Kitabı oku: «Nacht über der Prärie», sayfa 9
»Warum will er sich nicht fortbringen lassen?« fragte Queenie einen Mann, der neben ihr am Zaun stand und wie ein alt gewordener Cowboy und Sachverständiger wirkte.
Der Alte musterte die junge Frau, ob sie einer Antwort würdig sei, und sagte dann: »Weil er ein armer Teufel ist. Wovon soll er die ärztliche Hilfe und das Krankenhaus bezahlen, und von wem soll er noch einmal einen Ritt bekommen, wenn er den Invaliden spielt? Er selbst hat weder Pferd noch Geld. Warum kümmert Sie denn das?«
»Vielleicht, weil mein Mann der nächste sein wird.«
»Joe? Na, dann Hals- und Beinbruch. Der Schecke ist eine heimtückische Kreatur und hat im vergangenen Jahr schon zwei Boys zuschanden gemacht. Er gehört jetzt Krader, dem Händler. Es ist ein Hengst!«
»Sie waren selbst einmal Rodeo-Reiter?« fragte Queenie.
»Sie haben mit dem Gefängnisaufseher Rex gesprochen, liebe junge Frau. Aber mit sechzehn bin ich Cowboy gewesen; sieht man mir das immer noch an?«
»Alles blöde Kerle«, sagte eine unangenehme Stimme hinter Queenie und dem Alten. »Ich jedenfalls hätte den Affen nicht dort am Zaun stehenlassen.«
Queenie wandte sich nicht um, weil sie den Sprecher nicht sehen wollte und weil sie, auch ohne ihn anzusehen, wusste, wer er war. Diese Stimme hatte damals an ihrem Auto, in dem der betrunkene Bruder lag, gefragt, ob man dem Fräulein behilflich sein könne … Das musste James sein. Wenn sie wünschte, dass jemand nicht mehr auf der Welt wäre, so war er es. Er hatte zu denen gehört, die sich nachher in die Prärie schlichen.
Nr. 7, Bronc sattellos, Reiter Joe King, war an der Reihe.
Joe King, der sich selbst in diesem Moment als Stonehorn fühlte, saß schon auf der Wand des Verschlages, in dem der Schecke auf das Ausbrechen lauerte. Er ließ sich jetzt auf das Pferd hinunterfallen. Es stieg sofort, schon in der engen Box, schlug mit den Vorderhufen, und als der Verschlag hastig geöffnet wurde, war es nahe daran, ebenso rasch zu Boden zu gehen.
Das durfte aber nicht sein, damit wäre das Ende schon dagewesen. Stonehorn hatte nicht nur keinen Sattel, er hatte auch keinen der üblichen Zügel, sondern nur einen einzigen einseitig befestigten, dicken Strick zur Hand, wie es die Regel erforderte. Es gelang ihm, das Tier abzufangen und am Niedergehen zu hindern. Der erste Beifall kam auf. Dieser Hengst hatte Einfälle. Er warf seinen Reiter nur ein paarmal auf- und niederschnellend in die Luft, was dieser mit vorgestreckten Beinen, den einen Arm leicht nach hinten genommen, im Gleichgewicht parierte. Dann setzte der Schecke zu einem großartigen Sprung an und buckelte, alle viere in der Luft. Sein Reiter verlor den Hut, aber nicht die schwierige Balance. Das Tier hatte Sehnen! Hager war es, nicht zu groß und elastisch wie Gummi. Es kannte seine eigene Kraft und Geschicklichkeit, und daher rührte wohl sein Temperament. Kaum, dass seine Hufe den Boden wieder berührten, schlug der Hengst hoch nach hinten aus, und der Reiter musste sich flach zurücklegen, um nicht über den Hals zu fliegen. Es hing an einem Haar, dass das Pferd mit diesem Manöver gesiegt hätte. Ein paar bewundernde Schreie und anerkennende Pfiffe ertönten, aber darauf konnte Queenie jetzt nicht achten. Sie war bei ihrem Mann auf dem Pferd.
Der Schecke versuchte es mit seinen letzten Künsten. Er ging noch einmal mit allen vieren in die Luft und bockte – und jetzt – nein … es war ihm nicht gelungen, sich unter dem hochfliegenden Reiter zu Boden zu werfen. Den Bruchteil einer Sekunde früher war Joe wieder auf dem Rücken des Pferdes gelandet und hatte das Tier gezwungen, auf den Beinen zu bleiben.
Die Zeit war um.
Der Ansager selbst war in Begeisterung geraten über diese Leistung auf dem Rodeo von New City.
