Kitabı oku: «Dolmetschen im Medizintourismus», sayfa 3

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1.5.1 Art der medizinischen Behandlung

Die Identifikation der im Medizintourismus angebotenen Behandlungsarten ist nicht nur aufgrund der in zahlreichen Fällen fehlenden statistischen Zentralerfassung medizintouristischer Daten, sondern auch durch unterschiedliche Auslegungen des Begriffs Medizintourismus relativ schwierig. So ist eine strukturierte Präsentation der Behandlungsarten für das medizintouristische Zielland Österreich aufgrund fehlender Studien kaum möglich. Im Rahmen der Interviews mit vier medizintouristischen Fachexperten, die für die Untersuchung des Medizintourismus in Österreich von Klobassa (2016: 41ff.) geführt wurden, wurden folgende medizinische Bereiche erwähnt, die von ausländischen PatientInnen häufig angefragt werden: Chirurgie sowie Schönheitschirurgie, Herz- und Lungenchirurgie, viszerale Chirurgie und Onkologie. Darüber hinaus reisen zahlreiche PatientInnen für eine Vorsorgeuntersuchung oder Diagnoseüberprüfung nach Österreich (vgl. Kobassa 2016: 22). In seiner Unterscheidung zwischen dem qualitäts- und dem kostenorientierten Medizintourismus analysiert Berg (2008: 171ff.) die verschiedenen Behandlungsarten. Im qualitätsorientierten Medizintourismus, der Länder wie Deutschland, die Schweiz, Österreich, die skandinavischen Länder oder die USA als Behandlungsorte umfasst, gibt es insbesondere eine Nachfrage für komplizierte Eingriffe, die im Herkunftsland der PatientInnen aufgrund mangelhafter Versorgung oder veralteter Behandlungsmethoden nicht durchgeführt werden können. Die größte Nachfrage gibt es bei schweren Frakturen, Erkrankungen der inneren Organe, Herz-, Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie kosmetischen Operationen (vgl. Berg 2008: 171ff.). Im kostenorientierten Medizintourismus, der durch eine Bewegung aus den oben genannten reicheren Ländern in Richtung günstigerer medizintouristischer Zielländer gekennzeichnet ist, unterziehen sich hingegen PatientInnen aus Gründen der Kostenersparnis einer Behandlung in Drittländern: Im Herkunftsland sind die Kosten der gewünschten Behandlungen zu hoch, weshalb sie sich für eine Behandlung im Ausland entscheiden. In manchen Fällen werden die Kosten sogar von der Krankenversicherung des Herkunftslandes erstattet. Bei dieser Art des Medizintourismus gibt es unter anderem eine Nachfrage für Zahnersatz, Kuren, Augenbehandlungen und Schönheitsoperationen (vgl. Berg 2008: 171ff.). Die vom österreichischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft beauftragte Studie „Gesundheitstourismus in Österreich 2014“ konzentriert sich in erster Linie auf touristische Angebote mit explizitem Gesundheitsbezug in Thermen und Kuranstalten (vgl. BMWFW 2014). Reine medizintouristische Angebote werden von der Studie außer Acht gelassen. Laut einer Umfrage des Eurobarometers 2015 (vgl. Europäische Kommission 2015a, Kirsch 2017: 20) wurden im Jahr 2014 innerhalb der Europäischen Union folgende Behandlungsarten im Rahmen des Medizintourismus häufig in Anspruch genommen: Onkologie (53% der Befragten), Herzchirurgie (38%), Zahnmedizin (28%), diagnostische Behandlungen (26%), Endoprothetik (Hüftgelenke und Knieprothesen) (19%), Behandlungen von grauem Star (17%).

1.5.2 Dienstleistungskette im Medizintourismus

Laut Quast (2009: 31ff.) ist zwischen drei Arten medizinischer Reisen zu differenzieren: Individualreisen, Pauschalreisen und der Inanspruchnahme individueller Angebote. Bei der Individualreise übernehmen die PatientInnen meist selbst die Organisation der Gesamtreise und greifen nur in speziellen Fällen auf die Unterstützung Dritter zurück. Bei der Pauschalreise wird den PatientInnen ein Komplettpaket offeriert, das auch maßgeschneidert sein kann. Im dritten Fall erstellen Reiseagenturen oder andere Vermittlungsinstanzen individuelle Angebote basierend auf den Bedürfnissen der PatientInnen.

