Kitabı oku: «Unerfüllte Träume einer jungen Liebe», sayfa 8
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Vorbereitungen fürs Fextal
Die Gräfin von Bellheim war nach Urs Abgang hinauf in ihr Zimmer gegangen. Die Auseinandersetzung mit den jungen Leuten hatte sie nicht mitbekommen, denn in ihrem Boudoir hatte sie etliche Telefonate mit ihrem Hotel geführt. Das Chalet im Fextal musste ja für vier Personen hergerichtet werden. Es konnte nicht alles in letzter Minute geschehen. Doch auf einmal verspürte sie Hungergefühle und bemerkte, dass sie noch nicht gefrühstückt hatte. So ging die Gräfin hinunter und sagte entschuldigend zu Mariele: „Ma chérie, ich wollte nur eine Tasse Kaffee trinken. Habe nur ein paar Telefongespräche geführt wegen des Chalets, es muss ja alles in Ordnung sein, wenn ihr mir die Ehre gebt, in diesem Hause zu wohnen, n’est-ce pas.“
„Fee, du bist und bleibst ein sanftes Lamm, nichts kann dich aus der Ruhe bringen“, lachte Mariele und hatte nichts als die Wahrheit gesagt.
„Oh mon dieu, was habe ich für eine große Freude, dass ihr mitkommt ins Chalet. Und vor allen Dingen können meine kleine Ulli und ihr Freund einen kleinen Urlaub verbringen“, sagte die Gräfin fröhlich. Uschi und Diether kamen von draußen herein.
„Also, ihr zwei Turteltauben, ihr packt eure Siebensachen zusammen, und wenn wir damit fertig sind, wird die Jagdhütte überall verriegelt. Den Schlüssel werde ich gut wegstecken. Zuerst werde ich Klaus Andermatten per Funk benachrichtigen“, sprach die Baronin.
Sie nahm das Funkgerät aus dem Schreibtisch und tippte die Codenummer von Andermatten ein: „Hier von Trostburg, wir verlassen heute die Berghütte. In ein paar Stunden reisen wir mit dem Jeep ins Fextal, doch vorher werden wir noch in Pontresina einkaufen. Wäre es möglich, dass Sie kurz zu uns herüberkommen, den Schuppenschlüssel mitnehmen und ihn an Urs weiterreichen?“
„Sehr wohl, Frau Botschaftsrätin, selbstverständlich, ich komme zu Ihnen und werde das Nötigste veranlassen. Salü!“
Es dauerte keine halbe Stunde und Urs Adjutant stand vor der Haustüre. „Klaus, wie Sie wissen, musste Leutnant Sutter zurück nach Bern. Aber die PKW von Herrn Marchart und mir stehen noch an der Talstation der Rigi Scheidegg Gondelbahn. Ist es möglich, dass die Autos mit dem Heli ins Fextal transportiert werden?“
„Natürlich kann man die Wagen mit einem Hubschrauber hierher fliegen, Frau Baronin.“
„Die Kosten übernehme ich. Bringe Sie bitte zuerst das Gefährt vom Freund meines Mündels und meines etwas später. Das Chalet heißt Paradiso und liegt im hintersten Teil des Tales. Wir markieren die Stelle, wo Uerli landen kann, ist das in Ordnung?“, entgegnete Mariele lächelnd und drückte Klaus dankbar die Hand. „Seid’s alle miteinander bereit und habt’s alles eingepackt?“, fragte die Baronin die drei.
„Wir sind fertig!“, ertönte es im Chor.
„Gut, Klaus, Sie können unser Gepäck in den Jeep einladen!“
„Selbstverständlich, Frau Baronin.“ Der Offizier nahm die Gepäckstücke und verstaute sie im hinteren Bereich des Geländewagens. Marie-Theres schloss die schwere Eichentüre ab und brachte den Schlüssel in den Schuppen, schloss dort ab und übergab den Schlüssel dann dem Adjutanten. Der salutierte zum Abschied und wünschte eine gute Fahrt.
Die Baronin steuerte den Landrover sicher den breiten Forstweg hinunter zur Talstation der Diavolezza-Seilbahn. Dann fuhr sie über den Berninapass herab nach Pontresina. In der Stadt angekommen lenkte Mariele den Wagen auf den Parkplatz eines Kaufhauses, um für die drei Wochen Lebensmittel einzukaufen. „Wollt ihr mitkommen, Ursula und Diether?“
„Ja, liebe Patentante, wir kommen mit, aber wir wissen, dass wir ja nur zum Tragen der Einkaufstaschen mitgenommen werden, oder?“, lachten beide verschmitzt. Diether grinste sich eins. „Du, Fee, bleibst im Wagen und rauchst eine, das verkürzt dir die Zeit ein wenig, meine Liebe. Salü!“
Die drei verschwanden ins Innere des Kaufhauses. Die Baronin hatte sich einen Zettel mitgenommen, auf dem sie alles notiert hatte, um nichts zu vergessen.
