Kitabı oku: «Mit Gold gepflastert ...», sayfa 3

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Laut Vertrag hatte ich eine Kündigungsfrist von einem halben Jahr. Die wollte ich aber nicht einhalten und bot dem verantwortlichen Chef an, mir lediglich drei Monate meines Gehaltes zu zahlen und mich im Gegenzug früher gehen zu lassen. Er willigte ein, und ich fuhr mit leichtem Gepäck in meine alte Heimat zurück. Ich dachte an eine grosse berufliche Zukunft. An mögliche Konflikte, die dort auf mich warten könnten, dachte ich nicht.


Der erste Abschluss im Jahr 2006 am Zürcher Rennweg mit Lacoste in der ehemaligen Tommy Hilfiger Denim Boutique


Nach einem Location TV Drehtag mit Jean-Claude Biver in Paris und London erhielten wir das Exklusivmandat das Flaggschiff für Hublot an der Zürcher Bahnhofstrasse zu akquirieren


Das dritte von vier Projekten mit Brunello Cucinelli, hier an der Zürcher Bahnhofstrasse im ehemaligen Geschäft von Rena Lange, neben dem Juwelier Gübelin


Nach über zwei Jahren Verhandlungen konnte der Vormieter Meister durch Hermès aus seinem Mietvertrag herausgekauft werden.

Einstieg in den Retail-Immobilienmarkt

Ich fing im Herbst 2003 bei meinem Bruder Gernot C. an, der mittlerweile ein erfolgreicher Immobilienmakler war und zu einem Grossteil das LAGO Shopping Center, eines der grössten und modernsten Einkaufszentren am Bodensee, vermietet hatte. Er arbeitete und lebte in Kreuzlingen, der grössten Stadt am Schweizer Bodenseeufer, und ich zog ebenfalls dorthin.

Gernot C. hatte die Vermietungen fast abgeschlossen, sich aber mit seinem Partner Manfred Breuch zerstritten, der das Exklusivmandat des Bauträgers Büll & Dr. Liedtke innehatte. Es war abgemacht, dass sich beide sämtliche Deals 50:50 teilten, doch mein Bruder hielt sich aus mir unerfindlichen Gründen nicht daran. Breuch ging daraufhin direkt zu den Mietern, informierte diese, dass «sein Geschäftspartner» kein Mandat mehr habe und die Courtage an ihn bezahlt werden müsse.

«Wir bummelten über die Rue Saint Honoré»

Das war eine heikle Situation, ein finanzieller Verlust dazu, und ich versuchte, zwischen beiden zu vermitteln. Dabei erzählte mir Breuch, wie er in den 1960er Jahren Hertie in Konstanz geleitet hatte und später zum Direktor des KaDeWe in Berlin aufstieg. Breuch war Ziehsohn von Hermann Tietz, einem Kaufmann jüdischen Glaubens und Namensgeber des Warenhaus-Unternehmens Hertie. Auch er hatte es schwer, insbesondere in den 1930er Jahren. Sein Unternehmen galt als «Judenkaufhaus», wurde boykottiert und sollte laut der NSDAP arisiert werden.

Wir unterhielten uns gut, verstanden uns. Doch erst im Nachhinein wurde mir klar, dass mein Ansinnen einer Vermittlung völlig zwecklos war. Manfred Breuch hatte kein Vertrauen mehr in die Zusammenarbeit mit meinem Bruder und blieb bei seiner Entscheidung. Auch ich hatte meine Meinungsverschiedenheiten und Herausforderungen mit Bruder.

Für Breuch war es noch relativ einfach. Als Geschäftspartner konnte er sich problemlos aus der Affäre ziehen. Für mich sah das völlig anders aus. Natürlich, ich hätte woanders arbeiten oder erst gar nicht bei Gernot C. anfangen sollen. Doch manchmal schadet es mehr als es nützt, die Dinge zu überstürzen. Ich blieb also, vorerst zumindest, und im Frühjahr 2004 schlug ich meinem Bruder vor, gemeinsam nach Paris zu reisen.

