Kitabı oku: «Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 13», sayfa 4
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Endlich wieder Weihnachten
Es ist wieder so weit ...
Weihnachten ist wieder da,
aber kein Schnee!
Schade, schade, schade!
Weihnachten ohne Schnee ist wie
Ostern ohne Eier ...
Oder?
Es steht was vor der Tür ...
Weihnachten, das Fest der Liebe, steht schon wieder an.
Schon wieder soll Weihnachten sein.
Oder ist es nur ein Traum?
Nein es ist kein Traum.
Weihnachten ist endlich da.
Ohne Schnee, aber es verzaubert unsere Herzen ...
Weihnachten.
Jürgen Heider wurde 1989 in Karaganda (Kasachstan) geboren und lebt heute mit seiner Familie in Freiburg im Breisgau. Da er von Geburt an eine Körperbehinderung hat, besuchte er die Staatliche Esther-Weber-Schule in Emmendingen-Wasser für körperbehinderte Kinder und Jugendliche, die er 2009 abschloss. Seitdem arbeitet er
in der Werkstatt für Behinderte in Freiburg. Das Schreiben entdeckte Jürgen Heider mit 15 Jahren für sich. Seit mehreren Jahren beteiligt er sich an Anthologien und hat drei Bücher herausgegeben.
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Oh du fröhliche, und weiter so!
Wenn ich noch einmal das schiefe Geträller aus dem Nebenhaus mit der zehnten Wiederholung von Last Christmas höre, kann sich der Geist der Weihnacht für dieses Jahr von mir verabschieden. Ich bin bereit, jedes einzelne weihnachtliche Ornament mit voller Wucht aus dem Fenster zu schmeißen, wobei mir völlig egal ist, ob es dabei die Sternsinger, die seit fünf Uhr ihre Runden drehen, am Kopf trifft. Ich kann verstehen, dass es sich so anhört, als wäre ich der Grinch, aber ich kann versichern: Dem ist nicht so. Tatsächlich genieße ich den Duft frisch gebackener Lebkuchen im Wohnzimmer. Dieses Jahr kann ich mich aber einfach nicht für den Konsumterror diverser Fernsehsender begeistern. Etwas Gutes hat dieser Monat jedoch jedes Jahr aufs Neue zu bieten.
Spätestens am ersten Adventwochenende kann ich die Nachbarn dabei beobachten, wie sie sich aus ihren Fenstern lehnen, auf wackelige Leitern steigen und einander dabei Kommentare über die Straße hinweg zurufen, die an Unhöflichkeit grenzen. „Amüsant“, denke ich mir, „fast lustig.“ Wie aufgescheuchte Hühner laufen Männer mit Lichterketten behängt durch meinen Vorgarten. Ich seufze. Es hat keinen Sinn, sich darüber aufzuregen.
Das letzte Mal, als ich mit einem dieser Amateure ein Gespräch über Privatgrundstücke und das Verbot, diese ohne Erlaubnis zu betreten, führen wollte, wurde mir fehlende Hilfsbereitschaft unterstellt. Darauf folgte eine fünfminütige Tirade über den Zustand meines Hauses, das bis zu diesem Zeitpunkt ungeschmückt gewesen war. Und, ginge es nach mir, auch so bleiben würde. Tatsächlich uferte die Diskussion, deren Lautstärke angestiegen war, so weit aus, dass Passanten stehen blieben und sich beklagten, mein Haus sei nicht festlich genug und würde den Gesamteindruck der ansonsten doch so herrlich geschmückten Nachbarschaft stören. Bevor ich, nach tiefem Luftholen, über den Stromverbrauch der Lichterketten informieren konnte, wurde ich unterbrochen.
Meine Nachbarin, eine rundliche ältere Dame, besänftigte die sich echauffierende Meute mit einem Blech voller Kekse. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich nicht traute, ebenfalls nach einem Keks zu greifen. Kopfschüttelnd löste sich der Mob auf, nicht ohne mir vernichtende Blicke zuzuwerfen. Ich dachte sogar, den Ruf: „Grinch“, zu hören, dies mag jedoch meiner Einbildung entsprungen sein. Möglicherweise hatte der Kerl nur Klinsch gesagt, wer weiß?
