Kitabı oku: «Ein tödliches Komplott», sayfa 8
Vereinigte Staaten, Dallas (TX)
Der Morgen dieses Frühlingstages in Dallas war ungewöhnlich kalt zu dieser Jahreszeit. In der Nacht gab es sogar noch teilweise Bodenfrost und die Temperatur war noch nicht auf angenehme Werte angestiegen. Auf dem Parkplatz vor dem Lincoln Square, einem Einkaufszentrum zwischen Dallas und Fort Worth am Tom Landry Freeway wartete Stuart Clarke leicht frierend in seinem himmelblauen Transporter. Er hatte sich einen Kaffee gekauft, um sich wenigstens ein bisschen aufzuwärmen. Sein Kontakt ließ ein bisschen auf sich warten. Er hatte vorher angekündigt, dass es etwas länger dauern könnte.
Leider wartete er jetzt schon über eine Stunde auf seine Lieferung. Es war nicht einfach in Amerika an eine unregistrierte Waffe zu gelangen. Zwar durfte man in Texas offiziell Waffen kaufen und auch bei sich tragen, aber sie waren alle auf die jeweiligen Besitzer registriert. Brauchte man unregistrierte Waffen wurde es deutlich schwerer an eine zu gelangen. Sein Kontakt konnte allerdings einige davon liefern, die man nicht in einem Waffengeschäft bekam. Stuart hatte einige bestellt, die auf dem offiziellen Markt überhaupt nicht geliefert wurden. Der National Firearms Act regelte den Besitz der vollautomatischen Waffen in den USA. Privatleute, die eine solche Waffe bei sich tragen wollten, brauchten eine Erlaubnis. Dazu wurden sie vom FBI überprüft und mussten beim zuständigen Bundesamt Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives, kurz ATF genannt eingetragen werden.
Stuart Clarke war schon mehrfach wegen krimineller Machenschaften verurteilt worden und musste auch einige seiner 34 Lebensjahre hinter Stahlstangen verbringen. Wer allerdings vorbestraft war, durfte keine Waffe mehr besitzen oder bei sich tragen. Das machte es für Personen in seiner Position sehr schwer an Feuerwaffen zu kommen. Kaufen konnte er sie nicht, weil man ihn sofort abgelehnt hätte. Es blieb ihm nur die Möglichkeit seine Schnellfeuergewehre illegal zu erwerben. Dazu gehörte es leider auch auf seinen Lieferanten zu warten. Jetzt saß er am frühen Morgen hier auf diesem düsteren Parkplatz.
Langsam ging schon die Sonne auf und der Parkplatz wurde etwas belebter. Das war nicht gerade das, was sich Stuart erhofft hatte. Er wollte das Geschäft im Wert von 300.000 Dollar möglichst abwickeln, solange es noch dunkel war. Vor allem war das Einkaufszentrum nicht gerade der beste Ort, um unerkannt Geschäfte abzuwickeln. Plötzlich hielt direkt vor ihm ein Mittelklassewagen mit einem Nummernschild aus Oklahoma. Der Fahrer des Wagens war ungewöhnlich. Er wirkte wie ein junger Student auf Klassenfahrt und nicht wie ein Waffenhändler. Stuart stieg aus und ging auf den Fahrer zu.
Der entschuldigte sich sofort, »Tut mir leid, ich bin verdammt spät dran, aber ich wurde auf dem Highway aufgehalten. Ihre Lieferung liegt im Kofferraum.«
Ohne Umschweife öffnete der junge Mann die Heckklappe und im Gepäckfach des Wagens kam eine länglich zugenagelte Holzkiste zum Vorschein. Stuart sah sie einen Moment schweigend an. Dann ging er zu seinem Transporter zurück und öffnete eine Seite der Ladefläche. Die Holzkiste war sehr schwer und der junge Student musste ihm helfen sie zu verladen. Als sie sicher auf seiner Ladefläche lag, war ihm auch ganz schön warm geworden. Der Student schien keine Ahnung zu haben, was er da durch die Gegend gefahren hatte, aber das störte Stuart auch nicht. Sein Geschäftspartner hatte ihm bei der Bestellung schon mitgeteilt, dass die Lieferung von einem dritten durchgeführt wurde. Begründet wurde das durch Sicherheitsbedenken. Stuart Clarke konnte das gut verstehen. Niemand wurde gerne mit scharfen Waffen auf der Straße angehalten. Vor allem nicht mit den Waffen, die er bestellt hatte.
