Kitabı oku: «Unternehmensnachfolge», sayfa 18
2. Persönliche Steuerpflicht
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Im Erbschaftsteuerrecht wird – wie beispielsweise im Einkommensteuerrecht (vgl. § 1 EStG) – zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht unterschieden. Bei der persönlichen Erbschaftsteuerpflicht unterscheidet das Gesetz zwischen der Steuerpflicht für den gesamten (auch ausländischen) Vermögensanfall (unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht) und der Steuerpflicht nur für den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG oder in einem Nutzungsrecht an solchen Vermögensgegenständen besteht (beschränkte Erbschaftsteuerpflicht). § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ErbStG regeln die unbeschränkte Steuerpflicht. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG regelt die beschränkte Steuerpflicht. Doppelbesteuerungsabkommen, die der innerstaatlichen gesetzlichen Regelung vorgehen, können die unbeschränkte Steuerpflicht einschränken. Die beschränkte Steuerpflicht kann nach § 4 AStG erweitert werden, so genannte erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht.[6]
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Die unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG tritt ein, wenn entweder Erblasser (Schenker) oder Erwerber Inländer sind. Inländer ist gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG jede natürliche Person, die im Inland einen Wohnsitz (8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) hat. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG gelten deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als 5 Jahre dauernd im Ausland aufgehalten haben, ohne im Inland einen Wohnsitz zu haben, als Inländer (so genannte erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht). Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass die deutsche Erbschaftsteuer durch lediglich vorübergehende Aufgabe des inländischen Wohnsitzes umgangen werden kann.[7]
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Praxishinweis:
§ 2 Abs. 1 Nr. 1b ErbStG greift jedoch nicht ein, wenn ein deutscher Staatsangehöriger bei Wegzug seine Staatsangehörigkeit ablegt.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH steht Art. 73b EG-Vertrag (später Art. 56 EG-Vertrag, aktuell Art. 63 AEUV) einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der der Übergang des Nachlasses eines Angehörigen dieses Mitgliedstaats, der innerhalb von zehn Jahren nach Verlegung seines Wohnsitzes aus dem betreffenden Mitgliedstaat verstorben ist, so besteuert wird, wenn auch unter Befreiung in Höhe der von anderen Staaten erhobenen Erbschaftsteuer, als hätte der Erblasser weiter in diesem Staat gewohnt.[8] Damit ist die erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 S. 2a ErbStG also auch europarechtlich nicht zu beanstanden.[9]
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Doppelbesteuerungsabkommen sind Verträge mit anderen Staaten, in denen die vertragsschließenden Staaten ihre Besteuerungsrechte gegenseitig abgrenzen.[10] Von einer Doppelbesteuerung im rechtlichen Sinn ist dann auszugehen, wenn derselbe Steuerpflichtige auf dieselben Einkünfte oder Vermögenswerte in demselben Zeitraum dieselben oder jedenfalls gleichartige Steuern in zwei oder mehr Staaten zu entrichten hat.[11] Soweit sie unmittelbar anwendbares, innerstaatliches Recht geworden sind, gehen diese dem Erbschaftsteuer– und Schenkungsteuergesetz vor (§ 2 AO).
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Die DBA folgen in Aufbau und Inhalt weitgehend dem Erbschaftsteuer-Musterdoppelbesteuerungsabkommen (ErbSt-MA).[12] Zunächst ist – deshalb – der Anwendungsbereich zu prüfen. Der räumliche Geltungsbereich ist in Art. 14 ErbSt-MA angesprochen und wird nach den dort genannten Bestimmungen über das staatsrechtliche Hoheitsgebiet hinaus ausgedehnt, der zeitliche Anwendungsbereich folgt aus Art. 15 und 16 ErbSt-MA. In sachlicher Hinsicht gilt das Abkommen für Nachlass- sowie Erbschaft- und Schenkungsteuern (Art. 2 ErbSt-MA). Der persönliche Anwendungsbereich nach Art. 1 ErbSt-MA erstreckt sich auf bestimmte Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen, wenn der Erblasser oder Schenker (nicht: der Erbe/Erwerber, wie in § 21 ErbStG) im Zeitpunkt des Todes bzw. der Schenkung seinen Wohnsitz in einem oder in beiden Vertragsstaaten hatte. Die Art. 10 ff. ErbSt-MA entsprechen im Wesentlichen den Art. 24 ff. OECD-MA und enthalten Bestimmungen über die Gleichbehandlung, Verständigungsverfahren, Informationsaustausch und Diplomaten und Konsularbeamte.[13]
