Kitabı oku: «Ragnarök», sayfa 5

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Eine Armee für die Götter

ᚹᚨᛚᚺᚨᛚ

Jahrzehnte waren seit der Vermählung von Jarnsaxa und Thor vergangen. Sie gebar ihm zwei Söhne, Magni und Modi. Sie waren sein ganzer Stolz. Als kleine Säuglinge waren sie schon genauso kräftig wie er als er noch ein kleiner Junge war. Orange schimmerten die Haare auf ihren kleinen Häupten.

Auch Loki hatte zwei Söhne mit seiner Ehefrau Sigyn erhalten, die sie Narfi und Vali nannten. Sie lebten gemeinsam in Thors Palast.

Loki liebte alle seine Kinder. Deshalb beschämte es ihn umso mehr, dass er die Kinder, die er mit Sigyn hatte, am meisten liebte. Narfi und Vali waren keine Monster, sie waren gesunde Asen. Sie waren wahre Götter, wie er es immer sein wollte.

Loki besuchte in diesen Jahren selten seine Kinder in Helheim. Hel war nicht mehr alleine mit Fenrir. Die Menschen, die in Midgard starben, wurden von ihr in Helheim wiederbelebt. Es war Odins Plan, er würde diese Menschen eines Tages gebrauchen.

Odin warf den Mantel um Loki und sie erschienen im nächsten Augenblick in Helheim. Bis auf das Rauschen des Wasserfalls war es ruhig. „Fenrir ist wohl auf der Jagd“, sagte Odin, der das Heulen des Wolfes vermisste. Sie schauten über die Weizenfelder auf den Palast auf dem Hügel. Seit der Ankunft der Menschen in Helheim, hat sich diese Welt verändert. Mit jedem neuen Menschen ähnelte es Midgard mehr. Der größte Unterschied lag in der Kälte der Luft und der geschlossenen Decke. Odin warf seinen Mantel erneut über Loki und sie fanden sich in Hels Empfangssaal wieder.

„Vater!“ rief Hel und ging zu Loki, ihn zu umarmen. Sie war kein Mädchen mehr, aber ebenfalls noch keine ausgewachsene Frau. Ebenfalls ist sie nicht aus ihrer Schüchternheit herausgewachsen. „O–Onkel Odin.“

„Wo ist dein Bruder, Fenrir?“ fragte der Ase.

„Ist Fenri‘ nicht draußen? Er–Er ist so groß geworden, er ist eigentlich kaum zu übersehen. Er wird wohl wieder in Mi–Midgard jagen sein.“

„Ich habe ihm doch gesagt, dass er fern von Midgard bleiben soll“, schimpfte Odin.

„Helheim ist zu…zu klein für ihn. Es gibt nicht genug für ihn zu essen. Er…er tut keinem was in Midgard“, verteidigte das Mädchen ihren Bruder.

Odin atmete aus. „Wir können ihn nicht in Midgard laufen lassen, Loki. Die Menschen werden sich fürchten, er wird ihnen ihre Speisen wegfressen. Er kommt zurück nach Asgard.“

„Nach Asgard?“ fragte Loki verwundert. „Freya wird seinen Kopf haben wollen!“

„Fenrir wird nichts geschehen. Du hast mein Wort.“ Loki willigte nur ungern ein, aber er verstand Odins Sorgen um Midgard und seiner sprießenden Armee.

Sie hatten keine Probleme, Fenrir in Midgard zu finden. Der Wolf war bereits so groß wie eine Scheune für ein dutzend Kühe. Mindestens so viele hatte er auch gefressen. Er leckte gerade das Mark aus den Wirbeln von einem Ochsen; um ihn hunderte zerkaute Knochen. Als Fenrir Odin witterte, heulte er und lief auf ihn zu. Loki streichelte seinen Sohn hinterm Ohr. Odin schrie: „FENRIR!“ Der Wolf kauerte und machte sich so klein wie möglich. „Ich hatte dir gesagt, dich aus Midgard fern zu halten. Und nun finden wir dich hier. Du hast genug für drei Dörfer gefressen! Du enttäuschst mich…“ Der Wolf heulte. „Loki, du kennst den Weg zu Bifröst. Bring deinen Sohn nach Asgard. Und keine Verzögerungen.“ Odin warf sich seinen Mantel um und teleportierte zurück nach Helheim.