»Time for Joe King! Time for Joe King!«
Ja, die Zeit war gemacht und in einer bewundernswürdigen Haltung, mit vielen Pluspunkten. Aber die Helfer konnten nicht an das Tier herankommen. Obgleich Joe den aufreizenden Riemen schon gelockert hatte, bockte der Hengst weiter. Es verlegte sich jetzt vor allem darauf, so, wie es auch das vorhergehende Tier versucht hatte, auszuschlagen und den Reiter an die Wand zu drängen. Da die Helfer nicht durchkamen, sprang Stonehorn mit einem weiten, gefährlichen Sprung mitten aus dem Kampf mit dem Pferd ohne Hilfe ab und lief mit großen Sätzen zu dem Mann, der noch immer hilflos an dem Zaun stand. Unterdessen gelang es den berittenen Helfern, das Tier zum Ausgang zu drängen, wo es allmählich zur Ruhe kam.
Beifall brauste auf. Bronc ohne Sattel mit Joe King war ohne allen Zweifel die Bestleistung des Tages von Reiter und von Pferd gewesen, und es war eine Leistung, wie sie sonst nur auf den großen und berühmten Rodeos für hohe Preise von Professionals gezeigt wurde. Bronc mit Sattel, sonst ein traditioneller Höhepunkt, trat an diesem Tage in der Meinung der Zuschauer zurück.
Queenie hatte heiße Wangen. Sie war erfüllt von dem glücklichsten Gefühl der Liebenden, dem Stolz auf den Geliebten. Stonehorn selbst lag in der Baracke auf einer Matratze. Er spürte alle Knochen und alle Sehnen, seinen Kopf und alle Nerven.
Draußen wurde unterdessen das Kälberfangen mit Lasso als nächstes Ereignis bekanntgegeben, zunächst die einfache Übung, einem Kalb das Lasso über den Kopf zu werfen, es damit zum Sturz zu bringen und es so schnell wie möglich zu fesseln. Stonehorn war froh, dass er mit seinem Team erst zur folgenden Nummer gehörte. Er war jetzt schon wieder auf. Aber er fühlte sich etwas angeschlagen. Die Stöße beim Auf- und Niederschnellen wirkten auf jeden. Die Vorstellung, dass er heute noch das Ringen mit einem Stier vor sich hatte, machte ihm wenig Freude. Elk hatte natürlich recht gehabt. Aber der Schecke war unvergleichlich, und Stonehorn hatte einen einwandfreien ersten Preis nach Zeit und Punkten davongetragen. Wenn er bei dem steer wrestling, dem Niederzwingen eines schwarzen Bullen, wenigstens den Einsatz wieder herausholte, mochte es genügen. Das Vieh sollte ihn nur nicht schleifen und stoßen. Er hätte absagen können, aber daran hinderten ihn sein Ehrgeiz, auch das natürliche Aufleben seines Selbstbewusstseins, das lange Jahre gelitten hatte. Er zeigte sich draußen, damit es nicht aussah, als ob er doch in den vorgeschriebenen zehn Sekunden von einem Pferd erledigt worden wäre. Alles in allem: Stonehorn, ein Indianer, hatte einen Preis errungen. Er hatte nicht nur für sich etwas erreicht.
Der Verletzte am Zaun war inzwischen mit sanfter Gewalt hinausgeführt worden. Eivie war zur Stelle, kam aber nicht dazu, Stonehorn zu gratulieren, da er den Verletzten in seinem Wagen mitnahm, so dass der Rodeo-Arzt nicht beansprucht wurde.
Das Schauspiel des Kälberfangens, an dem sich die beiden anderen Indianer mit achtbarem Erfolg beteiligten, war eine Erholung. Dabei konnte nichts passieren. Es ging um die Geschicklichkeit. In noch höherem Maße galt das für das Kälberfangen im Zweierteam. Die Aufgabe bestand darin, dass der eine Lassowerfer das Lasso um den Kopf, der zweite das Lasso von unten her um ein Hinterbein warf. Das zweite war bedeutend schwieriger als das erste. Es erforderte eine viel schnellere Reaktionsfähigkeit und höhere Geschicklichkeit. Eine bestimmte Zeit war auch für diese Übung vorgesehen. Sechs Teams hatten sich gemeldet. Zum Ziel kamen nur zwei; dabei war es bei den übrigen vier immer das Hinterbein, das verfehlt wurde. Zu den beiden Siegerteams gehörte auch das von Stonehorn und Russell. Der Beifall war besonders freundlich, da man den Doppelsieger ehren wollte.