Unabhängig von der Art der Reise nehmen PatientInnen im Medizintourismus unterschiedliche Dienstleistungen in Anspruch, damit sie sich der gewünschten medizinischen Behandlung unterziehen können. Die sich daraus ergebende organisatorische Servicekette (vgl. Quast 2009: 31) besteht aus mehreren Dienstleistungen, die vor, während oder nach der medizinischen Reise benötigt werden. Vor der Reise erfolgen z.B. die Übermittlung von Informationen, die Buchung der Reise sowie der behandlungsrelevanten Termine und die tatsächliche Anreise. Während der Reise werden Dienstleistungen in Anspruch genommen, die mit der Unterkunft und Verpflegung sowie mit der medizinischen Behandlung im Zusammenhang stehen; in manchen Fällen werden auch touristische Aktivitäten angefragt.1 Nach der Behandlung erfolgen die Rückreise ins Herkunftsland und eine Nachbetreuung durch die medizinische Einrichtung.

Die Erwartungen seitens der PatientInnen an die angebotene medizintouristische Leistung können je nach Art des betriebenen Medizintourismus stark variieren. Insbesondere bei Menschen mit einem höheren sozialen Status werden häufig Wünsche beobachtet, deren Erfüllung eine umfangreiche Planung und Koordination der medizinischen Reise erfordern. In seiner Untersuchung russischer PatientInnen in Deutschland stellt Juszczak (2017: 56) fest, dass von diesen neben den Behandlungsterminen und Check-ups bei verschiedenen SpezialistInnen auch Transfer- und Übernachtungsmöglichkeiten angefragt werden. Darüber hinaus wünschen sich viele PatientInnen eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung durch eine Pflegekraft sowie ein Unterhaltungsprogramm für die Begleitpersonen. In Tab. 1 werden die Erwartungen russischer PatientInnen nach Juszczak (2017: 50f.) zusammengefasst.


Starfaktoren Kritische Faktoren Optionale Faktoren Strategische Faktoren
(Hohe Wichtigkeit/hohe Zufriedenheit) (Mittlere Wichtigkeit/hohe Zufriedenheit) (Mittlere bis geringe Wichtigkeit/hohe Zufriedenheit)
Vorbereitung der Unterlagen (u.a. Übersetzung der Dokumente) Kommunikation in russischer Sprache und Dolmetschdienstleistungen Zimmerausstattung 24-Stunden-Erreichbarkeit
Unterstützung bei der Abrechnung Detaillierte Rechnungsstellung Russischsprachiges Personal in der Klinik
Reiseorganisation und Transfers Betreuung durch die VermittlerInnen
Nachbetreuung Freizeitgestaltung
ChefärztInnenbehandlung
Flexibilität

Tab. 1:

Erwartungen russischsprachiger PatientInnen nach Juszczak (2017: 50f.)

Zu den Erwartungen der PatientInnen mit hoher Wichtigkeit zählen außerdem translatorische Leistungen in Form von Übersetzungen und Dolmetschungen. Obwohl sich Tab. 1 nur auf russische PatientInnen bezieht, ist anzunehmen, dass manche dieser Erwartungen sprach- und kulturübergreifend sind. Andere Erwartungen könnten hingegen vom PatientInnenstatus und von der Auswahl der Destination abhängen (vgl. Kirsch 2017: 14). So weist Spielberg bezogen auf arabische PatientInnen in Deutschland darauf hin, dass viele PatientInnen hohe Erwartungen hegen, neben dem medizinischen Produkt eine Reihe von Dienstleistungen benötigen und sich häufig eine individuelle Rundumbetreuung „einschließlich touristischer Angebote, Rücksichtnahme auf Ernährungs- und religiöse Gewohnheiten, Transfer- und Dolmetscherdienste […]“ wünschen (Spielberg 2009: 2).

