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Kitabı oku: «Ein Stück Lebensgeschichte, und andere Erzählungen», sayfa 14

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Die zweite Prophezeiung

Es ist im Grand Hotel in Jerusalem, an einem Märzabend des Jahres neunzehnhundert. Ich bin von unserm syrischen Dragoman aus meinem Zimmer gerufen worden, einen Gast zu empfangen. Aber dieser Gast kann nicht in mein Zimmer geführt werden, auch nicht in den großen Empfangssalon. Jemil, der Dragoman, glaubt ihn nicht weiter führen zu dürfen als bis in die Vorhalle des Hotels; und ich muß mich dorthin begeben, ihn zu begrüßen.

Das ist auch nicht zu verwundern, denn mein Gast hat kein einnehmendes Aussehen. Es ist ein alter Neger von einer furchtbar häßlichen Rasse. Mit seinen wulstigen Lippen, den langen Affenarmen, seinem großen plumpen Körper, seiner groben, rindenähnlichen Haut, seinen starken, angeschwollnen Muskeln macht er den Eindruck, als gehöre er jener Menschenwelt an, die vor der Sintflut da war. Und dieser abstoßende Mensch ist nicht in etwas gehüllt, was man Kleider nennen könnte. Er ist in lange, schmutzigweiße Tücher gerollt und gewickelt. Die Füße sind nackt, und über den Kopf hängt ihm ein Zipfel desselben Tuches, das um den Körper geschlungen ist.

Vor einigen Tagen hat Jemil mich und meine Reisegenossin, Frau Sophie Elkan, durch die ehrwürdige alte Moschee El Aksa in Jerusalem geführt, und wir wunderten uns damals, in der Fensternische eines Seitenganges eine schmutzige, zerfetzte Decke ausgebreitet zu sehen. Jemil erklärte uns, daß sich in dieser Fensternische ein Wahrsager aufzuhalten pflege, der den Besuchern Aufklärungen über ihre künftigen Schicksale gebe. Ich bedauerte, daß er nicht auf seinem Platze war. Ich hätte mir gerne von einem richtigen Wahrsager prophezeien lassen, in einem Tempel, der auf demselben Grund errichtet war wie der Salomos.

Und nun hat der Dragoman den Wahrsager aufgesucht und ihn in das Hotel gebracht, damit ich mir wirklich in Jerusalem prophezeien lassen könne.

Es ist nicht so feierlich, sich in der Vorhalle des Hotels wahrsagen zu lassen, wo Diener und Reisende hinaus- und hereinströmen, als es in El Aksa gewesen wäre; aber ich habe keine Wahl. Wir gehen alle drei zu einem Tisch, der in einer Ecke steht. Der Wahrsager zieht einen Beutel hervor, den er unter seinen Tüchern verborgen gehalten hat, knüpft ihn auf und schüttet eine ziemlich dicke Lage grauweißen Sand auf den Tisch, zweifelsohne eine Art Meersand, denn ich sehe, daß eine Menge zerbrochne Muscheln darin sind.

Während ich so stehe und die Vorbereitungen betrachte, muß ich unwillkürlich an die alte Tante Wennervik und ihre Wahrsagekunst denken; und ich bin gespannt, ob dieser schmutzige Neger sich ihr überlegen zeigen werde.

Sowie der Sand ausgebreitet ist, sagt der Wahrsager ein paar Worte auf Arabisch, die der Dragoman ins Englische übersetzt.

»Er bittet die Lady, an etwas zu denken, worüber sie Aufklärung wünscht. Die Lady soll nicht sagen, woran sie denkt, sondern es nur eine Zeitlang in Gedanken festhalten, dann wird sie Antwort bekommen.«

Einen Augenblick stehe ich verdutzt da. Liegt nicht eine unüberbrückbare Kluft zwischen mir und diesem Negerwahrsager? Wir haben in verschiednen Welten gelebt, sind auf verschiednen Pfaden gewandelt. Was sollte ich denken können, das innerhalb seiner Gedankensphäre läge! Während meines ganzen Aufenthalts in Jerusalem habe ich nur an eine einzige Sache gedacht. Ich habe die ganze Reise hierher in das Morgenland einzig und allein unternommen, um schwedische Bauern zu besuchen, die hierher ausgewandert sind und gemeinsam mit einigen Amerikanern eine Kolonie gegründet haben. Ich habe sie hier draußen sehen wollen, um ein Buch über sie zu schreiben.

Und ich bin mehrere Male bei ihnen gewesen, habe an ihrem Tisch gegessen, ihre Schulen besucht, sie in ihren Werkstätten und Küchen arbeiten sehen, ich bin in ihren selbstverfertigten Wagen gefahren, bin auf Teppichen gegangen und habe auf Stühlen gesessen, die sie selbst gemacht haben. Ich habe sie von ihrer Lehre sprechen hören. Ich habe nichts an ihnen gefunden, was nicht gut, ehrlich und aufrichtig gewesen wäre.

Ich war so froh, als ich hier draußen im Morgenlande ihre guten, schwedischen Gesichter erblickte und ihre treuherzigen, schwedischen Worte hörte, daß mir die Tränen in die Augen traten. Ich habe ihrem schönen Gottesdienste beigewohnt, ich habe sie ihre Abschiedslieder an uns, ihre schwedischen Gäste, singen hören. Ich habe sie einig, glücklich, geduldig gefunden, und ich brenne vor Sehnsucht, ein Buch über sie zu schreiben.

