Kitabı oku: «Kein Himmel ohne dich», sayfa 2
„Druck ablassen?“, sage ich jetzt schon fast ohne Ton. Dann drehe ich mich um, gehe aus dem Raum und ohne mich noch einmal umzusehen durch den Gang. Wieder kommt er mir hinterher.
„Holly…“, ruft er mir nach als sich die Türe vom Präsentationsraum öffnet und sein Chef herauskommt.
„Da sind sie ja Barnes. Drinnen wartet unser Kunde auf Sie“, meint er und sieht mich etwas verwundert an. Ich drehe mich weg, schließlich bin ich tränenüberströmt.
„Alles in Ordnung?“, fragt er dann auch noch nach.
„Ich brauche ein bisschen frische Luft“, lächle ich ihn gekünstelt an.
Er nickt mir mit hochgezogenen Augenbrauen zu.
„Ich bin sofort bei Ihnen“, stammelt Tyler.
„Gut“, erwidert sein Chef und geht wieder in den menschenvollen Raum.
„Ich muss hier raus.“ Ich sehe ihn traurig an.
„Scheiße…Ich wollte das nicht…Bitte lass uns später reden, ich muss da rein…“
Ich nicke wortlos und kehre ihm den Rücken. Mit zittrigen Händen verlasse ich das Gebäude. Draußen muss ich mich erst einmal ein paar Minuten lang sammeln. Ich öffne meine Tasche um ein Taschentuch heraus zu holen, als mir meine Tabletten fast bettelnd entgegen leuchten. Zögernd schließe ich meine Augen und hole tief Luft. Was ist er für ein Arschloch? Es einfach mit dieser Schlampe in meiner Anwesenheit zu treiben. Es ist doch ganz egal was ich mache, ich werde nie so sein wie diese Scheiß Carolin. Niemals. Völlig neben mir drücke ich ohne nachzudenken aus jeder Packung ein paar Tabletten, keine Ahnung wie viele, und schlucke sie ohne Wasser ganz leicht hinunter. Jetzt zittern meine Hände noch mehr, doch sofort baut sich ein seltsam erleichtertes Gefühl in mir auf. Dann gehe ich los. Planlos. Einfach irgendwo hin. Ich spüre die Wirkung der Pillen, ich werde lockerer und beruhige mich langsam wieder. Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht und bleibe vor einem Pub stehen. Einige Leute stehen davor und scheinen mächtig Spaß zu haben. Spaß haben. Ich kann mich nicht erinnern wann ich zuletzt Spaß hatte. Kurz zögere ich, gehe dann aber hinein. Nachhause will ich nicht, ich möchte einfach nur für ein paar Minuten vergessen was gerade passiert ist. Vergessen. Das wird nicht funktionieren. Wie auch? Im Pub drängen sich viele junge Leute um die Theke herum. Aufgrund der Tabletten macht mir das auch gar nichts aus. Ich quetsche mich durch und bestelle mir einen doppelten Whisky. Dann noch einen. Ein junger Typ drängelt sich neben mich und bestellt zwei Bier. Zuerst schaut er mich nicht an, dann sieht er plötzlich zu mir und grinst.
„Allein?“, fragt er und grinst noch ein bisschen breiter.
Ich nicke und lächle ein bisschen. Er nimmt die Bier und geht wieder zu einem anderen jungen Typen, scheinbar ein Freund. Sie sprechen miteinander, aber er schaut immer wieder zu mir. Auch wenn mir das nichts bedeutet und ich auch absolut nicht darauf aus bin, finde ich es spannend. Dann kommt er wieder auf mich zu.
„Machst du bitte ein bisschen Platz?“, weist er den Burschen der neben mir an der Theke lehnt an. Der weicht augenblicklich zur Seite.
„Trinkst du noch einen?“, fragt er mich und sieht auf mein fast leeres Glas. Er hat braune Haare und stechende Augen. Etwas verlegen nicke ich. Er bestellt bei der Kellnerin noch einen Whisky für mich.
„Danke“, sage ich immer noch verlegen.
„Gerne.“
Er stößt mit seinem Bier an mein Glas. Ich weiß nicht was ich sagen soll.
„Wie heißt du denn?“, fragt er mich und grinst wieder.
„Holly.“
„Holly. Cool. Ich heiße Jack.“
„Hey Jack“, lächle ich verkrampft.
