Kitabı oku: «Die Abenteuer von Tom Sawyer & Huckleberry Finn (Band 1 & 2) (Illustriert)», sayfa 9
Kapitel 14: Ein Besuch

EIN PAAR MINUTEN SPÄTER befand sich Tom im seichten Wasser der Sandbank und watete dem Illinoisufer zu. Noch reichte ihm das Wasser kaum bis zur Brust, als er schon die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte. Jetzt aber erlaubte die Strömung kein weiteres Vordringen und kühn begab er sich dran, die übrigen hundert Meter schwimmend zurückzulegen. Er ließ sich von der Strömung treiben, die ihn rascher beförderte, als er selber dachte. Doch gelang es ihm endlich, das Ufer zu erreichen und an einer niederen Stelle desselben zu landen. Er fühlte in seiner Tasche nach dem Rindenstück, fand es sicher an seinem Platz und schritt nun mit triefenden Kleidern waldeinwärts am Ufer entlang. Kurz vor zehn Uhr kam er an einen freien Platz, gerade dem heimatlichen Städtchen gegenüber, und sah die Fähre im Schatten der Bäume am hohen Ufer angekettet. Alles war still unter den funkelnden Steinen. Er kroch am Ufer hinab, mit vorsichtigen Blicken ausspähend, glitt ins Wasser und schwamm mit drei oder vier Stößen nach dem Boot, das an der Seite der Fähre befestigt war. Dort streckte er sich unter die Ruderbank und wartete atemlos. Alsbald ertönte eine heisere Glocke und eine Stimme gab den Befehl zum Abstossen, Eine bis zwei Minuten später wurde das Boot von der Fähre scharf angezogen und die Fahrt hatte begonnen, Tom beglückwünschte sich selber zu seinem Erfolg, er wusste, es war die letzte Fahrt diesen Abend. Nach Verlauf von endlosen zwölf oder fünfzehn Minuten standen die Räder still, Tom schlüpfte über Bord und schwamm ans Ufer in der Dunkelheit, etwa fünfzig Meter unterhalb des Städtchens landend, aus Furcht, noch späten Herumschwärmern zu begegnen. Er flog durch einsame Gässchen und befand sich nach kurzem am hinteren Zaun von seiner Tante Hof. Der Zaun war schnell überstiegen, er näherte sich dem Hause und blickte durch das Fenster des Wohnzimmers, in dem noch Licht brannte. Dort saßen Tante Polly, Sid, Mary und Joe Harpers Mutter dicht zusammen und redeten. Sie saßen vor dem Bett und das Bett befand sich zwischen ihnen und der Türe, welche direkt auf den Hof führte. Tom trat auf den Zehen heran und begann leise auf die Klinke zu drücken. Die Türe gab nach und öffnete sich ein klein wenig mit sanftem Knarren. Vorsichtig erweiterte Tom den Spalt, bis er ihn für groß genug hielt, um sich auf den Knien durchzuschieben. Dann steckte er den Kopf durch und begann mutig vorwärts zu kriechen.
»Warum das Licht nur so flackert?« sagte Tante Polly. – Tom beeilte sich mit dem Hereinkriechen, »Herrgott, die Tür ist ja offen, soviel ich seh! Freilich ist sie’s. Nehmen die Schrecknisse gar kein Ende! Geh, Sid, mach die Tür zu!«
Gerade zur rechten Zeit verschwand Tom unter dem Bett. Da lag er mäuschenstill, um nur erst zu Atem zu kommen, dann kroch er weiter vor, bis dahin, wo er fast seiner Tante Füße berühren konnte.
»Ja, wie ich gesagt hab’,« fuhr diese fort, »schlecht war er nicht, was man so schlecht heisst, – nur immer voller Tollheiten, voller Unsinn und immer oben hinaus, wisst ihr. Ihm konnte man’s aber so wenig übelnehmen wie einem Füllen; er dachte sich weiter nichts dabei, war weiss Gott der gutherzigste Junge, der lebte und –« sie begann zu weinen.
