Kitabı oku: «Schwarzer Kokon», sayfa 4

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Nach einer guten Stunde, unterbrochen durch eine kurze Pause, in der Tumelo Zola übernahm, hatten sie es geschafft. Sie spürten die höhere Luftfeuchtigkeit und konnten durch das Gestrüpp hindurch das Ufer erkennen. Sam schlich voraus, dann duckte er sich ruckartig. Die anderen taten es ihm gleich. Vor ihnen, etwa fünfzig Schritte entfernt, patrouillierte eine Wache, ihnen den Rücken zugekehrt.

Sam dachte nach. Was, wenn er zum Schwarzen gehen und ihn durch ein Gespräch ablenken würde? Er hatte schon des Öfteren mit den Wachen geplaudert, wenn er an einem freien Sonntag mit seinem ›Kahn‹ auf den Fluss hinausfuhr, um Barsche zu angeln. Sicher, er war bekannt unter ihnen, doch würden sie misstrauisch werden, da es in der Woche war? Früher oder später hätte Mr. Baine davon erfahren und eins und eins zusammengezählt. Nein, sie mussten sich weiter rechts der Felder halten, um eine Lücke zwischen den Spähern zu finden.

Ihm kam seine kleine Barke in den Sinn. Sie würde sich für eine Flucht eignen, doch lag diese genau in entgegengesetzter Richtung, fest vertäut, mit Gestrüpp verdeckt am Ufer.

Leise schlich die kleine Gruppe flussaufwärts durch das Geäst, bis Sam den nächsten, ebenfalls bewaffneten Posten erspähte. Beide Wachen waren keine zweihundert Meter voneinander postiert, was es unmöglich machte, unentdeckt zum Ufer zu gelangen. Nur im Schutz der Dunkelheit würde das beinah aussichtslose Unterfangen vielleicht doch gelingen.

Sam wandte sich an Tumelo: »Wir müssen zurück und die Nacht abwarten. Mr. Baine darf nicht erfahren, dass wir hier waren.« Und an Aba und Zola gerichtet: »Geht weiter zurück ins Dickicht, ruht euch aus und kommt, wenn es dunkel wird. Tumelo und ich werden auch da sein. Versteckt euch so lange im Buschwerk.«

Dann rannten Sam und Tumelo los. Sie mussten wieder zur Stelle sein, bevor Baine zum Herrenhaus zurückkam. Während sie hetzten, drehten sich Sams Gedanken um Mr. Baine. Was, wenn er einen Suchtrupp nach den beiden zusammenstellt? Die Chancen von Aba und Zola waren minimal.

Das Imperium

Washington D. C.

Fredrik Haskins, alleiniger Inhaber der Haskins Warenhaus Corporation, deren imposante Kaufhallen in allen großen Städten der USA zu finden sind. Insgesamt arbeiten mehr als 12.000 Mitarbeiter in über 200 Filialen für die Haskins Warenhaus Corporation. Während die Verkaufsstätten in den beliebtesten und somit teuersten Einkaufsstraßen sehr gut platziert sind, befindet sich die Zentrale, mit riesigen Lagerhallen, außerhalb von Washington im circa dreißig Meilen entfernten Maryland.

Jedes Kind kennt den edlen Schriftzug Haskins Corp. in blauschwarz geschwungener Schrift auf gelbem Hintergrund. Alle Warenhäuser tragen die gleiche Handschrift und sind allesamt gleich konzipiert. Über mehrere Stockwerke verteilt werden Kleidung, Haushaltswaren sowie Lebensmittel angeboten. Sowohl der Mann als auch die handwerklich begabte Frau findet über mehrere Etagen hinweg einfach alles, was das Herz von ›Bob dem Baumeister‹ begehrt. Von der kleinsten Schraube bis hin zu großen Werkzeugmaschinen. Handel mit Baumaterial und Werkzeugen ist der historische Grundstock des über Generationen hinweg entstandenen Firmenimperiums.

Im obersten Geschoss hat man den Eindruck, unter freiem Himmel einzukaufen. Alle Außenwände als auch Teile des Daches sind verglast. Riesige Aufzüge mit getönten Scheiben transportieren einen Kunden schnell bis in die oberste Etage, will man es vermeiden, die oft mit Menschen dicht gedrängten Rolltreppen zu benutzen. Im Dachgeschoss angekommen, steht man inmitten der Lebensmittel- und Feinkostabteilung. Separate Feinkosttheken laden ein, köstlich zubereitete Speisen zu genießen.

