Kitabı oku: «Schopenhauer», sayfa 13

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Sechstes Kapitel

Der zweite Abschnitt der Frankfurter Periode (1841 – 1850)

I. Neue Werke und Ausgaben
1. Die Erneuerung des Hauptwerks

Dieser vorletzte Abschnitt seines Lebens, in welchem die öffentliche Anerkennung zu dämmern beginnt, reicht von den »beiden Grundproblemen der Ethik« bis zu den »Parerga und Paralipomena«, dem letzten seiner Werke. Seit der Vollendung seines Hauptwerks war er unablässig mit den »Ergänzungen« desselben beschäftigt, die in einer vermehrten Auflage oder in einem besonderen Supplementband erscheinen sollten. Die Ausführung dieses Planes hatte er schon in den Jahren 1828 und 1835 eifrig, aber umsonst betrieben und als das Ziel seiner literarischen Bestrebungen im Auge behalten.181

Mit den Jahren hatten sich diese Ergänzungen vermehrt und waren im Mai 1843 endlich in einem Umfange von fünfzig Kapiteln zum Abschluss gekommen. Nunmehr konnte nur noch von einer neuen Auflage des Hauptwerks in zwei Bänden die Rede sein.

Aber die Verlagshandlung Brockhaus verhielt sich zu seinem Antrag ablehnend, da von der ersten Auflage noch genug Exemplare für die Nachfrage vorrätig seien und sie mit derselben »ein zu schlechtes Geschäft« gemacht habe (13. Mai 1843). Auch die Versicherung, dass sein neues Werk aus vierundzwanzigjährigem Nachdenken entstanden und das Beste sei, was er geschrieben habe, dass er nun endlich den Widerstand der stumpfen Welt zu besiegen hoffe, konnte ihre Bedenken nicht wegräumen. Endlich entschloss sie sich, eine neue Auflage des ganzen Werks zu veranstalten, den ersten Band in 500, den zweiten in 750 Exemplaren drucken zu lassen, ohne Kosten und ohne Honorar für den Verfasser. Damit war sein Hauptziel erreicht. »Sie haben mir«, schrieb er den 14. Juni, »eine unerwartete große Freude gemacht, wie ich aufrichtig gestehe; aber eben so aufrichtig versichere ich Sie meiner festen Überzeugung, dass Sie durch Übernahme meines vervollständigten Werks ein gutes Geschäft machen, ja, dass einst der Tag kommen wird, wo Sie über Ihre Bedenklichkeit, die Druckkosten daran zu wenden, herzlich lachen werden.«

»Nicht den Zeitgenossen, nicht den Landsgenossen, – der Menschheit übergebe ich mein nunmehr vollendetes Werk.« So begann die im Februar 1844 geschriebene Vorrede, die sich alsbald in neue Schmähungen wider die Gegenwart und die nachkantischen Scheinphilosophien der drei berufenen Sophisten ergoss, unter denen Hegel auf der Leiter der Beschimpfungen noch eine Sprosse, die letzte, aufzusteigen hatte: er hieß jetzt »dieser geistige Kaliban«. Wenn er dann später nur noch als »Unsinnsschmierer«, »plumper Scharlatan«, »Bierwirtsphysiognomie« bezeichnet wurde, so befand er sich schon auf den Sprossen abwärts und Schopenhauer auf dem Wege der Mäßigung. Es herrsche eben jetzt auf dem Gebiete der Philosophie ein Schreiben und Reden in äußerer Regsamkeit, deren versteckte Triebfedern lediglich egoistische Motive und die Rücksichten auf Staat und Kirche seien. Absichten, nicht Einsichten wären der Leitstern »dieser Tumultuanten«. Von Seiten der Regierung werde die Philosophie als Staatsmittel, von Seiten der Philosophen als Erwerbsmittel betrieben; eben darin bestehe der Unterschied zwischen ihm und den Philosophieprofessoren, dass diese von der Philosophie leben, er dagegen für sie.