„Du schaust irgendwie traurig aus. Warum denn? Du hast so ein schönes Lächeln.“
Traurig. Nicht das richtige Wort. Es gibt kein Wort das meinen Zustand beschreibt. Ich zucke mit den Schultern. Er schubst mich ein wenig an.
„Komm schon. Ich bin mir sicher du kannst super lächeln.“
Das bringt mich wirklich zum Lächeln und nach weiteren zwei Getränken schafft er es auch mich zum Lachen zu bringen. Sein Interesse an mir schmeichelt schon ein bisschen meiner ramponierten Seele.
„Ich muss mal schnell wohin“, sage ich nachdem sich auch noch sein Freund zu uns gesellt hat.
Ich habe leichte Kopfschmerzen, darum schlucke ich am WC noch schnell eine Tablette und noch eine gegen die Beklemmungsgefühle.
„Heute werde ich einfach einmal tun was ich für gut empfinde und ich werde nicht mehr an dieses Arschloch denken. Heute nicht…“, sage ich meinem Spiegelbild und lege noch etwas Lipgloss auf.
Zurück bei den Jungs die locker einige Jährchen jünger als ich sind fühle ich mich um Welten besser. Es ist so erleichternd einfach mal niemandem entsprechen zu müssen. Einfach nur ich sein.
„Wir wollen noch in einen Club in Dover, da geht es jetzt richtig ab, du kommst doch mit oder?“, fragt mich Jack und zwinkert mir zu.
„Ich weiß nicht, Dover?“, meine ich unsicher.
„Komm schon, das wird bestimmt geil.“
Nachdem er nicht locker lässt, stimme ich irgendwann einfach zu, wahrscheinlich weil ich aufgrund des steigenden Alkoholspiegels sowieso schon viel zu gut drauf bin. Doch es ist mir egal. Vielleicht zahle ich es Tyler auch einfach heim. Nein, ich könnte das nicht tun, obwohl verdient hätte er es. Irgendwann im Wagen bekomme ich dann ein komisches Gefühl. Es ist nicht richtig mit zwei Jungs im Wagen mitten in der Nacht irgendwohin zu fahren. Nervös zapple ich am Rücksitz herum und überlege auszusteigen. Doch dann werde ich wieder ruhiger und schiebe meine Bedenken beiseite. Als wir bei dem Club ankommen, fühle ich mich in meinem Vorhaben bestätigt, was soll denn schon passieren. Die Musik im Lokal ist laut aber cool, ich fühle mich plötzlich so frei und gut gelaunt. Ich kippe noch ein paar Drinks hinunter bevor mich Jack auf die Tanzfläche zieht. Er ist hübsch und ich mag seine Augen, sein Blick durchdringt mich förmlich. Ziemlich unerwartet nähert er sich dann meinem Gesicht und küsst mich. Zuerst versuche ich ein wenig zurück zu weichen, lasse es dann aber doch zu. Seine Zunge ist heiß, es fühlt sich geil an, darum erwidere ich es. Dann greift er in seine Hosentasche und schiebt sich etwas in den Mund. Ich sehe ihn fragend an.
„Willst du auch?“, flüstert er etwas atemlos nahe an meinem Hals.
„Was will ich?“, frage ich nach und suche wieder nach seinen Lippen.
Wieder greift er in die Tasche seiner Jeans und schiebt sich etwas in den Mund, dann beginnt er wieder mich zu küssen. Er schiebt mir seine Zunge tief in den Mund, dann spüre ich ein kleines rundes Ding in meinem Mund. Kurz löse ich mich von ihm.
„Was ist denn das?“
Verwegen lächelt er mich an. „Du wirst dich gleich richtig mega fühlen.“
„Ich weiß nicht…“, murmle ich, die Tablette zwischen meinen Zähnen haltend.
Doch dann schießt mir das Bild von Tyler in den Kopf. Wie er über die Blondine gebeugt an ihrem Ohr knabbert und sich fordernd in ihr bewegt. Wie sie ihre roten Fingernägel in seinen Rücken krallt. Er hat mich nicht einmal bemerkt. Ich atme ein und mit dem Ausatmen schlucke ich das Ding hinunter. Ich frage nicht was es ist und überlege auch nicht was es mit mir anstellen wird. Doch ganz bald setzt das mega Gefühl ein. Alles ist in bunte fröhliche Farben getaucht. Alles ist locker und leicht. Alles ist schwerelos und einfach unglaublich gut. Wieder küsse ich Jack und schiebe meine Hände unter sein Shirt. Mein Herz klopft wie wild, aber das ignoriere ich und mir ist heiß.
