Kitabı oku: «"Ich habe so viel zu erzählen..." Von Luxemburg ins Ruhrgebiet - eine Lebensgeschichte», sayfa 2
"Und wie ist das mit dem Haus, in dem Ihr gewohnt habt?"
"Als meine Schwester in Düdelingen war, da hat sie nur noch so einen kleinen Abhang gesehen ... Die Häuser sind abgerissen worden, und die Familien haben Häuser in einem anderen Stadtteil bekommen ... Da war ein Italiener, der unser Haus mit den Möbeln uns damals abgekauft hatte, als wir nach Deutschland gingen. Der hat meine Schwester mal bei ihrem Aufenthalt in Luxemburg ins neue Haus geholt und gesagt: 'Guck mal, da sind Eure Möbel.' ... Meine Schwester sagte: 'Das war vielleicht ein Gefühl'."
Die Eltern meiner Mutter hatten ein kleines Häuschen für eine sechsköpfige Familie mit einer ebenerdigen Küche, in die man von draußen eintrat, einem Wohnzimmer auf der gleichen Etage mit einer Stiege, von der Küche ausgehend, die zu weiteren Zimmern (Schlafzimmern) auf der ersten Etage führte. Schließlich war noch ein Zimmer auf dem Speicher des Hauses.
"Erzähl doch einmal, wie es zu Hause bei Euch aussah."
"... Wir hatten eine riesige Küche, bestimmt 20 qm, da kam man direkt von draußen rein .... Das Wohnzimmer war, wenn du reinkamst, davon links ... und hatte die Hälfte der Fläche der Küche. ... Und hinten war dann von der Küche aus noch eine Türe, da haben wir unsere Kohlen drin gehabt, so eine Art Kohlenkeller, und ich weiß nicht, was meine Mutter da noch so stehen hatte, außer ihren Einmachgläsern. ... Von der Seite der Küche waren Stiegen, die nach oben führten."
"Wo war jetzt die Toilette?"
"Draußen, wir hatten draußen ja so ein Holzhäuschen, mit einem Plumpsklo."
"Und wo habt Ihr Euch gewaschen?"
"Gewaschen haben wir uns in der Küche. Da war ein großes Steinbecken, ... denn wir hatten ja kein Bad."
"Warmes Wasser gab es nicht?"
"Nein, das war ein ziemlich altes Haus. Meine Großeltern wohnten da ja schon. Meine Mutter ist da ja schon großgeworden mit ihren Geschwistern."
"Und die Schlafgelegenheiten waren oben?"
"Ja, jetzt gingst du gerade oben rauf die Treppe, und genau oben an der Treppe war das Elternschlafzimmer, daneben haben meine Schwester und ich zusammen in einem breiten Bett geschlafen, und daneben war meine Großmutter, da hatte die ihr Zimmer. Und mein Bruder musste noch eine Treppe hoch zum Speicher, der musste über den Speicher laufen, und da war ein Zimmer, wo er drin geschlafen hat."
Die Nachbarschaft
Die Nachbarn gehörten unterschiedlichen Nationalitäten an und hatten ebenso Kinder wie meine Großeltern.
"Gab’s in der Gasse, in der Ihr gewohnt habt, auch viele andere Kinder?"
"Da wohnten zwei jugoslawische Familien und drei luxemburgische Familien, und wir waren dann die einzigen Deutschen ... Jede Familie hatte da doch Kinder unterschiedlichen Alters ... Insgesamt waren das etwa 15 Kinder, vor allem überwiegend Jungens, mit denen ich so gut wie nicht gespielt habe ... Die nächste Freundin von mir wohnte an der Hauptstraße, wo die Eltern eine Metzgerei hatten."
"Wie war denn da die Nachbarschaft?"
"Das Verhältnis war gut, die haben sich gut untereinander verstanden. Ich hab' da nie mal mitgekriegt, dass da Zankerei war."
"Gab es denn so gemeinsame Sachen, die gemacht wurden?"
"An und für sich nicht, da hab‘ ich keine Erinnerung dran. Meine Mutter hat ja viel mit ihrer Freundin verkehrt, eine Luxemburgerin, die ebenfalls in der Gasse wohnte."
