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Kitabı oku: «Der schwarze Mustang», sayfa 11

Yazı tipi:

»Den Häuptling dieser roten Halunken? Thunderstorm! Das ist so echt Old Shatterhand und Winnetou! Aber er bewegt sich nicht. Ist er etwa tot?«

»Nein. Meine Hand ist ihm etwas unzart an den Kopf geraten, und da hat er das Bewußtsein verloren.«

»Ach, Euer berühmter Jagdhieb, Sir! Was thun wir mit dem Häuptling?«

»Wir legen ihn lang auf die Erde hin und binden ihn da an den Stämmen fest.«

»Aber wenn er erwacht, wird er schreien!«

»Das kann er nicht, denn ich habe ihm einen hübschen Sucking bag [ Zulp, Saugbeutel. ] zwischen die Zähne gesteckt. Also, bindet ihn recht fest, und gebt gut auf ihn acht! Wir müssen wieder fort.«

»Wohin?«

»Noch zwei Rote holen, welche dort am Eingange Wache halten. Solange die dort sitzen, sind sie uns im Wege.«

Er legte sich mit Winnetou auf den Boden nieder und schob sich mit ihm nach der Stelle hin, wo sie vorhin gelegen hatten, als der »schwarze Mustang« aus der Schlucht getreten war. Als sie diesen Ort erreichten, sahen sie die Wächter fast zum Greifen nahe vor sich sitzen. Die beiden Komantschen unterhielten sich miteinander über Dinge, welche die Lauscher nicht interessierten; etwas Wichtiges war es jedenfalls nicht. Darum verschwendeten die beiden auch keine Zeit damit, sie zu belauschen, sondern warfen sich sofort über sie her, um sie unschädlich zu machen, was ihnen mit Hilfe der Überraschung sehr leicht gelang. Als sie sie dann dem Engineer brachten, sagte dieser:

»Schon fertig mit ihnen? Hört einmal, Mesch‘schurs, euch möchte ich nicht als Feinde haben, denn wem ihr nicht geneigt seid, mit dem macht ihr verteufelt wenig Federlesens! Gibt es vielleicht noch mehr Rote, die ihr mir auf diese Weise bringen wollt?«

»Nein,« antwortete Old Shatterhand. »Wir arbeiten von jetzt an nicht mehr so en détail, indem wir Euch nur ein oder zwei Stück bringen, sondern en gros, wie es gut situierten Geschäftsleuten geziemt; das heißt: wir werden die andern gleich auf einmal fangen.«

»Die Zeit dazu ist da?«

»Ja.«

»Gott sei Dank! Ich bin weder Squatter noch Trapper und darum nicht gewöhnt, so lange hier im Grünen zu liegen. Sagt also, was ich zunächst zu thun habe!«

»Laßt eins der Petroleumfässer nach dem Eingang schaffen und dort anbrennen. Diese Fackel wird die Komantschen so erleuchten, daß sie schnell erkennen werden, wie es mit dem beabsichtigten Überfalle steht.«

» Well! Soll gleich geschehen. Wollen nur schnell diese beiden Roten auch anbinden.«

Als dies geschehen war, brachte er mit seinen Leuten das Faß zwischen dem Gebüsch hervorgerollt; es wurde nach dem Eingange geschafft und angezündet. Natürlich erfolgte eine Explosion, welche den obersten Boden zersprengte; die Dauben aber hielten zusammen, so daß nur ein Teil des Öles auf die Erde floß und, sich dort verbreitend, weiterbrannte. Die Flamme füllte rasch die ganze Öffnung zwischen den Felsen aus und leuchtete nicht nur bis in den hintersten Teil der Schlucht hinein, sondern mußte auch nach der andern Seite hin im Camp gesehen werden, wo jedenfalls auch die Explosion gehört worden war.

Diese war mit einem kanonenschußähnlichen Knall erfolgt und hatte die Komantschen aus ihrer Ruhe und Sicherheit gewaltsam aufgeschreckt. Noch fragten sie sich, was für ein Krach das gewesen sei, als sie gleich darauf die Flamme hoch emporlodern sahen. Die Schlucht wurde tageshell erleuchtet, und die Indsmen befanden sich in der Lage eines im Dunkeln arbeitenden Einbrechers, den plötzlich das Strahlenmeer eines elektrischen Lichtes umflutet. Zunächst waren sie stumm vor Schreck, dann brachen sie in ein Heulen aus, von dem man nicht sagen konnte, ob es ein Kriegs— oder ein Angstgeheul sei. Sie drängten nach dem Feuer hin, wo der einzige Ausgang aus dem Thale lag; aber schon füllte ihn die Glut von einer Seite bis zur andern. Zugleich krachten Schüsse herein, die zwar, von Old Shatterhand abgefeuert, absichtlich niemand treffen sollten, aber um so deutlicher sagten, daß der einzige Weg zur Flucht nicht nur vom Feuer verwehrt, sondern auch von bewaffneten Feinden besetzt worden sei.

