Kitabı oku: «Kornblumenblau», sayfa 3
3. Ein Sturm mit Überraschungen
Sie seufzte erschöpft auf, als sie sich auf das kühle Laken ihres Bettes sinken ließ und schloss für einen Moment die Augen. Sofort tauchte Nathans nackter Oberkörper vor ihrem inneren Auge auf und sie stöhnte, während sie ihr Gesicht in den Händen vergrub.
»Jetzt reiß dich mal zusammen, Kate. Du bist hierher gekommen, um deine Ruhe vor Männern zu haben und nicht einen anzuhimmeln, den du gar nicht kennst«, ermahnte sie sich selbst und stand schließlich wieder auf.
Entschlossen und mit grimmiger Miene zog sie sich ihr Tanktop über den Kopf und stapfte ins Bad.
Es war kein besonders großes Bad, aber liebevoll gestaltet. Die dunkelblauen Fliesen hüllten es in die Atmosphäre einer kleinen Lagune und die weiße, tiefliegende Wanne und das Waschbecken gaben einen schönen Kontrast dazu ab.
Sie drehte das Wasser in der Dusche auf und stellte es auf lauwarm, bevor sie in die Wanne stieg.
Das kühle Nass prasselte auf ihr erhitztes Gesicht und sie genoss das wohltuende Gefühl auf ihrer Haut. Nachdem sie sich eine gefühlte Ewigkeit berieseln hat lassen, fischte sie nach ihrem Shampoo und seifte sich ihre langen Haare damit ein. Ein verführerischer Duft nach Mango verbreitete sich im Bad und Kate seufzte vergnügt, als sie sich den Schaum wieder ausspülte.
Erst als es laut an der Badezimmertür klopfte, stellte sie das Wasser wieder ab.
»Kate? Ich würde auch noch gerne duschen«, brummte es von draußen herein und sie seufzte auf. Für einen kurzen Moment hatte sie vergessen, dass sie sich das Bad nun zu dritt teilen mussten.
Schweren Herzens stieg sie aus der Dusche und wickelte sich in ein knappes Handtuch. Als sie vor dem Spiegel stand und ihre Haare durchbürstete, hielt sie plötzlich inne, als ihr siedend heiß einfiel, dass sie keine Kleidung zum Wechseln mit ins Bad genommen hatte.
»Mist, verdammter«, fluchte sie vor sich her. Unschlüssig blieb sie vor der Tür stehen und überlegte fieberhaft, wie sie nun ungesehen an Nathan vorbei kam, der noch immer davor stand und in kurzen Abständen daran klopfte.
Das Handtuch, welches sie sich um ihren Körper geschlungen hatte, bedeckte ihre Scham nicht gerade großzügig.
Nachdem sie noch einige Sekunden nervös auf ihrer Lippe herum gekaut hatte, öffnete sie schließlich die Tür einen Spalt und steckte ihren Kopf hindurch.
»Nathan?« Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, stand er schon vor ihr und musterte sie mit erhobener Braue.
»Was denn?«
»Ähm... kannst du bitte kurz in dein Zimmer gehen, damit ich in meins kann?«
»Wieso denn das?« Verständnislos kratzte er sich am Kopf.
»Ich... äh... habe nur ein kurzes Handtuch um.«
Ein breites Grinsen breitete sich auf seinen vollen Lippen aus und er ließ seinen Blick den Spalt in der Tür nach unten wandern. Aber mehr als ihren nackten Fuß, bekam er nicht zu sehen.
»Ach du, mich stört das nicht.« Lässig verschränkte er seine Arme hinter seinem Kopf, während er ihr direkt in die Augen sah.
Für einen kurzen Moment stockte ihr der Atem, als sie das klare, helle Blau seiner Augen bemerkte, bevor sie sich wieder besann, in welcher Situation sie war und was er gerade gesagt hatte.
»Aber mich stört es«, giftete sie ihn an. Aber er hatte nicht mehr als ein abfälliges Grinsen übrig, dass sie nur noch wütender machte.
»Okay, okay. Ich dreh mich um und du huscht in dein Zimmer.«
Sie schnaubte genervt und wog ihre Chancen ab, doch noch zu gewinnen, wenn sie weiter mit ihm diskutierte, aber schließlich entschied sie sich dagegen.
»Na gut, aber mach hin«, knurrte sie ihm entgegen, während er sich in gemächlichen Tempo umdrehte.
