Kitabı oku: «Kriminalprognose und ihre Bedeutung für die Polizei», sayfa 2

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2.2 Prognoseerstellung in der Praxis

Mit Kriminalprognosen werden in den meisten Fällen Gefährlichkeits- oder auch Rückfallprognosen vorgenommen, die Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit bzw. das Risiko einer erneuten Straffälligkeit geben.15

Bei einer Individualprognose wird eine einzelne Person betrachtet und ihr zukünftiges Legalverhalten prognostiziert. Die Prognose stellt Wahrscheinlichkeitsaussagen dar, die auf bisherigen Erkenntnissen über die betroffene Person basieren.

Kollektivprognosen dagegen dienen der Prognoseerstellung im Hinblick auf die allgemeine Kriminalitätsentwicklung in einer gewissen Bevölkerungsgruppe, einem Gebiet oder innerhalb eines Zeitraums.16

Bei Individualprognosen wird zwischen Frühprognosen und Rückfallprognosen unterschieden.

In strafrechtlicher Hinsicht haben Frühprognosen keine Bedeutung, da es sich hierbei um die Prognoseerstellung bei noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getretenen Personen handelt. Frühprognosen werden häufig bei Kindern/Jugendlichen verwendet, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie irgendwann strafrechtlich in Erscheinung treten könnten. Sie dienen ausschließlich der Prävention. Der Zweck liegt darin begründet, rechtzeitig erzieherische Interventionen einleiten zu können, um ein späteres Abgleiten in die Delinquenz zu vermeiden. Ein Beispiel hierfür ist das in Nordrhein-Westfalen angewendete Präventionskonzept „Kurve kriegen“.

Rückfallprognosen beschäftigen sich mit der Frage, ob nach bereits begangenen Straftaten weitere Straftaten folgen werden.17

Eine Besonderheit der Rückfallprognose ist die Urteilsprognose, die auf Antrag des beurteilenden Gerichts vor der Verkündung einer gerichtlichen Strafe erstellt wird. Diese Prognose dient der Strafzumessung. Das Gericht prüft beispielsweise, ob eine Sanktion nicht auch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.18

Eine weitere Besonderheit der Rückfallprognose stellt die Entlassungsprognose dar. Sie wird erstellt, wenn darüber zu entschieden ist, ob die restliche noch zu verbüßende Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Somit muss eine Prognose über das zukünftige Legalverhalten einer Person erstellt werden. Auch für Entscheidungen über eine anschließende Sicherheitsverwahrung wird eine Prognose benötigt.19 § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB nennt diesbezüglich explizit die Gefährlichkeit einer Person für die Allgemeinheit aufgrund zuvor begangener Straftaten.

Ist eine Person verurteilt, kann eine Vollzugprognose durchgeführt werden. Diese soll Aufschluss darüber geben, ob z. B. Lockerungen des Vollzugs der Freiheitsstrafe zielführend und möglich sind. Vollzugsprognosen werden regelmäßig gemäß § 11 Abs. 2 StVollzG erstellt.

Weiterhin ist hier noch die Entlassungsprognose zu erwähnen. Diese wird nach Verbüßen der Sanktion angewandt und soll Aufschluss über das wahrscheinliche Verhalten in Freiheit geben. Diese Prognoseart kann auch nach einem Teil der Sanktion angewandt werden, um festzustellen, ob eine Reststrafe in Form einer Bewährung gemäß §§ 57, 57a StGB verbüßt werden kann.

Letztlich wird eine Einweisungsprognose bei Angeklagten angewandt, bei denen der Verdacht besteht, dass eine Einweisung bzw. Unterbringung in ein psychiatrisches Krankenhaus, in eine Entzugsanstalt oder in eine Sicherungsverwahrung vonnöten sein wird.20

Weiterhin wird mithilfe einer klinischen Kriminalprognose eine Lockerungsprognose erstellt.21 Auf Anordnung des zuständigen Gerichts beurteilt ein Psychologe z. B. gemäß § 11 StVollzG oder gemäß § 67 StGB, ob eine Lockerung der Strafe erfolgen kann.22

Seit einer Änderung des „Gesetzes zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten“ vom 26. Januar 1998 (BGB1. I S. 160–163) ist ein neuer Aspekt bei den Anwendungsbereichen im Deliktfeld der Sexualstraftaten zu berücksichtigen. Dementsprechend ist bei Sexualstraftätern, die gemäß § 57 StGB vorzeitig entlassen werden könnten, eine klinische Prognose durchzuführen.23