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Die zentralen Normen des Musterabkommens sind die Art. 5–7 ErbSt-MA, die unterschiedliche Regeln über die Verteilung der Besteuerungsrechte in Abhängigkeit davon enthalten, welche Art von Vermögen im Zuge des Erbfalls oder der Schenkung übergeht.[14] Folgende Grundprinzipien sind vorgesehen: Unbewegliches Vermögen inklusive unbeweglichem Betriebsstättenvermögen kann der Belegenheitsstaat besteuern (Art. 5 ErbSt-MA). Vermögen, das einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung zuzurechnen ist, kann nach Art. 6 ErbSt-MA hingegen im Betriebsstättenstaat bzw. im Staat der festen Einrichtung besteuert werden. Nach dem Auffangtatbestand des Art. 7 ErbSt-MA wird sonstiges Vermögen (d.h. insbesondere Vermögen aus Drittstaaten und sonstiges, nicht nach den Art. 5 und 6 ErbSt-MA zu behandelndes Vermögen) nur im Ansässigkeitsstaat des Erblassers oder Schenkers besteuert. Wie im OECD-MA lässt die OECD durch den Wortlaut der Schrankennormen erkennen, ob es der Anwendung des Methodenartikels (Art. 9 A und B Erbst-MA: Befreiungs-[15] und Anrechnungsmethode[16]) bedarf oder nicht. Nur bei Art. 7 ErbSt-MA ist dies nicht der Fall. Ist die Anrechnungsmethode für bestimmtes Vermögen vereinbart, wird die technische Anrechnung nach dem internationalen Steuerrecht der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt, Art. 21 Abs. 4 ErbStG.
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Art. 8 ErbSt-MA schließlich enthält eine Sondervorschrift für den Schuldenabzug. Es gilt der Grundsatz, dass Schulden nur in dem Staat zum Abzug gebracht werden sollen, der nach den Art. 5–7 ErbSt-MA auch das Besteuerungsrecht für das übergehende Vermögen hat. Bei Schuldenüberhängen ist eine Aufteilung zwischen den Staaten vorzunehmen, Art. 8 Abs. 5 ErbSt-MA.
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Die dem deutschen Erbschaftsteuergesetz innewohnende Progression wird durch Doppelbesteuerungsabkommen aber nicht beseitigt. Nach § 19 Abs. 2 ErbStG ist die Steuer nach dem Steuersatz zu erheben, der für den ganzen Erwerb (einschließlich des ausländischen) gelten würde. Die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen DBA beziehen sich zum großen Teil nicht auf die Erbschaftsteuer. Es gilt folgender Stand der Doppelbesteuerungsabkommen und der Doppelbesteuerungsverhandlungen[17]
Abkommen | Fundstelle | Inkrafttreten | Anwendung grundsätzlich ab | |||
---|---|---|---|---|---|---|
mit | vom | BGBl II Jahr, Seite | BStBl. I Jahr, Seite | BGBl. II Jahr, Seite | BStBl. I Jahr, Seite | |
Dänemark | 22.11.1995 | 1996, 2565 | 1996, 1219 | 1997, 728 | 1997, 624 | 1.1.1997 |
Frankreich | 12.10.2006 | 2007, 1402 | 3.4.2009 | |||
Griechenland | 18.11.1910 /1.12.1910 | 1912, 173 | – | 1953, 525 | 1953, 377 | 1.1.1953 |
Österreich[18] | 4.10.1954/ 15.10.2003 | 1955, 755 2004, 883 | 1955, 375 2004, 714 | 1955, 891 2004, 1482 | 1955, 557 2004, 1029 | 8.9.1955 1.1.2003 |
Schweden | 14.7.1992 | 1994, 686 | 1994, 422 | 1995, 29 | 1995, 88 | 1.1.1995 |
Schweiz | 30.11.1978 | 1980, 594 | 1980, 243 | 1980, 1341 | 1980, 786 | 28.9.1980 |
Vereinigte Staaten | 3.12.1980 14.12.1998 | 1982, 847 2000, 1170 | 1982, 765 2001, 110 | 1986, 860 2001, 62 | 1986, 478 2001, 114 | 1.1.1979 15.12.2000 |
Ein Abkommen mit Finnland ist paraphiert. Das Zustimmungsgesetz steht noch aus. Verhandlungen über den Abschluss neuer Abkommen bzw. die Revision bestehender Abkommen gibt es auch mit den Niederlanden.
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Praxishinweis:
Soweit kein DBA abgeschlossen ist oder eingreift wird auf Antrag nach § 21 ErbStG die ausländische Steuer insoweit auf die deutsche Steuer angerechnet, als das Auslandsvermögen auch der deutschen Besteuerung unterliegt.