Die Roten wichen also wieder zurück, nach dem hintern Teil der Schlucht, und richteten ihre Augen nach den Seitenwänden derselben empor, um zu sehen, ob man vielleicht dort hinauf entweichen könne. Da aber bemerkten sie etwas, was ganz und gar nicht geeignet war, sie zu beruhigen und ihren Mut zu erhöhen. Old Shatterhand hatte nämlich den Befehl gegeben, die mitgebrachten Fackeln anzuzünden, sobald man das Petroleumfaß brennen sähe. Dieser Weisung war Folge geleistet worden, und nun sahen die Indianer den Rand der Felsen rundum mit flammenden Lichtern besetzt und hörten drohende Stimmen von oben herunterschallen, welche jedenfalls nicht freundlich gesinnten Menschen angehörten. Eine dieser Stimmen übertönte alle andern:

»Hurra, hurra, das Faß da unten brennt! jetzt is der Oogenblick gekommen, wo der Rummel losgehen kann. Schteckt die Fackeln an, schteckt sie alle an! Helle muß es werden, helle wie zu Pfingsten Montags früh halb elfe! Laßt ihnen een Licht offgehen, daß es unter ihren Schkalpen endlich an zu dämmern fängt, daß sie den Herrn Heliogabalus Morpheus Edeward Franke vor sich haben, mit dem sie keene Kirschen essen können. Droll, siehste, wie sie loofen und rennen? Hörschte, wie sie heulen und duten? Droll, Droll, wo biste denn mit deiner Anwesenheet hingekommen? Ich vermisse deine Allgegenwart. Wo schteckste denn eegentlich, heh?«

Da antwortete der Angerufene von der andern Seite herüber:

»Hier bin ich, hier, Vetter Frank! Hier sieht mer alles besser, als da drüben. Wennste eenen Überblick haben willst, so komm rasch herüber!«

»Nee, ich bleibe, wo ich bin. Mach nur Radau, tüchtigen Radau, daß die Pferde da unten wilde werden und ihren Herren zwischen die Fußzehen schtrampeln. Schießen sollen wir leider nich, aber wirf Schteene nunter, Schteene, das wird die Rothäute rasch mürbe machen!«

Zum Glück für die Komantschen bestand der Boden da oben aus festen Felsplatten. Hätte es Steingrus oder Geröll gegeben, so wäre es ihnen übel ergangen. Dennoch fand sich hie und da ein einzelner Stein, welcher herabgeworfen wurde und nicht ohne Wirkung blieb. Es wurden Menschen und Pferde getroffen; die ersteren heulten vor Schmerz, und die letzteren schlugen mit den Hufen um sich, rissen sich los und galoppierten hin und her, die schon bestehende Verwirrung noch vergrößernd.

Kaum waren zwei oder drei Minuten nach der Inbrandsteckung des Fasses vergangen, so waren alle Indianerpferde scheu und es gab in der Schlucht eine Scene wildester Verwirrung, die gar nicht zu beschreiben ist. Und da kamen nun auch die Bewohner des Camp herbeigerannt, um zu erfahren, auf welche Weise das nächtliche und unbegreifliche Feuer entstanden sei. Einer der ersten von ihnen war Mr. Leveret, der Engineer. Er erblickte zu seinem Erstaunen Old Shatterhand und Winnetou, bei denen nebst andern sein Kollege aus dem Rocky-ground stand.

»Ihr hier Mesch‘schurs, ihr?« fragte er ganz atemlos. »Und da brennt ein Petroleumfaß! Was hat das zu bedeuten?«

»Das bedeutet, daß wir die Roten räuchern wollen, Mister Leveret,« antwortete Swan.

