Kitabı oku: «Das Feuer der Werwölfe», sayfa 3
"Dein Vater ist mir scheißegal. Sag mir jetzt endlich was das alles soll!" Mali konnte nur noch mit Mühe die Tränen zurückhalten.
Unten schlug die Haustüre zu. Plötzlich wirkte Damian gehetzt. Wie ein aufgescheuchtes Tier sprang er auf.
"Mein Vater", keuchte er.
Wie ein in die Ecke gedrängtes Tier sah er sich hektisch um dann machte er ein Schritt auf Mali zu und packte sie am Arm.
"Hey!", empörte sie sich.
"Pst!", zischte Damian.
Mit einem flehenden Blick sah er Mali an.
"Bitte, du musst jetzt mitspielen."
Mali kochte vor Wut. "Wieso sollte ich? Du hältst mich hier gefangen und denkst ich mache genau das was du sagst? Da hast du dich gewaltig geschnitten."
Auf der Treppe waren Schritte zu hören. Dann eine tiefe Stimme: "Damian, bist du da oben? Ich habe doch gesagt, dass du nicht zu ihr sollst. Sie ist gefährlich."
Damian geriet in Panik. Irgendwie tat er Mali leid. Doch sie hatte die Schnauze voll davon, immer mitspielen zu müssen. Sie wollte endlich wissen, was hier los war.
„Sag mir endlich was hier los ist“, forderte sie kühl.
"Ok", willigte Damian ein. "Wenn du jetzt mitspielst, bringe ich dich hier raus und erkläre dir alles. Versprochen."
Mali nickte kurz und knapp. Sie wusste nicht warum, doch sie war sich sicher, dass er sein Wort halten würde.
"Danke" flüsterte Damian.
Dann passierte alles sehr schnell. Er ließ sich nach vorne auf Mali fallen. Sie hatte keine Zeit mehr zu reagieren. Der Angriff kam zu schnell, zu unerwartet. Mit einem leisen Aufschrei ging sie zu Boden. Damian zog ein Seil aus der Hosentasche und band ihr die Arme hinter dem Rücken zusammen. Sein Knie hielten ihre Beine gefangen. Mali war unfähig sich zu rühren. Damian war viel stärker als sie. Gegen ihn hatte sie keine Chance.
"Hey!", protestierte sie. Und versuchte sich frei zu strampeln. "Lass mich sofort los!"
"Bitte.“ Damian sah sie wieder mit diesem flehenden Blick an. Dann zog er ein Taschentuch aus der Tasche und stopfte es Mali als Knebel zwischen die Zähne. Mit einem weiteren Seil band er noch ihre Füße zusammen. Genau in dem Moment wurde die Tür aufgerissen. Damian fuhr herum. In der Tür stand ein großer Mann. Es war derselbe Mann, der Mali verfolgt hatte. Und es war derselbe Mann, der Malis Mutter erschossen hatte. Mali hatte das Gesicht sofort wiedererkannt. Und es glich dem von Damian fast aufs Haar. Man sah ganz deutlich, dass der Mann Damians Vater war. Damians Vater hatte ihre Mutter erschossen, nicht Damian. Mali musste würgen.
Damian sah sie an und legte hinter seinem Rücken, für seinen Vater unsichtbar, eine Hand auf ihr Bein, um sie zu beruhigen. Ganz sachte streichelte er ihr Bein mit seinem Daumen. Und zu ihrem Erstaunen beruhigte Mali sich fast sofort. Was zur Hölle stellte er mit ihr an? Verärgert schüttelte Mali seine Hand ab. Er hatte ihre Mutter zwar nicht umgebracht, doch er war der Sohn eines Mörders. Sie konnte es sich nicht leisten ihm zu vertrauen. Das kleine bisschen Vertrauen, das sie ihm schon entgegengebracht hatte, hatte Damian schon vernichtet. Wie hatte sie nur annehmen können, dass er sie wirklich hier rausbrachte?
"Was hast du hier zu suchen, Damian", donnerte Damians Vater jetzt. "Sie ist gefährlich. Sie könnte dir etwas antun."