2.3 Arten der Prognosestellung

Es gibt verschiedene Arten, eine Prognose zu erstellen. Kriminalprognosen sind Komponenten strafrechtlicher Entscheidungen.24 Sie dienen aber auch zu strategisch-taktischen kriminalprognostischen Anwendungen. Schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde versucht, Wiederholungsprognosen aufzustellen. Franz von Liszt wies bereits um das Jahr 1905 darauf hin, dass die Begehung eines Verbrechens auf einem Zusammenspiel von der Eigenart des Täters im Augenblick der Tat und den ihn umgebenden, äußeren Bedingungen beruht.25

2.4 Gütekriterien

Um Chancen und Grenzen der Kriminalprognosen beurteilen zu können, müssen Gütekriterien der Kriminalprognose begutachtet werden. Gütekriterien sind Kriterien zur Beurteilung der Qualität von Daten, die bei einem Vorgang erhoben werden oder deren Qualität bei Analyseverfahren wichtig sind. Dabei fallen den drei Hauptkriterien Objektivität, Reliabilität und Validität die größte Bedeutung für die Beurteilung einer Kriminalprognose zu.

Unter Objektivität versteht man die Unabhängigkeit des Ergebnisses von der untersuchenden Person oder von äußeren Bedingungen.26

Unter den Begriff der Reliabilität versteht man Zuverlässigkeit bzw. Messgenauigkeit. Bei der Erstellung einer Prognose handelt es sich nur um Fremdbeurteilungen, wodurch Unterschiede zwischen den Werten der einzelnen Beurteiler/Gutachter essenziell sind.27

Die Validität beschreibt die ständige Überprüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit der verwendeten Prognosedaten.

2.5 Methoden der Kriminalprognosen

Innerhalb der Kriminalprognose unterscheidet man drei Hauptmethoden, welche in der Praxis am häufigsten Anwendung finden. Hierbei handelt es sich um die intuitive Kriminalprognose, die statistische Kriminalprognose und die klinische Kriminalprognose. Die klinische oder auch empirische Kriminalprognose wird ebenfalls als explanative oder idiografische Kriminalprognose bezeichnet.

Die statistische Kriminalprognose gilt wie die klinische Methode als wissenschaftliches Prognoseverfahren. Sie befasst sich überwiegend in der Strafrechtspraxis mit der Einschätzung von Tätern durch Personen, die über keine psychiatrische oder psychologische Ausbildung verfügen.

Die intuitive Kriminalprognose wird auch als „Vorgehensweise der Praxis“ bezeichnet. Somit ist die intuitive Kriminalprognose eine subjektive Beurteilung, die auf den Eindrücken, Vorerfahrungen und Denkweisen der beurteilenden Person basieren, z. B. des Polizeibeamten.

Neben der intuitiven sowie klinischen Methode28 kommen bei der Kriminalprognose heute in steigender Zahl vor allem aktuarische Instrumente zum Einsatz29. Aktuarische Verfahren versuchen dabei, systematisch den Bestand der aus Stichproben erhobenen Daten für eine individualisierte Prognose nutzbar zu machen. Es werden Variablen gesucht, die einen Rückfall statistisch begründen. Die Zuordnung des individuell begutachteten Straftäters in Risikoklassen erlaubt eine Vorhersage über die relative und absolute Wahrscheinlichkeit einer erneuten Straftat.30

2.5.1 Intuitive Kriminalprognose

Bei der intuitiven Kriminalprognose handelt es sich um eine nicht-empirisch begründbare, individuelle, gefühlsmäßige und von subjektiven Erfahrungen geprägte Methode.31 Dieses Vorgehen kann nicht genau beschrieben werden, da es auf die Person ankommt, welche die Prognose erstellt und bewertet. Je nach Person fällt ein subjektives Vorgehen anders aus, sodass nicht von einer analytisch exakt zu bestimmenden Methodik gesprochen werden kann. Hierbei wird die komplette Prognoseentscheidung durch einen Gesamteindruck der zu beurteilenden Person erstellt.

Intuitive Prognosen sind keine wissenschaftlichen Prognosen. Sie beruhen nicht auf Daten, sondern auf Alltagserfahrungen und Verhaltenstheorien über menschliches Verhalten. Sie stützen sich dabei auch auf standardisierte Beurteilungsfelder und Kriterien mit teilweise wissenschaftlichem Hintergrund.

