Kitabı oku: «Herr und Knecht: Novelle», sayfa 5

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„Und woher kommt das? Weil ich alle meine Gedanken auf das Geschäft richte, weil ich mich anstrenge, weil ich es nicht so mache wie andre Leute, die faulenzen oder sich mit Dummheiten abgeben. Aber ich gönne mir oft nicht einmal in der Nacht den Schlaf. Und selbst wenn's schneit und stürmt, ich fahre doch. Na, da geht denn auch das Geschäft nach Wunsch. Die Leute denken, man könnte so spielend Geld erwerben. Nein, arbeiten muß man, sich den Kopf zerbrechen. Sie bilden sich ein, man könnte durch irgendwelchen Glücksfall in die Höhe kommen. Da, dieser Mironow, der ist jetzt Millionär. Und warum? Gearbeitet hat er, gearbeitet. Dann gibt's einem der liebe Gott. Wenn mich nur Gott gesund erhält.“ Und der Gedanke, daß auch er ein solcher Millionär werden könne wie Mironow, der mit nichts angefangen hatte, dieser Gedanke regte Wasili Andrejitsch so auf, daß er das Bedürfnis verspürte, mit jemand ein bißchen zu reden. Aber es war niemand da, mit dem er hätte reden können. Wäre er nur nach Gorjatschkino hingekommen, dann hätte er mit dem Gutsbesitzer sprechen und dem ein Licht darüber aufstecken können, was er, Brechunow, für ein ausgezeichneter Mensch sei.

„Nun sieh mal an, wie das bläst! Wir werden noch so einschneien, daß wir uns am Morgen gar nicht werden herausarbeiten können,“ dachte er, während er auf die heftigen Stöße des Windes horchte, der den Schnee gegen das Vorderteil des Schlittens peitschte und so stark blies, daß die Bastwand sich bog.

„Es war ein Fehler, daß ich auf Nikita gehört habe,“ dachte er. „Wir hätten weiterfahren sollen; irgendwohin würden wir schon gekommen sein. Und selbst wenn wir wieder nach Grischkino zurückgekommen wären, so hätten wir wenigstens bei Taras übernachten können. Aber nun kann man hier die ganze Nacht sitzen. Ja, ich dachte doch vorhin an etwas Schönes; was war das nur? Richtig, daß Gott einem nur für tüchtige Arbeit etwas gibt, aber nicht den Taugenichtsen, Faulpelzen und Dummköpfen … Aber ich muß ein bißchen rauchen.“ Er setzte sich hin, holte sein Zigarettenetui hervor, legte sich auf den Bauch nieder und beschirmte die Flamme mit dem Schoße des Pelzes gegen den Wind; aber der Wind fand trotzdem seinen Weg und löschte die Streichhölzer eines nach dem andern aus. Endlich gelang es ihm mit besonderer Kunst, eine Zigarette in Brand zu bekommen, und daß er das erreicht hatte, freute ihn gewaltig. Allerdings rauchte weit mehr der Wind als er selbst die Zigarette auf; aber er konnte doch etwa drei Züge tun und kam dadurch wieder in vergnügtere Stimmung. Er streckte sich wieder im Schlitten aus, jetzt mit dem Kopfe nach dem Hinterteil desselben, wickelte sich ein, überließ sich wieder seinen Erinnerungen und Träumereien und versank in Halbschlummer. Aber auf einmal war es ihm, als bekäme er einen Stoß, und er wachte auf. Hatte der Braungelbe ein Maulvoll Stroh unter ihm hervorgezogen, oder war es irgendwelche Aufregung in seinem Innern gewesen – genug, er erwachte, und das Herz begann ihm so schnell und so heftig zu schlagen, daß es ihm schien, als zittere der Schlitten unter ihm. Er öffnete die Augen. Um ihn herum war alles unverändert; nur heller schien es ihm geworden zu sein. „Es tagt,“ dachte er, „es kann nicht mehr lange hin sein bis zum Morgen.“ Aber sogleich fiel ihm ein, daß die größere Helligkeit nur davon herrührte, daß der Mond aufgegangen war. Er richtete sich auf und blickte zuerst nach dem Pferde. Der Braungelbe stand noch immer mit dem Hinterteile gegen den Wind und zitterte am ganzen Leibe. Der mit Schnee bedeckte Sack hatte sich auf der einen Seite umgeschlagen, der Umlaufriemen war schief gerutscht, und der von Schnee bedeckte Kopf mit dem flatternden Haarschopf und der flatternden Mähne war jetzt im Hellen deutlicher sichtbar. Wasili Andrejitsch beugte sich über die Rückwand des Schlittens und blickte nach hinten. Nikita saß noch immer in derselben Stellung da, in der er sich hingesetzt hatte. Die Packleinwand, die er über sich gebreitet hatte, und seine Beine waren dicht mit Schnee bedeckt. „Wenn der Mensch nur nicht erfriert; seine Kleidung ist gar zu schlecht. Dann werde ich noch dafür verantwortlich gemacht werden. Er hat sich auch bei dem Umherlaufen übermäßig angestrengt, und die beste Konstitution hat er sowieso nicht,“ dachte Wasili Andrejitsch und wollte schon dem Pferde den Sack abnehmen und Nikita damit zudecken; aber es war ihm doch zu kalt, um aufzustehen und hin und her zu gehen; auch fürchtete er, das Pferd könne ihm erfrieren. „Wozu habe ich ihn überhaupt mitgenommen? Daran ist nur sie mit ihrer Dummheit schuld,“ dachte Wasili Andrejitsch, in Erinnerung an seine ungeliebte Frau, und streckte sich wieder auf seinem früheren Platze aus, mit dem Kopfe nach dem Vorderteile des Schlittens. „So hat auch mein Onkel einmal eine ganze Nacht im Schnee zugebracht,“ fiel ihm ein, „und es hat ihm nichts geschadet. Aber freilich, Sewastjan,“ hier kam ihm ein anderer Fall ins Gedächtnis, „als man den ausgrub, da war er tot, ganz starr, wie ein geschlachtetes Rind, das man hat steif frieren lassen.“