1.5.3 Stakeholder im Medizintourismus

An der medizintouristischen Servicekette können mehrere Stakeholder beteiligt sein, die über unterschiedliche wirtschaftliche Interessen und Angebote verfügen. Zu diesen zählen laut Klobassa (2016: 11):

 Versicherungen, die die Risiken der PatientInnen übernehmen und die Ausführenden der Behandlung versichern

 AnbieterInnen von Gesundheitsleistungen

 AnbieterInnen von Konferenzen zum Medizintourismus, die den verschiedenen Stakeholdern Weiterbildungsmaßnahmen und Informationsaustausch zu aktuellen Marktentwicklungen ermöglichen

 Finanzdienstleistungsunternehmen, die die PatientInnen bei der Finanzierung der Reise unterstützen

 Reiseagenturen, die die medizinische Reise vermitteln sowie organisieren und die PatientInnen betreuen

 verschiedene PatientInnenvermittlungsinstanzen, die als Broker die Geschäftstransaktionen auf Provisionsbasis ermöglichen

Circa 90% der Krankenhäuser in Deutschland, die im Medizintourismus tätig sind, greifen auf PatientInnenvermittlerInnen zurück (vgl. Juszczak 2017: 61). Die Bezeichnung PatientInnenvermittlerIn kann nicht einheitlich definiert werden, da sie sowohl Einzelpersonen, die über Auslandskontakte verfügen, als auch professionelle Agenturen, die MitarbeiterInnen oder Niederlassungen im Ausland haben, oder Reisebüros, die auch Check-ups vermitteln, umfasst (vgl. Juszczak 2017: 61). Klobassa (2016: 18) bezeichnet die PatientInnenvermittlerInnen als medical tourism companies, als im Medizintourismus aktive Instanzen, die zwischen den anderen Stakeholdern, insbesondere zwischen AnbieterInnen der medizinischen Behandlung, Kliniken und PatientInnen vermitteln.

Im Rahmen ihrer Studie zu den Bedürfnissen internationaler PatientInnen führt Boscher (2017: 115f.), Expertin im Bereich PatientInnenvermittlung, jene Tätigkeiten an, die notwendig sind, damit PatientInnen die gewünschte medizinische Leistung im Ausland in Anspruch nehmen können. Dazu gehören:

 die Kontaktherstellung

 die Bearbeitung der Erstanfrage

 die Ermittlung der medizinischen Ausgangssituation oder des medizinischen Problems

 die Recherchetätigkeit, um die richtige medizinische Einrichtung sowie die passenden SpezialistInnen zu finden