„Komm wir gehen raus“, haucht er in mein Ohr.
Ich folge ihm ohne zu zögern in den Hinterhof des Lokals. Wieder küssen wir uns, er fährt mit seinen Händen unter mein Kleid und umklammert meinen Hintern während er mich an eine Hauswand presst. Ich bin atemlos und mein Herz pumpt. Immer wieder muss ich mich von ihm lösen, weil ich keine Luft bekomme. Das Herzklopfen wird schier unerträglich.
„Warte bitte…Ich kann nicht…Lass mich bitte los“, stammle ich einer Sekunde Klarheit.
„Komm schon…Stell dich nicht so an…“, stöhnt er in mein Ohr.
„Nein…Ich fühle mich nicht gut. Außerdem will ich das nicht.“ Ich stemme meine Hände unerwartet kraftvoll gegen seine Brust.
Er sieht mich ungläubig an. „Spinnst du jetzt komplett? Was glaubst du warum wir hier draußen sind?“
Ich schüttle den Kopf. „Bitte. Ich kann das nicht…Ich bin verheiratet…Und ich fühle mich nicht gut…“
„Verheiratet? Das ist mir doch egal, ich wollte dich sowieso nicht heiraten ein schneller Fick reicht mir schon. Komm schon, mach kein Theater jetzt, lass locker Süße…“ Wieder schiebt er seine Hände unter mein Kleid.
Süße? So nennt mich Tyler immer. Ich spüre wie mir schlecht wird. Ich kann und will das nicht. Ich stoße ihn weg und übergebe mich.
„Scheiße…Du bist echt eine blöde Schlampe…“, höre ich ihn noch mit abwertendem Ton sagen, dann verliere ich die Kontrolle.
Kapitel 3
„Und dann, was war dann?“, fragt mich Amy sichtlich schockiert.
„Keine Ahnung…“, murmle ich und wische die Tränen mit meinem Handrücken weg. „Ich erinnre mich mehr.“
Eigentlich bin ich überrascht mich so weit zu erinnern und froh, dass er mich nicht vergewaltigt hat. Ich bin schockiert über mich und darüber was die Tabletten, Drogen und der Alkohol mit mir gemacht haben.
„Ich schätze mal er hat mich verprügelt, weil ich nicht tat was er wollte.“
Erschöpft sehe ich auf meine zittrigen Hände. Ich kann einfach nicht mehr. Die vergangene Nacht zu rekonstruieren macht mich unglaublich erschöpft und wütend auf mich selbst. Wie konnte ich das nur tun? Ich bin dreiunddreißig Jahre alt und mache solche Dummheiten. So leichtsinnig zu sein, es hätte mich mein Leben kosten können.
„Gott Holly…Du hattest echt Schwein, dir hätte sonst was passieren können.“ Amy nimmt mich tröstend in den Arm. „Ruh dich jetzt ein bisschen aus.“
Ich nicke wortlos, weil ich wirklich komplett erledigt bin.
„Du musst Tyler sagen wo du bist, er macht sich bestimmt Sorgen, auch wenn er ein Arschloch ist.“ Sie sieht mich kopfschüttelnd an. „Wie konnte er dir das nur antun.“
Vermutlich hat sie recht, auch wenn ich ihm die Sorge gönne, ich muss ihm sagen, dass es mir gut geht. Dass es mir gut geht, das klingt wie ein schlechter Witz. Mir geht es beschissen. So dreckig ging es mir noch nie. Obwohl. Doch. Ich denke an Theos Lächeln das sein süßes, blasses, schmales Gesicht zum Strahlen brachte. Kurz schließe ich meine Augen und atme tief durch. Theo. Dann stehe ich auf und lege mich aufs Sofa. Amy deckt mich zu und streicht durch meine vermutlich schrecklich lockigen Haare. Dann tippe ich noch schnell eine Nachricht an Tyler.
Ich bin bei Amy. Lass mich bitte einfach in Ruhe. Ich muss nachdenken. Holly.
Kurz überfliege ich noch seine Nachrichten die ich heute Nacht von ihm bekommen habe. Viele Sorrys, tut mir leid und ich liebe dich, wo bist du und ich brauche dich, kommen darin vor. Ich lösche alle, ich will sie nicht lesen, dann lege ich das Handy weg und drehe mich zur Seite. Es dauert nicht lange bis ich einschlafe.