Die vollautomatischen M 16 waren schon lange in den USA verboten. Kaufen konnte man sie im freien Handel nicht. Diese automatischen Gewehre waren ausschließlich dem Militär vorbehalten und konnten auf dem Markt nicht erworben werden. Stuart hatte über seinen Kontakt allerdings zwei davon organisieren können. Für nur 150.000 Dollar das Stück waren sie ein Schnäppchen gewesen. Clarke war schon immer ein Waffennarr und einmal in seinem Leben wollte er eine davon sein Eigen nennen dürfen. Bei seinem Jahr bei der Army, die er im Rahmen der Wehrpflicht ableisten musste, bekam er sie nur bei Berufssoldaten zu sehen, aber nie selbst eines davon in die Hand.
Der Student fuhr ohne ein weiteres Wort wieder davon und ließ Clarke alleine. Er schlug die Tür seines Lieferwagens zu und setzte sich mild lächelnd hinter das Steuer. Glücklich über die erfolgte Lieferung fuhr er vom Parkplatz des Lincoln Centers und fuhr in Richtung des Six Flags over Texas Vergnügungsparks davon. Auf den Straßen war zu dieser Zeit nicht wirklich viel los, was Stuart Clarke ein schnelles vorankommen ermöglichte. Erst in der Moore Street, südlich des Turner-Parks in Dallas hielt er den himmelblauen Transporter wieder an. Stuart stieg aus und verriegelte die Garagentür bevor er sich die Holzkiste vornahm.
Mit einem Brecheisen hebelte er den Deckel ab und fand unter Holzwolle seine Gewehre in einem Ständer. Die Magazine waren an den Enden unter einer Menge an Holzwolle verborgen. Die beiden M 16 sahen in ihrem leicht glänzenden Schwarz wundervoll aus. Vorsichtig streckte Stuart seine Hände aus und ließ seine Finger über das kühle Metall gleiten. Ein großes Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht. Er hatte seinen Herzenswunsch vor sich. Funktionstüchtige M 16, komplett neu und unbenutzt. Munition hatte er bereits im Vorfeld dafür besorgt. Allerdings füllte er nur eines der Magazine auf. Die anderen blieben leer. Ein Gewehr wollte er zum Feuern verwenden, das andere allerdings war nur zu Dekozwecken gedacht.
* * *
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
Für seinen großen Plan war alles vorbereitet, hatte er erst vor wenigen Sekunden am Telefon erfahren. Emma Reed, die Leiterin des Horizontalen Gewerbes in Portland, hatte das Päckchen erhalten. Auf die Kuriere war verlass gewesen. Am Telefon hatte sie ihm bestätigt, die verpackten Drogen im Versteck gefunden zu haben. Auch Madeleine hatte ihre Aufgabe erledigt und die Fracht bei ihrem Besuch des Sergeants unter seinem Kleiderschrank zu verstecken. Sie hatte sogar daran gedacht, das Päckchen ein bisschen zu öffnen und ein bisschen des Pulvers unter dem Schrank verteilt zu haben. Jetzt fehlte nur noch sein Anruf bei der Polizei, um den Sergeant der Drogenfahndung aus dem Weg zu räumen.