 die Sammlung aller Daten und Unterlagen zur Krankengeschichte

 die Einholung von Behandlungsangeboten und Kostenvoranschlägen

 die Erklärung der Inhalte im Gespräch mit den PatientInnen

 die Abklärung finanzieller Angelegenheiten

 die Unterstützung bei der Visumbeantragung

 die Organisation der Termine

 die Organisation der An- und Abreise sowie der Unterkunft

Einige dieser Tätigkeiten – in manchen Fällen sogar alle – können von PatientInnenvermittlerInnen übernommen werden. Sie organisieren und koordinieren wesentliche oder eben alle Bereiche der medizinischen Reise und entlasten dadurch die PatientInnen. In vielen Fällen verfügen sie sowohl im Quell- als auch im Zielland über ein Büro sowie über einen starken Internetauftritt in allen für ihren Markt relevanten Sprachen. Boscher (2017) führt an, dass die meisten PatientInnenvermittlerInnen informell arbeiten und sich ihres Netzwerkes im Herkunftsland der PatientInnen bedienen, um die Zielgruppe zu erreichen. Sie stammen zumeist aus dem Herkunftsland der PatientInnen, leben im medizintouristischen Zielland und sind mit dessen Gesundheitssystem vertraut. PatientInnenvermittlerInnen schließen entweder mit den PatientInnen oder mit Kliniken einen Vertrag ab, der den Umfang der Dienstleistung und deren Honorierung festlegt (vgl. Boscher 2017: 120ff.). Allerdings ist die reine Vermittlung von PatientInnen sowohl in Deutschland als auch in Österreich problematisch, da ÄrztInnen laut ihrer Berufsordnung keine Provision für die Vermittlung von PatientInnen kassieren dürfen (vgl. Boscher 2017: 122f.). Darüber hinaus wurde in Deutschland die Dienstleistung des reinen Vermittelns für unzulässig und sittenwidrig erklärt, da Vermittlungsinstanzen nicht über das nötige fachlich-medizinische Wissen verfügen, um PatientInnen an angemessene Kliniken zu vermitteln, und die Gefahr besteht, dass sie nur jene Kliniken, mit denen sie einen Vertrag abgeschlossen haben, weiterempfehlen (vgl. Boscher 2017: 123f.). Diese Umstände führten dazu, dass viele PatientInnenvermittlerInnen ihre Leistung als PatientInnenbetreuung deklarieren und in Rechnung stellen (vgl. Stuckenberg 2018). Zu den wichtigsten Kompetenzen von PatientInnenvermittlerInnen zählt Boscher die Sprach- und Kulturkompetenz (vgl. Boscher 2017: 119). Für ärztliche Gespräche arbeiten einige PatientInnenvermittlerInnen mit DolmetscherInnen zusammen, die sie nach erfolgreicher Vermittlung der medizinischen Reise häufig wieder kontaktieren (vgl. Boscher 2017: 128ff.). In vielen Fällen scheint aber die Qualität der translatorischen Leistung zur Überwindung von Sprachbarrieren für PatientInnenvermittlerInnen keine primäre Rolle zu spielen (vgl. u.a. Slavu 2017, Weissenhofer 2017). Alle Stakeholder, die als Teil der medizintouristischen Servicekette fungieren, sind verschiedenen Risiken – u.a. Problemen während des Transports, Unfällen jeglicher Art oder unerwarteten Erkrankungen vor dem Antritt der Reise oder am Behandlungsort – ausgesetzt, die zu einer Behinderung oder Stornierung der Behandlung führen können. So ein Fall kann für alle Beteiligten schwerwiegende Folgen haben, die in vertraglichen Vereinbarungen jedoch geregelt sein können. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine plötzliche Erkrankung oder der Tod von PatientInnen ebenso für die DolmetscherInnen erhebliche Schwierigkeiten finanzieller, organisatorischer und psychologischer Natur mit sich bringen. Daher sollten DolmetscherInnen genauso Vorkehrungsmaßnahmen treffen, um in solchen Situationen über eine finanzielle Vorsorge oder einen psychologischen Selbstschutz (Self-Care-Maßnahmen) zu verfügen.

In manchen Fällen können sogar Krankenhäuser, ÄrztInnen oder PatientInnen die Aufgaben der PatientInnenvermittlung oder die Koordination übernehmen. Krankenhäuser spielen im Medizintourismus in Deutschland (vgl. Berg 2008: 173) und Österreich (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 2) eine umstrittene Rolle, da ihnen häufig vorgeworfen wird, mit der Beteiligung am Medizintourismus auf zusätzlichen Profit abzuzielen und ihren eigentlichen Zweck – die nationale Gesundheitsversorgung – aus den Augen zu verlieren. In Deutschland und Österreich haben zwar zahlreiche Krankenhäuser den Medizintourismus als attraktive zusätzliche Einnahmequelle (vgl. Berg 2008: 173) erkannt, allerdings nehmen sie kaum Risiken auf sich, da neue Märkte wie der Medizintourismus nur schwer vorhersehbar sind (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 3). In Deutschland finden sich – insbesondere in großen Städten – zahlreiche Krankenhäuser (vgl. Elsholz 2013: 36f., Klinikum der Universität München 2020, UKE 2020), die internationale PatientInnen anwerben und über international offices verfügen, die den PatientInnen den organisatorischen Aufwand, der mit einer medizinischen Behandlung im Ausland verbunden ist, abnehmen. Auch in Österreich steigt – wie bereits erwähnt – die Zahl privater Krankenhäuser, die ausländische PatientInnen aktiv umwerben und die hochqualitative österreichische Medizin sowie Kulturkompetenz des dort tätigen Personals als Werbefaktor nutzen. So übernimmt PremiQaMed, ein österreichischer Betreiber privater Gesundheitsunternehmen (z.B. Privatklinik Döbling), auf Wunsch internationaler PatientInnen die Planung und Koordination der medizinischen Reise inklusive der Beschaffung des Einreisevisums, der Hotelreservierung und der Beauftragung von DolmetscherInnen (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 2). Allerdings stellt Klobassa (2016: 49) ein generelles mangelndes Engagement in Österreich fest: „Private Krankenhäuser und Ärzte werben lediglich für sich selber. Dies führt aber nicht zu volkswirtschaftlichen Vorteilen“ (Klobassa 2016: 49). Laut Klobassa ist der Medizintourismus in Österreich generell durch einen fehlenden gemeinsamen Auftritt der Krankenhäuser und ÄrztInnen geprägt. Krankenhäuser fallen darüber hinaus unter die Zuständigkeit der Bundesländer, was ein Gesamtkonzept zusätzlich erschwert.

