Kitabı oku: «Die Rechte des Verletzten im Strafprozess», sayfa 6
2. Wesentlicher Inhalt
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Zu den wesentlichen Vorgaben in der EU-Richtlinie[6] gehörte ein weiter Verletztenbegriff, unter den alle natürlichen Personen fallen, die durch eine Straftat einen Schaden erlitten haben, unabhängig davon, ob dieser körperlicher, psychischer, seelischer oder wirtschaftlicher Natur ist. Ergänzend dazu wurde klargestellt, dass bei Tötungsdelikten auch nahe Familienangehörige des Getöteten als Verletzte angesehen werden, wobei hierunter gem. Art. 2 lit. a und b nicht nur Ehepartner oder Angehörige in direkter Linie, sondern auch Geschwister, Unterhaltsberechtigte und sogar auch diejenigen Personen gehören, die durch die Straftat den Lebensgefährten verloren haben. Dabei ist auffällig, dass bei natürlichen Personen ein denkbar weiter Anwendungsbereich eröffnet wurde, andererseits juristische Personen von der Richtlinie in keiner Weise erfasst sind.
In dem Bestreben, den Verletzten in die Lage zu versetzen, seine Rechte auch effektiv und vollumfänglich wahrnehmen zu können, wurden die Informationsrechte des Geschädigten weiter ausgestaltet. Grundlage dabei bildet Art. 3, wonach der Geschädigte das Recht hat, „zu verstehen und verstanden zu werden“, wodurch letztlich eine effektive und an der individuellen Situation des Verletzten angepasste Informationsweitergabe sichergestellt werden soll. Dies stellt letztlich eine Art Programmsatz dar, der die Praxis zu einem sensiblen Umgang mit dem Betroffenen und dessen individueller Situation anhalten soll. Soweit mögliche Sprachbarrieren eine sachgerechte Information des Betroffenen unmöglich machen, besteht gem. Art. 7 ein Anspruch auf Hinzuziehung eines Dolmetschers und Übersetzung der relevanten Schriftstücke. Bereits beim ersten Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden sind dem Verletzten gem. Art. 4 grundlegende Informationen über seine Rechte und den weiteren Verfahrensablauf zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren hat der Verletzte gem. Art. 5 ff. einen Anspruch auf Informationen über Einstellungsentscheidungen, Ort und Zeitpunkt der Hauptverhandlung, die gegen den Täter erhobenen Beschuldigungen, ergangene rechtskräftige Entscheidungen, den Fortgang des Verfahrens sowie bspw. über den Umstand, dass der Beschuldigte aus der U-Haft geflohen oder freigelassen worden ist.
Neben der reinen Information sieht die Richtlinie auch verschiedene prozessuale Rechte für den Verletzten vor. Hierzu gehört etwa der Anspruch auf schriftliche Bestätigung der Anzeige gem. Art. 5 oder das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gem. Art. 10 der Richtlinie. Neben der Möglichkeit, Prozesskostenhilfe oder Erstattung der Auslagen gem. Art. 13 f. zu erhalten, wird dem Verletzten auch das Recht eingeräumt, Entscheidungen über den Verzicht auf Strafverfolgung gem. Art. 11 überprüfen zu lassen, wovon sowohl Verfahrenseinstellungen aufgrund nicht hinreichenden Tatverdachts, als auch aus Opportunitätsgründen erfasst sind. Einen weiteren Schwerpunkt der Richtlinien bildet der Anspruch des Geschädigten auf Wiedergutmachung und Entschädigung, wozu neben einer zeitnahen Rückgabe von Vermögenswerten gem. Art. 15 oder einer zügigen Entscheidung über die Entschädigung im Rahmen des Strafverfahrens gem. Art. 16, auch die in Art. 12 geregelte Pflicht der Mitgliedstaaten gehört, Wiedergutmachungsverfahren, sofern diese sachdienlich sind, vorzusehen. Allerdings wurden in diesem Punkt gleichzeitig wiederum einige einschränkende Bedingungen aufgestellt: So wird bspw. verlangt, dass das Ausgleichsverfahren im Interesse des Verletzten liegt, dieser darin einwilligt und die im Raume stehende Vereinbarung freiwillig erfolgt. Des Weiteren muss der Täter zumindest in wesentlichen Zügen geständig sein.