Damian lachte trocken auf.
"Mir etwas antun? Sie liegt hier geknebelt und zu einem Päckchen verschnürt. Wie zur Hölle, soll die mir was antun!"
"Rede nicht so mit mir!", schrie sein Vater. Er holte aus und gab seinem Sohn eine schallende Backpfeife.
Mali gab einen erstickten Laut von sich. Die Erinnerung überflutete sie. Auch sie hatte die gleiche Ohrfeige von ihm erhalten.
"Halt die Klappe", schimpfte der Mann an sie gewandt und Mali verstummte augenblicklich. Dann zog er Damian auf die Füße und verließ mit ihm zusammen das Zimmer. Er schloss hinter ihnen ab.
Jetzt war Mali wieder alleine. Und sie wusste noch weniger als zuvor, lag hier zusammengeschnürt und geknebelt und konnte sich nicht einmal bewegen. Ihre Beine schliefen allmählich ein. Wie hatte sie nur so dumm sein können und auf Damian hereinfallen können. Damian hatte sie in das Haus seines Vaters gebracht. Seinem Vater, der sie umbringen wollte, direkt vor die Füße gesetzt. Sie hatte sich von ihm um den Finger wickeln lassen. Wie hatte sie nur so dämlich sein können und ihm vertrauen können? Jetzt lag sie hier gefesselt und war nur noch ein leichtes Spiel für Damians Vater. Er musst nur seine Waffe auf sie richten und abdrücken. Sie konnte sich nicht mal wehren. Sie konnte nichts tun als warten. Warten, dass Damians Vater endlich kam und sie erschoss. Sie hatte schließlich nichts anderes verdient als das. Wie hatte sie nur so dumm sein können. Sie hatte doch tatsächlich geglaubt, Damian würde ihr helfen.
Erschöpft ließ sie den Kopf auf den Boden sinken und schloss die Augen. Wenige Minuten später war sie auch schon eingeschlafen.
Am nächsten Morgen wachte Mali davon auf, dass jemand leise die Tür öffnete. Panisch versuchte sie sich so zu drehen, dass sie die Tür im Blick hatte. Ein stechender Schmerz fuhr durch ihre Hüfte, die in einem komischen Winkel zusammengeschnürt gewesen war. Ihre Beine waren eingeschlafen und kribbelten unangenehm. Mali musste ein Wimmern unterdrücken. Die Tür öffnete sich ganz und im Türrahmen erkannte Mali eine dunkel gekleidete, große Person. Mali blinzelte. Sie konnte nicht erkennen, wer die Person war. Als diese jedoch einen Schritt auf Mali zumachte, erkannte sie Damian und seufze zu ihrem Unwillen erleichtert auf. War er hier, um sein Versprechen zu halten? Um sie doch noch zu befreien? Das konnte Mali fast nicht glauben. Und doch kam Damian zu ihr und löste ihre Fesseln. Den Knebel zog sie sich dann selbst aus dem Mund.
„Was sollte das denn jetzt bitte schön, was habe ich dir getan?“
„Pst.“, Damian sah sich erschrocken um. „Nicht so laut. Sonst hört mich mein Vater.“
„Dein Vater weiß nicht, dass du bei mir bist?“, fragte Mali verunsichert. Konnte sie seinen Worten Glauben schenken?
„Nein, und er soll es auch nie erfahren“, antwortete Damian leise. „Deswegen wäre ich dir sehr dankbar, wenn du etwas leiser sein könntest.“
„Was hast du vor?“ Mali streckte vorsichtig ihre Beine aus und ein scharfer Schmerz durchzuckte sie. Jetzt fing auch noch das andere Bein an zu kribbeln. Mit den Händen rieb sie sich über die Handgelenke, dort wo ihr die Fesseln in die Haut eingeschnitten hatten. Rote Striemen zogen sich über ihre Handgelenke, doch nach Malis Urteil waren sie nicht tief genug, um Narben zu hinterlassen. Das war gut. Die Striemen würden in drei oder vier Stunden nicht mehr zu sehen sein. Damian streckte ihr eine Hand hin und half ihr auf. Mali schwankte leicht, doch sie schaffte es stehen zu bleiben und nicht umzufallen.
