Kitabı oku: «Deutschland wohin???», sayfa 7

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Die Problematik der Überhangmandate gilt auch für die Landesparlamente, wie das Beispiel Hessen zeigt. Dadurch ist im derzeitigen hessischen Landtag die Anzahl der Parlamentsabgeordneten um 24,5 % gestiegen. Durch diese Überhangmandate erfuhr im hessischen Landtag die heutige hessische Regierungskoalition eine Einstimmenmehrheit, mit der sie seitdem regiert. Diese Regierungsbildung ist formaljuristisch unantastbar, aber sie lässt großen Zweifel aufkommen, ob das dem Wählerwunsch und einer wirklichen Demokratie entspricht. Der Staatsrechtler von Arnim sieht deshalb dringenden Reformbedarf für das Wahlrecht. Er befürchtet sonst großen Vertrauensverlust für die Politik und damit schweren Schaden für die Demokratie, wenn eine Änderung des Wahlrechts aus Eigeninteresse der Parlamentarier bzw. Landtagsmitglieder weiterhin verschleppt wird (WK 8.7.2019). Das Beispiel Hessen zeigt, dass die vom Verfassungsgericht vorgegebene Wahlrechtsreform auf Landesebene ggf. noch zögerlicher als auf Bundesebene angegangen wird (WK 9.9.2020), weil sich dort die Koalition aus CDU und Grüne dagegen sperrt.

Die Arbeit wird durch die Parlamentsaufblähung nicht besser, denn nun sind alle Parteien proportionsgemäß in den vielen Ausschüssen zu beteiligen. Die Arbeitsfähigkeit von Ausschüssen sinkt ab einer gewissen Teilnehmeranzahl (nach meiner Erfahrung aus jahrzehntelanger universitärer Seminararbeit ab etwa 12 Teilnehmern), da dann der Abstand zwischen Redezeiten und Wortmeldungen bei der Vielzahl der Personen schnell zu lange und damit unergiebig wird. Die erhöhte Anzahl der Parlamentsmitglieder lässt also kein effizienteres Arbeiten oder bessere Lösungen erwarten, eher umgekehrt auf jeden Fall entsprechend höhere Kosten. Natürlich wird seit langem eine Wahlrechtsreform gefordert und ist durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorgegeben. Bis 2020 passierte aber nichts. Der zaghafte Reformansatz der Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD vom Sommer 2020 wird zurecht von den Oppositionsparteien als Reförmchen bezeichnet, die nur wenig Substanz für eine tatsächliche Reform im Sinne des Urteils des Verfassungsgerichtes bringt (WK 6.10.2020) und den Bundestag ggf. sogar noch vergrößert.

Das weitgehende Festhalten an der derzeitigen Situation beinhaltet schließlich für die großen Parteien keine Nachteile, sondern eher Vorteile. Ohne Überhangmandate hätten sie mit hoher Wahrscheinlichkeit weniger Parlamentsabgeordnete. Das bringt Nachteile bei Abstimmungen und für die Chancen zur Regierungsbeteiligung, wie das Beispiel Hessen belegt. Außerdem könnte man dann nicht so viele bewährte Parteimitglieder in die lukrative Position eines/einer Abgeordneten bringen. Deshalb mahnen Staatsrechtler dringenden Reformbedarf an. Bislang tut sich wenig (WK 8.7.2019), obwohl bereits 2012 das Bundesverfassungsgericht das geltende Wahlrecht als nicht verfassungskonform beurteilte und bis 2013 die Schaffung einer Neuregelung vorgab. Die ist bis heute nicht erfolgt (s. a. Lembecke, O., Heber, F.: Vertagt, verdrängt, verfassungswidrig …). Bei einem derartigen Negieren von Gerichtsurteilen durch private Personen würden die staatlichen Stellen ganz anders und mit größtem Nachdruck reagieren. Eine derartige Ignoranz und Nicht-Beachtung des Urteils des höchsten deutschen Gerichtes durch das Parlament, als höchsten Gremien der deutschen Gesetzgebung, sind ein erschreckender Offenbarungseid für unsere Demokratie. Wenn die Spitzenpolitiker, die unseren Staat lenken, die höchste und wichtigste Rechtsprechung derart missachten, was sind dann Recht in Deutschland und damit unsere Demokratie noch wert? An dieser Ignoranz von Recht sind die Spitzenpolitiker der Parteien bis hin zur Bundesregierung und Kanzlerin beteiligt. Sonst hätten längst von dort entsprechende Aktivitäten kommen und umgesetzt werden müssen.