*
Mit dem Rücken zur Badezimmertür stand er da und fuhr sich durch sein kurzes, braunes Haar. Seine Gedanken wanderten automatisch zu Kate, die sich gerade hinter ihm vorbei schlich. Nackt. Viel zu deutlich war er sich dessen bewusst und er spürte den vertrauten Druck in den südlichen Regionen seines Körpers.
Als er die Tür hörte, wie sie mit einem leisen Klicken ins Schloss fiel, drehte er sich wieder um und starrte auf die geschlossene Tür.
Wie sollte er nur mit dieser Frau die nächste Zeit überstehen, ohne über sie herzufallen?
Mit einem Kopfschütteln zog er sich sein verschwitztes Shirt aus und schmiss es durch die geöffnete Tür seines Zimmers. Er machte noch einige kurze Dehnübungen mit seinen Armen, denn den Sport hatte er in den letzten Wochen viel zu oft ausfallen lassen und nun spürte er die Anstrengung des Tages in seinen Muskeln und Knochen.
Nur mit einer engen Boxershort bekleidet, legte er gerade seine Hand auf die Klinke der Badezimmertür, als Kates Tür wieder aufging und sie in den Flur trat. Sie hatte sich nur ein schlichtes gestreiftes Shirtkleid übergeworfen und sah doch um Welten besser aus, als jede aufgetakelte Tussi, die sich ihm in den letzten Jahren an den Hals geworfen hatte.
Geschockt blieb sie stehen und starrte ihn unverhohlen an. »Ich... äh... also... das... das tut mir leid«, brachte sie schließlich mit hochrotem Kopf hervor. Aber sie wandte ihren Blick nicht ab, im Gegenteil. Sie ließ ihn offenkundig über seinen Körper wandern, was ihm ein breites Grinsen entlockte.
»Na, gefällt dir was du siehst?«
Als sie seinen Blick wieder fand, schien es fast so, als würden ihre Wangen noch einen tick dunkler werden, bevor sie sich schließlich abwandte und die Treppen nach unten floh.
Lachend ging er ins Bad und schloss die Tür hinter sich. Angeekelt hatte sie sein Anblick auf jeden Fall nicht, stellte er zufrieden fest, ehe er in die Wanne stieg.
Nach einer ausgiebigen Dusche, in der er das restliche warme Wasser aufbrauchte, schmiss er sich in bequeme Shorts, ein schwarzes T-Shirt und machte sich auf den Weg in die Küche. Erleichtert stellte er fest, dass sich der Schmerz in seinem Bein völlig aufgelöst hatte. Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen, öffnete er schwungvoll die Küchentür.
»Hallo alle zusammen.«
Der vertraute Geruch von gebratenen Zwiebeln und einer ganzen Palette an verschiedenen Gewürzen schlug ihm entgegen, als er eintrat und sein Magen gab einen protestierenden Laut von sich. Er spürte jetzt schon, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief.
Aufmerksam ließ er seinen Blick durch die gemütliche Küche schweifen und blieb schließlich an Kate hängen.
Sie saß bereits am Tisch und als sie aufsah und seinen Blick auffing, begannen ihre Wangen rot zu glühen. »Hi Nathan«, murmelte sie leise und er konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen, erheiterte es ihn einfach zu sehr, dass Kate der Vorfall so unangenehm war.
Ihm war es alles andere als peinlich, schließlich hatte er nichts zu verstecken und als er noch aktiver Spieler war, hatte er auch für den ein oder anderen Werbedeal fast blankgezogen.
Schnell wandte sie ihren Blick wieder ab, als er sie intensiv musterte und vertiefte sich wieder in ihre Zeitschrift, die vor ihr auf dem Tisch lag.
Gemächlich ließ er sich ihr gegenüber sinken und wandte sich Beth zu, die in Gedanken versunken am Herd hantierte.
»Beth, kann ich dir was helfen?«
Erschrocken fuhr sie zusammen und drehte sich abrupt zu ihm um. Fahrig strich sie sich eine blonde Strähne aus ihrer Stirn, die in tiefe Falten gelegt war.
»Nathan, du bist ja auch schon da.«
Verwirrt musterte er ihr Gesicht. Ihre Augen wirkten leicht gerötet, als hätte sie vor einigen Stunden geweint. Außerdem hatte ihre Gesichtsfarbe einen ungesunden Grünstich und sie fuhr sich immer wieder nervös über die rot-gepunktete Schürze, die sie trug.
