Kitabı oku: «Weiße Wölfe am Salmon River», sayfa 2

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Zur Bestätigung seiner Ausführungen legte er noch Kartenmaterial und Reiseführer auf den Tisch. Marc begeisterte sich von Minute zu Minute mehr.

„Das ist ja Wahnsinn. Ich bin dabei. Wann wolltest du starten?“

Hartmut lächelte, „wenn ihr Urlaub bekommt, Ende August diesen Jahres. Dann ist der Wasserstand niedrig und der erste Frost setzt bereits ein. Und das ist gut für uns und schlecht für die Mosquitos. Außerdem brauchen wir die Zeit. Ich muss sofort morgen die Permits für den Nationalpark reservieren, damit wir überhaupt fahren dürfen. Die Parkverwaltung lässt nämlich pro Monat nur eine bestimmte Anzahl Menschen auf den Fluss. Das ist beim Yukon anders, der ist fast schon zur Autobahn mutiert. Außerdem müssen wir das Material beschaffen und uns vorbereiten.“

Aufmerksam schaute Hartmut seine beiden Freunde an. Gerhard fasste als erster nach.

„Wie meinst du das? Material? Wir haben doch alles, bis auf einige Kleinigkeiten vielleicht.“

Hartmut schüttelte den Kopf.

„Falsch mein Lieber, wir haben fast nichts. Oder wie wolltest du die Boote transportieren, per Schiff und LKW?“

Marc ergänzte, „ich vermute, du spielst auf ganz andere Boote an, oder? Ich könnte mir vorstellen, dass Faltboote hierfür ideal sind. Sie sind eingeschränkt wildwassertauglich, schnell und fassen viel Gepäck.“ Er grinste dabei breit, „und ich bin der stolze Besitzer eines solchen Bootes, ein Klepper T 65, damit ist mein Vater früher schon Wildwasser gefahren.“

Auch Hartmut lachte.

„Marc, endlich wieder wie früher. Du hast es erfasst. Wir brauchen Faltboote. Ich tendiere dabei zu einem neuen Aerius 450 und für Gerhard habe ich einen T9 von einem Bekannten. Wir müssten die beiden alten Boote aber noch auf ihre Fahrtüchtigkeit überprüfen.“

„Da hast du Recht, das ist unbedingt notwendig. Ich habe keine Ahnung, wie lange das Kajak nicht benutzt wurde. Ich bin dafür, dass Hartmut die Koordination der Planung übernimmt, was meinst du dazu, Gerhard?“

Dieser erklärte sofort sein Einverständnis.

Als erstes legten sie die Zeit fest, Hartmut gelang es, im Nationalpark die drei Permits für die Durchfahrt vom 26.August bis 15.September zu reservieren. Um diesen Zeitraum wurde die gesamte Reise aufgebaut. Als nächstes wurden die Hotels und Flüge gebucht. In den kommenden Wochen ging es nur noch um die Ausrüstung. Marc musste feststellen, dass sein altes Faltboot runderneuert werden musste. Nach kurzer Überlegung entschied er sich, eine vollkommen neue Bespannung zu kaufen. Hartmut und er hatten sich in Rosenheim bei Klepper angemeldet. Er nahm das Gerüst seines Bootes mit, Hartmut dagegen liebäugelte mit dem neuen Aerius, ein vollkommen anders aufgebautes Boot. Ausgerüstet mit einem Luftschlauch war es wesentlich stabiler, im Wasser leichter und hatte eine höhere Zuladung. Hartmut musste jedoch zu seinem Bedauern feststellen, dass der T9 seines Bekannten nicht mehr fahrbereit gemacht werden konnte. Gerhard wollte jedoch auf keinen Fall für diese eine Reise ein Boot kaufen und mehrere 1000 Euro investieren, zumal die Fixkosten der Reise allein schon an der 3000 Euro Grenze kratzten.

Die drei Freunde entschieden sich dann, gemeinsam nach Rosenheim zum Faltboothersteller zu fahren. Dort angekommen, testeten sie verschiedene Boote. Gerhard war kurz davor auszusteigen. Das Angebot von Marc, die Kosten für das Faltboot zu übernehmen, lehnte er ab. Die Variante, einen Zweier zu nehmen, schien beiden nicht zu schmecken. Im Einer war auf jeden Fall mehr Stauraum vorhanden. Haut und Persenning hatte Marc bereits bestellt, so konnte er sein altes Boot runderneuert einfahren. Der Stauraum war aber auch in diesem Boot eher knapp bemessen. Marc testete noch den Aerius 490, einen Kajak-Einer mit Luftschläuchen, kam aber zu dem Ergebnis, dass sein T65 wesentlich agiler ist und sich eher wie ein Wildwasserboot fahren lässt als der Aerius. Auch Gerhard und Hartmut versuchten die unterschiedlichsten Boote, schließlich erlöste Hartmut die Gruppe, indem er den Aerius XXL mit 5,85m Länge kaufte, ein Boot, welches notfalls auch mit bis zu vier Personen gefahren werden konnte und sehr viel Gepäck aufnahm. Marc beteiligte sich ohne Wissen von Gerhard an den Kosten, die allein mit 3500 Euro zu Buche schlugen.