»Die Roten? Welche Roten, Sir?«

»Die Komantschen, welche Euch überfallen und ermorden wollten.«

» Heavens! Sollte das etwa heute schon geschehen?«

»Natürlich, heute schon. Nun aber stecken sie drin in der Schlucht, deren Ränder von meinen Arbeitern besetzt sind, und hier macht ihnen das Feuer den Ausweg zur Unmöglichkeit.«

»Wie aber sind sie da in die Schlucht geraten, und wie seid Ihr mit Euren Leuten hierhergekommen, Mister Swan?«

»Auf die einfachste Weise von der Welt: Sie sind hergeritten, und wir sind hergefahren, mit einem Zuge natürlich, den ich extra dazu rangieren ließ.«

»Und davon – hab‘ ich – kein Wort – kein einziges —Wort gewußt!« stotterte der furchtsame Mann, dessen Schreck nachträglich noch zu wachsen begann. »Warum habt Ihr mir denn nichts gesagt?«

»Weil ich keine Zeit dazu hatte.«

»Ihr konntet mir doch telegraphieren!«

»Das habe ich unterlassen, weil ich glaubte, wir würden Euch gar nicht brauchen, um die Absicht der Komantschen zu vereiteln.«

»Das – das will ich – gelten lassen, Sir! Braucht Ihr etwa jetzt noch unsre Hilfe?«

»Nein, wir danken. Wenn Ihr zusehen wollt, so könnt Ihr bleiben; aber verhaltet Euch hübsch ruhig, und hütet Euch, Verwirrung anzurichten!«

»Das fällt mir gar nicht ein! Wenn es Euch so hübsch gelungen ist, die roten Feinde in diese Falle zu locken, so will ich Euch den Ruhm nicht schmälern, sie auch nun noch gefangen zu nehmen.«

»O, was den Ruhm betrifft, so gilt er nicht mir, sondern Winnetou und Old Shatterhand. Wendet Euch also an diese beiden Gentlemen, wenn Euch Eure Kampfbegierde treiben sollte, Eure bewährten Fäuste die Indianer fühlen zu lassen.«

»Danke, Sir, danke wirklich sehr! Ich bin Engineer, aber nicht Westmann und Indianertöter. Warum soll ich Menschen umbringen, und wenn es auch nur Rote sind, die mir bis jetzt noch nichts gethan haben! Ich bin noch ganz außer mir vor Schreck.«

»Aber Euch ist dieser Platz hier anvertraut, Mister Leveret; eigentlich müßtet Ihr mit zu den Waffen greifen!«

»Eigentlich, ja! Und ich würde es auch ganz gern thun, wenn es notwendig wäre. Da aber diese berühmten Gentlemen hier sind und Ihr mit Euren Arbeitern auch anwesend seid, kann ich nicht einsehen, warum ich Euch Eure Verdienste partout schmälern soll. Ich werde mit meinen Leuten reden. Wer von ihnen mit den Roten kämpfen will, dem gebe ich gern die Erlaubnis, sich Euch anzuschließen; mich aber bitte ich aus dem Spiele zu lassen!«

» Well, so geht! Eure Leute aber brauchen wir nun auch nicht erst, und mit den chinesischen Zopfträgern dürft Ihr uns schon gar nicht kommen.«

»Schon recht, Sir, schon recht! Werde es ihnen gleich sagen und ihnen streng befehlen, Euch ja nicht zu stören und zu belästigen!«

Er zog sich froh zurück, so leichten Kaufes davongekommen zu sein. Gestern hatte er sich so begeistert über das Heldentum Old Shatterhands und Winnetous gezeigt, man hätte denken sollen, daß das auf einen thatkräftigen, mutigen Charakter schließen lasse, doch zeigte es sich jetzt, daß grade das Gegenteil der Fall war. Man macht im Leben häufig die Erfahrung, daß die Bewunderer andrer Menschen nicht eine Spur von den Eigenschaften derselben besitzen, sondern sich vielmehr durch die entgegengesetzten auszeichnen. So war es auch hier. Sein Kollege hielt es nicht für der Mühe wert, ihm auch nur einen Blick nachzusenden, und meinte, indem er die Achsel zuckte:

»Ganz so, wie ich euch sagte, Mesch‘schurs: Er heißt Häschen und ist ein Häschen oder vielmehr ein ganz gewaltiger Hase. Solche Leute hält man in Zeiten der Gefahr am besten so weit wie möglich entfernt von sich. Doch hört, was geht dort los?«