Nicht-wissenschaftliche Methoden werden oftmals kritisiert, da Vorurteile der Prognoseersteller gegenüber den zu beurteilenden Personen nicht ausgeschlossen werden können.32 Deshalb wird die intuitive Prognose auch subjektive Prognose genannt.33

Intuitive Prognosen werden meist durch nicht ausgebildete Beurteiler wie beispielsweise Beamte der Kriminalpolizei, Richter oder Staatsanwälte angewendet. Zur Prognoseerstellung werden unter anderem die Sozialbiografie, das Arbeitsverhalten, das Vorhandensein sozialer Bindungen, das Vorliegen einer Suchtproblematik und die strafrechtliche Vorbelastung des Täters analysiert.34

Das Vorgehen bei einer intuitiven Prognose lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen: Bei einem bereits kriminell rückfällig gewordenen Räuber, der die Intervalle seiner Rückfälligkeit verkürzt und gleichzeitig seine kriminelle Energie und rücksichtslose Gewalt bei seiner Tatbegehung steigert, ist es möglich, aufgrund kriminalistischer Berufserfahrung und allgemeiner Menschenkenntnis zu sagen, dass diese Person mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erneut Straftaten begehen wird. Die Prognose ist dementsprechend für den Räuber ungünstig. Die Prognose ist zwar durchaus nachvollziehbar, dennoch ist diese nicht wissenschaftlich belegt.35

Die intuitive Methode kann als Behelfsverfahren bezeichnet werden, welches in der polizeilichen Praxis am weitesten verbreitet ist. Dies liegt daran, dass die Heranziehung von Sachverständigen, wie es die klinische Prognose erfordert, zu zeit- und kostenaufwendig ist. Die gewonnene Erfahrung kann durchaus zu einer nennenswerten Treffsicherheit führen. Dennoch ist das Fehlerrisiko bei der intuitiven Prognose am größten, weil diese auf dem subjektiven Empfinden des Prognoseerstellers beruht und nur schwer belegbar ist, obwohl sie durchaus oftmals nachvollziehbar ist.36 Jedoch wird diese Methode oft durch die objektiven Tatbegehungsmerkmale oder durch das Nachtatverhalten des Tatverdächtigen bestätigt.

2.5.2 Statistische Kriminalprognose

Die statistische Prognose ist eine wissenschaftliche Methode, bei der Erkenntnisse aus Untersuchungen zur Rückfälligkeit die Grundlage zur Einschätzung bilden.37

Statistische Prognoseverfahren zielen darauf ab, solche personen- oder auch tatbezogenen Merkmale zu erkennen und zusammenzustellen, welche im Rahmen von Rückfallstudien erwiesen haben, dass sie eine besonders hohe Rückfälligkeit beim Täter bewirken. Hierbei wird davon ausgegangen, dass sich diese Merkmale grundsätzlich dazu eignen, zukünftige Rückfälle bei Personengruppen zu prognostizieren, welche vergleichbare Merkmale aufweisen. Zu den Vorteilen von statistischen Verfahren lässt sich sagen, dass sie sich nach einem streng regelgeleiteten Vorgehen richten. Hierdurch wird das Risiko von menschlichen Urteilsfehlern sehr stark minimiert. Allerdings haben auch statistische Methoden ihre Nachteile. Denn für sich genommen sagen sie noch nichts über die individuell zu prognostizierende Person aus. Sie treffen lediglich eine statistische Aussage über das Durchschnittsverhalten eines mehr oder weniger stark eingegrenzten Personenkreises. Sie ermöglichen jedoch eine methodisch elegantere Herangehensweise.38 Die statistischen Prognosemethoden fußen auf einer empirisch-statistischen Einschätzung der Rückfallwahrscheinlichkeit, welche auf den Rückfallstudien der spezifischen Straftätergruppen aufbauen. Hierbei werden die Unterschiede von Aspekten und Merkmalen bei rückfälligen Personen und nicht rückfälligen Personen untersucht. Weiterhin wird berechnet, welche Merkmale auf einen Rückfall in die Straffälligkeit hindeuten. Alle Merkmale werden auf einer Prognosetafel aufgelistet und daraus ein Prognosescore erstellt. Dieser setzt sich aus Negativ- und Positivmerkmalen zusammen. Die Werte, die mit der zu beurteilenden Person verglichen werden, basieren auf der durchschnittlichen Rückfallquote der Personen aus dem gleichen Deliktsfeld.39

Statistische Prognosen können in drei Varianten unterschieden werden. Sie können als

• einfaches Punkteverfahren

• Punktwertverfahren oder

• strukturiertes Punktewertverfahren

vorliegen.40

Das einfache Punkteverfahren basiert auf der Annahme, dass jedes Merkmal den gleichen Wert hat. Somit erhält jedes Merkmal einen Punkt. Die Anzahl der vorliegenden Merkmale wird addiert.

