„Aber immerhin ist sie jetzt warm“, versuchte ich die Situation zu retten. Zum Glück trat nun Erwin an unseren Tisch und stellte einen runden Plastikteller vor mich hin.

„So, Jonathan. Dein Smile Menü. Lass es dir schmecken!“

Ich betrachtete den Teller, aus dem mich ein Gesicht fröhlich angrinste. Erwin hatte wieder einmal sein hervorragendes Talent bewiesen und schaffte es wirklich, mich zum Lächeln zu bringen. Die Augen des Gesichts auf dem Teller wurden durch zwei Tomatenscheiben gebildet, die Nase stellte eine Essiggurke dar und der lächelnde Mund bestand aus liebevoll drapierter Mayonnaise. Wahrlich ein Meisterwerk!

Leider konnte ich weder Pommes noch Wurst entdecken.

„Erwin, du hast dich selbst übertroffen“, schmeichelte ich dem Imbissbesitzer. „Wo aber sind die Pommes Frites? Und wo ist die Wurst?“

Erwin zwinkerte mir zu. „Jonathan, dies ist ein Smile-Menü. Vegan. Es ist bewiesen, dass Rohkost sich positiv auf die menschliche Psyche auswirkt. Da bedarf es keiner Wurst. Iss einfach und dann wirst du ja sehen ...“

In diesem Moment betrat eine Gruppe von Bauarbeitern lärmend und johlend den Imbiss und Erwin eilte hinter seine Verkaufstheke zurück. Jetzt begann das Mittagsgeschäft und mein Freund hatte alle Hände voll zu tun.

In einem unbeobachteten Moment entsorgten der alte Mann und ich unsere Essen in seltener Eintracht im Mülleimer.

Geduldig stellte ich mich an der Schlange der Bauarbeiter an, die jetzt einen Flachmann herumgehen ließen. Zwischendurch leerten sie in für mich ungewohnter Geschwindigkeit die ein- oder andere Bierflasche, die Erwin geschwind wieder gegen volle auswechselte.

Endlich begaben sich die Männer mit ihren Frittenschälchen zu einem der Tische, um dort lautstark weiter zu palavern.

Erwin sah ihnen grinsend hinterher. „Ja, so sind sie, unsere Mönchengladbacher Werkschaffenden.“ Dann wurde er ernst: „Und, Jonathan? Hat dir das Smile-Menü geschmeckt?“

„Hervorragend Erwin“, log ich. „Du glaubst gar nicht, wie schnell das Essen weg war.“ Angesichts des raschen Verschwindens im Mülleimer musste ich nicht einmal lügen.

„Macht dann siebenundzwanzig Euro achtzig“, verkündete mein Freund. „Mit der Cola zusammen.“

„Äh, Erwin, die Cola hattest du ganz vergessen. Ich habe keine bekommen!“

„Dafür denke ich ja jetzt daran. Sei nicht so kleinlich, Jonathan. Schließlich habe ich für die Smile-Kreation den ganzen Vormittag in der Küche gestanden.“

„Ich brauche aber noch etwas Spezielles“, orderte ich. „Kannst du mir zwei rohe Bratwürste kleinschneiden und in ein Schälchen tun?“

Curry- Erwin sah mich irritiert an. „Zwei rohe Bratwürste? Willst du die dir etwa zu Hause braten?“

Ich lachte. „Nein, mein Freund. Die sind für Bingo.“

„Bingo? Meinst du den Kö... Hund?“

„Genau. Der Malinois. Er muss doch schließlich auch etwas zu fressen bekommen.“

Erwin nickte verstehend. „Ja, so ein Hund ist teuer. Du weißt doch hoffentlich, dass ich rohe Bratwürste nicht zum Normalpreis abgeben kann?“

„Nicht zum Normalpreis?“ Ich freute mich. Mein guter Freund Erwin würde mir die Würstchen günstiger lassen. „Gerne, Erwin. Du bist ein wirklicher Freund.“

Erwin schüttelte den Kopf. „Eine rohe Bratwurst ist nicht gebraten, deswe...“

„Das ist mir klar, Erwin“, unterbrach ich ihn und lachte.