Um zu meiner momentanen erschöpfenden Lage zurückzukehren: Ich befand mich im Keller meines Hauses auf der Suche nach einem Schälchen Zimt, dass sich vor mir versteckte, als es wieder an der Tür läutete. Ich stapfte nach oben, ohne den Zimt gefunden zu haben, und sah mich Auge in Auge mit der Dame vom Tierheim gegenüber. Ob ich nicht spenden wolle, fragte sie mich. Ich brachte es nicht über mich, abzulehnen, achtete jedoch darauf, keine Zeugen zu haben. Was würden meine Nachbarn für Ideen bekommen, sähen sie mich für Tiere spenden? Nicht auszudenken, wie viele andere Organisationen dann meine Türe in Beschlag nehmen würden. Ich fürchtete mich, bankrott zu gehen, konnte ich doch Geld für einen guten Zweck nicht verweigern. Auch nicht, oder vor allem nicht, zu Weihnachten.
Auf dem Weg zum Speicher warf ich einen Blick aus dem Fenster und beobachtete, hinter den Vorhängen verborgen, wie meine Nachbarn sich einen Wettstreit lieferten. Sieger war derjenige, dessen Weihnachtsbeleuchtung die Leuchtkraft eines Kernreaktors erreichte. Kopfschüttelnd setzte ich meinen Weg fort. Der Geruch von Vanille und Nelken durchdrang mittlerweile das Haus.
Als ich gerade meinen Fuß auf die erste Stufe der Leiter zum Speicher setzte, ertönte die Klingel erneut. Ich rollte die Augen, ein Gefühl von Erschöpfung überkam mich, und ich wünschte mich für einen Moment auf einen einsamen Berg inmitten eines Schneesturms. Es läutete ein zweites Mal und ich eilte hastig zur Tür. Nichts störte mich mehr, als der Ton der vermaledeiten Glocke, die ich längst hätte austauschen sollen. Zu meiner Überraschung wurden mir direkt beim Öffnen zwei Bleche mit Keksen unter die Nase gehalten. Obwohl sie himmlisch dufteten, hielt ich mich mit einer Kostprobe zurück. Ich wurde ersucht, als Richter beim lokalen Keksbackwettbewerb zu fungieren, eine Ehre, die ich nicht abzulehnen vermochte, war ich doch insgeheim ein absoluter Liebhaber sämtlichen Weihnachtsgebäcks. Mit Ausnahme von Rosinen. Um diese eingetrockneten Imitationen von Trauben machte ich stets einen großen Bogen. Meine Nachbarn schienen diese Einstellung zu teilen, denn ich geriet nicht ein Mal in die unangenehme Lage, auf eine dieser verschrumpelten Früchte zu beißen. Die Wertung fiel mir schwerer, als gedacht, und ich ging einige Minuten in mich. Schlussendlich waren die hausgemachten und butterweichen Spekulatius der eindeutige Sieger und ich wurde mit einer Unmenge an Plastikbehältern voller Kekse beschenkt, die ich selbstverständlich dankend annahm.
Auch wenn die ewige Wettbewerbsbereitschaft meiner Nachbarn mehr als nur leicht nervtötend war, so muss ich gestehen, dass sich das Resultat als durchaus positiv erwiesen hatte. Wenn nun noch das Bedürfnis, unsere Straße in eine Schneekugel zu verwandeln, passend mit Lichterketten und Santa Claus Schlitten vor jedem zweiten Haus, auf irgendeine Art gedämpfte werden könnte, ich würde Weihnachten beinahe freudig entgegengehen.
Trotz aller Mühe, mich dieses Jahr nicht vom Weihnachtsstrudel einsaugen zu lassen, wurde ich doch von ihm ergriffen. Der 24. Dezember verlief so friedvoll wie jeder andere zuvor. Am Ende grüßte man sich an den Türen, brachte kleine, liebevoll, wenn auch nicht immer ästhetisch ansprechende Geschenke zu den Nachbarn, die gestern noch auf Lärmbelästigung durch Beschallung von Weihnachtsliedern in Dauerschleife bestanden hatten. Auch die wenigen Lichter, die die Garage schmückten, wurden eingeschaltet.