Noch ein letztes Mal zog er genüsslich an der angesteckten Havanna in seinem Büro und blickte wie üblich über die Wasseroberfläche des Lake Erie. Es war an der Zeit seinen Anruf bei der Polizei in Portland zu machen und Sergeant Barber an den Haken zu hängen. Falls die Polizisten schnell genug waren, könnten sie ihn sogar noch wegen Prostitution einsperren. Allerdings wollte das Emma vermeiden. Ihre Mädchen sollten nicht in seine kruden Pläne verstrickt werden und schon gar nicht bei der Arbeit verhaftet. Die Angelegenheiten von Emma Reed waren sowieso illegal und sie konnte keine Probleme mit den Cops der Sitte brauchen. Zudem würden sie noch auf ihn zurückfallen und die Unterhändlerin hatte kein großes Problem damit ihn zu verpfeifen. Er musste ihr zusichern, sie und ihre Mädchen aus seinen Angelegenheiten herauszuhalten.
Wenigstens war alles so weit vorbereitet. Nur Madeleine war noch bei dem Drogenspürhund zugange. Sobald er eine weitere Rückmeldung erhielt, konnte er anfangen. Über seinem gealterten Gesicht lag ein fröhliches Lächeln. Die gute Zigarre aus dem Humidor in seinem Büro schmeckte heute gefühlt noch besser als sonst. Eine handgerollten Cohiba Behike aus Kuba bestellte er über seinen Händler in Havanna. Die Qualität war ausgezeichnet und eine einzelne der besonderen Zigarren kostete ihn knapp 300 Dollar. Es waren die edelsten Zigarren, die man aus Kuba bekommen konnte. Er verfügte über genügend Geldmittel, sich jeden Monat eine Kiste mit 40 Stück dieser teuren Stäbe zu leisten. Geliefert wurden sie in einem speziellen Humidor, der nur für den Transport von Kuba in die Vereinigten Staaten zu gebrauchen war. Nach der Ankunft brachte er sie in seinem Schrank des Büros unter.
Für die Zeiten, in denen er sich eine davon ansteckte, galt strickte Ruhe. Sie waren etwas Besonderes und nicht für jeden Anlass gedacht. Zur Feier des Tages und im Hinblick darauf, die Bremse in Portland ausschalten zu können, nahm er sich die Ruhepause. Barber sollte ruhig noch ein bisschen auf Madeleine herumspringen, es wäre für die nächsten Jahre das letzte Mal für ihn. Ein Drogencop den man wegen Drogenbesitzes verhaftete, war in jeder Haftanstalt der Staaten ein gern gesehener Gast. Andere Mithäftlinge machten sich einen Spaß daraus sie bis an ihr Ende zu quälen. Genau das wünschte er sich für Barber, der ihn schon viele Millionen gekostet hatte.
Die Cohiba Behike war schon langsam aufgeraucht als endlich sein Telefon klingelte. Es war Emma. Madeleine war von ihrem Besuch bei Barber zurückgekehrt und der Sergeant würde jetzt schlafen, teilte sie ihm mit. Überschwänglich bedankte er sich bei ihr und beendete das angenehme Gespräch mit seiner Gehilfin. Er griff zu seinem speziellen Telefon auf seinem Schreibtisch. Es war standardmäßig so eingerichtet, dass die Anrufe nicht zurückverfolgbar waren. Der Computer leitete das Gespräch über eine ganze Reihe von Gegenstellen um bis es dann den Teilnehmer kontaktierte. Die Polizei verfügte ein spezielles System, um solche Anrufe zurückzuverfolgen. Sein Gerät brachte dieses System so durcheinander, dass jede Abfrage eine andere Stadt in den USA als Standort zurückmeldete. So war sichergestellt, dass sein eigentlicher Aufenthaltsort geheim blieb.
Zufrieden tippte er die Telefonnummer der Polizei Portland in das Eingabefeld und wartete darauf, bis sein Gespräch aufgebaut war. Sofort nach dem ersten Klingelzeichen nahm ein Beamter das Gespräch an und meldete sich als Officer Witmarch.
In ruhigem Ton sagte er, »Ich möchte ein Verbrechen melden, von dem ich Kenntnis erlangt habe. Ein Beamter der Polizei handelt mit Crystal Meth in großem Stil und konsumiert dieses Rauschmittel. Sein Name ist Roger Barber. Der Dienstgrad und seine Position sind mir nicht bekannt, allerdings soll er auf ihrem Revier arbeiten. So weit ich informiert wurde, versteckt er in seinem Schlafzimmer eine große Menge der Droge.« Direkt danach legte er wieder auf und grinste über das ganze Gesicht.