Schließlich befasst sich die Richtlinie auch noch mit Aspekten des Schutzes des Verletzten. Dabei geht es einerseits um den konkreten Schutz des Verletzten vor neuerlichen Übergriffen oder Einschüchterungsversuchen seitens des Täters andererseits soll eine sog. sekundäre Viktimisierung durch das Verfahren bzw. die übrigen Verfahrensbeteiligten vermieden werden. Art. 18 bezieht nicht nur den eigentlichen Verletzten in den Anwendungsbereich dieses Schutzes ein, sondern erweitert diesen auch auf dessen Familienangehörige. Während nach Art. 19 primär Begegnungen zwischen dem mutmaßlichen Täter und Geschädigten außerhalb der Hauptverhandlung zu vermeiden sind, gewährt Art. 20 das Recht, dass sich der Verletzte von einer Vertrauensperson begleiten lässt. Um einen angemessenen Umgang mit Verletzten mit besonderen Schutzbedürfnissen sicherzustellen, sieht Art. 23 diverse Maßnahmen vor, zu denen etwa eine möglichst schonende Ausgestaltung von Vernehmungen während des Ermittlungsverfahrens, gleichgeschlechtliche Vernehmungspersonen oder das Verhindern einer unnötigen Preisgabe von privaten Informationen im Rahmen der Hauptverhandlung gehört. Wann dem Verletzten ein besonderes Schutzbedürfnis zukommen soll, richtet sich nach Art. 22, wenngleich die dort geforderte, frühzeitige und individuelle Begutachtung und damit Festlegung der Verletzteneigenschaft zu deutlichen Spannungen mit der Unschuldsvermutung führt.[7]
Anmerkungen
[1]
ABl. EU 2012, Nr. L315/57, ausführlich zum Verlauf der Reformbestrebungen zu dem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission; Barton/Kölbel Ambivalenzen der Opferzuwendung des Strafrechts, S. 77 ff.; Bock ZIS 2013, 201 ff.; zu den internationalen Einflüssen auf den Opferschutz vgl. auch Böttcher in FS Egg, 73ff.
[2]
ER Das Stockholmer Programm – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger, ABl. EU 2010, Nr. C115/1, 10.
[3]
vgl. dazu weiterführend: Bock ZIS 2013, 201 ff.
[4]
vgl. dazu weiterführend: Bock ZIS 2013, 210 f.
[5]
EK Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtsschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Stärkung der Opferrechte in der EU, KOM (2011), 254, endgültig vom 18.5.2011; EK Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gegenseitige Anerkennung von Schutzmaßnahmen im Zivilrecht, KOM (2011) 276, endgültig vom 18.5.2011; EK Vorschlag für die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfer von Straftaten sowie über die Opferhilfe, KOM (2011), 275, endgültig vom 18.5.2011.
[6]
vgl. dazu auch ausführlich Bock ZIS 2013, 205 ff.
[7]
Bock ZIS 2013, 209; Kölbel/Bork Sekundäre Viktimisierung als Legitimationsformel, S. 31; Stgn. der Strafverteidigervereinigungen vom 8.1.2012 zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie für die Opferhilfe, S. 2 ff.
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › XI. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.6.2013
XI. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.6.2013
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › XI. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.6.2013 › 1. Vorgeschichte
1. Vorgeschichte
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Der Entwurf der Bundesregierung für das „Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs“[1] war in erheblichem Maße beeinflusst von den Ergebnissen des von der Bundesregierung eingesetzten Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“.[2] Ausgangspunkt der gesetzgeberischen Überlegung war, dass sich gerade solche Betroffene aufgrund des von ihnen oftmals so empfundenen Scham- und Schuldgefühls zum Teil erst nach Jahrzehnten dazu durchringen können, die geschehenen Straftaten anzuzeigen und straf- bzw. zivilrechtlich gegen die Täter vorzugehen. Im damaligen Entwurf wurden Vorschriften zur Vermeidung von Mehrfachvernehmungen, zur Ausweitung der Bestellung von Verletztenanwälten sowie zur Stärkung von Verletztenrechten aufgeführt. Außerdem sollten die zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche erst nach 30 Jahren verjähren, soweit Opfer sexuellen Missbrauchs und vorsätzlicher Verletzung anderer höchst persönlicher Rechtsgüter betroffen sind. Neben der Vermeidung von Mehrfachvernehmungen und der Erleichterung der Bestellung eines Verletztenanwalts für volljährig gewordene Missbrauchsopfer wurden die Ausschlussmöglichkeiten der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung mit minderjährigen Verletzten ergänzt und die Informationsrechte von Verletzten erweitert. Der Entwurf präzisierte auch die Vorschriften über die Zuständigkeit der Jugendgerichte in Jugendschutzsachen und fasste die Qualifikationsanforderungen an Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte verbindlicher.[3] Dieser Gesetzesentwurf wurde in der Stellungnahme des Bundesrates vom 27.5.2011 noch ergänzt, so u.a. indem in § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB die Altersgrenze auf 21 Jahre erhöht werden sollte.