Es entstand nämlich unter den Chinesen eine stürmische Bewegung, deren Zweck und Richtung nicht gleich zu erkennen war. Sie schrieen in ihrer Muttersprache wirr durcheinander, schoben sich hin und her und drängten schließlich bergan, um die Höhe zu ersteigen. Dabei rissen sie Knüppel aus den Büschen und hoben Steine auf, sie mit hinaufzunehmen. Es war ein großes Glück für die Indianer, daß Old Shatterhand Chinesisch verstand. Diese Abkommen aus dem Reiche der Mitte hatten erfahren, daß sie von den Roten hatten überfallen und skalpiert werden sollen. Bei einem offenen Angriff wären sie gewiß alle wie Spreu auseinandergestoben; hier aber sahen sie ihre Feinde eingeschlossen und unfähig, Gegenwehr zu leisten; das verlieh ihnen einen Mut, von dem sie sonst keine Spur besaßen. Die Feigheit verwandelt sich sehr leicht in Blutdurst, wenn sie sich außer Gefahr befindet, und Gefahr gab es hier nicht im geringsten. Man konnte die Indsmen aus ganz sicherer Entfernung von oben herab durch Würfe töten. Darum drängten die Chinesen nach der Höhe, um sie wie im Sturme zu ersteigen.

»Mein Bruder mag schnell mit mir kommen!« forderte Old Shatterhand den Apatschen auf.

»Diese gelbe Schar wird vor uns zurückweichen, sobald wir ihnen nur in die schiefen Augen sehen,« antwortete Winnetou, welcher die Absicht seines weißen Freundes sofort erkannte.

Sie eilten miteinander an dem Feuer vorbei und schwangen sich von Stein zu Stein so rasch an der steilen Felsenwand empor, daß sie die Chinesen schnell überholten, weil diese einen Umweg über die bequemere Lehne des Berges eingeschlagen hatten. Der Engineer Swan aber war mit seiner ganzen Arbeiterabteilung unten stehen geblieben, folgte ihnen aber mit den Blicken und sagte, sich an seine Leute wendend:

»Die Gelben wollen die Roten lynchen, wie es scheint, und die beiden Jäger stellen sich ihnen entgegen, um dies zu verhindern.«

»Die zwei gegen so viele!« meinte einer der Arbeiter. »Die Chinesen sind wenigstens ihrer sechzig!«

»Meint ihr, daß ein Shatterhand oder ein Winnetou es für nötig hielt, diese Burschen zu zählen? Ob es nur einer ist oder ob es sechzig sind, es ist doch eine und dieselbe Feigheit, die vor jedem Mutigen die Flucht ergreift. Paßt auf, jetzt stoßen sie zusammen!«

Das Feuer leuchtete bis zum Bergeshang hinauf, wo die zwei Westmänner jetzt den Chinesen entgegentraten. Unten in der Schlucht und oben auf der Höhe war tiefe Stille eingetreten, denn alle erkannten, um was es sich handelte, und waren auf den Ausgang dieses Intermezzos höchst neugierig.

Man hörte die gebieterische Stimme Old Shatterhands erschallen; die Chinesen hörten nicht auf ihn, sie drängten vorwärts. Seine Stimme erklang abermals, mit demselben Mißerfolge. Da zogen er und Winnetou die Revolver aus den Gürteln, das wirkte für kurze Zeit; die Schar der Chinesen kam zum Stehen, aber nicht lange, so drängten die Hintersten auf die Vordersten ein, welche fortgeschoben wurden. Das war ein kritischer Moment. Wirklich schießen wollten die beiden doch nicht, sie hatten die Waffen gezogen, nur um mit ihnen zu drohen; aber ihren Befehlen Respekt verschaffen, das mußten sie doch auch, wenn es nicht zu dem beabsichtigten Massacre kommen sollte. Man sah, daß sie die Revolver wieder einsteckten; was sie dann thaten, konnte man nicht deutlich und im einzelnen erkennen, aber man hörte deutlich ihre Stimmen; man hörte ferner die Chinesen schreien, man sah einen dichten Haufen durcheinander stoßender oder gestoßener Menschen, bemerkte einzelne der vordersten Chinesen durch die Luft fliegen und in den Haufen der Ihrigen fallen; es schoß bald rechts, bald links einer wie eine Bombe aus diesem Haufen heraus und kollerte den Berg hinunter; diesen einzelnen folgten mehrere; schon flogen sie zu zweien und zu dreien bergab, sich aneinander haltend und doch miteinander hinunterreißend, manche wurden wie von einer Feder kerzengerade emporgeschleudert, um dann wieder niederzufallen und weiter fortzukugeln. Das anfängliche Wutgeschrei verwandelte sich nach und nach in ein Klagegeheul; Schmerzensrufe und Jammertöne erschollen, der Haufen wurde kleiner, weil seine Bestandteile noch ohne Aufhören auseinanderflogen und den Hang hinunterrollten, es war als ob es in seiner Mitte einen unsichtbaren aber auch unwiderstehlichen Sprengstoff gebe, dessen chemische Zusammensetzung ganz darauf berechnet sei, mit Chinesenleibern Ball zu spielen; die Zahl der bergab Kugelnden vergrößerte sich um so mehr, je kleiner diejenige der Zurückbleibenden wurde, und endlich nahm der erwähnte Sprengstoff die Gestalt Old Shatterhands und Winnetous an, die nun wieder sichtbar wurden und eine letzte Gewaltanstrengung machten, deren Wirkung zwar für die Betreffenden keine angenehme, dafür aber für die Zuschauer eine desto erfreulichere und ergötzlichere war.