„Ha–Habt ihr Fenri‘ gefunden?“ fragte Hel. Sie saß auf einem Wippstuhl und Menschen hielten ihr Schalen mit geschälten Nüssen und Früchten vor.

„Wie groß wird er noch wachsen? Selbst Midgard wird noch zu klein für ihn.“

„Unsere ältere Schwester ist groß…vielleicht wird Fenri‘ auch so groß. Aber…aber ich bin nicht groß…ich werde nicht so groß werden. Ich bin anders als sie…“

„Ja, das bist du“, sagte der Ase und tappte auf ihr verschleiertes Haupt. „Du bist klug und begabt. Du würdest keine Dummheiten anstellen. Du würdest meine Worte immer huldigen.“

„Danke, Onkel Odin. Schau! (Hel zeigte aus dem Fenster) Meine Hildr ist zurück.“ Sie schauten hinaus. Eine Frau mit weißem Haar ritt auf einem geflügelten Pferd durch die Luft, auf dessen Rücken lag ein Mann. Das Pferd landete vor dem Eingang zum Palast Hels. „Hildr, wen hast du heute hergebracht?“ fragte Hel die Frau lächelnd.

Sie nahm den Leichnam des Mannes vom Pferderücken und legte ihn vor Hels Füßen ab. „Herrin, ein einfacher Bauer, der in der Nacht erfror“, sagte sie mit gebeugtem Haupt.

Hel nickte und legte ihre Hände auf die Brust des toten Körpers. „Bitte, darf ich, Herrin?“ fragte Hildr. Lokis Tochter trat beiseite und die Reiterin platzierte ihre Hände wie Hel auf die Brust des Toten. Die Luft wurde noch kälter, doch die Hände der Frau glühten umso wärmer. Die Haut des Leichnams färbte sich von grau nach weiß, dann pink zu hellbraun. Die Augen des Mannes öffneten sich. Er schaute verwirrt auf die Versammelten. „Du bist in Helheim“, sagte Hildr, die ihn zu den Lebenden zurückbrachte. „Erhebe dich und genieße ein neues Leben ohne den Tod.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen und half ihm hoch. Ohne ein Wort zu verlieren ging er hinaus auf die Weizenfelder, wo andere Menschen ihn willkommen heißten.

„Warum kann sie die Toten erwecken, Hel?“ fragte Odin mit einem Ton der Eifersucht.

„Ich–Ich habe sie so erschaffen. Sie ist eine Wa–Walküre. (Hildr neigte respektvoll ihr Haupt) Sie bringt die Gefallenen.“

„Du wirst mehr von ihnen brauchen, Hel. Ich werde mehr von ihnen brauchen. Ich möchte die stärksten und kühnsten Menschen bei mir in Asgard haben. Hildr wird mir Aushelfen. Sie wird die Gefallenen wiederbringen.“

„A–a–a–aber sie ist meine Freu–“

Odin legte tröstend seine Hände auf Hels Schultern. „Hel, erschaffe dir einfach eine neue Hildr.“ Er sah nicht wie Hel hinter dem Schleier vor den Tränen stand. „Ich muss wieder zurück. Wer weiß, was dein Bruder und dein Vater zusammen anrichten vermögen.“

„O–o–“ Doch Odin war bereits mit Hilfe seines Mantels verschwunden.

„Heimdall, lass sie durch!“ befahl der Ase dem Wächter, der den Wolfsvater und seine Brut vor den Toren warten ließ. Kopfschüttelnd öffnete er die Tore nach Asgard. Fenrir quetschte sich durch die riesige Halle Himinbjörgs. Als er die erste Pfote auf Asgard legte, heulte er auf. Er war hier geboren, aber nie hatte er diesen Boden berührt. Der Wolf sprang und freute sich so sehr, dass er Loki von seinem Rücken warf. Er war ihm nicht böse. Im Gegenteil, er freute sich für sein Kind. Sleipnir kam ihnen entgegengerannt, dann hörten sie seine Hufen klappern. Das Pferd wieherte, der Wolf heulte, und dann rannten sie um die Paläste der Götter.