»Grad so war mein Joe, – immer voller Teufeleien und zu jedem tollen Streich aufgelegt, aber so selbstlos und gut dabei, wie nur möglich. Und, der Himmel verzeih mir’s, ich, ich, seine eigene Mutter, geh hin und hau ihn durch, weil ich mein’ er hat den alten Rahm genommen, denk nicht dran, dass ich den doch selber fortgeschüttet hab, weil er sauer geworden war. Und jetzt soll ich ihn nie wieder sehen in dieser Welt, den armen, misshandelten Jungen, nie, niemals wieder!« Und Frau Harper schluchzte, als wolle ihr das Herz brechen.
»Ich hoffe, Tom ist besser dran, wo er ist,« begann Sid, »wenn er aber hier in manchem besser –«
» Sid!« – Tom fühlte ordentlich den strengen Mahnblick, das drohende Funkeln in den Augen der alten Dame, obgleich er’s nicht sehen konnte.
»Kein Wort weiter gegen meinen armen Tom, der nun von uns gegangen ist. Der allmächtige Gott wird sich seiner schon annehmen, da brauchst du dich nichts drum zu kümmern. Oh, Frau Nachbarin, ich weiss nicht, wie ich’s überleben soll, weiss nicht, wie ich’s überleben soll! Er war mein ganzer Trost, obgleich er mir mein altes Herz fast aus dem Leibe herausquälte!«
»Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt! Aber hart ist’s, so arg hart! Erst vorigen Sonntag ließ mir mein Joe einen Schwärmer grad unter der Nase platzen, worauf ich ihm eins versetzte, dass er umfiel. Da dacht ich nicht, dass er so bald – ach, Herr du meines Lebens, wenn ich wieder in derselben Lage wäre, ich würde ihn an mein Herz drücken und küssen.«
»Ja, ja, ja, Nachbarin, ich weiss, wie Ihnen zu Mute sein muss, weiss es ganz genau. Gestern nachmittag erst hat mein Tom dem unvernünftigen Vieh, dem Peter, ›Schmerzenstöter‹ eingegossen, den er selber hat nehmen sollen. Na, ich denk die Katze reisst’s Haus ein, so tobt die herum. Und ich, Gott verzeih mir, geb dem Jungen einen Klaps auf den Kopf mit meinem Fingerhut; armer Junge, armer, armer, toter Junge! Er hat’s überstanden jetzt. Und die letzten Worte, die ich von ihm gehört hab, waren, dass er mir vorwarf –«
Diese Erinnerung aber war zuviel für die alte Dame, sie brach vollständig darunter zusammen. Tom schluchzte jetzt selber, mehr aus Mitleid mit sich, als aus irgendeinem anderen Grund. Er hörte, dass Mary weinte, und von Zeit zu Zeit ein freundliches Wort über ihn dazwischenwarf. Seine eigene Meinung von sich stieg um ein beträchtliches. Der Kummer seiner Tante rührte ihn aber doch sehr und kaum konnte er der Versuchung widerstehen, hervorzubrechen aus seinem Hinterhalt und ihren Jammer in Freude zu verwandeln. Der theatralische Effekt, den solche Szene notwendig hervorrufen musste, reizte ihn gewaltig, doch er erwehrte sich dessen tapfer und blieb still. Er fuhr fort zu lauschen und merkte aus allerlei Bruchstücken der Reden, die er zusammensetzte, dass man zuerst geglaubt hatte, er und die Kameraden seien beim Schwimmen verunglückt. Dann wurde das kleine Floß vermisst. Verschiedene Jungen gaben nun an, dass die Vermissten gesagt hätten, die ganze Stadt solle bald was Neues erfahren. Die »weisen Häupter« der Gemeinde reimten sich nun verschiedenes zusammen und waren schließlich darin einig, dass die Jungen auf dem Floß davongegangen und baldigst in der nächsten Stadt flussabwärts auftauchen dürften. Gegen Mittag aber war das leere Floß aufgefunden worden, das etwa vier Meilen unterhalb des Städtchens ans Ufer getrieben war, und da schwand jede Hoffnung. Sie mussten ertrunken sein, sonst hätte sie der Hunger vor Nacht nach Hause gejagt, wenn nicht noch früher. Man glaubte, die Suche nach den Leichen sei hauptsächlich deshalb erfolglos geblieben, weil die Ertrunkenen wohl mitten im tiefsten Wasser umgekommen sein mussten, denn die Jungen waren flotte Schwimmer und hätten sich sonst sicherlich ans Ufer gerettet. Das war am Mittwoch Abend. Wenn es nun nicht gelang, bis Sonntag die Leichen aufzufinden, so musste man jeder Hoffnung entsagen, und es sollte an dem Tage ein Trauergottesdienst in der Kirche abgehalten werden. Tom schauderte.