Queenie war sich ihrer Aufgabe als Beobachterin wieder bewusst geworden, aber sie hatte nichts entdeckt, was ihr noch von Belang schien. Mike, James und Jenny hielten sich voneinander fern, und sie hatte nicht verfolgen können, ob sie mit anderen in Verbindung standen.
Vor dem letzten Teil des Programms, dem Stierringen, waren das Wettreiten der Cowgirls auf ihren zierlichen, eleganten Pferden, anschließend eine längere Pause eingelegt. Die Musikkapelle unterhielt das Publikum. Stonehorn ließ sich nicht bei den Zuschauern sehen. Er hatte sich wieder in die Baracke zurückgezogen. Aus dem Rindergehege war Brüllen zu hören. Die Arena war schon stark von Pferdehufen zerstampft. Die Getränke in den Buden waren fast ausverkauft, und die Budenbesitzer ließen mit ihren Wagen Nachschub holen, um sich das gute Geschäft nicht entgehen zu lassen. Queenie besuchte Margret, die mit bewundernswerter Ausdauer beim Wagen saß, und ging noch einmal zu ihren Eltern.
Der letzte Teil des Programms begann. Die Aufgabe im Wettbewerb war folgende: Einer der schwarzen, schlanken, langhörnigen Stiere, die speziell gezüchtet wurden, wurde in die Arena gejagt. Er wurde von zwei galoppierenden Reitern verfolgt und in die Mitte genommen, damit er nicht zur Seite ausbrechen konnte. Dann hatte sich der eine der Reiter, der im Wettbewerb stand, vom Pferd auf den Stier mit einer Art Hechtsprung hinüberzuschwingen, ihn von hinten an den Hörnern zu packen, mit den Füßen auf den Boden zu gleiten und das galoppierende Tier zum Stehen zu bringen. War das gelungen, so begann die letzte Phase. Der Mann hielt den Stier noch an einem Horn, packte ihn mit der andern Hand an der Nase und versuchte, dem Starknackigen den Kopf so zu drehen, dass das Tier sich fallen lassen musste, um sich nicht das Genick zu brechen. Die schwarzen jungen Stiere waren wendig, schnell und kräftig. Der Ausgang des Kampfes zwischen Mann und Tier war immer ungewiss und die Übung sehr anstrengend, auch gefährlich. Ein Rodeo-Clown stand bereit, um im Gefahrenfall einzugreifen. An vielen anderen Plätzen wurden für diesen Wettbewerb anstelle der Stiere Ochsen gebraucht – daher die Bezeichnung steer wrestling –, aber in New City hielt man an der gefährlicheren Gewohnheit fest. Stonehorn war an vierter Stelle angesetzt. Er wurde wieder mit Beifall begrüßt, aber diesmal war der Vorapplaus schwächer. Manche meinten wohl, dass dieser Mann sich zu sehr vordränge. Wollte ein Indianer allround champion werden?
Stonehorn hatte ein geborgtes Pferd, da er seine eigenen Pferde aus einem gewissen Misstrauen heraus für diesen Zweck nicht nach New City hatte bringen wollen. Es wäre auch mit weiteren Kosten verbunden gewesen. Was das Pferd anbetraf, so kam es darauf an, dass es sehr rasch ein hohes Tempo beim Galopp erreichte und dass sein Galopp schnell war, kurzum, dass es die gleichen Eigenschaften wie ein guter Wagen besaß. Die Strecke, auf der sich alles abspielte, und die gegebene Zeit waren relativ kurz, und es galt als einer der springenden Punkte für den Ausgang des Kampfes, wann der Reiter den Stier einholen und fassen konnte. Noch wesentlicher aber war, was für ein Tier man dem Reiter gab. Die Stiere waren von verschiedener Findigkeit. Stonehorn hatte das Gefühl, dass man ihm die letzte Aufgabe schwer machen würde. Es gab sicher genug Leute, die ihn einmal im Grase liegen sehen wollten.
Der Stier, auf den es ankam, war aus dem Gehege geholt und an die gegenüberliegende Seite der Arena gebracht worden. Er strebte natürlicherweise, sobald er freigelassen wurde, zu seiner Herde zurück; er wurde dazu auch noch beim Start angetrieben.
Er preschte los, und die beiden Reiter kamen ihm im gestreckten Galopp von hinten rechts und links zur Seite.