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Unbeschränkte Steuerpflicht liegt gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1c ErbStG auch vor bei deutschen Staatsangehörigen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt haben und die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen, wenn diese aufgrund ihrer Auslandstätigkeit im Gastland nur der beschränkten Steuerpflicht unterliegt.
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Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1d ErbStG unterliegen auch Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben, der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht.
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Die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG tritt ein, wenn weder der Erblasser zur Zeit seines Todes bzw. der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung, noch der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) ein Inländer ist. Ist an dem Vermögensübergang also kein Inländer im Sinne des § 2 Abs. 1 ErbStG beteiligt, beschränkt sich die Besteuerung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 ErbStG grundsätzlich auf den Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG besteht.
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Praxishinweis:
Auf Antrag des Erwerbers wird ein Vermögensanfall, zu dem Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des BewG gehört insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9) seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, § 2 Abs. 3 S. 1 ErbStG.
In diesem Fall sind auch mehrere innerhalb von zehn Jahren vor dem Vermögensanfall und innerhalb von zehn Jahren nach dem Vermögensanfall von derselben Person anfallende Erwerbe als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln und nach Maßgabe des § 14 ErbStG zusammenzurechnen, § 2 Abs. 3 S. 2 ErbStG. Ist der Antrag nach § 2 Abs. 3 S. 1 ErbStG gestellt, so endet die Frist für die Festsetzungsverjährung nicht vor Ablauf des vierten Jahres, nachdem die Finanzbehörde von dem Antrag Kenntnis erlangt, § 2 Abs. 3 S. 3 ErbStG.
Die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht nach § 4 AStG ist der erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 2 AStG angeglichen. Bei Wegzug eines unbeschränkt Steuerpflichtigen in ein einkommensteuerrechtliches Niedrigsteuergebiet wird unterstellt, „dass oftmals auch die Erbschaftsteuer entsprechend niedrig gehalten ist“.[19] Die erweiterte beschränkte Erbschaftsteuerpflicht tritt danach ein, wenn der Erblasser oder Schenker (also nicht der Erwerber) in den letzten 10 Jahren vor seiner Auswanderung als Deutscher insgesamt mindestens 5 Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig gewesen ist, er in einem ausländischen Gebiet einen Wohnsitz genommen hat, in dem er mit seinem Einkommen einer niedrigen Besteuerung (§ 2 Abs. 2 AStG) unterliegt, er unmittelbar oder mittelbar wesentliche wirtschaftliche Interessen im Bundesgebiet gehabt hat (§ 2 Abs. 3, 4 AStG), die Anwendung des § 2 Abs. 1 AStG nicht aufgrund eines DBA ausgeschlossen ist, die auf diesen Erwerb entfallende Erbschaftsteuerbelastung im ausländischen Staat nicht mindestens 30 % erreicht und beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG wegen Übergangs von Inlandvermögen im Sinne des § 121 BewG vorliegt. Zu Niedrigsteuerländern aufgrund allgemeiner niedriger Besteuerung vgl. Anlage 1 zum Anwendungserlass vom 14.5.2004.[20]
3. Der Erwerb von Todes wegen
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§ 3 ErbStG enthält einen abschließenden Katalog der Erwerbe von Todes wegen.[21] Die Vorschrift grenzt den Erwerb von Todes wegen gegenüber Schenkungen unter Lebenden ab. Von der Systematik her hat der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 Nr. 1–4 ErbStG zunächst die Erwerbe geregelt, die unmittelbar auf den Erblasser zurückgehen. Die weiteren Erwerbe, die als vom Erblasser zugewandt gelten und damit als Erwerbe von Todes wegen zu behandeln sind, finden sich in § 3 Abs. 2 Nr. 1–7 ErbStG. Die Grundvorschrift des § 3 wird eingeschränkt durch § 5 ErbStG (Zugewinngemeinschaft) und ergänzt durch die § 4 ErbStG (fortgesetzte Gütergemeinschaft) und § 6 ErbStG (Vor- und Nacherbschaft).[22]
Unter § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG fallen der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB) – bis 31.12.2008 auch aufgrund Erbersatzanspruchs (§§ 1934a ff. BGB a. F.) –, durch Vermächtnis (§§ 2147 ff. BGB) und aufgrund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 ff. BGB).
a) Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)
aa) Bestimmung von Erbe und Erbanfall
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Wer als Erbe in welchem Umfang durch Erbanfall erwirbt, bestimmt sich nach der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG in Bezug genommenen Rechtslage nach dem BGB. Zu dieser gehört seit 2001 auch das Lebenspartnerschaftsgesetz. Zu ihr gehört ferner die Vermutungswirkung, die sich hinsichtlich der Erbfolge aus einem vom Nachlassgericht ausgestellten Erbschein ergibt (§ 2365 BGB). Es handelt sich bei der Vermutung des § 2365 BGB für das Steuerrecht lediglich um eine widerlegliche Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts.[23] Das Finanzamt hat im Steuerverfahren selbstständig zu ermitteln, wer zivilrechtlich Erbe geworden ist (vgl. § 88 AO). Dabei wird das Finanzamt in der Regel von dem Inhalt des Erbscheins ausgehen und nur dann davon abweichen, wenn gewichtige Gründe für eine Änderung der Erbquoten sprechen[24]. Namentlich ist dies bei unwirksamen letztwilligen Verfügungen der Fall, die von den Erben beachtet und erfüllt werden.[25] Dogmatisch setzt sich in derartigen Ausnahmefällen das Erbschaftsteuerrecht aufgrund der Regelungen des § 41 AO über die zivilrechtliche Wertung hinweg.[26] Danach ist jede Unwirksamkeit einer Verfügung für die Besteuerung unerheblich, soweit die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis der Verfügung gleichwohl eintreten und bestehen lassen und damit dem wirklichen Erblasserwillen entsprechen.[27] Es kommt also nicht mehr darauf an, dass die Verfügung gerade wegen eines Formmangels unwirksam ist[28]. Auch ein wegen fehlender Testierfähigkeit (§§ 2229, 2247 Abs. 4 BGB) oder fehlender Testierfreiheit (§§ 2271 Abs. 2, 2289 Abs. 1 S. 2 BGB)[29] unwirksames Testament ist im Fall seiner Verwirklichung steuerlich zu beachten.[30] Anders ist jedoch der Fall zu beurteilen, dass eine ausdrückliche Willensäußerung des Erblasser in Folge eines Rechtsirrtums gänzlich unterblieben ist.[31] Auch ein bloßer Wunsch des Erblassers genügt nicht.[32]
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Praxishinweis:
Wird eine Verfügung von Todes wegen ausgeführt, obwohl sie unwirksam ist, und beruht die Ausführung der Verfügung auf der Beachtung des erblasserischen Willens, den Begünstigter und Belasteter anerkennen, ist gemäß § 41 Abs. 1 AO das wirtschaftliche Ergebnis dieses Vollzugs erbschaftsteuerrechtlich von Bedeutung.[33]
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Ähnlich wie bei unwirksamen Verfügungen von Todes wegen ist die Situation, wenn es zum Streit über die Erbberechtigung oder die Verteilung des Nachlasses kommt und dieser durch einen Vergleich geschlichtet wird.[34] Die Finanzrechtsprechung differenziert dabei danach, ob es sich bei der zwischen den Beteiligten vereinbarten Vermögenszuweisung bereits um eine eigene vermögensrechtliche Disposition der Beteiligten oder um einen erbschaftsteuerlich zu berücksichtigenden sogenannten „Erbvergleich“ handelt.[35] Zu verstehen ist darunter die einvernehmliche Beseitigung zweifelhafter Erbrechtsverhältnisse einschließlich etwa bestehender Ungewissheiten über einzelne Erbteile oder über die den Erben zufallenden Beträge.[36]
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Praxishinweis:
Regeln die Erben bei objektiv zweifelhafter Sachlage und Rechtslage durch einen Vergleich, was nach ihrer übereinstimmenden Auffassung Inhalt strittiger Verfügungen des Erblassers war, so hat der Vergleich seinen Rechtsgrund noch im Erbrecht und ist daher auch bei der Erbschaftsteuerung zugrunde zu legen[37].
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Voraussetzung für einen solchen Erbvergleich ist das Vorliegen eines ernstlich zweifelhaften erbrechtlichen Vorgangs.[38] Der Erbvergleich muss einen ernstlichen Streit und/oder eine ernstliche Ungewissheit[39] zwischen den Erbbeteiligten über Bestehen oder Umfang erbrechtlicher Positionen beseitigt haben. Wird dagegen ein unzweifelhafter erbrechtlicher Vorgang durch die Vereinbarung geändert, ist dies erbschaftsteuerrechtlich nicht zu berücksichtigen.[40] Dann zielt die Vereinbarung nicht mehr darauf ab, den Willen des Erblassers weitestmöglich umzusetzen, sondern die Beteiligten treffen dann Verfügungen über das eigene Vermögen.[41]
343
Praxishinweis:
Um den ernstlichen Streit zu dokumentieren, sollte der Sach- und Streitstand sowie die Lösung in einer ausführlichen Präambel dargestellt werden, um den Vorgang – insbesondere für das Finanzamt – transparent zu machen und nachvollziehbar zu gestalten.
