Kitabı oku: «Das Internationale Militärtribunal von Nürnberg 1945/46», sayfa 10
Angriffsversuche.
Bevor die Nazis zum offenen Angriffskrieg übergingen, unternahmen sie einige ziemlich vorsichtige Versuche, den Geist und den Widerstandswillen derer zu erproben, die ihnen im Wege standen. Sie rückten vor, aber nur so weit, wie die anderen nachgaben, und hielten sich eine Rückzugsstellung frei, falls sie auf eine Stimmung treffen sollten, die Beharrlichkeit gefährlich machte.
Am 7. März 1936 besetzten die Nazis das Rheinland und gingen dann dazu über, es unter Verletzung des Vertrages von Versailles und des Locarnopaktes zu festigen. Sie stießen auf keinen wesentlichen Widerstand und wurden ermutigt, den nächsten Schritt zu tun: die Einverleibung Österreichs. Trotz wiederholter Versicherungen, daß Deutschland keine Absichten auf Österreich habe, wurde der Einmarsch vollzogen. Die Drohung mit einem Angriff zwang Schuschnigg, als österreichischer Bundeskanzler zurückzutreten und den Nazi-Angeklagten Seyß-Inquart an seine Stelle zu setzen. Dieser öffnete sofort die Grenze und forderte Hitler auf, nach Österreich einzumarschieren, „um die Ordnung aufrechtzuerhalten“. Am 12. März begann der Einmarsch. Am nächsten Tage erklärte sich Hitler zum Oberhaupt des österreichischen Staates und übernahm den Oberbefehl über die österreichische Wehrmacht. Ein Gesetz wurde verkündet, das Österreich an Deutschland angliederte.
Die Drohung mit dem Angriff war erfolgreich gewesen, ohne Widerstand hervorzurufen. Dennoch waren Befürchtungen wachgeworden. Sie wurden beschwichtigt durch eine Versicherung an die Regierung der Tschechoslowakei, daß kein Angriff gegen dieses Land beabsichtigt sei. Wir werden nachweisen, daß die Nazi-Regierung zu jener Zeit die Pläne für den Angriff bis in die Einzelheiten ausgearbeitet hatte. Wir werden Ihnen die Schriftstücke vorlegen, nach denen die Verschwörer planten, einen Zwischenfall zu schaffen, um den Angriff zu rechtfertigen. Sie erwogen sogar die Ermordung ihres eigenen Gesandten in Prag, um einen genügend dramatischen Zwischenfall zu schaffen. Sie führten nach Kräften eine politische Krise herbei, die den Sommer hindurch anhielt. Hitler setzte den 30. September als den Tag fest, an dem die Truppen zum Schlag bereit sein sollten. Unter der unmittelbaren Kriegsdrohung schlossen England und Frankreich am 29. September 1938 in München mit Deutschland und Italien ein Abkommen, das die Tschechoslowakei aufforderte, der Abtretung des Sudetenlandes an Deutschland zuzustimmen. Mit der deutschen Besetzung am 1. Oktober 1938 wurde dieses Abkommen vollzogen. Das Münchener Abkommen hatte zugesichert, daß sich keine weiteren Angriffshandlungen gegen die Tschechoslowakei richten sollten, aber diese Zusicherung der Nazis war leicht gegeben und schnell gebrochen. Am 15. März 1939 marschierten die Nazis unter Mißachtung des Münchener Abkommens in Böhmen und Mähren ein und besetzten dieses Gebiet, das Kernstück der Tschechoslowakei, soweit es noch nicht an Deutschland abgetreten war. Wieder war der Westen bestürzt, aber er fürchtete den Krieg. Er sah keinen anderen Ausweg als den Krieg und hegte dennoch die verzweifelte Hoffnung, daß der fiebernde Drang der Nazis nach Ausdehnung sich nun beruhigt haben möge. Die Nazi-Welt aber war berauscht von diesen – in offenem Bündnis mit Mussolini und im heimlichen mit Franco – eingeheimsten Erfolgen die auf keinen Widerstand gestoßen waren.
Nachdem die Verschwörer dann zur Täuschung und um Aufschub zu gewinnen, ihren Frieden mit Rußland geschlossen hatten, gingen sie zu dem letzten Teil ihres Planes über, den Krieg von neuem zu beginnen.
Angriffskrieg.