Das Material wurde vervollständigt. Da Marc am wenigsten Stauraum in seinem Boot hatte, galt es, äußerst platzsparendes und leichtes Material zu wählen. Er entschied sich dabei für ein leichtes nur 1,7kg wiegendes Zweimann-Zelt von sehr geringen Abmessungen. Das gleiche galt für alle anderen Utensilien. Nach zwei Monaten war die Ausrüstung vollständig. Jeder konnte nur zwei Gepäckstücke mit maximal 46 kg mitnehmen. Von vornherein war klar: ein Gepäckstück waren jeweils die Boote, das zweite der Rucksack mit allen persönlichen Sachen. Marcs Boot wog 21 kg, der Rucksack 24 kg. Bei seinen beiden Freunden war das Verteilungsgewicht etwas günstiger, da sich das Boot auf zwei Personen verteilte.

Sie bereiteten sich intensiv auf die Reise vor. Am Anfang benötigte Marc für das Aufbauen des Faltbootes fast 45 Minuten, zum Schluss nur noch 15 Minuten. Gepaddelt wurde nur noch mit den Faltbooten.

Die Generalprobe stand an. Als Fluss wählten sie die Durance in den Seealpen in Frankreich. Wasserwucht, Kiesbankschwälle, kleinere Verblockungen waren ideales Trainingsgelände. Marc merkte sehr schnell, dass seine Wahl in jedem Fall richtig war. Das Boot ließ sich hervorragend fahren, selbst mit Ballast. Er konnte es extrem auf die Kante legen, was mit dem riesigen Aerius schlichtweg nicht möglich war. Gerhard und Hartmut mussten erkennen, dass sie eine verblockte Engstelle mit wenig Wasser auf keinen Fall fahren konnten.

Endlich war es soweit, die Reise stand bevor.

Das Abenteuer beginnt

Flughafen Stuttgart, der Neubau des Terminals 3 war noch nicht abgeschlossen. Die drei Freunde mussten in den alten Hallen einchecken. Gerhards Frau Susanne hatte sie mit einem großen Kombi von Ulm zum Flughafen Leinfelden-Echterdingen gefahren. Im Land nur kurz L.E. genannt, dabei ausgesprochen wie das amerikanische L.A. Um 11.00 Uhr war Abflug, bereits um 8.30 Uhr stoppte der Kombi direkt am Eingang Abflug. Der Abschied war kurz und schnell, wobei Gerhard seiner Frau versprechen musste, sie nach Möglichkeit einmal in der Woche anzurufen. Währenddessen organisierte Marc zwei große Gepäckwagen für die Rucksäcke und Boote. Einchecken und Gepäckaufgabe geschah ohne Probleme.

Endlich im Flugzeug. Das Abenteuer konnte beginnen.

Zuvor stand aber noch zweimaliges Umsteigen in Frankfurt und Vancouver an. Ab Frankfurt ging es weiter im Jumbojet, sie saßen alle in gleicher Reihe. Marc am Gang, Gerhard in der Mitte und Hartmut am Fenster. Die Zeitzonen wurden passiert und das berühmte Jetlag entstand. Inzwischen war es dunkel geworden, die meisten Passagiere schliefen oder dösten. Marc konnte nicht schlafen, immer war er bei Reisen nervös, dieses Mal jedoch etwas mehr. So entschloss er sich zu ein bisschen Bewegung und erkundete das Flugzeug mit seinen zwei Etagen. Vor der Businessklasse wurde ihm der Zutritt verwehrt. Als er sich schon abwenden wollte, bekam er ein paar Wortfetzen von zwei Männern mit, die sich lautstark unterhielten und wohl nicht einer Meinung waren. Es schien um eine junge Frau zu gehen, der man habhaft werden wollte. Das machte ihn neugierig und er stellte sich unauffällig an einen Zeitungsständer, um mehr zu erfahren. Der ältere der beiden Männer schien der Vorgesetzte des etwas jüngeren Mannes zu sein.