Das Konzept – welches Fredriks erste Amtshandlung nach Übernahme der Firmenleitung war –, einzukaufen und gleichzeitig die Mittagspause bei einem Glas Wein gemütlich plaudernd verbringen zu können, war bestens aufgegangen.

Bereits mit 29 Jahren übernahm Fredrik das Firmenimperium von seinem Vater Valentin Haskins. Fredrik hatte ebenfalls, wie derzeit seine beiden Söhne Stephen und Marc, an der Georgetown University studiert, um als einer der Besten seines Jahrgangs abzuschließen. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Europa, wovon er über ein Jahr in Deutschland verbrachte, kam er früher als geplant zurück. Valentin Haskins erlitt zu dieser Zeit, im Alter von erst 72 Jahren, einen Schlaganfall und war seit diesem Schicksalsschlag halbseitig gelähmt.

Schnell verschaffte sich Fredrik durch seine direkte, ebenso bestimmende Art Respekt bei seinen führenden Angestellten. Eine einzige Kündigung war notwendig, um den Rest der Mannschaft in Hab-Acht-Stellung zu bringen. Sein sehr eloquentes wie auch älter wirkendes Auftreten, gepaart mit erfolgreichen Entscheidungen, war ausschlaggebend, rasch als angesehener Nachfolger seines Vaters akzeptiert zu werden.

Die Art zu reden, seine ganze Erscheinung, darüber hinaus die Mitgliedschaft in der Republikanischen Partei brachten ihn neben seiner beruflichen Karriere auch politisch auf die Überholspur. So wurde er 1999 in den United States Senate gewählt und vertritt seither, neben Senator Frank Brown, den Bundesstaat Columbia.

Die Frage der Todesstrafe

Fredrik verließ nach seinem Telefonat mit Chief Willson das Arbeitszimmer des dreihundert Quadratmeter großen Apartments. Seine Frau und er hatten es vor drei Jahren gekauft, zogen vom nahe gelegenen Alexandria, Virginia, direkt in die Nähe des Capitols, als abzusehen war, dass Haskins chancenreichster Kandidat auf den Senatorenposten des Bundesstaates Columbia war.

Mit hochgekrempelten Ärmeln stand Olivia in der Küche, knetete Teig und weißes Mehl staubte ihre Unterarme herauf.

»Sie haben Marc verhaftet«, sagte Fredrik kurz und knapp.

Olivia beendete die Massage des Teigs und sah Fredrik erstaunt an. »Wieso verhaftet? Im College?«

»Ganz sicher nicht im College! Dieser Idiot hat sich heute Morgen in einer Bar geprügelt und sich festnehmen lassen. Den anderen hat er so zusammengeschlagen, dass dieser ins Hospital eingeliefert werden musste.«

Besorgt nahm Olivia ein Handtuch und wischte sich grob das Mehl sowie restlichen Teig von ihren Händen. »War das der Anruf von eben?«

»Ja, ein Chief Willson von der USCP hat Marc in Gewahrsam und mir versichert, dass er die Presse raushalten will. Ich kann nur nicht sagen, ob er wirklich hält, was er verspricht. Ist ein arrogantes Arschloch am Telefon. Ich habe gleich Michael angerufen, aber der ist bei Gericht und erst wieder um 14 Uhr im Büro.«

»Und wo ist Marc jetzt?«

»Hinter Gittern, bei der USCP. Ich kann unmöglich zu ihm fahren. Da kann ich gleich die Washington Post anrufen. Könnte nicht vielleicht Stephen …«

»Stephen ist im College – denke ich.« Olivia überlegte, ob Stephen eventuell auch, statt im Hörsaal der Uni, gerade in einer Bar seinen Vormittag verbrachte. »Er wollte später kurz vorbeikommen, um nachmittags zu Susan zu fahren, sie hat heute Geburtstag. Ich backe gerade einen Kuchen für sie. Meinst du, es ist ratsam, Stephen zu Marc zu schicken?«

»Sicher hast du recht, das macht alles keinen Sinn. So ein Mist. Wie ein dahergelaufener Halbstarker, der sich mit asozialem Pack prügelt. Er ist verdammt noch mal der Sohn eines Senators der Vereinigten Staaten – Herrgott noch mal!« Fredrik redete sich in Rage.