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Für die Rechtsgestaltung stellt sich das Problem, dass die zukünftige Stellungnahme des Finanzamts immer mit einem Restrisiko behaftet ist.
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Praxishinweis:
Für den Fall einer Ablehnung des Kompromisses durch die Erbschaftsteuerstelle sollte daher im Vertrag Vorsorge getroffen werden.
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Dies kann beispielsweise dadurch geschehen, dass der Erbvergleich ausdrücklich eine „Geschäftsgrundlage“ bezeichnet:
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Formulierungsbeispiel:
Die Erschienenen gehen als Geschäftsgrundlage übereinstimmend davon aus, dass es sich bei der vorliegenden Vereinbarung um einen Vergleich zur Beseitigung von ernstlichen Erbstreitigkeiten im Sinne der Rechtsprechung des BFH für Erbschaftsteuerzwecke handelt. Nach dieser Rechtsprechung ist die Besteuerung so vorzunehmen, als ob der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen eine dem Erbvergleich entsprechende Regelung getroffen hätte. Die Erschienenen gehen davon aus, dass die erbschaftsteuerliche Behandlung in der Weise erfolgt, als ob der Erblasser durch Verfügung von Todes wegen die in diesem Vergleich enthaltene Regelung getroffen hätte, der Vermögensanfall sich nach dem Inhalt des Erbvergleichs richtet und jeder der Erschienenen die Erbschaftsteuer nur nach dem Wert der ihm danach zugefallenen Vermögensgegenstände zu tragen hat.[42]
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Ein erbrechtlicher Auslegungsvertrag[43] eröffnet damit als erbschaftsteuerlich anzuerkennender Erbvergleich Gestaltungsspielräume nach Eintritt des Erbfalls.[44] Voraussetzung für die Anerkennung des Erbvergleichs ist, dass die letztwillige Verfügung auslegungsfähig, also nicht eindeutig ist, unter den Beteiligten Streit oder jedenfalls Unsicherheit über die erbrechtlichen Rechtspositionen besteht, die von den Beteiligten getroffene Vereinbarung dem ernsthaft geäußerten Willen des Erblassers entspricht.[45]
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Praxishinweis:
Die Feststellungslast, vor allem hinsichtlich des entsprechenden Erblasserwillens, obliegt den Beteiligten.[46]
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So klar die Rechtslage, so schwierig erweist sich die Beweislage.[47] Die praktischen Probleme all der Fälle, in denen eine formwirksame letztwillige Verfügung nicht vorliegt oder von einer solchen abgewichen werden soll, liegen nämlich darin, der Finanzverwaltung oder dem Finanzgericht die vorgenannten Umstände, insbesondere den behaupteten ernsthaften Erblasserwillen darzutun und glaubhaft zu machen, indem entsprechende Indizien beigebracht werden.[48] Diese Indizien müssen umso mehr Gewicht haben, je weniger sich Andeutungen für den behaupteten Erblasserwillen in einer Verfügung von Todes wegen finden. Allein die Behauptung mündlicher Erklärung des Erblassers durch die Beteiligten wird regelmäßig nicht ausreichen.[49] Als brauchbare Indizien könnten zum Beispiel Schriftstücke, Notizen oder Testamentsentwürfe des Erblassers oder Zeugenaussagen möglichst unbeteiligter Personen dienen.[50] Die tatsächliche Umsetzung des Erbvergleichs als Indiz anzuführen ist grundsätzlich möglich, steuerlich indes riskant, da die endgültige erbschaftsteuerrechtliche Würdigung ja gerade offen ist.[51]
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Praxishinweis:
Für die Gestaltung eines erbrechtlichen Auslegungsvertrages bedeutet dies, dass die Ungewissheit oder auch der Streit um die Erbrechtslage in der Urkunde dokumentiert werden sollte; ebenso könnten die für den Beleg des Erblasserwillens relevanten Indizien bereits benannt werden[52].
Ist ein erbrechtlicher Auslegungsvertrag für die Besteuerung nach dem ErbStG anzuerkennen, dann kommt es nicht mehr darauf an, ob die getroffenen Regelungen aus dem Nachlass oder dem Eigenvermögen des/der Erben erfüllt werden.[53]