»Ist alles in Ordnung bei dir?«
»Ja, na klar. Warum fragt ihr das heute nur immer wieder?«
Ihr Ton war barsch und als sie sich wieder umdrehte, um an den dampfenden Töpfen zu hantieren, atmete sie tief ein und wieder aus.
Einige Sekunden betrachtete er ihren schmalen Rücken und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Es war eindeutig, dass irgendwas ganz und gar nicht in Ordnung war, aber er wusste auch, dass sie kein Wort sagen würde. Für den Moment zumindest.
»Brauchst du nun Hilfe beim Kochen?«
»Nein, Nathan, es geht schon.«
Er schüttelte verständnislos den Kopf über ihren ruppigen Ton und wandte sich schließlich wieder um.
Sein Blick begegnete dem Kates, die nur ratlos mit den Schultern zuckte.
Mit einem Seufzen schnappte er sich die Tageszeitung vom Tisch und schlug wahllos eine Seite auf.
Erschrocken hielt er in der Bewegung inne und starrte auf die riesige Schlagzeile, die ihm sofort ins Auge fiel und fast die komplette obere Hälfte der Seite einnahm.
Trainer Nate Meyer (32, Chicago Heats) wurde nach Prügelattacke auf Paparazzi gefeuert. Hat er ein Aggressionsproblem?
Darunter war ein verwackeltes Bild von ihm zu sehen, auf welchem er die kleine Made am Kragen gepackt hatte und anschrie. Voller Abscheu überflog er den Artikel. Er hatte damit gerechnet, dass das in den Klatsch-Medien auftauchte, aber nicht, dass die Tatsachen so verdreht wurden. So würde er nie mehr einen Trainerposten finden.
Ein beengendes Gefühl machte sich in seiner Brust breit und Panik rollte durch seine Adern. Wenn seine Karriere im Eimer war, hatte er nichts mehr. Nichts mit dem er sich beschäftigen konnte, nichts das ihn von seinen Schmerzen ablenkte.
Plötzlich wurde ihm die Zeitung energisch aus den Händen gerissen und als er den Blick hob, betrachtete Beth ihn mit zusammengezogenen Brauen.
»Ließ dir sowas nicht durch, Nate. Tu dir das nicht an.«
Damit nahm sie die Zeitung und stopfte sie in den Mülleimer, bevor sie ihm einen Teller Nudeln mit Tomatensoße hinstellte.
Lustlos betrachtete er das dampfende Essen. Der Appetit war ihm eindeutig vergangen.
»Iss was. Dann geht’s dir bestimmt etwas besser«, flüsterte Beth ihm zu, während sie ihre schmalen Finger um seine Hand schlang.
Aus glasigen Augen sah er zu ihr und nickte leicht. Es wäre wohl wirklich besser, etwas zu essen, vielleicht kam er dabei auf andere Gedanken.
Er atmete ein paar mal tief durch, ehe er nach seiner Gabel griff, die neben seinem Teller auf dem bunten Platzdeckchen lag und fixierte das Essen.
Bissen für Bissen konzentrierte er sich darauf, die Nudeln aufzuspießen, in seinen Mund zu befördern und zu kauen. Von dem frischen und leicht säuerlichen Geschmack, bekam er nicht viel mit, aber nachdem er seinen halben Teller geleert hatte, breitete sich ein warmes Gefühl aus, das die Nudeln mit der heißen Tomatensoße in ihm auslösten.
Als er seinen Teller geleert hatte, lehnte er sich mit einem Seufzen zurück und hob seinen Kopf. Er blickte direkt in Kates warme, braune Augen, die ihn besorgt musterten. Für einige Sekunden betrachtete er ihre Miene, bevor er sich wieder abwandte. Er konnte diesen mitleidigen Blick nicht ertragen, denn er wollte kein Mitleid. Er war kein Mann, der Schwäche zeigte, das konnte er sich im Football einfach nicht leisten und so hatte er es sich angewöhnt, das auch in seinem Privatleben nicht zu tun.
Um nicht endgültig in das tiefe Loch zu stürzen, das sich so eben vor ihm aufgetan hatte, sah er zu Beth, die wieder abwesend in ihrem Teller herum stocherte.