„Was wird Fenrir essen?“ fragte Loki Odin.

„Dasselbe wie wir. Er kriegt täglich eine Beere Iduns. Das sollte reichen“, antwortete der Ase. Loki blickte skeptisch, aber er wagte nicht Widerworte zu geben, nicht nach alldem, was Odin für seine Kinder getan hatte.

Heimdall gesellte sich den Beiden und flüsterte zu Odin: „Kvasir wollte dich sprechen. Er sagte nur, es sei wegen den Wanen.“

Odin erwartete bereits die Reaktion der anderen Götterrasse. „Wenn ihr Tyr seht, sagt ihm, er soll zu mir kommen“, sagte er zu Loki und zum Wächter, bevor er sich in seinen Mantel hüllte und im Thronsaal seines Palastes erschien. Der Vermittler der Götterrassen saß bereits an einem Tisch. Odin setzte sich auf seinen Thron und gestikulierte Kvasir, sich ihm zu nähern.

„Der Asen Armee wächst mit jedem Tag, es scheint ein neuer Krieg ist nah. Allvater, die Wanen haben ein Anliegen: Sie vermuten ihr Asen wollt sie bekriegen.“

„Ein neuer Krieg steht bevor, aber er ist nicht gegen das Wanengeschlecht.“

„Den alten Krieg dieses verlor, doch wer stürzt sich im Neuen ins Gefecht?

„Kvasir, sag den Wanen nur dies: Odin will euch nicht vor Gungnir haben, sondern daneben.“

„Wort für Wort, so soll ich es ihnen übergeben.“ Kvasir verbeugte sich und verließ den Thronsaal.

Nach einer Weile kam Tyr hereingestürmt: „Das Wolfskind ist hier!“

„Und hier wird Fenrir auch bleiben. Deshalb hab ich dich hergerufen. Ich werde den Bau zweier Paläste anordnen und werde mich nicht um ihn kümmern können. Ich vertraue, dass du ein Auge auf ihn hast“, sagte der Einäugige und zeigte auf den leeren Sockel.

Tyr schüttelte den Kopf, sein geflochtener Bart unison dazu. „Warum ich, Allvater? Es ist Lokis Brut!“

„Wenn ich Loki fähig denken würde, seine Kinder in Zaum zu halten, würde ich nicht dich fragen. Tyr, du bist der gerechteste von allen Asen. Fenrir hat keinem Asen Leid angetan–“

„Noch nicht.“

„Unterbrich mich nicht! Er ist ein Wolf, ja, und er wird Dinge tun, die ein Wolf nun mal tut. Aber wir müssen uns nicht fürchten. Er muss uns vertrauen, bring ihn dazu!“

„Ich werde es tun, für dich, Allvater. Aber ich verstehe nicht, warum“, sagte Tyr schulterzuckend.

Was Freund war, wird Feind. „Wir müssen unsere Freunde nahe halten“, und unsere Feinde näher.

Lokis Skepsis war bewährt: Sein Sohn hungerte nicht dank der energiereichen Beeren, die Idun von Yggdrasil pflückte, jedoch sättigten sie seinen Appetit nicht. Oft fand Tyr den Wolf bei den Hirschen pirschen. Tyr übernahm die Fütterung Fenrirs, weil Idun sich fürchtete, dem Wolf auch nur nahe zu kommen.

Odin ließ einen gigantischen Palast am Idafeld neben Gladsheim errichten. Das neue Gebäude war für seine Armee konzipiert worden, für die Menschen. Als die Wanen erfahren hatten, welches Ausmaß der Palast annehmen sollte, fühlten sie sich wieder von den Asen betrogen. Diesmal dachten sie, Kvasir würde sie betrügen. Sie verschonten sein Leben, verbannten ihn aber aus Wanenheim. Um einen Krieg zu vermeiden, erschien Odin persönlich zum Rat der Wanen. Unangekündigt teleportierte er sich inmitten der Ratsversammlung. Die Wanen rissen von ihren Sitzen, einige zeigten auf den Asen, andere riefen zu den Waffen. „RUHE!“ schrie Odin und klopfte Gungnir auf den Boden, sodass der Steinboden knackte. Die Wanen senkten ihre Waffen. „Ich bin in Frieden gekommen. Wir sind verbündet und so wird es weiterhin bleiben. Ihr habt Kvasir zu Unrecht verbannt.“

„Wie wissen wir, dass eure Armee nicht gegen uns ist?“ fragte die Wanin Malinar. Die anderen stimmten ihr zu.