„Deswegen kosten sie das Doppelte von einer normalen Bratwurst“, ließ der Imbissbesitzer sich nicht aus der Ruhe bringen und schob eine Schale mit kleingeschnittenen Würstchen über die Theke.

Zähneknirschend bezahlte ich die Wurst, wurde aber nachher dadurch belohnt, dass Bingo sie mit einigermaßen Genuss fraß.

IV.

Ein wenig zu forsch bog ich auf den Parkplatz vor Bernds Krav Maga Studio und hätte fast einen dort parkenden Wagen tranchiert. Doch dank meiner schnellen Reaktion schlitterte ich nur Millimeter an dem Wagen vorbei. Mit quietschenden Reifen kam ich genau auf einem freien Platz zum Stehen. Profifahrer bleibt halt Profifahrer.

Während der Fahrt hier zum Studio hatte ich mir Gedanken gemacht, wie ich Bernd die Sache mit dem Schnulzensänger erklären könnte, ohne ein allzu schlechtes Licht auf mich selbst fallen zu lassen. Leider fiel mir nichts Passendes dazu ein und so nahm ich mir vor, einfach zu improvisieren.

Jennifer, unser Mädchen für alles, stand hinter der Empfangstheke und sah mir mit gerunzelter Stirn entgegen. Ihre langen blonden Haare fielen lose auf die Schultern und im Licht der Sonne kam sie mir vor wie ein Engel.

Bingo stürmte auch sofort auf sie zu und verschwand hinter der Theke. Für einem Moment beugte Jenny sich herunter und ich hörte den Malinois wohlig grunzen. Dann richtete die Blonde sich wieder auf und fixierte mich mit ihrem Blick.

„Hallo Jonathan. Sag mal, was sollte das denn für eine Aktion werden?“

Ich fühlte mich sofort ertappt. Hatte sich die Angelegenheit mit Puddu denn schon herumgesprochen? „Tja, das ging irgend...“, versuchte ich eine lahme Erklärung, doch Jenny unterbrach mich.

„Du weißt aber wohl, dass der Parkplatz keine Rennstrecke ist, oder Jonathan?“

Ich atmete auf. Offensichtlich meinte Jennifer den Beinahe-Unfall auf dem Parkplatz. „Ach, das meinst du, ich dachte, du spielst auf... Ja, ich bin ein wenig zu forsch in die Kurve gegangen. Aber es ist ja nichts passiert.“

Jennifer sah mich prüfend an. „Was dachtest du, worauf ich anspiele?“

„Nichts. Ist Bernd in seinem Büro?“

„Lenk nicht ab, Jonathan Lärpers“, wies Jenny mich mit erhobenem Zeigefinger zurecht. „Was meintest du nun wirklich? Raus mit der Sprache!“

So, wie die Blonde mich jetzt mit ihrem bohrenden Blick ansah, blieb mir nur noch die Option, bei der Wahrheit zu bleiben. Ich hob beschwichtigend die Hände. „Es ist wegen der Observation dieses Schnulzensängers Adriano Puddu. Es hat sich herausgestellt, dass der Mann doch kein Verhältnis mit einer anderen Frau hat.“ Ich lachte und sah Jenny verschmitzt an. „Und auch nicht mit einem anderen Mann. Haha.“

„Ja, haha“, gab Jenny von sich. „Du hast es mal wieder verbockt, stimmt’s Jonathan? Wird sich der Kunde beschweren?“

„Also, Puddu ist ja eigentlich nicht unser Kunde ...“, gab ich lahm von mir, nickte dann aber mit gesenktem Blick.

„Na, dann lass dir mal eine Entschuldigung für Bernd einfallen“, meinte sie achselzuckend und verschwand wieder hinter der Theke. Ich konnte mir vorstellen, wie sie gerade Bingo den Bauch kraulte, der garantiert auf dem Rücken lag und ihre Zärtlichkeiten genoss. „Sei froh, dass Bernd momentan nicht erreichbar ist. Da war nämlich vorhin wirklich ein Anruf für ihn, doch der Mann wollte mir nicht sagen, worum es ging. Der hat nicht einmal seinen Namen genannt, aber er war ziemlich wütend.“

„Ja, das war vermutlich Puddu“, erklärte ich. „Bernd ist nicht erreichbar?“ Das gab mir noch eine gewisse Frist, in der ich mir entsprechende Ausreden ausdenken konnte.