Der Beamte würde sicher schon die richtigen Schritte übernehmen und er würde sofort davon erfahren. Er hatte einen seiner Spitzel schon in Position gebracht, der Anweisung hatte, ihn sofort anzurufen, wenn sich die Polizei dem Haus näherte. Nach wenigen Minuten war es schon so weit und sein normales Telefon klingelte.
»Ja?«, fragte er aufgeregt wie zur Bescherung an Weihnachten.
»Die Polizei fährt soeben vor Sir«
»Wie viele sind es?«, fragte er sensationsgierig.
»Drei Streifenwagen und ein Kastenwagen halten gerade in diesem Moment vor seinem Haus!«
»Das ist ja perfekt. Ich hoffe mal sie nehmen ihn richtig auseinander.«
»Sir, es kommt noch ein Fahrzeug vor seinem Haus an. Sieht nach FBI aus!«
Er schlug mit der Hand auf seinen Schreibtisch. Mit denen hatte er nicht mehr gerechnet, aber sie waren ja schon vor Ort, wie er wusste. Wie gebannt hörte er dem Bericht seines Spitzels am Telefon zu. Es war einfach unglaublich. Niemals hätte er gedacht sich über eine Polizeiaktion freuen zu können. Aber dieses Mal half sie ihm und seiner Unternehmung mehr als alles andere. Falls sie Barber einpackten, und das müssten sie nach dem Fund definitiv, wäre der Weg in Portland endlich frei sein Geschäft richtig aufzuziehen.
10. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
Die Polizeibeamten des Reviers hatten bereits die Wohnung von Sergeant Roger Barber gestürmt, als die Bundesbeamten des FBI ankamen. Ashleigh Spears und ihr Kollege Cooper Knight stiegen aus dem Wagen aus, den sie für ihre Ermittlungen in Portland zur Verfügung hatten und standen im lauen Wind, der aus Osten her vom Meer kam. Sie hatten auf dem Revier erfahren, dass ihr Informant angeblich selbst die Droge nahm und auch Vertrieb. Die junge FBI Agentin hatte sofort das Motiv erkannt. Barber konnte in seinem Beruf die anderen Dealer aus dem Weg räumen, um sein eigenes Geschäft voranzutreiben.
Er konnte sich so die Konkurrenz vom Hals schaffen. Ein besseres Motiv konnte man gar nicht finden. Barber steckte also selbst dahinter. Spears wollte aus erster Hand erfahren, was man bei ihm fand und ob er vielleicht sogar den beschlagnahmten Stoff aus der Asservatenkammer nicht vernichten ließ, sondern selbst weiter verteilte. Die Anklage wäre in diesem Fall ein leichtes. Barber als Drogenkommissar hatte beste Verbindungen in das Milieu und konnte den Stoff nicht nur aus dem Verkehr ziehen, sondern auch noch für sich verkaufen. Er war in den letzten Monaten überaus erfolgreich, wenn es darum ging, die Drogen aufzuspüren und die kleineren Dealer ins Gefängnis zu bringen. Durch seine Verbindungen in die Drogenkriminalität von Portland konnte er leicht feststellen, wer seine Konkurrenten waren und woher sie den Stoff bekamen.
Einfacher konnte man nicht an Geld kommen. Sein Verdienst als Sergeant war nicht gerade besonders hoch. Ein kleines Zubrot durch den Stoff, den andere in seine Stadt brachten. Damit konnte er sich eine goldene Nase verdienen. Zusammen folgten sie den Polizisten in die Wohnung von Roger Barber. Das frei stehende Haus in einer Seitenstraße von Portland wurde nur sehr spärlich von den Straßenlaternen erhellt. Trotzdem sah man, dass es erst vor kurzem frisch gestrichen worden war. Für Cooper Knight war das ein weiterer Hinweis auf die Schuld des Sergeants. Ein einfacher Polizeibeamter verdiente im mittleren Dienst nicht besonders, woher sollte er also das Geld nehmen die gesamte Fassade neu anpinseln zu lassen. Es sei denn er hätte es selbst gemacht, was aber bei seinen gesammelten Überstunden in der letzten Zeit kaum möglich war.