Die Voraussetzungen für das Handeln der Legislative, also für das Parlament, sind aber, wie dargelegt, auch aus anderen Gründen nicht immer überzeugend und fragwürdig für unsere Demokratie. Das gilt u. a. auch für Gesetze, die auf die gesamte Bevölkerung rückwirken, wie z. B. die Mehrwertsteuer (MwSt.). Es ist nicht nachvollziehbar, dass nach den im Bundestag beschlossenen, rechtskräftigen Gesetzen z. B. für Mineralwasser, Babynahrung oder Damenbinden eine MwSt. von 19 %, aber für Fleisch, Zucker oder Toilettenpapier 7 % gilt. Für das Übernachtungsgewerbe hatte damals die FDP unter Guido Westerwelle die Absenkung der MwSt. auf 7 % durchgesetzt. Die Kanzlerin hatte das schließlich akzeptiert, denn sie brauchte die FDP zur Regierungskoalition. Genauso wenig kann es überzeugen, dass große repräsentative Firmenfahrzeuge sowie ihr hoher Treibstoffverbrauch zu 100 % steuerlich absetzbar, aber die Aufwendungen für ein Kind – häufigen weit unter der Absetzbarkeit eines Firmenfahrzeuges – gedeckelt sind, oder dass Arbeitnehmer für ihre Fahrt zum Betrieb lediglich 30 c/km absetzen können. Es gibt etliche dieser zweifelhaften gesetzlichen Regelungen, deren Missachtung als Straftat verfolgt wird.

Problematisch ist auch plötzliches hektisches Regierungshandeln einzustufen. Das gilt vor allem dann, wenn nach langer Handlungsuntätigkeit unerwarteter, plötzlicher Handlungsdruck auftritt. Beispiele sind die Energie- und Klimapolitik. Der staatlichen Ausrichtung auf Atomkraft standen seit langem Zweifel entgegen. Die Problematik der Sicherheit, wie der Unfall 1982 in Tschernobyl oder über die endlose Zeit erforderlichen Sicherung ihrer strahlenden Hinterlassenschaft, sind seit langem bekannt. Sie führte aber nur zu sehr begrenztem Regierungshandeln. Erst der Atomunfall 2011 in Fukushima bewirkte eine plötzliche Handlungsbereitschaft, in der durch die Bundesregierung kurzfristig die Abschaltung der Meiler verfügt wurde. Die Haftungsansprüche die Betreibergesellschaften in Milliardenhöhe an den Bund durchsetzen konnten, wurde erst Ende 2020 bekannt. Evtl. wurden auch interne Vereinbarungen getroffen, mit denen den Gesellschaften andere Vorteile eingeräumt werden. Immerhin zahlen die Haushalte in Deutschland seit längerem die höchsten Strompreise in der EU.

Unbill lässt auch die Klimahektik erwarten, die 2018/2019 die Regierung Merkel entwickelte. Obwohl sich Frau Merkel lange Zeit als Klimakanzlerin gegeben hat wurde, wie oben angeführt, in der Vergangenheit viel zu wenig für den Klimaschutz getan. Deshalb waren die von der Regierung für 2020 gesetzten Ziele unerreichbar. In Anbetracht der jüngsten Entwicklung und der politischen Gewinne der Partei der Grünen hat die Kanzlerin hektisch die Initiative ergriffen. Es erscheint zweifelhaft, ob die neuen Regelungen und Maßnahmen im Gesamtkonzept stimmig sind oder zu neuer Unausgewogenheit und ungleich verteilten Belastungen der Bevölkerung führen.