„Wenn ich in Grischkino über Nacht geblieben wäre, dann wäre das nicht passiert.“ Und nachdem er sich sorgsam eingewickelt hatte, damit die Wärme des Pelzes nirgends verloren ginge und er es überall, am Halse, an den Knien und an den Füßen, warm hätte, schloß er die Augen und versuchte einzuschlafen. Aber trotz aller Bemühungen behielt er immer das Bewußtsein, ja er fühlte sich sogar vollkommen frisch und angeregt. Wieder begann er seine Gewinne zu berechnen, und wieviel Geld ihm andre Leute schuldig waren; wieder prahlte er vor sich selber und freute sich über seine Persönlichkeit und über die Stellung, die er einnahm; – aber jetzt wurden diese vergnüglichen Gedanken fortwährend durch die heranschleichende Angst unterbrochen und durch den Ärger darüber, daß er nicht in Grischkino über Nacht geblieben war. Er drehte sich mehrmals herum und legte sich anders zurecht, in der Absicht, eine bequemere und mehr gegen den Wind geschützte Lage zu finden; aber alles kam ihm unbequem vor; er richtete sich wieder auf, veränderte seine Lage, wickelte sich die Beine ein, schloß die Augen und verhielt sich ruhig. Aber dann machte sich entweder in den zusammengekrümmten Beinen, die in den hohen Filzstiefeln steckten, ein dumpfer Schmerz fühlbar, oder es zog auch irgendwo durch, und so dachte er denn, nachdem er eine kurze Weile so gelegen hatte, wieder mit ingrimmigem Ärger über sich selbst daran, daß er jetzt ruhig in der warmen Stube zu Grischkino liegen könnte, und erhob sich wieder, wälzte sich herum, wickelte sich ein und legte sich wieder anders zurecht.