Ulli und Diether halfen beim Suchen. „So, nun haben wir alles“, erklärte Marie-Theres und ging mit den zweien zur Kasse. Alles wurde gut in den Einkaufstaschen verstaut. Fröhlich kehrten sie zum Jeep zurück.
„Oh je, Mariele, du hast das Fleisch und den Aufschnitt vergessen“, meinte Ulli.
„Nein, Ullikind, Fee besorgt uns die Wurst und das Wild vom Förster. Felicitas hat auch noch einige Wildstücke, die du und Urs bei der letzten Jagd geschossen habt.“
„Das Fleisch ist auch viel gesünder, weil es mehr Eiweiß hat, weniger Kohlehydrate und kaum Fett“, dozierte Uschi lächelnd. Dann verstauten sie alle Taschen im Wagen. Sie stiegen ein und die Patentante fragte Diether, was er für ein Lieblingsgericht hätte.
„Och, ich esse gerne Nudeln jeglicher Art, überbacken mit Haschee. Oder Kartoffelgratin mit Wildgulasch und Blaukraut. Zu Weihnachten gibt’s Rehbraten oder Ente orange, Herzogin-Kartoffeln und Feldsalat sowie Birnen mit Preiselbeeren. Ostern gibt es dann Lammkoteletts mit Feldsalat und Kroketten.“ Da fing Mariele an zu lachen, Uschi und Fee stimmten mit ein. Marie-Theres startete den Landrover, sie lachten immer noch. Nur Diether wusste nicht, warum. Er sollte es aber bald erfahren.
„Das gibt es nicht.“ Die Baronin prustete immer wieder los. „Habt ihr den gleichen Aszendenten im Sternbild oder seid ihr vielleicht zweieiige Zwillinge? Sie haben gerade die Spezialitäten aufgezählt, die Ursula am liebsten isst.“
„Jetzt wundert mich gar nichts mehr, wir mussten uns kennenlernen, das war so gewollt, Uschilein“, antwortete Diether fröhlich.
„Du sagst es, Bub, das war meine Rede, oder nicht?“, lachte Ulli erneut.
„Welches Gemüsegericht möchtet ihr gerne zur nächsten Mahlzeit haben?“
„Wir essen gerne Brokkoli oder Blumenkohl!“, riefen beide gleichzeitig.
„Ihr seid mir die richtigen Schmecklecker“, rief die Baronin schmunzelnd aus.
„Was ist denn das für eine komische Wort?“, fragte Fee lachend.
„Tja, das sind Spezialausdrücke in der Schweiz, ma chère Fee, die kann man nicht übersetzen. Das heißt so viel wie: Den zweien schmeckt es immer! Hast du das verstanden?“, meinte Mariele verschmitzt.
„Ja, so ungefähr“, erwiderte die Gräfin und musste wieder lachen.
Inzwischen fuhr Marie-Theres am Silvaplaner-See entlang und bog dann an der Kreuzung bei Baselgia nach Sils-Maria ein. Noch ein kurzes Stück auf der Hauptstraße und die Waldstraße entlang, und sie wären beim Hotel Splendid der Gräfin gewesen, wenn Mariele nicht plötzlich gebremst hätte. „Felicitas, was ist das für eine schwarze Limousine bei dir am Hotel?“
„Aber Marie-Theres, du kennst das Auto deines Chefs nicht?“
„Was tut der in deinem Hotel?“
„Nun beruhige dich, der kommt nur zum Angeln her!“, erklärte die Gräfin belustigt. „Komm Mariele, du fährst jetzt auf den Parkplatz hinter dem Hotel, nun fahr los, zack, zack!“ Die Botschaftsrätin ließ den Wagen auf den Hotelparkplatz ausrollen, die Gräfin stieg als Erste aus, Mariele gab Diether einen Wink und der verließ ebenso den Landrover, um der Gräfin beim Gepäck zu helfen. Die winkte bereits dem Pagen, der nahm die Koffer und trug sie ins Haus. Sie zog Diether näher zu sich heran und flüsterte ihm zu: „In einer Stunde bin ich ebenfalls im Chalet, es ist dort alles hergerichtet. Ihr beiden habt die nebeneinanderliegenden Suiten auf der linken Seite des Flures und Mariele die auf der rechten. Sie hat auch den Schlüssel. Noch etwas, Diether, mon chèr, ich möchte für Sie und Ulli einen Abschiedsabend organisieren und Sie als Pianist gewinnen. Uschi soll für Sie singen. Aber nicht im Chalet, sondern in meine Hotel, oui, im großen Ballsaal.“
„Frau Gräfin, es ist für uns eine Ehre, wir werden ein tolles Programm aufsetzen!“, freute sich Diether, dabei küsste er der Gräfin die Hand. Ja, er wusste sich zu benehmen, der junge Mann aus Wien. Die Gräfin sah es mit Wohlwollen. Sie verabschiedete sich von ihm, winkte den andern zu und ging durch die Pendeltür in ihr Hotel hinein. Diether kehrte zum Auto zurück. „Ich soll Ihnen Folgendes berichten …“ Und er berichtete, was ihm aufgetragen worden war.