Letztlich gilt das auch für das Regierungshandeln der Kanzlerin in der Flüchtlingskrise. Viele Maßnahmen und Aktionen erscheinen als hektisch, überstürzt und wenig überlegt. Das führte dann zu der enorm hohen Zuwanderung, an deren gesellschaftlichen und finanziellen Folgen Deutschland noch lange tragen wird. Ähnliches gilt für Aussagen der Kanzlerin in der Schlussphase von Bundestagswahlen, die dann später keine Folgen haben, wie zum Bürokratieabbau oder zu der Digitalisierung oder Zielsetzungen für Elektroautos auf deutschen Straßen.

Gleichfalls können die z. T. sehr großen Unterschiede der durch Landesgesetze und Verwaltungserlasse der jeweiligen Bundesländer Vorgaben kaum überzeugen. So weichen z. B. die Vorgaben für die Mindestgröße einer Schulklasse je nach Bundesland bis zu 100 % voneinander ab oder die vorgegebenen Einsatzzeiten der Rettungsdienste bis zu 350 %. In manchen Bundesländern müssen Grundschulen geschlossen bzw. aufgegeben werden, wenn die Schülerzahl nicht für die Klassenausbildung in allen vier Jahrgangsstufen ausreicht. In anderen Ländern gilt das nicht. Dort kommen eben andere Konzepte zur Anwendung. Genauso unterschieden sich die Grunderwerbssteuern in den Bundesländern sowie die Grundsteuern in den Gemeinden, selbst innerhalb eines Bundeslandes. Größte Unterschiede gibt es auch in den Belastungen der Bürger bei Straßensanierungen, je nachdem ob und wie diese per Anliegerbeiträge umgelegt werden (siehe a. Gutachten: Kennzahlen, Standardvorgaben der infrastrukturellen Daseinsvorsorge, die für das Bundesministerium für Verkehr Bau- u. Stadtentwicklung 2010 u. 2013 erstellt wurden). Fragwürdig erscheint zudem die neu zum Schutz von Flora und Fauna erlassenen Gesetze, die z. B. für das Töten von Wespen, je nach Bundesland, zwischen 5.000 und 50.000 € (in 10 Bundesländern), bei besonders geschützten Arten zwischen 5.000 € u. 50.000 € (in 12 Ländern), vorsehen. Diese Strafhöhe liegt weiter über den Strafen, die für schwere Körperverletzungen von Menschen verhängt werden. Das gilt ggf. selbst für Fälle, in denen Menschen zu Tode kommen. Die Wespenstrafe wird vom Großteil der Bevölkerung nicht angenommen und bewirkt nicht selten eher ein gegenteiliges Verhalten.

Fazit

Deutschland wird gemäß der Verfassung in einem demokratischen System der Gewaltenteilung aus parlamentarischer Gesetzgebung, Ausführung der Gesetze und Überwachung sowie rechtliche Umsetzung und Kontrolle durch die Justiz regiert.

Das international anerkannte demokratische deutsche Staatssystem weist aber auch Schwächen auf. Besonders gravierend: Das Parlament ignorierte lange das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform, um nach Jahren lediglich einen unzulänglichen Reformansatz vorzubringen. Eine schwerwiegende eigentlich unhaltbare Erosion der Legislative und Gefährdung der deutschen Demokratie, wenn die wichtigste Ebene der Gesetzgebung und Staatssteuerung den Gesetzesvorgaben des höchsten Gerichtsstandes derart unzulänglich nachkommt. Hier zählen die Vorteile der großen Parteien durch Überhangmandate offensichtlich mehr als ihre Verfassungstreue, das Verfassungsgerichtsurteil konsequent umzusetzen. Die Dominanz der Stimmenmehrheit der Koalition von CDU, CSU und SPD ermöglicht das Negieren der Oppositionsparteien mit der Tendenz zum Durchregieren der Koalition. Die Parlamentarier unterwerfen sich eher der Fraktionsdisziplin anstatt ihrer alleinigen Gewissensverpflichtung, wie es die Verfassung vorgibt. Deshalb sind Gesetze mitunter längst nicht immer frei von Fragwürdigkeit.