Frau Harper schluchzte ein »Gutenacht« und erhob sich zum Gehen. Von einem gemeinsamen Antrieb ergriffen, flogen die beiden verwaisten Frauen einander in die Arme, weinten sich ein paar Minuten aus und nahmen darauf Abschied. Tante Polly sagte Sid und Mary mit besonderer Zärtlichkeit »Gutenacht«, Sid schluchzte ein bisschen, Mary aber weinte aus Herzensgrund.
Jetzt kniete Tante Polly nieder und betete für Tom, so rührend, so eindringlich, mit solch maßloser Liebe in jedem Wort, jedem Ton ihrer alten, zitternden Stimme, dass der Missetäter unter dem Bett wieder förmlich zerfloss in Tränen, lange ehe sie geendet hatte.
Er musste sich sehr ruhig verhalten, eine ganze Zeit, nachdem sie zu Bett gegangen war, denn wieder und wieder warf sie sich ruhelos von einer Seite zur anderen und stöhnte und jammerte vor sich hin. Endlich aber wurde sie still, nur noch zuweilen schluchzte sie leise im Schlafe auf. Jetzt stahl sich Tom unter dem Bett vor, richtete sich ganz allmählich in die Höhe, beschattete das Licht mit seiner Hand und betrachtete sie. Sein Herz floss über vor Mitleid. Er nahm die Sykomorenrinde aus der Tasche und legte sie neben dem Lichte nieder. Da schoss ihm ein Gedanke durch den Kopf und er zögerte überlegend. Sein Gesicht verklärte sich förmlich im Widerschein der erleuchteten Idee, die ihm gekommen. Hastig nahm er die Rinde wieder an sich, beugte sich über das alte Antlitz, hauchte einen Kuss auf ihre Lippen und stahl sich, leise wie er gekommen, durch die Türe, die er hinter sich schloss.
Er schlich den gleichen Weg zurück nach der Fähre, fand dort niemanden und betrat kühn das Deck. Wusste er doch, dass sich um diese Zeit nur ein Wächter dort befand, und der zog sich für gewöhnlich in die Kajüte zurück und schlief wie ein Sack. Er löste den Nachen von der Seite, schlüpfte hinein und glitt bald danach, vorsichtig rudernd, stromaufwärts dahin. Als er eine Meile oberhalb der Stadt war, schlug er die Richtung quer über den Fluss ein und legte sich tüchtig ins Zeug. Er traf genau auf die Landungsstelle an der anderen Seite. Diese Leistung war für ihn nicht neu. Nun überlegte Tom, ob er nicht den Nachen mitnehmen sollte, der doch sozusagen ganz legitime Beute für einen Seeräuber wäre. Doch wusste er, dass man genaue Nachforschungen nach dem Verbleib anstellen würde und die hätten am Ende zu unliebsamen Entdeckungen führen können. So sprang er denn ans Ufer und begab sich sofort in den Wald. Dort setzte er sich hin, ruhte lange, lange aus und quälte sich dabei namenlos ab, um sich wach zu erhalten. Dann machte er sich müde, matt und schläfrig auf den Heimweg. Die Nacht war schon weit vorgerückt. Es wurde heller Tag, ehe er sich wieder am Ufer gegenüber der Sandbank befand. Er ruhte sich nochmals aus, bis die Sonne ganz aufgegangen war und den Strom mit ihrem Glanze übergoldete, dann warf er sich ins Wasser und bald darauf stand er triefend am Eingang des Lagers und hörte Joe sagen:
»Nein, Tom ist treu wie Gold, Huck, der kommt wieder, der kneift nicht aus! Er weiss, dass das eine Ehrlosigkeit für einen Piraten wäre, und Tom ist viel zu stolz, um so was zu tun. Er führt irgend etwas im Schilde, das ist sicher, möcht nur wissen was!«
»Na, aber die Sachen dort im Hut sind doch unser, nicht?«
»Beinahe, Huck, noch nicht ganz. Hier die Schrift auf der Rinde sagt: Die Sachen gehören euch, sollte ich nicht bis zum Frühstück zurück sein –«
»Was hiermit der Fall ist«, rief Tom und betrat mit großartigem, dramatischem Effekt die Szene.