Ich will diese Rede nicht verlängern, indem ich im einzelnen der Entwicklung bis zum Ausbruch des Angriffskrieges nachgehe, der mit dem Einmarsch in Polen am 1. September 1939 begann. Die Vorgänge werden Ihnen aus den Dokumenten, darunter den Akten des Oberkommandos der Wehrmacht, dargelegt werden. Die Pläne waren lange im voraus festgelegt worden. Bereits im Jahre 1935 ernannte Hitler den Angeklagten Schacht zum „Generalbevollmächtigten für die Kriegswirtschaft“ (2261-PS). Wir besitzen das Tagebuch des Generalobersten Jodl (1780-PS); den „Plan Otto“, Hitlers eigenen Befehl zum Angriff auf Österreich, falls List und Kniff versagen sollten (C-102); den „Plan Grün“, den Entwurf für den Angriff auf die Tschechoslowakei (388-PS), den Plan für den Westfeldzug (375-PS, 376-PS), Funks Brief an Hitler vom 25. August 1939, in dem der lange Weg der wirtschaftlichen Vorbereitungen ausführlich beschrieben wird (699-PS), den streng geheimen Mobilmachungsplan für 1939/40, der geheime Maßnahmen während einer „Zeit der Spannung“ anordnet, in welcher „der Kriegszustand aus außenpolitischen Rücksichten nicht befohlen wird, auch wenn es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung mit einem äußeren Feinde kommt“. Dieses letzte Dokument – 1639-A-PS – ist in unseren Händen, obwohl in einem Geheimbefehl vom 16. März 1945 angeordnet worden war (1640), diese Pläne zu verbrennen, falls die alliierten Truppen in das Innere Deutschlands eindringen sollten. Wir besitzen auch die Anweisung Hitlers für den „Fall Barbarossa“, die unter dem Datum des 18. Dezember 1940 den Grundgedanken des Feldzugsplans für den Angriff auf Rußland umreißt (446-PS).
Das Original dieses Dokumentes trägt die Initialen Keitels und Jodls. Diese planten den Angriff, und zwar lange Zeit vor den Kriegserklärungen. Wir haben sehr genaue Unterlagen über den „Fall Weiß“, den Plan für den Angriff auf Polen (C-120).
Damit begann der Krieg. Der Plan war von Keitel am 3. April 1939 gezeichnet worden. Schritte zum Angriff wurden von untergeordneten Kommandeuren unternommen, von denen einer am 14. Juni 1939 einen Befehl herausgab, der folgendes voraussah:
„Der Herr Oberbefehlshaber des Heeres hat die Bearbeitung eines Aufmarsches gegen Polen angeordnet, der den Forderungen der politischen Führung nach überraschender Kriegseröffnung und schnellen Erfolgen Rechnung trägt...
Ich mache den Kommandierenden Generalen, den Div.-Kdren. und Kommandanten weitestgehende Beschränkung des Kreises der zunächst einzuweisenden Persönlichkeiten und des Umfanges der Einweisungen zur Pflicht und bitte alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Kenntnisnahme Unbeteiligter zu verhindern...
Die Operation soll, um einer geordneten polnischen Mobilmachung und Versammlung zuvorzukommen, überraschend mit in Grenznähe bereitgestellten und vorwiegend gepanzerten und mot. Kräften eröffnet werden. Die hierbei gegenüber der poln. Grenzsicherung bestimmt erwartete Anfangsüberlegenheit und Überraschung, soll durch schnelles Nachführen weiterer Teile des Heeres, auch gegenüber dem aufmarschierenden polnischen Heer aufrechterhalten werden...
Ergibt sich aus der Entwicklung der politischen Lage, daß eine Überraschung bei Kriegsbeginn wegen fortgeschrittener Abwehrbereitschaft des polnischen Heeres nicht in Frage kommt, wird der Oberbefehlshaber des Heeres die Eröffnung der Feindseligkeiten erst nach Versammlung ausreichender weiterer Kräfte befehlen. Alle Vorbereitungen sind auf der Grundlage der Überraschung des Feindes zu treffen...“
Wir besitzen ebenfalls den Befehl des Angriffes auf England, wieder mit den Initialen Keitels und Jodls. Der Anfang des Befehls lautet wie folgt: Obwohl die britische militärische Stellung „hoffnungslos“ ist, zeigen sie nicht das geringste Anzeichen von Nachgiebigkeit (442-PS). Nicht weniger belastend ist die Niederschrift über Hitlers Besprechung mit seinen höchsten Ratgebern.