Die großen Parteien haben erheblichen an Profil verloren, die SPD vor allem unter Kanzler Schröder ihr traditionelles soziales Profil und CDU unter Kanzlerin Merkel ihr angestammtes konservatives Profil. Die Sorgen der Bürger wegen der sozialen Spaltung der Gesellschaft, schwindender Toleranz und Polarisierung kommen bei den Parlamentariern kaum noch an. Für Bürgerferne spricht auch der hohe Anteil von Berufspolitikern in den Parlamenten, die zunehmend eine immer mehr vom Bürger abgehobene politische Elite bilden. Durch die Kandidatenlisten geht der Bezug der Abgeordneten zum Wähler mehr und mehr verloren. Zudem werden viele Positionen der Bürgerbelange kaum noch besetzt oder nur mit Phrasen bedient. Den Parteien fehlt es auch an inhaltlichen Know-how was an dem oft einseitigen Hintergrund der Politiker fast nahe liegt. Viele Bürger sehen sich von den ehemals großen Parteien nicht mehr vertreten und wenden sich als Wähler ab, bei entsprechenden Stimmverlusten der alten/ ehemaligen Volksparteien. Das führt zur Aufspaltung der Parteienlandschaft mit hohem Stimmenzuwachs für die Partei der Grünen und die rechtsnationale AfD.

2.2 Die Exekutive

Für die Funktion des Staates sind als oberste Lenkungsebene und zur Umsetzung der Gesetzte die Bundes- und Landesregierungen sowie Behörden und Verwaltungseinheiten erforderlich. Die Bundes- und Landesregierungen stellen dabei die höchste Ebene der Staatslenkung dar, denn ihre Minister leiten die Ministerien. Die Exekutive ist nach dem Staatsmodell der bundesdeutschen Demokratie an der Gesetzgebung nicht beteiligt. Sie hat ausschließlich die Aufgabe die Gesetze sowie deren Einhaltung zu überwachen und umzusetzen. Die oberste Ebene der Exekutive, die Bundesregierung und die Landesregierungen ist aber zugleich die Ebene, die zur Wahrnehmung ihrer Staatslenkung und aus Erfordernissen der Weiterentwicklung die meisten Gesetzesvorlagen in den Bundestag und in die Landtage einbringt. Deshalb und wegen der Parteizugehörigkeiten der Parlamentarier besteht eine sehr enge Beziehung zur Legislative, aber die Bundes- und Landesregierungen haben keine gesetzgebende Gewalt, denn diese geht ausschließlich von den Parlamenten aus. Deshalb gibt es im Gesetzgebungsverfahren bei Parlamentsentscheidungen kein Stimmrecht für Regierungsmitglieder. Bei der engen Nähe von Legislative und Exekutive wurde die Zusammenhänge zwischen Regierung und Legislative bereits oben behandelt. Deshalb behandeln die folgenden Ausführungen nur die Bereiche der Exekutive, in denen sich Fragen und auch Widersprüche für das Staatsmodell Bundesrepublik aufzeigen. Die werden hier vor allem in den Sicherheitsbehörden, Überwachung/Datenschutz und Bundeswehr gesehen sowie in der Eigenmächtigkeit von Verwaltungen, die über die parlamentarisch beschlossenen gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.