Bei dem Punktwertverfahren werden Merkmale, die eine höhere Bedeutung für eine Rückfallwahrscheinlichkeit haben, höher bewertet. Somit werden die Merkmale verschieden gewichtet.41 So wurde beispielsweise nach den Forschungen des Ehepaars Glueck42 den sozialen Faktoren eine höhere Bedeutung zugemessen. Dabei wurden die Erziehung durch den Vater, die Aufsicht durch die Mutter, die Zuneigung des Vaters, die Zuneigung der Mutter und der Zusammenhalt in der Familie als soziale Faktoren besonders berücksichtigt.43

Frühprognosetafel der Gluecks (Unraveling Juvenile Delinquency, 3. Aufl. Cambridge/Mass., S. 261 f.)



Das strukturierte Punktewertverfahren, als Alternativvariante, beruht auf Prognosetafeln, die die Wechselbeziehungen der Prognosefaktoren untereinander höher bewerten als die einzelnen Kriterien an sich. Das bedeutet, dass die Faktoren nicht bloß miteinander addiert werden, sondern dass sie nach der Stärke des Zusammenhangs mit dem jeweiligen Erfolgskriterium hintereinander gesetzt werden.44 So entstehen typenartige Merkmalskombinationen mit unterschiedlichem Rückfallrisiko. Die typologische Täterbeurteilung ist ein Element dieser Prognose.45 Um eine konkrete Rückfallprognose zu erstellen, sollten mehrere Prognosetafeln kombiniert werden, um einen genaueren Wert zu erlangen.46

Des Weiteren ist die Methode eine Fortentwicklung in Bezug auf alternative Prognoseverfahren, die es auch nicht speziell ausgebildeten Personen, also auch Polizeibeamten, ermöglicht, Prognosegutachten, die ausschließlich durch psychologisch und psychiatrisch geschulte Sachverständige erstellt werden, zu verstehen und nachzuvollziehen. So kann eine genauere Beurteilung der Wahrscheinlichkeit über die zukünftige Delinquenz einer Person, beispielsweise im Prozess bei der Urteilsverkündung, gewährleistet werden.47

Empirisch-statistische Studien über die sozialen und persönlichen Ursachen von Rückfälligkeit stellen die Grundlage der Risikokriterien dar. Diese betonen, welche Einzelpunkte bei der Prognoseerstellung von hoher Bedeutung sind, sodass eine umfassende Betrachtung aller Aspekte gewährleistet ist. Für diverse Zielgruppen wurde eine Vielzahl von empirisch validierten und standardisierten Prognoseinstrumenten ausgearbeitet.

Quelle: Nedopil, Prognosen in der Forensischen Psychiatrie, Lengerich 2005, S. 111

In Kanada beispielsweise wird das HCR-2048 für die Prognose des weiteren Agierens von Personen verwendet, welche aufgrund von gewalttätigem Verhalten strafrechtlich in Erscheinung getreten sind und bei welchen eine psychische Erkrankung oder eine Persönlichkeitsstörung vermutet wird. Das Instrument beinhaltet insgesamt 20 Kriterien. Die sogenannten „H-items“ beziehen sich auf die Vorgeschichte, die „C-items“ beschäftigen sich mit dem akuten Störungsbild und die „R-items“ prophezeien die künftig zu erwartenden äußeren Einflüsse. Die Formulierung der Prognose erfolgt in Wahrscheinlichkeitsaussagen. Es soll verdeutlicht werden, ob ein niedriges, mittleres oder hohes Risiko für eine Rückfallwahrscheinlichkeit vorliegt. Darüber hinaus ist ausdrücklich zu benennen, für welchen Zeitraum die Prognose valide ist und welche Umstände das Risiko in dem genannten Zeitraum beeinflussen können.49

In Deutschland ist vor allem die von Norbert Nedopil50 entwickelte Kriterienliste „Integrierte Liste der Risikovariablen“ geläufig und bekannt. Das HCR-20 ist dort integriert. Viele der Instrumente beziehen sich auf die Ausprägung und die Art der möglicherweise festzustellenden Persönlichkeitsstörung bei dem Probanden. Diese kann mittels einer weiteren Kriterienliste, der Psychopathy Checklist Revised (PCL-R), ermittelt werden.51