Jenny tauchte wieder aus der Versenkung auf. „Bernd ist mit einem neuen Kunden hier im Studio, beziehungsweise drüben in der Detektei unterwegs. Scheint eine ziemlich große Sache zu sein, vielleicht ein neuer Auftraggeber.“

„Hoffentlich keine Observierungsaufträge.“ Ich hob meine flache Hand über den Kopf. „Die stehen mir nämlich inzwischen bis hier. Hat sich denn Oberstaatsanwalt Eberson nicht gemeldet? Ein Auftrag von ihm wäre jetzt genau nach meinem Geschmack.“

Jennifer lachte. „Jonathan, Jonathan. Wir können uns das nicht aussuchen, wie du vielleicht weißt. Immerhin müssen wir alle unsere Brötchen verdienen. Ich denke aber, dass Bernd uns zu gegebener Zeit informieren wird.“

„Ja, bestimmt“, knurrte ich. „Vielleicht können dann ja Christine oder Birgit diese Beschattungen übernehmen. Ich gehe jetzt mal in mein Büro ...“

„Tu das, Jonathan. Aber schlaf nicht wieder hinter deinem Schreibtisch ein. Denk daran, dass Bernd mit dem Kunden im Haus unterwegs ist. Außerdem hat er für fünfzehn Uhr ein Treffen im Planungsraum angesetzt.“

„Ich schlafe nie an meinem Schreibtisch“, erklärte ich indigniert. „Meistens denke ich über meine Aufträge nach ...“

„Was du regelmäßig mit einem Schnarchen kundtust, ich weiß“, lachte die Blonde und beugte sich erneut zu Bingo herab.

„Liebe Jennifer Enssel, du tust mir unrecht ... Worum geht es denn bei dem Meeting? Hat Bernd da schon etwas verlauten lassen?“

Jennys Stimme klang hinter dem Tresen hervor: „Es geht um die kommenden Feiertage und eine Feuerwehrübung danach. Fünfzehn Uhr, Jonathan. Sei bitte pünktlich!“

Ich wandte mich zum Ausgang. Die verbleibende Zeit bis zum Meeting würde ich damit verbringen, über den vergangenen Auftrag nachzudenken. Ich sollte dabei vielleicht meine Bürotür abschließen, um nicht von Bernd und seinem neuen Kunden überrascht zu werden ... „Komm, Bingo, wir gehen ins Büro.“ Ich hielt die Eingangstür auf und wartete darauf, dass der Malinois an mir vorbeistürmen würde, doch der Hund regte sich nicht. „Bingo, komm schon, wir wollen gehen.“

Nichts.

„Lass Bingo ruhig bei mir, Jonathan“, meldete sich Jennifer. „Du kannst ihn ja nach dem Meeting abholen.“

Achselzuckend ging ich zu meinem Wagen. Soviel zu ‚Ein Mann und sein Hund‘. Wirkliche Treue sah anders aus.

Die Detektei, ein Gebäude wenige Straßen vom Krav Maga Studio entfernt, war früher das Domizil einer Firma gewesen, die auf das Digitalisieren von Schriftstücken spezialisiert war. Nachdem der Inhaber die Firma heruntergewirtschaftet hatte, konnte Bernd das Gebäude günstig erwerben. Jetzt befand sich dort unsere Detektei ‚Argus‘, was hauptsächlich bedeutete, dass Christine, Birgit und ich dort unsere Büros hatten.

Sorgfältig - und diesmal nicht mit überhöhter Geschwindigkeit - parkte ich meinen postgelben Kia Venga auf dem Seitenstreifen und vergewisserte mich, dass alle Fenster geschlossen waren. Zu oft hatten irgendwelche Spaßvögel schon Briefe in den Wagen geworfen. Wieder einmal dachte ich daran, mir endlich einen anderen Wagen zuzulegen, doch nachdem der Kauf eines Porsche so grandios fehlgeschlagen war, wusste ich noch nicht, was für ein Fahrzeug für mich angemessen sein würde. Vielleicht ein Roadster oder doch lieber ein SUV?