Queenies Augen waren in Besorgnis und Spannung aufgerissen, als sie beobachtete, wie ihr Mann vom Pferderücken auf den langhörnigen Stier hinüberhechtete, wie sein Pferd zurückfiel, wie er mit den Füßen zu Boden glitt, die beiden Hörner noch in den Fäusten, und wie er versuchte, das Tier in seinem Galopp zu bremsen. Es war ein starkes Tier, und Stonehorn war zwar sehr gewandt und schnell, aber er war kein Muskelprotz. Er durfte auch nicht so lange mit dem Tier um die Wette laufen, wie er vermochte – die Strecke und die Höchstzeit waren vorgegeben –, er musste das Tier stoppen. Es war ein starker und entschlossener junger Stier – Joe musste ihn stoppen, oder das Geld war verfallen. In den Gesichtern vieler Zuschauer malte sich schon die Besorgnis, wie der Kampf ausgehen werde, denn Stonehorn war gestolpert, und es hätte nur noch eines kleinen Fehltritts bedurft, und schon wäre er von dem triumphierenden Tier im Staub geschleift, abgeschüttelt und mit den Hörnern angegriffen worden. Der Stier spürte wohl, dass er Aussichten hatte. Er setzte seine Kraft voller Angst und Wut ein. Da … doch – er stand.
Stonehorn hatte sofort den Griff gewechselt und mit der einen Hand dem Stier in die Nase gegriffen, um den Kopf zu drehen. Eben der erste Ruck war dabei wichtig. Stonehorn wurde es schwarz vor den Augen vor Anstrengung. Nur in ganz jungen Jahren war es Männern überhaupt möglich, in diesem Kampf zu siegen. Die Älteren mussten sich von einer solchen Aufgabe zurückhalten. Sie verloren die Kraft, oder sie verloren die Schnelligkeit, die beide in hohem Maße erforderlich waren.
Stonehorn kämpfte. Der Stier stand wie aus Stein gehauen und hielt seinen starken Nacken steif. Er drückte gegen die Kraft der Arme, die allein durch die Hebelwirkung des langen Hornes siegen konnten. Höchstens fünf Sekunden blieben noch, dann hatte Joe überhaupt keine time mehr; jetzt hatte er schon eine schlechte! Er wusste das nicht, aber er fühlte die Spanne … und er fühlte die Kraft, die ihm entgegenstand. Endlich … ein letzter wütender Ruck: Der Stier gab nach und ließ sich fallen. Stonehorn stand gebeugt, zitternd, nass von Schweiß am ganzen Körper. Sein Puls ging schnell. Er hielt sich mit Mühe auf den Beinen, und er hörte nur wie von ferne die Stimme des Ansagers: »Time for Joe King.«
Er fuhr sich mit der Hand über das Haar – den Hut hatte er längst wieder verloren – und ging zum Ausgang zurück. Er erkannte wieder Farben und Helligkeit, aber alles tanzte noch um ihn. Doch fand er den geraden Weg. Er sah ein Lächeln der anderen Teilnehmer, der Helfer, der Angestellten, die ihn am Tor empfingen. Sie wussten, wie den Männern nach einem solchen steer wrestling zumute war. Einer hatte den Hut aufgehoben und brachte ihn Stonehorn.
Der allgemeine Beifall blieb schwach; er wirkte nur als ein Ausdruck der Erleichterung darüber, dass kein zweites Unglück an diesem Tage geschehen war. Doch schnitt durch das verbreitete Plätschern des Händeklatschens von einer Seite her ein frenetisch anerkennendes Johlen für Joe King, der drei Wettbewerbe erfolgreich bestritten und den besten Preis des Tages gewonnen hatte. Die Allround-Kombination der Leistungen war äußerst rar.
Queenie hatte hin und wieder die Gruppe der Indianer beobachtet, die sich am Zaun zusammengefunden hatte; es waren Indianer aus der Reservation und Indianer aus den Slums, und von dort war der erste Anstoß zur Beifallsdemonstration gekommen. Eine gegnerische Gruppe schien geschlossen oben auf der Tribüne bei Jenny zu sitzen. Von dort schrillten abfällige Pfiffe. Seinen Einsatz für das Stierringen bekam Stonehorn zurück und ein paar Dollars dazu. Punkte hatte er diesmal drei geholt: beim schnellen Einholen des Rindes und bei dem geschickten Hinüberwechseln sowie bei dem ersten Ruck, mit dem er den Kopf des Stieres zu drehen begann.