Damian ging zum Fenster. Er öffnete als erstes das Fenster selbst und dann den Rollladen, indem er einem Code in das Tastenfeld eingab. Mit einem leisen Quietschen, er war schon längere Zeit nicht mehr geölt worden, wurde er noch oben gezogen.
„Meinst du, du schaffst es aus dem Fenster zu klettern?“, fragte er flüsternd.
Mali nickte nur. Was hatte er vor? Wollte er wirklich mit ihr aus dem Fenster springen? Aus dem dritten Stock? Wie verrückt war das denn bitte schön. Doch Mali wusste auch, dass es ihre einzige Chance war. Sie musste Damian vertrauen. Also trat sie entschlossen neben ihn ans Fenster.
„Und du willst mich hier jetzt wirklich rausholen? Egal was dein Vater davon denkt?“, fragte sie immer noch nicht ganz überzeugt. Sie fragte sich, ob er nur wieder ein nächstes Spielchen mit ihr spielte und sie auf direktem Weg zu seinem Vater brachte. Doch andererseits hätte er das auch einfacher haben können. Mali wusste, dass sie auf ihr Vertrauen zu ihm angewiesen war, wenn sie die Chance ergreifen wollte von hier zu fliehen. Sie durfte jetzt nicht zweifeln.
„Ja was denn sonst?“, antwortete Damian in diesem Moment. „Und mein Vater ist mir egal. Der erlaubt mir sowieso nichts“, fügte er bitter hinzu.
„Und das ist nicht irgendeine Falle?“, fragte Mali trotzdem. „Du lockst mich nicht hier raus und um die Ecke wartet dann dein Vater, bereit mich umzubringen?“
Damian sah Mali ernsthaft schockiert an.
„Das ist es also, was du von mir denkst?“
Mali konnte sehen, wie verletzend der Gedanke für ihn sein musste. Vielleicht war er ja wirklich nur nett und wollte ihr helfen. Sie sollte ihm mehr Vertrauen schenken. Es tat ihr wirklich leid, ihn so verletzt zu haben.
„Nein, nein“, meinte sie schnell. „So habe ich das nicht gemeint. Aber weißt du, dein Vater hat meine Mutter“ Sie zögerte kurz. „umgebracht“, presste sie hervor. Dann sprach sie ganz schnell weiter. An ihre Mutter zu denken, tat ihr immer noch weh.
„Und dann hat er mich verfolgt, um mich ebenfalls umzubringen. Da ist es schwer Vertrauen zu haben und nicht bei jeder Möglichkeit eine Falle zu vermuten. Das musst du doch auch verstehen, oder?“
Sie sah Damian erwartungsvoll an, in der Hoffnung, dass… Ja das was eigentlich? Dass diese Worte ihn glücklich machen würden? Den verletzenden Satz ausradieren würden? Mali seufzte und drehte sich zum Fenster, bereit die Flucht zu wagen und Damian zu vertrauen. Damian der immer noch kein Wort sagte drehte sich auch wieder dem Fenster zu.
Eine Weile starrten sie beide nur aus dem Fenster. Dann räusperte sich Mali und fragte mit einem Krächzen: „Können wir dann gehen?“
Damian schien wie aus einer Trance zu erwachen. Verwirrt, wie um festzustellen, wer gerade gesprochen hatte, sah er sich um.
„Ähm, ja natürlich. Klar doch.“
Er stellte sich direkt unter das Fenster und formte seine Hände zu einer Räuberleiter. Mali stieg hinein und schwang ihr linkes Bein über den Rahmen. Dann kletterte sie nach draußen und setzte sie sich auf den kleinen Vorsprung, der draußen direkt unterhalb des Fensterrahmens angebracht war. Er war nicht sehr breit, doch immerhin breit genug, dass sie sich einigermaßen sicher fühlte, als sie darauf saß. Sie rutschte ein Stück zur Seite, um Damian Platz zu machen und sah dann nach unten. Es ging etwa zehn Meter in die Tiefe und unwillkürlich rutschte Mali wieder ein Stück zurück ins Zimmer. Was hatte sie auch erwartet. Schließlich befanden sie sich im dritten Stock, direkt unter dem Dach.