Paris, das klang gut. Ich war vor vielen Jahren dort gewesen, unheimlich verknallt in meine erste Freundin Monika, die als Au-pair-Mädchen in der «Stadt der Liebe» arbeitete. Damals hatte ich noch keinen blassen Schimmer vom Retail- und Immobilienmarkt, und die Department Stores Galeries Lafayette und Printemps am Boulevard Haussmann beeindruckten mich gewaltig. Wir bummelten über die Rue Saint Honoré, der ältesten Pariser Strasse, bestaunten in der Avenue Montaigne die Geschäfte von Thierry Muggler, Christian Dior und Coco Chanel, und schlenderten über die Prachtstrasse schlechthin, die Avenue des Champs-Élysées. Monika erzählte, dass der Name «Allee der elysischen Felder» bedeute und sich von dem gesegneten Gefilde Elysion ableite, wohin nach der griechischen Mythologie «auserwählte Helden» versetzt werden. Dabei hatte sie mich keck angesehen, keine Ahnung, warum. Es gab dann noch einen magischen Moment, als wir bei Chopard ums Eck in die Place Vendôme einbogen und sich dort der Kosmos des Luxus, der Uhren und Juwelen auftat. Eine völlig andere Welt, die nichts mehr mit unserem gewöhnlichen Leben zu tun zu haben schien.

Diesmal sollte ich, gemeinsam mit Gernot C., in diese Luxuswelt eintreten. Wir fuhren nicht der Liebe wegen nach Paris, sondern um bestehende Kontakte zu pflegen, Kunden zu besuchen und neue Retailer zu akquirieren. Das war meine Idee gewesen. Gernot C. wartete immer, bis die Klienten nach Kreuzlingen oder Zürich kamen. Manchmal kamen sie aber nicht.

Unter anderem hatte ich Termine mit Jean Cassegrain, dem gleichnamigen Enkel des Gründers von Longchamp, mit Paul Kendall von Burberry sowie Pierre Combet von Retailp.com vereinbart. Alle drei Firmen wollten expandieren: Warum nicht in die Schweiz.

Wir verbanden das Private mit dem Nützlichen und fuhren erst nach einem Gokart-Rennen mit Freunden in Winterthur nach Paris.

Man höre und staune: Wir reisten in einem nagelneuen, silberfarbenen Mercedes der S-Klasse. Mir war das nicht so bewusst, doch heute denke ich, dass der Typ eines Wagens, seine Klasse, nicht nur das Auto beschreibt, sondern etwas über die Person aussagt, die ihn fährt. Letzten Endes geht es um Erfolg und wo derjenige finanziell steht. Gernot C. bewegte sich demnach auf einem sehr hohen Niveau, was ihm eine gewisse Befriedigung und Selbstsicherheit verlieh.

Wir übernachteten in einem mittelmässigen Viersternehotel. Na ja, dachte ich, hier hat mein Bruder mal wieder gespart. Ich hätte das Four Seasons an der Avenue Georg V gebucht, ein Spitzenhotel der Extraklasse.

Damals erkannte ich das Problem eines eher mässigen Hotels noch nicht. In unserem Beruf geht es um Kontakte und nichts als Kontakte. Und die knüpft man relativ leicht durch Small Talk oder ein ehrlich gemeintes Kompliment. Nur wohnte unsere Klientel ausschliesslich in den besten Häusern am Platz und nicht in einem Hotel, das von Touristen bevorzugt wurde.