Die Musik setzte zu einem letzten Schlager an, das Rodeo war zu Ende, und die Menge der Zuschauer war schon in Bewegung. Stonehorn fand sich bei seinem Wagen ein. Queenie sah ihm an, dass sein Kopf blutleer war und dass sein Rücken und seine Schultern mehr angegriffen sein mussten, als er zugeben wollte. Sie machte Miene, an das Steuer zu gehen. Aber er war schneller, setzte sich auf den Fahrersitz und fuhr Queenie sowie seine Schwester und diesmal die beiden Mädchen zu Elks Haus. Bei Elk verabschiedete sich Margret. Die Kinder sprachen nur von dem Rodeo und würden des Nachts von Joe träumen, dem sie nacheifern wollten.
Stonehorn warf sich auf das Schlafgestell, auf dem er die Nacht verbracht hatte, und übergab Queenie das Geld, das ihm ausbezahlt worden war.
»Das Pferd müsste ich haben, den Schecken«, war sein erstes Wort.
»Er gehört Krader«, teilte Queenie mit.
»Dem feisten Wucherer! Der Bursche ist nicht wert, über ein solches Tier zu verfügen.« Joe schaltete rasch um. »Queenie, hast du außer Mike, Jenny und James noch irgend jemanden oder irgend etwas beobachtet?«
»Sie haben zum Schluss auf der Tribüne gegen dich gepfiffen. Sonst waren sie sehr vorsichtig. Oder ich war zu unaufmerksam, wenn ich dich in der Arena sah.«
Stonehorn aß und trank, rieb seine Schultern und machte etwas Gymnastik. »Verdammter Stier«, sagte er. »Sie haben mir da einen ausgesucht … der hatte Kraft in sich, und ich war auch schon zu müde. – Aber gerade, während ich in der Arena war, hättest du aufpassen müssen, denn so lange konnte ich es nicht tun.«
Queenie senkte den Kopf wie ein gescholtenes Kind.
»Sei nicht traurig, Liebste. Zum Schluss haben sie sich selbst verraten. Ich weiß, wer da ist.«
Stonehorn fing an, seine Waffen sorgfältig zu überprüfen. Als er mit dem Ergebnis zufrieden war, fragte er Queenie: »Was hast du denn mit Mike gesprochen?«
»Dass ich deine Frau und schon lange deine Frau sei.«
Stonehorn hob rasch den Kopf. »Offenbar hast du den sechsten Sinn. Das eben brauchte ich … was du da gesagt hast. Ich bin nicht der Angeklagte, ich bin der Ankläger … – Hast du übrigens bemerkt, wo Familie Booth hingegangen ist? Auf einmal waren sie weg.«
»Sie sind mit ihrem Wagen noch vor dem Ende des Rodeos weggefahren. Was hat sich Harold da nur herangeholt!«
»Findest du nicht, dass sie zu ihm passt? Ich finde das. Dumm, aber gut frisiert. Mollig und leicht zu haben. Verführerisch und entführend …«
»Ach so.«
Stonehorn legte sich wieder hin. »Ich schlafe jetzt drei Stunden, Queenie. Dann gehen wir tanzen. Die Miss Rodeo ist noch nicht gewählt. Sie hatten ihr eigenes Rodeo nicht ganz ernst genommen, aber nun ist ihnen eingefallen, was noch dazugehört. Sie wollen sich also nachträglich eine Miss Rodeo wählen; Mike ist im Komitee. Die Vorstellung erfolgt beim Tanz mit den ›Newt Beats‹. Das gibt eine doppelte Attraktion.«
»Wozu brauchen wir noch eine Miss Rodeo! Das ist unsportlich und darum unsinnig. Rodeo-Queen ist Joan Howell, die am besten geritten hat. Nächstes Jahr will ich mit meiner Stute dabeisein.«
»Noch nicht, Queenie. Du gehst auf die Kunstschule, und du trägst unser Kind. Du kannst nicht trainieren.«
Queenie-Tashina seufzte ein wenig.
Stonehorn rauchte noch eine Zigarette, dann fiel er ohne Übergang in einen tiefen Schlaf.
Newt Beats
Der lange Sommerabend ging endlich zur Nacht über. Mond und Sternenlicht wurden in der Hauptstraße streckenweise von Laternen, Leuchtreklamen und überhellen Schaufenstern verdrängt. In ihren neu erbauten Teilen wurde sie eine rote, grüne, gelbe, weiße Straße, eine flimmernde Straße, eine Straße, in der die Häuser wie Schatten hinter dem grell-inhaltlosen Neon verschwammen. Die Fahrbahnen waren von Autos verstopft, die Parkverbote alle in Kraft. Die Verkehrsampeln arbeiteten. Gehorsam hielten die Fahrer vor den weißen Streifen, wenn sich Fußgänger einfanden, um die Straße zu kreuzen. Ein Fußgänger, der an nicht bezeichneter Stelle passierte, hatte zehn Dollar Strafe zu zahlen, daher waren die Fahrer vor solchen Überraschungen im allgemeinen sicher. Die Polizei verhielt sich unauffällig.