„Hast du eigentlich eine Ahnung, was sie mit dem großen Saal gemeint hat, Diether?“, fragte Mariele.
„Nein, Näheres hat sie nicht verraten.“
„Dieser Musiksaal ist fast so groß wie der Spiegelsaal des Schlosses Herrenchiemsee. Dorthin lädt sie, um den Gästen ihres Hotels eine Freude zu machen, Künstler und Stars ein. Möchtest du vor so vielen Fremden einen Abschiedsabend gestalten?“
„Um Himmels willen, nein!“, rief Diether hastig aus und zur Baronin hingewandt: „Marie-Theres, das müssen wir verhindern, tun Sie etwas für uns, ja? Wenn es nicht anders geht, nun, die Hausgäste kann ich noch verschmerzen, aber nicht dieses ganze Tamtam!“
„Ich mache das schon, versprechen kann ich nichts, aber jetzt fahren wir erst einmal los.“ Mariele startete Urs Wagen, aber es passierte nichts. Diether stieg aus und schaute nach. Vorsichtig öffnete er die Motorhaube und befestigte sie. Was er da sah, ließ ihn erblassen. Er winkte den beiden Frauen zu, damit sie ausstiegen.
Die Damen schauten ihn ganz verwundert an, denn Diether war alle Farbe aus dem Gesicht gewichen. Er konnte kaum sprechen und stotterte: „Ei…eine Bombe ist unter der Haube!“ Dann kam Leben in ihn und er schnappte sich Ulli, fasste sie um die Taille und die Baronin ebenso und lief mit ihnen in den Hoteleingang hinein, hinter die Glastüre. Da knallte es auch schon und eine Stichflamme schoss in die Luft. Geistesgegenwärtig riss der Page den Feuerlöscher im Flur von der Wand und lief damit zum Jeep. Blitzschnell drückte er aufs Ventil und richtete die Schaumspritze auf den Brand.
Vorsichtig näherte sich der junge Mann der geöffneten Haube, aus der die Flammen loderten, aber die Spritze mit dem Schaum löschte das Feuer aus. Die Bombe hatte zum Glück nicht gezündet, trotz der Flammen. Wahrscheinlich sollte sie eine Warnung sein? Die letzte? Marie-Theres zitterte am ganzen Körper. Sie ließ sich im Foyer des Hotels in einen Sessel sinken. Die Baronin war schreckensbleich und die Tränen liefen ihr übers Gesicht. Aufgeregt kam Fee angelaufen und fragte besorgt: „Seid ihr verletzt?“
„Nein, Liebes. Fee, ich muss Urs benachrichtigen!“ Die Gräfin nahm ihre Freundin, deren Mündel und Ullis Freund mit an die Rezeption und meldete ein Gespräch zur Deutschen Botschaft nach Bern an. Uschi und ihr Freund Diether waren ebenfalls blass.