Die Eltern, Geschwister und weiteren Verwandten meiner Mutter
Der Vater und dessen Verwandtschaft
Der Vater, Sohn eines Bauern, aufgewachsen mit acht weiteren Geschwistern, ist in einem Dorf in der Eifel geboren. Dort besuchte er eine Zwergschule. Er war im 1. Weltkrieg, erlitt eine Verletzung, die später einen zweijährigen Sanatoriumsaufenthalt zur Folge hatte. Als jüngerer Sohn konnte er den Bauernhof seines Vaters nicht übernehmen, musste sich eine Arbeit suchen und kam so nach Luxemburg als Hüttenarbeiter. Eine Schwester zog gleichfalls nach Luxemburg und wohnte in der Nähe der Eltern meiner Mutter. Zu ihr hatte meine Mutter Kontakt. Insgesamt war dieser jedoch zu den Verwandten ihres Vaters geringer als zu denen ihrer Mutter.
"Wo ist Dein Vater geboren?"
"In der Eifel, in Krinkhof, Kreis Wittlich."
"Kannst Du das ein bisschen näher beschreiben?"
"Ein kleines Dorf."
"Du bist ja mal später als Erwachsene dagewesen."
"Ja, das ist ein kleines Dorf. Und das hatte auch eine Schule. Aber die war ja jetzt nicht mehr, die war ja dicht. Aber das Gebäude stand noch da."
"Was vermutest Du, wie viele Einwohner das Dorf hatte?"
"Ich meine, damals hätten die immer gesagt, 24 Häuser wären da nur gewesen .... Landwirtschaft hatten die."
"Also die Eltern waren Bauern gewesen."
"Ja."
"Wann ist Dein Vater geboren?"
"1895."
"Beschreib‘ mal Deinen Vater, wie sah der denn aus?"
"Mein Vater muss ganz gut ausgesehen haben. Der war nur nicht so groß. Meine Tante hatte mal zu meiner Mutter gesagt: 'Wenn Du ihn nicht nimmst, dann nimm ich ihn' ... Ich hab' ja noch so ein großes Bild, wo er beim Militär war."
"Hast Du denn Deinen Opa und Deine Oma kennengelernt?"
"Ich hab‘ die nicht kennengelernt. Ich war zwei, als die gestorben sind."
"Du hast von einem ältesten Bruder Deines Vaters gesprochen. Wie viele Geschwister hat er denn gehabt?"
"Der hatte acht Geschwister, also vier Schwestern und vier Brüder ... Eine Schwester hat sogar auf dem Schiff gelebt."
"Und Dein Vater war ..."
"In der Mitte."
"Du hast mal davon gesprochen, dass Dein Vater einen Lieblingsbruder hatte."
"Und eine Lieblingsschwester. ... Seinem Lieblingsbruder sah er auch am ähnlichsten. Ich hab‘ ja da noch ein Bild von ihm ... Die müssen auch nicht weit auseinander gewesen sein. Ganz kurz, zwei Jahre vielleicht."
"Du hast auch gesagt, dass dieser zu seiner Bewerbung das Zeugnis Deines Vaters genommen hat."
"Ja, das ist damals passiert. Mit dem Zeugnis meines Vaters hat der seine Stellung gekriegt. Ich glaube, der war bei der Post. Mein Vater war kein Mensch, der sitzen konnte, der wollte schon gar nicht ins Büro rein. Der hat sich dafür nicht geeignet ... Ich hab‘ was von ihm ... Mein Vater hat sich auch viel bewegt."
"Hat sich Dein Vater Dir gegenüber mal über seine Eltern geäußert?"
"Nein, hat er nicht ... Da wurde gar nicht drüber geredet ... Ja, wir haben ja auch nicht gefragt."
"Dein Vater hat dann die Schule in Krinkhof besucht?"
"Ja klar. Das war so eine Gesamtschule, wie man heute so sagt, wo sie dann alle drin waren in dem Gebäude, von eins bis acht. Unterschiedliche Räume, dann wurden aber Klassen zusammengelegt."
"Du sagtest in dem Zusammenhang auch, dass Dein Vater zusammen mit einer Schwester in eine Klasse gegangen ist."
"Ja, ja."
"Du sagtest auch, dass die beiden in der Schule ganz gut waren."
"Die waren sehr gut, wie ich das so mitgekriegt hab‘ ... Die haben sich immer abgelöst bei den Besten."
"Der Opa war Bauer, aber Dein Vater konnte nicht auf dem Bauernhof bleiben."
"Nein, der Älteste von den Geschwistern ist dageblieben. Also musste er sich was anderes suchen."
"Weißt Du, ob Dein Vater eine Berufsausbildung, gemacht hat?"
