Kitabı oku: «Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 10», sayfa 3
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Der ungebetene Gast
„Nein, ich will nicht, dass Tante Ulla Weihnachten dieses Jahr mit uns feiert!“, rief der sechsjährige Tim entsetzt aus, als die Mutter ihm die Nachricht überbracht hatte.
„Tante Ulla ist einsam. Sie hat keine Kinder und jedes Jahr nimmt sie einer ihrer Verwandten an Weihnachten auf. Dieses Jahr bin ich dran. Sei nett zu ihr, sie ist eine arme, alte Frau“, erklärte die Mutter streng. Dabei guckte sie Tim böse an.
Tim schluckte. Er konnte sich noch vage an Tante Ulla erinnern. Sie war schon einmal zu Besuch gewesen und hatte an allem herumgenörgelt. Außerdem war sie früher Mathelehrerin gewesen, das konnte nichts Gutes bedeuten. Und sie küsste Tim immer so schrecklich ab.
„Was soll ich machen, wenn sie mich wieder abküsst?“, fragte er und bekam jetzt schon eine Gänsehaut.
„Halte es einfach aus, es ist doch nur eine Sekunde. Außerdem tun wir ein gutes Werk und machen einen Menschen glücklich. Das ist schließlich der Sinn von Weihnachten“, sagte die Mutter und machte sich an die Arbeit, das Bett für Tante Ulla zu beziehen.
Kurze Zeit später hörte Tim sie rufen: „Das darf doch nicht wahr sein!“ Er lief zu ihr und sah die Bescherung: Es tropfte von der Decke herab.
„Wir müssen die Handwerker anrufen und Tante Ulla schläft bei dir im Kinderzimmer“, entschied die Mutter.
Tim lief aufgeregt hin und her. „Das geht nicht, da ist nur ein Bett und das ist meines!“, schrie er.
„Du bekommst eine Matratze, das geht schon. Tante Ulla schläft dann in deinem Bett“, sagte die Mutter und lief zum Telefon, um die Handwerker zu erreichen.
Tim wurde ganz übel. Jetzt musste er mit einer achtzigjährigen, fremden Oma in einem Raum schlafen! Das waren ja tolle Aussichten für Weihnachten.
Der Vater war schon zur Bahn gefahren, um die Tante abzuholen. Kurze Zeit später kam er zurück und schleppte ihre Koffer in Tims Zimmer.
„Da ist ja mein Tim“, rief die alte Frau vergnügt aus und ein Lächeln huschte über ihr verrunzeltes Gesicht. Dann beugte sie sich zu ihm hinunter und küsste ihn ab. Tim blieb stocksteif stehen und hielt die Luft an. Dann war das Gruseligste vorüber.
Tante Ulla schien sich zu freuen, dass sie bei Tim schlafen sollte. „Dann können wir uns vorm Schlafen noch unterhalten. Das habe ich früher auch immer mit meiner Schwester gemacht. Sie ist schon so lange tot“, sagte Tante Ulla.
Tim sah Tante Ulla lange an. Vielleicht war sie gar nicht achtzig, sondern hundert! Und vielleicht war sie gar keine Tante, sondern eine Hexe!
Die Familie setzte sich an den Esstisch und die Mutter brachte die Gans herein. Es duftete herrlich, doch Tim mochte die Gans nicht essen. Da ging die Nörgelei schon los.
„Warum isst denn der Junge keine Gans? Warum sitzt er denn so krumm? Warum erzählt er denn nichts?“
„Tante Ulla, das ist nun einmal so. Lass uns einfach essen und danach setzen wir uns ins Wohnzimmer und erzählen von alten Zeiten“, schlug die Mutter vor. Sie war etwas nervös, weil die Handwerker nicht zurückgerufen hatten. Was sollten sie tun, wenn das Loch noch größer wurde? Für die heutige Nacht waren Unwetter angesagt.
Tim und seine Eltern hatten schon lange fertig gegessen, als Tante Ulla immer noch den Teller halb voll hatte.
„Wann gibt es endlich die Geschenke?“, fragte er immer und immer wieder leise seinen Vater.