„Keine Angst, du schaffst das.“ Damian war plötzlich neben ihr aufgetaucht. Ohne ein Geräusch zu machen, war er neben Mali auf den Fenstersims geklettert.
„Siehst du das Regenrohr da?“ Er zeigte mit dem Arm links neben sich auf ein altes, verrostetes Regenrohr, das etwa einen halben Meter vom Fenstersims entfernt in die Tiefe führte.
„Ich gehe vor und fang dich zur Not auf. Wenn es dir zu anstrengend ist, dann kannst du im ersten Stock, auf diesem kleinen Sockel da unten, kurz Pause machen, alles klar?“
Damian sah Mali abwartend an. Mali konnte nicht nicken. Die Angst lähmte sie.
„Und dieses Regenrohr hält mich?“, brachte sie mit einem Krächzen hervor. Ein kleines hysterisches Lachen bahnte sich den Weg von Malis Kehle nach draußen.
„Das ist doch bestimmt schon ein halbes Jahrhundert alt. Wahrscheinlich zerfällt es in lauter Einzelteile, wenn ich es auch nur berühre.“
Damian lachte leise.
„Keine Sorge, das ist stabiler als es aussieht. Das kannst du mir glauben. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass ich auf diesem Weg aus dem Haus gehe.“
Mit einem geschmeidigen, katzenähnlichen Sprung schwang er sich an das Regenrohr und kletterte in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit daran herunter. Das Rohr gab ein wenig vertrauenerweckendes Quietschen von sich, doch es schien zu halten.
In der Tat sah es so aus, als ob es nicht das erste Mal gewesen wäre, dass Damian an dem Regenrohr hinuntergeklettert war. Mali fragte sich im Stillen, was für Gründe es geben könnte, dass man in seinem eigenen Haus aus dem Fenster klettert und an einem Regenrohr hinunterrutscht, um aus dem Haus zu gelangen.
Sie sah zu dem Rohr hinüber und ganz plötzlich kam es ihr unendlich weit weg vor. Sie würde springen müssen, um es zu erreichen. Damian hatte sich nur ein ganz kleines bisschen von dem Fenstersims abstoßen müssen, es hatte so leicht ausgesehen. Doch Mali wurde plötzlich bewusst, dass sie mindestens fünfzehn Zentimeter kleiner war als er. Bei dem Sprung könnte sie abrutschen, in die Tiefe stürzen und sich das Handgelenk brechen. Sie könnte das Rohr aus Versehen loslassen und würde sie nicht nur das Handgelenk, sondern mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit alle Knochen brechen, wenn sie denn überhaupt noch leben würde. Konnte man einen Sturz aus dem dritten Stock überleben? Höchstwahrscheinlich nicht, dachte Mali verbittert.
Von unten sah Damian erwartungsvoll zu ihr hoch und gab ihr minder hilfreiche Tipps.
„Du musst dich nur leicht abstoßen und dann das Rohr ganz festhalten, sonst fällst du runter.“
Ach, was du nicht sagst, dachte Mali bissig.
Nichtsdestotrotz fixierte sie das Rohr und machte sich zum Absprung bereit. Sie saß in der Hocke auf dem Fenstersims. Mit einer Hand hielt sie sich am Fensterrahmen fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und schon vor dem Sprung in die Tiefe zu stürzen.
In ihrem Kopf lieferten sich zwei Gedanken eine Rauferei darum, welcher ihren Kopf besetzen würde. Der erste war: Spring, du schaffst das. Glaub an dich. Der zweite eher nicht ermutigend, nämlich, du wirst dir alle Knochen brechen, wenn nicht sogar sterben.