„Uschilein, ist das mit deiner Familie immer so aufregend oder hat das dieses Mal etwas mit Urs zu tun?“
„Ich glaube, ja! Oh mein Gott, meine Beine zittern. Diether, halte mich nur fest!“
Es verging ungefähr eine Viertelstunde, dann kam Mariele zu ihnen und teilte den beiden mit: „Der Heli ist in fünfundzwanzig Minuten hier und bringt uns ins Fextal.“
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Der Flug ins Fextal
Es dauerte ungefähr eine halbe Stunde, bis sie den Helikopter hörten. Uerli setzte mit dem Hubschrauber auf den Parkplatz auf. Er stieg in gebückter Haltung aus dem Heli und lief in das Hotel. Dort wandte er sich an die Baronin: „Frau Botschaftsrätin, wo steht Urs Wagen?“ Mariele war noch nicht ansprechbar, deshalb ging der Page mit und zeigte dem Piloten, wohin man den zerstörten Landrover gebracht hatte. Uerli begab sich dorthin und sah, dass der Landrover noch leicht qualmte. Aber sonst schien die Gefahr vorüber zu sein. Leutnant Unterwalden näherte sich vorsichtig dem angeschmorten Wrack, sperrte die Motorhaube auf und besah sich den Schaden. Dann entdeckte er die kleine Schachtel, die nur so groß wie eine flache Batterie war. Geistesgegenwärtig zog er die Gummihandschuhe über, damit er keine Fingerabdrücke hinterließ oder die andern verwischte. Vorsichtig entfernte er das Corpus Delicti und versenkte es in einem Plastikbeutel. Gut verschlossen verwahrte er dieses Utensil in der Tasche seines Fliegeroveralls. Dann verschloss er die Motorhaube und öffnete die hintere Türe des Jeeps. Er entnahm zuerst das Reisegepäck, dann die Einkaufstaschen und die kleineren Reiseutensilien. Der Hotelpage, der auf Befehl seiner Chefin dastand, nahm die Koffer der drei und brachte diese zum Heli. Uerli nahm dann die Beutel mit den Lebensmitteln und stellte sie neben die Gepäckstücke. Dann teilte der Pilot dem Pagen mit, dass alles für den Abflug bereit wäre.
Die Baronin, Ulli und Diether verabschiedeten sich von der Gräfin von Bellheim, sie dankte ihnen und küsste alle drei auf die Wangen. Marie-Theres stieg mithilfe des Piloten zuerst ein, dann half Diether Uschi. Er selbst kletterte als Letzter ins Cockpit. Uerli schloss die Türe von außen hinter Diether, nahm Platz im Innern der Maschine, verriegelte die Türe an seiner Seite und drückte auf den Startknopf. Dann meldete er sich über das Helm-Mikro: „Delta Tango 00 77, ready for take-off.“ Der Tower funkte sein Okay und schon flog Uerli eine Schleife über den Wald hinüber nach Sils und weiter hinauf ins Fextal.
Ganze fünfzehn Minuten dauerte der Flug. Mariele hatte dem Leutnant von oben gezeigt, wie er fliegen musste. Der Pilot drehte eine Schleife über der Villa und setzte den Heli genau in dem vorbereiteten Rondell auf. Der Leutnant Unterwalden verließ als Erster den Hubschrauber. Er entriegelte die Türe und half der Baronin beim Aussteigen, ebenso Diether seiner Uschi, da das Mädel immer noch zitterte. Der Leutnant nahm alle Dinge aus der Maschine. Mariele zog den Schlüssel aus ihrer Handtasche und sperrte die schwere Türe auf.
Es empfing sie eine angenehme Kühle, der Pilot half ihnen, die Koffer und Reisetaschen ins Haus zu tragen. Diether nahm die Einkaufstaschen in die linke Hand, um mit dem rechten Arm Ulli zu stützen. Das funktionierte auch recht gut. Die Baronin bedankte sich ganz herzlich bei Uerli und sagte: „Herr Leutnant, grüßen Sie bitte Urs und teilen Sie ihm mit, dass unsere Autos noch an der Talstation der Rigi Scheidegg-Bahn stehen. Er möchte doch dringend mein Anliegen ausführen. Der Freund meines Mündels benötigt seinen PKW in Kürze, um damit nach Wien zurückzufahren. Klaus Andermatten ist deswegen schon informiert worden. Der meinte nämlich, dass dies kein Problem sei.“
„Das werde ich ausrichten, Frau Botschaftsrätin, wird sofort erledigt, auf Wiederluege. Salü!“ Uerli salutierte vor seiner Chefin und stieg in den Heli. Er flog eine Kurve übers Chalet und verschwand am Horizont.
Marie-Theres und die beiden jungen Leute betraten das Innere des Ferienhauses. Die Baronin brachte die Lebensmittel zunächst in die Küche und verstaute alles im Kühlschrank und in der Vorratskammer.