Der Stress der richtigen Beleuchtung, das andauernde Keksebacken, das von Schmuck überladene Haus. Am Ende zählte nichts davon. Im Gegenteil. Sollten meine Nachbarn in ihren kindischen Streitereien um den schönsten Vorgarten schwelgen. Ich saß in einem Ohrensessel, eines meiner neuen Bücher auf dem Schoß und eine Tasse heiße Schokolade in meiner Hand und sah meinen Christbaum an. Dieses Jahr hatte ich mich selbst übertroffen. Rot und Gold zierte die Nadeln, echte Kerzen anstelle der schrill blinkenden Lichterketten, Girlanden, die im Licht glitzerten, und einwickelte Süßigkeiten, von denen ich mir eine im Vorbeigehen gepflückt hatte. Die Kekse, die die Nachbarn in ihrer Backwut zur Verkostung vorbeigebracht hatten, waren hübsch in einer Schale angerichtet und dienten als Mahlzeit für zwischendurch. Auch wenn ich den Rummel um den besten Weihnachtsbäcker nie verstehen werde, so muss ich zugeben, dass jedem meiner Nachbarn die Kekse äußerst gut gelungen waren. Zarte Schokolade zerschmolz in meinem Mund, edles Marzipan zerging auf meiner Zunge, selbst die Nüsse knackten noch, als ich in die Mandelkekse biss. Es war ein Traum an Weihnachtsgebäck, der auf meinem Tisch auf mich wartete.
Ich vertiefte mich wieder in mein Buch. Im Hintergrund lief Stille Nacht im Radio. Draußen, vor dem Fenster, fielen die ersten Schneeflocken. Ich sah hinaus, in meine mit Rentieren bestickte Decke gehüllt, und fühlte die Wärme in mir aufsteigen.
Vielleicht, überlegte ich, hatten meine Nachbarn vergessen, wie schön stille Weihnachten sein können.
Jasmin Fürbach BA: 22 Jahre aus Wien. Seit 2015 Studentin an der Universität Wien: Bachelorstudium für English & American Studies, Masterstudium für Deutsche Philologie; Liebe für alles Phantastische, Krimis, Horror und das Schreiben insgesamt.
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Die Ballade von Valentin Wichtel
Valentin Wichtel bewohnte den Schnee
Gar nicht so weit vom gefrorenen See.
Im Schatten des Baums, zwischen Blättern und Kraut
Hat er sich ein winziges Häuschen gebaut.
Winterlich nahte der eiskalte Wind,
Heulend und fauchend, wie Winde so sind.
Im Laufe der Nacht trug er Wolken heran
Und Schnee lag am Morgen, so hoch wie ein Mann.
Valentin Wichtel beäugte dies grimm.
Schnee vor der Weihnacht? Das nannte er schlimm.
Da rief er: „Mein Haus ist ja gänzlich bedeckt,
Nun liegt es verborgen im Schnee und versteckt!
Weiß ist die Landschaft und schön ist sie auch,
Eines jedoch macht mir Schmerzen im Bauch!
Zu Weihnachten werden doch Gaben gereicht
Und nun übersieht man mein Häuschen so leicht!“
Valentin Wichtel sah hin und sah her,
Tausend Gedanken bedrückten ihn sehr.
Da kam ihm zum Schluss die famose Idee:
Er nahm hundert Lichter und ging in den Schnee.
Oben im Baume, im kahlen Geäst,
Spannte er Fäden von Ost bis nach West.
Sodass die Laternen, so hat er gedacht,
Den Weg zu ihm weisen mit all ihrer Pracht.
Valentin Wichtel erfand so den Brauch:
Kerzen erhellen seither jeden Strauch.
Am Abend noch schaute er staunend hinauf
Und ließ all den Wundern der Zeit ihren Lauf.
Sonnenschein folgte der Heiligen Nacht.