Kapitel 4
Stimmen lassen mich wach werden. Mir ist unglaublich heiß und ich bekomme schwer Luft. Ich reiße meine Augen auf und schnappe nach Sauerstoff. Ich stoße panisch Luft aus. Vermutlich sind das immer noch die Nebenwirkungen dieser Scheißdroge. Vielleicht ist es auch mein Körper der nach Tablettennachschub verlangt.
„Sie schläft jetzt aber“, höre ich Amy leise sagen. „Lass sie bitte und komm später wieder.“
Mühsam richte ich mich ein wenig auf. Tyler. Er ist hier. Ich schließe meine Augen. Warum konnte nicht einfach alles ein schlimmer Traum sein.
„Ich nehme sie jetzt mit, sie kann auch zu Hause schlafen“, entgegnet Tyler in seiner zielstrebigen und bestimmenden Art.
Ich stehe auf und tapse zum Flur, ich habe einen schrecklichen Kater und immer noch tut mir alles weh.
„Ist schon gut Amy, ich bin wach“, lächle ich sie an.
Sie nickt seufzend und geht in die Küche. Tyler sieht mich geschockt an.
„Was willst du denn?“, frage ich ihn und verschränke meine Arme vor der Brust.
Er kommt ein paar Schritte auf mich zu.
„Mein Gott…Was ist denn passiert?“
Er will mein Gesicht berühren, aber ich weiche sofort zurück. Ach ja... Die Verletzungen, das hätte ich fast vergessen.
„Das ist nichts…“, stammle ich.
„Was heißt nichts? Du hast doch überall blaue Flecken und dein Gesicht?“
„Das geht dich nichts mehr an.“
„Natürlich geht mich das etwas an! Erzählst du mir bitte was dir passiert ist?“
Ich drehe mich um und gehe zurück ins Wohnzimmer. Ganz sicher werde ich ihm nicht erzählen was passiert ist. Keinesfalls. Nervös suche ich meine Sachen zusammen.
„Holly!“ Er kommt mir hinterher und hält mich am Arm fest.
„Gar nichts ist passiert, ich war besoffen und bin gestolpert!“, schreie ich ihn an. „Ich habe mich so richtig volllaufen lassen, weil du nichts Besseres zu tun hast als…“
Ich kann es nicht aussprechen und sofort habe ich wieder das Bild von ihm und dieser blöden Blondine vor Augen. Tränen vor Wut und unendlicher Traurigkeit darüber bauen sich in mir auf. Er sieht mich zögerlich an, doch dann zieht er mich an meinem Arm in seine Arme und drückt mich so fest, dass es mir nicht möglich ist mich zu lösen, auch wenn ich das versuche. Ein paarmal schlage ich mit meinen Fäusten an seine Brust, doch er hält mich weiterhin fest. Ich will es nicht und trotzdem fühlt es sich gut an. Zwar schmerzlich gut, es ist als würde ich ihn lieben und hassen zugleich.
„Nein…Nein…Nein…Das geht einfach nicht...“, weine ich in seine Brust.
„Shhhh….Holly…Shhhh….Beruhige dich bitte“, murmelt er seine Lippen an meine Stirn gepresst.
„Warum? Warum hast du das getan?“, weine ich unaufhörlich.
„Ich verspreche dir, es ist aus, es war alles ein Scheißfehler, das musst du mir glauben. Du bist es doch, du bist die Frau die ich liebe...“, wiederholt er unzählige Male.
Nach einiger Zeit kann ich mit dem Weinen aufhören. Er streicht immer noch beruhigend durch meine Haare.
„Fahren wir jetzt nach Hause?“, fragt er kleinlaut.
Ich nicke wortlos und löse mich von ihm. Dann gehe ich zu Amy in die Küche.
„Und?“, fragt sie mich leise.
Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Darf ich dir deine Sachen die nächsten Tage mal zurückbringen?“
„Klar, das hat keine Eile. Ruf mich an.“
Sie drückt mich zum Abschied fest und streicht liebevoll über meinen Rücken.
„Danke für alles und dass du mich abgeholt hast…“
Sie unterbricht mich und lächelt mich dabei an.
„Schon gut. Lass die Tabletten Holly. Bitte“, flüstert sie, sodass es Tyler nicht hören kann.
„Ich verspreche es dir“, flüstere ich ebenso leise und drücke ihr noch einen Kuss auf die Wange.
Während der Autofahrt sprechen wir nicht. Ich will und kann nichts sagen. Mir ist fürchterlich kalt und ich bin immer noch müde. Meine Kopfschmerzen sind fast unerträglich und nur zu gerne würde ich eine Schmerztablette nehmen. Doch das darf ich nicht. Ich muss stark bleiben.