„Wir warten, bis alle fertig sind“, erklärte der Vater in strengem Ton.
Endlich war es dann so weit und Tim konnte alles auspacken. Da klingelte plötzlich das Telefon. Der Vater musste dringend ins Krankenhaus, denn er war Arzt und hatte Notdienst.
„Ich bin so schnell wie möglich zurück“, sagte er und fuhr davon.
„Jetzt erzähle ich euch Geschichten aus meiner Jugend“, sagte Tante Ulla und klatschte in die Hände. Tim wollte viel lieber mit seiner neuen X-Box spielen, doch er sah den strengen Blick seiner Mutter und setzte sich artig in einen Sessel.
Dann klingelte das Telefon noch einmal.
„Ich muss dringend zu den Meiers“, erklärte die Mutter aufgeregt. „Sie haben Wasser im Keller und können jede Hilfe gebrauchen.“
Tim sah mit Entsetzen, wie seine Mutter ihre Gummistiefel anzog und dann aus dem Haus verschwand.
„Jetzt sind wir beide ganz alleine“, stellte Tante Ulla fest. „Wollen wir etwas zusammen machen?“
„Was denn?“, fragte Tim. Noch nie hatte er sich so elend gefühlt.
„Ich habe Karten dabei“, erklärte die Tante und zog einen Stapel Skip-Bo-Karten aus ihrer Handtasche. Tim kannte das Spiel nicht, doch die Tante hatte es schnell erklärt. Widerwillig spielte er eine Runde mit ihr.
„Gewonnen!“, rief er nach kurzer Zeit und es machte ihm immer mehr Spaß.
Dann holte die Tante einen Kniffel-Block aus ihrer Tasche und Mau-Mau-Karten. Ihr Vorrat war unerschöpflich. Tim hatte noch nie so viel Spaß gehabt und vergaß vollkommen die Zeit. Um Mitternacht waren die beiden dann aber doch sehr müde. Draußen tobte ein Unwetter und Tante Ulla guckte, ob alle Fenster zu waren. Dann machte sie zwei Wärmflaschen und sie gingen ins Bett.
„Kennst du den Trick mit der Taschenlampe?“, fragte sie. Tim schüttelte den Kopf. Die Tante legte ihre Hand über die Lampe, knipste sie an und aus. Dazu machte sie gruselige Geräusche und es sah so aus, als ob eine große Hand an der Decke wäre. Tim war begeistert. Das musste er morgen unbedingt seinen Freunden erzählen.
Kurz bevor er einschlief, wusste er plötzlich, was mit Tante Ulla war: Sie war keine Hundertjährige und sie war auch keine Hexe. Sie war eine Zauberin!
Dörte Müller (*1967) schreibt Kurzgeschichten und Gedichte. Sie lebt mit ihrer Familie in den Niederlanden.
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Der kleine Wichtel mit dem Feenstaub
Der kleine Wichtel Luck öffnete verschlafen seine Augen und schloss sie sofort wieder. Er zog sich seine grau-rot karierte Bettdecke über das Gesicht und stellte sich schlafend. Außer dem Ticken der großen Standuhr im Wohnzimmer war es ganz still in der Wohnung.
Luck wollte nicht aufstehen, es war der 24. Dezember und er war allein zu Hause. Sämtliche Familienmitglieder waren am Nordpol und arbeiteten für den Weihnachtsmann. Heute, kurz vor dem Heiligen Abend, gab es immer am meisten zu tun. Bestimmt würden sie gleich beginnen, den großen Schlitten mit den Päckchen zu beladen. Die Rentiere scharrten sicherlich auch schon ungeduldig in ihrem Stall mit den Hufen.
Luck liebte diesen Trubel und er war an diesem Tag immer ein kleines bisschen aufgeregt, ebenso wie der Weihnachtsmann. Dieses Jahr war allerdings alles anders, denn zu Beginn der Adventszeit hatte Luck auf dem zugefrorenen See kein Ende gefunden. Runde um Runde hatte er auf seinen Schlittschuhen gedreht. Selbst als der Mond schon hoch am Himmel stand und alle anderen Wichtel in ihren Betten lagen, war er draußen geblieben. Seine Mutter war wütend durch den hohen Schnee gestapft und hatte ihn schimpfend zurück nach Hause gebracht.