Am nächsten Tag besuchten wir Jean Cassegrain. Sein Büro an der Rue Saint Honoré war voll mit Taschen, nichts als Taschen: elegante, funktionelle, originelle … jedenfalls alle mit diesem Schick à la francaise, obwohl ich zuerst dachte, wir besuchten einen «Messie». Dazu die relativ dunklen Räume, die den Geist des Grossvaters zu konservieren schienen. Solche Kontakte müssen gepflegt und gehegt werden, so war es auch mit Cassegrain, denn es sollten noch Monate verstreichen, bis der Deal zwischen Longchamp und der Parfümerie Weber-Strickler an der Bahnhofstrasse 58 in Zürich, einem Haus der Erbengemeinschaft Müller-Baumann, zustande kam. Hier spielte für die Erbengemeinschaft die höhere Miete, die sie bekommen würde, eine wichtige Rolle. Sie erfuhren von dem sogenannten Key Money zwischen Longchamp und Weber, und stimmten dem Mietvertrag relativ schnell zu.

Von der britischen Marke Burberry war bekannt, dass sie sich an der Bahnhofstrasse in Zürich niederlassen wollten. Der Besuch bei Paul Kendall im Dachgeschoss am Boulevard Malesherbes war deshalb eine Art Vorstellungsgespräch. Wir wollten den Deal gerne machen, gaben ihm alle für ihn interessanten Informationen über unsere bisherigen Abschlüsse, Vergleichsmieten, übliche Key Money-Zahlungen und so weiter. Leider hatte unsere Mitbewerberin Hannelore Cobet anscheinend die besseren Argumente, denn sie vermittelte ihm das alte Luis Vuitton-Geschäft.

Ich glaube, was meinen Bruder und mich damals zusammenschweisste, war der geschäftliche Erfolg. Er war wie das Gütezeichen für vorüber-gehende Harmonie. Ich betone vorübergehende. Unsere Zusammenarbeit geschah auf pragmatische Art und Weise, wobei Gernot C. damals derjenige mit den Visionen war. Man muss sich nur vorstellen, wir kamen aus Kreuzlingen beziehungsweise Konstanz, eigentlich aus der Provinz. Zürich, die «Grossstadt», hatte etwas Magisches für uns, insbesondere die Bahnhofstrasse mit ihrer Eleganz und Exklusivität.

Kurz nach Rückkehr aus Paris schloss das ehemalige Restaurant St. Gotthard. Wir nutzten die Gunst der Stunde und vermittelten die frei gewordene Fläche an einen Franchisenehmer von s.Oliver. Bei der Eröffnung war alles vor Ort, was in Zürich Rang und Namen hatte. DJ Antonie legte auf, die Stimmung war sensationell und alle Gäste dachten, der Laden würde die Geldscheine bald von selbst drucken. Leider war der Inhaber noch sehr jung und relativ unerfahren, sodass er das Geschäft ziemlich schnell wieder aufgab. Mittlerweile ist dort H&M mit seiner dritten Filiale an der Bahnhofstrasse vertreten.

Gernot C. und ich blieben an den Klienten dran, und nach bald einjährigen Verhandlungen mit Otto Anderegg von der Hauseigentümerin Credit Suisse konnten wir im Jahre 2004 den Deal mit der Inditex-Gruppe für Massimo Dutti in der ehemaligen Schalterhalle der Schweizer Volksbank, Bahnhofstrasse 53, unter Dach und Fach bringen. Damals noch mit dem mittlerweile verstorbenen Jacques Lescault. Der Hauptbewerber Thalia aus der Douglas-Gruppe hatte das Nachsehen. Einer bleibt in einem solchen Bieterprozess immer auf der Strecke. Was uns motivierte, war die Provision von damals knapp einer halben Million Schweizer Franken, und so begannen wir, auch ausserhalb der Bahnhofstrasse zu akquirieren. Wir wussten ja mittlerweile, wie das ging. Wichtigster Aspekt dabei: Wir hatten mit interessierten, aufgeschlossenen Menschen zu tun. Die wollten unterhalten werden, wollten erfahren, wer wo was machte und standort-mässig wohin gewechselt hatte, wie hoch die entsprechenden Key Moneys waren und wie unser letzter Deal gelaufen war. Wir fühlten uns wie Helden, und in gewisser Weise waren wir das auch. Was wir an der Bahnhofstrasse in Zürich bewegten, hatte noch keine Agentur vor uns geschafft.