Seine tiefe Stimme war schneidend und ließ keinen Widerspruch zu.

„Bekommen Sie das Problem endlich in den Griff? Oder muss ich mich darum kümmern. Ich habe endgültig genug von diesen Halbwilden …“

Der jüngere unterbrach ihn, „es ist aber nun mal ihr Land und wir zerstören es. Vielleicht sollten wir ihnen ein bisschen Entgegenkommen zeigen.“

Der Ältere wurde zornig.

„Entgegenkommen? Die haben hier Wald ohne Ende. Flächen so groß, dass man die Schweiz ein paar Mal hineinstecken könnte und dann leben dort eine Handvoll Menschen. Nein, das Maß ist endgültig voll, ich will eine Entscheidung. Keine Ausflüchte mehr, verstanden?“

Der Jüngere war sichtbar einige Zentimeter kleiner geworden, versuchte einzulenken.

„Soviel ich weiß ist die junge Frau, die Tochter von Littlefoot, mit ihrem Bruder jetzt in Jade City am Cassiar Highway, einem winzigen Ort mit nur zwanzig Einwohnern. Wir hätten alle Möglichkeiten. Ein Entkommen ist da nicht mehr möglich.“

Der Ältere dachte kurz nach, ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

„Tun Sie, was Sie tun müssen. Ich will eine endgültige Lösung.“

In diesem Augenblick fiel Marc eine Zeitung auf den Boden. Der jüngere der beiden Männer kam sofort zu ihm.

„Was machen Sie hier?“

Marc heuchelte Überraschung, antwortete in der deutschen Sprache, irritierte den Frager.

„Was haben Sie gesagt? Ich verstehe nicht, kann kein Englisch.“

Der winkte nur ab, begab sich zurück zu seinem Vorgesetzten, während Marc sich schnell zurückzog. Völlig durcheinander kehrte Marc an seinen Platz zurück.

War das jetzt ein Mordauftrag? Ich muss irgendwas unternehmen!

Er weckte seinen Sitznachbarn Gerhard und erzählte ihm von seinen Beobachtungen. Gerhard weckte wiederum Hartmut. Alle drei beratschlagten die weitere Vorgehensweise. Insbesondere Hartmut wiegelte ständig ab und verharmloste den Vorfall, er wollte auf keinen Fall die Reise gefährden.

Marc stand schließlich mit seiner Meinung alleine. Er konnte sich damit, alles einfach so zu lassen wie es ist, überhaupt nicht anfreunden. Zuerst musste er wissen, wo dieses Jade City lag. In seinem Reiseführer wurde er schnell fündig. Der winzige Ort lag ganz in der Nähe von Watson Lake, ihrem Reiseziel. Wie Schuppen fiel es ihm von den Augen. Natürlich, die beiden Männer wollen nach Watson Lake, dann ist die junge Frau jetzt in Jade City. Er nahm sich vor, nach Jade City zu gehen und die junge Frau zu suchen, egal was seine beiden Freunde dazu meinten.

In Vancouver angekommen, hielten sie sich fast drei Stunden im Flughafenbereich auf, um direkt den Anschlussflug nach Whitehorse zu nehmen. Whitehorse, ein moderner viel zu großer Flughafen für eine Stadt mit 18000 Einwohnern, ist eine Drehscheibe im äußersten Norden Kanadas. Dort angekommen suchten sie zuerst ihr gebuchtes Hotel auf.

Am Abend im Hotel beim Abendessen war Marc sehr einsilbig, während seine beiden Freunde dem Aufbruch förmlich entgegen fieberten. Marc dagegen beschäftigte vorrangig immer noch das Gespräch im Flugzeug, dessen Zeuge er geworden war. Am liebsten wäre er sofort nach Watson Lake aufgebrochen, doch ihr Bus fuhr erst am nächsten Morgen.

Hartmut ergriff schließlich die Initiative, sein Desinteresse bereitete ihm Sorge. Jedoch interpretierte er dies vollkommen falsch. Hartmut dachte eher an einen Rückfall von Marc.

„Mensch Marc, freust du dich nicht auf die Tour. Was ist los? An was denkst du?“

Marc schreckte aus seinen Gedanken auf, er wollte seine beiden Freunde nicht beunruhigen.

