Kitabı oku: «Tabulose Seitensprünge»
LULANdA
TABULOSE
SEITENSPRÜNGE
SINNLICH – SÜNDIG - SCHAMLOS
© 2020 by verlag4you
Imprint: edition4you
1.Auflage
ISBN 978-3-947183-37-1 (EBOOK)
Inhalt verfasst von: Lulanda
Foto Titelbild: Pexels
Buch- und Umschlaggestaltung: P. Haridi, verlag4you
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig.
Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Ein Quickie in drei Akten
„Auf zur Pflichterfüllug“
„Achtung, fertig … Action!“
„Laangweilig!!“
„Immer noch laangweilig!!“
„Aufregend!“
„Stefan kennt …?“
„Im Zwiegespräch“
„Kurzer Zwischenstopp“
„Der Lift der Lust“
„Break“
„Der Parkplatz der Lust“
„Na, toll! Wieder ein Break“
„Der Toilettenraum der Lust“
„Na, geht doch! - Endlich befriedigt“
Cäsars Lenden und Friedrichs Moneten
Allein in Gedanken
Hedwig
Friedrich
Ich und ich
Ein neuer Tag
Ingrid
Veränderung
Der Plan
Vorbereitung
Erste Begegnung
Und jetzt?
Fast erwischt
Die Suite
Ehegespräche
Cäsar - die Erste
Das Buffet ist eröffnet
Schlaraffenland
Cäsar – die Zweite
Cäsar – die Dritte
Touch Down
Alles wieder auf Anfang
Private Einführung – in die Esoterik?
Zeit, aufzuwachen
Rebellion
Vorsichtige Annäherung
Crimson and Clover
„Gestochen scharf“
„Alissa“
„Die Erscheinung“
„Gestatten? Herr Professor von Isenburg“
„Mit Alissa allein zuhause“
„Auf Tuchfühlung“
„Zwei sind eine zu viel“
„Maia intim“
„Fotosession“
„Nichts ist wie es war“
„Ein ewiges Auf und Ab“
„Bei Maia zuhause“
„Party (fast nur) mit Maia“
„Der Ritt in den Wahnsinn“
„In Rage nach der Ekstase“
„Zurück in mein Leben“
Vorwort
Gestatten,
mein Name ist Sensualitas lasciva oder: die „laszive Sinnlichkeit“.
Nun, da wir beide in diesem Buch aufeinandertreffen, darf ich fragen wer Du bist? Bist Du männlich, weiblich oder divers? Oh Entschuldigung, wie plump von mir. Wenn ich Dich um Offenheit bitte, dann werde ich es selbstverständlich auch zu Dir sein.
Ich bin männlich, weiblich, divers - ich existiere in allem und jedem. Ja, ich lebe auch in Dir. Ich bin Dein sexuelles Ich! Ich kann Dich steuern, Dich antreiben, Dich verzaubern, Dich fliegen lassen und ich kann Dich bisweilen sogar in den Wahnsinn treiben. Du könntest abhängig von mir werden, mich brauchen wie die Luft zum Atmen. Ja, und ich kann Dich sogar verlassen. Dann verschwinde ich für einen gewissen Zeitraum, und wenn ich wieder zu Dir zurückkehre, dann feiern wir unser Wiedersehen mit einem rauschenden Knall. Ich weiß, Du könntest mich entweihen, mich instrumentalisieren, mich dazu bringen, Dich selbst oder die Menschen in Deiner Nähe zu missbrauchen. Nun gut, wir wollen nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Zwar treibe ich auch in den tiefsten Abgründen menschlichen Daseins mein Unwesen, doch da im Moment dieses Buches hier der Ort unseres Aufeinandertreffens ist, bleiben wir lieber an seiner schönen, kribbeligen, leichtgängigen Oberfläche. Und selbst die kann so ihre Tücken haben.