Valentin Wichtel, er träumte so sacht,
Erwachte und fand seinen Gabentisch leer
Und hasste den Schnee vor der Weihnacht noch mehr.
Valentin Wichtel verwünschte das Licht.
Eine Nacht länger ertrug er es nicht.
„Gebracht hat es nichts, dann muss es jetzt fort!
Mein Haus blieb verborgen, ein trauriger Ort.“
Draußen dann fand er im Schnee vor dem Baum,
Valentin lachte und glaubte es kaum,
Ein kleines Paketchen, adrett und verziert,
Und mit ihm ein Brieflein, an ihn adressiert:
„Valentin, danke, du eifriger Wicht!
Schönheit und Wunder vereinten dein Licht.
Wer gut ist, der braucht keine Gunst zu verlangen,
Wer gut ist, dem ist es noch stets gut gegangen!“
Freudselig strahlte sein ganzes Gesicht:
Dies blieb im Kopf, er vergaß es auch nicht.
Der Gnade der Weihnacht bleibt niemand verdeckt
Selbst wenn sich das Haus unter Neuschnee versteckt.
Valentin Wichtel bewohnte den Schnee
Gar nicht so weit vom gefrorenen See.
Er lachte nun immer und schaute nicht grimm,
Denn Schnee vor der Weihnacht war gar nicht so schlimm.
Finn Lorenzen ist Literaturwissenschaftler und Autor. Geboren wurde er 1989 in Schleswig-Holstein, später studierte er an der Universität Bremen. Heute lebt er mit seiner Frau in Neuss.
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Der verletzte Engel
Lena drehte sich seit Stunden von einer Seite auf die andere. Sie musste die ganze Zeit daran denken, dass das Christkind in den nächsten Stunden die Geschenke für Heiligabend brachte. Und wenn sie nicht bald einschlief, war sie morgen viel zu müde, um die Geschenke auszupacken. Doch als sie gerade anfing, zu träumen, schepperte etwas. Lena riss die Augen auf und sah in die Dunkelheit. War das Geräusch nur in ihrem Traum gewesen? Oder war noch jemand im Haus?
Lena stand auf, öffnete ihre Zimmertüre und schlich durch den dunklen Flur. Unter der Wohnzimmertür schien Licht durch. Sie kniff ein Auge zu und versuchte, mit dem anderen etwas durch das Schlüsselloch zu erkennen. Aber sie konnte nichts sehen. Sicherlich hatten ihre Eltern gestern etwas vor das Loch gehängt. Vielleicht war es aber auch das Christkind gewesen, überlegte Lena. Bei dem Gedanken musste sie grinsen und wollte die Türe öffnen.
Doch Lena zögerte plötzlich und sah in den dunklen Flur zurück. Sie wusste, dass sie sich wieder ins Bett legen sollte. Aber sie wollte sich auch nicht die Chance entgehen lassen, vielleicht gleich das Christkind im Wohnzimmer zu sehen. Und so öffnete Lena die Tür.
Doch im Wohnzimmer war es dunkel. Hatte sie sich das Licht unter der Tür nur eingebildet? Lena schüttelte den Kopf. Sie war sich sicher, dass Licht gebrannt hatte. Vielleicht versteckte sich das Christkind aber auch. Oder war es gar nicht das Christkind, sondern ein Einbrecher, der ihre Geschenke stehlen wollte?
Lena wurde mulmig und schaltete mit zittrigen Händen das Licht ein. Als Erstes sah sie die zerbrochene Glocke auf dem Boden. Es war definitiv jemand hier gewesen. Aber derjenige hatte kein Interesse an ihren Geschenken gehabt. Denn um den Christbaum herum lagen große und kleine Geschenke, eingepackt in buntem Papier. Die einen trugen eine Schleife, andere eine Grußkarte. Am liebsten würde sie das eine oder andere aufreißen. Aber dann würde sie mächtig Ärger bekommen. Andererseits fiel es doch sicherlich nicht auf, wenn sie schon eines öffnete. Lena schnappte sich ein Geschenk und wollte gerade an der goldenen Schleife ziehen, als plötzlich die Kerzen am Christbaum angingen. Lena hielt die Luft an, legte das Geschenk wieder auf den Boden und ging zwei Schritte vom Baum weg.