»Wie war dein Termin in Denver?«
»Hm?« Beth blinzelte ein paar Mal, während sie Nathan verwirrt ansah. Sie schien weit weg mit ihren Gedanken gewesen zu sein, als er sie angesprochen hatte und brauchte einige Augenblicke, um wieder in der Gegenwart anzukommen.
»Gut… er war gut.«
Sofort erkannte Nathan, dass das eine Lüge war. Er kannte seine Tante zu gut, als dass sie es hätte verbergen können. »Er war nicht gut, dass seh ich dir an. Was ist da los?«
»Nichts. Ist schon in Ordnung.« Beth schluckte und kämpfte sichtlich mit ihrer Fassung.
»Jetzt sag schon«, drängelte Nathan und wollte nach ihrem Arm greifen, aber Beth sprang abrupt auf. Ihr Stuhl fiel mit einem Poltern auf den Boden.
»Wenn ich sage, es ist nichts, dann ist nichts.« Schwer atmend ballte sie ihre Hände zu Fäusten und starrte auf einen Punkt etwas oberhalb von Nathans Gesicht, ehe sie sich umdrehte und wortlos aus der Küche stürmte.
Fassungslos blieben Kate und Nathan zurück. Sie starrten auf die Tür, die mit einem lauten Krachen ins Schloss fiel und das Geschirr in der Vitrine klirren ließ.
Nun war sich Nathan wirklich sicher, dass bei Beth irgendwas nicht richtig lief und sprang auf, um ihr hinterher zu laufen.
Er erreichte sie, als sie gerade dabei war, ihr Auto mit zitternden Händen aufzusperren. Schnell packte er sie am Arm und drehte sie zu sich.
Obwohl Beth nur einen halben Kopf kleiner war wie er, wirkte sie auf einmal so zerbrechlich, wie eine Porzellanpuppe. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet, als sie Nathan ins Gesicht blickte und er ließ sie schnell wieder los. »Was ist denn nur los mit dir?«
Mit einem tiefen Seufzen lehnte sie sich an ihr Auto und er konnte beobachten, wie alle Luft aus ihrem Körper zu weichen schien und sie in sich zusammensackte.
»Ich kann es dir nicht sagen, Nate.«
»Warum nicht? Vielleicht kann ich dir helfen?«
»Nein, das kannst du nicht. Außerdem hast du genug eigene Probleme.«
»Dann erzähl mir wenigstens was los ist«, forderte er und kramte in seiner Hosentasche nach seinen Zigaretten.
Das ratschende Geräusch des kleinen Rädchens an seinem Feuerzeug durchbrach die drückende Stille, die sich ausgebreitet hatte. Die kleine Flamme tanzte unruhig im aufkommenden Wind und Nathan beeilte sich, seinen Glimmstängel anzuzünden.
Er inhalierte den Rauch tief in seine Lunge und ein beruhigendes Gefühl breitete sich in ihm aus.
Beth hüllte sich noch immer in Schweigen und spielte gedankenverloren mit dem Autoschlüssel.
»Ich warte Beth!«
»Ich kann es dir nicht sagen. Noch nicht.«
»Aber es kann nicht sein, dass du mich unnötig so anfährst. Das ist wirklich nicht fair.«
Beth seufzte tief und strich sich ihr kurzes Haar aus dem Gesicht. »Ich weiß und es tut mir wirklich leid. Ich habe das nicht so gemeint, ich hoffe du weißt das. Es war nur heute so ein verdammt harter Tag.«
Nathan betrachtete das verhärmte Gesicht seiner Tante aufmerksam und zum ersten Mal sah man ihr ihr Alter wirklich an. Der verbitterte Ausdruck, der um ihre Augen lag, vertiefte die kleinen Fältchen, die sich dort gebildet hatten und ließen sie erschöpft und unausgeschlafen wirken.
»Ich weiß, dass es nicht so gemeint war, aber ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Dich konnte doch noch nie etwas erschüttern.«
»Die Zeiten ändern sich, Nate. Ich werde alt, da lässt einen nicht mehr alles kalt.«
Er wusste nicht, was er darauf sagen sollte und sah stattdessen in den Himmel, der sich langsam in ein dunkles Blau verwandelte, während die Sonne auf dem Horizont tanzte.
»Du weißt, dass du immer zu mir kommen kannst. Egal was es ist.«
Beth legte ihre Hand auf seinen Oberarm und lächelte ihn an. »Ich weiß. Und dafür bin ich dir dankbar.«
Nathan glaubte ihr kein Wort, denn das Lächeln erreichte ihre Augen nicht und er war sich sicher, Tränen in ihnen glitzern zu sehen, ehe sie sich von ihm abwandte und in ihr Auto stieg.