Am nächsten Tag bekam Luck eine schlimme Erkältung, aus welcher sich nach einer Woche eine schwere Lungenentzündung entwickelt hatte. Luck lag zwei Wochen lang im Bett und konnte seine Familie nicht zum Nordpol begleiten. Eine Nachbarin hatte jeden Tag nach ihm gesehen und ihm Essen gebracht, aber gestern war sie zu ihrem Sohn gefahren und so würde Luck den Heiligen Abend alleine verbringen müssen.
Der kleine Wichtel lag immer noch bewegungslos im Bett und wartete, dass der Tag verging. Nachdem weitere fünf Minuten verstrichen waren, wurde Luck langweilig. Er hielt seine Augen noch geschlossen, aber wackelte bereits ungeduldig mit den Zehen. Zehn Minuten später hielt er das Stillliegen nicht mehr aus und seufzte. Er schwang die Beine aus dem Bett, blieb aber auf der Bettkante sitzen. Von seinem Kopf, welchen er auf die Hände stützte, standen seine Haare in alle Himmelsrichtungen ab. Verdrossen seufzte er noch mal. Die Adventszeit im Bett zu verbringen, war schon schlimm gewesen, aber Weihnachten alleine zu sein, war der Gipfel der Unerträglichkeit.
Doch plötzlich hellte sich Lucks Gesicht auf. Er versank kurz in Gedanken, doch dann stand er auf und begann, in seinem Schrank zu kramen. Ungeduldig warf er ein Kleidungsstück nach dem anderen auf den Boden, bis er endlich fand, was er suchte. In seiner Hand hielt er einen kleinen braunen Beutel und Luck strahlte vor Freude.
Vor zwei Jahren, als Luck dem Weihnachtsmann geholfen hatte, hatte ihm eine der Elfen nach getaner Arbeit den Beutel geschenkt. „Wenn du irgendwann mal einen Wunsch haben solltest, wird dir der Inhalt nützlich sein. Der Feenstaub in dem Beutel kann Wünsche erfüllen“, hatte sie geflüstert. Der kleine Wichtel hatte ihr nicht geglaubt, aber er hatte es auch nicht über sich gebracht, das Säcklein wegzuwerfen.
Heute konnte Luck den Feenstaub gut gebrauchen. Er öffnete den Beutel. Darin befand sich ein feines, glitzerndes Pulver. Der kleine Wichtel verteilte den Feenstaub über sich und rief dabei: „Ich will an Weihnachten nicht alleine sein!“
Ein helles Licht erfüllte kurz das Zimmer und Luck stand der Mund vor Staunen offen. Sollte der Feenstaub wirklich in der Lage sein, Wünsche zu erfüllen?
Der kleine Wichtel ging ins Bad und begann sich für den Tag frisch zu machen. Zur Feier des Tages zog er sich sogar seine rot-weiß geringelten Kniestrümpfe an. Dann begann er, nur um auf Nummer sicher zu gehen, die Wohnung festlich zu schmücken und ein köstliches Weihnachtsessen zu kochen. Die Vorbereitungen kosteten so viel Zeit, dass der Tag wie im Flug verging. Schon bald wurde es dunkel und der kleine Wichtel machte die Kerzen an. Das Essen duftete köstlich auf dem Herd und das Feuer prasselte im Kamin.
Doch da fiel Luck ein, dass er ja eigentlich keine Gäste erwartete. Die Wohnung kam ihm plötzlich riesig vor und er fühlte sich sehr einsam. Unentschlossen stand er mitten im Wohnzimmer und überlegte, was er tun sollte. Da klopfte es plötzlich an der Tür. Der kleine Wichtel hob erstaunt den Kopf, sollte sich sein Wunsch wirklich erfüllen? Schnell lief er zu der hölzernen Eingangstür und öffnete sie.