Wenige Wochen nach dem Inditex-Abschluss kam zum wiederholten Male Karl Scheufele mit Gattin und Sohn Karl-Friedrich nach Zürich, um sich die ehemalige Bulgari-Boutique anzuschauen, die von Juwelier Ziegler aus Monaco betrieben wurde. Joachim Zieglers Markenzeichen war sein roter Ferrari 355 mit monegassischem Kennzeichen, der meistens vor seinem Laden stand, eine Art Aushängeschild. Der Deal zwischen Ziegler und den Scheufele‘s kam so schnell zustande, dass wir es selbst kaum glauben konnten. Kurze Zeit später war es uns möglich, die Ladenfläche der Gebrüder Mähr, die Sturzenegger-Immobilie, Bahnhofstrasse 48, an die Jeansmarke Diesel zu vermieten. Die Miete von etwas über eine Million Franken pro Jahr war damals mit eine der höchsten für eine Ladenfläche von 250 Quadratmeter. Doch auch uns unterliefen Fehler. Wir verpassten es zum Beispiel, einen Käufer für die Liegenschaft zu präsentieren. Familie Mähr beauftragte die Zürcher Kantonalbank, die einen deutschen Käufer für 43 Millionen Franken fand. Zehn Jahre später wurde diese Trophy-Immobilie für das Doppelte an die Swiss Life verkauft.

Unterm Strich lief es wie am Schnürchen, und die Vorarbeit meines Bruders zahlte sich für ihn aus. Ich betone hier ihn. Ich fühlte mich, gemessen an meinem Engagement, mit 5000 Schweizer Franken brutto monatlich schlecht bezahlt und auch nicht genügend anerkannt. Das hinderte mich aber nicht daran, mich weiterhin zu engagieren. Als Makler tätig zu sein, machte Freude, auch wenn mir das Geschäftsgebaren meines Bruders nicht immer gefiel. So setzten wir uns für Dr. Joseph Denkstein aus Salzburg ein. Er führte an der Bahnhofstrasse 39 und der Rue du Rhône 47 jeweils eine Bruno-Magli-Boutique mit Schuhen, Handtaschen und Accessoires des italienischen Designers. Das Geschäft lief nicht mehr so gut wie noch vor Jahren. Andere italienische Firmen holten auf. Nach x-maligen Versuchen schafften wir es schliesslich, einen Termin zwischen dem COO von Hugo Boss, André Maeder, und Herrn Denkstein zu vereinbaren. Dieses Treffen lohnte sich für ihn, denn die Mietverträge beider Boutiquen gingen für eine Summe im unteren einstelligen Millionenbereich an Hugo Boss über, der seine neuen Dependancen im Jahre 2006 glamourös eröffnete.

Parallel zu meinen Verkaufsaktivitäten baute ich die Schweizer Internetseite des Retail-Immobilien-Informationsdienstleisters Retailp.com aus, legte dort unter anderem die sogenannten Lauflisten, also Strassenverlaufspläne der wichtigsten Schweizer Einkaufsstrassen an. Dabei kam mir die Idee für eine eigene Internetplattform, die ich später auch realisierte. Der Kontakt zu dem Dienstleister rührte von einigen Treffen mit dem Mitbegründer Pierre Combet in Zürich her sowie unserer Parisreise. Wir wurden sein Schweizer Partner und durften auf der jährlich stattfindenden Retail-Immobilienmesse in Cannes den Retailp-Stand mit benutzen, was nicht nur eine immense Kostenersparnis, sondern auch ein Imagegewinn bedeutete.