Einmal kam es ihm vor, als höre er in der Ferne Hähne krähen. Ein Gefühl der Freude stieg in ihm auf; er schlug den Kragen des Pelzes zurück und horchte gespannt; aber wie sehr er auch sein Gehör anstrengte, es war nichts zu hören als das Geräusch des Windes, der um die Deichselstangen pfiff, und das Geräusch des Schnees, der gegen die Bastwand des Schlittens schlug. Nikita saß noch immer so da, wie er sich am Abend hingesetzt hatte; er hatte sich die ganze Zeit über nicht gerührt und seinem Herrn nicht einmal geantwortet, der ihn einige Male angerufen hatte. „Der hat keinen Kummer; er schläft gewiß,“ dachte Wasili Andrejitsch ärgerlich, indem er über die Rücklehne des Schlittens hinüber auf den dicht beschneiten Nikita hinblickte.

So stand Wasili Andrejitsch wohl zwanzigmal auf und legte sich wieder hin. Es schien ihm, als wolle diese Nacht gar kein Ende nehmen. „Jetzt muß der Morgen schon nahe sein,“ dachte er einmal, als er sich erhob und um sich blickte. „Ich will mal nach der Uhr sehen. Ich werde zwar tüchtig frieren, wenn ich meine Umhüllung aufmache; aber wenn ich erfahre, daß es auf den Morgen zugeht, dann wird mir gleich fröhlicher zumute sein. Dann wollen wir auch bald anspannen.“ Im Grunde seines Herzens wußte Wasili Andrejitsch, daß es noch nicht Morgen sein konnte; aber seine Angst wuchs immer mehr, und er wünschte gleichzeitig, sowohl die Wahrheit festzustellen als auch sich selbst zu täuschen. Vorsichtig öffnete er die Haken seines Halbpelzes, steckte die Hand an der Brustgegend hinein und wühlte lange umher, bis er zur Weste gelangte. Mühsam, mühsam zog er seine silberne, mit emaillierten Blumen verzierte Uhr heraus und versuchte zu sehen, wie spät es war. Aber ohne Licht war nichts zu erkennen. Er legte sich wieder auf den Bauch, ebenso wie eine Weile vorher, als er sich die Zigarette anzündete, holte die Streichhölzer heraus und machte sich daran, eines anzustreichen. Diesmal ging er mit größerer Sorgfalt zu Werke: er suchte durch Betasten mit den Fingern dasjenige Hölzchen heraus, welches die größte Phosphormasse hatte, und es gelang ihm gleich beim erstenmal, es zum Brennen zu bringen. Er hielt das Zifferblatt unter die Flamme und betrachtete es: aber er traute seinen Augen nicht; es war erst zehn Minuten über zwölf. Die ganze Nacht lag noch vor ihm.

„O weh, was ist das für eine lange Nacht!“ dachte Wasili Andrejitsch und fühlte, wie ihm ein kalter Schauder über den Rücken lief. Und nachdem er sich wieder zugeknöpft und eingemummt hatte, drückte er sich von neuem in seine Schlittenecke. Plötzlich vernahm er durch das eintönige Brausen des Windes hindurch mit Sicherheit einen neuen Ton, einen Ton von etwas Lebendigem. Dieser Ton schwoll gleichmäßig an, und nachdem er zu vollständiger Deutlichkeit gelangt war, wurde er mit derselben Gleichmäßigkeit wieder schwächer. Es konnte kein Zweifel darüber bestehen, daß es ein Wolf war. Und dieser Wolf heulte in solcher Nähe, daß man, da auch der Wind von dort herüber stand, deutlich hören konnte, wie er durch die Drehung der Kinnlade den Klang seiner Stimme veränderte. Wasili Andrejitsch hatte den Kragen zurückgeschlagen und lauschte mit gespannter Aufmerksamkeit. Der Braungelbe horchte gleichfalls, die Ohren bewegend, angestrengt danach hin und wechselte, als der Wolf mit seinem Geheul aufhörte, die Fußstellung und schnaubte warnend. Von nun an vermochte Wasili Andrejitsch schlechterdings nicht mehr einzuschlafen, ja überhaupt nicht innerlich ruhig zu sein. Wie sehr er sich auch bemühte, an seine Rechnungen, an seine Geschäfte, an seinen Ruhm, seine angesehene Stellung und seinen Reichtum zu denken, so bemächtigte sich seiner doch immer mehr eine furchtbare Angst und drängte alle andern Gedanken zurück, und in alle Gedanken mischte sich der Gedanke ein, warum er nicht über Nacht in Grischkino geblieben sei.