In dem Haus war es sauber und ordentlich. Es wirkte fast wie frisch gewischt. Die Möbel, die Barber ausgesucht hatte, passten zu der Wohnung. Insgesamt ergab sich daraus ein gemütliches Ambiente für die Zeit nach der Arbeit, um sich zu entspannen. An den Wänden hingen geschmackvolle Bilder und einige Filmplakate von Filmen, die fast überall auf der Welt erfolgreich waren. Die Luft war angereichert mit einem leichten Duft nach Zedernholz, was irgendwie beruhigend wirkte. Als sie in das Schlafzimmer kamen, sahen sie Barber umringt von drei Beamten auf dem Bett sitzen. Seine Haare waren noch feucht und im angrenzenden Badezimmer sah man noch feuchten Dampf. Sie hatten ihn wohl direkt unter der Dusche erwischt. Er hatte nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen.
Einige Kollegen untersuchten das ganze Haus auf Drogen, hatten bisher aber nichts gefunden. Nur unter dem Schrank hatten die Kollegen ein Päckchen hervorgeholt. Eine Ecke des in Plastik verpackten Pulvers war geöffnet und man sah deutlich, wie ein Teil davon bereits fehlte. Das sah gar nicht gut für Barber aus. Spears irritierte der Gesichtsausdruck des Sergeants. Er schien das völlig gelassen hinzunehmen und war die Ruhe in Person. Wie auf einer Sommerparty wischte, er sich die Feuchtigkeit, die ihm von den Haaren ins Gesicht lief, aus dem Gesicht. Die Beamten vor ihm kannte er sogar und hielt ein bisschen Smalltalk. Die ganze Gruppe schien zu scherzen, denn die Beamten grinsten fröhlich.
Als er die Agents des FBI sah, bot er ihnen sogleich einen Sitzplatz an. Knight und seine Kollegin verzichteten allerdings darauf. Sie erachteten den Sergeant immer noch als schuldig. Die Beweise lagen ja direkt vor dem Schrank auf dem Boden. Spears trat auf das Päckchen zu, ging in die Hocke und schaute sich das Pulver etwas genauer an. Was sie dort sah, erinnerte zwar an die berühmte Droge, konnte es allerdings kaum sein. Crystal Meth waren eher gröbere Kristalle als das in dem Paket. Für Heroin oder eine andere gebräuchliche Droge auf dem Markt allerdings zu grobkörnig. Etwas in ihr zweifelte ernsthaft daran, dass die Kollegen hier das gefunden hatten, was sie erwarteten.
Vorsichtig tippte sie mit dem Finger in die Substanz des Päckchens. Einige Kristalle blieben auf der Fingerspitze hängen. Spears drehte sich zum Licht und besah sich die Körner auf ihrer Fingerspitze. Das konnte beim besten Willen kein Crystal Meth sein. Die Kristalle waren eher bräunlich als Transparent wie sie es eigentlich sein sollten, wenn es die Droge war. Die ganze Struktur war anders. Während Crystal Meth eigentlich längliche Kristalle bildete, waren das hier grobe und eckige Körner. Sie konnte sie auch nicht einfach zwischen den Fingern zerreiben. Langsam führte sie den Finger an ihre Nase und roch vorsichtig daran. Sie musste schmunzeln. Das, was sie da zwischen ihren Fingern hatte, war die gebräuchlichste und verbreitetste Droge weltweit. Um ganz sicherzugehen, tippte sie den Finger auf ihre Zunge.
Spears erhob sich wieder und stellte sich neben ihren Kollegen. Dann fragte sie, »Haben sie sonst noch etwas gefunden?«
»Bisher nicht, aber wir sind auch noch nicht fertig«, bekam sie vom leitenden Beamten mitgeteilt.