Bevor eine der Gedanken gewonnen hatte, beschloss Mali zu springen. In ihrem Kopf zählte sie bis drei. Eins. Zwei. Drei. Auf drei stieß sie sich so kräftig vom Fenstersims ab, wie sie nur konnte. Im Flug streckte sie die Arme aus, um nach dem Regenrohr, das immer schneller auf sie zugeflogen kam, zu greifen. Wie von selbst schlossen sich ihre Hände um das Rohr und klammerten sich daran fest. Mali hatte etwas zu viel Schwung geholt. Verzweifelt diesen Schwung abzufedern, so dass sie nicht am Rohr vorbeiflog, rutschten ihre Hände ein Stück an dem Regenrohr herunter. Mit einem Schrei, unfähig ihren Fall entlang des Regenrohrs zu verhindern, rutschte Mali immer weiter in die Tiefe. Ihre Handflächen, die sie immer noch an das Regenrohr gepresst hielt, brannten, als sie daran herunterrutschten. Jedoch bremsten sie Mali so weit, dass sie fast sanft von Damian unten aufgefangen wurde. Mali keuchte erleichtert auf.
„Das müssen wir noch mal üben“ Damian lachte leise. Dann stellte er Mali auf ihre eigenen Füße und nahm sie bei der Hand. Er zog sie hinter sich her die Straße hinunter.
Plötzlich hörten sie einen Schrei. Es war Damians Vater. Er hatte ihre Flucht bemerkt und stand jetzt im Türrahmen. In der Hand hielt er zu Malis Entsetzen eine Pistole. Sie hatte nur kurz einen Blick über die Schulter geworfen, was jedoch nicht stehen geblieben. Sie musste es bis zu der Ecke da vorne schaffen, dann könnte Damians Vater nicht auf sie schießen.
„Bleibt sofort stehen, oder ich schieße“, schrie er ihnen hinterher. Doch sie beide dachten gar nicht daran.
Plötzlich knallte es direkt neben Mali. Sie schrie laut auf. Damians Vater hatte tatsächlich auf sie geschossen. Er hatte tatsächlich auf seinen eigenen Sohn geschossen. Die Kugel hatte sie beide nur knapp verfehlt.
Damian zog an Malis Arm und sie rannten nur noch etwas schneller. Damian fluchte leise, als die nächste Kugel neben ihnen einschlug. Sie liefen jetzt im Zick Zack, um ein nicht so leichtes Zeil für die Pistole abzugeben.
„Das werde ich dir nie verzeihen, du Verräter“, schrie Damians Vater jetzt. „Ich bring dich um, wenn ich dich in die Finger kriege!“
Er schoss noch wieder. Zwei Kugeln schlugen in die Hauswand neben ihnen ein.
Da die Ecke, es waren noch fünf, vier, drei Meter.
Sie bogen gerade um eine Ecke, als eine Kugel in die Hauswand hinter ihnen einschlug und kleine Splitter regnen ließ. Die Schreie von Damians Vater wurden leiser, und obwohl sie sich sicher waren, dass er sie nicht verfolgte, rannten sie immer noch.
Um eine Ecke, dann um eine weiter, dann noch eine. Mali hatte die Orientierung verloren, doch sie ließ sich von Damian leiten. Scheinbar hatte er ein Ziel.
Mali keuchte schwer. So ein Sprint war ihre Ausdauer nicht gewohnt und sofort zogen sich ihre Lungenflügel krampfhaft zusammen, um nach Luft zu schnappen. Damian machte jedoch erst langsam, als sie vor einer kleinen baufälligen Scheune standen. Sie mussten sich inzwischen schon etwas außerhalb der Stadt befinden, denn Mali hatte diese Scheune noch nie bewusst wahrgenommen. Es war ein Schuppen, in der Größe eines kleinen Unterstandes für Tiere. Und genauso roch er auch. Als Damian die quietschenden Scheunentore öffnete schlug Mali sofort der Geruch von Bauernhof ins Gesicht. Die Scheune war jedoch leer. Überall lag Stroh und Heu, auch auf dem kleinen Heuboden. Die kleine Leiter, die auf den Boden hinaufführte, sah vertrauenerweckender aus als das Regenrohr fand Mali und kletterte beruhigt hinauf als Damian ihr offenbarte, dass das ihr Nachtlager werden würde.