Diese Tumultuanten? Auf dem Gebiete der Philosophie am Anfang der vierziger Jahre? Darunter können nur Männer gemeint sein wie D. Fr. Strauß, Ludw. Feuerbach, B. Bauer, Fr. Th. Vischer, Arnold Ruge u.a., die, wie man auch sonst über sie und ihre Werke urteilen möge, sämtlich um ihrer Reden und Schriften willen Amt, Stellung und Wirksamkeit einbüßten. Und diese sollen aus Rücksicht auf Staat und Kirche geredet und geschrieben haben? Der Mann, der diese Verleumdungen niederschrieb, war nicht bei Troste. Und was den »Kaliban« betrifft, fortan die typische Bezeichnung Hegels im Munde Schopenhauers, so sind die ersten Worte, welche Shakespeare dieses sein Monstrum ausstoßen lässt, boshafte und verleumderische Schimpfreden, für welche ihn Prospero züchtigt.

Der Ruhm, auch der verdiente, lässt sich nicht erschimpfen. Wenn das möglich wäre, so müsste ihn Schopenhauer durch seine drei letzten Werke in Überfülle gewonnen haben. Aber er blieb völlig unbeachtet, mehr als je. Niemand las den Willen in der Natur; es war »ein Raffael in der Bedientenstube«: so tröstete er sich selbst. Keine Literaturzeitung erwähnte auch nur die beiden Grundprobleme der Ethik, und als er in großer Spannung nach den Erfolgen seines nunmehr vollständigen Hauptwerks sich erkundigte, schrieb ihm der Verleger (den 14. August 1846): »Ich kann Ihnen zu meinem Bedauern nur sagen, dass ich damit ein schlechtes Geschäft gemacht habe, und die nähere Auseinandersetzung überlassen Sie mir wohl«.

2. Die neue Ausgabe der Dissertation

Eben waren die »Ergänzungen« vollendet, als Schopenhauer erfuhr, dass von seiner ersten Schrift kein Exemplar mehr vorhanden sei. Dieselbe war nicht etwa vergriffen, sondern die Rudolstädter Buchhandlung, die sie in Kommission hatte, war in Konkurs geraten und der ganze noch übrige Vorrat jener Doktordissertation eingestampft worden. Nun ließ er eine »zweite, sehr verbesserte und beträchtlich vermehrte Auflage« erscheinen und nahm die Verse des pythagoreischen Schwurs zu deren Motto, indem er die vierfache Wurzel mit der pythagoreischen Tetraktys verglich.182

Die neue Vorrede vom September 1847 brachte wiederum eine Schmährede des nunmehr schon gewohnten Stils: es war das vierte Präludium dieser Art. Der Verfasser blieb von der Wahnidee beherrscht, dass die Philosophieprofessoren eine neidische, wider ihn und seinen Ruhm verschworene Clique bildeten; endlich sei er dahintergekommen, in welche Gesellschaft von Gewerbsleuten und untertänigen Augendienern er geraten, und worauf es bei ihnen eigentlich abgesehen sei. Der Erfolg habe gelehrt, was dabei herauskomme, wenn ein plumper Scharlatan, wie Hegel, zum großen Philosophen gestempelt werde. Die Köpfe der jetzigen Gelehrtengeneration, zum Denken unfähig, roh und betäubt, seien die Beute des platten Materialismus geworden, der aus dem Basiliskenei hervorgekrochen. Solche und ähnliche Ergüsse, welche die schülerhafte und blinde Bewunderung für polemische Meisterstücke und philippische Reden hält, werden von Schopenhauer selbst bei dieser Gelegenheit richtig und treffend charakterisiert, indem er sagt: »Die Indignation quillt mir aus allen Poren«. Er konnte die Galle nicht halten, und es gehörte zu seiner Diät, sie oft und reichlich zu ergießen. Wenn er in seinen Briefen sich auf diese Art erleichtert hat, sagt er wohl: »Jetzt habe ich meine Galle ausgeschüttet, und es ist gut«.183