Die integrierte Liste der Risikofaktoren nach Nedopil ist in fünf Stufen oder auch Abschnitte eingeteilt. Abschnitt A beschäftigt sich mit dem Ausgangsdelikt. Darunter werden unter anderem die allgemeine statistische Rückfallwahrscheinlichkeit, die Bedeutung situativer Faktoren für das Delikt und ein Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsstörung gefasst. Abschnitt B beinhaltet anamnestische Daten, die „H-items“. Diese sind beispielsweise das Alter bei der ersten Gewalttat, Stabilität von Partnerbeziehungen und in Arbeitsverhältnissen, Alkohol- oder Drogenmissbrauch und frühere Verstöße gegen Bewährungsauflagen. Die postdeliktische Persönlichkeitsentwicklung, die „C-items“, ist Gegenstand des Abschnitts C. Hier werden die Krankheitseinsicht und Therapiemotivation, die pro- und antisoziale Lebenseinstellung und emotionale Stabilität untersucht. Die „R-items“ befinden sich im Abschnitt D, der den sozialen Empfangsraum beschreibt. Die Arbeit, Unterkunft, soziale Beziehungen, Verfügbarkeit von Opfern und Stressoren beeinflussen das Rückfallrisiko. Als letztes wird im Abschnitt E der PCL-R Wert, mittels der genannten Kriterienliste Psychopathy Checklist Revised, ermittelt.52

„Integrierte Liste der Risikovariablen (ILRV)“ 53

A Ausgangsdelikt

• statistische Rückfallwahrscheinlichkeit

• Bedeutung situativer Faktoren für das Delikt

• Einfluss einer vorübergehenden Krankheit

• Zusammenhang mit einer Persönlichkeitsstörung

• Erkennbarkeit kriminogener oder sexuell devianter Motivation

B Anamnestische Daten

• (H1) frühere Gewaltanwendung

• (H2) Alter bei 1. Gewalttat

• (H3) Stabilität von Partnerbeziehungen

• (H4) Stabilität in Arbeitsverhältnissen

• (H5) Alkohol-/Drogenmissbrauch

• (H6) psychische Störung

• (H8) frühe Anpassungsstörungen

• (H9) Persönlichkeitsstörung

• (H10) frühere Verstöße gegen Bewährungsauflagen

C Postdeliktische Persönlichkeitsentwicklung (klinische Variablen)

• Krankheitseinsicht und Therapiemotivation

• selbstkritischer Umgang mit bisheriger Delinquenz

• Besserung psychopathologischer Auffälligkeiten

• (C2) pro-/antisoziale Lebenseinstellung

• (C4) emotionale Stabilität

• Entwicklung von Coping-Mechanismen

• Widerstand gegen Folgeschäden durch Institutionalisierung

D Sozialer Empfangsraum (Risikovariablen)

• Arbeit

• Unterkunft

• soziale Beziehungen mit Kontrollfunktionen

• offizielle Kontrollmöglichkeiten

• Konfliktbereiche, die rückfallgefährdende Situationen wahrscheinlich machen

• Verfügbarkeit von Opfern

• (R2) Zugangsmöglichkeit zu Risiken

• (R4) Compliance

• (RS) Stressoren

PVL-R-Wert

Die Items des HCR-20 von Webster und Eaves (1995 [1867]) wurden, sofern diese besser operationalisiert und klarer waren, direkt übernommen.

Diese Merkmale sind durch Klammern und eine zweite Zuordnungsbezeichnung gekennzeichnet.

Die Operationalisierung der Merkmale und der Codierungsbogen für Wissenschaftliche Auswertungen finden sich bei Nedopil (2005a [1213]).

2.6 Allgemeine Problemfelder bei der Prognoseerstellung

Die verschiedenen Prognosemethoden unterscheiden sich in ihrer Aussagekraft und dem Grad der Objektivität.54