Diether nahm das Gepäck der Baronin und mit Ullas Hilfe auch die eigenen Reiseutensilien. Sie brachten die gesamten Stücke in den ersten Stock und stellten die Sachen zunächst in der Diele ab. Zuerst betraten sie ein allerliebstes Mädchenzimmer mit wunderschön bemalten Arvenmöbeln und einem Himmelbett mit Bettwäsche in gelber Seide. Diether setzte Uschis Koffer nebst Reisetasche hinter der Zimmertüre ab. Dann begab er sich mit seinem eigenen Reisegepäck in die für ihn bestimmte Suite. Auch dieses Zimmer war im Engadiner Stil eingerichtet. In seinem Herrenzimmer stand ein französisches Bett mit einer lustigen, bunten Patchworkdecke, bedeckt mit herrlich farbigen Kissen. Seinen Koffer und die Reisetasche stellte er auf die dafür vorgesehene Ablage hinter der Zimmertüre.
Mariele hatte sich nach der ganzen Aufregung zur Beruhigung zunächst eine Tasse Tee aufgebrüht und sich im Sessel des Salons niedergelassen. Dazu hatten sie und ihr Mündel sich nach dem großen Trubel eine Zigarette angezündet, um ihre Nerven zu beruhigen. Diether fand die Damen deshalb ganz entspannt dasitzen. Darüber freute er sich sehr und gab Uschi und Mariele je ein Busserl auf beide Wangen. Beide dankten es ihm und gaben einen Kuss zurück. „Uschilein, geht es dir wieder besser?“
„Ja, Bub, die Tasse Tee hat uns beruhigt und die Qualmerette auch. Jetzt fühle ich mich wieder fit und wir können nach oben gehen.“
„Ursula, ich bleibe noch ein Weilchen hier sitzen und werde dann kochen, lasst euch überraschen.“
Daraufhin gingen Diether und Ursel hinauf in den ersten Stock und betraten Uschis Suite. Nun konnte Diether sie endlich in seine Arme nehmen und zärtlich an sich drücken, ehe er sie lange küsste.
„Puh, Großer, i krieg keine Luft net“, flüsterte Ulli.
„Deine Küsse werden immer besser, Schatz“, meinte er nur und küsste sie erneut. Dabei zog sie ihn zu sich herunter, denn bei Diethers Größe und ihrer Größe von nur 1,50 Metern war das alles etwas kompliziert. „Also, Madl, derzeit müssen wir vernünftig sein und unsere Koffer zuerst auspacken. Wenn wir dann alles erledigt haben, werden wir den Park erforschen und uns ein feines Platzerl suchen, gell Ulli“, sprach Diether liebevoll und küsste sie nochmals. Dann nahm er den Rest der Gepäckstücke und ging nach nebenan.
Uschi seufzte leise, aber sie fügte sich. „Wir haben nur noch diese eine Woche“, dachte sie bei sich. Dann mussten sie sich trennen, da Diether wieder nach Hause fuhr. Während sie ihre Garderobe in den Schrank hängte, trällerte sie eine Operettenmelodie von Lehár vor sich hin: „Vilja, oh Vilja, du Waldmägdelein, lass mich, oh lass mich dein Trautliebster sein, Vilja, o Vilja, was tust du mir an, bang fleht ein liebkranker Mann.“ Sie legte noch ein paar andere Kleinigkeiten in die Truhe und ins Bad. Als schließlich alle Dinge eingeräumt in den Schubladen lagen, schloss sie die Balkontüre auf und ließ frische Luft in ihre Stube. Uschi trat auf den Vorbau des Hauses und entdeckte am Horizont einen Teil der Berninagruppe: den Piz Rosegg und Piz Scerscen mit dem Piz Bernina. Auf der rechten Seite der Loggia sah man den Piz Corvatch und einige andere Dreitausender. Diether war gerade mit dem Aufräumen fertig geworden und trat ebenfalls hinaus auf den Balkon. Dort erblickte er beim Umherschauen Uschi neben sich.
Sie hatte sich leise verhalten, bis Diether merkte, dass der Balkon bis zum Ende des Hauses reichte. Mit nur einem Schritt war er bei ihr und bedankte sich für das kleine Ständchen mit einem Kuss. „Schatz, deine Stimme ist so frisch und natürlich, wenn du singst. Und glockenrein noch dazu. Es ist eine Freude, dir zuzuhören. Was hältst du davon: Wir gehen in den großen Garten, nehmen einen Notizblock mit und überlegen uns, was du singen möchtest und ich spielen kann“, sagte Diether aufmunternd zu ihr.