»Ich denke sie können die Durchsuchung aufgeben. Ich habe zwar schon viele Orte gesehen, an denen man Kandiszucker aufbewahrt, aber unter dem Kleiderschrank ist mir neu.«
»Kandiszucker?«, fragten Knight und der leitende Beamte wie aus einem Mund.
»Ja! Vielleicht feiert ihr Kollege gerne Teepartys in seinem Schlafzimmer während er sich mit einer Dame vergnügt. Ich habe schon so ziemlich alles gesehen, was es für Vorlieben in diesem Bereich gibt. Das ist natürlich sehr ungewöhnlich, aber nicht verboten. Zumindest fällt mir jetzt kein Bundesstaat unseres Landes ein, in dem Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen mit einem Tee verboten wäre«, erklärte sie grinsend, während ihr Kollege ebenfalls neben dem gefundenen Plastikpäckchen auf die Knie sank und sich den Inhalt ansah.
Auch er tippte sich einige Kristalle auf die Zunge und schmeckte, bevor er niedergeschlagen bestätigte, »Das ist tatsächlich Kandiszucker.«
Barber gluckste auf seinem Bett und fing an zu lachen. »Verhaftet ihr mich jetzt, weil ich Kandiszucker in meinem Schlafzimmer habe, oder darf ich mir jetzt etwas anziehen?«
»Zucker ist kein Straftatbestand, Sergeant, allerdings sind wir mit der Durchsuchung noch nicht fertig«, beharrte der Einsatzleiter.
Spears griff ein »Hören sie auf mit dem Unfug. Die ganze Wohnung sieht aus wie geleckt. Wenn sie bis jetzt nichts gefunden haben, werden sie auch nirgendwo anders etwas finden. Sergeant Barber lächelt vergnügt in die Runde, weil er weiß, dass ihm nichts passieren kann. Außer Zucker wäre mittlerweile verboten worden, dann könnten sie ihm etwas vorwerfen. Das ist aber, laut meinem letzten Stand nicht der Fall, also haben sie absolut nichts gegen ihn in der Hand. Sex ist kein Verbrechen, Zucker überall erhältlich und Körperpflege schon überhaupt nicht. Packen sie ihre Kollegen ein und kümmern sich um andere Fälle!«
Der Einsatzleiter gab sich geschlagen und gab Anweisung zusammenzupacken und die Wohnung zu verlassen. Immerhin war Spears Bundesagentin des FBI und gegenüber ihm weisungsbefugt. Seine Kollegen packten ihr mitgebrachtes Equipment zusammen und schlenderten damit zum Ausgang. Der Einsatzleiter war, der letzte der ging und die beiden Agenten mit dem Sergeant alleine ließ. Spears folgte ihm in den Gang und forderte Barber auf, sich etwas anzuziehen. Dann schloss sie die Tür zum Schlafzimmer und die beiden Männer blieben alleine zurück. Wenige Minuten später öffnete Barber die Tür und kam mit ihrem Kollegen aus dem Schlafzimmer.
»Darf ich ihnen einen Kaffee anbieten?«, fragte er die Agenten.
Spears antwortete nach einem kurzen Blick zu ihrem Kollegen »Gerne. Aber bitte mit normalem Zucker, falls sie welchen haben.«
Barber lachte mit tiefer Stimme und bat die beiden in die Küche an den runden Tisch aus hellem Kiefernholz. Er begann frischen Kaffee aufzusetzen. Die Agenten setzten sich auf die Stühle. Ashleigh ergriff erneut das Wort und richtete eine erste Frage an Barber.