Bei der intuitiven Vorgehensweise handelt es sich um eine subjektive Methode. Somit handelt es sich nicht um eine Methode, bei der alle Beurteiler auf ein gleiches Ergebnis kommen, da sie von ihrer subjektiven Wahrnehmung geprägt sind. Weiterhin können Experten Behauptungen aufstellen, die nach ihrem Empfinden zwar richtig, aber nicht belegbar sind und somit Personen falsch eingeschätzt werden. Es handelt sich hierbei weniger um eine belegbare wissenschaftliche Methode, als vielmehr um eine Vorhersage eines möglichen eintretenden Ereignisses, welches aus der Empfindung eines Einzelnen entsteht. Daher wird dies auch als eine intuitive Vorgehensweise und nicht als eine systematische oder standardisierte Methode bezeichnet.55 Das bedeutet nicht, dass diese Vorgehensweise in der Prognose von Kriminalität keine Anwendung findet. Jedoch sollte dieses Vorgehen nicht als alleinige Grundlage für eine Prognoseentscheidung hinzugezogen werden. Zur Absicherung des Ergebnisses einer intuitiven Prognose sollten weitere Prognoseinstrumente herangezogen werden. Bei einer gewissen Übereinstimmung dieser verschiedenen Instrumente kann somit auch die intuitive Einschätzung in die Entscheidung über eine Kriminalprognose einfließen.

Bei der statistischen Methode muss ein Prognostiker ermitteln, welche verschiedenen Merkmale und Aspekte die zu beurteilende Person in sich birgt. Die dadurch erhaltenen Werte werden mit vorher ermittelten statistischen Werten verglichen und es wird eine Prognose erstellt, wie wahrscheinlich es ist, dass der Täter wieder straffällig wird. Im Gegensatz zu der intuitiven Vorgehensweise basiert diese Methode auf empirisch gewonnenen Werten und Daten, die ermittelt wurden, um solche Prognosen zu erstellen. Jedoch resultieren auch aus dieser Methode zur Erstellung einer Kriminalprognose keine Ergebnisse, die mit Gewissheit eintreten. Auch bei der Zuordnung einer Person in eine bestimmte Kategorie werden Fehler gemacht oder können Unterschiede existieren. Jedoch hat die statistische Methode den Vorteil, dass bei einer fehlerhaften Prognose die Daten mit in die vorher ermittelten Aufzeichnungen einfließen und diese dadurch verbessern können. Ein weiterer Kritikpunkt an der statistischen Methode ist, dass objektive Faktoren wie ungünstige familiäre Verhältnisse die Verteilung der Punkte und somit auch die Kriminalprognose beeinflussen, obwohl die zu prognostizierende Person für diese Faktoren nicht als Verursacher verantwortlich ist.56 Abschließend lässt sich aber sagen, dass die statistische Methode eine verlässliche Methode für eine Kriminalprognose ist. Wie auch bei der Kritik an der intuitiven Vorgehensweise erwähnt, können möglicherweise bessere Ergebnisse erzielt werden, wenn verschiedene Prognoseinstrumente nebeneinander eingesetzt werden.

Bei der einzelfallorientierten, klinisch-idiografischen Prognosemethode soll aufgezeigt und beurteilt werden, welche Faktoren eine Rückfallwahrscheinlichkeit im zu prüfenden individuellen Einzelfall wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher machen. Ein Kritikpunkt auch an dieser Methode ist, dass statische Faktoren eine Rolle spielen, auf die der Täter keinen Einfluss hatte. Allerdings müssen solche Faktoren auch berücksichtigt werden, um ein Gesamtbild der zu beurteilenden Person zu erhalten. Die dynamischen Faktoren werden von Prognostikern erstellt, die auf ihrem Fachgebiet interagieren. Dadurch können sie verschiedene Faktoren stärker und schwächer gewichten, wodurch eine höhere Genauigkeit der Rückfallwahrscheinlichkeit ermittelt werden kann. Jedoch ist auch hier wieder die subjektive Einschätzung der Fachleute einzubeziehen. Die Gewichtung der subjektiven Faktoren sollte deshalb möglichst gering gehalten werden.57

Eine Prognosestellung kann fehlerbehaftet sein, wenn der Experte einer „Illusion der Kompetenz“58 unterliegt. Das bedeutet, dass eine Art subjektive Überschätzung des Experten bei Prognoseerstellung existiert. „Dass diese normalpsychologischen Mechanismen auch auf Gutachter/-innen und andere Experten/-innen zutreffen, sollte von sich selbst verstanden werden.“59

Ein grundlegender Nachteil, den die klinische Prognose mit sich bringt, ist, dass die Erstellung mit großem zeitlichen Aufwand und hohen Kosten verbunden ist. Hierzu zählt auch das Honorar des Gutachters. Somit kann es aufgrund des zeitlichen Aufwandes regelmäßig zu einer Verfahrensverlängerung kommen und dies führt dazu, dass die Anwendung bei Fällen der Alltagskriminalität eher selten genutzt wird.60

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