Mit diesem Buch in Deinen Händen begrüße ich Dich also herzlich zu drei erotischen, vor allem aber „menschlichen“ Geschichten über den Spaß, den ich Dir und anderen Menschen bereite. Ich übe Reize aus, schüre Begierde und Leidenschaft, sorge für unbändige Triebhaftigkeit und Wollust, die Dir eine Gänsehaut über den ganzen Körper jagt. Am Ende dieser Abenteuerreise winken zumeist die herbeigesehnte Befriedigung, tiefe Entspannung und das Gefühl, auf Wolken zu schweben. Bitte amüsiere Dich, schmunzele hier und da, relaxe und, ja, „imaginiere“. Wenn Du mich neugierig, offen und ohne Zensur in die Welt Deiner Vorstellung hineinlässt, werde ich Dir mithilfe dieses Buches ein intensives Erlebnis schenken.
Welche Erwartungen hast Du? Möchtest Du ein warmes Kribbeln in Deinem Körper verspüren? Möchtest Du Dein Kopfkino anschalten und Dir Anregungen für Deinen eigenen Film holen? Wer weiß, vielleicht handelt die ein oder andere Situation sogar von Dir? Vielleicht kennst Du die ein oder andere Begebenheit aus Deinem eigenen Leben?
Lass mich Dich ein Stück mitnehmen auf den Weg zu Deinen geheimen Fantasien. Für mich wird es tiefe Freude sein, wenn Du dieses Buch schließlich inspiriert und erhitzt aus Deinen Händen legst. Und wer weiß, vielleicht sehen wir uns schon recht bald wieder?
Unter uns gibt es einen, der „Viele“ ist: ein Punk, ein Tüftler, ein Genießer, ein Denker, ein Erfinder, ein Kämpfer, ein Freund, ein Partner, ein Mensch - mein Faible!
Für mich ist er der „Junge mit der Pusteblume“ - Dir ist dieses Buch gewidmet!
Auch wenn ich alle Sprachen des Ungehorsams beherrsche, so bin ich für diesen kurzen Moment artig und richte meinen größten Dank in tiefer Verneigung an einen Verbündeten, einen Mitstreiter, einen Freigeist und mittlerweile einen "Partner in Crime": Danke, Frank Stange!"
Ein Quickie in drei Akten
„Du siehst bezaubernd aus!“, sagt Stefan, während ich in meinem Schuhschrank kniend nach so etwas wie damenhaften Schuhen suche. Ich kann seinen Blick förmlich spüren, wie er genüsslich auf meinem Hinterteil verweilt. „Vielen Dank, der Herr!“, summe ich zurück. Mit einem Klaps auf meinen Po verlässt er gut gelaunt pfeifend das Zimmer: „In zehn Minuten geht es los. Schaffst Du das?“ „Natürlich!“, antworte ich überzeugend. Innerlich bekomme ich Stress. Wo sind nur meine Pumps? Ich kann jawohl schlecht in meinen Boots dort auftauchen. Obwohl, es wäre ein interessanter Stilbruch. Und wie würden sich meine Lackstiefel dort so machen? Komm, Du verlierst Zeit, suche lieber die Pumps. Ah, immerhin. Da ist zumindest schon mal einer. Halbe Miete! Und… Bingo! Da ist der zweite. Na, wer sagt’s denn? Stefan wird entzückt sein, dass ich tatsächlich pünktlich zum Aufbruch bereit sein werde.
Ich weiß nicht wie er es immer schafft, auf die Sekunde genau fertig zu sein. Erst zögert er den Zeitpunkt zum Umkleiden, Stylen und all den anderen kleinen Feinheiten hinaus, sodass ich mir immer wieder sicher bin, dass ich dieses Mal auf ihn warten werde. Wenn er dann aber knapp vor dem Aufbruch lässig startet - er sucht ja noch nicht einmal seine Kleidung vorher aus - ist er keine fünf Minuten später umgezogen und gestylt und sieht dabei auch noch verdammt gut aus. Ist das bei allen Männern so? Oder bin ich die einzige Frau, die mindestens zwei Stunden vorher total gestresst mit dem Schön-Mach-Ritual im Badezimmer beginnt? Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich möchte nicht von mir behaupten, dass ich besonders eitel bin. Wenn mir das Gesamtbild gefällt und ich mich wohl fühle, dann kann der Abend nur gut werden. Der Punkt ist jedoch, dass der Moment an dem mir mein Gesamtbild gefällt, immer ganz schön auf sich warten lässt. Was den heutigen Abend betrifft, so bin ich total entspannt. Mit meinem rückenfreien, dunkelroten Minikleid und den schwarz-roten Schnürpumps kann ich nichts falsch machen.