„Was scher ich mich um den dummen Wald; meine Geschäfte gehen, Gott sei Dank, auch ohne ihn gut. Ach, wenn ich doch ein Nachtlager unter Dach und Fach hätte!“ sagte er zu sich selbst. „Man sagt, daß Betrunkene am leichtesten erfrieren,“ dachte er, „und ich habe ziemlich stark getrunken.“ Und während er nun auf seine Empfindungen achtete, fühlte er, daß er zu zittern anfing, ohne selbst zu wissen, weswegen er zitterte, ob vor Kälte oder vor Furcht. Er versuchte, sich einzumummen und dazuliegen wie vorher; aber er war nicht mehr imstande, das zu tun. Es war ihm unmöglich, ruhig auf einem Fleck zu bleiben; es verlangte ihn, aufzustehen und irgend etwas zu unternehmen, um die in ihm aufsteigende Angst, gegen die er sich machtlos fühlte, zu übertäuben. Er holte wieder die Zigaretten und die Streichhölzer hervor; aber es waren nur noch drei Streichhölzer übrig, und die waren sämtlich schlecht. Bei allen dreien rieb sich die Zündmasse ab, ohne daß sie Feuer gefangen hätten.

„Hol dich der Teufel, verfluchtes Biest! Fort mit dir!“ schimpfte er, ohne selbst zu wissen, auf wen, und schleuderte die verdrückte Zigarette von sich. Auch das Streichholzschächtelchen wollte er schon wegschleudern; aber er hemmte noch diese Bewegung seiner Hand und schob das Schächtelchen in die Tasche. Es überkam ihn eine solche Unruhe, daß er nicht länger an seinem Platze bleiben konnte. Er stieg aus dem Schlitten, stellte sich mit dem Rücken gegen den Wind und band sich seinen Gurt anders um, nämlich recht tief unten und recht fest.

„Wozu soll ich hier liegen und auf den Tod warten? Ich will mich auf das Pferd setzen, und dann vorwärts!“ Dieser Gedanke schoß ihm auf einmal durch den Kopf. „Mit einem Reiter wird dem Pferde die Kraft nicht versagen. Ihm,“ dachte er mit Bezug auf Nikita, „kann es ganz gleich sein, ob er stirbt. Was hat er für ein Leben! Um ein solches Leben kann es ihm nicht leid sein. Aber ich habe, Gott sei Dank, so viel, daß ich mein Leben genießen kann …“

Er band das Pferd los, warf ihm die Zügel auf den Hals und wollte aufsteigen; aber es mißglückte ihm. Dann stellte er sich auf den Schlitten und wollte vom Schlitten aus aufsteigen. Aber der Schlitten schwankte unter seinem Gewichte, und er kam wieder nicht hinauf. Beim dritten Male stellte er das Pferd wieder dicht neben den Schlitten, und indem er vorsichtig auf den Rand des Schlittens trat, gelang es ihm endlich insoweit, daß er mit dem Bauche über den Rücken des Pferdes zu liegen kam. Nachdem er so ein Weilchen still gelegen hatte, schob er sich einmal und noch einmal vorwärts und brachte endlich das Bein über den Rücken des Pferdes hinüber; er setzte sich zurecht und stützte sich mit den Füßen in Ermangelung von Steigbügeln auf den langen Umlaufriemen. Nikita war von dem Stoße, den ihm der schwankende Schlitten versetzt hatte, aufgewacht und richtete sich auf; und es kam Wasili Andrejitsch so vor, als ob er etwas sagte.