1.5.4 Das Internet und die Suche nach dem passenden Angebot

Das Internet nimmt mittlerweile eine besonders wichtige Funktion im Rahmen der Informationsbeschaffung ein. Auch im Bereich des Medizintourismus ist eine verstärkte Präsenz von Internetseiten, die entweder als Vermittlungsportale oder als Dokumentationsquellen fungieren, festzustellen (vgl. u.a. Medical Tourism 2020). Mittlerweile nutzen viele medizintouristische PatientInnen das Internet als wichtige Informationsquelle für die Auswahl des ausländischen Behandlungsorts (vgl. Reisewitz 2015: 32, Klobassa 2016: 9). Auch Klinikverzeichnisse stellen eine hilfreiche Informationsquelle dar und ermöglichen zum Teil einen direkten Kontakt zwischen PatientInnen und der ausgewählten medizinischen Einrichtung. Die Internetauftritte der verschiedenen Einrichtungen unterscheiden sich allerdings sehr stark hinsichtlich des Inhalts, der Qualität und der technischen Aufbereitung (vgl. Juszczak 2017: 56). Rein deutschsprachige Websites erfahren weniger Resonanz als jene, die zumindest auch auf Englisch verfügbar sind. Bei der Gestaltung des Inhalts von Websites für den medizintouristischen Auftritt weist Juszczak (2017: 58) auf die Notwendigkeit hin, nicht nur die Fremdsprache, sondern auch die jeweiligen kulturellen Aspekte zu berücksichtigen. Aus translatorischer Sicht ist der Medizintourismus daher unbedingt als zusätzliches Einsatzgebiet für ÜbersetzerInnen zu sehen.

Im Internet kann des Weiteren das Aufkommen zahlreicher Foren (vgl. AINPU 2020) beobachtet werden, die vonseiten der PatientInnen oder von nationalen Verbänden ins Leben gerufen werden und dem informellen Informations- und Erfahrungsaustausch jener Menschen dienen, die von einer bestimmten Pathologie betroffen sind. Neben detaillierten Berichten über ihr persönliches Leiden und ihre Therapie werden ForennutzerInnen auch Informationen zu und Kontaktdaten von ÄrztInnen sowie anderen DienstleisterInnen wie DolmetscherInnen zur Verfügung gestellt. Diese Foren können als eine Form von Empfehlungsmarketing eingestuft werden und für DienstleisterInnen in diesem Bereich von großem Nutzen sein. Auch Länder oder Städte setzen auf eine verstärkte Internetpräsenz, um ausländische PatientInnen anzuwerben. Als Beispiel dienen die Stadt Wien (Wien Tourismus 2020) und Köln (Köln Tourismus 2020), die auf den jeweiligen Tourismusportalen die hervorragende Medizin der städtischen Krankenhäuser bewirbt. Um die Zielgruppe adäquat anzusprechen, werden auf den erwähnten Seiten die Vorteile der privaten Krankenhäuser wie kurze Wartezeiten, hohe Qualität und attraktive Nebenleistungen – unter anderem nach Bedarf auch die Bereitstellung von DolmetscherInnen – besonders hervorgehoben. Diese vermehrte Internetpräsenz bringt allerdings einige Gefahren mit sich, denn manche Angebote können unseriös sein (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 3).