„Das ist eine gute Idee, Bub. Ich schnappe mir meine Schreibmappe und dann können wir im Park flanieren, oder?“
Ursula nahm den Schreibblock und einen Stift und zu zweit verließen sie über die Treppe der Veranda ihren Aussichtspunkt. Nur Augenblicke später nahm der Garten sie auf. Eine herrliche Anlage umgab sie, eifrig suchten sie nach einem verschwiegenen Pavillon. Es vergingen jedoch etwa zehn Minuten, ehe sie den Ort für Verliebte fanden. Vor sich sahen sie ein von roten, weißen und gelben Teerosen bewachsenes japanisches Teehaus. Uschi blieb vor Entzücken stehen und meinte: „Die sind seit dem letzten Jahr schon wieder gewachsen, was für eine Rosenpracht.“ Das Gartenhaus hatte eine achteckige Form, um die sich diese Rosenfülle rankte. „Was für eine verschwenderische Blütenfülle und dieser Duft. Mh, mh, mh, wunderbar, gell Diether?“
„Du hast recht, Liebes, diese Vielfalt ist grandios.“
Zögernd traten sie in den japanisch aussehenden Pavillon ein. Es war aber keine japanische Gartenlaube, sondern eine Rokoko-Liebeslaube. Alles war im Louis-seize-Stil und in geblümtem Chintz eingerichtet, die Liege und die Sitzmöbel waren zueinander passend mit dem gleichen Stoff überzogen. Das sah alles allerliebst aus. Ulli drehte sich zur Seite und gewahrte ein Tischlein-deck-dich mit Kaffee und Petit Fours-Stücken auf einem silbernen Tablett. „Ob das Marieles Idee war? Weil sie uns in den Park gehen sah?“, überlegte Uschi laut.
„Das ist nicht möglich Schatz, wir sind vom Altan aus hinunter und haben nichts dergleichen verlauten lassen, es hat uns auch niemand vom Chalet aus nachgesehen, Kleines!“
„Nun denn, sei es, wie es ist, kümmern wir uns nicht darum. Also, frisch ans Werk, Diether: Wir überlegen uns zuerst, wie wir deinen beziehungsweise unseren Abschiedsabend gestalten. So schön wie möglich.“
Diether erwiderte: „Ich dachte an etwas Leichtes, Beschwingtes, zum Beispiel Träumerei von Schumann oder Liebestraum von Liszt. Vielleicht a bisserl Chopin: In mir klingt ein Lied. So ungefähr habe ich mir das vorgestellt. Hast du weitere Vorschläge, Liebes?“
„Was meinst du: von Mozart das Wiegenlied oder von Schubert Meine Ruh ist hin! Dann das Ständchen und sein Ave Maria“, schlug Uschi vor.
„Toller Plan, Kleines! Dazu eine leichte Opernarie aus Flotows Martha: Die letzte Rose, Liebes. Händel wäre auch nicht schlecht: Largo oder Dank sei dir, Herr!“, brachte Diether seine Gedanken zu Ende.
„Das könnte den Zuschauern gefallen“, dachte Uschi laut vor sich hin.
„Wir dürfen aber auch nicht die Liebeslieder vergessen, unser Lieblingslied: Summertime und von Carl Bohm Chanson d’amour!“
„Du meinst unser Lied: Still wie die Nacht?“
„Ja, mein großer Schatz, das meine ich. Weißt du, diese herrliche Musik könnte ich stundenlang hören“, sprach Ulli seufzend und schaute träumend durchs Fenster in den Garten hinaus.
Diether sah sie lächelnd an. „Schatz“, rief er leise. „Wir dürfen die Pause nicht vergessen! Es müssen mindestens fünfundzwanzig bis dreißig Minuten zwischen unseren Auftritten liegen. Du musst auch an deine Stimme denken, wir werden uns überlegen, was deine Stimme verkraftet und womit wir beginnen. Ich würde mit der Träumerei anfangen, das könnten wir am Flügel zusammen spielen. Dann die Lieder von Schubert und Chopin, was meinst du, Kleines?“
„Ja, diese Reihenfolge wäre nicht schlecht und so schreibe ich es jetzt auf diesen Block.“ Ursula notierte alles so, wie sie es gerade mit Diether besprochen hatte. „Danach Largo und Caro mio ben, dahinter Summertime und zum Schluss das Lied aus Der Vogelhändler: Schenkt man sich Rosen in Tirol, das Stück, welches wir beide singen. Ich würde Chanson d’amour vor Gershwin singen, was meinst du, Liebster?“
„Das können wir noch überlegen, da werden wir noch genügend Spielraum haben.“
„Genau, ich notiere mir die Lieder in der richtigen Reihenfolge, damit wir einen besseren Überblick der Musikweisen bekommen“, erläuterte Ulli ihrem Freund.