Sie war nicht allein. Und gerade wünschte sie sich, dass sie im Bett liegen geblieben wäre. Am liebsten würde sie jetzt ihre Eltern holen. Aber dann müsste sie erklären, was sie im Wohnzimmer zu suchen hatte. Lena redete sich ein, dass das Christkind sie sicher nur erschrecken wollte.
Doch dann begannen die Kugeln am Baum, zu wackeln. Kurz darauf kam ein kleines Gesicht mit braunen Locken hinter dem Baum zum Vorschein.
„Wer ist da?“, fragte Lena vorsichtig.
Erst blieb alles ruhig, dann wackelte der Baum und ein kleines Mädchen schlich hinter dem Baum hervor. Es trug ein weißes Kleid mit kleinen blauen Sternen, die Arme hatte es an seinen Körper gedrückt. Die Augen waren gerötet und über der Schulter konnte Lena die Spitzen von Flügeln erkennen. „Du bist ein Engel“, stellte sie fest und sah den Engel mit großen Augen an.
„Ein Engel, der versagt hat.“
Lena schüttelte den Kopf. „Du hast nicht versagt. Du hast doch ganz viele Geschenke gebracht.“
Der Engel lächelte sie an. „Wenn das Christkind hiervon erfährt, war das für lange mein letzter Einsatz an Heiligabend.“
„Von mir erfährt niemand etwas“, versprach Lena.
„Das ist lieb. Aber das Christkind wird davon erfahren. Ich kann nämlich nicht mehr fliegen.“
„Wieso?“
„Ich habe mir meinen Flügel an den Tannen verletzt“, sagte der Engel und als er seinen Flügel ausbreitete, konnte Lena den Riss sehen. „Bei dem Versuch, zu fliegen, habe ich die Kontrolle verloren und die Glocke zu Boden geschmissen.“
„Soll ich ein Pflaster holen?“, fragte Lena und wollte schon loslaufen.
Der Engel schüttelte mit gesenktem Blick den Kopf. „Da hilft nur Sternenstaub und viel Geduld.“
„Aber wie kommst du wieder in den Himmel, wenn du nicht mehr fliegen kannst?“
„Ich habe dem Christkind Bescheid gegeben, dass ich mich verletzt habe. Sie holen mich.“
„Dann verstecke ich mich hinter dem Baum. Von dort kann ich das Christkind sehen und es erfährt nicht, dass ich dich gesehen habe. Dann bekommen wir beide keinen Ärger.“
„Das ist lieb von dir. Aber ich kann nicht gut lügen und das Christkind sollte man ohnehin nicht anlügen. Man sollte überhaupt nicht lügen. Es wäre nur richtig, mich die nächsten Jahre nicht auf die Erde zu lassen.“
„Wie meinst du das? Was machst du dann?“
„Die Engel, die keine Geschenke verteilen, müssen die Engel koordinieren, die auf die Erde gehen. Dazu muss man die ganze Zeit auf Monitore starren und das ist sehr anstrengend.“
„Dann bringt aber ein anderer Engel meine Geschenke, oder?“
Der Engel lachte. „Natürlich. Trotzdem wäre es besser, wenn du wieder ins Bett gehst und das hier eine absolute Ausnahme bleibt.“
Lena seufzte und sah zu Boden. Vielleicht war es tatsächlich besser, wieder ins Bett zu gehen. Sie wollte das Christkind nicht enttäuschen. Sonst bekam sie nächstes Jahr womöglich keine Geschenke mehr. „Danke für die Geschenke“, sagte Lena und der Engel lächelte, obwohl kleine Tränen an seiner Wange hinunterliefen.
Lena war gerade auf den Flur gegangen, als ein leises Rauschen ertönte.
„Komm bitte zu uns, Lena.“
Lena blieb stocksteif stehen. Gehörte diese sanfte Stimme dem Christkind? Bekam sie jetzt doch Ärger? Oder waren die Geschenke unter dem Baum für viele Jahre die letzten?