Im Schnee saß eine kleine Maus. „Frohe Weihnachten, Luck! Ich bringe dir mein Stückchen Käse als Geschenk, weil du doch heute alleine bist.“
Luck schluckte schwer und nahm das winzige Bröckchen Käse entgegen. Er wollte die Tür schon schließen, da kam ihm eine Idee. „Was esst ihr heute Abend, liebe Maus? Ihr habt hoffentlich mehr als dieses kleine Stück Käse?“
Die Maus schüttelte traurig den Kopf. „Der Winter ist hart und die Nahrung ist knapp, aber mein Mann und meine beiden Kinder sind zum Glück genügsam.“
Luck schaute die Maus fröhlich an. „Wollt ihr nicht bei mir essen? Ich bin, wie du schon richtig gesagt hast, alleine und habe viel zu viel zu essen.“
Die kleine Maus nickte überrascht. „Ja, gerne ich muss nur meinen Mann und die Kinder holen.“
„Dann nichts wie los“, erwiderte der kleine Wichtel glücklich darüber, dass die Maus seine Einladung angenommen hatte.
Während sie ihre Familie holte, deckte Luck den Tisch. Er war gerade fertig, als es erneut klopfte. Die Mäusefamilie betrat das Wohnzimmer und strahlte über das ganze Gesicht mit einem solchen Festessen hatten sie nicht gerechnet.
Da klopfte es erneut, und als Luck die Tür öffnete, stand ein alter grauer Hase vor der Tür mit einer Brille auf der Nase.
„Frohe Weihnachten, Luck, die kleine Maus hat mir erzählt, dass du dich heute über Besuch freust, und ich bin so alleine, seit meine Frau letzten Winter gestorben ist. Darf ich reinkommen?“
Luck lächelte. „Sei willkommen und nimm Platz, lieber Hase. Ich freue mich wirklich sehr über Besuch am heutigen Weihnachtsabend.“
Es wurde ein schönes Weihnachtsfest und die Stimmung war sehr ausgelassen. Nur manchmal wurde Luck schwer um sein Wichtelherz, wenn er sich fragte, was seine Familie gerade wohl machte. Zu fortgeschrittener Stunde hörte er plötzlich ein Knirschen vor der Tür. Erst dachte Luck, er hätte sich verhört, aber als er dann auch noch ein Schnauben vernahm, lief er zur Tür und riss sie auf.
Draußen stand der Schlitten vom Weihnachtsmann und seine Familie kletterte gerade die eiserne Leiter hinunter. Am Steuer saß der Weihnachtsmann mit seinem roten Anzug und von der Kälte rosig gefärbten Wangen.
„Fröhliche Weihnachten, Luck! Ich habe deiner Familie etwas eher freigegeben, damit du heute am Heiligen Abend nicht allein bist. Aber versprich mir, dass du nächstes Jahr auf deine Mutter hörst und nicht wieder krank wirst. Wir brauchen dich am Nordpol!“
Der kleine Wichtel nickte und vor Rührung und Freude rann ihm eine Träne die Wange hinunter. Während der Schlitten wieder abhob, nahm seine Mutter ihn in den Arm und strich ihm über den Kopf.
Wenige Minuten später hatte sich der kleine Wichtel etwas beruhigt und seine Mutter sprach: „Jetzt musst du uns aber deinen Gästen vorstellen und hoffentlich ist noch etwas zu essen da. Ich habe wirklich Hunger und dein Vater und dein Bruder bestimmt auch.“
Luck nickte und zog seine Familie in das Wohnzimmer. Es wurde ein unvergessliches Weihnachtsfest und Luck stellte nie wieder die Wirksamkeit von Feenstaub infrage.
Dr. Barbara Bellmann wurde 1984 in Hagen/Westfalen geboren. Nach dem Studium der Humanmedizin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, begann sie in Aachen ihre Facharztausbildung zur Kardiologin am dortigen Universitätsklinikum. Im Sommer 2013 setzte sie ihren Weg an der Charité Berlin fort. Seit August 2017 arbeitet sie als Kardiologin an der Universitätsklinik Köln. Sport und Literatur begeistern sie neben ihrer Tätigkeit als Ärztin. Im Frühjahr 2017 erschien ihr erster Roman in Zusammenarbeit mit Theres Krause.