Ein üppiges Frühstück, aus Speck und Fisch zusammengesetzt, war bald zur Stelle. Die Jungen machten sich drüber her, Tom erzählte dabei seine Abenteuer mit entsprechender Ausschmückung. Sein Ruhm warf einen strahlenden Abglanz auf die anderen. Die Erzählung verwandelte sie alsbald in eine eitle, prahlerische, lärmende Heldenschar. Dann suchte sich Tom ein stilles, verborgenes Winkelchen zum Schlafen, während die anderen Piraten sich fertig machten, um zu fischen und auf Entdeckungen auszugehen.
Kapitel 15: Heimweh und Rauch-Studien

NACH DEM MITTAGESSEN begab sich die ganze Bande zur Sandbank auf die Suche nach Schildkröteneiern. Mit Stöcken durchwühlten sie den Sand und wo sie eine hohle Stelle fanden, gruben sie mit den Händen nach und entdeckten oft fünfzig bis sechzig Eier in einem Loch, runde, weisse, nussgroße Dinger. Am Abend bereiteten sie sich aus den gebackenen Eiern ein köstliches Mahl, ebenso ein leckeres Frühstück am nächsten Morgen, einem Freitag. Danach gingen sie zur Sandbank, schwammen und tollten im Wasser herum und wälzten sich zur Abwechslung im heissen Sande, in dem sie sich förmlich eingruben. Plötzlich kam ihnen der Gedanke, dass der kleiderlose Zustand, in welchem sie sich befanden, die größte Ähnlichkeit habe mit den Trikots der Zirkushelden. Augenblicklich wurde ein Kreis in den Sand gezogen, der einen Zirkus vorstellen musste, einen Zirkus mit drei Clowns in demselben, denn keiner der Jungen konnte sich entschließen, diesen stolzesten, begehrtesten aller Posten einem anderen zu überlassen.
Als dies Vergnügen bis zur Neige ausgekostet war, sprangen Huck und Joe nochmals ins Wasser. Tom getraute sich nicht hinein, da er entdeckte, dass er beim Ausziehen der Hosen seine Klapperschlangenklappern verloren habe. Nur durch ein Wunder konnte er bis jetzt der Gefahr eines Krampfes beim Schwimmen entgangen sein ohne den geheimnisvoll wirkenden Schutz dieses Zaubermittels. Eifrig suchte er danach, und als er sie schließlich fand, die Zauberklappern, waren die anderen des Schwimmens müde und ruhebedürftig. Sie schlenderten nun am Ufer hin, wurden schweigsam, verfielen in Brüten, blieben einer hinter dem anderen zurück und jeder ertappte sich darauf, dass er sehnsüchtig in die Weite starrte, dorthin, wo das heimatliche Nest schläfrig im Sonnenbrande dalag. Tom wurde sich mit einem Male bewusst, dass er mit der großen Zehe »Becky« in den Sand schrieb. Ärgerlich über seine unmännliche Schwäche wischte er’s aus, zog aber im nächsten Moment nichtsdestoweniger dieselben magischen Linien aufs neue, fast gegen seinen Willen; er konnte nicht anders. Wieder löschte er dieselben und entzog sich dann der Versuchung, indem er den beiden Kameraden nachjagte und sie zusammentrieb.