Ich wusste nach kurzer Zeit bei meinem Bruder bereits, dass unsere Zusammenarbeit nicht von Dauer sein würde. Ich strebte neue, andere Wege an, obwohl damals noch nicht klar war, dass es auf eine Selbstständigkeit hinauslaufen würde. Trotzdem galt mein Blick eigenen Projekten, und ein solcher erster alleiniger Deal war der mit Ivo Tschümperlin von Companys an der Niederdorfstrasse 88, den ich im Oktober 2005 abschloss. Er setzte sich gegen den Gründer von Butlers, Wilhelm Josten, durch, der sich für seine Wohnaccessoires, Möbel und Geschenke ebenfalls um das Lokal bemüht hatte. Der Eigentümerin Brigitta Barandun, eine Violinen-Pädagogin und freischaffende Violinistin, war die Nähe zu einem Schweizer «angenehmer» als zu einem Deutschen, was zeigt, wie banal die Gründe sein können, wenn jemand einen Zuschlag oder eine Absage erhält. Nach Unterzeichnung der Verträge liess ich es mir nicht nehmen, Ivo Tschümperlin als Dankeschön für diesen Deal, der uns immerhin 165 000 Franken Provision einbrachte, zum Essen einzuladen. Ich wählte das Spezialitätenrestaurant in der Nähe der Zürcher Polybahn, es sollte ja etwas Besonderes sein. Die Rechnung, die ich später meinem Bruder präsentierte, erschien ihm zu hoch, und ich durfte diese Ausgaben nicht als Spesen verbuchen. Okay, könnte ich jetzt sagen, dafür habe ich eine entsprechende Provision kassiert. Doch auch die wurde mir nicht ausbezahlt.

Ein solches Verhalten war nicht gerade motivierend, und während ich alleine, ohne Begleitung meines Bruders, bei Retailern in Mailand vorstellig wurde, grollte ich innerlich. Es hatte darüber hinaus einige Vorfälle gegeben, die sich menschlich gesehen tief in mein Herz gegraben hatten. Trotzdem genoss ich die Italienreise, auch weil ich bei Mauro Grimaldi, der für Valentino arbeitete und für Retail- und Wholesale verantwortlich war, Musterstücke einkaufen durfte. Es war gerade Fashion Week und der Showroom voll mit bildschönen, langbeinigen Models. Eine unglaublich geschäftige und gleichzeitig prickelnde Atmosphäre. Als besondere Ehre empfand ich es, mir fünf Hemden für mich persönlich aussuchen zu dürfen. Ich war so stolz darauf, dass ich sie hütete wie einen Schatz und noch heute besitze.

Mailand war für mich eine wahnsinnig aufregende Stadt. Ich kam als relativ unbedarfter junger Mann dorthin, der äusserst sparsam erzogen worden war und immer Nebenjobs hatte, um sich überhaupt etwas leisten zu können. Jetzt stand ich auf der Via Montenapoleone, der prächtigsten und teuersten Mailänder Einkaufsstrasse, mit den Flagship-Stores der elegantesten Modelabels. Die Galleria Vittoria Emanuelle II direkt neben dem Mailänder Dom an der Piazza del Duomo kam mir mit ihren gigantischen Glaskuppeln wie die Kathedrale in einem Märchen vor. Prada, Armani, Gucci … Sie alle waren vertreten. Klangvolle Namen, von denen ich träumte und die mich inspirierten, beruflich und finanziell voranzukommen.

In der Zwischenzeit hatte mein Bruder den Esprit-Flagship-Store an der Bahnhofstrasse 69a vermittelt. Ein Objekt, in dem zuvor das Edel-Haushaltswarengeschäft Sequin Dormann seine Dependance hatte, aufgrund des Drucks der Filialisten und hohen Mietangebote aber aufgeben musste. Es konnte niemand ahnen – oder vielleicht doch –, dass sich zehn Jahre später der Mietzins verdoppeln würde, sodass der durchschnittliche Quadratmeterpreis über vier Etagen schliesslich bei 3500 Franken lag.