1.6 PatientInnentypen

Je nach Beweggrund für die medizinische Reise ist es möglich, verschiedene Klassifizierungen der PatientInnen vorzunehmen. Berg (2008: 87ff.) bietet in seinem Modell einen Überblick über unterschiedliche PatientInnentypen. Ausgangsbasis der Klassifizierung ist die für Marketinganalysen klassische Segmentierung der Nachfrage. Berg hebt dabei das unterschiedliche Potenzial der PatientInnen hinsichtlich ihrer Bereitschaft, die Kosten für Gesundheits- oder medizinische Leistungen selbst zu tragen oder auf die Krankenversicherung zurückzugreifen, hervor (siehe Tab. 2).


PatientInnen als präventive NachfragerInnen Proaktives Verhalten: präventive Gesundheitsmaßnahmen Zahlwillig, aber oft nicht zahlfähig
PatientInnen als kurative NachfragerInnen Gesundheitsleistungen, um eine bereits aufgetretene oder eintretende Krankheit ambulant oder stationär zu behandeln Wunsch nach alternativen Heilungsmethoden
PatientInnen als rehabilitative NachfragerInnen Postkurative Behandlung (normalweise von TherapeutInnen, PsychologInnen, SozialarbeiterInnen, ÄrztInnen oder in speziellen Rehabilitationseinrichtungen) Mehrheit der Leistungen im Angebot der Krankenversicherung enthalten
PatientInnen als NachfragerInnen nach Pflege Menschen in dauerhaft pflegebedürftigem Zustand; ständige Betreuung (auch Körperpflege, Ernährung und Haushaltsversorgung)

Tab. 2:

PatientInnentypen nach Berg (2008: 8)

Juszczak und Ebel (2009: 103f.) unterscheiden zwischen den Typen von PatientInnen ausgehend vom medizintouristischen Angebot und ergänzen die von Berg ermittelten Bedürfnisse und Behandlungen um neue PatientInnentypen (siehe Tab. 3).


Medizin- touristInnen Medizinischer Eingriff im Ausland Die gewählte Klinik kann zwar die Zielgruppe aus medizinischer Sicht optimal betreuen, deren Angehörigen kann sie aber kein Zusatzprogramm (Hotelbuchung, Freizeitgestaltung usw.) anbieten.
Low-Care-PatientInnen Schnelle Behandlung im Ausland und sofortige Entlassung Die Nachversorgung kann im Hotel (oft in einem PatientInnenhotel oder in einer Hotelstation im Krankenhausverband) stattfinden.
GesundheitstouristInnen Präventive Untersuchung bei ÄrztInnen im Ausland (Vorsorgeuntersuchung)
Medical-Wellness-TouristInnen Wellnessangebote im Hotel Relevanz eines gesunden Lebensstils Mögliche Verbindung medizinischer Untersuchungen
Business-Health-PatientInnen ArbeitgeberIn stellt einen Gesundheitscheck als incentive zur Verfügung. Hotelübernachtung und Rahmenprogramm im Paket enthalten
Reha-PatientInnen sowie Angehörige Medizinische Behandlung inklusive Nutzung touristischer Angebote an den behandlungsfreien Tagen
Chronisch Kranke und Angehörige Angehörige suchen nach einer Urlaubsmöglichkeit, die mit der Behandlung oder Versorgung einer kranken Person kombiniert werden kann.

Tab. 3:

PatientInnentypen nach Juszczak und Ebel (2009: 103f.)