Joes Lebensgeister aber waren mittlerweile so gesunken, dass ein Aufraffen derselben fast unmöglich schien. Er hatte solches Heimweh, dass er es vor Elend kaum mehr aushalten konnte. Verräterische Tränen waren dicht am Überfließen. Auch Huck war melancholisch geworden. Tom war gleichfalls sehr niedergeschlagen, bemühte sich aber redlich, es nicht zu zeigen. Seine Brust barg ein Geheimnis, das ihm aber zur Mitteilung noch nicht reif schien. Sollte sich jedoch diese rebellische Niedergeschlagenheit nicht bannen lassen, so musste er am Ende doch damit herausrücken. Mit erkünstelter Heiterkeit rief er plötzlich:
»Ich wett’, Jungens, auf der Insel hier waren schon vor uns Piraten. Lasst uns noch ‘mal genau alles durchforschen. Vielleicht haben sie irgendwo ‘nen Schatz versteckt. Das war doch ein Hauptspass, wenn wir plötzlich auf eine verfaulte Kiste voll Gold und Silber stiessen, was?«
Diese Aussicht vermochte indessen nur schwache Begeisterung zu erregen, die alsbald erstarb, ohne ein Echo erweckt zu haben. Tom versuchte es mit zwei oder drei anderen lockenden Vorschlägen, – es war verlorene Liebesmüh, Joe saß und bohrte mit einem Stock im Sand herum und sah sehr brummig aus. Schließlich rief er ungestüm:
»Jungens, wir wollen’s sein lassen. Ich will heim, hier ist’s so einsam.«
»Ach, Joe, wart doch,« beruhigte Tom, »bald denkst du ganz anders drüber. Denk doch nur allein ans Fischen!«
»Was liegt mir am Fischen. Ich will heim!«
»Aber, Joe, wo findest du wieder einen Platz zum Schwimmen wie hier?«
»Schwimmen ist mir ganz egal. Ich mach mir gar nichts mehr draus, seit keiner da ist, um’s zu verbieten. Ich will heim.«
»Ach Papperlapapp! Wickelkind! Will seine Mama sehen, was?«
»Ja, das will ich auch! Ich will meine Mutter sehen, und wenn du eine hättest, wolltest du’s auch. Ich bin kein größeres Wickelkind als du!« Und Joe schluchzte ein bisschen vor sich hin.
»Schön, schön! Lass das Kindchen zu seiner Mama gehen, gelt, Huck? Armes, kleines Wickelkind will die Mama sehen. Soll’s haben, armes, kleines Ding. Dir gefällt’s hier, Huck, gelt? Wir zwei bleiben, nicht?«
Huck ließ ein sehr zweifelhaftes, gedehntes »Ja–a–a« hören.
»So lang ich leb, red ich mit dir nie wieder«, damit erhob sich Joe und begann sich anzukleiden.
»Als ob mir daran was läge?« versetzte Tom geringschätzig, »wir brauchen dich nicht. Geh heim und lass dich auslachen, Du bist ein schöner Pirat, du! Huck und ich, wir sind keine Schreikinder, wir bleiben hier, gelt, Huck? Der mag laufen wohin er will, wollen schon fertig werden ohne ihn!«
Tom war es aber doch nicht recht geheuer bei der Sache und unruhig sah er zu, wie Joe wortlos und halsstarrig fortfuhr sich anzukleiden. Es ängstigte ihn auch zu sehen, dass Huck aufmerksam den Vorbereitungen Joes folgte, während er ein Gefahr drohendes Schweigen beobachtete. Alsbald, ohne ein Wort des Abschiedes, begann Joe nach dem Illinoisufer zuzuwaten. Tom sank das Herz bis in die äusserste Zehenspitze. Er warf einen forschenden Blick auf Huck. Dieser vermochte den Blick nicht auszuhalten und schlug die Augen nieder. Dann sagte er:
»Ich will auch fort, Tom! ‘s war vorher schon einsam und jetzt wird’s noch schlimmer. Komm, wir gehen mit!«
»Ich geh nicht. Ihr könnt alle weg, wenn ihr wollt. Ich will bleiben.«
»Ich, ich denk, ich geh!«
»Immer zu, wer hält dich denn?«
Huck begann seine Kleider aufzuraffen. Dabei sagte er: »Tom, ich wollt, du gingst mit. Denk mal drüber nach. Drüben am Ufer wollen wir ‘ne Zeitlang auf dich warten.«
»Na, da könnt ihr warten, bis ihr schwarz werdet, das kann ich dir sagen!«
Kummervoll wandte sich Huck ab und Tom stand und sah ihm nach, während ihm das glühendste Verlangen, den beiden zu folgen, fast das Herz abdrückte. Sein Stolz wollte das aber nicht zulassen. Von Augenblick zu Augenblick hoffte Tom, die Jungen würden stehen bleiben, die aber wateten entschlossen vorwärts, ohne sich umzusehen. Plötzlich überfiel ihn das Bewusstsein, wie still und einsam es um ihn geworden, mit niederschmetternder Gewalt. Einen letzten Strauss bestand er mit seinem Stolze, dann stürzte er hinter den Kameraden her, denselben nachbrüllend:
»Wartet, so wartet doch, ich muss euch etwas sagen.«
Die standen still und wandten sich. Als er sie erreichte, teilte er ihnen sein Geheimnis mit. Sie hörten mürrisch zu; als ihnen aber klar wurde, worauf er loszielte, stiessen sie ein gellendes Kriegsgeheul aus und erklärten den Plan für einen Kapitalspass. Wenn er das gleich gesagt hätte, wären sie niemals weggelaufen, versicherten sie. Tom redete sich heraus, so gut er konnte. In Wahrheit aber hatte er gefürchtet, selbst die Enthüllung dieses geheimnisvollen Plans vermöchte nicht, sie für die Länge der Zeit auf der Insel festzuhalten und darum hatte er sich dies als letztes Lockmittel für den äussersten Notfall aufsparen wollen.
Lustig wanderten nun die Jungen zurück und warfen sich mit erneuter Energie aufs Spiel, die ganze Zeit über Toms großartigen Plan besprechend und dessen Genialität bewundernd. Nach einem leckeren Mittagsmahl, aus Fisch und Eiern bestehend, erklärte Tom, dass er nun rauchen lernen wolle. Joe gefiel der Gedanke, er wollte es auch probieren. Huck machte also zwei Pfeifen zurecht und stopfte dieselben. Die beiden neuesten Jünger in der Kunst des Rauchens hatten bis jetzt ihr Talent nur an Schokoladenzigarren erprobt, und das war keineswegs ein Beweis von gereifter Männlichkeit.
Nun streckten sie sich in Moos, stützten sich auf die Ellbogen und begannen, freilich etwas zögernd, drauf loszudampfen, mit offenbar nicht allzu großer Zuversicht in ihre Fähigkeiten, ganz gegen ihre sonstige Art und Weise. Der Rauch hatte aber auch einen gar zu unangenehmen Geschmack, sie mussten sich immerzu räuspern, doch Tom meinte:
»Ach, das ist ja ganz leicht; wenn ich das früher gewusst hätte, ei, ich hätt’s längst gelernt.«
»Ich auch,« bekräftigte Joe, »das ist ja rein gar nichts.«
»Na, wie oft hab’ ich einem zugesehen, der geraucht hat und mir gewünscht, wenn du’s doch nur auch könntest, Hab’ aber nie gedacht, dass das möglich war«, sagte Tom. »Aber so bin ich. Nicht, Huck? Trau mir nichts zu! Hundertmal ist mir’s schon so gegangen, gelt, Huck?«
»Weiss Gott, hab’s auch schon gedacht«, bestätigte dieser.