»Wo ist Senator Brown?«, versuchte Olivia abzulenken.

»Eben gegangen, als der Anruf vom Police Department kam. Ich treffe ihn gleich nachher im Club.«

»Dann fahr du mal in den Club und versuche von unterwegs Michael zu erreichen. Ich bleibe hier, falls nochmals jemand wegen Marc anruft. Außerdem muss der Kuchen fertig werden und so weit ich es verstehe, können wir momentan sowieso nichts weiter unternehmen. Gib mir Bescheid, was Michael sagt. Soll ich vielleicht später zu Marc fahren?«

»Lieber nicht. Warten wir ab, was Michael vorschlägt. Besser, wenn er als Anwalt sich der Sache annimmt. Dann bleibt es hoffentlich unter dem Teppich. Ich reiße Marc den Kopf ab, wenn ich ihn in die Finger kriege!«

»Ja, ja.« Olivia schob Fredrik aus der Küche. »Fahr du jetzt in den Club, ich halte hier die Stellung.«

Fredrik gab Olivia einen Kuss und machte sich auf den Weg zum Club. Wie immer behielt Olivia auch in brenzligen Situationen die Nerven. Fredrik bewunderte sie insgeheim dafür.

Er hatte seine Frau am College kennengelernt. Auch heute noch war sie eine gut aussehende Frau Mitte vierzig und seit zwanzig Jahren mit ihm verheiratet. Als sie damals schwanger wurde, machte ihr Fredrik umgehend einen Heiratsantrag. Gemeinsam verbrachten sie zwei Jahre in Europa und ihre beiden Zwillinge, Marc und Stephen, kamen in Hamburg zur Welt. Die beiden waren keine eineiigen Zwillinge, sicher einer der Gründe ihrer völlig unterschiedlichen Charaktere.

Olivia buk weiter ihren Kuchen, indes sie über Marc und Stephen nachsann. Während Stephen ein Musterschüler war, hatte Marc stets Probleme mit seinen Noten. Stephen gab sich arrogant und trug stolz den Namen Haskins. Er ließ keine Situation aus, damit anzugeben, und Luxus war für ihn Lebenselixier. Auf viele wirkte er dadurch versnobt, doch es kümmerte ihn nicht.

Ganz anders Marc. Als Erstgeborener erblickte er eine Stunde vor Stephen die Neonlampe des Kreißsaals. Schon immer war er ein Kämpfer gewesen. Verbote stellten für ihn schier Anreiz dar, diese zu brechen. Jedoch war er tief in seinem Inneren ein Herz von einem Menschen. Dies betonte Olivia stets, wenn es mal wieder Probleme mit Marc gab. Und die gab es zuhauf. Es ging schon in der Vorschule los und zog sich bis zum heutigen Tag wie ein roter Faden.

Beide Brüder verband eine Art Hassliebe. Zwar war Marc schon als kleiner Junge stets zur Stelle, seinen jüngeren Bruder zu beschützen, selbst dann, wenn Vater laut schimpfend Strafen erteilte. Je älter die beiden allerdings wurden, desto mehr lebten sie sich auseinander. Stephens arrogante Art missfiel Marc mehr und mehr, Stephen wiederum tadelte Marcs, wie er es formulierte, ›Einstellung zum Leben‹. Um häufige Wortgefechte zu vermeiden, gingen beide in den letzten Jahren ihrer eigenen Wege.

Fredrik bog direkt in die Auffahrt zum Haupteingang des Oval Clubs. Seine Wagenschlüssel des Bentley Brooklands, Baujahr 1998, übergab er einem jungen Farbigen, der diesen in die mit Kameras überwachte Tiefgarage fuhr. Ein Butler begrüßte ihn mit Namen und öffnete die Eingangstüre des alten, im Kolonialstil eingerichteten Gebäudes, ganz in der Nähe der Union Station. Die hohen Decken der mächtigen Räume wurden von schweren Säulen getragen. Helle Wände neben viel dunklem Holz verliehen der Architektur eine sakrale Atmosphäre.