Aber zugleich läßt mich vieles befürchten, daß ich nie imstande sein würde, dieses Buch zu schreiben. Jeden Tag kommen mir neue Zweifel und Besorgnisse. Nicht nur, daß der Stoff für meine Kräfte zu schwer ist, – noch eine Menge andre Dinge machen mir Angst. Ich gehe in einem Zweifel, einer Unentschlossenheit umher, die beinahe qualvoll geworden ist.

Es handelt sich für mich um etwas Ernstes. Diese ganze lange Reise wäre vergebens gewesen, wenn ich dieses Buch nicht schreiben könnte. Zeit, Mühe und Geld nutzlos vergeudet … Das ist kein Spaß.

Mich selbst frage ich alle Tage: Wird daraus ein Buch werden können? Wird es je geschrieben werden? Wird irgendein Mensch es lesen wollen?

Aber kann man diesem Neger solche Frage stellen? Hat solch ein Urzeitwesen je ein Buch gesehen? Hat es eine Ahnung davon, was überhaupt ein Roman ist?

Aber da es ja doch nichts andres gibt, was ich in diesem Augenblick wissen wollte, entschließe ich mich, einen Versuch zu machen. Und ich hefte meinen Gedanken auf dieses: »Wird es mir gelingen, ein Buch über die Schweden hier draußen in Jerusalem zu schreiben?«

Der Wahrsager erhebt seine Hand über den Sand, den er vor sich ausgebreitet hat. Er streckt einen dicken Zeigefinger aus, an dem ein Nagel sitzt, der einer Tierkralle gleicht, und macht einige Linien und Löcher, die er dann sehr eingehend betrachtet. Es dauert ziemlich lange, bevor er zu sprechen anfängt. Aber plötzlich wendet er sich an den Dragoman und spricht eine Menge unverständliche Worte.

»Er sagt, daß die Lady an etwas denkt, was sie auf ein Papier schreiben will,« übersetzt Jemil. »Er bittet die Lady, sich nicht zu beunruhigen. Was sie zu tun gedenkt, wird ihr gelingen.«

Ich bin wirklich ein wenig erstaunt. Das sieht aus, als könnte er Gedanken lesen, dieser schmutzige alte Neger.

Er betrachtet mich abwartend, und ich bitte den Dragoman, ihm zu erklären, daß er eine richtige Antwort gegeben habe, und daß ich sehr zufrieden sei.

Sogleich fährt er über den Sand, so daß er wieder ganz glatt daliegt, und bittet mich dann, noch eine stumme Frage zu stellen.

Diesmal besinne ich mich nicht lange. Wir wollen Jerusalem am nächsten Tage verlassen, um nach Nazareth, Tiberius, Damaskus zu reisen. Ich frage nur: »Werden wir eine gute Reise haben? Werden wir alles sehen, was wir zu sehen wünschen?«

Es dauert nicht lange, so beginnt der Wahrsager wieder zu sprechen. Aber er gibt keine Antwort auf meine Frage, sondern bittet mich, ihm meine Hände zu zeigen, meine beiden Hände.

Ich strecke die Hände mit den Handflächen nach oben aus. Der Wahrsager betrachtet sie, macht einen Schritt zurück und erhebt die Arme zum Himmel. Die Worte stürzen über seine Lippen. Er ist offenbar erregt.

»Was gibt es? Was sagt er?« frage ich den Dragoman.

»Er sagt, daß die Lady an einen Weg denkt, der vor ihr liegt,« antwortet dieser, »und er versichert, daß die Lady eine gute Reise haben wird. Er sagt weiter, daß diese Lady Sultan Ibrahim il Kalils und Sultan Solimans Zeichen auf ihren Händen hat. Er sagt, daß dieser Lady alles gelingen wird. Diese Lady hat einen sehr starken Stern.«

Ich bitte den Dragoman, ihm zu versichern, daß ich sehr erfreut über seine Antwort sei, und ich frage nicht weiter, sondern bezahle ihm seinen Frank. Nun ich erfahren habe, daß ich Abrahams und Salomos Zeichen in meinen Händen trage, muß ich ja wohl zufrieden sein.

Während ich in mein Zimmer zurückkehre, denke ich an Tante Wennervik und frage mich, was sie dazu sagen würde.

In demselben Augenblick ist es mir, als wenn eine harte und klare Stimme mir im traulichsten Värmländisch ins Ohr sagte:

»Das mußt du doch wissen, Kind, daß sich diese Orientalen, auch wenn sie in Fetzen gehen und häßlich wie die Affen sind, doch besser darauf verstehen, zu schmeicheln und schöne Dinge zu sagen als wir andern, namentlich wenn es sich darum handelt, ein paar Groschen zu verdienen. Aber auf meine Prophezeiung kannst du dich verlassen. Die ist nicht bezahlt. Reisen wirst du machen, Arbeit wirst du haben, und Bücher schreiben wirst du, und so richtig gesund wirst du nie. Und so wird dein Leben hingehen.«

»Ja, das ist wahr,« antworte ich, »aber du verstehst den Sinn seiner Worte nicht. Er will nur sagen, daß, wem sich in reifen Jahren seine Kindheitsträume erfüllen, das Glück der alten Weisen besitzt und von einem guten Stern geleitet wird.«