„Das fehlte noch, daß man täte, was einem solche Dummköpfe raten! Na ja, ich soll wohl hier um nichts und wieder nichts umkommen?“ rief Wasili Andrejitsch, schob sich die auseinanderflatternden Schöße seines Pelzes unter die Knie, wendete das Pferd um und trieb es an, vom Schlitten weg in der Richtung, wo nach seiner Meinung der Wald und das Wächterhäuschen sein mußten.

VII

Nikita hatte von dem Augenblicke an, wo er sich mit der Packleinwand eingehüllt und sich hinter der Hinterwand des Schlittens hingesetzt hatte, dagesessen, ohne sich zu rühren. Wie alle Menschen, die mit der Natur leben und die Not kennen, war er geduldig und konnte Stunden, ja Tage lang ruhig warten, ohne in Unruhe oder Erregung zu geraten. Er hatte gehört, wie sein Herr ihn vorhin einige Male angerufen hatte; aber er hatte nicht geantwortet, weil er sich nicht bewegen mochte.

Der Gedanke, daß er in dieser Nacht sterben könne, ja aller Wahrscheinlichkeit nach werde sterben müssen, kam ihm gleich damals, als er sich hinter dem Schlitten niedersetzte. Obgleich ihm von dem getrunkenen Tee und von der starken Bewegung beim Herumwaten durch die Schneewehen noch warm war, so wußte er doch, daß diese Wärme nicht lange vorhalten und er nicht mehr imstande sein werde, sich durch Bewegung zu erwärmen, weil er sich entsetzlich müde fühlte. Er fühlte sich in demselben Zustande wie ein Pferd, das völlig den Dienst versagt und erst gefüttert werden muß, um wieder weiterarbeiten zu können. Außerdem war ihm der eine Fuß in dem zerrissenen Stiefel ganz erstarrt, und er fühlte an ihm die große Zehe nicht mehr. Und auch am ganzen Körper fror er immer heftiger.

Der Gedanke, daß er in dieser Nacht sterben werde, erschien ihm weder besonders traurig noch besonders furchtbar. Besonders traurig konnte ihm dieser Gedanke nicht erscheinen, weil sein ganzes Leben ganz und gar nicht ein ununterbrochener Festtag, sondern vielmehr ein steter Frondienst gewesen war, von dem er müde zu werden anfing. Auch besonders furchtbar war ihm dieser Gedanke nicht, weil er, abgesehen von den Brotherren, denen er, wie jetzt diesem Wasili Andrejitsch, hier auf Erden diente, sich von dem höchsten Herrn abhängig fühlte, von Ihm, der ihn in dieses Leben gesandt hatte, und weil er wußte, daß er, auch wenn er sterbe, in der Hand dieses Herrn bleibe, und daß dieser Herr ihm nichts Übles tun werde.

„Es kann einem ja leid tun, so alles zu verlassen, worin man sich eingelebt und woran man sich gewöhnt hat. Na, aber was ist zu machen? Dann muß man sich eben auch an das Neue gewöhnen.“

„Und die Sünden?“ dachte er auf einmal und erinnerte sich an seine Trunksucht, an das vertrunkene Geld, und wie er seine Frau geschimpft und mißhandelt und oft die Kirche versäumt und die Fasten nicht gehalten hatte, und an alles, was ihm sonst noch vom Popen in der Beichte zum Vorwurf gemacht worden war. „Gewiß, das sind Sünden. Aber habe ich die denn selbst verschuldet? Offenbar hat mich doch Gott so geschaffen. Na ja, mögen es Sünden sein. Was soll ich nun dabei tun?“