Für die umfassenden Aufgaben der Exekutive werden diese in Sachbereichen gegliedert, die durch den dafür eingesetzten Minister politisch geführt werden. Dafür unterstehen dem Minister Staatssekretäre und diesen wiederum nach Sachgebieten gegliedert Abteilungen mit Abteilungsleitern, Dezernate und Dezernenten , Referatsleiter usw. bis hin zum „Fußvolk“ der Sachbearbeiter. In der ursprünglichen Ausrichtung des bundesdeutschen Staatsaufbaus hatte jeder Minister zwei Staatssekretäre, einen parlamentarischen, der für die Erfüllung der politischen Aufgaben zuständig ist, und einen sogenannten beamteten, dem die Umsetzung der fachlichen Aufgaben des Ministeriums obliegt. Die Stellen von Staatssekretären werden aber inzwischen vor allem parteipolitisch besetzt. Das gilt längst auch für beamtete Staatssekretäre, was nicht immer für die Fachbelange dienlich ist. Zugleich wurde die Anzahl der Staatssekretäre je Ministerium häufig erhöht. Das Bundesministerium des Inneren für Bau und Heimat nahm nach der letzten Wahl die Spitzenstellung mit drei parlamentarischen und fünf beamteten Staatssekretären bzw. Staatssekretärinnen ein. Das sind lukrative Posten, die aber auch die Kosten der Regierung hochtreiben. Noch problematischer kann die Besetzung von Ministern sein, wenn das politische Personalkalkül weit mehr Gewicht als die Fachqualifikation hat.

Ein besonders gravierendes Beispiel ist die Besetzung des Verteidigungsministeriums. 2013 berief die Kanzlerin Ursula von der Leyen auf den Posten. Frau van der Leyen hatte sich vorher als Sozialministerin (Soziales, Frauen, Familie u. Gesundheit) sowie danach als Bundesfamilienministerin (Familie, Gesundheit, Frauen u. Jugend) profiliert. Zu Wehrthemen trat sie überhaupt nicht in Erscheinung, da die erfolgreiche Führung im Sozialbereich sie voll beanspruchte. Trotzdem berief die Kanzlerin Frau von der Leyen 2013 auf den Posten der Bundesverteidigungsministerin. Die Führung des „Kolosses“ Bundeswehr und dessen nicht einfach zu durchschauende Strukturen weiterzuentwickeln und offensichtliche Mängel abzubauen ist eine Herkulesaufgabe, die sehr wahrscheinlich auch für einen erfahrenen Wehrexperten eine schwer zu bewältigende Herausforderung wäre. Damit aber eine Politikerin zu betrauen, die auf diesem Sachgebiet weitgehend fachlich unerfahren war, konnte nicht gut gehen. Die politische Kontroverse wegen der hohen Aufwendungen von 150 Mio. € für externe Berater und Gutachter konnten eigentlich nicht verwundern. Wie soll sich die im Wehrthema kaum qualifizierte Ministerin in den übermächtigen Bundeswehrstrukturen sonst behaupten? Die Probleme sind jedoch viel gravierender. Seit Jahren berichtet die Presse über Probleme, die eher zunehmen, anstatt sich zu verringern: Flugzeuge und U-Boote sind wegen technischer Defekte nicht einsatzfähig, was gleichfalls für die Vielzahl nicht einsatzbereiter Panzer gilt, bis hin zu den völlig aus dem Ruder laufenden Sanierungskosten für das Segelschulschiff Gorch-Fock (2.2.3, S. 151). In der Wirtschaft hätte ein Geschäftsführer oder ein Aufsichtsratsvorsitzender bei diesem anhaltenden Desaster längst seinen Job verloren. Einen Fußballtrainer hätte man wohl noch viel schneller gefeuert. Dennoch, die für diese Besetzung verantwortliche Kanzlerin Merkel hielt fünf Jahre unverdrossen an ihrer Besetzung dieses Ministeriums fest.

Doch diese Glosse geht noch weiter. Nach dem Wechsel von Frau von der Leyen zur EU berief nun die Kanzlerin die neue Parteivorsitzende Frau Annegret Kramp-Karrenbauer, kurz AKK genannt, auf die Führung des Verteidigungsministeriums. Frau AKK hat ebenfalls keine Qualifikationen für den Wehrbereich, jedenfalls gab es dazu bislang keine Presseberichte. Sie muss das Problemfeld Bundeswehr also ebenfalls ohne qualifizierte Sachkenntnisse und Erfahrungen mit der Bundeswehr übernehmen. Man fragt sich aber, wie soll sie mit so wenig Sach- und Vorkenntnissen die großen Probleme abbauen, die ihre Vorgängerin hinterlassenen hat? Durch diese Personalpolitik der Kanzlerin fühlen sich wohl nicht nur Soldaten, sondern auch manche Bürger verschaukelt. Nach meiner Meinung ging es der Kanzlerin vor allem um die Absicherung der eigenen Position. Laut Presseberichten rumorten in der CDU längst Stimmen, die für eine nahe Ablösung der Kanzlerin sprachen. Die nahe Ablösung wäre folgerichtig gewesen, denn dann hätte sich die oder der Nachfolger/in bis zur nächsten Wahl profilieren können, um einen Kanzlerbonus in der Wahl zu nutzen.