"Nein, das glaube ich nicht. Das war zu der damaligen Zeit ja auch gar nicht."
"Weißt Du denn, wo Dein Vater gearbeitet hat?"
"In der Molkerei in Trier, hab‘ ich gehört, bevor er nach Luxemburg ging."
"Hat er sonst noch woanders in Deutschland gearbeitet?"
"Sonst weiß ich nicht. Er ist nach dem 1. Weltkrieg ja nach Hause, dann hat er da, bis er nach Luxemburg ging, nehm‘ ich mal an, so lange gearbeitet."
"Dein Vater war im 1. Weltkrieg. Weißt Du, wie die Zeit für ihn war?"
"Ich weiß wohl, dass der bei den Gebirgsjägern war. Also das heißt, die sind in die Berge da hoch. In Russland muss er, glaube ich, auch gewesen sein. Ja, ja, Gebirgsjäger. Siehst Du, das war ein Zeichen dafür, dass der gut laufen konnte. Der hatte gute Füße. ... Er ist verwundet worden, seine Niere wurde zerfetzt."
"Du hast auch gesagt, dass er 2 Jahre im Sanatorium war."
"Ja, in Bonn."
"Wie alt warst Du da?"
"Kann sein, dass ich grad‘ ein Jahr alt war. Also wie ich gehört hab‘, wär‘ ich drei gewesen, als er zurückkam."
"Was mich wundert, ist, dass Dein Vater nach seiner Verwundung im 1. Weltkrieg erst 10 oder 11 Jahre später ins Sanatorium gekommen ist."
"Ja, versteh‘ ich ja auch nicht. Da hat ihm das wohl nicht zu schaffen gemacht, das kam wohl erst später ... Das war damals eine schwierige Operation ... Meine Mutter hat mich dann mal zu Besuch mitgenommen, wie sie mir später sagte."
"Dein Vater ist 1924 nach Luxemburg gekommen, aus welchem Grund?"
"Weil hier in Deutschland keine Arbeit war nach dem 1. Weltkrieg."
"Und der hat gleich die Unterkunft in Düdelingen bekommen?"
"Ja, der war irgendwie in Kost und Logis, das nannte man ja so. Kostgänger bei einer Familie ... Meine Schwester meinte, dass er bei der Freundin von meiner Mutter gewesen ist, die ja neben meiner Mutter gewohnt hatte ... und so hat er dann wohl auch meine Mutter kennengelernt."
"Wie war denn die Beziehung zu Onkeln und Tanten väterlicherseits zur damaligen Zeit, als Du in Luxemburg warst?"
"Von Luxemburg aus war ich ja nur mit einer Schwester meines Vaters zusammen, die verheiratet war und zwei Kinder hatte. Die wohnte ja nicht allzuweit von uns in so einem kleinen Ort."
"Und wie verstandest Du Dich mit ihr?"
"Ich bin da mal gelegentlich hin. Die hat einen aber auch ausgenutzt, die hatte immer Arbeit für mich."
"Wo wohnte sie?"
"Da, wo sie wohnte, das war mehr so wie ein Dorf ... Man konnte von ihrem Haus ins Grüne bis zum Wald sehen ... Zu ihr bin ich mit dem Rädchen gefahren ... Da war nicht anders hinzukommen, wenn ich nicht laufen wollte."
"Wenn Du sagst, sie hat Dich ausgenutzt, was musstest Du dann machen, wenn Du da warst?"
"Sie hatte Gänse, die sie rausgetrieben hatte ... Und ich musste dann immer aufpassen, dass die Gänse nicht auf die Schienen liefen, die gegenüber dem Haus waren, wo meine Tante wohnte ... Die war nie ohne Vieh ... neben Gänsen hatte die auch Schweine, die geschlachtet wurden."
"Hat sie Euch denn auch besucht?"
"... Die sind ganz selten zu uns gekommen. Ich hab‘ das überhaupt nicht in Erinnerung, dass die zwischendurch da waren. Die waren wohl auf meiner Kommunion ... Das war kein gutes Verhältnis zwischen meinem Vater und seiner Schwester ... Ihr Mann war Pate von mir ... Der hatte mir damals zur Kommunion eine Armbanduhr geschenkt."