»Treiben ihre Kollegen öfter solche Scherze mit ihnen, Sergeant?«
»Eigentlich nicht. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wer daran ein Interesse haben sollte. Wir verstehen uns untereinander gut auf dem Revier, aber solche Scherze erlaubt sich keiner von uns. Die Beamten haben schon mehr als genug zu tun, da muss man nicht noch eilig eine Durchsuchung beim Staatsanwalt beantragen, ein Team zusammenstellen und dann eine Wohnung auseinandernehmen. Außerdem ist es kaum möglich während ich unterwegs bin hier einzusteigen ohne, dass ich es bemerke. Nur meine Nachbarin besitzt einen Schlüssel zu meiner Wohnung. Aber die ist derzeit gar nicht in der Nähe. Sie wurde letzte Woche mit Verdacht auf eine Lungenentzündung in die Klinik gebracht«, erklärte er freundlich, als der Duft nach frischem Kaffee die helle Küche eroberte. Dann fügte er hinzu, »Mir scheint eher, dass man versucht hat mir etwas anzuhängen. Allerdings ist mir nicht klar, warum man dazu Zucker in meinem Schlafzimmer verstecken sollte.«
»Genau das ist der Punkt, der mir auch unbegreiflich ist. Ein Dealer, der etwas gegen sie hat, würde wohl kaum Zucker verstecken, sondern eine ganze Anzahl verschiedener Drogen überall deponieren und dann auf dem Revier anrufen und ein Verbrechen melden.«
Barber drehte sich zu ihr um, lehnte sich an die Anrichte und fragte, »Jemand hat die Dienststelle angerufen und ein Verbrechen gemeldet?«
Cooper Knight erwachte aus seinen Tagträumen mit seiner Kollegin in der Hauptrolle, »Es gab einen Anruf auf der Nummer des Drogendezernats. Ein Officer hat ihn entgegengenommen und die erforderlichen Schritte eingeleitet. Der Anrufer hat auch explizit auf das Schlafzimmer verwiesen, wo die Drogen angeblich liegen würden. Man hat den Anruf schon zurückverfolgt. Laut Auskunft der Technik kam der Anruf aus Fayetteville in Arkansas.«
Der Sergeant überlegte eine Sekunde, »Schon wieder ein Anruf. Lassen Sie mich raten. Der Anrufer wollte anonym bleiben und mich nur anschwärzen. Natürlich nur ganz zufällig, wenn gerade sie vom FBI bei uns auftauchen. Bei Nash war es ebenfalls so ein Anruf, der uns auf die Spur gebracht hat. Irgendjemand verfolgt wohl das Ziel mich aus dem Weg zu räumen. Aber warum mit Kandiszucker? Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!«
»Wer war sonst noch in der Wohnung außer ihnen? Sie hatten heute Abend definitiv Besuch. Weiblichen Besuch wie ich vermute und hatten ein bisschen Spaß in der Horizontalen, wie ich am Zustand des Betts erkennen konnte«, wollte Spears wissen.
»Gute Ermittlungsarbeit Special Agentin Spears«, lobte Barber. »Sie haben recht. Ich war nicht alleine. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass mich einmal die Woche eine junge Dame besucht. Auf die näheren Details muss ich hoffentlich nicht eingehen.«
»Mal abgesehen davon, dass sie eine Prostituierte in Anspruch nehmen, was übrigens illegal ist, geht es mir darum aufzuklären, warum man zu solchen Mitteln greift. Ganz zu schweigen von der Unfähigkeit, wenn man statt einer Droge Kandiszucker versteckt. Angenommen, der Fall Edwin Nash und dieses Schauspiel hier gehören zusammen, muss die Dame, die sie regelmäßig besucht, darin verwickelt sein. Eine andere Möglichkeit würde mir auf die Schnelle jetzt nicht einfallen. Wie heißt die Dame, wo arbeitet sie und wo ist sie zu finden?«, fragte Spears ganz offen heraus.
Barber wollte das nicht einfach so beantworten. Es war ihm mehr als unangenehm von der FBI Agentin ertappt worden zu sein. Wenn sie das wüssten, könnte er auch gleich einen Aushang auf dem Revier machen. Allerdings war es offensichtlich, dass seine bevorzugte Servicemitarbeiterin etwas damit zu tun haben musste und er es nicht mehr verschweigen durfte. Deswegen erzählte er ganz offen davon, dass aufgrund seines Jobs nicht viel Zeit für eine Beziehung blieb. Seine erste Ehe war am Zeitmangel zerbrochen und durch die vielen Schichten auf dem Revier gelang es ihm nicht eine andere Dame für sich zu begeistern. Natürlich hatte er, wie jeder andere Mensch auch, das Bedürfnis nach Körperkontakt und Nähe. Sein Gehalt war zwar nicht sehr üppig, aber einmal die Woche leistete er sich eine junge Frau aus diesem Gewerbe. Sie nannte sich Madeleine und arbeitete auf freiwilliger Basis bei Emma Reed. Ihr Etablissement war nicht ortsgebunden. Sie unterhielt außerhalb Portlands mehrere kleinere wirklich heruntergekommene Läden und tarnte sie als Bar.