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Die Weihnachts(mann)kiste
Ihr kennt doch auch noch Leni und Leo? Na, ihr wisst schon, die beiden, die in der Straße da wohnen, hinter dem Kindergarten einmal so rum und dann wieder so rum und dann gleich im ersten Haus an der Ecke. Na? Ist ja auch egal.
Also, dort wohnen Leni und Leo. So wie einige von euch auch haben die beiden zusammen ein eigenes Zimmer. Und da siehtʼs manchmal aus, kann ich euch sagen ...
Beide zusammen haben neben großen Dingen wie dem Fahrrad, der Kasperlebühne oder der Maltafel auch noch einen Karton, in dem all das Spielzeug zusammengekramt ist, das ein wenig kleiner ist. Oder besser gesagt, es sollte in dieser Kiste sein. Vieles liegt einfach nur kreuz und quer in der Stube herum. Dort zwei Schritte geradeaus zu laufen, ist so gut wie nicht möglich. Kennt ihr wahrscheinlich auch, oder?
Gestern, als ich Leni und Leo traf, waren beide noch ganz aufgeregt und erzählten mir etwas, was ich zuerst gar nicht so recht glauben wollte. Während Leni sprach, unterbrach sie ständig Leo, und wenn Leo erzählte, setzte Leni aufgeregt ein, weil sie es gar nicht abwarten konnte, bis Leo seinen Teil losgeworden war. Die Gesichter glühten vor Aufregung. Was war da bloß geschehen?
Ich werd es euch kurz erzählen. Natürlich schön der Reihe nach und nicht so durcheinander, wie es mir die beiden berichtet haben.
Also, Leni und Leo haben in ihrem gemeinsamen Zimmer eine große Kiste, in die sich all das Spielzeug packen lässt, das nicht größer als ein kleines Dreirad ist. Habt ihr sicherlich auch zu Hause, oder?
In dieser Kiste verschwindet alles – oder sollte zumindest darin verschwinden –, was eingeräumt werden soll, wenn Mama oder Papa abends sagen, dass es Bettchenzeit ist.
Statt die einzelnen Dinge richtig einzusortieren, nehmen Leni und Leo schnell beide Hände und schaufeln alles Herumliegende einfach dort hinein.
Da liegen dann schon mal die schweren Holzbausteine von Leo auf der selbst gebastelten Laterne von Leni. Die hat dann nur noch wenig Ähnlichkeit mit einer Laterne. Denn das Gewicht der Steine hat aus der Laterne eine platte Papp- und Papierscheibe werden lassen. Und was da nicht alles durcheinander- und übereinanderliegt ...
Gestern Abend, als Leni und Leo wieder die Spielsachen in den Karton gekramt, geschoben und auch geworfen hatten, die Zähne geputzt waren und die Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen war, knipste Mama das Licht aus und machte die Tür zu. Es war ganz dunkel und ruhig im Zimmer.
Plötzlich bemerkte Leni, dass es in der Spielzeugkiste leise raschelte und eine Stimme irgendetwas schimpfte. Leni, die mit ihrem Bettchen dichter an der Kiste war als Leo, hob ihren Kopf vom Kopfkissen und lauschte. Hatte sie richtig gehört?
Ja. Da war es wieder. Sie hörte, wie eine Stimme energisch sagte: „Ja, ist es denn die Möglichkeit? Wer hat denn bloß so viel Spielzeug auf mich geladen? Ich kann mich ja gar nicht hinsetzen. Und wie soll ich mich gar hinstellen und aus der Kiste kommen?“
Leni stieg vorsichtig aus ihrem Bett und ging zu Leo rüber. Sie fasste ihn vorsichtig an der aus dem Deckbett hervorschauenden Schulter an und zupfte ihn am Schlafanzug. „Leo“, flüsterte sie ihm ins Ohr. „Leo, wach auf. Leo.“
Leo, der fest schlief und vielleicht vom Weihnachtsfest träumte, wollte sich erst gar nicht rühren. Aber dann, als Leni etwas fester am Schlafanzug zerrte, drehte er den Kopf zu ihr herum und fragte: „Was ist denn los?“
„Leo“, sagte Leni leise, „in der Kiste ist etwas, das raschelt und spricht.“
Leo, der sich gerade noch den Schlaf aus den Augen rieb, setzte sich flink auf seine Bettkante und fragte mit flüsternder Stimme: „Wo, da in der Kiste? In unserer Spielzeugkiste?“ Leni nickte. Mutig, wie Leo als Junge ist, sagte er: „Lass uns nachschauen.“ Dabei schob er vorsichtig Leni vor sich her und duckte sich ein wenig hinter sie. Dass ihn bloß keiner sehen konnte.