Es schien ganz so, als ob ein riesiger Quirl mitten in die Chinesen geraten sei und sich in verhängnisvoller Thätigkeit befinde, natürlich verhängnisvoll für sie, denn sie wurden in einer Weise bald durch-, bald auseinandergetrieben, daß ihnen Hören und Sehen vergehen mußte; es hatte den Anschein, als ob die Erde unter ihren Füßen nicht mehr haltbar sei, denn es gingen mehr und immer mehr Standpunkte verloren; man sah Beine seitwärts, Beine oben, Köpfe seitwärts, Köpfe unten, bis schließlich alles, aber auch alles ins Gleiten, Rutschen, Wanken, Fallen, Kollern und Kugeln kam, so daß man ganz der Wahrheit gemäß behaupten und sogar beweisen konnte, daß eine ganze Chinesenlawine thalabwärts gehe. Sie fuhr hernieder, erst langsam, dann schneller und immer schneller, und als sie unten angekommen war, gab es ein gewaltiges Wimmern und Klagen im Nanking— und Kantondialekte, und es gerieten und verwickelten sich so viel menschliche Gliedmaßen ineinander, daß es für jeden einzelnen Sohn der Mitte ganz bedeutender Selbstkenntnis und anatomischer Geschicklichkeit bedurfte, um die abseits geratenen Teile seines lieben Ichs wieder zusammenzubringen.

Alles, alles, was einen Zopf trug, war mehr oder weniger schnell und prompt da unten angelangt; oben aber standen noch die beiden, welche den unwiderstehlichen Sprengstoff gebildet hatten, Winnetou und Old Shatterhand. So viel Weiße es hier gab, aus so viel Kehlen wurde ihnen Bravo zugerufen. Dann stiegen sie leicht herab, als ob die Arbeit, die sie bewältigt hatten, gar keine Anstrengung für sie gewesen sei, und als sie unten anlangten, war kein einziger Chinese mehr zu sehen; sie hatten alle Angst bekommen, daß die Quirlerei hier unten fortgesetzt werden könne, und waren fortgelaufen. Die beiden siegreichen Schöpfer der Lawine aber gingen einfach und bescheiden, als ob gar nichts Ungewöhnliches geschehen sei, zu dem Engineer hinüber. Als dieser sie mit einer Lobpreisung empfangen wollte, fiel ihm Old Shatterhand in die Rede:

»Diese Gefahr für die Roten ist vorüber, aber es gibt noch eine zweite für sie, die ihnen nicht von den Gelben, sondern von den Weißen droht, welche sich ganz oben auf der Höhe befinden. Sie werfen Steine herab, was wir nicht länger dulden dürfen.«

»Aber, Sir, diese Komantschen sind doch Mörder! Thut es Euch denn wehe, wenn den einen oder andern dieser Burschen ein Steinchen trifft?«

»Nein; aber jeder Verbrecher ist, zumalvor seiner Verurteilung, als Mensch zu behandeln. Wer Tiere quält, taugt nichts; wer aber Menschen unnütz wehe thut, der ist noch viel weniger wert; das ist so meine Meinung, nach welcher ich zu handeln pflege, und ich denke, daß Ihr diesem Beispiele wenigstens so lange folgt, wie ich hier bei Euch bin. Schickt also zwei Männer hinauf, den einen rechts, den andern links, welche diese Ungebühr abstellen. Es soll sich jeder ruhig verhalten, und nicht eher etwas Feindseliges unternehmen, als bis ich das Zeichen dazu gebe!«

» Well! Werden dann aber auch die Roten Ruhe geben?«

»Sie werden sich hüten, vor Tagesanbruch etwas zu unternehmen, zumal sich ihr Häuptling in unsrer Gewalt befindet.«

»Das wissen sie noch nicht!«

»Wir binden die beiden gefangenen Posten los und schicken sie zu ihnen in die Schlucht. Es ist auch an der Zeit, nun mit dem ›schwarzen Mustang‹ zu sprechen. Laßt ihn und die zwei andern hierher holen, wo es hell ist und wir ihn leichter und auch schärfer beobachten können als dort im Dunkeln.«