Stonehorn und Tashina waren mit ihrem Wagen in die Hauptstraße gelangt. Die Häuser, die die Straße säumten, hatten zumeist nicht mehr als zwei Stockwerke, die Mehrzahl war einstöckig. Die Stadt hatte genügend Raum, sich auszubreiten. Die Häuser bestanden aus Holz; es gab nur wenige Steinbauten: Hotels, Behörden, Postamt, Museum und Schule.
Dem Wagen der Kings folgte ein zweiter, der die Geschwindigkeit hielt und jede Wendung mitmachte. Darin saß Russell, der mit Joe das Team beim Kälberfangen gebildet hatte.
Auf den Bürgersteigen flanierten Gäste, die von auswärts zu dem Rodeo gekommen waren, Farmer, Rancher, Cowboys, Bürger noch kleinerer Städte, die New City am Abend genießen wollten. Wer immer es vermochte, war als Cowboy gekleidet oder trug wenigstens ein Stück Cowboykleidung, zumeist den für das gegebene Klima überhaupt sehr praktischen breitkrempigen Hut.
Das Musik- und Tanzvergnügen war in einer großen neuen Vergnügungsstätte angesagt, die mit dieser Veranstaltung eröffnen wollte. Sie lag an der Haupt- und Ausfallstraße. Es war eine riesige rechteckige Baracke mit einem noch geräumigeren Parkplatz an der Seite. Der Haupteingang öffnete sich unmittelbar zur Straße. An der dem Parkplatz gegenüberliegenden Längsseite sowie an der hinteren Schmalseite befand sich offenes Gelände mit Lautsprecheranlage und zwei zusätzlichen Tanzflächen. Dieses Gelände konnte auch von der Straße her unmittelbar betreten werden, der Eingang schloss sich an die große Baracke an. Die Zufahrten zum Parkplatz lagen an der Vorder- und Rückseite, somit an der Hauptstraße und der Parallelstraße hinter dem ganzen Gelände. Vor dem Gelände waren in der Hauptstraße die Parkverbotsschilder an beiden Straßenseiten aufgestellt. Dem Haupteingang unmittelbar gegenüber mündete eine Nebenstraße, eine Straße mit Werkstätten, die jetzt im Dunkel lag. An dieser Nebenstraße endete die neue zusammenhängende Häuserreihe der Hauptstraße, und es begann eine alte Siedlung von Einfamilienhäusern, einstöckigen Holzhäusern, die zum Teil abbruchreif oder infolge ihres baufälligen Zustandes schwer vermietbar waren, zum Teil aber schon den neuen Aufschwung von New City verkündeten und im Laternenschein ihre lustigen Farben zeigten. In den neuen Einfamilienhäusern war durchweg, in den alten zum Teil noch Licht, andere lagen im Dunkel. Überall trennten Vorgärten diese Häuser vom Fahrdamm. Einen Bürgersteig gab es hier, nahe der Stadtgrenze, nur noch als Andeutung. Vor dem Vergnügungsgelände herrschte schon großer Andrang von Wagen und Menschen, obgleich mit Rücksicht auf das Rodeo der Beginn der Veranstaltung erst auf zehn Uhr nachts angesetzt war. Stonehorn fuhr in den Parkplatz ein, zahlte die Gebühr und wies gleichzeitig die Eintrittskarten für sich und Queenie vor, die er sich als Rodeo-Teilnehmer und -Sieger durch die Rodeo-Manager im voraus verschafft hatte. Es parkten schon ziemlich viele Wagen, und der Einweiser beobachtete, ob Stonehorn auch den nächsten freien Platz wählte. Das war der Fall. Stonehorn und Queenie stiegen aus, und Stonehorn führte sie noch kreuz und quer zwischen den Wagen durch, bis er alles zu wissen schien, was hier zu erspähen war. Einen Pontiac hatte er etwas eingehender gemustert als die übrigen Wagen. Dieser Pontiac stand neben der hinteren Ausfahrt, daneben befand sich ein Buick.