Um Mitglied des Oval Clubs zu werden (der Name wurde zu Ehren des Oval Office gewählt), waren vier Mitglieder des Clubs als Bürgen notwendig. Politiker, Unternehmer wie hochrangige Persönlichkeiten bildeten den Kern des Clubs und so manches Geschäft oder Gesetz wurde in diesen Räumlichkeiten zur Verabschiedung vorbereitet.

Fredrik durchschritt die Eingangshalle, die von einem riesigen, herabhängenden Lüster gekrönt wurde, und steuerte zu einem der hinteren Räume. Er betrat durch die vertäfelte Türe einen etwa achtzig Quadratmeter großen Raum mit schweren, braunen Ledersesseln und dunklen, massiven Tischen. Das Mobiliar war so angeordnet, dass man die Gespräche der anderen Mitglieder nicht mitverfolgen konnte. Neben der Eingangstüre saßen bereits Senator Brown sowie sein Assistent in einer Nische.

»Hallo, Fred, konntest du heute Vormittag alles klären?«, fragte Senator Brown gleich zur Begrüßung.

»Danke, Frank, alles bestens.«

Fredrik füllte ein Glas der kleinen Bar bis zum Rand mit Eiswürfeln und goss einen Schluck Bourbon ein. Sodann machte er es sich in einem alten Ledersessel bequem und schlug seine Knie übereinander.

»Also, Fred, was gedenkst du zu tun?« Brown sah Fredrik fragend an.

»Eine echt heikle Situation«, antwortete Fredrik, nippte kurz am Bourbon, dann führte er weiter aus. »Stehen wir im Fall Sanders hinter der Todesstrafe, haben wir sicherlich die USCP sowie einen Großteil der weißen Wählerschaft hinter uns. Wehren wir uns dagegen, versuchen wir gar Einfluss auf die Entscheidung des Bundesrichters zu nehmen, könnten wir uns eine Menge Ärger einhandeln.«

»Aber das Video?«, gab Brown zu bedenken.

»Bis jetzt hat es noch keiner zu Gesicht bekommen und was beweist es schon?«

»Fred, es zeigt, dass der Polizist zuerst geschossen hat! Meines Erachtens war es Notwehr, als der Neger, nachdem er am Bein getroffen wurde, zugestochen hat. Noch dazu sieht man zu gut, wie der Cop nach dem ersten Schuss dem verletzten Neger die Waffe direkt an den Kopf gehalten hat. Das verstößt eindeutig gegen alle Regeln!«

»Frank, die Cops setzen täglich ihr Leben aufs Spiel. Kannst du einen guten und einen schlechten Nigger unterscheiden? Die haben doch alle die gleichen Klamotten an. Also Frank, was haben wir? Einmal die Videobänder aus dem Store, die den Neger beim Überfall zeigen. Dass er keine Waffe bei sich hatte, kann man nicht erkennen. Zum Zweiten die Aufnahme der Straßenkamera. Wird diese ignoriert, liegt der Fall zugunsten des Bundesrichters und der USCP. Wir hätten nur einzelne Verbände gegen uns, die für die Rechte der Schwarzen kämpfen. Die spielen bei den nächsten Wahlen keine bedeutende Rolle.«

Fred legte eine kurze Pause ein: »Unsere weiße Wählerschicht wird es uns danken, wenn wir den Tod des Polizisten derart sühnen. Der Cop hat zwei Kinder im Alter von drei und fünf Jahren! Dennoch sollten wir klar den Aktivposten der Entscheidung aufs Bundesgericht legen. So sind wir weitestgehend aus dem Schussfeld.«

Frank Brown überlegte, während der Assistent schweigend angespannt dem Gespräch lauschte. »Okay, ich werde mit Richter Rudolph sprechen. Speziell auch über die Beweisvideos. Sollte allerdings das zweite Video herangezogen werden, fechten wir ein Todesurteil an.«

Frank Brown runzelte die Stirn. Das zweite Video, welches eindeutig den Polizisten mit der Schusswaffe am Kopf des Negers zeigte, war ein brandheißer Beweis und würde über Leben und Tod entscheidend sein.

»Lass uns das weiter diskutieren, wenn ich das Gespräch mit Richter Rudolph geführt habe«, sagte Brown.