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Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurde der Gesetzesentwurf zum Teil heftig kritisiert.[4] In der Stellungnahme der BRAK vom Juni 2011 wurde bereits in der Vorbemerkung ausgeführt, dass spätestens mit den Regelungen, die der Gesetzgeber mit dem sog. „2. Opferrechtsreformgesetz“ einführte, nach Auffassung des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer das Gleichgewicht des deutschen Strafprozesses zu Lasten von Beschuldigten- und Verteidigungsrechten empfindlich gestört war.[5] Der Strafrechtsausschuss bemängelte, dass von Straftaten betroffene Zeugen noch weitergehende Beteiligungs- und Informationsrechte zugestanden und auch im Vergleich zu sonstigen Zeugen bei der unmittelbaren Sachverhaltsaufklärung anders behandelt werden sollten.[6] Die im Entwurf vorgeschlagene erweiterte Möglichkeit, unmittelbare Aussagen von erwachsenen Zeugen, die als Kinder oder Jugendliche durch eine der im § 255a StPO genannten Straftaten verletzt worden sein sollen, in der Hauptverhandlung ebenfalls durch die Vorführung einer videotechnischen Aufzeichnung ihrer Vernehmung im Ermittlungsverfahren zu ersetzen, würde maßgebliche Prinzipien des Strafprozesses durchbrechen, insbesondere das der Unmittelbarkeit. Dass die Mitglieder des erkennenden Spruchkörpers einschließlich der Schöffen aus Gründen des Verletztenschutzes künftig in noch größerem Umfang als bisher in solche Verfahren ihre Überzeugung ohne die unmittelbare Einvernahme des wichtigsten Beweismittels finden sollten, also ohne sich ein eigenes unmittelbares Bild von der Qualität der Aussage und des Zeugen machen zu können, würde die Wahrheitsfindung, aber auch die Gewährleistung effektiver Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten, erheblich einschränken.
Die Regelung zur Ausweitung von Informationsrechten des Verletzten im Strafverfahren begegnete ebenso erheblichen Bedenken, da sie für nicht ausgewogen gehalten wurde. Es würde die Gefahr bestehen, dass derart unausgewogene Gesetzesinitiativen das genaue Gegenteil der beabsichtigten Wirkung bewirken könnte.
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › XI. Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs vom 26.6.2013 › 2. Wesentlicher Inhalt
2. Wesentlicher Inhalt
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Mit dem „Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs“ wurden insbesondere die Rechte kindlicher und jugendlicher Opfer von Sexualstraftaten gestärkt. Zur Vermeidung von Belastungen, die durch Mehrfachvernehmungen entstehen, wurden die Möglichkeiten zur Aufzeichnung von Zeugenvernehmungen auf Bild-, Tonträger und deren Vorführung in der Hauptverhandlung durch die neugefassten §§ 58a, 255 StPO erweitert. Des Weiteren sollen diese Vernehmungen durch den Richter durchgeführt werden. § 69 Abs. 2 S. 2 StPO räumte Verletztenzeugen darüber hinaus die Möglichkeit ein, sich zu den Auswirkungen der Tat zu äußern. Die Möglichkeiten, die Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung auszuschließen, wurde im Fall von minderjährigen Zeugen gem. § 171b GVG ergänzt und gleichzeitig die Bestellung eines Verletztenanwalts für zum Tatzeitpunkt minderjährige Geschädigte, die zwischenzeitlich volljährig geworden sind, in § 397a StPO erweitert. Ebenso wurden die Mitteilungspflichten zu Gunsten des Verletzten in § 406d Abs. 2 Nr. 3 StPO erweitert. Neben der Verlängerung des Ruhens der Verjährung in Fällen des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB bis zur Vollendung des 21. Lebensjahr des Geschädigten wurde gleichzeitig in § 197 Abs. 1 BGB auch die Verjährungsfrist für die zivilrechtlichen Ansprüche des Verletzten auf 30 Jahre angehoben. Im Bereich des Jugendstrafrechts wurden die besonderen Anforderungen an Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte verbindlicher vorgegeben und deren erforderliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Kriminologie, Pädagogik, Sozialpädagogik sowie der Jugendpsychologie ausdrücklich betont.[7]
Anmerkungen
[1]
BGBl. I, 1805 v. 26.6.2013.