Mali wunderte sich inzwischen über fast nichts mehr. In weniger als ein paar Tagen war ihr Leben so aus den Fugen geraten, dass es ihr nur recht war, wenn jemand anderes die Entscheidungen traf. Sie war sehr müde und freute sich darauf, schlafen zu können, auch wenn es nur ein paar Stunden auf einem Heuhaufen bedeutete. Damian folgte ihr, als er sich vergewissert hatte, dass das Scheunentor verriegelt war. Er setzte sich neben Mali ins Heu.
„Hier wird uns niemand finden“, sagte er. Dessen war sich Mali ebenfalls sicher.
Auch wenn sie gerne sofort die Augen geschlossen hatte, war sie doch neugierig, wie es weitergehen sollte.
„Was ist der Plan?“, fragte sie deshalb.
Damian schwieg eine Weile. Mali erwartete schon wieder keine Antwort zu bekommen, als er sich schließlich doch noch räusperte.
„Der eigentliche Plan war, dich hier abzuliefern, dann kannst du dorthin gehen, wohin du willst und ich würde wieder zu meinem Vater zurückkehren. Er würde nie etwas davon bemerken, dass ich dir zur Flucht verholfen hätte. Ich hätte am Morgen einfach gesagt, dass ich keine Ahnung hätte, wo du seist und, dass du wohl aus dem Fenster abgehauen bist. Jetzt, wo mein Vater durch deinen Schrei auf deine Flucht aufmerksam geworden ist, muss ich wohl oder übel hierbleiben. Zurück kann ich jetzt jedenfalls nicht mehr. So viel ist klar. Mein Vater reißt mir den Kopf ab, wenn ich mich wieder blicken lasse, das hast du ja gehört.“
Mali sah betreten zu Boden.
„Tut mir leid“, murmelte sie leise.
„Ist schon ok.“ Damian zuckte mit den Schultern. „Ganz ehrlich, so toll ist es bei meinem Vater auch nicht, dass ich unbedingt zurück möchte. Hier erlebe ich wenigstens Abenteuer. Oder so etwas wie ein Abenteuer. Kommt ganz darauf an.“
„Worauf?“, fragte Mali neugierig.
„Darauf, was du jetzt vorhast. Wenn du zurück nach Hause gehst, wird das ziemlich langweilig für mich, denke ich. Dann muss ich mir irgendwas suchen, wo ich blieben kann. Wenn du jedoch irgendeinen geheimen Auftrag zu erledigen hast, dann denke ich würde das schon spannender werden.“
Mali fasste sich ertappt an die Jackentasche. Dort hatte sie die Papiere ihrer Mutter versteckt. Es war, wenn man es genau nahm, schon eine Art Geheimauftrag, den sie da zu erledigen hatte. Und da sie keine Ahnung hatte, wie sie diesen Carlos Vendris finden sollte, kam es ihr nur Recht, dass sie etwas Hilfe hatte.
„Du willst mich also begleiten, bei dem was ich tun muss?“
„Du hast also tatsächlich einen Geheimauftrag?“, fragte Damian mit einem Grinsen. „Das passiert einem nicht alle Tage, dass da ein Mädchen angelaufen kommt, mit dem man aus dem dritten Stock springen muss, um dann eine geheime Mission zu erledigen. Ich dachte sowas gibt es nur in Büchern“, sagte er immer noch grinsend. Mali fand, dass es tatsächlich komisch klang, wenn Damian die Ereignisse so kurz zusammenfasste. Und doch war es genauso passiert.
Damian wurde wieder ernster und dachte über Malis Frage nach.
„Kommt drauf an, was dein Geheimauftrag ist.“, antwortete er ihr dann, wobei er wieder grinste, als er das Wort Geheimauftrag mit Gänsefüßchen untermalte.
Mali erinnerte sich daran, dass sie ihm vertrauen wollte. Also entschied sie sich für die Wahrheit.