So überlegte er das, was ihm in dieser Nacht zustoßen konnte, und nachdem er über diesen Punkt dergestalt mit sich ins reine gelangt war, überließ er sich allerlei Gedanken und Erinnerungen, die ihm von selbst in den Kopf kamen. Er dachte daran, wie Marfa gekommen war, und wie die Knechte sich betrunken hatten und er sich geweigert hatte mitzutrinken, und dann wieder an die jetzige Fahrt, und an die Stube im Hause des Bauern Taras, und an die Gespräche über die Wirtschaftsteilungen, und an seinen Sohn, und an den Braungelben, der es jetzt unter der Decke warm habe, und an seinen Herrn, der sich so unruhig umherwälze, daß der Schlitten knarre. „Ich meine, dem guten Manne tut es jetzt selbst leid, daß er gefahren ist,“ dachte er. „Von einem so angenehmen Leben mag man nicht gern Abschied nehmen; das ist eine andere Sache wie bei unsereinem.“ Und alle diese Erinnerungen und Gedanken begannen sich in seinem Kopfe zu vermengen und wirr durcheinander zu schlingen, und er schlief ein.

Als aber Wasili Andrejitsch beim Besteigen des Pferdes den Schlitten ins Schwanken brachte und die Hinterwand, an die sich Nikita mit dem Rücken lehnte, zurückwich und er von der einen Kufe einen Stoß in den Rücken bekam, da wachte er auf und sah sich, ob er nun wollte oder nicht, genötigt, seine Lage zu verändern. Mit Mühe streckte er die Beine gerade, schüttelte den Schnee von ihnen ab und erhob sich; sofort aber durchdrang auch eine peinigende Kälte seinen ganzen Körper. Nachdem er begriffen hatte, was vorging, kam ihm der Wunsch, Wasili Andrejitsch möchte ihm den Sack dalassen, den das Pferd nun nicht mehr nötig hatte, damit er sich mit ihm zudecken könne, und er rief ihm das zu.

Aber Wasili Andrejitsch hielt sich nicht länger auf und verschwand in dem stäubenden Schnee. Allein zurückgeblieben, überlegte Nikita einen Augenblick lang, was er nun tun solle. Wegzugehen und nach einer menschlichen Wohnung zu suchen, dazu fühlte er nicht mehr die Kraft in sich. Auch sich wieder auf seinen alten Platz zu setzen war nicht mehr möglich: der war schon ganz von Schnee bedeckt. Im Schlitten aber, das fühlte er, würde er sich nicht warm halten können, weil er nichts hatte, um sich zuzudecken, und sein Mantel und sein Pelz ihn gar nicht wärmten. Er fror, als wäre er im bloßen Hemde. So stand er ein Weilchen und überlegte; dann seufzte er, und ohne die Packleinwand vom Kopfe zu nehmen, legte er sich im Schlitten auf den Platz, den vorher sein Herr eingenommen hatte.

Er ballte sich unten am Boden des Schlittens zu einem möglichst kleinen Klumpen zusammen, konnte aber schlechterdings nicht warm werden. So lag er etwa fünf Minuten lang, am ganzen Leibe zitternd; dann ging das Zittern vorüber, und er verlor allmählich das Bewußtsein. Ob er sterbe oder einschlafe, das wußte er nicht; aber er fühlte sich in gleicher Weise zu dem einen wie zu dem andern bereit. Nur ganz unklar dachte er: „Wenn es Gott gefällt, daß ich noch einmal hier in dieser Welt lebend aufwache und wie früher als Knecht lebe und immer in derselben Weise fremde Pferde pflege und fremden Roggen nach der Mühle fahre und in derselben Weise mich betrinke und das Trinken abschwöre und in derselben Weise meinen Arbeitsverdienst meinem Weibe und diesem Böttcher hingebe und in derselben Weise darauf warte, daß mein Sohn heranwächst: so geschehe Sein heiliger Wille. Und wenn es Gott gefällt, daß ich in einer andern Welt erwache, wo alles ebenso neu und beglückend sein wird, wie mir hier auf Erden in meiner ersten Kindheit die Liebkosungen meiner Mutter und das Spielen mit anderen Kindern und das Schlittenfahren im Winter und die Wiesen und die Wälder neu und beglückend waren, und daß für mich ein anderes, neues, wunderbares Leben beginne: so geschehe Sein heiliger Wille.“ Dann verlor Nikita völlig das Bewußtsein.

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23 mart 2017
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