Im Dunkeln konnten sie aber nichts erkennen. Sie knipsten also das Licht ihrer Nachttischlampe an. Vorsichtig öffnete Leni den Deckel. Ja, und nun hörten sie es lauter.
„Du meine Güte, wie komm ich denn hier raus? Ich muss doch los. Ich hab noch so viel zu tun.“
Leni und Leo kramten mit beiden Händen aus der randvoll gefüllten Kiste Stück für Stück raus. Und siehe da, was hatte da so geraschelt und gesprochen? Da lag tatsächlich der Weihnachtsmann zwischen Lenis Buddeleimer und Leos Holzeisenbahn-Kohlenanhänger. Sein roter Mantel war ein wenig zerknautscht und sein Bart etwas zerzaust, seine Brille verrutscht und seine Stiefel staubig. Aber ansonsten fühlte er sich ganz gesund.
„Los, Kinder, helft mir mal bitte hier raus aus der Kiste, ich habe keine Zeit zu verlieren, ich muss für die vielen Kinder die Geschenke besorgen und in wenigen Tagen verteilen. Die Kinder und die Erwachsenen warten doch und sind sehr gespannt. Los, los, bitte!“
Leo griff beherzt in die Kiste und half dem Weihnachtsmann heraus. Er stellte ihn auf die Erde, wo sich der Weihnachtsmann erst mal streckte und seine Sachen ordnete.
„Wie kommst du denn in die Kiste, Weihnachtsmann?“, fragte Leni.
„Das war so, im letzten Jahr war bei euch die Bescherung ziemlich spät. Ihr seid die Letzten gewesen, zu denen ich gekommen bin. Erst habt ihr so schön gesungen mit Mama und Papa. Dann habt ihr mir und euren Eltern mit den Weihnachtsgedichten aus dem Kindergarten eine große Freude bereitet und dann wurden die Geschenke verteilt. Während ihr eure Geschenke ausgepackt habt, bin ich hier in euer Zimmer gegangen und wollte mich ein wenig ausruhen. Ich habe mich auf den Rand der Kiste gesetzt, und gerade als ich mir die Stiefel ausziehen wollte, ging plötzlich die Tür auf und eure Mama kam herein. Ja, was sollte ich machen? Ich habe mich nach hinten in die Kiste plumpsen lassen und bin gleich bis auf den Boden durchgerutscht. Um mich herum lagen Puppen, Kissen, Sachen aus dem Kaufmannsladen und noch vieles andere mehr. Und weil ich da drin so müde wurde, bin ich eingeschlafen.
Als ich dann nach drei Tagen wieder aufwachte, war ans Rauskommen nicht mehr zu denken. Also blieb ich drin. Eine Schlafstätte war da, zu essen aus dem Kaufmannsladen war da und jede Menge Spielzeug. Und so verging die Zeit. Ein ganzes Jahr.“
Leni und Leo hatten ganz gespannt zugehört. Da ging die Tür auf und Mama kam herein. „Ich habe gerade gesehen, dass bei euch Licht ist, was ist denn los, könnt ihr nicht schlafen?“, fragte sie.
„Wir haben gerade mit dem Weihn...“ Leo verstummte. Er hielt sich die Hand vor den Mund. Er wollte lieber doch nicht sagen, dass der Weihnachtsmann hier war und das ganze Jahr deshalb in der Spielzeugkiste gelegen hatte, weil sie beide manchmal etwas unordentlich waren. Sie hätten ihn sicherlich schon früher gefunden, wenn sie ein klein wenig ordentlicher wären.