[2]
Bundesministerium der Justiz/Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Bundesministerium für Bildung und Forschung Abschlussbericht – Runder Tisch Sexueller Kindesmissbrauch, beschlossen am 30.11.2001, abrufbar unter der Adresse http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachinformationen/Abschlussbericht_RTKM.pdf?__blob=publicationFile.
[3]
Einzelheiten dazu im Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 213/11 v. 15.4.2011; Stgn. des Bundesrats, BT-Drucks. 17/6261 v. 22.6.2011, S. 23 ff.
[4]
vgl. dazu: Eisenberg HRRS 2011, S. 64 ff.
[5]
vgl. BRAK-Stgn. Nr. 9/2009 aus März 2009.
[6]
vgl. BRAK-Stgn. Nr. 35/2011 aus Juni 2011.
[7]
vgl. dazu auch: Zöller in FS Paeffgen, S. 727 f.; Haverkamp Forum Kriminalprävention 2016, 45 f.; Löffelmann recht + politik 2014, S. 2.
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › XII. Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vom 21.12.2015
XII. Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vom 21.12.2015
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1. Vorgeschichte
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Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 15.4.2015[1] wurde die Umsetzung der europarechtlichen Mindestvorgaben bezüglich der Verfahrensrechte von Verletzten im Strafverfahren verfolgt, die durch die „Richtlinie über Mindeststandards für die Rechte und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie für die Opferhilfe“[2] notwendig wurden. Soweit nicht bereits in der Vergangenheit geschehen, hätten die notwendigen Rechtsänderungen bereits bis zum 16.11.2015 umgesetzt werden müssen. Neben Befürwortern, die sich allen voran auf Seiten von Opferschutzverbänden befanden, kam es auch im vorliegenden Gesetzgebungsverfahren zu heftiger Kritik aus Wissenschaft sowie insbesondere strafverteidigender Praxis, die bis heute anhält[3], nachdem das Kernstück, nämlich die gesetzliche Verankerung der psychosozialen Prozessbegleitung und das damit einhergehende „Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren“ zum 1.1.2017 in Kraft getreten ist.[4] Durch die psychosoziale Prozessbegleitung sollten besonders schutzbedürftige Opfer die Möglichkeit bekommen, vor, während und nach der Hauptverhandlung auf professionellem Wege begleitet zu werden.