„Euer Geschlecht erhält die Hälfte meiner Armee.“

„Die Hälfte?“ Die Wanen flüsterten untereinander. Odin ging ein Lächeln übers Gesicht.

„Wer ist der Feind?“ fragte Skrokt, als der Rat verstummte. Odin schwieg. „Na los, sag uns, gegen wen wir kämpfen? Die Joten? Muspels Kinder? Nicht doch die Zwerge?“ Odin schwieg weiterhin. „Haben Frey und die Alben dich angegriffen?“

„Ich weiß nicht, wer uns angreifen wird.“

„Du weißt nicht, wer uns angreifen wird?“ wiederholte die Wanin Treyma.

„Nein.“

Die Wanen verblieben einen Moment still, bis sie ihr Lachen nicht mehr verkneifen konnten. „Es gibt keinen Krieg ohne Feind“, unterrichtete Hirdt, „und ohne Krieg ist eine Armee nur ein sinnloser, fauler Haufen.“

„Dann wollt ihr mein Geschenk nicht?“ fragte Odin mit einem festen Halt an Gungnir.

„Doch. Wir wollen die Hälfte deiner Armee, so wie du es vorgeschlagen hast.“

„Ihr Wanen werdet es kriegen. Anführen wird die Armee die mächtigste Person eures Geschlechts.“

„Du gibst die Armee Frey?“ fragte Malinar verwundert.

„Fast“, grinste Odin.

„Njörd?“

„Freya!“ verkündete der Ase, bevor er wieder mit seinem Mantel nach Asgard in seine Schlafkammer verschwand. Er ließ nach seiner Frau rufen.

Als Freya sich ihrer Schlafkammer näherte, hörte sie bereits ihren Mann laut lachen. Sie öffnete die Tür. Odin lag im Bett, zwei Becher voll Met in den Händen. „Komm und setz dich! Wie geht es unseren Kindern?“

Freya nahm einen Becher und setzte sich zu ihrem Mann. Sie schaute skeptisch auf den Met. „Ihnen geht’s gut. Hermod versucht Hödur das Reiten beizubringen. (Sie schüttelte den Kopf) Hätte er wenigstens ein Auge, das Sehen könnte.“

„Was Hödur an Licht fehlt, macht er gut mit seiner Liebe zu den Runen.“ Odin nahm einen tiefen Schluck von Heidruns Eutersaft.

„Odin, du hast mich nicht hergerufen, um über unsere Söhne zu sprechen. Los, sag schon.“ Sie nahm ebenfalls einen tiefen Schluck des süßen Mets.

„Du erhältst die Hälfte meiner Armee (Freya verschluckte sich am Honigwein). Wenn die Walküren uns Krieger herbringen, wirst du die eine Hälfte aussuchen und ich die andere. Du bist eine Wanin: So sollte dein Geschlecht zufrieden gestellt sein und unser Bündnis bleibt weiterhin bestehen.“

„Ist deswegen der Wolf, dieses Monster, hier?“ fragte sie verekelt. „Willst du ihn auch in deiner Armee?“

„Wenn der Tag kommt, werden wir alle Monster sein. Fenrir wird uns zur Seite stehen.“

„Ein Wolf ist nicht zu zähmen!“ erwiderte Freya.

„Erzähl das mal Loki, der mir Freki und Geri schenkte“, sagte er und die zwei genannten Wölfe heulten jenseits der Schlafkammer.