Sie selbst leitete ihre Geschäfte über das Internet und Telefon. Wo sie allerdings ihre Unterkunft hatte, wusste niemand. Spears wollte nicht glauben, dass man ihren Aufenthaltsort nicht ganz einfach herausfinden konnte. Eine Abfrage der Telefongesellschaft oder der IP Nummer ihres Computers waren eine Sache von wenigen Minuten. Barber fing an zu schmunzeln und erklärte, »Stellen sie sich das nicht so einfach vor. Emma Reed hat gute Verbindungen bis in die höchsten Kreise von Portland. Fragen Sie mal einen Staatsanwalt nach einem Beschluss. Das dauert keine Stunde bis sie eine Absage erhalten, weil die Beweise, die sie vorlegen, zu gering waren oder nicht ausreichen würden. Die Sitte hat schon die ganzen Ermittlungsakten der letzten Jahre vorgelegt, die alle auf Emma Reed hindeuteten, aber ein Beschluss blieb ihnen immer versagt.«
»Ich darf annehmen, dass die Staatsanwälte ebenfalls alleinstehende Männer sind?«, fragte Spears grinsend.
»Sehr gut geraten Agentin Spears. Aber leider falsch. Drei der vier Staatsanwälte sind verheiratet, inklusive des Oberstaatsanwalts.«
»Verstehe. Sie haben wohl Abends sehr lange im Büro zu tun und bearbeiten dort die Stressbälle in den Dekolletés der Damen. Falls die Ehefrauen davon erfahren, steigt die Scheidungsrate sprunghaft an. Darum will natürlich auch niemand, dass in diese Richtung ermittelt wird.«
Cooper Knight flüsterte seiner Kollegin etwas zu. Er wollte diese Aufräumarbeiten nicht auch noch erledigen. Spears dachte ein bisschen darüber nach, dann gab sie ihm einen Wink, der Zustimmung signalisierte. Cooper verließ daraufhin die Küche des Sergeants und zückte sein Telefon. Währenddessen unterhielten sich der Hausbesitzer und die Agentin weiter. Er erklärte ihr, dass auch viele hochrangige Politiker der Stadt in die Aktivitäten von Emma Reed verstrickt waren. Selbst der Bürgermeister der Stadt war bei ihren Angestellten als Kunde gelistet. Sozusagen hatte es Emma Reed im Laufe der Zeit geschafft alle wichtigen Stellen erfolgreich zu infiltrieren. Niemand traute sich in dieses Wespennest zu stechen.
Spears musste einsehen, dass in dieser Richtung einiges passieren musste. Eine Unternehmerin im Bereich der Prostitution kontrollierte die Stadt. Dieser ganze Sumpf musste trockengelegt werden. Es war nicht hinnehmbar von illegalen Aktivitäten, denen viele Entscheidungsträger verfallen waren, blockiert zu werden. Trotzdem brauchten sie die Hinweise dieser Madeleine, wer denn hinter dem Komplott gegen den Sergeant stand. Emma Reed fiel dabei aus. Sie konnte kaum ein Interesse daran haben, einen Kunden loszuwerden, der jede Woche eines ihrer Mädchen buchte. Laut Barbers Aussage hatte sie mit Drogen auch nichts Hut. Ihr Geschäft war ebenfalls illegal, aber die Strafen dafür waren weit niedriger. Barber gab aber auch zu, dass einige ihrer Mädchen, die sie kontrollierte, abhängig von diesem Zeug war. Sie verkauften ihre Körper, um an das benötigte Geld zu kommen, ihre Sucht zu finanzieren.