Nun sah auch die Mama den Weihnachtsmann. „Na, Weihnachtsmann, nun wirdʼs aber Zeit. Jetzt heißt es Beeilung“, sagte sie. „Die Wunschzettel sind schon lange von den Kindern geschrieben, die Engel haben fleißig gebastelt und die Kinder überall auf der Welt können kaum noch schlafen, so gespannt sind sie. Nun mach mal ein bisschen zu, dass du zu den Engeln und deinen vielen anderen Helfern kommst. Ich sehe sonst schwarz für Weihnachten. Da werden wohl viele Kinder traurig sein.“
Der Weihnachtsmann stellte sich gerade hin, ordnete Brille, Bart und Mantel und wollte gerade in Richtung Tür laufen, als ihm einfiel, dass er gleich die Wunschzettel der Kinder Leni und Leo mitnehmen konnte. Er fragte die beiden, ob denn die Wunschzettel schon fertig geschrieben seien. Fix gingen sie an ihren Schrank und holten jeder ein Blatt Papier heraus. Auf Lenis Zettel waren eine Puppe aufgemalt und ein Pferd. Das sollte ein Pferd für die Puppe sein, nicht eines für Leni, damit sie darauf reiten konnte. Leo hatte ein Bild von einem Auto aus einem Spielzeugkatalog ausgeschnitten und aufgeklebt. Dazu hatte er noch etwas geschrieben, das nur der Weihnachtsmann lesen konnte.
Der Weihnachtsmann sammelte die Zettel ein. Er faltete sie einmal in der Mitte und steckte sie dann in seine Manteltasche. Leni hob ihn hoch, drückte ihn ganz fest an sich, gab ihm noch ein Küsschen auf seine Wange und reichte ihn Leo. Auch der drückte ihn fest und flüsterte ihm noch ins Ohr, dass er Weihnachten nicht vergessen solle, bei ihnen vorbeizukommen. Sie wollten auch ordentlich aufräumen und zum Ausruhen dürfe er ins Bettchen kriechen. Er könne sich aussuchen, ob er sich lieber unter Lenis oder Leos Bettdecke von den Anstrengungen erholen wolle. Da würden sie ihn spätestens entdecken, wenn sie selbst am Weihnachtsabend ins Bett gehen mussten. Der Weihnachtsmann zwinkerte Leo mit dem rechten Auge zu, dass er seinen Wunsch verstanden hatte. Die Mutter öffnete die Wohnungstür und Leo stellte den Weihnachtsmann in den Hausflur. Dort drückte er auf den Lichtknopf, winkte noch einmal dem Weihnachtsmann zu und schloss dann die Tür. Anschließend gingen Leni und Leo ins Bett. Die Mutter schaltete die Nachttischlampe aus.
Nach kurzer Zeit flüsterte Leni zu Leo rüber: „Ob der Weihnachtsmann es trotz der Verspätung noch schafft, alle Geschenke zu besorgen und am Heiligabend zu verteilen? Wir wollen doch nicht schuld daran sein, dass andere Kinder nichts zu Weihnachten bekommen.“
Auf eine Antwort von Leo wartete sie vergebens. Er war schon eingeschlafen. Leni aber blieb noch ein Weilchen wach liegen und dachte an Heiligabend, wenn der Weihnachtsmann kam und Geschenke brachte.
Damit mit dem Weihnachtsmann auch nichts schiefgeht, solltet ihr auch in eurer Spielkiste nachschauen, ob dort vielleicht der Weihnachtsmann verkramt ist, nicht herauskann und eure Hilfe braucht. Und noch etwas solltet ihr beachten: Damit er nicht stolpert, wenn er aus der Kiste krabbelt, muss gerade in den Tagen vor Weihnachten das Zimmer immer gut aufgeräumt sein! Dann kommt der Weihnachtsmann bestimmt.
Charlie Hagist ist seit 48 Jahren verheiratet und hat ein 18-jähriges Enkelkind, für das er seit seiner Pensionierung gerne Geschichten schreibt.
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