Und wenn es auch ein gewagter Fummel ist, der eng anliegt und meinen Körper betont, so möchte ich mir das in meinem Alter noch leisten können. Was kann ich dafür, wenn die anderen Damen im Laufe ihres Lebens immer verschlossener und grauer aus der Tür gehen? Heute Abend bin ich eine stolze Frau, die im Arm ihres geliebten Partners den Raum betreten und alle Anwesenden strahlend begrüßen wird. Stefan soll um seine Frau beneidet werden. Wir sind ein Paradebeispiel dafür, dass eine Ehe nicht das Ende des guten Geschmackes bedeutet. Und überhaupt - wenn ich meinen Stefan so betrachte steigt ein Glücksgefühl in mir hoch. Ich liebe ihn wie am ersten Tag. Sicher, er hat im Laufe der Zeit ernstere Züge bekommen, nimmt seine Arbeit manchmal zu wichtig und ist immer korrekt. Allerdings kann er auch ganz anders: Total wild, sehr fordernd und aufregend dreckig. Während wir vor der Haustür auf unser Taxi warten, freue ich mich in Gedanken schon wieder auf die Heimkehr. Ich bin extrem scharf auf Stefan! Sobald wir später unsere Wohnungstür hinter uns zugezogen haben, werde ich ihn wollüstig überfallen. Er wird gar nicht wissen wie ihm geschieht. Innerlich seufze ich sehnsüchtig bei dem Gedanken.
„Auf zur Pflichterfüllug“
Da kommt das Taxi. Wir steigen ein und lassen uns entspannt zum Ort des Geschehens kutschieren. Dieser Abend ist Stefan sehr wichtig. Er arbeitet bei einer großen Versicherungsagentur und diese lädt zu einer feudalen Jubiläumsfeier in einem ehemals prunkvollen Lust- und Jagdschloss am Stadtrand ein. Sogar einige Delegierte aus den europäischen Niederlassungen werden erwartet. Für die hier im Inland arbeitenden Kollegen ist das der spannendste Faktor des Abends. Viele kennen sich von früher, teilten einst gemeinsam ein Büro oder wurden im Laufe der Jahre zu Freunden. Als die Firma innerhalb Europas expandierte, wurden einige Mitarbeiter - je nach Kompetenz und Fähigkeit - in den neu geschaffenen Niederlassungen eingesetzt. Sich nun nach langer Zeit wiederzusehen, miteinander auszutauschen und zu fachsimpeln ist genau Stefans Ding.
„Egal wer anwesend sein wird, für mich bist Du die mit Abstand sexigste Frau.“, reißt Stefans Stimme mich aus meinen Gedanken. Er lächelt mich liebevoll an. Wie sehr ich seinen warmen Blick liebe. Er ist mir so vertraut und gibt mir stets das Gefühl von Sicherheit. „Du weißt, wie sehr Du mich noch dazu in diesem Kleid anmachst?“, fragt er leise mit einem süffisanten Grinsen und legt dabei seine Hand auf meinen Oberschenkel. Ich bekomme eine Gänsehaut als er fester anpackt. Ob ich am besten gleich hier im Taxi über ihn herfalle? Wäre vielleicht ein zusätzlicher Reiz, wenn der Taxifahrer dabei zuschaut. Ich lege mein Kinn auf seine Schulter und mit meinen Lippen ganz nah an seinem Ohr hauche ich: „Und Du weißt, wie ich es liebe, wenn Du es mir noch dazu später vom Körper reißen wirst?“ Während meiner Frage wandert meine Hand zielbewusst in seinen Schritt. Er schluckt und grinst weiter. Ich packe ein kleines bisschen fester zu und spüre ein leichtes Zucken in der Hose. Ihm entfährt ein leidenschaftlicher Seufzer. Na bitte, auch körperlich sprechen wir die gleiche Sprache.