»Ihr braucht heute nicht auf mich zu warten.« Damit schlug sie ihre Tür zu und startete ihren alten Toyota, der mit einem lauten Brummen ansprang. Nathan ging einige Schritte zurück, während Beth wendete und sah ihr hinterher, als sie zügig die Ausfahrt hinunter fuhr.
»Hast du was herausgefunden?« Kates Stimme ließ ihn zusammenzucken und er drehte sich erschrocken um.
»Kannst du dich bitte nicht so anschleichen?«
»Ich hab mich nicht angeschlichen. Also, was ist?« Sie sah ihn aufmerksam an, während sie an der Hauswand lehnte.
»Keine Ahnung was los ist. Sie sagt es mir nicht. Sie hat sich nur für vorhin entschuldigt.« Er nahm den letzten Zug von seiner Zigarette, bevor er sie auf den Boden fallen ließ und mit seinen schwarzen Flip Flops austrat.
»Verdammt. Ich war mir sicher, sie würde es dir sagen.«
Kate gab ein enttäuschtes Seufzen von sich und spielte mit ihren nackten Zehen mit einem kleinen Stein.
»Ich kann ihr keinen Vorwurf machen, ich war schon ewig nicht mehr hier und hatte nur sporadischen Kontakt zu ihr.«
Interessiert hob Kate wieder ihren Blick und fixierte Nathans Augen, die in der aufkommenden Dämmerung dunkel glitzerten.
»Wirklich? Das dachte ich nicht. Man hat es euch nicht angemerkt.«
»Ich weiß, Beth war noch nie ein nachtragender Mensch und dafür bin ich wirklich dankbar.«
Kate nickte nur stumm, denn sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte.
Langsam stieß sie sich von der Wand ab. »Naja, ich geh dann mal wieder rein. Kommst du mit?«
»Ich komm nach«, meinte er und sah ihr nach, als sie mit einem Lächeln verschwand. Er kam nicht umhin, ihr auf den Po zu starren, der seiner Meinung nach in viel zu engen Shorts steckte. Wie sollte er nur so seine Gedanken unter Kontrolle halten? Ob sie es darauf anlegte, ihm den Kopf zu verdrehen? Nachdenklich kratzte er sich am Kinn, ehe er sich mit einem Kopfschütteln von ihrem Anblick losriss und ein Stück spazieren ging.
*
Kate konnte nicht verhindern, dass ihre Sorge um Beth noch weiter wuchs. Wenn sie doch nur reden würde, vielleicht konnte sie ihr helfen? Aber sie wusste, dass Beth nicht mit der Sprache rausrücken würde, solange sie nicht selbst dazu bereit war.
Sie stand am Fenster ihres Zimmers und betrachtete den Himmel. Schwarze Wolken türmten sich am Horizont weit hinauf und wirkten beinah wie ein fernes Gebirge. Ein kräftiger Windstoß wirbelte Blätter und Staub auf, während ein tiefes Grollen die Luft erfüllte.
Diese Nacht würde wohl ein Sturm aufziehen. Sie hasste Gewitter hier in Colorado, waren sie doch um einiges stärker und zerstörerischer, als sie es von Chicago gewohnt war.
Schnell schloss sie das Fenster und verkroch sich in ihr Bett. Mit einem ihrer Lieblingsbücher versuchte sie sich von Beth, Nathan und dem Gewitter abzulenken.
Innerhalb kürzester Zeit war der Sturm über sie herein gebrochen und der Wind peitschte mit tosenden Geräuschen um das Haus. Immer wieder ließ sie beunruhigt ihren Blick zum Fenster wandern. Sie hoffte, dass Beth entweder schon zurück war, oder aber dort bleiben würde, wo immer sie jetzt war, bis der Sturm vorüber gezogen war.
Als sie ein lautes Knacken hörte, richtete sie sich erschrocken auf und starrte zu dem Spalt, den sie in der Tür gelassen hatte. Erst als sie die Haustür hörte und Nathans schnelle Schritte, entspannte sie sich wieder ein wenig.
Kate stand auf, warf sich einen seidenen Bademantel über ihr kurzes Top und trat in den Flur. Die Tür zu Nathans hell erleuchteten Zimmer stand weit offen. Er hatte ihr den Rücken zugedreht und befreite sich gerade von seinen durchnässten Klamotten.