Als Joe und seine junge Frau den Parkplatz verlassen hatten und vor dem Haupteingang anlangten, durch den der Einlass erfolgte, gab Stonehorn Queenie den Zündschlüssel des Wagens und sagte: »Ich warte hier auf dich. Fahre den Wagen bitte hinaus und dort gegenüber in die kleine dunkle Straße, wo Russell mit seinem Wagen wartet. Er wird unsere beiden Wagen bewachen. Auf dem Parkplatz fühle ich mich nicht wohl, da gibt es zu viel Behinderungen, wenn man schnell sein will.«
Dass Stonehorn und Queenie sich trennten, konnte nicht weiter auffallen, denn Stonehorn wurde jetzt von anderer Seite angesprochen. »Unseren Glückwunsch, Mr King, unseren herzlichsten Glückwunsch! Das ist wirklich großartig gewesen. Hawley war auch sehr beeindruckt.«
Joe sah sich Kate Carson und Haverman gegenüber und deutete eine dankende Kopfbewegung an.
»Und jetzt gehen Sie natürlich tanzen mit Ihrer jungen Frau? Wo … na, sie war doch eben noch hier?«
»Sie ist noch einmal zum Wagen zurückgegangen.«
»Haverman und ich wollen uns das Treiben hier ein wenig ansehen, in den Anfängen wenigstens. Später könnte es zu turbulent werden. Oder wie denken Sie? Sie kennen doch …«
Kate Carson verschluckte, was sie hatte sagen wollen, und das war auch besser. Joe rechnete ihr das Bemühen, nicht in unsichtbar umherstehende Fettnäpfchen zu treten, als einen Pluspunkt an.
»Sie glauben doch auch, dass zunächst alles noch in seinen Grenzen bleibt?« formulierte sie unverfänglich.
»Bin nicht zuständig, Mrs Carson. Am besten fragen Sie unter der Hand einen Polizisten, ob Ausschreitungen erwartet werden oder nicht.«
»Wer viel fragt, erhält viele Antworten. Kommen Sie, Haverman, werden Sie nicht wieder bedenklich. Sie müssen unter die Leute, Sie werden sonst noch ein Bürokrat. – Ja?« Kate Carson hatte es sich offenbar zur Aufgabe gemacht, ihren Kollegen zu betreuen, solange dessen Frau ihres Rheumaleidens wegen auf Kur war und er sich als einsamer Strohwitwer allein durch sein Beamtendasein schleichen musste.
Mit ihrem letzten, halb fragenden Ausruf wandte sich Kate Carson wieder King zu. Sie hatte den Eindruck, dass er noch etwas sagen wollte. Joe nahm die Gelegenheit wahr. »Entschuldigen Sie … aber vielleicht hat Mr Haverman mit seiner Vorsicht recht. Ich habe meine junge Frau dabei. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sich unauffällig bei einem der Polizisten erkundigen könnten, ob wir unseren Tag trotz der Newt Beats in Ruhe und mit Vergnügen werden beschließen können oder ob die Polizei etwas wittert. Die Polizei hat hin und wieder auch einmal eine gute Nase, und Sie können sich als Angestellte des Bundes ausweisen.«
Kate Carson lachte ungezwungen. »Joe, Sie sind nach wie vor ein ausgesprochenes Biest. Erlauben Sie mir, das zu sagen, ich könnte in etwa Ihre Mutter sein.«
Joe King war keineswegs gekränkt. Er lächelte vor sich hin.
Kate Carson aber machte sich tatsächlich auf den Weg, um sich Auskunft bei der Polizei zu holen. Als sie zurückkam, berichtete sie: »Die sind selbst unsicher. Wir bleiben also ganz in der Nähe des Hauptausgangs, Haverman, dann sind wir sofort draußen, wenn die Begeisterung der Jugend etwas zu ausgelassene Formen annimmt oder wenn die Alkoholwellen in Menschengestalt heranbranden.« Sie zog den Widerstrebenden mit sich.
Unterdessen hatte Queenie den Wagen zum Erstaunen des Parkwächters wieder hinausgefahren. Er machte ein bedauerndes Gesicht, als er die junge Frau verschwinden sah; er glaubte wohl, dass sie sich mit ihrem Ehemann entzweit habe und auf das Fest verzichte.