„Dieser Jote bringt dich auf unmögliche Gedanken…“ Freya hob sich vom Bett und schüttete ihren Becher erneut voll. „Du willst alle zu deinen Verbündeten machen. Als nächstes werden wir Freunde mit der Schlange und diesem hässlichen Mädchen.“

„Hel ist ihr Name. Sie ist mit treu und zu klug, um gegen mich zu handeln. Was Jörmungand betrifft…ich fürchte, dass sie uns niemals verzeihen wird.“

Odin gab Freya seinen Becher, den sie ihm auffüllte. Bevor sie ihm den Becher zurückgab, sagte sie: „Der Palast ist für deine Armee, nicht? Ich will auch einen. Für meine Hälfte.“ Er nickte und erhielt dann seinen Becher.

Freya ging zur Tür. „Warte! Wie wäre es mit noch einem Sohn?“ fragte Odin mit einem Schmunzeln.

Sie schaute ihn an, von seinen goldenen Haaren hinab zu seinen enthüllten Lenden. „Du hast mir heute mehr als einen Sohn gegeben, Gott der Götter.“

Der junge Dichter

ᚲᚹᚨᛊᛁᚱ

Das Fundament von Freyas Palast wurde direkt neben Gladsheim und Walhalla gelegt. Odins Palast für die Gefallenen, die Einherjer genannt, war fertiggestellt. Auf dem Dach stapelten sich die Schilde, die eines Tages zum Einsatz kommen würden; die Bänke und Sitze waren gepolstert mit Harnischen; an den Säulen rankten Speer über Speer. Freya hatte andere Pläne für ihren Palast Folkwang. Ihrem Mann gönnte sie die stärksten und kühnsten Menschen auszuwählen. Die Wanin hingegen wollte die Gerissenen, die Menschen, die nicht nur mit Fäusten kämpfen vermochten. Als eine Walküre einst einen Mann brachte, trug dieser eine Pergamentrolle bei sich: Wie es sich für das Ebenbild der Götter gehörte, hatten die Menschen ihre eigenen Runen erschaffen. Folkwang sollte eine enorme Bibliothek für die gesammelten Runen der Menschen beherbergen. Als Odin davon erfuhr, wurde er neidisch, auch er hätte gerne eine Sammlung an Wissen in seinem Palast gehabt. Er schlug vor, dass sich die drei Paläste—Gladsheim, Walhalla und Folkwang—mit verflochtenen Gängen verbinden sollten, doch Freya lehnte vehement ab. „Jahrzehnte lebe ich bereits in Asgard. Habe dir zwei Söhne gebärt und du hast nicht mal daran gedacht, mir einen Palast zu bauen. Folkwang ist mein allein! Und so soll es auch bleiben.“ Er führte seinen Plan dennoch aus und Freya hielt aus Trotz Abstand zu ihrem Ehemann.

Odin fand Trost bei einer anderen Frau. Saga legte ihre Füße ins kalte Wasser, welches um Sökkwabeck floss, ihrem Zuhause auf dem Berg im Osten Asgards. Odin gesellte sich ihr und tunkte seine Beine ebenfalls ins Wasser. Es schüttelte ihn vor Kälte. Saga kicherte. Sie war eine junge Asin, die Jugend strahlte noch in ihrem Gesicht, ihrem Lächeln. Goldene Locken fielen auf ihre nackten Schultern, die ihr hauchdünnes Kleid trugen. „Erzähl mir noch eine Geschichte, Saga“, bat der Allvater.