Langsam ging sie wieder ins Wohnzimmer. Neben dem Engel stand ein älteres Mädchen mit langen, goldenen Locken. Es trug ein glänzendes weißes Kleid und die weißen Flügel waren deutlich größer als beim Engel. Die Augen des Mädchens strahlten und auf seinen Lippen lag ein Lächeln.
„Ich bin das Christkind“, erklärte das Mädchen und Lena traute sich nicht, sich zu bewegen.
„Es ... es tut mir leid, dass ich nicht im Bett liegen geblieben bin“, stotterte Lena.
„Du hättest nicht ins Wohnzimmer gehen dürfen, das ist richtig. Aber nun ist es so und wir müssen das Beste daraus machen.“ Das Christkind lächelte sie an. „Weißt du, Lena, es ist gut, dass Kinder neugierig sind. So entdecken sie allerhand neue Dinge und machen ihre eigenen Erfahrungen. Aber es gibt eben auch Dinge, die Kinder nichts angehen. Deshalb solltest du in Zukunft auf deine Eltern hören.“
Lena nickte heftig mit dem Kopf. „Das verspreche ich und ich erzähle auch niemandem, dass ich euch gesehen habe.“
„Aber kannst du mir auch versprechen, dass unser heutiges Treffen eine Ausnahme bleibt?“
„Ja, ich bleibe jetzt immer im Bett liegen.“
„Das ist schön“, sagte das Christkind. „Und was das Lügen angeht: Es ist ehrenhaft, dass du meinem kleinen Engel helfen wolltest. Aber Lügen ist keine schöne Angewohnheit und kann schnell für viel Ärger sorgen.“
„Es tut mir leid.“
„Lass dir die heutige Nacht eine Lektion gewesen sein und bleib weiterhin brav und ehrlich.“
„Das werde ich.“
„Ich wünsche dir ein schönes Weihnachtsfest, Lena.“
Lena lächelte, drehte sich um und lief durch den dunklen Flur zurück in ihr Zimmer. Als sie an ihrem Zimmer angekommen war und zurücksah, war das Licht im Wohnzimmer erloschen. Schnell ging sie ins Bett und kuschelte sich in ihre Decke, da war sie auch schon eingeschlafen.
Christina Emmerling wurde 1992 in Würzburg geboren, wo sie auch heute noch lebt. Neben Kurzgeschichten schreibt sie Fantasyromane und arbeitet derzeit an einer Trilogie. Ihre erste Kurzgeschichte wurde 2013 in einer Anthologie veröffentlicht.
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Winterwonderland
Das ist jetzt nicht der Elfenernst. Die Weihnachtspoststation ist überfüllt mit Weihnachtswünschen von Kindern. Einige Elfen haben wohl ihren Job vergessen. Hier sieht es einsam und verlassen aus. Aber Arbeit wäre da. Alles nur wegen der blöden Elfen-WM. Ich finde es nicht okay. Dem Weihnachtsmann ist es offensichtlich egal. Tja, und jetzt haben wir das Problem, weil sich keiner hier um irgendetwas kümmert. So wie es aussieht, bin ich der Einzige, der den Heiligen Abend retten will, damit Kinder schöne Weihnachten haben. Ich heiße Billy und bin ein Weihnachtself. Ich muss das Fest retten.
Im Postraum hat sich einiges gestapelt. Hier herrscht völliges Chaos. Postelf Emil hat wohl vergessen, dass er hier gebraucht wird. Als Kapitän des Icehockey-Teams hat er natürlich gerade jetzt sehr viel zu tun. Die Poststation ist nicht unser einziges Problem, das wir haben, denn die Rentiere sind die Taxis. Ich habe keine Ahnung, ob der Weihnachtsmann es weiß, aber es kann sein, dass er keine Schlittentiere zum Heiligen Abend hat, denn die sind ja ausgebucht.
Ich muss also Weihnachten retten und mache mich auf dem Weg zum Santa. Irgendjemand muss mit ihm reden. Schließlich bin ich hier ja der Oberelf. Lilli, die Weihnachtsmannhauselfin, kommt mir entgegen. Ich frag sie gleich, ob der Weihnachtsmann gerade Zeit hat.