Bereits am 5. November 1937 erklärte Hitler den Angeklagten Göring, Raeder und Neurath unter anderem, daß die deutsche Aufrüstung so gut wie beendet sei und daß er sich entschlossen habe, beginnend mit einem blitzartig schnellen Angriff auf die Tschechoslowakei und Österreich, mit Gewalt einen größeren Lebensraum für die Deutschen in Europa zu sichern, nicht später als 1943 bis 1945, vielleicht aber schon im Jahre 1938 (386-PS).
Der Führer erklärte am 23. Mai 1939 seinem Stab:
„Es handelt sich für uns um Arrondierung des Lebensraumes im Osten und Sicherstellung der Ernährung... Neben der Fruchtbarkeit wird die deutsche, gründliche Bewirtschaftung die Überschüsse um ein mehrfaches steigern... Es entfällt also die Frage, Polen zu schonen und bleibt der Entschluß: bei erster passender Gelegenheit Polen anzugreifen. An eine Wiederholung der Tschechei ist nicht zu glauben. Es wird zum Kampfe kommen“ (L-79).
Am 22. August 1939 sprach Hitler wiederum zu Angehörigen des Oberkommandos der Wehrmacht und teilte ihnen mit, wann der Befehl zum Beginn der militärischen Operationen ausgegeben werde. Er sagte dabei, daß er propagandistischen Anlaß zur Auslösung des Krieges geben werde... „gleichgültig, ob glaubhaft. Der Sieger wird später nicht danach gefragt, ob er die Wahrheit gesagt hat oder nicht... Brutales Vorgehen... Der Stärkere hat das Recht.“ (1014-PS.)
Am 23. November 1939, nachdem die Deutschen die Polen überfallen hatten, gab Hitler folgende Erklärung ab:
„... Zum erstenmal in der Geschichte haben wir nur gegen eine Front zu kämpfen, die andere ist zur Zeit frei. Aber niemand kann wissen, wie lange es so bleibt. Ich habe lange gezweifelt, ob ich erst im Osten und dann erst im Westen losschlagen sollte. Grundsätzlich habe ich die Wehrmacht nicht aufgestellt, um nicht zu schlagen. Der Entschluß zum Schlagen war immer in mir. Früher oder später wollte ich das Problem lösen. Zwangsläufig wurde entschieden, daß der Osten zunächst zum Ausfall gebracht wurde“ (789-PS).
Die blutigen Folgen sind bekannt. Grenzzwischenfälle wurden inszeniert, Forderungen auf Gebietsabtrennungen erhoben. Als Polen ablehnte, marschierten die deutschen Truppen am 1. September 1939 ein. Warschau wurde zerstört. Polen fiel.
Nach ihrem Plan setzten die Nazis alles daran, ihren Angriff schnell auf ganz Europa auszudehnen und den Vorteil der Überraschung über ihre unvorbereiteten Nachbarn zu gewinnen. Trotz wiederholter Versicherungen friedlicher Absichten fielen sie am 9. April 1940 in Dänemark und Norwegen ein, am 10. Mai 1940 in Belgien, Holland und Luxemburg und am 6. April 1941 in Jugoslawien und Griechenland.
Als Teil der Vorbereitung der Nazis auf den Angriff gegen Polen und seine Verbündeten hatte Deutschland am 23. August 1939 einen Nichtangriffspakt mit Sowjetrußland abgeschlossen. Es war nur ein Vertrag, der Aufschub schaffen wollte; so war denn die Absicht, ihn nur so lange zu halten, als Zeit erforderlich war, sich auf seine Verletzung vorzubereiten. Am 22. Juni 1941 warfen die Nazis nach lange erwogenen Plänen ihre Truppen ohne jede Kriegserklärung in das Sowjetgebiet.
Die gesamte europäische Welt stand in Flammen.
Verschwörung mit Japan.
Die Angriffspläne der Nazis machten es erforderlich, sich irgendwelcher Verbündeten im asiatischen Raume zu bedienen, und sie fanden unter den Japanern Männer verwandten Geistes und gleicher Ziele. Sie waren Brüder und paßten zueinander.
Über eine Unterhaltung mit dem japanischen Botschafter in Berlin, General Oshima, am 31. Januar 1939 machte Himmler eine Aufzeichnung, in der es heißt:
„Darüber hinaus sei es ihm (Oshima) bis jetzt gelungen, zehn Russen mit Bomben über die kaukasische Grenze herüberzubringen. Diese Russen hatten den Auftrag, Stalin umzubringen. Eine Anzahl weiterer Russen, die er ebenfalls herübergeschickt hätte, seien an der Grenze erschossen worden.“ (2195-PS).