»Sollen den Gefangenen die Fesseln ganz abgenommen werden?«

»Nein, jetzt noch nicht, sondern nur von den Bäumen losbinden mag man sie. Sagt ihnen keinen Namen, und legt sie hier so nieder, daß ihre Gesichter vom Feuer beschienen werden! Ich möchte sie deutlich sehen, wenn sie uns erkennen.«

»Darf ich ihnen antworten, wenn sie auf mich sprechen, zumal dem Häuptling?«

»Ja, aber nur Unwichtiges und Allgemeines. Wir werden uns ein Stück entfernen und dann unbemerkt von hinten herantreten, um zu hören, in welcher Weise er mit Euch spricht und wie er über seine Lage denkt.«

Der Engineer begab sich nach dem Tannendickicht, und Old Shatterhand ging mit Winnetou eine kleine Strecke fort, um von dem »schwarzen Mustang« nicht sogleich gesehen zu werden. Es dauerte nicht lange, so wurde dieser nach der angegebenen Stelle gebracht und dort mit den beiden Posten in der vorhin angedeuteten Weise niedergelegt. Sie lagen mit den Köpfen so, daß Winnetou und Old Shatterhand hinter ihnen standen und also von ihnen nicht gesehen werden konnten. Diese beiden näherten sich ihnen langsamen und leisen Schrittes so weit, daß sie deutlich hören konnten, was gesprochen wurde.

Der Engineer stand vor den drei Gefangenen, blickte sie still forschend an und sagte nichts. Der Häuptling ärgerte sich über diesen Blick; eigentlich hätte er nach Indianerart auch schweigen sollen, zumal er nicht geringen Stolz besaß und sich für den berühmtesten Krieger der Komantschen hielt; aber die Verachtung, welche aus dem Gesichte des Beamten zu ihm sprach, empörte ihn so sehr, daß er seiner Würde nicht gedachte, sondern ihn zornig anfuhr:

»Was schaust du uns so an? Kannst du nicht reden, oder klebt dir aus Angst vor uns der Mund so zusammen, daß du kein Wort über deine Lippen zu bringen vermagst?«

»Angst vor euch?« lachte der Gefragte. »Ihr seht ganz und gar nicht wie Leute aus, vor denen man sich zu fürchten hätte!«

»Deine Rede klingt sehr stolz; aber das Entsetzen würde dich ergreifen, wenn du hörtest, wer ich bin!«

»Bilde dir nichts ein! Magst du sein, wer du willst; du bist ein ganz gemeiner Dieb und Räuber, den wir nachher mit einem recht guten und dauerhaften Stricke aufhängen werden.«

»Du weißt nicht, was du redest! Es gibt keinen Menschen, der es wagen würde, nur daran zu denken, mich aufzuhängen.«

» Pshaw! Verbrecher hängt man auf; das ist so bei uns Gebrauch, und du bist ein Verbrecher!«

»Schweig! Ich bin Tokvi-Kava, der oberste Häuptling der Naiini-Komantschen.«

»Das ist wohl möglich, kann mir aber nicht imponieren und ändert an der Sache nichts. Wenn du der Oberste dieser Schurken bist, so wird dein Rang zwar gern von uns berücksichtigt werden, doch nur in der Weise, daß wir dich ein Stück höher hängen als deine Leute.«

»Wenn du nicht vor Angst so redest, so ist‘s der Wahnsinn, der aus dir spricht. Wenn man einen Menschen aufhängen will, so muß man ihn doch erst gefangen genommen haben!«

»Meinst du etwa, daß du nicht unser Gefangener bist?«

»Ich bin es; aber ihr werdet mich sofort wieder freigeben müssen.«

»Sofort? Ah!«

»Ja, sofort, denn ihr könnt keinen Grund angeben, weshalb ihr mich ergriffen und gebunden habt.«

»Du irrst. Wir haben mehr Gründe, als wir eigentlich brauchen.«

»So gebt sie an! Ich werde euch beweisen, daß diese Gründe nichts taugen. Und selbst wenn ihr gute Gründe hattet, müßtet ihr mich gehen lassen; denn wenn ihr dies nicht thätet, so würden meine Krieger mich holen und euch dadurch bestrafen, daß sie Firwood-Camp verbrennen, alle seine Bewohner töten und die Schienen des Feuerrosses aus der Erde reißen. Ich habe Macht über euch alle, und ihr dürft nur dann auf Gnade rechnen, wenn ihr mich sofort losbindet und mir die Freiheit gebt.«