Saga lehnte sich zurück und trat etwas Wasser in die Luft und begann: „Ein junger Dichter lief einst von Zuhause fort, auf der Suche nach Königen und Helden, über die er Lieder singen konnte. Er lief über Berg und Tal, durchquerte Wälder und Flüsse. Auf seinen Reisen traf er viele Männer, die ihn anflehten, sie in seinen Liedern aufzunehmen; viele Frauen, die ihn anflehten, sie in seine Betten aufzunehmen. (Odins Hand strich unter ihrem transparenten Kleid) Hihihi. Doch der Dichter hatte kein Verlangen, Lieder über diese gewöhnlichen Männer zu singen, kein Verlangen für diese gewöhnlichen Frauen. Er sehnte sich nach Helden und Königinnen. So lief der junge Dichter dorthin, wo Sols Wagen ihn führen würde. Jahre ist er gelaufen, so weit ist er gelaufen, dass keiner mehr seine Sprache kannte. Doch es machte seinen Zuhörern nichts aus. Sobald seine Zunge Wein gekostet hatte, war sein Gesang hypnotisierend. Sein Ruhm eilte ihm voraus. Bald trat er in großen Städten auf und wurde dort bereits erwartet und selbst wie ein Held empfangen. Er hatte endlich mit Königen gespeist, mit Königinnen gelegen. Doch er merkte, sie waren nicht anders als die gewöhnlichen Männer und Frauen in seinem Heimatdorf. Und so ging er weiter. Weiter und weiter. Er sang in diesen Städten, in jenen Dörfern. Weiter und weiter. Er lief, solange ihn seine Beine tragen konnten. Weiter und weiter. Als er nicht mehr selber laufen konnte, schenkte ihm ein König sein bestes Pferd. Weiter und weiter. In einer Stadt fiel er erschöpft von seinem Ross. Der junge Dichter war nicht mehr jung. Er war nun bekannt als der alte Dichter. Der König der Stadt nahm ihn bei sich auf. Er hatte neun Prinzen von neun Frauen. Sie alle haben vom alten Dichter gehört, doch haben nie seine Lieder gehört. Wie sehr er sich auch bemühte, wie sehr er es wollte, er konnte kein Ton mehr von sich geben, kein Wein konnte mehr seine Zunge regen. Tränen fielen dem alten Dichter. Er sah sein Ende kommen. Er sang Lieder über so viele Könige, so viele Helden, so viele Frauen, doch in keinem Lied sang er über sich selbst. Der alte Dichter bat die Prinzen, dass sie sich an ihn erinnern. Er bat die Neun, sie sollen aus seinen Knochen Flöten schnitzen und seine Lieder singen. So starb der alte Dichter ohne ein Lied auf den Lippen. Aus den Knochen seiner Arme und Beine schnitzten sie acht Flöten. Der neunte Prinz, der keine Flöte des alten Dichters erhalten hatte, sammelte alle Sehnen und spannte sie um die Wirbel des Alten. Sie reisten gemeinsam durch die Welt, wie es der junge Dichter damals tat: Die acht Flöten und die singende Harfe. Und wenn sie ihre Instrumente spielten, glaubte man den jungen Dichter wieder zu hören.“

„Wie fallen dir diese Geschichten nur ein, Saga?“ fragte Odin und strich ihre Locken zur Seite.

„Die Hälfte ist wahr, die andere Hälfte nicht.“

„Und was ist wahr?“ fragte er lächelnd.

„Kvasir speist gerade wohl bei irgendeinem König, oder liegt mit dessen Frau“, lachte sie.

„Hast du was von Kvasir gehört?“

„Nicht seit er nach Wanenheim ging. Er hat mir selber viele Geschichten gesungen. Und jetzt schein ich sie alle zu singen.“ Saga drehte sich zu Odin und küsste ihn. „Magst du mir noch einen Becher mit dem Met geben?“

Odin nahm ihre beiden goldenen Becher und füllte sie mit dem kalten Wasser des Baches um Sagas Haus. Dann ging er zum Topf mit dem roten Met und dippte zwei Finger hinein, sodass jeweils ein Tropfen des Mets dranhing. Darauf tröpfelte er den Met in die goldenen Gefäße. Sobald der Met ins Wasser fiel, löste es sich auf und das Wasser wurde blutrot. „Sköll“, prostete er, nachdem er Saga ihren Becher gab. In einem Zug leerten sie den roten Dichtermet, so rot wie das Blut Kvasirs, von dem es gebraut wurde.

Das Kind in Ketten

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Fahnen mit dem Walknoten—drei verflochtene Dreiecke—flogen an den drei Palästen am Idafeld. Folkwang war vollständig errichtet worden und Freya seither im vollen Gange ihre Hälfte der Armee der Götter in Wissen und Magie auszubilden. Die Einherjer in Walhalla hingegen, kriegerisch in ihrer Natur, suchten einen Wettstreit gegeneinander, dem Odin zustimmte, denn die Gefallenen bräuchten ständiges Training, um nicht aus ihrer Form zu fallen. Ihr einziger Grund Odins für ihr Weiterleben war schließlich der eventuelle Krieg, der laut der Prophezeiung der Nornen kommen sollte. Was neun ist, wird eins. Odin würde alles in seiner Macht tun, damit die letzte Welt Asgard sein würde.