Am 27. September 1940 schlossen die Nazis ein Militär- und Wirtschaftsbündnis zwischen Deutschland, Italien und Japan auf zehn Jahre. In diesem Vertrag kamen die Mächte überein, „im großasiatischen Raum und in den europäischen Gebieten Seite an Seite zu stehen und zusammenzuarbeiten, wobei es ihr vornehmstes Ziel ist, eine neue Ordnung der Dinge zu schaffen und aufrechtzuerhalten“.
Am 5. März 1941 unterzeichnete der Angeklagte Keitel eine Geheime Kommandosache, in der mitgeteilt wurde, daß der Führer „für die Zusammenarbeit mit Japan“ folgendes befohlen habe: „Japan ist so bald wie möglich zum aktiven Handeln im Fernen Osten zu bringen... Zur Vorbereitung der Zusammenarbeit ist es erforderlich, die japanische Wehrkraft mit allen Mitteln zu stärken. Hierzu ist von den Oberkommandos der Wehrmachtsteile den japanischen Wünschen auf Mitteilung deutscher Kriegs- und Kampferfahrungen und Unterstützung wehrwirtschaftlicher und technischer Art in umfassender und großzügiger Weise zu entsprechen.“ Als gemeinsames Ziel wurde angegeben, England rasch niederzuzwingen und „die Vereinigten Staaten dadurch aus dem Kriege herauszuhalten“. (C-75.)
Am 29. März 1941 erklärte Ribbentrop dem japanischen Außenminister Matsuoka, die deutsche Wehrmacht stehe bereit, gegen Rußland loszuschlagen. Matsuoka beruhigte Ribbentrop erneut über den Fernen Osten. Japan, sagte er, tue im Augenblick so, als ob es an Singapore überhaupt nicht interessiert sei, beabsichtige aber, loszuschlagen, wenn der richtige Augenblick kommt. (1877-PS). Am 5. April legte Ribbentrop Matsuoka eindringlich dar, daß ein Eintritt Japans in den Krieg „zur Beschleunigung des Sieges beitragen“ werde und mehr in Japans als in Deutschlands Interesse läge, da er Japan die einmalige Gelegenheit gäbe, seine nationalen Ziele zu erreichen und eine führende Rolle in Ostasien zu spielen (1882-PS).
Aus dem Beweismaterial dieses Prozesses wird sich weiter ergeben, daß Deutschland einen Krieg gegen die Vereinigten Staaten sowohl von seinem atlantischen Vorfeld aus plante, wie es ihn auch von seinem Vorfeld im Stillen Ozean aus anstiften wollte. Eine erbeutete Denkschrift aus dem Führerhauptquartier vom 29. Oktober 1940, verlangt bestimmte Auskünfte über Luftstützpunkte und Nachschubmöglichkeiten und fährt dann fort:
„Den Führer beschäftigt im Hinblick auf seine spätere Kriegführung gegen Amerika die Frage der Besetzung der Atlantischen Inseln. Es werden hier diesbezügliche Erwägungen angestellt.“ (376-PS).
Am 7. Dezember 1941, einem Tage, der, wie der verstorbene Präsident Roosevelt erklärte, „in Schande fortleben wird“, schien dem deutschen Angriff der Sieg gewiß. Die Wehrmacht stand vor den Toren Moskaus. Japan nutzte die Lage aus, und während seine Unterhändler in Washington ein diplomatisches Ablenkungsmanöver vollführten, griff es hinterhältig ohne Kriegserklärung die Vereinigten Staaten in Pearl Harbour und auf den Philippinen an. Angriffe auf das Britische Empire und die Niederlande im südwestlichen Pazifik folgten schnell. Diese Angriffe wurden in der einzig möglichen Weise beantwortet, mit sofortiger Kriegserklärung und bewaffnetem Widerstand, der nach vielen langen Monaten der Rückschläge langsam stärker wurde, bis schließlich die Achse zu Boden geschlagen und ihre Opfer befreit waren.
JUSTICE JACKSON: Herr Vorsitzender, ich wünsche nun einen neuen Verhandlungsgegenstand aufzunehmen: „Die Verbrechen bei der Führung des Krieges.“ Es ist fünf Minuten vor der Gerichtspause. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich die Gerichtspause jetzt eintreten lassen.
[Pause von 15 Minuten.]
VORSITZENDER: Der Gerichtshof ersucht, daß, wenn er sich auf 15 Minuten zurückzieht, die Mitglieder der Verteidigung und andere Mitglieder des Gerichtshofs nach Ablauf dieser Frist auf ihre Sitze zurückkehren. Mr. Justice Jackson, wenn ich mich recht erinnere, wünschen Sie bis 5.15 Uhr zu sprechen, und hoffen zu diesem Zeitpunkt, Ihre Rede beenden zu können.