Das T-Shirt klatschte auf den harten Holzfußboden, als er es fallen ließ und ehe seine Hose folgen konnte, räusperte Kate sich laut.
Erschrocken drehte er sich um und blinzelte sie verwirrt an.
»Mensch Kate, ich hab vorhin schon gesagt, du sollst dich nicht so anschleichen.«
»Tut mir leid. Das wollte ich nicht.« Ganz automatisch ließ sie ihren Blick über Nathans Oberkörper gleiten und musste hart schlucken. Feine Wassertropfen lieferten sich ein Wettrennen auf seiner Brust und verschwanden schließlich im Bund seiner Shorts.
Erst als Kate sein leises Lachen hörte, konnte sie sich von seinem Anblick losreißen. Mit hochrotem Kopf starrte sie auf den Boden und musterte die Klamotten, die überall verstreut lagen. Als ihr der eigentliche Grund wieder einfiel, weswegen sie überhaupt aufgestanden war, hob sie wieder ihren Blick. »Hast du was von Beth gehört?«
»Ja, sie bleibt heute Nacht in der Stadt. Es wäre zu gefährlich, bei diesem Sturm noch hierher zu fahren.«
»Das ist gut. Dann brauch ich mir da keine Gedanken zu machen.«
»Nein, brauchst du nicht.«
Sie spürte seinen intensiven Blick auf sich ruhen und fühlte sich plötzlich fast nackt. Nervös zupfte sie an ihrem Bademantel herum und räusperte sich.
»Na dann... also gute Nacht.«
Sie wollte sich gerade wieder umdrehen, als ein greller Blitz das Zimmer erhellte und gleich darauf ein dröhnender Donner die Erde erzittern ließ.
Mit einem Schlag war das Licht plötzlich weg und sie standen in völliger Dunkelheit.
»Na super, jetzt ist auch noch der Strom ausgefallen.« Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme leicht zitterte. Es ist nicht so, dass sie Angst vor Stürmen hatte. Eigentlich faszinierten sie solche Naturgewalten, aber hier war es ihr doch etwas zu viel Gewalt.
»Na, hat da jemand etwa Angst?« Nathans spöttischer Unterton trieb ihr wieder die Röte ins Gesicht. Sie war nur froh, dass er es nicht sehen konnte.
»Nein, hab ich nicht«, gab sie schnippisch zurück und fluchte innerlich, kaum, dass sie die Worte ausgesprochen hatte. Es war zum verrückt werden, wie er sie dazu brachte, zu einer regelrechten Zicke zu mutieren. So war sie eigentlich nicht und sie hasste es, dass er diese unschöne Seite an ihr hervor kitzelte.
Sie hörte ihn nur Lachen und dann das klatschende Geräusch, als er sich auch seiner nassen Shorts entledigte und sie achtlos auf den Boden schmiss.
Ihr lagen einige unschöne Wörter auf den Lippen, zu seiner Unordnung, die er hier verbreitete, aber sie verkniff sie sich. Sie würde nur wieder an die Decke gehen.
Wortlos zog sie sich in ihr Zimmer zurück und legte sich wieder in ihr Bett.
Das Tosen ging noch ein paar Stunden weiter und es war unmöglich für Kate, Schlaf zu finden. Kaum war sie eingenickt, donnerte es wieder so laut, dass ihr die Ohren schmerzten und der Wind heulte wie eine wilde Sirene um das Haus.
Als der Sturm endlich nachließ und nur noch hin und wieder ein leises Grollen zu hören war, entspannte sie sich wieder und schloss erleichtert die Augen.
Endlich übermannte sie die Müdigkeit und sie glitt in einen leichten Dämmerschlaf.
Wirre Gedanken stiegen in ihr auf, gemischt mit einem leisen Wimmern. Verwirrt öffnete sie wieder die Augen und blinzelte in die Dunkelheit. Hatte sie das eben geträumt oder hatte sie wirklich etwas gehört? Gespannt lauschte sie und hielt dabei den Atem an. Da war es wieder. Ein leises Wimmern und diesmal war sie sich sicher, dass sie es wirklich gehört hatte.
Sie knipste ihre Lampe an, aber nichts tat sich. Der Strom war also immer noch weg. Also griff sie in die kleine Schublade neben ihrem Bett und holte eine Taschenlampe hervor.