Täglich kämpften die Einherjer und täglich musste die Walküre Hildr und ihre Schwestern die Toten erwecken. Die Kämpfe waren brutal und intensiv, niemand schenkte seinem Gegenüber auch nur eine Sekunde Gnade noch Reue. In dem sonst gewaltfreien Asgard floss wieder Blut. Dies ging nicht spurlos an Fenrir vorbei. Seit Odin den Dichtermet nach Asgard schmuggelte, war er ruhelos, da der Wolf das Blut in der Luft roch. Nun floss Blut täglich und färbte die Wiesen im Idafeld schwarz. Den Wolf zu bändigen stellte eine immer schwierigere Herausforderung für Tyr da. Der Instinkt des Tieres gewann die Überhand und Fenrir rannte zu den kämpfenden Einherjer. Sie kämpften, doch selbst die Stärksten erlagen erbärmlich den Fängen des Wolfes. Es benötigte die Gebündelte Kraft Thors, Tyrs und Odin, um Fenrir still zu halten, damit Skadi ihn mit einem Giftpfeil zum Schlafen bringen konnte. „Mit der Dosis dieses Gifts könnte ich tausende Joten das Herz still legen, ganz zu Schweige von Einschlafen“, kommentierte Skadi im Rat der Asen, dem sie wegen ihrer ständigen Hilfe beiwohnen durfte.

„Wir können den Wolf nicht länger frei herumlaufen lassen. Wer weiß, was er als Nächstes tut? Es ist ein Biest, ein Monster, und Monster gehören tot!“ zürnte Freya, deren Auserwählten schmachhaft gegen Fenrir verloren hatten.

„Er ist immer noch mein Sohn!“ rief Loki zornig und trat seinen Stuhl weg beim Aufstehen.

„Freya hat aber Recht“, sprach Tyr und begründete: „Wir wissen nicht, was Fenrir als nächstes tun wird. Ich bin alleine nicht mehr im Stande, ihn im Zaum zu halten.“

„Wir werden ihn nicht töten“, entgegnete Odin. Er wog seine Optionen ab: Würde ein gigantischer Wolf ihm mehr nützen oder eine schier endlose Zahl an Kriegern? Er wollte Beides. „Wir legen Fenrir in Ketten.“

„NEIN!“ schrie Loki.

„Es ist fürs Beste. Thor, Tyr, wir halten ihn wieder fest, sollte er erwachen. Hermod, du wirst ihm die Ketten anlegen.“

Fenrir erwachte und streckte seine Beine gähnend. Tausende Kettenglieder sprangen auf als wären sie Weizensprossen. Der Wolf schüttelte sich und warf dabei die restlichen Eisenfragmente ab. Der Wolf hechelte Odin lächelnd an, der zwischen den sprachlosen Asen stand. „Ich habe es euch doch gesagt“, brach Odin das Schweigen und näherte sich dem Wolf, „Fenrirs Stärke (Der Wolf neigte seinen Kopf zur Seite und spreizte seine Ohren) lässt sich nicht von einfachen Eisenketten bändigen. Was sagst du, willst du ihnen deine ganze Kraft präsentieren?“ Der Wolf hechelte glücklich und heulte darauf. Odin schickte seinen Sohn Hermod die stärksten Ketten in Asgard zu bringen.

Beim Anlegen der Ketten blieb Fenrir gänzlich ruhig und half ihnen sogar, indem er seine Beine hob. Nicht eine Sekunde nach dem Verschließen der Kette zerbrach Fenrir sie. Er sprang umher und heulte auf, endlich spielte jemand wieder mit ihm.

„Wir müssen ihn leider töten“, sagte Odin mit schwerem Herzen dem Rat der Götter. Obwohl der Wolf ihm nun Kopfschmerzen bereitete so hatte er dennoch eine Verbindung mit diesem entwickelt. Er hatte sich vorgestellt, dass er den Krieg mit Fenrir gemeinsam kämpfen würde. „Mit jedem vertanem Tag wird er größer wachsen und irgendwann wird kein Gift ihn beruhigen können.“ Viele stimmten ihm zu.