Sami Bollag, der damals für Esprit in der Schweiz als Lizenzpartner fungierte, lernte ich im November 2005 am Flughafen Zürich kennen. Mit ihm treffe ich mich zweimal im Jahr zum Austausch, meistens im Doktorhaus in Wallisellen. Meiner Meinung nach ist der einer der versiertesten Einzelhändler im Premiumfashion-Bereich in der Schweiz und dazu auch ein gewiefter Geschäftsmann.

Gernot C. und ich waren auf dem Weg zur MAPIC, der führenden internationalen Messe für Einzelhandelsimmobilien, die in jedem Jahr drei Tage lang in Cannes stattfindet, in der Regel Mitte Oktober oder November. Die Fachmesse bot die Möglichkeit für grosse Geschäftschancen im globalen Massstab und ich nutzte die Gelegenheit, um wichtige Entscheidungsträger zu treffen. Unter anderem kam ich ins Gespräch mit einem internationalen Immobilienberater. Unabhängig, ob dieser Kontakt mich persönlich weiterbringen würde, stand plötzlich für mich fest: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um bei meinem Bruder auszusteigen! Dass ich mich von ihm lösen musste, war mir schon lange klar. Ich traute ihm nicht, und er misstraute mir. Dass ich mich schlecht bezahlt fühlte, sei hier am Rande erwähnt, bei den Summen, die mein Bruder damals verdiente!

Ich verband diese Reise mit einem Kurzlaub an die Côte d’Azur. Wieder im Büro in Kreuzlingen prüfte ich, welche internationalen Immobilienfirmen in Zürich und Umgebung ansässig waren und bewarb mich sporadisch. Gleichzeitig wartete ich auf die Rückmeldungen von Bewerbungen, die bereits liefen. Ich hatte Samsonite, s.Oliver und andere Retailfirmen angeschrieben und hoffte auf ein positives Feedback. Einer der Kontakte würde sicher klappen, davon war ich überzeugt. Ich informierte Gernot C. über meinen Entschluss. Ich weiss nicht mehr genau, wie ich es formulierte, ich vermute, relativ schlicht, etwa: «Ich kündige zum Soundsovielten.» Nach dieser unmissverständlichen Offenbarung rastete er förmlich aus. Ein Wort gab das andere. Der unheilvolle Beginn einer Reihe von unrühmlichen Schikanen.

Ich fuhr damals einen Firmenwagen der E-Klasse. Zunächst schickte mein Bruder mir gegen Mitternacht die Polizei wegen angeblichen Diebstahls ins Haus. Anschliessend liess er ein Lenkradschloss einbauen, sodass ich am nächsten Morgen nicht wegfahren konnte. Als sich das Fahrzeug einige Zeit später zur Inspektion in der Werkstatt befand, holte er es einfach ab. Das war seine Art zu zeigen, dass er mit mir auf Kriegsfuss stand. Nur waren das keine Indianerspiele mehr, wie wir sie als Kinder gespielt hatten. Schnelligkeit, Geschicklichkeit beim Laufen und das richtige Anschleichen wären vielleicht noch immer hilfreich gewesen. Doch hier ging es in erster Linie um Psychologie: Wer hatte die besseren Nerven. Und welche Methoden und Massnahmen konnten das Verhalten des anderen beeinflussen oder gar schwächen. Diese Scharmützel waren ein kleiner Vorgeschmack auf das, was mich erwarten sollte.

Ich sah Victoria zum ersten Mal während der Eröffnung vom Park-Hyatt-Hotel in Zürich im Oktober 2004. Ich hatte ihren Freund, einen Optiker aus Konstanz, im Schlepptau, der angeblich ein Ladenlokal suchte, was sich später als nichtig herausstellte. Sie war seine Begleitung. Ich war sofort fasziniert. So viel pure Lebensfreude. So viel Optimismus. Ihr Strahlen von innen heraus und ihre Schönheit. Oh mein Gott, dachte ich, was hat der Typ für ein Glück!