Mit der Berufung von AKK zur Verteidigungsministerin hatte sich Kanzlerin Merkel dieser möglichen Konkurrenz entledigt. AKK hatte nun absehbar enorme Aufgaben in der Bundeswehr zu bewältigen, um sich in diesem für sie neuen Inhaltsfeld zu behaupten. Das beansprucht Zeit. Ein zeitnahes Ausscheiden aus diesem Amt wegen einer Kanzlerkandidatur hätte sich katastrophal auf das politische Image von AKK ausgewirkt. Von daher konnte AKK an einer baldigen Ablösung der Kanzlerin nicht interessiert sein. AKK hat inzwischen die Konsequenzen gezogen und offiziell ihren Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur erklärt und hat 2021 auch den Parteivorsitz abgegeben. Was aber anzuerkennen ist, sie arbeitet sich mit großer Intensität in ihr neues Aufgabenfeld ein. Sie scheut sich auch nicht, beherzt Forderungen zu vertreten, die deutlichen politischen Konfliktstoff beinhalten, wie mehr Mittelausstattung, die Anschaffung neuer Kampfjets oder bewaffneter Drohnen. Derartige Töne hat man von ihrer Vorgängerin von der Leyen kaum gehört. Es spricht vieles dafür, dass sich AKK als erfolgreiche verdienstvolle Verteidigungsministerin zum Vorteil der Bundeswehr entwickelt und die Mängel und Defizite in der deutschen Verteidigungsfähigkeit abbauen wird.

Die Besetzung wichtiger Ministerien ohne vorherige entsprechende Fachqualifikation hat aber seit Beginn dieses Jahrhunderts Tradition. Unter Kanzler Schröder reichte die Qualifikation als Taxifahrer und die gewisse Lebenserfahrungen eines Joschka Fischers für das Amt des Außenministers und Vizekanzlers. Immerhin, Außenminister Gabriel hatte internationale Politikerfahrungen. Sein Nachfolger, der Jurist Heiko Maas, musste sich da erst einarbeiten. Dagegen musste der damalige Wirtschaftsminister Brüderle der FDP seinen Ministerposten für den neuen Parteivorsitzenden, den Mediziner Rössler, räumen. Der FDP brachte das kaum Glück, sondern merkliche Verluste an Wählerstimmen.

Die Kritik an der Personalpolitik auf Bundesebene bzw. der bisherigen Bundesregierungen trifft auch mehr oder weniger für die Regierungsebene und Parlamente der Bundesländer zu. Mir sind z. B. persönlich Berufskarrieren bekannt, in denen allein aufgrund des Parteibuches und der persönlichen parteibedingten Bekanntschaft zum Minister Personen mit der Leitung einer Abteilung einer Landesstelle betraut wurden, die dafür nur wenig Vorkenntnisse hatten. Deshalb wurden sie erst von Mitarbeitern, die sie in ihrer Leitungsfunktion beaufsichtigen und anleiten sollten, in die wahrzunehmenden Aufgaben eingearbeitet. Es bestehen aber infolge des föderalen Staatsaufbaus durchaus Unterschiede. Deshalb müsste eine derartige Betrachtung dezidiert auf alle 16 Bundesländer und Stadtstaaten eingehen, was den Rahmen der vorliegenden Publikation sprengen würde. Es ist jedoch anzuführen, dass viele Vorgaben in den Ländern unterschiedlich sind. Deshalb weichen, wie oben angeführt, die Standards und Vorgaben der Länder für Daseinsvorsorge häufig voneinander ab. Nahezu einheitlich ist die ebenfalls oben angeführte Tendenz, möglichst viele dieser Vorgaben durch Verwaltungserlasse und nicht durch parlamentarisch beschlossene Gesetze festzulegen. Das Gleiche gilt für einzelne Sachaufgaben, die auf die Gemeinde, i. d. Regel in Abhängigkeit von deren Größe, verlegt oder auch entzogen werden, um sie beim Kreis oder Regierungspräsidium anzubinden. Kritik verdient auch der Umgang leitender Politiker mit Gerichtsurteilen des Bundesverfassungsgerichts. Der Bundesinnenminister und die Landesinnenminister, die höchsten Politiker, die die Exekutive leiten, setzen sich so aus pragmatischen Gründen über das Urteil des Verfassungsgerichtes zum Staatstrojaner hinweg (2.2.2, S. 146-147). Ein höchst bedenkliches Verhalten von Politikern, denen die Verantwortung für die Einhaltung des Rechtssystems obliegt, wenn sie sich über höchste Bundesrechtsprechung hinwegsetzen.