Die Detektei lag verlassen da und die Eingangstüre fand ich fest verschlossen vor. Umso besser, so konnte ich in Ruhe über den Fall Puddu nachdenken ... Bevor ich mich in meinem Bürosessel zurücklehnte, stellte ich am Computer vorsichtshalber die Uhr, so dass sie mich um fünfzehn Minuten vor dem Meeting informieren würde. Sicher war halt sicher ...

Ich schreckte hoch, als etwas Feuchtes durch mein Gesicht wischte. Im ersten Moment dachte ich, dass Bingo es mit seiner langen Zunge wäre, doch dann hörte ich leises Frauenlachen.

„Ich habe doch gesagt, dass er schläft“, vernahm ich Birgits Stimme. „Die Wette habe ich gewonnen, Chrissi. Macht zwanzig Euro.“

Ich öffnete die Augen und sah Birgit Zickler, jetzt wirklich die ‚Zicke‘ mit einem nassen Waschlappen vor meinem Gesicht herumfuchteln.

„Ich habe nicht geschlafen“, murrte ich und stieß ihren Arm zur Seite. „Nur nachgedacht.“

Christine stand neben der Tür und lächelte. „Gut geschlafen, Jonathan? In zwanzig Minuten beginnt das Meeting. Du bist doch informiert?“

In diesem Moment plärrte die Weckfunktion meines Computers los und ich beeilte mich, den schrillen Ton abzustellen. Beide Frauen verließen laut lachend mein Büro. „Danke, sehr kollegial“, rief ich ihnen hinterher. Und: „Ich habe wirklich nicht geschlafen ...“ Doch das glaubte ich eigentlich selber nicht.

Pünktlich erschien ich im Planungsraum, in dem Christine und Birgit schon auf ihren Plätzen saßen und sich angeregt unterhielten. Ich nickte ihnen kurz zu, sagte aber nichts. Die zwei ließen sich auch durch mich nicht weiter stören und aus ihren Worten vernahm ich, dass es um das kommende Wochenende ging. Die beiden Frauen planten irgendeine Kurzreise, an der auch Jennifer teilnehmen würde.

„Wo soll’s denn hingehen?“, fragte ich schließlich doch, als meine Neugier siegte.

Christine lächelte. „In die Lagunenstadt, Jonathan. Und bevor du fragst: Nein, Männer sind nicht zugelassen. Es wird eine reine Mädelsreise.“

Lagunenstadt? Ich überlegte. Was sollte eine ‚Lagune‘ sein? Unauffällig zog ich mein Handy zu Rate und fand dort eine Erklärung: ‚Vom offenen Meer durch einen natürlich abgetrennten Streifen Land abgetrenntes Wasser.‘ Ich grinste. Chrissi hätte auch einfach ‚Insel‘ sagen können, wenn sie das gemeint hat, doch die Kleine tat immer schon gerne geheimnisvoll. Aber auf welche Insel würden die drei reisen? Eigentlich gab es da ja nur ein Ziel. „Sylt“, schoss es aus mir hervor und ich zeigte den beiden mein gewinnendstes Lächeln.

Birgit schüttelte den Kopf. „Sylt? Wie kommst du denn darauf, Jonathan? Und lass doch bitte dieses dämliche Grinsen ...“

„Venedig“, fiel jetzt Christine ein. „Venedig wird auch die ‚Lagunenstadt‘ genannt. Wegen der vielen Kanäle.“

Wieder half mir mein Handy, denn so leicht wollte ich mich nicht geschlagen geben. Und ich wurde fündig: „Du hättest ja direkt ‚Venedig‘ sagen können. Ueckermünde ist nämlich auch eine Lagunenstadt. Woher sollte ich wissen, wovon die Damen sprechen?“

„Aber Sylt ist keine Lagunenstadt“, wusste Birgit es wieder einmal besser. „Sylt ist eine Insel.“

In diesem Moment betrat Jennifer den Raum, dicht gefolgt von Bingo, was mich zum Glück einer Antwort enthob. „Jennifer, da bist du ja“, gab ich überflüssiger Weise von mir und schaute neugierig auf das Tablett, das sie in beiden Händen hielt. Neben einer Thermoskanne standen dort zwei große Teller mit Kuchen. Besonders der Sahnekuchen erregte meine Aufmerksamkeit. „Du weißt, wie du uns verwöhnen kannst“, schmeichelte ich der Blonden und überlegte, ob jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, sie zum Essen einzuladen. Als Birgit mich mit einem süffisanten Grinsen ansah, ließ ich den Gedanken rasch fallen.