„Klar freu ich mich, ich bin nur ein bisschen müde. Wann fährt der Bus?“

Der Bus, ein Greyhound, brauchte knapp sechs Stunden bis Watson Lake. Früh am Morgen fanden sie sich am Busbahnhof ein. Ein typischer silbergrauer Bus stand vor ihnen, das Logo des rennenden gestreckten Hundes an der Front aufgemalt. Das Gepäck verschwand im riesigen Stauraum des Busses. Die Fahrt war sehr entspannend und der Bus selbst außerordentlich komfortabel mit viel Fußraum. Die Fahrtstrecke ging über den berühmten Alaska Highway Nr. 1. Auf freier Strecke stoppte der Bus plötzlich.

Über Lautsprecher drang die Stimme des Busfahrers krächzend durch das Mikrofon: „Sehr geehrte Fahrgäste, leider müssen wir eine nicht geplante Zwangspause einlegen, eine große Herde Karibus wird gleich den Highway kreuzen. Wer will, kann fotografieren.“ Schon schwang die Tür auf die Seite und die ersten Fahrgäste liefen ins Freie. Marc und seine Freunde mit gezückten Fotoapparaten hinterher.

Die ersten Tiere traten vorsichtig aus dem Wald, so als ob sie sich zuerst überzeugen wollten, ob die Straße auch tatsächlich frei war. Drei prächtige Exemplare, eines davon besonders groß mit braunem Fell und heller fast weißer Halskrause betraten die Straße und … blieben stehen. Alle drei besaßen riesige Geweihe mit gewaltigen Schaufeln an den Enden. Bei den Fahrgästen surrte und klickte es ununterbrochen. Was für ein Schauspiel, als auf breiter Front hunderte von Tieren den Wald verließen und den Leittieren folgten. Die setzten sich gemächlich in Bewegung und verschwanden im lichten Wald auf der anderen Seite der Straße. Eine gewaltige Staubwolke hüllte die Tiere ein, ein nicht endend wollender Strom querte den Highway, wahrscheinlich waren es Tausende. Fast alle Fahrgäste waren ausgestiegen, um sich dieses einzigartige Spektakel anzusehen.

Für Marc und seine Freunde sollte dies das einzige Mal bleiben, bei der sie eine solche Anzahl zu Gesicht bekamen. Im weiteren Verlauf der Fahrt trottete eine Braunbärenmutter mit zwei Jungtieren gemächlich über die Fahrbahn, auch hier musste der Bus stoppen, nur durfte dieses Mal keiner der Passagiere den Bus verlassen.

Nach jeder dieser Unterbrechungen stieg der Lautstärkepegel im Bus stark an, gekrönt durch eine Ansage des Busfahrers: „Sehr geehrte Fahrgäste, wollen Sie Wild Life sehen, fahren Sie mit dem Greyhound und Sie sehen jedes Mal Tiere, versprochen!“ Endlich, nach sechs Stunden Fahrzeit erreichten sie ihr Hotel in Watson Lake.

Shonessi

Hier hatten sie einen zusätzlichen Tag Aufenthalt geplant, um sich zu akklimatisieren. Marc jedoch packte noch nicht einmal seine Sachen aus, sondern orderte über die Hotelrezeption einen Mietwagen und fuhr mit diesem ohne sich mit seinen Freunden abzusprechen die fast 100km bis Jade City. Der Ort bestand im Prinzip aus zwei Geschäften, deren einer Produkte aus Jade verkaufte.

Marc stürmte in den ersten, fragte die Verkäuferin zu der von ihm gesuchten Person aus. Die konnte ihm jedoch nicht weiterhelfen. Hoffnungslosigkeit übermannte ihn.

War wohl doch eine Schnapsidee, hierher zu fahren und nach einer Frau zu suchen, von der ich nichts weiß.

Er überlegte nochmals, wie er fragen sollte und machte sich wenig zuversichtlich auf in den zweiten Laden. Am Tresen stand eine ältere Frau, die ihn beim Betreten sogleich freundlich begrüßte.

„Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?“

Marc räusperte sich, „ich suche eine junge Frau indigener Abstammung, die aber nicht von hier ist. Haben Sie eine solche Frau hier gesehen?“

Die Frau schaute den jungen Mann verständnislos an. Sie konnte wohl mit dem Ausdruck „indigen“ nichts anfangen, wahrscheinlich falsch übersetzt, dachte er bei sich. So versuchte er es erneut.

„Sorry, ich meine eine junge Frau der First Nations.“

Noch immer reagierte sie nicht, im Gegenteil, misstrauisch fragte sie ihn: „warum suchen Sie diese Frau?“

Marc sah ein, dass er wohl etwas mehr sagen musste, er überlegte und sprach dann leise weiter.