JUSTICE JACKSON: Ja, es wäre wohl das beste.
VORSITZENDER: Dann ist das Gericht damit einverstanden.
JUSTICE JACKSON: Mit Erlaubnis des Gerichtshofs beschäftige ich mich nun mit dem Kapitel „Verbrechen bei der Kriegführung“:
Sogar die kriegerischsten Völker haben im Namen der Menschlichkeit gewisse Begrenzungen in der Grausamkeit der Kriegführung anerkannt. In internationalen Abkommen, denen Deutschland beitrat, wurden dafür Regeln aufgestellt, sie schrieben bestimmte Beschränkungen in der Behandlung Kriegführender vor.
Der Gegner war berechtigt, sich zu ergeben, und hatte Anspruch auf Unterkunft und gute Behandlung als Kriegsgefangener. Wir werden aus deutschen Dokumenten nachweisen, daß diese Rechte verweigert wurden, und daß Kriegsgefangene roh behandelt und häufig ermordet worden sind. Das gilt besonders für gefangene Flieger, oftmals meine Landsleute.
Es wurde befohlen, daß gefangenen englischen und amerikanischen Fliegern nicht länger die Stellung von Kriegsgefangenen zugebilligt werden solle. Sie sollten als Verbrecher behandelt werden, und die Wehrmacht wurde angewiesen, sie gegen Lynchakte durch die Bevölkerung nicht zu schützen (R-118). Die Nazi-Regierung bemühte sieh, die Zivilbevölkerung durch ihre Polizei und Propagandastellen dazu aufzustacheln, Flieger, die abgestürzt oder abgesprungen waren, anzugreifen und zu töten. Der Befehl, der von dem Reichsführer-SS Himmler am 10. August 1943 gegeben wurde, enthielt die Weisung:
„Es ist nicht Aufgabe der Polizei, sich in Auseinandersetzungen zwischen deutschen Volksgenossen und abgesprungenen englischen und amerikanischen Terrorfliegern einzumischen.“
Dieser Befehl wurde am selben Tage durch SS- Obersturmführer Brandt aus Hitlers persönlichem Stab an alle höheren SS- und Polizeiführer mit folgender Weisung weitergeleitet:
„Anliegend übersende ich im Auftrage des Reichsführers-SS eine Anordnung mit der Bitte um Unterrichtung der Befehlshaber der Ordnungspolizei und der Sicherheitspolizei, die diese Weisung mündlich den nachgeordneten Dienststellen zur Kenntnis bringen sollen.“ (R-110).
Ebenso werden wir Hitlers Geheimbefehl vom 18. 10. 42 vorlegen, daß Angehörige der „Kommandos“ ohne Rücksicht auf ihren Zustand nach Gefangennahme bis auf den letzten Mann niedergemacht werden sollten (498-PS). Wir werden nachweisen, daß Geheimbefehle ausgegeben worden sind – von denen einer durch Heß gezeichnet war –, die mündlich an die Zivilbevölkerung weitergegeben werden sollten, nach denen feindliche Flieger oder Fallschirmjäger festgenommen oder erledigt werden sollten (062-PS). Mit solchen Mitteln wurde zu Mordtaten aufgestachelt und angeleitet.
Dieses Treiben der Nazis, eine rücksichtslose Behandlung feindlicher Truppen durchzusetzen, war am heftigsten im Kampf gegen Rußland. Schließlich wurden alle Kriegsgefangene der Verfügung des Oberkommandos der Wehrmacht entzogen und Himmler und der SS überantwortet (058-PS). Im Osten war das deutsche Wüten am tollsten. Russische Kriegsgefangene wurden auf Befehl gebrandmarkt (1191-PS). Sie wurden ausgehungert (1105-PS).
Ich verlese einige Stellen aus einem Schreiben, das der Angeklagte Rosenberg am 28. Februar 1942 an den Angeklagten Keitel gerichtet hat (081-PS).
„Das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland ist im Gegenteil eine Tragödie größten Ausmaßes. Von den 3,6 Millionen Kriegsgefangenen sind heute nur noch einige Hunderttausend voll arbeitsfähig. Ein großer Teil von ihnen ist verhungert oder durch die Unbilden der Witterung umgekommen. Tausende sind auch dem Fleckfieber erlegen...