„Ich muss eine Art Geheimbotschaft von meiner Mutter überbringen.“
„Ah eine Geheimbotschaft also. Und was steht da drin? Wie man eine Atombombe baut, oder irgendwelche Rachepläne?“
Mali musste ebenfalls grinsen, es machte Spaß mit Damian herumzualbern. So war die Wahrheit, die sich immer hinter ihren Sätzen verbarg, besser zu ertragen.
„Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung“, gab Mali zu. Sie zog die inzwischen schon verknitterten Aufzeichnungen ihrer Mutter aus ihrer Jackentasche und breitete sie vor Damian aus. Du kannst es dir mal anschauen. Ich kann mir jedenfalls keinen Reim darauf machen.“
Damian überflog die Zettel schnell. Dann ließ er sie sinken und dachte nach. Mali kam diese plötzliche Stille unangenehm vor. Also fragte sie ungeduldig: „Und? Irgendeine Idee?“
Damian schüttelte den Kopf.
„Tut mir leid, Holmes, da kann ich Ihnen leider nicht behilflich sein.“ Damian grinste wieder.
„Da enttäuschen Sie mich aber, Watson“, erwiderte Mali ebenfalls mit einem Grinsen.
„Was machen wir jetzt?“ Es war das erste Mal, dass Mali Damian ratlos erlebte.
„Ich wollte noch mal zurück in unser Haus. Vielleicht finde ich da noch etwas, was mich weiterbringen könnte. Und sei es nur um ein paar Klamotten zu holen, für den Fall, dass ich dort nicht bleiben werde.“
„Also dann“, meinte Damian schläfrig. „Für morgen haben wir ja schon mal einen Plan. Das klingt gut.“ Er ließ sich rückwärts ins Heu fallen und blickte an die Scheunendecke. Er schien schon wieder in Gedanken versunken.
Auch Mali rollte sich auf die Seite und dachte nach. Sie erinnerte sich noch glasklar an die letzten Worte ihrer Mutter. Sie soll die Aufzeichnungen zu einem Carlos Vendris in den Wald bringen. Das war schon seltsam kryptisch gewesen, und dann erst die Aufzeichnungen selber. Auf nichts von beidem konnte Mali sich einen Reim machen, weswegen sie froh war so etwas, wie einen Verbündeten zu haben. Allerdings konnte sie nicht genau sagen, warum sie Damian das mit Carlos Vendris verschwiegen hatte. Vielleicht war das Vertrauen zwischen ihnen noch nicht groß genug und Damian musste sich diesen letzten Vertrauensbeweis erst noch erarbeiten, oder aber ihr Unterbewusstsein hielt ihn immer noch für den Mörder ihrer Mutter, so dass es immer damit rechnete, dass er einfach wieder verschwinden und sie seinem Vater ausleifern würde. Nein. Sie konnte sich noch nicht sicher sein, wer Damian war, weshalb es nur selbstverständlich war, weshalb sie ihm diese Informationen vorenthielt. Wenn es an der Zeit wäre, würde sie ihn schon noch einweihen.
Mali hörte ein Rascheln neben sich. Sie drehte sich zu Damian um. Er hatte sich aufgesetzt und sah sie jetzt fragend an.
„Ähm, das klingt jetzt vielleicht komisch, aber wie heißt du eigentlich?“
Mali sah ihn erstaunt an, dann aber wurde ihr bewusst, dass sie ihm ihren Namen tatsächlich noch gar nicht verraten hatte. Sie schämte sich augenblicklich dafür. Ständig verlangte sie Antworten, doch sie selbst hatte ihm noch weniger gesagt als er ihr. Dabei war es nur verständlich, dass sie das in all der Aufregung der letzten Stunden komplett vergessen hatte.
„Mali“, murmelte sie leise. „Also eigentlich Amalia, aber jeder nennt mich nur Mali“, fügte sie vollständigkeitshalber noch hinzu.
„Macht es dir was aus, wenn ich dich auch Mali nenne?“, fragte Damian.