»Grad wie bei mir,« rief Joe, »tausendmal ist mir das schon passiert. Erinnerst du dich, Huck, damals beim Schlachthaus, die anderen waren alle dabei, der Bob und der Johnny und der Jeff auch, da –«
»Ja, so ist’s,« fiel Huck ein, ohne weiteres abzuwarten, »’s war just an dem Tag, an dem ich meine schöne weisse Steinkugel verloren hatt’ – oder auch am Tag vorher.«
»Siehst du wohl,« rief Joe, »der Huck erinnert sich. – Ich glaub, die Pfeife hier könnt ich den ganzen Tag lang rauchen, es ist mir kein bisschen übel.«
»O mir auch nicht,« fiel Tom ein, »ich könnt auch den ganzen Tag weiterrauchen. Der Jeff Thatcher aber, da wollt ich alles wetten, der könnt’s nicht.«
»Jeff Thatcher! Herrgott, der wär nach zwei Zügen geliefert. Der sollt’s nur mal probieren, der würd was Schönes zu sehen kriegen!«
»Das glaub ich auch – und der Johnny Miller, – na, den möcht ich mal dabei sehen.«
»Na und ich!« lachte Joe, »ei der, der könnt das nicht besser, als alles andere, was er kann – und er kann nichts! Der braucht’s nur zu riechen, dann wär er schon hin!«
»Weiss Gott, so ist’s. Ich wollt nur eins, Joe, ich wollt, die Jungens könnten uns so sehen!«
»Und ich erst!«
»Sagt mal, Jungens, wir reden gar nichts drüber und wenn wir dann mal alle zusammen sind, geh ich auf dich zu, Joe, und frag: ›Hast du ‘ne Pfeife da, Joe? Ich möcht gern mal rauchen,‹ Und du sagst dann, so ganz nachlässig, als ob’s gar nichts war: ›Ja, die alte hab’ ich und auch meine neue, aber mein Tabak ist nicht sehr gut.‹ – ›Ach, macht nichts‹, sag ich dann, ›wenn er nur stark genug ist.‹ Dann du heraus mit den Pfeifen und angesteckt, – Herrgott, die werden Augen machen!«
»Das wird wundervoll, Tom, wär’s nur schon so weit.«
»Ja und dann sagen wir, das haben wir alles gelernt, wie wir als Piraten ausgezogen sind und dann platzten sie erst recht vor Neid.«
»Na und ob! ‘s wird prächtig, Tom!«
So plauderten sie und bramarbasierten, aber allmählich wurden sie stiller und warfen nur noch gelegentlich eine Bemerkung hin. Die Pausen wurden häufiger, im selben Maße, wie ein sonderbares Ausspucken zunahm. Jede Pore innerhalb ihres Mundes schien zum rieselnden Brunnen geworden. Sie waren kaum imstande, die Höhlungen unter der Zunge schnell genug zu leeren, um eine Überschwemmung zu verhüten. Kleine Ergüsse den Hals hinunter kamen trotz aller Eile vor, denen jedes Mal ein leichter Würganfall folgte. Beide Helden sahen nun recht blass und elend aus. Joes kraftlosen Fingern entsank die Pfeife, Toms Pfeife folgte. Die Wasserwerke und Pumpen arbeiteten mit Macht. Endlich sagte Joe mit schwacher Stimme:
»Hab’ da irgendwo mein Messer verloren. Will lieber mal gehen und suchen.«
Mit zitternden Lippen keuchte Tom:
»Ich helf dir. Geh du dorthin, ich mach mich nach der Quelle. Nein, Huck, bleib, du brauchst nicht zu kommen, wir werden’s schon finden!«
Huck setzte sich also wieder und wartete ungefähr eine Stunde. Dann fand er’s langweilig und ging die Kameraden suchen.
Er fand sie auch, weit voneinander entfernt, mitten im Walde, beide sehr blass, beide schlafend. Etwas aber in ihrer Umgebung bewies ihm, dass, falls sie Unannehmlichkeiten gehabt, sie sich derselben endgültig entledigt hatten.
Beim Abendessen waren sie nicht allzu redselig, hatten eine etwas niedergeschlagene Miene, und als Huck zum Nachtisch seine Pfeife hervorzog und sich bereit zeigte, auch die ihren zu stopfen, da dankten sie, sagten, sie fühlten sich nicht ganz wohl, beim Mittagessen müsse ihnen etwas nicht gut bekommen sein.
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