In der Mehrzahl der Fälle haben die Lagerkommandanten es der Zivilbevölkerung untersagt, den Kriegsgefangenen Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, und sie lieber dem Hungertode ausgeliefert...
In vielen Fällen, in denen Kriegsgefangene auf dem Marsch vor Hunger und Erschöpfung nicht mehr mitkommen konnten, wurden sie vor den Augen der entsetzten Zivilbevölkerung erschossen und die Leichen liegen gelassen. In zahlreichen Lagern wurde für eine Unterkunft der Kriegsgefangenen überhaupt nicht gesorgt. Bei Regen und Schnee lagen sie unter freiem Himmel. Ja, es wurde ihnen nicht einmal das Gerät zur Verfügung gestellt, um sich Erdlöcher oder Höhlen zu graben...
Zu erwähnen wären endlich noch die Erschießungen von Kriegsgefangenen... So wurden zum Beispiel in verschiedenen Lagern die ‚Asiaten‘ erschossen.“
Brauch der Zivilisation und Abkommen, denen Deutschland beigetreten war, sahen einen bestimmten Schutz für die Zivilbevölkerung vor, die zu ihrem Unglück in Ländern lebte, über die feindliche Heere hinweggerast waren. Die deutschen Besatzungstruppen haben unter der Aufsicht und unter dem Befehl von Männern, die hier vor Ihnen angeklagt sind, eine lange Reihe von Ausschreitungen gegen die Einwohner der besetzten Gebiete begangen, die unglaubhaft waren, wenn nicht erbeutete Befehle vorlägen, und erbeutete Berichte, die zeigen, wie getreulich diese Befehle ausgeführt worden sind.
Wir haben es hier mit einer Art gemeinen Verbrechens zu tun, die von den Verschwörern als Teil des gemeinsamen Planes ersonnen war. Wir können begreifen, warum diese Verbrechen gegen ihre europäischen Feinde nicht zufällig, sondern bedacht und angeordnet waren, wenn wir nach dem inneren Grunde dafür suchen. Hitler erklärte seinen Offizieren am 22. August 1939: „Das Ziel“ – in Polen – „ist die Beseitigung der lebendigen Kräfte, nicht die Erreichung einer bestimmten Linie“ (1014-PS).
Der Vorschlag, aus den besetzten Gebieten die Jugend fortzuschaffen, wurde von Rosenberg mit der Überlegung empfohlen, daß damit eine erwünschte „Minderung der biologischen Kraft“ des besiegten Volkes erreicht wird (031-PS).
Germanisieren oder vernichten, das war die Losung. Himmler verkündete:
„Entweder gewinnen wir das gute Blut, das wir verwerten können und ordnen es bei uns ein, oder – meine Herren, Sie mögen es grausam nennen, aber die Natur ist grausam – wir vernichten dieses Blut.“
Für die „rassisch guten Typen“ riet Himmler weiter: „Hier haben wir, glaube ich, die Aufgabe, deren Kinder zu uns zu nehmen, sie aus der Umgebung herauszunehmen, und wenn wir sie rauben oder stehlen müßten.“ (L-70.) Er bestand auf der Fortschaffung slawischer Kinder, um möglichen Feinden für die Zukunft die Soldaten zu nehmen.
Die Absicht der Nazis war, Deutschlands Nachbarn so zu schwächen, daß Deutschland, selbst wenn es am Ende den Krieg verlieren sollte, doch noch das mächtigste Volk in Europa war. Vor diesem Hintergrund müssen wir den Plan einer rücksichtslosen Kriegführung betrachten, einen Plan, der eben Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bedeutete.
Geiseln wurden in großer Zahl angefordert und getötet. Massenstrafen wurden verhängt, von einer Grausamkeit, daß ganze Gemeinden vernichtet wurden. In einer Meldung an Rosenberg heißt es, daß in der Slowakei drei Dörfer bis zur Unkenntlichkeit zerstört worden seien (970-PS). Im Mai 1943 wurde befohlen, ein Dorf von ungefähr vierzig Bauernhöfen und zweihundertzwanzig Einwohnern auszulöschen.. Die gesamte Bevölkerung sollte erschossen, Vieh und Eigentum sollten beschlagnahmt werden, und der Befehl verlangte, daß „das Dorf durch Feuer völlig zerstört wird“ (163-PS).
Ein Geheimbericht aus Rosenbergs Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete enthüllt folgendes (1381-PS):
„Die den russischen Landeseinwohnern zugebilligten Ernährungssätze bedeuten nicht die Sicherung der Existenz, sondern nur ein Vegetieren auf beschränkte Dauer. Von einer Bevölkerung, die nicht weiß, ob sie morgen noch ihr Leben fristen kann, die also mit dem Hungertode rechnen muß,...