Das zweite Mal begegnete ich ihr während eines Fotoshootings einen Monat später. Ich arbeitete damals noch für meinen Bruder, und wir brauchten anschauliche Bilder für die neue Homepage. Ich fragte an, ob wir sie auf der Bahnhofstrasse fotografieren dürften, und nachdem sie Ja gesagt hatte, brachte ich sie mit einer Fotografin zusammen.

Das dritte Mal war das Wiedersehen, bei dem es Klick machte. Wenn ich ehrlich bin, hatte es schon vorher bei mir gefunkt. Doch ich dachte: Lass die Finger davon, sie ist in einer festen Beziehung.

Dass ich Victoria nach einem dreiviertel Jahr ausgerechnet während der Street Parade in Zürich wiedersah, eigentlich nur vage in der Ferne entdeckte, inmitten von einer Million Menschen, die feierten, tanzten und sich bei dröhnender Techno- und House-Musik amüsierten, fand ich unglaublich. Alles war farbig, schrill und eng, und ich beobachtete einfach nur und staunte. Ich schickte ihr eine SMS und kurz darauf stand sie vor mir. Ich vermute, das Erste, was ich fragte, war: «Wo ist dein Freund? »

Sie lachte mich an und sagte: «Meinen Freund, den gibt es nicht mehr!»

Oh mein Gott war ich erleichtert. Mir fiel förmlich ein Stein vom Herzen. Komischerweise traf ich ihren Ex eine halbe Stunde später, nachdem sich Victoria schon wieder von mir verabschiedet hatte, vielleicht auch, weil ich in weiblicher Begleitung war. Keine ernste Angelegenheit. Jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt nicht.

Noch während ich nach Kreuzlingen zurückfuhr, rief sie mich auf dem Handy an. Nein, natürlich nicht! Das hätte ich mir gewünscht. Doch ich hatte ihr versprochen, dass ich sie wieder anrufen würde. Und das habe ich ziemlich schnell getan.

Ihre Stimme zu hören, machte mich glücklich, so als wäre es ein erster Schritt in eine gemeinsame Zukunft. Ehrlich gesagt war ich so aufgeregt, dass ich kaum die Zusammenhänge verstand. Ich erinnere mich nur an drei Dinge: Dass ich erzählte, ich sei morgens um sechs Uhr dreissig Spinning Instruktor im Lago in Konstanz. Dass sie mir sagte, sie würde Spinning in Zürich machen. Und dass ich vorschlug, es doch einmal gemeinsam zu versuchen. Bis es dazu kam, dauerte es noch eine Weile. Genau genommen telefonierten wir vier Wochen lang fast jeden Abend zusammen. Dann stand ich im Sportdress vor ihr im Studio Zürich. Voll in Montur und extrem verliebt.

Als wir uns verabschiedeten, drückte sie mich an sich. Und sie rief mich am gleichen Abend auf dem Handy an. SIE – MICH. Wo bisher ich derjenige gewesen war, der den Kontakt zu ihr gesucht hatte.

Dieser Rückruf am 29. September 2005 gab mir Hoffnung. Wir trafen uns danach noch einmal im Hyatt und beim nächsten Treffen küssten wir uns zum ersten Mal.

Es war nicht ganz einfach, Victorias Herz zu gewinnen. Ich baggerte drei Monate lang, machte ihr den Hof, schickte Blumen, brannte Spinning-Musik auf CDs, schrieb Briefe, richtige Briefe von Hand. Schon möglich, dass ihr das gefiel. Trotzdem liess sie mich zappeln. Jedenfalls hatte sie kaum Zeit für mich. Zum einen, weil sie beruflich stark engagiert war. Sie arbeitete im Aussendienst für eine internationale Modemarke. Zum anderen genoss sie ihr Leben. Sie war vor Jahren zur Miss Zürich gewählt worden, und noch immer bei fast jedem Event ein willkommener Gast.

Man sagt uns Männern nach, nicht gerne über Liebe zu sprechen. Mir spukte so manches im Kopf herum, doch die Worte dazu zu finden… Ich liebte sie: Victoria war die vollkommene Frau für mich!

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