»Willst du, daß ich dich vor diesen deinen zwei Kriegern verlache? Du wagst es, mir zu drohen, obgleich du vor mir liegst wie eine Schlange, welcher die Giftzähne genommen worden sind! Es fällt mir gar nicht ein, dir die Freiheit wiederzugeben. Und selbst wenn ich es wollte, dürfte ich es nicht thun.«

»Warum nicht?«

»Weil es zwei berühmte Krieger gibt, die dies nicht zugeben würden.«

»Welche Krieger?«

»Old Shatterhand und Winnetou.«

Da lachte der Häuptling laut und höhnisch auf und sagte: »Jetzt weiß ich es gewiß, daß es doch nur die Angst ist, welche aus dir redet. Du nennst diese Namen, um mir bange zu machen; ich aber weiß, daß sich diese beiden Krieger gar nicht hier befinden.«

»Du weißt nichts!«

»Ich weiß es und werde es dir beweisen. Ja, sie sind gestern abend hier gewesen, aber aus Angst vor mir haben sie das Camp sofort wieder verlassen.«

» Ridiculous! Wieder aus Angst vor dir! Es gibt keinen Menschen, der im stande wäre, Old Shatterhand und Winnetou Furcht einzujagen.«

»Warum. haben sie da das Camp so schnell verlassen?«

»Bist du so fest davon überzeugt, daß sie sich nicht hier befinden?«

»Sie sind nicht hier; ich habe es gesagt, und Tokvi-Kava weiß stets ganz genau, was er sagt. Sie hatten Angst vor mir und sind mit dein Wagen des Feuerrosses davongeeilt. Howgh!«

Da ertönte hinter ihm die Stimme Old Shatterhands.

»Howgh! Dieses Wort gilt für jeden Krieger als eine Beteurung, als ein Schwur. Indem Tokvi-Kava es ausgesprochen hat, hat er eine Unwahrheit beschworen und wird von nun an unter die Lügner gezählt.«

Während er das sagte, umschritt er die Gefangenen, so daß er nun vor ihnen stand.

»Uff, uff !« rief da der Häuptling erschrocken. »Das ist Old Shatterhand!«

»Ja, das bin ich. Und wer ist der, den du hier neben mir siehst?«

Winnetou war ihm nachgekommen und stellte sich an seine Seite. Als der Komantsche diesen erblickte, entfuhr ihm der Ausruf des vermehrten Schreckes:

»Und. Winnetou, der Häuptling der Apatschen! Wo kommen diese beiden Männer her?«

Da nickte ihm Old Shatterhand mit seiner freundlichsten Miene zu und antwortete:

»Du wirst dich außerordentlich freuen, zu hören, daß wir grad von daher kommen, woher auch du gekommen bist, nämlich vom Alder-Spring!«

»Ich war nicht am Alder-Spring!«

»Aber ganz in der Nähe desselben, nämlich beim Hurricane am Corner-top, um uns heut abend am Alder-Spring zu fangen.«

Der Häuptling war über diese Antwort so betroffen, daß es ihm Mühe kostete, sich zu beherrschen, und daß eine Weile verging, ehe er die Behauptung hervorbrachte:

»Das ist nicht wahr. Ich war nicht am Corner-top und kenne keine Absicht, Euch zu fangen. Wer kann mir denn beweisen, daß ich eine Feindseligkeit gegen Euch beabsichtigt habe? Es gibt unter den Bleichgesichtern keines, welches so streng auf dem Pfade der Gerechtigkeit wandelt wie Old Shatterhand; ich bin überzeugt, daß er auch gegen mich gerecht sein wird!«

»Du hast das Richtige gesagt. Ich bin stets bestrebt gewesen, gerecht gegen meine weißen und roten Brüder zu sein; aber wehe dir, dreimal wehe dir, wenn es wirklich dein Ernst ist, jetzt nur Gerechtigkeit von mir zu fordern!«

»Ich habe sie gefordert und fordere sie noch jetzt!«

»Thue es nicht! Wenn du nicht verloren sein willst, so verlaß dich lieber auf meine Gnade als auf meine Gerechtigkeit!«

»Auf deine Gnade? Uff! Tokvi-Kava hat noch nie um Gnade gebettelt und wird dies auch jetzt nicht thun. Deine Gnade und Barmherzigkeit verachte ich, denn ich habe dir nichts gethan und brauche nur ein Zeichen zu geben, so brechen meine Krieger hier aus der Schlucht hervor und zeigen euch den blutigen Weg, der in die ewigen Jagdgründe führt!«