... auf den Landstraßen ist eine Bevölkerungsmenge auf Wanderschaft, die nach Hunderttausenden zählt und nach sachverständigen Urteilen wohl zu manchen Zeiten eine Million erreichen dürfte. Diese Scharen wandern, um sich Lebensmittel zu beschaffen...
So hat die Aktion Sauckel in der Art der Durchführung im Ostraum eine Unruhe hervorgerufen,... Entlausung russischer Mädchen durch Männer, Aufnahmen von Nacktphotos in erzwungenen Stellungen, Einsperren von Ärztinnen in Waggons, um sie den Transportleitern gefügig zu machen, Transport gefesselter Mädchen im Hemd durch russische Ortschaften zur Bahn und so weiter.
Das gesamte Material ist durch die zuständigen Heeresgebiete an das Oberkommando des Heeres weitergeleitet worden.“ (1381-PS.)
Die Verschleppung zur Sklavenarbeit war vielleicht das schrecklichste und größte Sklavenunternehmen der Geschichte. Über wenige Dinge haben wir so reichliches und so belastendes Beweismaterial. Ich habe hier eine Rede, die der Angeklagte Frank, Generalgouverneur von Polen, am 25. Januar 1944 gehalten hat und in der er sich rühmte: „Ich habe 1,3 Millionen polnischer Arbeiter ins Reich geschickt.“ (059-PS, Seite 2.)
Der Angeklagte Sauckel berichtete, daß von den fünf Millionen ausländischen Arbeitern, die nach Deutschland gekommen sind, nicht zweihunderttausend freiwillig kamen. Diese Tatsache wurde dem Führer und den Angeklagten Speer, Göring und Keitel berichtet (R-124). Kinder von 10 bis 14 Jahren wurden durch einen telegraphischen Befehl aus Rosenbergs Ministerium für die besetzten Ostgebiete zum Dienst gepreßt:
„Das Kommando ist weiterhin mit der Überführung in das Reich nützlicher russischer Jungen und Mädchen zwischen 10 bis 14 Jahren beauftragt. Ihre Machtbefugnis ist durch die Änderungen, die in Verbindung mit der Evakuierung und dem Transport zu den Aufnahmelagern in Bialystok, Krajewo und Olitei eingetreten sind, nicht berührt. Der Führer wünscht, daß diese Aktion noch verschärft wird“ (200-PS).
Wenn nicht genügend Arbeitskräfte zusammenkamen, wurden Kriegsgefangene unter offener Verletzung internationaler Abkommen zu Arbeiten für den Kriegsbedarf gezwungen (016-PS). Die Sklavenarbeiter kamen aus Frankreich, Belgien, Holland, Italien und dem Osten. Sie wurden gewaltsam ausgehoben (R-124, 018-PS, 204-PS). Die Behandlung dieser Sklavenarbeiter wurde in einem Schreiben des Angeklagten Sauckel an den Angeklagten Rosenberg in allgemeinen Ausdrücken umschrieben, die sich leicht in tatsächliche Entbehrungen übersetzen lassen:
„Alle schon in Deutschland befindlichen Kriegsgefangenen, sowohl aus den West- wie den Ostgebieten, müssen, soweit dies noch nicht geschehen ist, ebenfalls restlos der deutschen Rüstungs- und Ernährungswirtschaft zugeführt, ihre Leistung muß auf den denkbar höchsten Stand gebracht werden.... Die restlose Beschäftigung aller Kriegsgefangenen sowie die Hereinnahme einer Riesenzahl neuer ausländischer Zivilarbeiter und Zivilarbeiterinnen ist zur undiskutierbaren Notwendigkeit für die Lösung der Aufgaben des Arbeitseinsatzes in diesem Kriege geworden.
Alle diese Menschen müssen so ernährt, untergebracht und behandelt werden, daß sie bei denkbar sparsamstem Einsatz die größtmöglichste Leistung hervorbringen“ (016-PS).
Eine lange Reihe von Verbrechen wurde begangen, um den Plan der Nazis zu verwirklichen, die Lebenshaltung ihrer Nachbarn für immer herunterzudrücken und sie körperlich und wirtschaftlich zu schwächen. Sehr viel Eigentum von Zivilpersonen wurde ohne jede militärische Notwendigkeit vernichtet. Fast am Ende des Krieges noch wurden in Holland die Deiche aufgerissen, nicht etwa aus militärischen Gründen, sondern, um die Hilfsquellen des Landes zu zerstören und damit den wirtschaftlichen Wiederaufstieg der sparsamen Holländer zu verzögern.