„Bernd lässt sich entschuldigen“, meinte Jenny und stellte Kuchen und Kanne auf den Tisch. „Er telefoniert noch und wird ein paar Minuten später kommen.“ Sie blickte mich von der Seite an und fügte hinzu: „Er spricht gerade mit einem Herrn Adriano Puddu.“

„Ist das der Sänger, den Jonathan observiert hat?“, ließ sich Birgit vorlaut vernehmen. Jennifer nickte, während Christine sich erhob.

„Ich besorge uns ein paar Becher und Kuchenteller. Für dich auch, Jonathan?“

Ich überlegte, ob ich überhaupt einen Teller brauchte und nicht direkt einen der beiden mit dem Kuchen an mich heranziehen sollte. Auf jedem befanden sich vier Stücke und für Chrissi und Birgit dürften doch jeweils zwei genügen ...

„Jonathan, bist du eingeschlafen?“ Christine riss mich aus meinen Gedanken. „Willst du nun auch einen Kaffeebecher oder lieber doch nicht?“

„Natürlich will ich. Und vergiss die Kuchengabeln nicht ...“

Während Chrissi den Raum verließ, zog ich den Teller mit dem Sahnekuchen zu mir heran. Jennifers strafenden Blick ignorierte ich, bis Birgit mich anfuhr: „Stell den Kuchen sofort wieder in die Mitte zurück, Jonathan. Andere wollen auch etwas davon abbekommen!“

Ich nickte, doch dann kam mir ein Gedanke. Beim Anblick des Sahnekuchens musste ich unwillkürlich an den alten Herrn Weser denken, der sein Stück Kuchen bei einem Kaffeekränzchen in seiner Küche ‚gekennzeichnet‘ hatte. Mein Stück würde mir niemand streitig machen ...

In echter Weser-Manier steckte ich den rechten Mittelfinger in ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte und hinterließ dort ein gut sichtbares Loch. Genüsslich leckte ich mir den Finger anschließend ab.

„Iihh, Jonathan, du bist ein echtes Ferkel“, ließ sich Jennifer vernehmen und rasch zog sie den Teller von mir fort. „Wie kommst du bloß immer auf solche abartigen Ideen?“

„Das habe ich von Herrn Weser“, gab ich beleidigt von mir. „Der kennzeichnet seinen Kuchen auch immer so ...“

Jennifer schüttelte den Kopf. „Was Herr Weser macht, musst du doch nicht nachmachen. Ich denke, du kannst den Mann nicht leiden? Außerdem ist Weser doch wesentlich älter als du, da darf man schon einmal seine Marotten haben.“

Aus den Augenwinkeln sah ich Christine, die in der Tür stand und uns stirnrunzelnd beobachtete. „Habe ich das jetzt richtig mitbekommen? Jonathan hat seinen Finger in das Stück Kuchen gesteckt?“

„Ganz wie Herr Weser“, gab ich jetzt kleinlaut von mir. Die Idee mit der Kennzeichnung war wohl doch nicht so gut gewesen.

Während Christine Becher, Kuchenteller und Gabeln verteilte, betrat Bernd mit ernster Miene den Raum. Er sah mich kurz an, meinte lapidar: „Jonathan, wir müssen uns später noch unterhalten“ und eilte zu seinem Platz am Kopf des Tisches. Jennifer schenkte ihm Kaffee ein und stellte die Kanne dann außerhalb meiner Reichweite auf den Tisch.

Bernd nickte ihr dankbar zu und zeigte auf seinen Kuchenteller. „Kannst du mir das Stück Schwarzwälder darauf tun? Wieso hat das so ein Loch in der Mitte?“

„Jonathan meinte, es kennzeichnen zu müssen“, ließ Birgit sich vernehmen und ich spürte, wie ich ein wenig rot im Gesicht wurde.