Sie antwortet mir: „Nein, der hat gerade sehr viel zu tun.“
Mist. Was soll ich jetzt machen? Da fällt mir etwas ein. Hatte nicht erst jüngst der Osterhase unsere Elfen ausgeliehen, weil er mega Stress vor Ostern hatte und seine Hasen mit dem Bemalen der Ostereier total überfordert waren? Denn das Osterfest fand schon im März statt. Die Weihnachtselfen halfen im Easterrabbitland aus. Also finde ich es nur fair, wenn uns die Osterhasen auch helfen. Schließlich ist Weihnachten genauso wichtig wie Ostern. Das werde ich ihm so erklären.
Ich nehme auch schon ein Fluggerät und flieg ins Easterrabbitland. Hoffentlich ist der Osterhasenchef wach, sonst habe ich ein Problem. Zur Not muss ich mir irgendetwas anderes einfallen lassen.
Ich steh nun vor dem Büro des Osterhasen. Ein Zettel hängt an der Türe:
Bin, nur in dringenden Fällen erreichbar.
Dein Osterhase.
Hm, okay. Weihnachten zu retten, ist für mich dringend. Also klingle ich auch schon an der Tür.
Der Osterhasenchef ist nicht begeistert, als er mich sieht. „Ist was passiert?“, will er nun von mir wissen.
„Nein, ich bin nur so hier. Weihnachten ist in Gefahr“, sag ich zu ihm.
Der Osterhase runzelt seine Löffel und meint: „Ach, du meinst, ich soll dir meine Hasen leihen?“
„Äh, ja, das wollt ich eigentlich fragen.“
Er könne mir schon seine Hasen leihen, aber er müsse zuerst in seinem Kalender nachsehen, wann nächstes Jahr Ostern ist, erklärt er mir.
Ostern ist, wie du ja weißt, liebe Leseratte, nicht immer am selben Tag. Das ist der feine und große Unterschied zwischen Ostern und Weihnachten. Weihnachten findet immer am 24. und am 25. Dezember statt, das wird sich nie ändern.
Jetzt kommt der Osterhase zurück und sagt: „Ja ich kann dir die Hasen leihen, aber die müssen Anfang Februar, nein, um genauer zu sein, ich möchte, dass sie Ende Jänner wieder da sind. Das heißt einsatzfähig am 1. Februar. Wehe dir, es ist nicht so.“
Da hat der Osterhase schon Angst um Ostern. Versteh ich das richtig? Er trommelt schließlich doch all seine Hasen zusammen und drei Stunden später hoppeln schon 100 Hasen zu mir. Das sind die Osterhasenlehrlinge und die kommen jetzt mit mir mit.
Back im Winterwonderland. Das Erste, was ich höre, ist: „Brr mir ist kalt, ich mag wieder ins Easterrabbitland. Weil es hier im Winterwonderland beim Weihnachtsmann so schrecklich ist.“
Lilli, die Weihnachtsmannhauselfin, kommt zu mir und schreit: „Sag mal, bist du wahnsinnig. Du kannst doch nicht so einfach die Hasen herholen, die erfrieren uns ja noch. Du Schlauberger, Billy.“ Lilli ist wirklich wütend.
Da kommt auch schon der Weihnachtsmann, der fragt mich genau dasselbe. Meine Antwort ist: „Ja, hätte ich die Hasen nicht geholt, würde es dank der Elfen-WM blöd aussehen mit Weihnachten. Ich sag nur: Überfüllung der Poststation.“
Der Weihnachtsmann schreit: „Emil, komm sofort her.“
Es dauert eine Weile, bis er kommt. „Ja, Weihnachtsmann, was gibt es?“
„Wo sind deine Postelfen? Warum ist keiner in der Poststation? Warum liegen so viele ungelesene Briefe in der Poststation?“, will der Weihnachtsmann nun wissen.