Fredrik nickte, während er einen Blick auf seine Uhr warf. Es war bereits 14 : 30 Uhr und Michael müsste längst in seinem Büro sein. »Entschuldigt mich für einen Moment. Ich hab noch ein kurzes Gespräch, bin gleich wieder da.«

Fredrik durchquerte das Clubzimmer und trat hinaus auf einen großen Balkon. Er zückte sein Handy und wählte Michaels Nummer.

»Hallo, Fred!« Michael Thomson hatte Freds Mobilnummer erkannt. »Claire hat mir schon ausgerichtet, dass du angerufen hast. Du willst wohl eine Revanche für dein letztes 6 : 4? Da musst du schon Agassi mitbringen, um mich zu schlagen.« Michael lachte.

»Mike, Marc ist wieder mal in Schwierigkeiten und dieses Mal auch ich. Er hat’s übertrieben. Schwere Körperverletzung.«

»Wo ist er gerade?«

»USCP, ein Chief namens Willson. Ein arrogantes Aas, wenn du mich fragst.«

»Kenn ich«, sagte Michael. »Presse?«

»Bisher nicht. Willson hat mir zugesichert, dass er stillhält, aber auch klargemacht, dass er Marc nicht einfach gehen lässt, nur weil er das Söhnchen vom Senator ist.«

»Oder vielleicht gerade deswegen«, gab Michael zu bedenken. »Ich führe ein paar Telefonate und fahr anschließend ins Police Department. Wo bist du gerade?«

»Mit Senator Brown im Club. Soll ich nachher bei dir vorbeikommen?«

»Wart erst mal ab. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird. Mach dir vorerst keine Sorgen. Ich ruf dich an. Grüß mir Olivia.«

Michael hängte ein und Fredrik kehrte zurück zu seinen Parteifreunden.

Ein Schuldiger ist gefunden

Charleston, South Carolina, 1732

Clexton musste Aba und Zola unbedingt finden. Eskortiert von seinen zwei Vorarbeitern, schlug er, nachdem sie die Hütte leer vorgefunden hatten, den Weg zu den Plantagenfeldern ein. Insgeheim hoffte er, dass die beiden nicht auf den Feldern waren, sondern auf der Flucht. Wie auch sollte Zola in ihrem Zustand aufs Feld? Möglicherweise waren sie auch getrennt und allein Zola versteckt? Es galt, den Vorarbeiter ausfindig zu machen, welcher der Mutter dieser Schlampe zugeteilt war. In der Hoffnung, irgendetwas zu entdecken, blickte Clexton laufend um sich. Augenblicklich machte er halt.

»Sucht nach Zola und der Mutter. Wenn sie nicht auf den Feldern sind, findet mir denjenigen, der die Hütte der beiden beaufsichtigt, und kommt mit ihm sowie ein paar der Vorarbeiter sofort wieder her. Ich warte hier.«

Eine gute Stunde später standen die beiden Neger, gefolgt von einem Dutzend Farbiger, jedoch ohne Zola oder deren Mutter vor Clexton.

»Wo sind die Niggerschlampen?«, herrschte Clexton.

Verängstigte Blicke fielen auf einen der jüngeren Vorarbeiter.

Clexton trat einen Schritt auf ihn zu. »Wo?«

»Nix wissen«, gab dieser von sich, während Schweißperlen ihm über die Stirn liefen.

»Was nix wissen? Waren sie heute Morgen nicht in ihrer Hütte?«

»Nix wissen« neben irgendwelchen unverständlichen Sätzen, die Clexton nicht verstand, waren das Einzige, was der Verängstigte von sich gab.

»Was sagt er?«, fragte Clexton gereizt in die Runde.

»Er sagt, niemand heute Morgen in Hütte. Hütte war leer.«

Clexton missfiel die Übersetzung sichtlich. »Das kann nicht sein, das Schwein lügt. Ich werde ihn zum Sprechen bringen. Ihr beide, nehmt ihn mit zum Käfig. Ich selbst werde es aus ihm rausprügeln, bis er quiekt wie ein Schwein. Sagt ihm das!«

Grob packten zwei Farbige den jungen Neger an den Oberarmen und zerrten ihn davon. Ihr Ziel: der ›Schlund‹.