Langsam erhob sie sich und schlich zur Tür. Vorsichtig drückte sie die Klinke nach unten und schob sich auf den Flur. Wieder hörte sie ein Stöhnen, diesmal etwas lauter. Es schien aus Nathans Zimmer zu kommen, dessen Tür einen Spalt offen stand.
Auf leisen Sohlen ging sie zu seinem Bett und beugte sich über ihn. Sie leuchtete mit der Taschenlampe an die Decke, um ihn nicht zu blenden, aber trotzdem etwas sehen zu können.
Er lag auf dem Rücken und warf seinen Kopf unruhig hin und her. Feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn und er murmelte unverständliche Worte.
Kate haderte mit sich selbst. Sollte sie ihn wirklich wecken oder lieber schlafen lassen? Ihre Hand wanderte zu seiner Schulter, als Nathan plötzlich lauthals schrie und sich voller Panik an seine Decke klammerte. Erschrocken zuckte sie zurück, ehe sie sich neben ihn auf den Boden kniete und an seiner Schulter rüttelte.
»Nathan! Wach auf!«
Plötzlich verstummte sein Schrei und er starrte Kate mit weit aufgerissenen Augen an.
»Was... was ist passiert?«
»Schon gut. Du hast nur schlecht geträumt, das ist alles.« Beruhigend strich sie ihm über den Oberarm, aber er zog ihn abrupt weg, als wäre ihre Berührung giftig.
»Danke für's wecken. Geh wieder schlafen!«, knurrte er sie an, ehe er sich auf die Seite drehte und die Decke über sich zog.
Verwirrt blinzelte Kate und erhob sich langsam wieder. Was war denn das eben? Mit einem Schulterzucken drehte sie sich um. An der Tür zögerte sie noch einen Moment und blickte besorgt zu Nathan, aber er zeigte keine Regung mehr, also ging sie wieder in ihr Bett. Wenn er keine Hilfe wollte, dann eben nicht, dachte sie sich genervt und stellte die Taschenlampe wieder aus.
Genervt wälzte sie sich hin und her, aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Zu gern hätte sie gewusst, was Nathan so einen Albtraum bescherte.
Mit einem Seufzen stellte sie die Taschenlampe wieder an. Das Zimmer wurde sofort in ein schummriges Licht getaucht, das alles andere als gemütlich war, aber ihr blieb ja nichts anderes übrig.
Gerade setzte sie sich auf, als sie ein leises Klopfen hörte. »Ja?«
»Darf ich reinkommen?«, schallte Nathans Stimme dumpf durch die Tür.
Verwundert sah sie auf. Was machte er jetzt hier?
»Natürlich.«
Langsam schob sich die Tür auf und Nathan trat in den Lichtkegel, den die Taschenlampe warf. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anfahren.«
»Schon gut. Ich kenn das, wenn man Albträume hat. Willst du drüber reden?«
Er lehnte am Türrahmen und starrte auf den Boden. Plötzlich wirkte er alles andere als selbstbewusst. Verwundert hob sie ihre Augenbrauen. »Ich bin eine gute Zuhörerin. Manchmal hilft es, darüber zu reden.«
Sie konnte selbst nicht fassen, was sie da redete. Wieso wollte sie ihm auf einmal helfen? Aber als sie ihn da so stehen sah, in seiner weiten Trainingshose und nervös an seinem schwarzen T-Shirt herumfummelnd, konnte sie nicht anders.
Er seufzte schwer und fuhr sich durch seine Haare. Plötzlich war die Unsicherheit wieder aus seinem Blick verschwunden und vor ihr stand ein fremder Mann, mit verschlossener Miene.
»Nein, aber ich sollte dir vielleicht erklären, was gestern mit mir los war und warum du dich an Schreie in der Nacht gewöhnen solltest.« Seine Stimme klang resigniert und zeugte von Schmerz. Es berührte Kate, dass Nathan bereit war, sich ein Stück weit zu öffnen.
»Okay, ich höre.« Sie klopfte auf die leere Seite ihres Bettes. Mit einem Seufzen stieß er sich von der Tür ab und setzte sich auf den ihm dargebotenen Platz. Er lehnte sich ans Kopfende und streckte die langen Beine von sich.
Nathan schwieg und Kate wollte schon nachfragen, als er sie plötzlich ansah.