Queenie fuhr über die Hauptstraße hinweg in die dunkle Seitenstraße unmittelbar gegenüber und fand dort Russells Wagen, der in Fahrtrichtung stand. Sie stellte den ihren davor ab. Russell kam herbei, öffnete und schloss galant den Wagenschlag, und da Queenie soviel Höflichkeit für einen Vorwand hielt, fragte sie gleich: »Was ist los?«
»Noch nichts, Queenie. Ich will Ihnen aber sagen, damit Sie Bescheid wissen: Ich liege unter Ihrem Wagen. Es könnte ja immerhin etwas zu reparieren sein. Aber wenn Sie mal schnell losfahren, denken Sie auf alle Fälle dran.«
»Vielleicht lassen wir Sie dann unbeschädigt zurück.«
»Kann passieren. Früher, wissen Sie, hat sich ein richtiger Westmann unter das Pferd gehängt, wenn er nicht getroffen werden wollte. Na, das kam mir in den Sinn. Ein Pferd und ein Auto sind überhaupt nicht so verschieden, wie mancher glaubt, nur dass ein Pferd selbst aufpasst und einen warnt, das kann das Auto nicht. Und ein Wagen lässt sich nicht darauf dressieren zu bocken – obgleich ein gut behandelter Wagen unter einer fremden Hand auch nie so läuft wie unter dem eigenen Herrn. Welche Beschleunigung schafft denn Ihr nettes Ding da?«
»In acht auf fünfundsechzig Meilen.«
»Das reicht immerhin für einiges. Mehr als eineinhalb Sekunden schneller sind die anderen dann keinesfalls. Aber wahrscheinlich sind sie langsamer. Joe hat wieder einmal unwahrscheinliches Glück gehabt mit der Unfallkarre da – Mann, die war noch das Fünffache wert von dem, was er bezahlt hat.«
Russell nickte Queenie freundlich verabschiedend zu. Sie behielt den Startschlüssel bei sich.
Stonehorn fand sie, wie verabredet, vor dem Haupteingang, und sie gingen zusammen in die große Barackenhalle, die Hunderten von Menschen Raum gab. Rechts und links des Eingangs waren zur Selbstbedienung Schanktische und Büfetttische aufgebaut, die bereits umdrängt wurden. Rechter Hand stand, anschließend an das Büfett, ein langgestreckter Tisch mit Sitzgelegenheiten. Dort entdeckte auch Queenie sofort Kate Carson und Haverman, die sich Brötchen und eine Flasche Mineralwasser geholt hatten. Es war bei ihnen kein weiterer Platz frei, so dass man sich ungefährdet von etwaigen Einladungen dort zeigen konnte. Stonehorn tat das, und Queenie traute ihm dabei Nebenabsichten zu. Kate Carson und Haverman aber waren von dem höflichen Verhalten ihrer Reservationskinder angetan. Sie bedauerten, dass kein Sitz mehr frei war, und warfen dabei prüfende und etwas besorgte Blicke auf ihre Tischgenossen. Es waren ohne Ausnahme Männer, alles Männer mit Stiernacken und Pranken, schwergewichtig, rüde wirkend in ihrer Haltung und ihren Blicken.
»Gibt es noch bessere Plätze?« erkundigte sich Kate Carson bei Joe.
»Für Sie nicht, Mrs Carson. Sie stehen hier unter bewährtem Schutz.«
Kate Carson wusste nicht genau, was die Worte zu bedeuten hatten. Die starken Männer schielten argwöhnisch auf Joe King.
»Ach so, Saalschutz«, erklärte Haverman beruhigt und beunruhigt zugleich. »Starker Saalschutz. Hoffentlich reicht er aus.«
Die beiden Kings verabschiedeten sich »vorläufig«, wie Joe sagte, und gingen weiter.
»Typisch«, sagte Stonehorn zu Tashina. »Da sitzen sie alle auf einem Haufen, alle Rausschmeißer, wie ein Mann. Wenn es aber in der anderen Ecke losgeht, kommen sie zu spät. Das wäre ihnen auch egal, denn sie haben nur die Beats zu schützen. Andere Tote gehen sie nichts an.«
Das Podium für die Musik war in der Mitte der Saalwand rechter Hand aufgebaut.
»Und dann«, fuhr Stonehorn fort, »– aber dorthin brauchst du jetzt nicht zu schauen – hat Mike wieder einmal in alter Manier disponiert. Immer Masse, immer Schwergewicht, und ich will schwören, dass er hinten in der Ecke Maschinenpistolen in Reserve hält. Es ist der Tisch links hinten – Mike dort, Jenny dort, James dort, und was an Prominenz aus den beiden Gangs samt ihrer Weiblichkeit Zeit hatte. Wie Harold an diesen Tisch kommt, sollte mich interessieren … aber wahrscheinlich ist er hineingeraten wie das Büffelkalb zwischen die Wölfe – Ich sagte dir ja, Idioten überrumpeln mich immer, weil ich sie nicht begreife.«
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.