„Sie schwebt in großer Gefahr! Ich muss sie unbedingt warnen, ich will sie schützen. Bitte glauben Sie mir. Haben Sie diese Frau gesehen?“

Die Frau schwieg und blickte Marc lange genau an, seine Augen bettelten um Hilfe.

„Kennen Sie diese Frau?“, wollte sie wissen. Er schüttelte den Kopf.

„Nein, ich habe nur unabsichtlich ein Gespräch belauscht. Und da haben zwei Männer sie bedroht. Ich habe keine Ahnung, wer diese Frau ist, geschweige denn, wie sie aussieht.“

Für die Frau eine unglaubliche Geschichte. Aber warum sollte er lügen? Sie überlegte, lächelte ihn breit an.

„Dann gehen Sie mal da hinten in den rechten Gang zwischen den Regalen, das müsste sie sein.“

Er bedankte sich, wollte noch wissen, ob ihr hier Männer aufgefallen waren, die sich auffällig benahmen und ebenfalls Fragen stellten. Das verneinte sie. Sie meinte nur, bei den vielen Touristen passe sie nicht mehr auf. Er ging schnell in den hinteren Bereich des Ladens und sah vor sich eine zierliche höchstens 165 cm große junge Frau mit glatten langen schwarzen Haaren, die ihr weit über die Schultern, fast bis zur Hüfte fielen. Bekleidet war sie mit einer Jeans und einem eng anliegenden langärmligen dunkelgrünem Sweatshirt. Er verlangsamte seinen Schritt und trat an sie heran.

„Verzeihen Sie bitte, dass ich Sie anspreche …“

Sie drehte sich zu ihm um, Marc konnte seinen Satz nicht mehr zu Ende reden. Er stockte, schluckte. Rehbraune Augen schauten zu ihm auf, ein offenes freundliches Lächeln empfing ihn und er hörte eine glockenhelle Stimme. „Ja bitte, was gibt es denn?“

Noch immer bekam er kein Wort heraus. Wie alt mochte sie sein? Höchstens Anfang zwanzig. Ihn faszinierten diese makellosen ebenmäßigen Gesichtszüge, die schmalen sehr markanten Augenbrauen, eine zierliche wohlgeformte Nase und ein sanft geschwungener Mund. Er konnte kaum glauben, dass vor ihm eine 'Indianerin' stand, sie hätte eher als Model durchgehen können. Die indigene Abstammung war wohl erkennbar.

Was für eine schöne Frau!

„Halloo, was ist, was wollen Sie von mir?“

Das langgezogene 'Hallo' ließ ihn erwachen.

„Entschuldigung, es war nicht meine Absicht, sie so anzustarren. Kennen Sie einen Littlefoot?“

Jetzt bekam sie große Augen. Ihr Lächeln verschwand. Was wollte dieser Mann von ihr, der nach seiner Aussprache kein Kanadier war.

„Ja, das ist mein Vater. Aber woher wissen Sie?“

Sie war es tatsächlich. Er hatte sie gefunden.

„Entschuldigung. Ich habe ein Gespräch belauscht, es ging um eine junge Frau der First Nations, die…“

Er brach ab, wollte nichts Falsches sagen, nichts dramatisieren. Aufmerksam, gespannt wartete sie.

„…die sie, …die sie…“

Marc stockte, sie wurde ungeduldig.

„Was? Nun reden Sie schon!“

„Die wollten Ihnen was antun, hier in Jade City, was weiß ich nicht. Ich habe das Schlimmste befürchtet, wollte das einfach verhindern. Dabei ist auch der Name von Littlefoot gefallen. Deswegen bin ich nach unserer Ankunft in Watson Lake auch sofort losgefahren, um Sie zu suchen.“

Sie schaute ihn an.

Wer ist dieser Mann? Wieso macht er das?

Ihre Blicke begegneten sich, hafteten fest aneinander. Sie fand zuerst zurück zur Sprache.

„Sie kennen mich nicht, warum? Warum bist du hier her gekommen? Was versprichst du dir davon? Was erwartest du von mir?“

Wieder Schweigen, wieder Blickkontakte. Marc zuckte die Schultern.

„Ich habe Sie gefunden, und das freut mich. Muss es denn immer eine Gegenleistung sein?“

Sie senkte den Kopf, „nein, muss es nicht. Danke dafür. Komm mit.“

Sie fasste ihn bei der Hand und rannte mit ihm aus dem Laden zu einem Pickup, der auf der anderen Straßenseite parkte. In ihrer Muttersprache rief sie nach ihrem Bruder, der schnell angelaufen kam.