„Nein, das macht mir gar nichts aus. Das ist voll ok. Wie gesagt, jeder nennt mich so, auch meine Mutter.“
Damian nickte. Dann schwiegen sie wieder eine Zeit lang.
„Mali?“
„Ja?“
„Du hast vorhin gesagt, dass es schwer ist mir zu vertrauen, weil mein Vater deine Mutter umgebracht hat und so. Du erinnerst dich?“
Mali nickte. Sie wusste nicht worauf Damian hinauswollte.
Die nächste Frage schien ihm schwer zu fallen.
„Meinst du…du könntest mir vertrauen, wenn ich dir die ganze Wahrheit erzähle?“
Mali wunderte sich etwas über die Frage. Doch schließlich nickte sie.
„Ich denke schon, dass ich das könnte, wenn du komplett ehrlich bist.“
Damian nickte ebenfalls. „Ich verspreche es.“
Dann schwieg er wieder eine Weile, bevor er leise zu sprechen begann. Mali verstand ihn kaum, wagte es jedoch nicht ihn zu unterbrechen.
„Das was du gesagt hast, stimmt nicht komplett. Mein Vater hat deine Mutter nicht umgebracht. Das war mein Onkel.“
„Dein Onkel?“, fragte Mali ungläubig. Jetzt hatte sie Damian doch unterbrochen. „Seht ihr euch also alle so ähnlich?“
Damian zuckte mit den Schultern.
„Mein Onkel ist, wie du eigentlich wissen müsstest bei dem Tod deiner Mutter ebenfalls gestorben. Mein Vater, hat dich dann nur herausgeholt. Aber ja es stimmt, er will auch dich umbringen.“
„Warum?“
„Ich weiß es nicht“, meinte Damian ausweichend.
„Damian, du hast versprochen ehrlich zu sein.“
Damian nickte gequält.
„Also gut, er will die komplette Linie deiner Mutter auslöschen, mehr kann ich dir nicht sagen.“ Er schluckte schwer.
„Warum kannst du nicht?“ Malis Stimme war nun nicht mehr als nur noch ein leises Flüstern.
Damian schien mit sich zu ringen. Wahrscheinlich verfluchte er sich selbst dafür ihr versprochen zu haben, ehrlich zu sein, dachte Mali grimmig.
„Ich kann es dir nicht sagen“, auch Damians Stimme war nur noch ein Flüstern. „Ich weiß nicht, ob ich dir genug vertrauen kann, dass du dieses Geheimnis bewahrst. Solange ich mir da nicht sicher bin, kann ich es dir nicht sagen.“
„Du erwartest von mir, dass ich dir voll und ganz vertraue, aber selber vertraust du mir nicht genug, um mir anzuvertrauen, warum dein Vater mich tot sehen möchte? Findest du das nicht auch ein bisschen kindisch?“ Mali versuchte sich ihre Gekränktheit nicht anmerken zu lassen. Sie hatte sich empört aufgesetzt und blickte Damian jetzt von oben an. Er wich ihrem Blick aus.
„Mali, ich weiß, dass ich dich damit verletzt habe. Aber…“
„Was aber?“ Mali war jetzt erst richtig sauer. Was konnte er ihr jetzt noch für eine Erklärung für sein Verhalten liefern, ohne es noch schlimmer zu machen.
„Aber…es tut mir leid.“ Damian sah sie flehend an. Was wollte er? Dass sie ihm vergab?
„Ach ja es tut dir leid.“ Mali lachte verächtlich. „Bist du wirklich so naiv zu glauben, dass es das jetzt wiedergutmacht?“
„Nein bin ich nicht.“ Damian senkte den Blick. „Gute Nacht Mali, schlaf gut.“ Er legte sich wieder hin und drehte sich mit dem Rücken zu Mali.
Mali sah ihn nur verdutzt an. Was war das denn bitte schön wieder gewesen. Damian verhielt sich manchmal echt seltsam. Langsam und immer noch verwirrt legte auch sie sich hin. Doch einschlafen konnte sie jetzt nicht mehr so schnell. Dafür schwirrten ihr zu viele Fragen durch den Kopf.
20.07
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