Die Wirtschaft der besetzten Länder wurde nach sorgfältigem Plan ausgepumpt. Ein Bericht der volkswirtschaftlichen Abteilung der Reichsbank vom 7. Dezember 1942 gibt dafür ein Beispiel. Es handelte sich um die Frage, ob die Besatzungskosten, die Frankreich aufzubringen hatte, von 15 Millionen Mark täglich auf 25 Millionen Mark erhöht werden sollten. Die Reichsbank untersuchte die französische Wirtschaft, um festzustellen, ob eine solche Belastung tragbar wäre. Sie wies darauf hin, daß der Waffenstillstand Frankreich bis damals mit 18,5 Milliarden Mark – 370 Milliarden Francs – belastet hatte. Sie wies auch darauf hin, daß die Last dieser Zahlungen in zweieinhalb Jahren dem Volkseinkommen Frankreichs im Jahre 1940 gleichkomme, und daß die Höhe der Zahlungen, die in den ersten sechs Monaten des Jahres 1942 geleistet worden seien, dem voraussichtlichen Steueraufkommen Frankreichs für dieses ganze Jahr entspreche. Der Bericht endete:
„Immerhin liegt die Schlußfolgerung nahe, daß die französische Volkswirtschaft seit dem Waffenstillstand im Juni 1940 mit verhältnismäßig schwereren Tributen belegt worden ist als Deutschland nach dem Weltkrieg. Dabei ist noch zu beachten, daß die wirtschaftlichen Kräfte Frankreichs an die des Deutschen Reiches nie heranreichten und daß das besiegte Frankreich nicht in dem Maße fremde wirtschaftliche und finanzielle Hilfsquellen einschließlich der seiner Kolonien heranziehen konnte wie Deutschland nach dem letzten Weltkrieg (Auslandskredite).“
Der Angeklagte Funk war Reichswirtschaftsminister und Reichsbankpräsident, der Angeklagte Ribbentrop Reichsaußenminister, der Angeklagte Göring Bevollmächtigter für den Vierjahresplan. Sie alle haben sich an dem Meinungsaustausch beteiligt, von dem das erbeutete Schriftstück ein Teil ist (2149-PS). Trotz dieser Untersuchung der Reichsbank entschlossen sie sich, die Belastung Frankreichs von täglich 15 auf 25 Millionen Mark zu erhöhen.
Es nimmt nicht Wunder, daß die französische Wirtschaft auf solche Weise jede feste Grundlage hat verlieren müssen. Plan und Zwecke werden bereits in einem Schreiben vom 14. September 1940 sichtbar, das der Vorsitzende der deutschen Waffenstillstandskommission, General von Stülpnagel, an den Angeklagten Jodl gerichtet hat und in dem er schreibt: „Die Losung ‚geordneter Schwächung Frankreichs‘ ist durch die Wirklichkeit bereits weit übertroffen.“ (1756-PS.)
Man wollte jedoch nicht nur die Wirtschaft der Nachbarn Deutschlands schwächen und verwirren, um sich ihrer auf dem Markte zu entledigen, es wurde vielmehr auch in einer noch nicht erlebten Weise geplündert und gestohlen. Wir wollen uns nun über Plünderung nichts vormachen. Ich weiß sehr wohl, daß kein Heer durch ein besetztes Gebiet zieht, ohne daß dabei, wie es nun einmal so geht, gemaust wurde. Gewöhnlich nehmen solche Dinge in dem Maße zu, in dem die Zucht in der Truppe abnimmt. Wenn unser Beweismaterial nichts Ärgeres an Plünderung aufwiese, würde ich gewiß die Angeklagten damit nicht belasten. Wir werden Ihnen, meine Herren Richter, aber nachweisen, daß diese Plünderungen nicht auf Zuchtlosigkeit oder gewöhnlicher menschlicher Schwäche beruhten. Die Deutschen haben das Plündern planmäßig und geordnet betrieben, haben dazu erzogen und es zu einer Amtshandlung erhoben, genau so, wie sie alles andere gründlich und mit Überlegung betrieben haben. Und dann haben sie bis ins einzelne genau Buch geführt, um zu beweisen, daß sie auch hier ihr Bestes getan hätten, was den Umständen nach möglich war. Und diese Verzeichnisse besitzen wir.