„Soll ich uns etwas zu Essen machen?“, fragt mich Tyler und die schließt die Wohnungstür hinter uns.
„Ich habe keinen Appetit.“
Er nickt wortlos und bleibt vor mir stehen. Schnell wende ich mich von ihm ab, weil ich es nicht ertrage ihn anzusehen. Immer wieder muss ich an die Bilder von gestern Abend denken.
„Ich geh Duschen“, sage ich schnell und verschwinde im Bad, wo ich eine gefühlte Ewigkeit am Rand der Badewanne sitze. Dann stehe ich mindestens ebenso lange unter Dusche. Schließlich trockne und glätte ich meine Haare noch. Mein Spiegelbild macht mich immer noch nicht zufrieden. Vielleicht sollte ich Tyler erzählen was vergangene Nacht war, aber wozu? Es ist alles schon schlimm genug und ich war nicht ich selbst. Ich war unter Drogen. Ich war wütend und enttäuscht. Ich bin es immer noch. Ein leises Klopfen an der Tür reißt mich aus meinen Gedanken.
„Alles in Ordnung da drinnen?“ Tylers Stimme klingt müde und besorgt.
„Ja, ich komme schon“, entgegne ich und ziehe meinen Bademantel etwas fester zu.
Langsam öffne ich die Badezimmertür, er lehnt an der Wand gegenüber und sieht mich wortlos an. Es riecht gut. Er hat also doch etwas gekocht.
„Kommst du dann in die Küche?“, fragt er kleinlaut.
„Ich zieh mir nur schnell etwas an“, nicke ich und gehe an ihm vorbei ins Schlafzimmer.
Während ich mich anziehe sehe ich auf unser Ehebett. Keine Ahnung ob ich hier neben ihm schlafen will und kann. Ich würde es gerne, aber innerlich lehnt sich irgendetwas beim Gedanken daran in mir auf. Seine Umarmung vorhin hat mir gut getan, oder auch nicht. Es ist für mich unvorstellbar jemals wieder intim mit ihm zu sein, vor allem nicht, wenn ich daran denke wie er es mit Carolin getan hat. Ich gehe in die Küche und bleibe vor dem hübsch gedeckten Tisch stehen, dass er sich so viele Mühe gibt macht die Sache noch schlimmer. Ich hasse es, wenn er mit solchen Gesten sein schlechtes Gewissen beruhigen will. Das macht er immer, nach jedem Streit und jetzt nach einem beschissenen Seitensprung. Ich setze mich hin ohne ihn anzusehen und nehme einen großen Schluck vom Wasser das schon dort steht.
„Ich habe Nudeln gekocht, mit dem Pesto vom kleinen italienischen Laden den du so gerne magst.“
Das sagt er so, als wäre es das Normalste auf der Welt. Ein Ehepaar das gemeinsam Nudeln mit Pesto isst. Es bringt mich augenblicklich innerlich zum Kochen, aber ich versuche ruhig zu bleiben.
„Ich wollte doch nichts essen“, sage ich darum bockig.
Er stellt mir den Teller vor die Nase und setzt sich neben mich.
„Verlässt du mich jetzt?“, fragt er so leise, dass ich es kaum höre.
„Wäre vermutlich das einzig Richtige“, meine ich ohne ihn anzusehen.
Er schüttelt den Kopf und sagt nichts. Ich nehme die Gabel und steche eine Nudel auf, natürlich schmeckt es gut und ich habe auch Hunger, aber es fühlt sich wie eine Niederlage an.
„Ich war so beschäftigt mit dem Spot und du so kraftlos und müde, ich weiß auch nicht wie es passiert ist…“, stammelt er nach den richtigen Worten suchend.
Ich unterbreche ihn. „Ich kann dir sagen wie es passiert ist.“ Ich lege meine Gabel auf den Teller und lehne mich mit verschränkten Armen zurück. „Sie ist hübsch, blond und schlank. Sie hat dich angemacht, oder du sie. Auf jeden Fall hast du es mit ihr getrieben, und das nicht nur einmal, während ich nächtelang auf dich gewartet habe und mir überlegte wie ich es endlich schaffe wieder einmal Sex mit dir zu haben. Dann hast du dich neben mich gelegt, manchmal deine Arme um mich gelegt, aber auf jeden Fall dabei versucht mich nicht zu wecken, obwohl ich sowieso wach war. Jetzt verstehe ich auch warum.“
Er schließt bei meinen Vorwürfen seine Augen und reibt sich die Stirn, dann sieht er mich an und ich habe das Gefühl er weiß nicht viel darauf zu sagen.