Problematisch ist auch die wuchernde Bürokratie der Verwaltung. Es wird möglichst alles mit Vorgaben und Vorschriften und das möglichst detailliert geregelt. Das mag auch daran liegen, dass in der Verwaltung viele Führungspositionen mit Juristen besetzt sind. Das bedingt z. T. fehlendes Sachwissen, was noch durch die bevorzugte Stellung des Parteibuchs vor Fachqualifikation verstärkt wird. In der Verwaltung geht es offenbar nicht selten vor allem darum, Gesetze möglichst exakt umzusetzen und nicht um das Anliegen zum Wohl des Bürgers, für das die Gesetze mal erlassen wurden. Zudem neigt die Verwaltung nicht selten dazu Vorschriften und Regelungen zu entwickeln, ohne die später davon Betroffenen partiell zu beteiligt, ggf. werden sie nicht mal gehört, wie sich u. a. die Landwirte häufig beklagen. Deshalb monieren inzwischen weite und unterschiedlichste Bereiche der Wirtschaft die Entwicklungshemmnisse, die dadurch entstehen, sowie den hohen materiellen und zeitlichen Mehraufwand, der daraus hervorgeht. In der Verwaltungsbürokratie geht es anscheinend vor allem darum möglichst weitreichend und genau vorzugeben, warum etwas nicht geht, anstatt aufzuzeigen, wie etwas unter den gegebenen Gesetzen dennoch umzusetzen ist.

Auf der kommunalen Ebene rangiert bei Personalentscheidungen parteipolitisches oder auch persönliches Taktieren ebenfalls nicht selten vor Sachaspekten. Manche Aktionen liegen durchaus nahe der persönlichen Vorteilsnahme. Beispielhaft wurde das kürzlich von Hetrodt aufgezeigt (Hetrodt, E., 2019). Er zeigt am zurückliegenden Geschehen einer Großstadt auf, wie mittels der Ausgliederung von städtischen Sachbereichen neue städtische Gesellschaften geschaffen werden, in denen dann hoch dotierte Posten für langgediente Parteisoldaten geschaffen wurden, oder wie zu Gunsten bestimmter Anbieter die Vorschriften für die Ausschreibung öffentliche Leistungen umgangen werden. Der Autor, Journalist der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hält die negativen Erscheinungen in der betreffenden Landeshauptstadt aber keinesfalls für eine Ausnahme, sondern eher für ein weit verbreitetes Phänomen in deutschen Kommunen. Zum Jahreswechsel 2019/2020 wurde in der Presse gleichfalls über umfassende Strukturen der AWO (Arbeiter Wohlfahrt) berichtet, mit denen sich die Vorstandsmitglieder und Geschäftsführungen in Frankfurt a. M. und Wiesbaden durch extrem hohe Gehälter und weitere Sondervergütungen bedienten. Zugleich wurde inzwischen die engere Beziehung dieser AWO-Mitarbeiter zu einigen Politikern bekannt, die daraus ebenfalls zumindest indirekt materielle Vorteile bezogen.

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22 aralık 2023
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