II. Die erste Anhängerschaft und das letzte Werk
1. Drei Juristen

Allmählich kamen einige Anhänger, die aber in dem Jahrzehnt von 1840 – 1850 die Vierzahl nicht überschritten. Darunter waren drei Juristen: der geheime Justizrat Dorguth in Magdeburg, zehn Jahre älter als Schopenhauer, für dessen Lehre er in einer Reihe von Schriften (1843 – 1854) Propaganda zu machen bestrebt war; er hat »über die falsche Wurzel des Idealrealismus« an seinen Landsmann, den Professor Rosenkranz in Königsberg, ein Sendschreiben gerichtet, worin er Schopenhauer für »den ersten realen Denker der ganzen Literatengeschichte« erklärte; der zweite war der pfälzische Advokat Johann August Becker aus Alzey, der aus dem Studium der Schriften Schopenhauers das Interesse an der Philosophie wiedergewonnen hatte und mit dem Philosophen selbst im Juli 1844 in brieflichen und persönlichen Verkehr trat, er hat diesem stets als einer der gründlichsten Kenner seiner Lehre gegolten; Adam v. Doß war noch Rechtspraktikant, als er den Meister im April 1849 besuchte und durch den schwärmerischen Eifer, den er für seine Lehre an den Tag legte, ganz für sich gewann; er schrieb, um Leser zu werben, Briefe an Personen von Gewicht und Bedeutung, wie Dav. Fr. Strauß und Leopold Schefer, und tat, was er konnte, um Brüder in Schopenhauer zu stiften.

2. Julius Frauenstädt

Aber der eigentliche Jünger und Famulus, der zur wirksamen Ausübung der Propaganda die erforderliche philosophische Schulung und rührige Schreibfertigkeit besaß, fand sich in Julius Frauenstädt, einem Manne jüdischer Abkunft aus Bojanowo, der in den Jahren 1833 – 1836 Philosophie und Theologie in Berlin studiert hatte, ohne je den Namen Schopenhauer zu hören. Um einer psychologischen Arbeit willen las er das Hauptwerk, auf welches der Zufall ihn geführt. In seinen »Studien und Kritiken zur Theologie und Philosophie« schrieb er eine Seite über Schopenhauer; in einem Artikel, der in den Hallischen Jahrbüchern erschien und dem Philosophen Krause gewidmet war (1841), erwähnte er wiederum »den genialen tiefsinnigen Schopenhauer«, der unerkannt und verdunkelt in der Abgeschiedenheit lebe, während er an Geist und Wissen alle anderen überstrahle. Solche Worte waren Balsam für den Frankfurter Einsiedler, der immer lauschte und aufhorchte, ob sein Name genannt werde? wo und wie?

Damals hielt der wieder auferstandene Schelling in Berlin seine Vorlesungen über die Philosophie der Offenbarung und Mythologie, deren Inhalt kennen zu lernen alle Welt gespannt war. Aus seinem nachgeschriebenen Hefte gab Frauenstädt ohne alle Berechtigung eine Darstellung jenes Inhalts, welche Schelling für »das Produkt einer bettelhaften und schmutzigen Buchmacherei« erklärt hat.184

Als Hauslehrer in einer vornehmen russischen Familie185 kam Frauenstädt im Juli 1846 nach Frankfurt und machte nun Schopenhauers persönliche Bekanntschaft, der ihn auf Grund seiner literarischen Verdienste nach Gebühr empfing. Er konnte im Oktober zurückkehren und fünf Monate hindurch den Verkehr mit Schopenhauer pflegen; er ist im September 1847 wiedergekommen und bis in den Dezember geblieben. Es war das dritte- und letztemal. Dann verkehrten beide neun volle Jahre hindurch in ununterbrochenem Briefwechsel.