Nachdenklich über das geworden, was Uschi über ihr Lied gesagt hatte, meinte er: „Willst du wirklich für mich das Liebeslied aller Liebeslieder singen, mein Schatz? Würdest du das wirklich und wahrhaftig tun?“
„Natürlich, Liebster, ich hoffe nur, dass ich dieses Bekenntnis ohne Tränen in der Stimme singen kann“, sagte sie mit bebenden Lippen.
Diether umarmte sie liebevoll und drückte ihr einen Kuss auf dieselben. „Schatz, der Schluss fehlt uns noch, was meinst du zur Arie aus Der Vogelhändler? Du hattest es eben schon mal angesprochen …“
„Toller Vorschlag! Den behalten wir und eventuell noch eine Zugabe, ein einfaches Abendlied wie Der Mond ist aufgegangen?“
„Das ist ein guter Abschluss für den Gala-Abend.“
„Komm her, lass dich küssen, meine Süße, du bist eine Wucht.“ Er küsste sie ausgiebig.
Dann meinte sie: „Diether, die Rosen aus Tirol werden wir ja zusammen singen …“
„Ja, und du bekommst dazu ein großes Bukett roter Rosen mit einem dicken Kuss von mir auf der Bühne und vor den Augen aller“, erwiderte Diether. „Jeder soll sehen, wie glücklich wir sind, auch deine Mutter.“
„Ja, das bin ich auch! Nur müssen wir noch fleißig üben.“
„Was, fürs Küssen?“, lachte Diether sie spitzbübisch an.
„Das Küssen brauchen wir nicht üben, das können wir auswendig“, kicherte Uschi.
„Zum Glück gibt es hier im Chalet einen Bechstein-Flügel, darauf kannst du dich austoben, Schatz“, meinte sie zärtlich und strich ihm liebevoll übers Gesicht. Er nahm ihre kleine Hand in die seine und küsste sie hingebungsvoll. Uschi sagte: „Küss die Hand, gnädiges Fräulein!“ Beide mussten laut lachen, weil sie glücklich waren. „Oh je, Diether, uns fehlen noch ein paar Zugaben. Wie wäre es mit Mozarts Ave verum?“
„Na, ich weiß net, dös Lied gehört in die Kirch!“, meinte Diether, ohne sich über den erneuten Themenwechsel zu wundern.
„Dann vielleicht das Ave Maria von Bach und Gounod sozusagen als Abendgebet für alle Gäste und Freunde des Hauses“, antwortete Ulli. „Ich glaube, da wäre Fee auch einverstanden“, fügte sie hinzu.
„Oh mei, Schatz, großartig, das wäre für alle ein schöner Abschluss des Abends“, erkannte Diether und freute sich über Uschis Plan. „Weißt was, Madl, wir trinken erst einmal eine Tasse Kaffee und stärken uns ein wenig, denn langsam bekomme ich Hunger.“
Plötzlich legte sich Ulla den Finger auf den Mund und schaute Diether beschwörend an. Flüsternd zeigte sie auf das rechte Fenster. Die Sonne schien auf die Büsche, die dort in zehn Metern Entfernung standen. Dort blitzte und glitzerte etwas, das aussah wie Glas, ein helles Objekt. Leise sagte Uschi: „Ich glaube, der Pavillon wird beobachtet, bitte iss nichts von den Leckereien, die sind bestimmt mit einem Betäubungsmittel oder Ähnlichem präpariert, ebenso der Kanneninhalt. Deshalb werde ich von den Kuchenstückchen einige mitnehmen und hier in mein Taschentuch legen und zusammenbinden. Die Kanne nimmst du in die Hand und ich dieses hier.“
Vorsichtig nahm Diether das Utensil in die linke Hand, während Ulli das Tücherl und den Notizblock nahm. Umsichtig, wie sie war, zog sie leise den Vorhang von innen vor das Fenster. Zum Glück hatte das Teehaus eine kleine, schmale Seitentüre, aus der sie leise heraustraten. Dann liefen sie quer über den Rasen, so wurden sie von dem Unbekannten, der sich hinter den Sträuchern verbarg, nicht gesehen oder gehört, denn auch das Gartenhaus nahm dem Heckengucker die Sicht. Hinter den hohen, dunklen Rhododendron-Sträuchern konnten sie zum Chalet zurücklaufen.