Die Mutter und deren Verwandtschaft
Meine Großmutter mütterlicherseits ist eine gebürtige Luxemburgerin, aufgewachsen als Älteste von drei Geschwistern. Daneben hatte sie noch einen Halbbruder. Der staatenlose, arbeitslose Vater stammte aus der heutigen Ukraine. Die Eltern trennten sich nach einiger Zeit, und die Urgroßmutter wohnte danach im Haus meiner Großeltern. Zu ihrem Großvater hatte meine Mutter jedoch trotz der Trennung Kontakt. Die jüngere Tante mütterlicherseits wurde von meiner Mutter als lustiger, unkomplizierter erlebt als die ältere, obwohl sie ein Jahr bei der älteren Tante in Brüssel verbringen sollte.
"Jetzt kommen wir einmal zu Deiner Mutter. Wann ist sie geboren?"
"1907."
"Und wo ist sie geboren?"
"In Düdelingen, ... ich glaube schon in dem Haus, in dem ich geboren wurde."
"Was ist zu dem Vater Deiner Mutter, also Deinem Opa, zu sagen? Wo kam er her?"
"Von der Ukraine, aus der Stadt Krasnosil im Kreis Charkow."
"Wie ist der denn jetzt von der Ukraine nach Luxemburg gekommen?"
"Der ist ja aus der Armee desertiert ... hatte keine Papiere bei sich, war staatenlos ... muss wohl zwei Jahre in Köln gewesen sein. Und warum er jetzt da nicht geblieben ist, weiß ich auch nicht. Ob die den nicht mehr da haben wollten? ... Der konnte gut Deutsch. Luxemburgisch hat er ja überhaupt nicht gesprochen. Der hat nur Deutsch gesprochen."
"Hatte er eine Ausbildung?"
"Der hatte keine Ausbildung. Der hat ja auch nie gerne gearbeitet, wie ich das so mitgekriegt hab‘. Wenn der Monat um war, dann hatte er nichts verdient. Hat sich weiß Gott wo rumgetrieben."
"Wie Du mir erzählt hast, war der immer in Gastwirtschaften gewesen. Was hat er da gemacht?"
"Ich meine, der hätte sogar Akkordeon gespielt und hat getanzt, Krakowiak auf dem Tisch. Das kommt ja von seiner Heimat ... Meine Mutter und ihre Schwestern haben des Öfteren ihre Nase an der Scheibe der Wirtschaft plattgedrückt, um so zu sehen, was er da machte ... Jedenfalls hat er da freies Trinken gehabt, weil er das Geld ja auch nicht so hatte und auch, weil er einiges geboten hatte ... Ziemlich viel hat er sich da aufgehalten. Und dann kam er nach Hause und hat getobt ... nach außen, den Leuten gegenüber, hat der sich so nett gegeben. Die konnten den alle gut leiden. Meine Mutter hat immer gesagt, der Hausteufel ist der Straßenengel. Ich glaub‘, die Leute haben dem immer auch so einiges zugesteckt."
"Wenn Du sagst, dass der Opa nicht so viel gearbeitet hat, dann war die Familie sicher auch arm gewesen, oder?"
"Ganz arm, ja sicher ... die hatten nur das Nötigste zum Leben. Musste ja Essen gekocht werden, aber das war es, die hatten ja nicht viel ... Die zwei Schwestern meiner Mutter sind ja schon früh abgehauen, weil die das auch nicht aushalten konnten. Mit 18 waren die schon weg nach Brüssel ... Meine Mutter, die ist ja auch einmal weg von zu Hause gewesen, nach Frankreich, konnte es dort jedoch nicht aushalten, die hatte Heimweh."
"Deine Mutter war die Älteste?"
"Ja, und trotzdem als letzte der Geschwister noch im Haus gewesen."
"Weißt Du denn, wie sich die Geschwister vertragen haben, hat Deine Mutter mal was dazu gesagt?"
"... Ich glaub', dass die sich ganz gut vertragen haben. Mit der jüngsten Schwester, da kam meine Mutter besser klar. Die andere Schwester war ja sehr genau in allem ... Das hat meiner Mutter nicht so gepasst."
"Kommen wir nun auf Deine Oma zu sprechen. Wo ist sie geboren?"
"Ich meine, die wäre in Esch geboren, einer größeren Nachbargemeinde von Düdelingen .. Deren Eltern haben sich gut gestanden. Die hatten sogar Angestellte in einer großen Schneiderei ... Meine Oma hatte eine Schwester, die war in Amerika, die hatte ein großes Warenhaus ... Als sie gestorben war, hat meine Großmutter damals geerbt ... Hat dann wohl jedem von ihren Kindern was gekauft, aber hat nie verraten, was sie geerbt hat ... Das war bestimmt nicht wenig ... Als meine Oma dann ihren späteren Mann kennenlernte, da haben ihre Eltern sie praktisch verstoßen. Die wollten von dem nichts wissen."