An diesem 25 Jahre jüngeren Manne gewann Schopenhauer einen Schüler und Jünger, der bewundernd zu ihm emporsah, einen wohl unterrichteten, seiner Werke kundigen Famulus, einen unermüdlichen Leser und Schreiber, mit einem Wort einen literarischen Hausgeist, der im Laufe der Jahre ihm so viel schätzenswerte Dienste erwiesen, dass er denselben zuletzt zum Erben des Hauses, d. h. seiner Werke und seines literarischen Nachlasses ernannt hat.

Man muss Frauenstädts »Memorabilien« und Schopenhauers Briefe an ihn lesen186, um jenem Schein einer düsteren Erhabenheit, worin sich der Einsiedler von Frankfurt so wohl gefiel, jener »solitude of kings«, die er mit Byron gemein haben wollte und auch zuweilen hatte, nicht zu trauen. Man muss hören, wie er den Famulus drängt, auf dem Lesezimmer in Berlin alle Bücher, Blätter und Zeitungen zu durchstöbern und zu prüfen, ob, wo und was über ihn zu lesen steht, mit welcher Ungeduld er diese Nachrichten erwartet, mit welcher Gier er sie verschlingt, welche Klagen und Seufzer er ausstößt, dass jener nicht emsig genug nachgeforscht hat, dass ihm wohl Dreiviertel der gedruckten Lobpreisungen verborgen bleibe; nun berechnet er aus der bekannten Größe die unbekannte, aus der gedruckten Bewunderung die ungedruckte und sieht seinen Ruhm ins Unermessliche wachsen. Man kann ihm nicht genug berichten, was alles die Leute über ihn sagen, schreiben und drucken. Jedes Blatt mit dem Preise seines Namens, heute gedruckt, morgen vergessen, wie es der Wind der Tagesliteratur treibt, ist ihm ein neues Pfand der Unsterblichkeit. Ist das der scharfblickende Denker, der alle Scheinwerte so gründlich durchschaut? das der ausgemachteste, Einsamkeit blickende Pessimist, der Menschenverächter, den jedes elende Menschlein beglückt, wenn es ihn lobt?

Hat aber jemand ihn getadelt oder nicht genug gelobt oder etwa nicht erwähnt oder gar von einem ihm widerwärtigen Philosophen mit Anerkennung gesprochen, da heißt es: »der Lump«, »der Schuft« usw. Wenn er die ihm verhassten Philosophen öffentlich schmäht, lässt er sich vorher von seinem juristischen Freund beraten, wie weit er gehen dürfe, ohne verklagt zu werden. In seinen Briefen schimpft er nach Herzenslust. Wehe dem Famulus, wenn er einmal die Lehre und Werke des Meisters nicht kräftig genug gepriesen, wenn er sie ungenau, inkorrekt, fehlerhaft dargestellt oder gar zu bekritteln den Versuch gemacht, wenn er die verhassten Gegner nicht abschätzig genug verurteilt und nicht mit vollen Backen in die Verdammung der Philosophieprofessoren eingestimmt hat, dann wird er auf das schärfste getadelt, abgekanzelt und heruntergemacht. Aber die Dienste dieses Mannes sind für ihn einzig in ihrer Art, unersetzlich, unentbehrlich. Alsbald besinnt und besänftigt sich Schopenhauer und schreibt als wohlaffektionierter König: »Unser lieber getreuer Dr. Frauenstädt!«

In seinen Memorabilien berichtet dieser den guten Empfang, den er bei Schopenhauer gefunden, und rühmt wiederholt, wie er ihn neben sich auf dem Sofa habe sitzen lassen. Als er aber eines Tages zu ungelegener Stunde eintrat, wurde er angefahren und bedeutet, dass man nicht nach Belieben bei ihm Audienz habe. Wenn er sich dann wieder der vielen Schriften, der Artikel und Artikelchen erinnert, die Frauenstädt schon über ihn geschrieben, wodurch er ihm Leser geworben und erworben hat, dann wird er gerührt und nennt ihn seinen Theophrast und Metrodorus, seinen »apostolus activus, militans, strenuus, acerrimus«. Die Behandlung wechselt zwischen Prügeln und Streicheln, er streichelt mit unsanfter Hand. Am Ende aber wurde er der flackernden und irrlichtelierenden Art seines Famulus so überdrüssig, dass er ihn wie Mephistopheles das Irrlicht behandelte:

Geh er nur gerad’ in Teufels Namen,

Sonst blas ich ihm sein Flackerleben aus!