»Armer Narr! Versuche es doch einmal, dieses Zeichen zu geben!«

»Uff ! Ich kann nicht, weil mir die Hände gebunden sind.«

»Ah, du kannst nicht! Fast möchte ich dich bedauern. Aber tröste dich! Selbst wenn du dieses Zeichen geben könntest, würde es dir gar nichts nützen. Deine Krieger können nicht kommen, denn sie sind grad ebenso gefangen, wie du gefangen bist.«

»Uff ! Das ist eine Lüge!«

»Lüge? Hüte dich, uns zu beleidigen! Lässest du uns noch einmal dieses oder ein ähnliches Wort hören, so lasse ich dich peitschen, wie du, der berüchtigte Jägerschinder, deine unschuldigen Gefangenen hast peitschen, ja zu Tode peitschen lassen! Old Shatterhand und Winnetou lügen nicht; das merke dir! Wir haben über deine Dummheit lachen müssen, als wir hörten, daß du uns fangen wolltest. Ein noch viel höherer, ja ein geradezu unbegreiflicher Grad von Dummheit aber war es, daß du deine Leute hier in das Birch-Hole führtest, um das Camp überfallen zu lassen. Du hast sie da in eine Falle geführt, die wir nur zuzumachen brauchten, um alle deine Krieger so fest zu haben, wie man Vögel in einem Netze fängt!«

jetzt begann dem Komantschen endlich so nach und nach die Erkenntnis zu dämmern, daß seine Lage eine viel schlimmere sei, als er bisher angenommen hatte. Zwar gab es eine Stimme in ihm, sich dieser Erkenntnis noch zu verschließen; aber die stolze Sicherheit, mit welcher Old Shatterhand vor ihm stand und zu ihm sprach, ließ keinen Zweifel darüber zu, daß das Spiel, welches die Komantschen so leicht zu gewinnen gehofft hatten, für sie verloren sei. Er war gebunden, also vollständig machtlos; er sah das Feuer hoch und breit lodern, welches seinen Leuten den Ausgang aus der Falle verwehrte; aber er kannte den Umstand noch nicht, daß die Höhen der Schlucht rundum besetzt waren, und noch viel weniger wußte er, daß ihm bewiesen werden konnte, welche Absichten er verfolgt hatte, und so hielt er es trotz seiner schlimmen Lage noch immer für möglich, der Strafe entgehen und den, wenn auch vollständig beutelosen Rückzug antreten zu können. Freilich, dumm genannt zu werden, das war für jeden Indianer, um wieviel mehr für ihn, eine Beleidigung, die nur mit Blut abgewaschen werden konnte. Der Grimm, den er darüber empfand, war viel größer als die Sorge, welche ihn zur Vorsicht mahnte, und so knirschte er wütend hervor, indem er an seinen Fesseln zerrte:

»Du nennst Tokvi-Kava dumm! Wäre ich nicht gebunden, ich würde dich zermalmen, wie der Grizzlybär den Koyoten, der ihn ankläfft, mit einem einzigen Schlage seiner Tatze zu Brei zerschlägt!«

» Pshaw! Vergleiche dich ja nicht mit dem grauen Bären! Auch das ist eine Dummheit, wie man sie sich gar nicht lächerlicher denken kann!«

»Schweig! Vergiß ja nicht, mit wem du redest! Ich verlange, freigelassen zu werden! Oder vermagst du, die Behauptungen zu beweisen, welche du ausgesprochen hast?«

»Hast du jemals gehört, daß Old Shatterhand etwas behauptet habe, was er nicht beweisen konnte?«

»So sprich!«

»Höre, Halunke, bemühe dich eines andern Tones, wenn du nicht willst, daß dein Rücken sich unter den Hieben krümmt, die ich dir für solche Frechheit geben lasse! Du hast hier keine Befehle zu erteilen. Nicht ich habe mich vor dir, sondern du hast dich vor uns zu verantworten, und wenn du dies nicht höflich thust, so stehen uns genug Mittel zur Verfügung, dich höflich zu machen. Glaube nicht, uns betrügen zu können! Lügen haben keine Wirkung. Übrigens, wenn du dich so stolz den obersten Häuptling der Naiini-Komantschen nennst, so denke ich, daß du auch viel zu stolz sein wirst, die Unwahrheit zu sagen. Ihr seid hierhergekommen, um das Camp zu überfallen?«

»Nein!«

»Du hattest lk Senanda, deinen Enkel, hierhergeschickt, diesen Überfall vorzubereiten?«

»Nein!«

»Du warst gestern abend hier und hast mit ihm gesprochen?«

»Nein!«

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
370 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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