"Wie Du mir mal gesagt hast, waren Deine Großeltern ja schon geschieden, als Du geboren wurdest."
"Ja, als ich zur Schule ging, da wohnte mein Opa ja schon in der Nähe von der Schule. Ich kam da immer dran vorbei, wenn ich zur Schule ging. Da hatte der zwei Zimmer."
"Bist Du dann zu ihm hingegangen?"
"Ja sicher. Ich hab‘ den ja öfter besucht."
"Hat Deine Mutter das denn gerne gesehen, dass Du zu dem Opa gegangen bist?"
"Bestimmt nicht. Die war ja auf den nicht gut zu sprechen. Die konnte den ja überhaupt nicht leiden. Die hat ihm immer alles mögliche gewünscht, nur nichts Gutes."
"Du hast auch mal von einem Erlebnis berichtet, wie der Opa zu Euch gekommen ist."
"Ich weiß das nur von meiner Mutter ... Er hat immer mal versucht, zu meiner Oma hinzukommen. Und dann hat meine Mutter vor ihm gestanden und hat ihn dann rausgejagt. Sie sagte: 'Wenn Du noch ein Schrittchen näher kommst, dann werde ich Dir ein Messer in die Brust reinstoßen.' Die war ganz rabiat. Die hat ja auch so viel mitgemacht. Ist doch klar, dass die Hass auf den hatte. ... Und danach ist er, glaube ich, auch nicht mehr gekommen."
"Du hast mal gesagt, Du hättest für den Opa eingekauft."
"... Der hatte für sich selbst eingekauft ...oder hat sich das bringen lassen, das waren ja nur ein paar Schritte. Und dann hat er mich mit dem Anschreib-Buch dahin geschickt und ich hab‘ bezahlt. So war das."
"Deine Oma hat in Eurem Haushalt gelebt?"
"Ja, genau."
"Wo hatte sie ihr Zimmer?"
"Die hatte das auf der 1. Etage, wo zugleich das Schlafzimmer meiner Eltern und das Zimmer von mir und meiner Schwester war, ... Immer, wenn ich aus der Schule kam, bin ich zu ihr rauf."
"Was hast Du da gemacht?"
"Ja, mich mit ihr unterhalten, und die hat mich dann auch schon mal weggeschickt, und ich hab‘ dann Strümpfe weggebracht, die sie gestrickt hatte. Wohin ich die bringen sollte, wusste ich dann auch, das hat sie mir dann gesagt. ... Die hat sich so Geld nebenbei verdient für Süßigkeiten, und ich bekam dann immer etwas davon mit. Die hatte ja nichts, keine Rente. Und bei uns hatte sie alles frei. Die war ja 63, die ist 1941 gestorben, wir sind 1939 weg. Da hat sie es nicht lange ohne uns ausgehalten."
"Wie sah sie denn aus?"
"So richtig wie eine alte Frau. So ein Knötsch dahinten, das nennt man, glaub´ ich, Dutt. So ganz stramm und straff. Und dann hatte sie immer so eine Schürze an, so eine lange. Mein Gott, wenn man heute überlegt, ein Mensch mit 60, 63, sieht dann doch noch richtig jung aus. Aber die kam ja auch nirgendwo hin. Die ging ja, wenn sie draußen war, nur immer die Gasse rauf ... An der Hauptstraße, da hat sie sich dann mit einigen getroffen, die dann auch dahin kamen und sich unterhielten. Das war ihr ganzes Vergnügen. Ich hab‘ keine andere Erinnerung daran, dass die mal weg war."
"Hat sie denn im Haushalt mitgeholfen?"
"Nein, ... Aber ich weiß noch von meiner Mutter, dass, wenn meine Eltern mal nicht da waren und meine Oma dann runterging und sich was gemacht hat, ein Butterbrot mit Marmelade, dass die immer alles verschmiert hatte und nichts sauber gemacht hat."
"Wie war das Verhältnis Deiner Oma zu Deinem Vater?"
"Die konnte meinen Vater nicht leiden."
"Aus welchem Grund?"