Cohen (2008: 25ff.) führt folgende Begriffe ein, um zwischen TouristInnen und PatientInnen zu unterscheiden: mere tourist, medicated tourist, medical tourist proper, vacationing patient, mere patient. Zur ersten Kategorie des mere tourist gehören jene Menschen, die einfach reisen wollen und keine medizinischen Dienstleistungen während des Urlaubs in Anspruch nehmen. Als medicated tourists gelten reisende Menschen, die sich während des touristischen Aufenthaltes einer ungeplanten dringenden Behandlung unterziehen müssen. Zur Gruppe des medical tourist proper zählen jene PatientInnen, die sowohl aus touristischen als auch medizinischen Gründen verreisen. Als vacationing patients gelten Personen, die eine Reise hauptsächlich aus medizinischen Gründen unternehmen und während des Auslandsaufenthaltes einige touristische Angebote in Anspruch nehmen. Die letzte Kategorie der mere patients bezieht sich schließlich auf PatientInnen, die während des Auslandsaufenthaltes nur eine medizinische Behandlung wünschen und kein touristisches Angebot nutzen.

Ein komplexeres Bild der MedizintouristInnen skizziert Mainil (2012: 48ff.).1 Um seine Typologisierung leichter nachzuvollziehen, werden in Tab. 4 die von ihm verwendeten Akronyme kurz erklärt.


TBAs Trans-border access seekers PatientInnen, die lange, geplante Reisen unternehmen, zumeist über ausreichende finanzielle Mittel verfügen und sich hoch spezialisierte und qualitative Behandlung erwarten, die in ihrem Ursprungsland nicht vorhanden sind oder längere Wartezeiten erfordern
CBAs Cross-Border access searchers Menschen, die aus Grenzregionen stammen, oder Menschen, die einer Sprachgruppe angehören, die über mehrere Länder verstreut lebt und Anspruch auf Rückerstattungen oder Förderungen für die Kosten der Behandlung im Ausland haben oder hoch spezialisierte Behandlungen suchen
RCAs Receiving context actors Alle Einrichtungen und AkteurInnen, die für die medizintouristischen PatientInnen am Behandlungsort von Bedeutung sind
SCAs Sending context actors Alle Einrichtungen und AkteurInnen im Ursprungsland der medizintouristischen PatientInnen, wie zum Beispiel Versicherungsgesellschaften oder nationale Behörden

Tab. 4:

Akronyme für die PatientInnentypen nach Mainil (2012: 57)

CBAs und TBAs unterscheiden sich voneinander wegen der Kulturnähe und -distanz. Für Erstere ist die Wahrscheinlichkeit höher, eine medizinische Behandlung in einem Land zu finden, die ihrem Ursprungsland in kultureller Hinsicht entspricht. TBAs bewegen sich hingegen zwischen Regionen mit größeren Kulturunterschieden und haben im Rahmen ihrer medizinischen Reise komplexere Herausforderungen zu meistern. Abb. 1 zeigt die möglichen Kombinationen der oben erwähnten Kategorien.

Abb. 1:

PatientInnentypen nach Mainil (2012: 57)

Die Kategorien 1A, 1B, 2A, 2B, 4A, 4B, 5A und 5B stellen eine heterogene Gruppe dar, deren VertreterInnen aus weit entfernten oder mehr oder weniger benachbarten Ländern stammen (CBAs oder TBAs) und sich in einer privaten oder öffentlichen ausländischen Einrichtung behandeln lassen. Sie können jedoch in allen Fällen auf eine öffentliche oder private Krankenversicherung zurückgreifen. Die PatientInnen der anderen Kategorien können jeweils CBAs oder TBAs sein, haben aber keinen Anspruch auf Rückerstattungen oder Förderungen für die Kosten der Behandlung, die in einer privaten oder öffentlichen ausländischen Einrichtung erfolgen kann (vgl. Mainil 2012: 57). Trotz seiner Komplexität zeigt dieses Modell ein facettenreiches Bild der PatientInnen im Rahmen des Medizintourismus und kann sehr hilfreich für ein tieferes Verständnis der an dolmetschvermittelten Interaktionen beteiligten AkteurInnen sein, denn auch die kulturelle Nähe oder Distanz zwischen Quell- und Zielland sowie die finanzielle Abwicklung der medizinischen Reise spielen eine wichtige Rolle hinsichtlich der Ermittlung ihrer Erwartungen und Anforderungen an die DolmetscherInnen.

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