„Das ist mein Bruder Adam Sand, ich bin Ilene Sand und du bist?“

„Marc Mezger, aus Deutschland, ich mache mit Freunden hier Urlaub.“

Ihr Bruder, deutlich älter, wartete auf Ilene, seine Haltung zeigte ein wesentliches Maß an Skepsis.

„Er will uns warnen. Er hat im Flugzeug nach Vancouver ein Gespräch mitgehört. Es ging dabei um mich…“

Adam Sand klang besorgt, unterbrach sie. „Was hat er mitgehört?“

„Ein Gespräch über meinen Vater und mich“, sie stockte, „man will mich wohl ausschalten.“

„Ausschalten? Wie ausschalten!“

Marc antwortete für Ilene, nicht ohne sie dabei im Auge zu behalten.

„Die Männer im Flugzeug sprachen von einer endgültigen Entscheidung hier in diesem kleinen Ort. Hier und nur hier hätten sie alle Möglichkeiten für eine endgültige Entscheidung. Das hat sich für mich nicht gut angehört.“

Adam Sand beobachtete Marc genau, sah seine Augen, die an seiner Schwester hafteten. Sein Ausdruck wurde finster.

„Und du glaubst ihm einfach so? Du wirst dich nie ändern…“

„Sei still, ja ich glaube ihm! Er hat meinen Vater mit Namen genannt. Woher sollte er das wissen. … Und, mein lieber Bruder, er will mir nur helfen.“

„Helfen? Er will dir helfen. Blödsinn. Er will nur…“

„Es reicht. Schluss! Aus! Nochmal, ich glaube ihm.“

Adam Sand wurde wütend, wandte sich an Marc.

„Warum machen Sie das für uns? Sie kennen uns doch gar nicht. Aus Deutschland? Habt ihr nicht ein paar Millionen Juden auf dem Gewissen?“

Marcs Gesicht rötete sich.

„Ich habe keinen Menschen auf dem Gewissen. Und würde ich so handeln, wie Sie mir gerade unterstellen, wäre ich wohl nicht hier, oder?“

Wütend fauchte Ilene ihren Bruder an.

„Hör sofort auf damit, er will uns nur helfen.“

„So wie er dich anstarrt, kann er auch andere Gründe haben.“

Ilene wurde ruhig, lächelte beide Männer an, fragte leicht provozierend Marc, den sie herausfordernd ansah.

„Vielleicht gefalle ich dir ja, wie heißt du nochmal?“

Marc konnte nur noch stottern, „Ma…arc, äh Marc.“

Gereizt mischte sich ihr Bruder ein.

„Du bist vergeben, vergiss das nicht!“

Sie giftete zurück.

„Nein, bin ich nicht. Was mein Vater ausgehandelt hat, interessiert mich nicht. Ich werde keine Ehe eingehen, die mein Vater will. Ich suche mir einen Mann selbst aus. Und auch du hast mir hier nichts vorzuschreiben, kapiert?“

Marc wies beide Streithähne nochmals auf die drohende Gefahr hin. Adam Sand sprach mit seiner Schwester in einer Sprache, die Marc nicht verstand. Aus der Gestik der beiden konnte er erkennen, dass sie ihm heftig Kontra gab. Adam Sand sagte noch ein Schlusswort, wandte sich von seiner Schwester ab, stieg ohne ein weiteres Wort zu verlieren in seinen Pickup und fuhr los. Seine Schwester ließ er mit offenem Mund stehen. Marc verdrängte für einen Augenblick die bevorstehende Gefahr und freute sich insgeheim.

„Wenn du willst, kannst du mit mir fahren?“

Ihr Zorn verflog, sie lachte Marc an. Dieses Lachen verzauberte ihn vollkommen, er wies mit seiner Hand zu seinem Mietwagen, einem klassischen Jeep Wrangler in der Kombiversion.

„Dann soll das wohl so sein, dass ich mit dir fahre. Was meinst du?“

Marc bestätigte ihre Meinung mit freudigem Gesichtsausdruck. Als sie neben ihm saß, musterte er sie von der Seite.

„Gefalle ich dir?“ Sie ging vollkommen offen mit ihm um, was ihn beträchtlich irritierte. „Bekomme ich noch eine Antwort? Oder machst du einen Rückzieher, redest nicht mehr mit mir?“

Marc gefiel ihre offene Art, so fasste er Mut.

„Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll, aber vorhin in dem Laden. Du hast dich umgedreht und ich war vollkommen geplättet.“

Unverständlich schaute sie ihn an.