"Das weiß ich auch nicht. Vielleicht weil er ein Deutscher war. Aber mein Vater war auch etwas streng. Ich hab‘ sie ja auch einmal gekriegt, weil ich von meinem Großvater so spät nach Hause kam. Es war schon dunkel, und dann ist sie ja dazwischen. Das hab‘ ich noch gut in Erinnerung ... 'Du Mörder, Du Mörder', hat sie noch gerufen."
"Du hast auch gesagt, dass sich die Oma darüber beklagt hat, dass ihre Töchter Ausländer geheiratet haben."
"Ja klar, alle. Sie hätte sich gewünscht, dass mal eine unten geblieben wär‘ und hätte dann einen Luxemburger geheiratet. Waren ja genug da. Ausgerechnet haben sie alle drei einen Ausländer genommen. Und alle drei weg aus dem Haus. Das war aber auch Pech. Nur der Sohn, ein Halbbruder meiner Mutter, mein Onkel, der ist dann da geblieben. Der hat da unten spät aber geheiratet."
"Wir wollen noch einmal kurz auf Deinen Onkel zu sprechen kommen. Das heißt also, als Deine Oma Deinen Opa geheiratet hat, hat sie schon ein Kind mit in die Ehe gebracht."
"Ja, genau."
"Wie hieß er denn?"
"Scheng. Jean hieß der richtig, aber Scheng haben die Luxemburger gesagt."
"Und wie lange hat er zu Hause gewohnt?"
"Ich kann mich an den auch nur kurz erinnern, denn der war ja in der Fremdenlegion. Und der muss so sieben oder acht Jahre weg gewesen sein ... Der stand mal vor unserer Tür. Wie der aussah, so rot verbrannt, der hatte auch eine empfindliche Haut ... Und dann war der in Indochina, Marokko, da ist ja die Hitze. Der hatte so eine khaki Uniform an, als er kam. So Gamaschen. ... Und das war kurz, bevor wir 1939 auch weggingen. Der war nicht lange bei uns. Er hat erst bei uns gewohnt ..., weil er ja nicht wusste, wohin, im ersten Moment. ... Mein Vater hat ihn dann auch aufgenommen. Der hat oben bei meinem Bruder im Zimmer unterm Dach geschlafen."
"Wann ist der Jean, oder Scheng, aus dem Elternhaus? Das war schon sehr früh, oder?"
" ... Mein Großvater wollte den nicht mehr im Haus haben. Bis 14 Jahren hat er ihn praktisch nur geduldet. Und dann musste der raus, ging zu den Bauern und arbeitete dort .... War auch schlimm. Das waren vielleicht Familienverhältnisse da, die waren ja katastrophal. Das war für meine Großmutter bestimmt auch schlimm."
"Vielleicht mal abschließend zu Deinen Tanten: Welche Beziehung hast Du zu den beiden gehabt?"
"Von Brüssel aus, wo meine Tanten wohnten, haben die uns ja öfter besucht. Da kam mal die eine, mal die andere. Die ältere Tante kam, glaube ich, öfters. Und dadurch habe ich zu ihr eine intensivere Beziehung gehabt. Und dann bin ich ja mit 11 Jahren zu ihr gefahren. Da sollte ich ja ein Jahr bleiben, die Schule besuchen, der Sprache wegen."
"Du hast gesagt, dass Du die jüngere Tante anders erlebt hast als die ältere."
"Ja, die jüngere war an und für sich eine Lustige und Unkomplizierte, die war auch ein bisschen nachlässiger. Meine ältere Tante war ja sehr genau, sie war ganz das Gegenteil."
"Hast Du die denn mehr gemocht, als Deine ältere Tante?"
"Ja, ich kam weniger mit ihr zusammen, aber ich war ganz gerne mit ihr zusammen. Die hat einen immer zum Lachen gebracht."
"Späße hat sie gemacht?"
"Ja, aber ich hab‘ sie ja erst später so richtig kennengelernt, wie wir schon hier in Deutschland wohnten, als ich mit Deinem Vater verheiratet war ... Da haben wir sie mal in Antwerpen besucht, wo sie wohnte. Die kam zu meiner Kinderzeit mal nach Luxemburg mit ihrem Freund, dem Marcel. Der Marcel hat auf dem Boden gelegen und da mit uns Kindern gespielt. Ich weiß wohl, dass der ganz gut aussah. Und dann hatte sie hinterher den Louis in Antwerpen, und der war ganz gut zu ihr. Der ist damals tödlich verunglückt. Meine jüngere Tante ist kinderlos geblieben."