„Kennzeichnen?“ Bernd betrachtete das Stück auf dem Teller vor sich. „Wie - kennzeichnen?“

Wieder war es Birgit, die ihm antwortete: „Jonathan hat seinen Finger in den Kuchen gesteckt, um ihn für sich zu kennzeichnen.“

Erneut sah mich Bernd an und sein Blick war wenig schmeichelhaft. „Was soll das denn, Jonathan? Ein Stück Kuchen kennzeichnen? Hast du Angst, nicht genug abzubekommen? Hier“, er schob mir den Teller hin. „Ich will dir ja nicht dein Stück wegessen.“

„Also Bernd, das ... das ...“ Verlegen schwieg ich und blickte auf den Tisch vor mir, während sich der Teller mit dem Sahnestück in mein Sichtfeld schob.

„Gut, kommen wir zum Grund unseres heutigen Meetings“, ließ sich mein Freund und Chef vernehmen, während Jennifer nun den gesamten Kuchen an Birgit, Christine und Bernd verteilte. Sollte mir wirklich nur dieses eine, ramponierte Stück bleiben? Und wo war meine Gabel? Vergeblich suchte ich nach der Kuchengabel.

„Ich werde euch nicht lange aufhalten“, fuhr Bernd fort und ließ sich ein Stück Torte mit Karamellnüssen schmecken. Das war eigentlich das zweite Stück, das ich mir ausgesucht hatte ...

„Es geht um die kommenden Ostertage und den Dienstag danach. Momentan haben wir hier nicht sonderlich viel zu tun - was auch den Feiertagen geschuldet ist - und so möchte ich die Gelegenheit für einige dringend notwendige Renovierungsarbeiten nutzen.“

Ich stöhnte verhalten. Sollte ich nun vielleicht während der Feiertage mein Büro neu streichen? Bernd kam aber auf die merkwürdigsten Ideen ...

„Das bedeutet, dass ich hier ab Morgen bis einschließlich Dienstag alles dicht machen werde, was für euch einem bezahlten Kurzurlaub entspricht.“

Ich atmete auf. Doch keine Zusatzarbeit für mich, stattdessen ein Kurzurlaub. Wie die Mädels auch könnte ich mit meinem treuen Partner Bingo eine Reise antreten. In Gedanken ging ich die verschiedenen Ziele durch. Amerika strich ich allerdings von meiner Liste, da ich mit Bingo bei der Einreise Probleme haben dürfte.

„Jonathan - Jonathan?“, vernahm ich Bernds Stimme und blickte auf. „Hörst du überhaupt noch zu. Und warum isst du deinen Kuchen nicht?“

„Ich höre zu und ich habe keine Gabel.“

Birgit hielt mir eine Kuchengabel quer über den Tisch hin. „Hier nimm die.“ Überall klebten Sahnereste daran.

„Ist die gebraucht?“

Birgit nickte. „Passt doch irgendwie zu deinem Kuchen ...“

„Also, Jonathan, wovon sprach ich zuletzt?“, meldete Bernd sich wieder zu Wort.

Ich überlegte. „Vom Kurzurlaub?“ gab ich leise von mir und merkte, wie Chrissi und Birgit grinsten.

„Nein, Jonathan. Ich sprach von dem Mittwoch nach eurem Urlaub. Aber für dich wiederhole ich mich gerne noch einmal: Ich möchte, dass ihr alle pünktlich um acht Uhr im Krav Maga Studio seid. Wir halten auf dem Parkplatz eine Feuerwehrübung ab, dazu wird extra ein Feuerwehrmann der Wache in Rheydt zu uns kommen. Es geht um Brandschutz und Brandbekämpfung. Und ich möchte nicht, dass jemand von euch unpünktlich ist.“

Aus einem Reflex heraus - und weil ich mich auf den Urlaub mit Bingo so freute - sprang ich auf, legte die rechte Hand zum Gruß an die Stirn und gab mit fester Stimme von mir: „Qui mon Feuerwehrgeneral.“ Dann wurde mir von der plötzlichen Bewegung ein wenig schwindelig und ich stützte mich mit der Hand auf dem Tisch auf. Dummerweise fasste ich dabei genau in meinen Sahnekuchen.

Nahezu gleichzeitig schüttelten Bernd, Chrissi, Jennifer und Birgit ihre Köpfe.

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