Nach Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse, einer öffentlichen Sachverständigenanhörung am 15.6.2015 sowie anschließenden weiteren Beratungen hat schließlich der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz in seiner Beschlussempfehlung sowie seinem Bericht zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung diesen in bestimmten Bereichen, insbesondere bezüglich § 406g StPO, geändert.[5] Schließlich trat das „3. Opferrechtsreformgesetz“ nach den erforderlichen Abstimmungen im Bundestag und Bundesrat am 31.12.2015 bzw. 1.1.2017 in Kraft.[6]
Teil 1 Die Entwicklung der Schutzrechte zugunsten des Verletzten › XII. Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vom 21.12.2015 › 2. Wesentlicher Inhalt
2. Wesentlicher Inhalt
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Inhaltlich kam es durch das „3. Opferrechtsreformgesetz“ insbesondere zur Ausweitung der Informationsrechte des Verletzten sowie – spiegelbildlich – zur Einführung umfangreicher Unterrichtungspflichten der Strafverfolgungsbehörden. So wurde etwa in § 48 Abs. 3 StPO für den Fall eines Verletztenzeugen eingeführt, dass ihn betreffende Verhandlungen, Vernehmungen und sonstige Untersuchungshandlungen unter Berücksichtigung seiner besonderen Schutzbedürftigkeit zu erfolgen haben. Ausgehend von § 48 Abs. 3 S. 2 StPO ist deshalb insbesondere eine mögliche Vernehmung des Zeugen in Abwesenheit des Angeklagten nach § 168e StPO bzw. die audiovisuelle Vernehmung entsprechend § 247a StPO oder ein Ausschluss der Öffentlichkeit von der Teilnahme an der Hauptverhandlung gem. § 171b Abs. 1 GVG zu prüfen. Ebenfalls kann in Betracht kommen, zu prüfen, inwieweit auf Fragen zum persönlichen Lebensbereich des Zeugen verzichtet werden kann. Des Weiteren sieht § 158 StPO nunmehr vor, dass dem Anzeigeerstatter auf seinen Antrag hin eine schriftliche Anzeigebestätigung zu erteilen ist. Gem. § 158 Abs. 1 S. 4 StPO sollen dort auch die vom Verletzten gemachten Angaben zu Tatzeit, Tatort sowie angezeigter Tat mit aufgenommen werden. Für den Fall, dass der Anzeigeerstatter der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, hat er gem. § 158 Abs. 4 StPO Anspruch auf Hilfestellung durch einen Sprachmittler. In diesem Fall ist die entsprechende Benachrichtigung in eine ihm verständliche Sprache zu übersetzen. Ferner wurden in § 406d StPO die Informationsrechte des Verletzten zum Verfahrensstand erweitert, etwa bezüglich der Unterrichtung über den Zeitpunkt und den Ort der Hauptverhandlung sowie die gegen den Angeklagten erhobenen Beschuldigungen. Schließlich wurden die Hinweispflichten in den §§ 406i – k StPO neu geordnet und gefasst.[7] Die weitreichendsten Änderungen des „3. Opferrechtsreformgesetzes“, zum Teil auch als „Kernstück“ oder auch „Meilenstein“ bezeichnet[8] erfolgten in § 406g StPO in Form der neu eingeführten „psychosozialen Prozessbegleitung“, die zum 1.1.2017 ein Recht des Verletzten auf Beistand und ein damit korrespondierendes Anwesenheitsrecht des psychosozialen Prozessbegleiters bei Vernehmungen im Ermittlungsverfahren bzw. während der Hauptverhandlung formte. Zudem haben die von schweren Gewalt- oder Sexualstraftaten Betroffenen einen Rechtsanspruch auf Beiordnung eines solchen Prozessbegleiters auf Kosten der Staatskasse.
Anmerkungen
[1]
BT-Drucks. 18/4621 vom 15.4.2015.
[2]
vgl. dazu Teil 1, X Rn. 41 ff.
[3]
vgl. etwa Löffelmann recht + politik 2014, S. 1 ff.; Pollähne StrafV 2016, 675 ff.; Haverkamp ZRP 2015, 53 f.; Ferber NJW 2016, 279 ff.; Kett-Straub ZiS 2017, 341 ff.; Stgn. des Deutschen Anwalt Vereins durch die Task Force „Anwalt für Opferrechte“ unter Beteiligung des DAV-Ausschusses Strafrecht im Dezember 2014, Stgn. Nr. 66/2014.
[4]
vgl. dazu Kett-Straub ZiS 2017, 341 ff.; Riekenbrauk ZJJ 2016, 25 ff.; Neuhaus StrafV 2017, 55 ff.; Eisenberg ZJJ 2016, 33 ff.; Ferber NJW 2016, 281 f.; Freudenberg NK 2013, 99 ff.
[5]
BT-Drucks. 18/6906 v. 2.12.2015.
[6]
BGBl. I, 2525 v. 30.12.2015.
[7]
vgl. hierzu Teil 5, Kapitel IV, 1 e) Rn. 150 sowie Burhoff ZAP 2016, 861 ff.
[8]
Pollähne StrafV 2016, 676; Daimagüler Rn. 3; Kett-Straub ZiS 2017, 341; Neuhaus StrafV 2017, 55, Ferber NJW 2016, 281 f.