Meine Mutter erzählte bei anderen Treffen davon, dass diese Tante im Krieg von den Nazis ins Arbeitslager gebracht worden sei. Dort sei sie einmal eingeschritten, als eine Frau vom Aufsichtspersonal geschlagen wurde. Sie selbst bekam dann fürchterliche Schläge, die dazu führten, dass sie eine Narbe im Gesicht behielt.
"Nun zu Deiner anderen Tante mütterlicherseits: Du warst bei ihr in Brüssel."
"Ich bin nach Brüssel und sollte da ein ganzes Jahr bleiben ... Tatsächlich waren es dann jedoch nur drei Wochen. Ich sollte da in die Schule gehen, sollte die Sprache perfekt lernen. Und meine Tante hat gearbeitet. Die hat ihre Tochter immer morgens, bevor sie zur Arbeit ging, noch in den Kindergarten gebracht, und da war ich mir auch überlassen, bis sie wiederkam."
"Das heißt, Du warst in Brüssel auf Dich alleine gestellt."
"Ja, so lange, wie die weg war. Dann hat sie mir eine Handarbeit, so einen Stickkasten, gekauft, mit so einem Motiv drauf ... und sticken, das konnte ich ja. Dann sollte ich mich da so beschäftigen ... Dann hab' ich da auf dem Balkon gesessen ... Das war ja gar nicht so schön. So gut war ich da auch nicht aufgehoben, so viel mir selbst überlassen."
"Deine Tante und Dein Onkel sind mit Dir aber auch einmal zur See gefahren?"
"Die sind mit mir an die See gefahren ... Und mein Onkel wollte mir da ja das Schwimmen beibringen. Da bin ich ja mit ihm in das Wasser rein, und da hat er das trotzdem nicht geschafft."
"Du solltest da ein Jahr bleiben, ist das richtig?"
"Ja, ein Jahr zur Schule gehen. Wär‘ auch nicht einfach geworden, als Deutsche da in der Schule ... Wo ich mich im Nachhinein doch wundere, dass mein Vater das geduldet hat. Ist doch lange, für ein Jahr."
"Wie hast Du denn als Kind den Onkel erlebt?"
"Der war nett. Ich hab‘ ihn zwar auch nicht oft gesehen, weil er ja auch gearbeitet hat, aber ich hab‘ nur in Erinnerung, dass der an meinem Bett stand an dem Morgen (September 1939), wo der von der Armee eingezogen wurde, vollständig in Uniform, und sich von mir verabschiedet hat. Das Bild hab‘ ich wohl noch in Erinnerung."
"Warst Du überrascht gewesen, dass er auf einmal nicht mehr da war?"
"Ja, sicher, ich hab‘ das dann auch so begriffen, warum er weg musste. Ich war ja immerhin schon elf. ... Ich musste dann auch nach Hause ... Wir konnten uns ja gar nicht schnell genug auf den Weg zurück nach Luxemburg machen. Meine Tante sagte, hinterher sind die Grenzen zu, dann kommt man gar nicht mehr durch.
Die hat geflattert. Die hatte gerade angefangen, Wäsche zu waschen, dann hat sie aufgehört, weiß ich noch, und sich ganz schnell angezogen, in den Zug rein, und dann ab nach Luxemburg. Da fuhr ja ein Zug immer durch. Und kam dann noch pünktlich an. Das war ja, nehm‘ ich mal an, im September, am 1. September brach ja der Krieg aus. Wir sind ja dann erst im Oktober nach Deutschland weggezogen. Also war das ja noch früh genug.
Die Beziehung der Eltern meiner Mutter zueinander
Mein Großvater war 12 Jahre älter als meine Großmutter. Den Aussagen meiner Mutter gemäß dominierte er in der Ehe.
"Wir gehen jetzt einmal auf die Beziehung Deiner Eltern untereinander ein. Mir ist aufgefallen, dass ein großer Altersunterschied zwischen Deiner Mutter und Deinem Vater bestand."
"Ja, überleg mal. Die ist 7 geboren und er 95. Das sind zwölf Jahre."
"Wann haben sie sich kennengelernt?"
"Die haben 26 geheiratet. Vielleicht zwei Jahre vor meiner Geburt ... Mein Vater war ja seit 24 in Luxemburg."
"Wo haben sie sich kennengelernt?"