Nun ging dem andern auch die Geduld aus, und er antwortete mit heftigen Vorwürfen, worauf Schopenhauer die Korrespondenz abbrach (1856), eigentlich für immer; denn der einzige Brief, den er noch drei Jahre später an ihn geschrieben hat, war nur eine Antwort (Dez. 1859). Er hat nicht vergessen, dass er ihm Dank schuldig war, und es durch sein Testament bewiesen. Und Frauenstädt seinerseits hat nicht vergessen, was dem Famulus nützt:

Mit Euch, Herr Doktor, zu spazieren,

Ist ehrenvoll und bringt Gewinn.

Diesen Gewinn hat es ihm reichlich gebracht; der Gewinn war größer als sein Verdienst.

3. Das letzte Werk

Kaum war das Hauptwerk vollständig hergestellt und herausgegeben, als dem Verfasser neue Ergänzungen nötig erschienen, die in Ausführungen teils nebensächlicher, teils einschlägiger in dem bisherigen Werke noch unerledigter Themata bestanden. Jene sollten »Parerga« (Nebenwerke), diese »Paralipomena« (Zurückgebliebenes) heißen. Nach einer sechsjährigen Arbeit (1844 – 1850) war das Ganze in einem so beträchtlichen Umfang vollendet, dass jeder der beiden Teile einen Band für sich ausmachte. Die Parerga bestanden in sechs Abhandlungen, die »Aphorismen über die Lebensweisheit« eingerechnet; die Paralipomena in einunddreißig Kapiteln, wozu noch »einige Verse« kamen. Die Vorrede wurde im Dezember 1850 geschrieben, kurz und ohne Galle; diese hatte sich in dem dritten Stück der Parerga, welches »über die Universitätsphilosophie« handelte, reichlich abgelagert.

Im behaglichen Vollgenuss ungestörter Muße und »imperturbabler Gesundheit und Kraft«, deren er sich nunmehr erfreute, nur in den beiden ersten Morgenstunden nach stets erquickendem Schlaf hatte er an diesen »opera mixta« gearbeitet und sie mit stilistischer Meisterschaft ausgeführt, insbesondere die Paralipomena, seine »Philosophie für die Welt«, wie er sie nannte: eine Reihe von Essais, die jedem Literaturkenner als Muster ihrer Art in deutscher Sprache gelten dürfen. Im Gefühl der Vollendung war er entschlossen, kein neues Buch mehr zu schreiben, und sagte von seinem Werke, wie Hamlet von seinem Schicksal: »Der Rest ist Schweigen«.

Aber jetzt, wo er auf der Höhe seiner schriftstellerischen Laufbahn angelangt war, schien er als Schriftsteller allen Kredit verloren zu haben. Vergebens wurden drei Buchhandlungen, darunter den beiden bisherigen Verlegern, die Parerga und Paralipomena für nichts angeboten. Brockhaus hatte mit der neuen Auflage des Hauptwerks wieder ein so schlechtes Geschäft gemacht, dass er sich genötigt sah, den Preis herabzusetzen.