»Vor einigen Jahren hatte ich ein schwere Verletzung. Ich habe mir den Oberschenkelknochen zertrümmert. Leider hatte ich auch noch das Pech und bin an einen richtig schlechten Arzt geraten. Er arbeitete bei der Operation nicht sauber und der Bruch hat sich entzündet.« Er stockte und schien um Fassung zu ringen. Auch wenn er versuchte es zu verstecken, Kate sah das Trauma, das diese Verletzung hinterlassen hatte. Einem Impuls folgend, legte sie ihre Hand auf seine und drückte sanft zu.
»Fast hätten sie mir das Bein abgenommen, aber es ging gerade nochmal gut. Es verheilte und laut den Ärzten auch ohne irgendwelche Schäden. Leider habe ich seitdem immer wieder diese höllischen Schmerzattacken. Sie kommen plötzlich und ohne Vorwarnung. Nichts hilft dagegen und auch jeder Arzt bei dem ich bisher war, hat nichts gefunden.«
Kate wusste nicht, was sie dazu sagen sollte. Es klang schrecklich und wie eine einzige Qual. »Und davon träumst du nachts?«
Er nickte leicht. »Auch. Es sind hauptsächlich die Schmerzen, die mich aus dem Schlaf reißen. Leider habe ich es noch nicht geschafft, das Aufschreien in den Griff zu bekommen. Falls du mich also, wie vorhin, schreien hörst, lass mich am besten einfach in Ruhe. Man kann dann nicht viel mit mir anfangen.« Er lachte, aber die Verbitterung hörte Kate deutlich heraus. Am liebsten hätte sie ihn in den Arm genommen und zugeflüstert, dass alles wieder gut werden würde, aber das würde es wohl nie.
»Die meisten Leute in meinem Umfeld halten mich mittlerweile für verrückt und versuchen mir zu erklären, dass ich mir das nur einbilde.« Er schnaubte und schüttelte den Kopf.
»Ich halte dich nicht für verrückt«, flüsterte Kate und rückte ein Stück näher. Sie wusste nicht, woher auf einmal diese Anziehungskraft kam, die Nathan ausstrahlte, aber plötzlich hatte sie den Wunsch, ihm nah zu sein und seinen Schmerz einfach wegzuwaschen.
»Danke.« Seine Stimme rutschte eine Oktave tiefer und seine Augen schimmerten dunkel. Er beugte sich ein wenig tiefer, während er sie fixierte. Kates Herz hüpfte gegen ihren Brustkorb und ihr Atem stockte. Was passierte hier?
Plötzlich ertönte ein lautes Fauchen und Nathan sprang, wie von der Tarantel gestochen, aus dem Bett.
»Verdammt!«, schrie er und starrte auf Francis, Kates Kater, der sich sofort schnurrend auf dem Schoss seines Frauchens nieder ließ.
Kate konnte sich ein Lachen nicht verkneifen, während ihre Finger durch das schwarze Fell fuhren. »Ich hätte dich wohl vorwarnen sollen. Francis mag es nicht, wenn jemand anderes mehr Aufmerksamkeit bekommt wie er.«
»Er mag es nicht? Er hat mir eben in den Zeh gebissen.« Fassungslos schüttelte Nathan den Kopf, ehe sich ein Lachen auf seinen sinnlichen Lippen ausbreitete.
»Kann ich mich wieder setzen oder schlitz er mir dann die Kehle auf?«
»Setz dich ruhig. Solange ich ihn streichle, passiert nichts«, lachte Kate und deutete auf den Platz neben sich. Francis hatte schon immer das Talent, genau im richtigen Moment aufzutauchen, schoss es ihr durch den Kopf. Das war einer der Gründe, warum Lester ihren Kater gehasst hatte und mehr als nur einmal lautstark verflucht hatte.
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, aber es war nicht unangenehm, stellte Kate überrascht fest. Ganz im Gegenteil. Die Stille, die nur durch das laute Schnurren Francis’ unterbrochen wurde, war von friedlicher Natur und so genoss sie einen Augenblick einfach den Moment, bis Nathan die Stille unterbrach.
»Weißt du, ich habe gar nicht gewusst, dass Marla noch Geschwister hatte und eine Nichte. Sie hat nie über eine Familie gesprochen.«
»Bis vor einem halben Jahr habe ich auch noch nicht gewusst, dass ich eine Tante habe, also wundert mich das nicht.«
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.