„Ah so, ja. Wie sagt man in Englisch? I was struck by lightning? Du gefällst mir, sehr sogar. Ehrlich, so was ist mir bis jetzt noch nicht passiert. Ich bereue keine Sekunde, bin froh, dass ich dich getroffen habe.“

Ihre Antwort kam prompt.

„Ich finde das auch ganz super, was du hier für mich alles machst! Das ist nicht selbstverständlich, überhaupt nicht.“ Sie schaute ihn an. „Du gefällst mir auch, ich mag dich.“

Sie lachte nicht mehr, ernst blieb ihr Gesichtsausdruck. Beide stiegen in das Auto, Marc wollte schnell weg aus dem Ort. Sie fuhren bereits eine halbe Stunde auf dem Highway Richtung Watson Lake, Marc schaute, wie immer, flüchtig in den Rückspiegel, von Deutschland war er es so gewohnt. Nach kurzer Zeit war er sich sicher, sie wurden verfolgt. Ein dunkler geschlossener Transporter fuhr mit gleichem Abstand hinter ihnen her. Über fünfzehn Minuten ging das so, Marc beobachtete den Wagen laufend, nichts änderte sich. Und Adam, der war verschwunden, zumindest außer Sichtweite. Plötzlich beschleunigte der Wagen hinter Ihnen und näherte sich rasend schnell. Als beide Fahrzeuge auf gleicher Höhe waren, zog der Transporter mit einem Mal zu ihrem Jeep herüber. Marc legte eine Vollbremsung hin, so schoss der Wagen an ihnen vorbei und setzte sich direkt vor sie. Marc legte den Rückwärtsgang ein, wendete und fuhr zurück. Er hatte einen Waldweg einige Kilometer zurück abbiegen sehen. Den wollte er nehmen.

Schließlich hatte der Jeep Allradantrieb. Der Transporter hatte ebenfalls gewendet und versuchte, den Anschluss wieder herzustellen. Endlich kam der Waldweg in Sicht. Die Verfolger ahnten wohl sein Vorhaben und versuchten ihn einzuholen. Mit Anlauf preschte Marc in den Waldweg, der sich nach 300m gabelte. Er nahm die rechte Variante, die kurz darauf mit geradlinigem Anstieg steil auf einen Berg führte. Mit dem Allrad kein Problem, jedoch für den Transporter unmöglich zu folgen.

Sie erreichten den Bergkamm, der Weg wurde immer verwachsener und schlechter. Marc fuhr langsam weiter, er wollte ausreichend Abstand zwischen sich und die Verfolger bringen. Auf einem Plateau, welches nur von Gestrüpp bewachsen war, hielten sie schließlich an. Ein befahrbarer Weg war nirgends mehr erkennbar. Marc verließ den Jeep, bahnte sich noch 100m durch das Gelände zu Fuß seinen Weg und kletterte schließlich auf einen großen alles überragenden flachen Felsklotz.

Der Ausblick von hier war umwerfend. Er winkte Ilene zu sich. Direkt um sie herum war das Gelände flach und mit Büschen bewachsen, daraus ragten die verkohlten Stümpfe des ehemaligen Waldes heraus und wiesen auf einen vor drei oder vier Jahren erfolgten Waldbrand hin. Unten im Tal konnte man das silberne Band eines Flusses erahnen. Es war warm, ein kräftiger Wind wehte über die Höhe, so blieben wenigstens die lästigen Moskitos weg.

Ilene rückte bis auf Tuchfühlung zu Marc und schmiegte sich an ihn.

„Marc? Darf ich dich mit du ansprechen?“

„Ja, gerne.“

Er wandte sich ihr zu, sie drehte sich wie ein Wirbelwind lachend von ihm ab. Tänzerisch bewegte sie sich auf dem Felsklotz, bewegte ihre Arme hoch gereckt perfekt zu den Bewegungen ihres Körpers. Fasziniert sah Marc ihr zu. Er musste sich zusammenreißen, entdeckte dann den Weg.

„Sieh mal, da hinten geht der Weg weiter!“

Nur 50m weiter setzte sich der Waldweg fort. Mühsam kämpfte er sich mit dem Jeep durch das Gestrüpp, bis sie den freien Teil wieder erreichten, der sehr felsig und deswegen nicht zugewachsen war. Im kleinsten Gang setzten sie den Weg abwärts über Geröll und kleine Felsstufen fort. Inzwischen war es bereits früh am Abend, als sie die Weggabelung erreichten. Die Sonne war hinter den Bergen versunken, die Dämmerung begann. Als sie wieder auf dem Highway waren wurde Ilene still. Während der ganzen Abfahrt hatte sie noch in einer Tour geplappert. Marc versuchte wieder ins Gespräch zu kommen.