Ohne Zeit zu verlieren, organisierte Clexton einen Suchtrupp. »Ihr hier geht hinunter und gebt den Wachen Bescheid. Sie sollen das ganze Ufer absuchen sowie das Dickicht durchkämmen. Dort müssen sie irgendwo sein. Wenn ihr sie findet, sofort schießen. Ich will ihre Leichen am höchsten Ast baumeln sehen! Ihr beide geht mit mir zurück zu den Stallungen, um Fackeln zu holen. Die werden wir brauchen.« Beim Betrachten der verängstigten Neger wurde er sich wieder seiner eigenen Furcht vor ihnen bewusst. »Wenn ihr sie nicht findet, lass ich euch alle bis aufs Fleisch auspeitschen. Ihr Hurensöhne.«

Wutentbrannt drehte er sich um und machte sich auf den Rückweg zu den Stallungen.

Das Gewitter zieht auf

Sam und Tumelo gelangten keuchend ans Herrenhaus.

»Tumelo, geh ins Haus und mach deine Arbeit wie gewohnt. Wenn Mr. Baine dich fragt, sag ihm, du hast Zola nicht gefunden. Sag ihm, du hast mich gefragt und auch ich habe sie nicht gesehen. Mehr nicht, ist das klar?«

Tumelo nickte.

»Sobald es dunkel wird, treffen wir uns hinter den Stallungen. Bring etwas Verpflegung mit, so, dass man sie sich um den Bauch binden kann.«

Tumelo verschwand im Haus und Sam ging zu den Stallungen. Sein Blick richtete sich nach Westen, als er dunkle Gewitterwolken aufziehen sah. Auch das noch!, dachte Sam. Es war um diese Jahreszeit völlig untypisch, solch dunkle Wolken am Himmel zu sehen, die sich nun wie schwarzes Bergmassiv türmten. Meist brannte die Sonne und Regen stellte die große Ausnahme dar.

Sam widmete sich wieder seiner Arbeit, als er nach einer halben Stunde Mrs. Baine resoluten Schrittes kommen sah. »Sam, wo waren Sie?«, rief Veronika von Weitem.

»Hallo, Mrs. Baine. Ich war auf der Weide, eines der Pferde lahmt.«

»Haben Sie Zola gesehen? Tumelo hat mir bereits erzählt, Sie wüssten nichts, ich glaube Ihnen aber nicht!« Veronika sah Sam stur und ungläubig an. »Tumelo und Sie waren stundenlang weg, das kann doch kein Zufall sein!«

»Mrs. Baine, ich bitte um Entschuldigung, doch ich verstehe wirklich nicht, was Sie meinen.«

»Sam, Sie sind seit Jahren für uns tätig und ich weiß, dass Sie viele Ansichten und Entscheidungen meines Mannes nicht teilen. Genauso wenig, wie ich das tue«, fügte sie zu Sams Überraschung hinzu. »Mein Mann ist völlig außer sich, seit Zola verschwunden ist. Ich kann mir keinen Reim darauf machen, habe aber große Angst um Zola.«

Sam überlegte, während er einen weiteren Heuballen zur Seite schob. Sie war die Frau seines Chefs. Würde er sich ihr anvertrauen, wäre auch sie in Gefahr, obendrein war er sich ihrer Loyalität in diesem Moment nicht sicher.

»Wie gesagt, Mrs. Baine. Ich würde Ihnen sehr gerne behilflich sein, doch ich hab Zola nicht gesehen. Entschuldigen Sie mich, Mrs. Baine, es zieht ein Unwetter auf und ich habe zu tun, das Heu ins Trockene zu bringen.« Mit diesen Worten griff er unversehens nach einem Heuballen und ließ Veronika stehen.

Erneut stieg Wut in Veronika auf. Wurde sie denn von jedem übergangen? »Ich glaube Ihnen kein Wort, Sie sturer Bock. Wenn Zola etwas passiert und Sie hätten es verhindern können, mache ich Sie verantwortlich.« Der Satz war unlogisch, zugleich unüberlegt, das wusste Veronika, denn alle Entscheidungen traf einzig ihr Mann. Nicht sie und auch nicht Sam.

Tief und durchdringend grollte der erste Donner durchs Tal.

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
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