Schade, viel zu früh biegen wir ab und fahren die lange Allee zum Eingangsportal des Schlosses entlang. Schluss mit den Intimitäten, jetzt geht es schön gesittet weiter. Ich spüre ein Verlangen, mich gegen sämtliche Etikette zu verhalten. Einzig Stefan zuliebe reiße ich mich am Riemen. Kaum angekommen sehe ich auch schon die besagten „grauen“ Frauchen mit einem Glas Champagner in der Hand den Eingang zieren. An ihrem gespielten Grinsen auf Knopfdruck ist offensichtlich zu erkennen, dass der Abend unter dem Motto „Oberflächlichkeiten“ stehen wird. In den Gesichtern lese ich Unlust, einstudierte Rollen und gelogene Komplimente. Ich weiß genau, warum ich zu den Frauen und Kolleginnen aus Stefans Arbeitskreisen keinen Kontakt pflege. Sie können dankbar dafür sein, denn ich stehe nicht auf deren Schauspiel und würde ihnen stattdessen direkt meine Meinung präsentieren: „Zieh nicht so ein Gesicht; Was ist das Kleid altmodisch; Na? Neidisch, weil Du schwerer und älter bist als ich?“ Ich grinse bei der Vorstellung, wie verdattert und nach Luft ringend sie mich anschauen würden.
„Achtung, fertig … Action!“
„Stimmt so.“, lässt Stefan den Taxifahrer wissen und wir steigen gemeinsam aus. Es ist Spätsommer und das Wetter ist an diesem Abend erfüllt mit warmer Sommerluft, einem Hauch von Wind und fantastisch aufeinander abgestimmten, lebendigen Farben. Mit einem zwitschernden „Guten Abend!“ in die Runde gehe ich am Arm meines Mannes an den gesitteten Damen vorbei. Ein paar Kollegen kommen auf uns zu. Wir begrüßen uns mit vertrauten Wangenküsschen und schon geht das Fachsimpeln los. Gleich werden deren Frauen dazukommen, von denen ich vielleicht ein oder zwei kenne. Sie werden höchstwahrscheinlich damit beginnen mich zu fragen, ob ich das Ambiente der Location nicht auch so zauberhaft finde. Bingo! „Nun ja, andererseits wäre es für die Firma peinlich, wenn sie die Kneipe mit Kegelbahn um die Ecke gewählt hätten.“, antworte ich. „Oh, mein Gott. Ja! Wie peinlich.“, bestätigt mich eine Blondine mit knochiger, etwas schiefer Nase. Das kann ja heiter werden.
Diskutierend und lachend bewegen sich Stefan und die ihn begleitende Männertraube in Richtung Saal. Dieser ist dezent festlich geschmückt, alles passend Ton in Ton, nicht zu aufdringlich und nicht zu zugeknöpft. Firmenfeiern sind ja eigentlich bekannt für ihren schmalen Grat zwischen angespanntem Benehmen und alberner Ausgelassenheit. Die großen, runden Tische bieten ausreichend Platz, um sich gestikulierend wichtig zu tun. Damit dann auch gleich klar ist, welchen Namen der oder die Klugscheißerin eigentlich trägt, gehören zu jedem Gedeck farblich passende Namenskärtchen. Zum Auftakt und Ankommen ist das sinnvoll. Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass sich spätestens nach dem Abendessen keiner mehr an die Sitzordnung halten wird. Für uns ist einer der Tische mittig im Saal vorgesehen. Mit uns werden weitere fünf Personen daran Platz nehmen. Moment mal: Wir sind also sieben Personen - dann sitzt entweder ein überzeugter Single oder aber eine in Partnerschaft unzumutbare Person mit am Tisch. Innerlich muss ich lachen, denn ich stelle mir einen erwachsenen, hageren Typ „Sohnemann“ mit Seitenscheitel, dicker Brille und Pullunder vor, der von Mami kurz vor dem Ausgehen noch einen Kuss auf die Stirn und den mütterlichen Rat erhält, gut auf sich aufzupassen. Soll heißen: „Lass die Finger vom Alkohol und von den Frauen! Das ist viel zu gefährlich und verdirbt Dich. Du möchtest doch wohl unserem Herrn Pfarrer nach der Sonntagsmesse nicht noch seine kostbare Zeit stehlen, oder?“
Nun gut, wer oder was auch immer da Platz nehmen wird - mir kann es egal sein. Jedenfalls werde ich nicht Mutter Teresa spielen und mich um „Herrn oder Frau Unbedarft“ kümmern. Ich mache es mir an dem für mich vorgesehenen Platz gemütlich. Mich umgibt ein Knäuel aus wirrem Gemurmel. Ab und an flüchtet ein aufdringlich lautes Lachen, gefolgt von beklemmtem Kichern hinauf zur Saaldecke. Ein wahrer Teppich aus Geräuschen, Tönen und Stimmen. Nur Stefans Stimme höre ich nicht heraus. Wo ist er eigentlich? Ah, noch immer steht er mit zweien der Kollegen von vorhin zusammen. Sie scheinen in ein ernstes Gespräch verwickelt zu sein. Jedenfalls bemerke ich gerade keine Spur von der überschwänglichen Stimmung zur Begrüßung. Ach, mein Stefan! Wenn er so ernst dreinschaut hat er einen richtig sehnigen Gesichtsausdruck. Er presst dann beim Nachdenken immer die Lippen aufeinander und ich sehe, wie sich seine Kieferknochen an- und wieder entspannen. Es wäre mir ein Fest, könnte ich nun frivol zu ihm hinüber schlendern, sein Becken mit meiner Hüfte streifen und ihn mit dem Duft meiner Haare betören. Mein Geschenk hieße Entspannung, mein lieber Schatz. Davon wirst Du später noch eine ganze Menge bekommen, während ich gleichzeitig das Stillen meiner Lust für mich in Anspruch nehmen werde.
„Laangweilig!!“
Die Location füllt sich langsam mit all den Dienern und Knechten, den Hinzen´s und Kunzen´s sowie natürlich der grauen Eminenz aus der Riege der oberen Zehntausend. Ganz schön viele Egos, die sich hier köstlich zu amüsieren scheinen. Heute dürfen sich die Herren Müller vor ihren Frauchen mal so richtig wichtig machen. Und die Frauen Meier spielen Cinderella, aufgetakelt mit Billigschmuck und gewagtem Schlitz im Kleid. Nur einen Zentimeter höher und ich könnte den Rand ihrer Nylonkniestrümpfe sehen. Wenn das mal nicht festlich ist! Hier und da lässt sich eine der edlen Damen herab und lächelt mir gequält zu oder es zischt ein leises „Guten Abend“ durch schmale, blass geschminkte Lippen in meine Richtung. Höchst professionell entsende ich eine gerade noch so als Lächeln interpretierbare Geste an jede von ihnen zurück. Endlich entdecke ich dann doch eine Person, die mir gegenüber wohlwollend gesonnen ist. „Hallo, Carla!“, ruft Rieke laut und winkt mir dabei zu. „Hey, Rieke. Endlich. Ich habe schon befürchtet, Ihr hättet es Euch zuhause auf der Couch gemütlich gemacht.“, entgegne ich, wohlwissend, dass Rieke so gar nicht auf diese Art von offiziellen Feierlichkeiten abfährt.