Endlich nach einigen erfolglosen Bemühungen gelang es seinem Frauenstädt, diese letzten Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen und einen Berliner Buchhändler zur Herausgabe des Werks zu bewegen, das in 750 Exemplaren gedruckt wurde und im November 1851 erschien. Schopenhauer behielt das Recht auf die zweite Auflage und erhielt von der ersten zehn Freiexemplare.187

Es war gewiss kein schwieriges Verdienst, das sich Frauenstädt in dem gegebenen Fall um die Person und Sache Schopenhauers erworben, aber unleugbar einer der wichtigsten Dienste, den er ihm geleistet hat. »Sie sind ein wahrer Treufreund«, schrieb Schopenhauer den 30. September 1850, »et optime meritus de nobis et philosophia nostra, in alle Wege. Herzlichen Dank für Ihre Mühe und Eifer in Herbeischaffung eines Verlegers. Ich hoffe, dass der Mann ein gutes Geschäft macht, da vieles, namentlich die Aphorismen zur Lebensweisheit, die fast den halben ersten Band füllen, sehr populär sind. Aber die Zeitläufe sind schuld, dass man so schwer einen Verleger zu solchen Büchern findet. Alles steckt noch bis über die Ohren in der Politik.«

III. Das Ende des Jahrzehnts
1. Die politischen Stürme

Dass ein tiefer Ruhe und Stille, als des Elementes, in welchem allein die Werke des Genies und des Gedankens reifen können, so bedürftiger und allem Lärm so gründlich abgeneigter Mann, wie Schopenhauer, mit seinem ausgeprägt aristokratischen Selbstgefühl und seiner grenzenlosen Verachtung der Masse die Volksbewegungen der Jahre 1848 und 1849 und den Aufruhr, den sie hervorriefen, gehasst hat, versteht sich nach allem, was wir schon über ihn wissen, wohl von selbst.

Der März 1848 hatte ihn dermaßen in Schrecken versetzt, dass er sogar seine Bücherbestellungen zurücknahm. Als den 11. Juni der Erzherzog Johann einzog, atmete er auf. »Das ist auch recht«, schrieb er an Frauenstädt, »erhebt sich der Sturm, so zieht man alle Segel ein, aber man breitet sie wieder aus, wenn die Sonne hervorkommt. Diese lässt sich hier, eben diesen Augenblick, herrlich sehen als Erzherzog Johann, dessen Einfahrt sogleich die Kanonen verkünden werden. Der Horizont hellt sich überall auf: Vernunft fängt wieder an zu sprechen und Hoffnung wieder an zu blühen, und die Hundsfötter aller Orten machen lange Gesichter.« Aber den Erzherzog, der ihm jetzt als Sonne leuchtete, nannte er sehr bald den »Johann ohne Land«.

Höchst anschaulich und charakteristisch hat er dem dienstfertigen Freund den Aufruhr und die Kämpfe des 18. September geschildert, die ihm bis in sein Zimmer gedrungen waren. »Was haben wir erlebt! Denken Sie sich eine Barrikade auf der Brücke und die Schützen bis dicht vor meinem Haus stehend, zielend und schießend auf das Militär in der Fahrgasse, dessen Gegenschüsse das Haus erschütterten: plötzlich Stimmen und Gebrülle an meiner verschlossenen Stubentür: ich, denkend, es sei die souveräne Canaille, verrammle die Tür mit einer Stange: jetzt geschehen gefährliche Stöße gegen dieselbe, endlich die feine Stimme meiner Magd: ›es sind nur einige Österreicher!‹ sogleich öffne ich diesen werten Freunden: 20 blauhosige Stockböhmen stürzen herein, um aus meinem Fenster auf die Souveräne zu schießen; besinnen sich aber bald, es ginge vom nächsten Haus besser.«188

Als endlich die aufrührerischen Bewegungen unterdrückt und die völlige Ruhe durch Waffengewalt wiederhergestellt war, fühlte er sich den preußischen Kriegern, die den inneren Frieden erkämpft hatten, zu höchstem Dank verpflichtet. Darum ernannte er »den in Berlin errichteten Fonds zur Unterstützung der in den Aufruhr- und Empörungskämpfen der Jahre 1848 und 1849 für Aufrechterhaltung und Herstellung der gesetzlichen Ordnung in Deutschland invalide gewordenen preußischen Soldaten, wie auch der Hinterbliebenen solcher, die in jenen Kämpfen gefallen« durch Testament vom 26. Juni 1852 zu seinem Universalerben.

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9783843800662
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