Und Emil sagt: „Weil wir eben alle bei der Elfen-WM eingeteilt sind.“
Lilli hat auch schon eine Lösung. „Billy hat bestimmt die Hasen nicht umsonst hierhergeholt, ich finde, die sollen sich in der Poststation umsehen und in der Spielzeugwerkstatt arbeiten und an Robotern bauen, dann ist ihnen nicht kalt, weil sie ja in der Wärme sind. Und Weihnachten ist gerettet.“
Das sei ein guter Vorschlag von Lilli, findet der Weihnachtsmann. Wir haben noch zehn Tage Zeit bis Weihnachten. Das ist nicht mehr lange. Aber warum Roboter gebaut werden sollen, das versteht keiner. Hm, vielleicht hat es was mit den Rentieren zu tun? Die wahrscheinlich nicht einsatzfähig sind am Heiligabend.
„Roboter bauen? Für was genau?“, will ich jetzt wissen.
„Na, nur in dem Fall, dass die Rentiere keine Zeit an Heiligabend haben“, antwortet mir Lilli.
Der Hase Lumpo hat dafür schon eine andere Idee. „Wir könnten ja den Schlitten des Weihnachtsmanns etwas umbauen, dann braucht man keine Rentiere.“ Das ist auch eine gute Idee. Lumpo sagt, er mache sich auch gleich auf dem Weg zum Schlitten. Schon hoppelt er los.
Die anderen Hasen teilen wir für die Post und eben für die Kinderwerkstatt ein. Der Osterhase hat mir offensichtlich Powerhasen mitgegeben. Deren Motivation möchte ich gerne haben, denn sie sind sehr fleißig. Wir könnten uns echt eine Scheibe von ihnen abschneiden. Oder ihnen ist einfach nur kalt.
Aktuell haben wir wirklich Probleme mit einigen Hasen, da sie Erfrierungen in den letzten Tagen erlitten haben, nun ist bei uns die Elfenkrankenstation voll mit kranken Hasen. Bis Ende Jänner haben wir Zeit, die Hasen zu heilen.
Deshalb wurde die Elfen-WM abgebrochen, die soll dann eben im Februar, wenn die Hasen wieder weg sind, weitergehen. Gute Entscheidung. Warum nicht gleich so?
Wir haben alle Wünsche von den Kindern, die zu erfüllen waren, erfüllt, morgen fliegt der Weihnachtsmann mit seinen Rentieren, trotz eingebautem Schnellflugzeug – oder wie es Lumpo nennen mag –, los. Die lieben Hasen sollen bis Ende Jänner bei uns bleiben, dann sind sie von der Erfrierung wieder geheilt. Der Osterhase ist nicht sauer. Ich finde aber, an Weihnachten geht es nicht nur um Geschenke, obwohl Geschenke etwas Schönes sind. Weihnachten ist auch das Fest der Freude, der Liebe und der Familie. Es gibt doch nichts Schöneres, als mit den Menschen Weihnachten zu feiern, die man mag. Nicht jedes Kind kann Weihnachten feiern – aus welchem Grund auch immer. Ich las übrigens einen Brief von einem Kind, in dem stand:
Lieber Weihnachtsmann, ich wünsche mir, dass ich wieder
gesund werde.
Leider kann das der Weihnachtsmann nicht erfüllen, aber vielleicht kann das jemand anders. Und ich weiß auch wer – Gott. Was ich dir eigentlich damit sagen will, ist Folgendes: An Weihnachten geht es eben nicht nur um Geschenke. Ein kranker Mensch wünscht sich nur eines – Gesundheit. Ein Obdachloser hätte gern ein Dach über dem Kopf. Ein hungriges Kind wünscht sich Nahrung. Ein Waisenkind wünscht sich Eltern. Ich wünsch mir nur eines – Frieden. Ich wünsche dir, liebe Leseratte, frohe Weihnachten und schöne Feiertage. Ich geh jetzt in meinen wohlverdienten Urlaub. Ab in die Karibik.
Christina Riemelmoser, 29 Jahre jung. Hobbys: Schreiben, Lesen, Sport. „Ricky, der Hausgeist, und die gelbe Kugel“ wurde in „Wo die Wilden Geister wohnen Band 2“ veröffentlicht.