„Weißt du, wo dein Bruder ist? Soll ich dich zu ihm hinfahren?“

Der Gedanke, sie nicht mehr zu sehen und sich verabschieden zu müssen, beschäftigte ihn. Im Stillen hoffte er, dass sie den Aufenthalt ihres Bruders nicht wusste. Und tatsächlich: „Ich habe keine Ahnung, wo mein Bruder steckt. Wir wollten von hier über Nacht durchfahren bis Yellowknife. Mist, ich hab auch nicht viel Geld dabei. Kannst du mir helfen. Ich zahl' s auch bestimmt zurück.“

Erschrocken schaute Marc sie an. Ihre Hoffnung schwand, ging sie doch davon aus, dass ihr Marc kein Geld gibt.

Ich muss ihr helfen. Egal, was es kostet!

„Wie willst du denn nach Yellowknife kommen?“

„Entweder mit dem Greyhound oder mit dem Mietwagen. Mit dem Bus ist es am günstigsten. Aber ich habe nur ganz wenig Geld.“

„Da mach dir mal keine Gedanken.“

Ihr Gesicht hellte sich auf. Sie kamen vor dem Hotel an, zwischenzeitlich war es dunkel geworden.

„Komm mit ins Hotel, ich zahl dir das Zimmer für die Nacht und auch den Bus.“

Sie lächelte ihn an, „Marc, du musst vom Himmel gefallen sein, ich danke dir. Viel kann ich dir nicht geben. Was hältst du von diesem Dankeschön?“ Und flugs hatte er einen Kuss auf seiner Wange.

„Wenn du dich auf diese Art bedankst, mache ich gerne noch mehr für dich.“

„Das glaube ich dir sofort. Du bist auch nicht traurig, wenn ich heute Nacht hier bleiben muss, oder?“

Beiden standen sich vor dem Jeep gegenüber. Marc fasste sie an den Hüften und zog sie an sich. Sie legte ihre Arme um seinen Hals.

„Ilene, ich muss dir was sagen!“

Ein sanftes „Ja…a?“, und erwartungsvolle Blicke trafen ihn bis ins Innerste. „Hört sich jetzt vielleicht ein bisschen dumm an … Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt.“

„Ich finde das nicht dumm. Du glaubst es, oder du weißt es?“

Marc atmete tief durch: „Ich weiß es!“

Bestimmt und klar kam die Aussage. Statt einer Antwort bekam er einen Kuss. Erst nur ganz kurz und auf die Lippen. Beide blickten sich lang und intensiv in die Augen. Marc beugte sich zu ihr, ihr Mund öffnete sich. Er spürte ihre Lippen, fühlte ihre Zunge. Sie war voller Hingabe, leidenschaftlich und gefühlvoll. Das war kein normaler Kuss, sie schienen miteinander zu verschmelzen.

Marc fasste sie an der Hand, ging zur Rezeption, reservierte ein Zimmer und ging mit ihr in den Gastraum. Im Gastraum sah er auch sofort seine beiden Freunde Gerhard und Hartmut. Letzterer sprang auf, als er Marc erblickte und stürzte ihm entgegen.

„Sag mal, wo warst du? Wir wollten schon eine Vermisstenmeldung aufgeben.“

„Leute, ich habe heute so viel erlebt und ich habe mich verliebt! Und das ist sie! Ilene Sand.“

Er zeigte dabei auf Ilene. Gerhard wurde neugierig.

„Verstehe, du hast die Frau aus dem Flugzeug gesucht und wohl auch gefunden.“

„Stimmt genau, sie ist es.“

Marc erzählte beiden seine Erlebnisse auf Englisch, so konnte Ilene dem Gespräch folgen. Hartmut sagte gar nichts, blickte Ilene die ganze Zeit fasziniert an.

Sie setzte sich mit an den Tisch, hatte nur Augen für Marc, nahm Hartmut und Gerhard nur am Rande wahr. Gerhard freute sich sehr für Marc. Hartmut jedoch spürte Neid und Eifersucht in sich aufsteigen.

Kaum ist er wieder fit, hat er schon wieder einen solchen Goldfisch an der Angel, damals Ella und jetzt sie. Die hätte ich gern, sieht noch besser aus als Ella. Wieso immer Marc, was finden die nur an ihm. Der merkt überhaupt nicht, wie er auf Frauen wirkt.

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
560 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783957446992
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