Rieke ist Stefans Assistentin, die oftmals mehr in bestimmte Vorgänge eingebunden ist als Stefan selbst. In ihr hat er eine absolut verlässliche und ehrliche Kollegin. Irgendetwas an ihr fasziniert mich. Ich weiß nur nicht, ob es ihre Rehaugen, ihre niedlichen Grübchen oder vielleicht doch sogar ihr kleiner Popo ist. Ich mag sie ganz einfach, obwohl sie mit derart schönen Haaren gesegnet ist, wie ich es mir immer gewünscht habe. Also keine Stutenbissigkeit meinerseits. Wäre ich ein eifersüchtiger Charakter, müsste ich meinem Stefan natürlich unterstellen, dass er sie eigentlich nur attraktiv finden kann und sich ihretwegen des Öfteren abends länger im Büro aufhält. Womöglich stellt er sich während der Bearbeitung seiner trockenen Versicherungsfälle vor, wie Rieke ihn „nass“ macht. Gut möglich, dass er solche Fantasien tatsächlich hat. Mir ist das allerdings egal, denn Rieke ist fest gebunden - mit ihrer Frau! Letzten Sommer haben Rieke und Svenja sich nach langen Streitigkeiten mit ihren Familien endlich das Ja-Wort gegeben. „Svenja kommt später. Muss mal wieder Überstunden machen, die Arme.“, erklärt Rieke Ihr alleiniges Erscheinen, während ihre Augen die Namenskärtchen an unserem Tisch abwandern. „Mist, wo haben die uns denn hin verfrachtet?“, murmelt sie, da ihre Namen auf keinem Kärtchen zu lesen sind.
„Immer noch laangweilig!!“
Eine der zahlreichen Kellnerinnen reicht uns ihr Tablett freundlich an und wir bedienen uns mit einem Glas Champagner. Nippend meint Rieke: „Na, ich schau dann erstmal, an welchem Tisch ich mich zu benehmen habe.“ „Mach das. Wir setzen uns dann später gemeinsam ab.“, so mein Plan. Als eine sehr vertraute Hand meine Schulter streichelt, drehe ich mich um und schaue in das zufrieden lächelnde Gesicht meines Partners. „Fertig debattiert?“, frage ich. „Nur pausiert.“, grinst Stefan. Es wird bedächtig still, ein leises Raunen verdrängt das wirre Durcheinander der Stimmen. Alle Gäste begeben sich zu ihren vorgesehenen Tischen und auch bei uns gesellen sich zwei Paare dazu. Wir kennen uns alle nicht. Dafür sehen sie jedoch einigermaßen umgänglich aus. Lediglich die vermeintliche Altlast, die keiner haben will, ist noch nicht anwesend. Sitzt vielleicht noch im Bus, vorne beim Fahrer und völlig überfordert so weit weg von Mutti…
Nach einem kreischenden Piepton wissen nun alle Anwesenden, dass das Mikrofon angeschaltet ist. Zwar verfügt der Saal nicht über eine Bühne, dafür wurde jedoch ein recht ansehnliches Podest aufgebaut. Ein Herr in einem teuren aber langweiligen Anzug geht zielsicher auf das Mikrofon zu. Jetzt also kommt die Begrüßungsansprache mit Lobhudelei, Anbiedern, schlechten Witzen und tausend Mal gehörten Anekdoten. Breit lächelnd holt der Redner tief Luft: „Sehr geehrter Herr Aufsichtsratsvorsitzender Prof. Dr. Hartmann, sehr geehrte Damen und Herren des Vorstands, sehr geehrte Herren Geschäftsführer Dr. Spatenbrink und Dr. Retz. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Angehörige und Freunde. Im Namen der Imperial Global AG möchte ich Sie recht herzlich zu dieser Veranstaltung begrüßen. Eine besondere Freude ist es, dass wir heute Abend eine großartige, vereinte Familie sind. Einige von Ihnen haben sich ja schon angeregt ausgetauscht, manche werden sich heute Abend vielleicht auch erst kennenlernen. Wir möchten Sie mitnehmen auf eine Reise in die Vergangenheit. Stolz blicken wir auf 50 Jahre Imperial Global - eine Erfolgsgeschichte.“ Die Stimme da vorne wird in meinen Ohren immer leiser. Stattdessen wandern meine Augen die Anwesenden ab. Ich könnte ja schon wieder Gedanken zitieren von so manchem nach vorne starrendem Gast. Einige Frauen zupfen gelangweilt ihre Kleider zurecht. Wieder andere scheinen nur wegen des Buffets gekommen zu sein. Was für eine Qual dieses Warten auf den Eröffnungsgong für sie sein muss.