Atemlos kamen sie am Ferienhaus an und eilten zur Terrasse. Auf dieser saßen Mariele sowie … Fee und Urs! Die drei waren ganz erstaunt, als sie Diether mit der Kaffeewarmhaltekanne und Uschi mit einem weißen, zusammengeknoteten Taschentuch in den Händen auf sich zukommen sahen. Ursula war ganz aufgeregt, als sie zu reden begann: „Lieber Urs, wenn du meinst, dass mit den Kapuzenmännern alles vorüber ist, seid ihr auf dem Holzwege.
Wir waren im Teehaus, um unseren Gala-Abend zu gestalten, da fanden wir auf dem Teetischchen eine Kanne Kaffee und die Etagere belegt mit Petits Fours vor. Zuerst dachten wir, Mariele, du hättest diese Dinge dahin gestellt. Doch plötzlich schien die Sonne auf die seitlichen Stauden, welche ungefähr zehn Meter vom Gartenhaus entfernt waren, und bestrahlten ein Objekt, das blinkte und sich hin- und herbewegte. Deswegen haben wir die Kanne und einige der Leckerli mitgebracht.“
Uschi hatte eine lange Rede gehalten und wollte gerade neuen Atem holen, als Klaus Andermatten mit einem schmalen Jüngling – ganz in Grün gekleidet – den er am Kragen gepackt hielt, auf die Terrasse zu trat.
„Dieses Individuum lag hinter den Jasminsträuchern mit einem Fernglas und beobachtete die Gartenlaube. Bei meinem Kontrollgang habe ich ihn erwischt, Chef.“ Der Bursche sagte keinen Ton, aber sein aufsässiger, dämlicher Gesichtsausdruck, der andeutete: „Aus mir werdet ihr nichts herausbekommen“, sprach Bände.
„Klaus, lege ihm Handschellen an“, ordnete Urs an und der Unteroffizier befolgte die Order seines Chefs. „Bringe ihn ins Polizeiauto, den Schlüssel hast du ja. Binde ihn ziemlich fest im Mannschaftswagen an, und die Füße nicht vergessen!“ Der Adjutant tat wie ihm geheißen und verschwand mit dem jetzt verstört dreinblickenden Eindringling zum Parkplatz vor das Chalet in der Buchenallee.
„Prinzessin, du hast mal wieder großartig kombiniert und warst scharfsinnig im Denken wie dein Papa. Du bist wahrlich ein echter Nachkomme derer von Giebel. Diether, du bekommst eine tolle Frau, bei ihr passiert dir nix, wenn du auf sie hörst, sobald sie dich vor etwas warnt“, lachte Urs.
„Weißt, Ursi, ich denke mir Folgendes: dass in dem Gebräu der Kanne und in den Kuchenstückchen ein Betäubungsmittel enthalten sein wird. Deswegen haben wir auch dies alles mitgebracht. Verstehst du auch, warum der so dämlich geschaut hat? Weil er meinte, wir hätten davon gegessen und würden betäubt im Teehaus liegen.“
„Eine tolle Kombination deinerseits, Ulli, du hast recht. Das kommt gleich ins Labor, alles, was ihr mitgebracht habt“, erläuterte Urs den staunenden Damen Fee und Mariele.
„Ich denke, Urs, das ist die Retourkutsche auf die schief gelaufene Explosion deines Jeeps“, vermutete Ursula.
„Prinzessin, du verblüffst mich immer wieder. Warum habe ich dich nicht als Mitarbeiterin, wir könnten dich gut gebrauchen“, grinste Urs und schaute Ulla dabei verschmitzt an. Dabei stand er auf und – schwups – Ursula wusste nicht, wie ihr geschah, da wurde sie hoch in die Luft gehoben und dazu rief Urs: „Ein Hoch!“
„Ich löse dich mit dem Herumschwenken ab“, meldete sich Diether zu Wort und ließ danach Taten folgen. Uschi wurde mehrmals hochgehoben und herumgeschwenkt. Dabei rief Diether enthusiastisch aus: „Vivat Austria!“ Alle mussten darüber lachen, weil das Ganze so lustig aussah: die Kleine über den Köpfen der hochgewachsenen Mannsbilder. Ursula bekam zuerst einen dicken Schmatzer von Urs und dann von Diether, der sie ausgiebig vor allen Augen küsste.
Nun aber meldete sich die Gräfin zu Wort: „So Ullikind, ihr habt das Programm schon fertig, dann werdet ihr fleißig am Flügel üben müssen.“