"Da in der Gasse, wo meine Mutter gewohnt hat. Sie haben sich bei der Freundin von meiner Mutter kennengelernt, wo mein Vater in Kost ging. Meine Mutter hat den Männern ihr Arbeitszeug genäht, wenn da was zerrissen war. Das konnte die ja gut ... Und das hat meinem Vater imponiert. Ihm hat immer imponiert, wenn eine Frau was konnte. Und der konnte nicht haben, wenn jemand ins Haus kam und tratschte. Wenn derjenige sich ‚ne Arbeit mitgebracht hat, dann war das gut. So war der eingestellt."
"Deine Mutter hat er bei ihrer Freundin kennengelernt. Und was ihm gefallen hat, war das Stricken, sagtest Du. .... Gibt es vielleicht noch andere Gründe, warum er sie genommen hat?"
" ...die musste ja auch vielleicht ganz gut ausgesehen haben. Sie war ja auch schlank .. und so rot-blond. Er war ein dunkler Typ mehr, ganz dunkelblond."
"Es war ja ein großer Altersunterschied zwischen den beiden. Wer hat denn zu Hause das Sagen gehabt?"
"Ja, das ist doch klar, dass er das Sagen hatte. Er war ja auch erfahrener und hatte schon den Weltkrieg hinter sich ... Der konnte ihr doch noch was vormachen. Und die ist ja auch aus dem Haus überhaupt nicht rausgekommen."
"Wenn Euch als Kinder was gesagt wurde, war das von beiden oder nur vom Vater?"
"Das war hauptsächlich mein Vater. Meine Mutter konnte sich doch überhaupt nicht richtig durchsetzen. So haben wir beispielsweise die Schwester meines Vaters mit ihrer Familie, als wir hier in Deutschland im Oktober 1939 ankamen, im November oder Dezember bei uns aufgenommen. Die kamen ja ebenfalls etwas später als wir aus Luxemburg und hatten erst mal keine Bleibe. Die waren drei Monate bei uns in der Wohnung. Meine Mutter hat sich gegenüber der Schwester meines Vaters nicht durchsetzen können. Die war ja auch viel älter. Meine Tante hat sich praktisch so aufgeführt, als wenn sie die Herrin gewesen wäre. Dabei war die ja nur Gast. Meine Mutter hat meinem Vater lange nichts gesagt. Bis sie es nicht mehr ausgehalten hat. Und dann hat mein Vater seine Schwester mit Familie vor die Tür gesetzt. Hätte sie das mal eher gemacht ... Ich hätte mir das nicht so lange gefallen lassen."
"Würdest Du sagen, Deine Eltern haben sich genauso viel unterhalten wie Du mit Deinem Mann?"
"Nein, so viel nicht. Ich konnte mit Deinem Vater über alles mehr sprechen. Ich bin ja einmal von meiner Mutter gewahr geworden, dass meine Eltern acht Tage nicht miteinander gesprochen haben. Und wir als Kinder haben das nicht gemerkt ... Ich hätte das nicht fertiggebracht, so lange nicht miteinander zu sprechen. Ich wär‘ abends nicht eingeschlafen, wenn nicht alles in Ordnung gewesen wäre."
"Dein Vater musste viel arbeiten?"
"... Der hat immer viel gearbeitet. Der hat ja praktisch, wenn der zu Hause war, nur geschlafen, gegessen, und dann ging er wieder. Wir Kinder haben von ihm auch nichts gehabt."
"Wie war das denn mit dem Freizeitverhalten? Haben Deine Eltern auch mal was zusammen gemacht?"
"Die sind wohl zusammen, wenn mein Vater sonntags frei hatte, ein Bierchen trinken gegangen. Dann sind sie immer, wie wir schon in Oberhausen wohnten, in eine bestimmte Wirtschaft gegangen. In Luxemburg hatten sie mehr Möglichkeiten. Mein Vater ging Skat spielen, und meine Mutter hatte sich auch amüsiert. Das konnte sie, die konnte sich Karneval verkleiden ... die hat sich die Kostüme alle selber genäht., ... die tanzte auch, wenn sich mein Vater in einem anderen Raum aufhielt und Karten spielte ... Und da hat er nichts dagegen gehabt, weil er auch nicht tanzen konnte ... Die waren auch im Sparverein, und da haben sie jedes Jahr Bustouren gemacht."
"Dein Vater ging arbeiten und Deine Mutter war für den Haushalt und damit auch für das Einkaufen zuständig. Du hast mir von aufregenden Einkaufstouren Deiner Mutter berichtet."