„Nein, bitte, lasst es mich noch einmal versuchen“, entgegnete Loki. „Ich werde zu den Zwergen fliegen und nachfragen, ob sie mir eine Kette schmieden können. Sie können doch sonst alles.“

„Du kriegst neun Tage, Loki“, willigte Odin ein.

In Nidavellir ging Loki—verkleidet—zu Ivaldirs Enkeln. Er sagte ihnen, dass niemand die Härte Ivaldirs geschmiedeten Speers Gungnir in eine dünne und lange Form wie ein Haar schmieden könnte. Die Zwerge überzeugten vom Gegenteil und schmiedeten Gleipnir, eine hauchdünne Kette, dessen Glieder, nach ihrem Eigenlob zu urteilen, gegossen waren aus dem Laut eines Katzenschritts, dem Bart einer Frau, den Wurzeln eines Berges, dem Atem eines Fisches und der Spucke eines Vogels. Als Loki die Kette an sich nehmen wollte, verlangten die Zwerge ihre gebührende Entlohnung. Darauf erwiderte der Täuscher, dass er erst von der Stärke Gleipnirs überzeugt werden müsste und wollte Odin und Thor bitten, mit ihren Waffen die Kette zu versuchen zu zerstören; dafür müsste er die Kette jedoch erst nach Asgard bringen. Würde die Kette niemals brechen, so würde er sie entlohnen. Verärgert, aber verständnisvoll stimmten die Zwerge Lokis Bedingung zu.

In Asgard erwarteten die Götter und Fenrir ihn bereits. „Verzeih mir, mein Sohn“, dachte sich Loki, als er zu ihnen ging. Fenrir sah die Trauer in den Augen seines Vaters und sprang stets fort, als sie ihm die Kette anlegen wollten. Er wehrte sich vehement und durchschaute die Lüge seines Vaters, dass sie ihn losbinden würden, sollte er es nicht schaffen, die Ketten zu brechen.

„Fenrir, wenn du deine Stärke nicht beweisen willst, dann geht das in Ordnung“, sagte Tyr und näherte sich dem Wolf. „Hier, es ist wieder Zeit etwas zu essen.“ Tyr streckte seine Hand mit einer von Iduns Beeren drin liegend aus. Fenrir war skeptisch, roch an der Hand und schleckte mit einem Zungenstrich die Beere von Tyr. In dem Moment, als die Zunge seine Hand berührte, packte Tyr jene und rief: „Jetzt!“ Die Götter warfen blitzschnell die haardünne Kette um den Wolf. Seine Zunge im festen Griff Tyrs, kauerte und winselte er. Bevor Fenrirs Maul gefesselt war, biss er die Hand, die ihn fütterte, ab und riss Tyr dabei den Arm von der Schulter. Das Schloss der Kette wurde geschlossen und vernarbte sich mit den anderen Gliedern. Gleipnir hielt, was die Zwerge versprachen: Die Kette widerstand der enormen Kraft des Wolfes.

„Freya kann dir den Arm wieder herzaubern“; sagte Thor zum Verwundeten. Odin schüttelte den Kopf und erzählte ihnen, dass Seidr nicht auf Asen wirkte.

„Es ist schon gut“, entgegnete Tyr, „es ist ein kleiner Preis für meine Unwahrheit.“

Fenrir konnte sein Maul weit genug öffnen, um zu heulen. Um dies zu unterbinden, banden sie ein Schwert an seine Zähne, das ihn schnitt, sollte er sein Maul zum Heulen schließen. Sein Maul füllte sich mit Speichel und Schaum—ein abartiger Gestank—und floss heraus. Fenrir wurde von Odin in eine weitentfernte Ecke Helheims getragen, wo sein Gejammer keinen in Asgard stören konnte. So verharrte der Wolf, gebunden, angekettet, verraten.

Freya sehnte sich nach dem Triumph über die Monsterbrut Lokis wieder nach ihrem Ehemann. Sie würden ein drittes Kind kriegen. Sie nannten ihren dritten Sohn…

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