„Vielleicht solltest du mich verlassen, dann kannst du machen was du willst“, füge ich noch hinzu.
„Bitte Holly, das ist doch lächerlich. Ich will dich nicht verlassen. Das passiert unzählige Male in Beziehungen…“
Ich unterbreche ihn. „Ja genau und wenn man Glück hat checkt es die Ehefrau auch gar nicht! Nur blöd, dass du genau gestern deinen Schwanz nicht in der Hose lassen konntest, sonst wäre dein Amüsement auch nicht aufgeflogen!“
Jetzt schreie ich. Genau das wollte ich nicht. Ich spüre wie meine Hände zu zittern beginnen und die Bilder vor meinen Augen fangen an zu flimmern.
„Hör auf Holly! Wie oft soll ich dir noch sagen, dass es mir leidtut? Ich bin ein Arschloch, ja, aber du hast auch deinen Teil dazu beigetragen, tu jetzt bitte nicht so als würde bei uns alles in Ordnung sein.“
Jetzt werde ich erst richtig wütend, natürlich weiß ich sehr wohl, dass bei uns nicht alles in Ordnung ist, doch für seinen Seitensprung kann ich nun wirklich nichts.
„Vergiss es Tyler. Vergiss es einfach.“
Ich springe auf, er auch, im letzten Moment bevor ich flüchten kann hält er mich aber zurück.
„Was soll ich denn machen damit du mir verzeihst? Ich bin hier bei dir und nicht bei ihr. Kapierst du eigentlich, dass du mir wichtig bist?“, sagt er leise und mit zittriger Stimme, so als würde ihm gerade bewusst werden, dass ich mich weiter von ihm entfernt habe als ihm lieb ist, was ihn scheinbar ziemlich überrascht.
„Verzeihen…“, murmle ich und merke wie wieder Tränen in mir austeigen. Ich habe keine Kraft mehr für dieses Gespräch. Mein Kopf tut so weh und ich fühle mich als würde ich jeden Moment innerlich zerspringen. „Ach ja…wo wir gerade vom Verzeihen sprechen: Kannst du mir verzeihen, dass ich heute Nacht einen Wildfremden geküsst habe? Und weißt du was, es hat sich gut angefühlt! Sogar sehr gut. Er war heiß und ich hätte mit ihm Sex haben können, aber ich habe es nicht getan, auch wenn ich voller Drogen und Alkohol war, weil ich dabei an dich dachte und daran, dass ich dich liebe, auch nach allem was du getan hast.“
Er sieht mich geschockt an und lässt meinen Arm los.
„Du hast was?“
Das sagt er leise, seine Augen verengen sich und ich habe Angst was jetzt passiert, doch irgendwie bin ich froh, dass es draußen ist.
„Tu nicht so geschockt, selbst jetzt sind wir noch nicht einmal quitt.“
Nachdem ich diese Worte gesagt habe, weiß ich, dass es blöd und unnötig war, ich bin nicht der Typ der irgendetwas tut um es ihm heimzuzahlen. Er drängt sich an mir vorbei, geht in sein Arbeitszimmer und wirft die Tür gefolgt von einem lauten Knall der mich zusammenzucken lässt zu. Den restlichen Nachmittag sehe ich ihn nur noch einmal kurz im Flur mit einem Glas Wasser. Dann verschwindet er wieder wortlos in seinem Büro. Ich bin fertig. Traurig über einen weiteren sinnlosen Streit, seinen Seitensprung und der Gewissheit, dass nichts mehr so sein wird wie zuvor. Außerdem bin ich auch wütend auf mich selbst und kämpfe mit der Angst ob ich es schaffe auf die Scheißtabletten zu verzichten, denn ich überlege schon seit Stunden hin und her, ob ich nicht wenigstens eine Tablette gegen die Kopfschmerzen nehmen sollte. Doch ich lasse es, auch wenn ich mich mies fühle. Um zumindest darüber nicht mehr nachdenken zu müssen lege ich mich früh zu Bett. Ich wache noch einmal kurz auf, weil mich ein Geräusch am Gang weckt. Tyler ist nicht ins Schlafzimmer gekommen, aber das habe ich auch gar nicht erwartet.