Kitabı oku: «Buchstäblichkeit und symbolische Deutung», sayfa 2

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In seiner Vorlesung vom 11. März 1981 sagte der französische Philosoph Michel FoucaultFoucault, Michel einmal: „Mir scheint, dass die Wirklichkeit, auf die sich ein Diskurs bezieht, welcher es auch sei, niemals den Grund für diesen Diskurs selbst darstellen kann”20. Foucault deutet sehr detailliert das Bild Dies ist keine PfeifeDies ist keine Pfeife (französicher Originaltitel: Ceci n’est pas une pipeCeci n’est pas une pipe) des Malers René MagritteMagritte, René (1898–1967). In seinem Essay Der Sinn der KunstDer Sinn der Kunst (1954) schreibt Magritte: „Der SinnSinn, das ist das Unmögliche für das mögliche Denken“, und: „Die Freiheit des Denkens ist das mögliche Denken des Sinns, das heißt das Denken des Unmöglichen.“21 Am 23. Mai 1966 schickt Magritte einen Brief an Foucault, der 1973 veröffentlicht wird und dem unter anderem eine Reproduktion seines Bilds Dies ist keine Pfeife beiliegt. Magritte notiert auf der Rückseite: „Der Titel widerspricht nicht der Zeichnung; er bestätigt auf andere Art“22. Hier geht es um die BedeutungBedeutung von Sinn bei der Bilddeutung und analog bei der TextdeutungTextdeutung. Magritte meint, sein Bild enthalte einen Sinn, den der Titel des Bilds in BuchstabenBuchstaben nicht wiedergebe. Der Titel Dies ist keine Pfeife entfalte nur in einem bestimmten Kontext Sinn, „der Kontext aber […] kann besagen, daß nichts konfus ist, außer dem Geist, der eine imaginäre Welt imaginiert“23. Foucault hat den Gedankenaustausch mit MagritteMagritte, René zum Anlass genommen, eine grundsätzliche Reflexion über den Status der Realität in der ÄsthetikÄsthetik zu verfassen. Dabei geht es auch um den Streit zwischen Nominalisten und Realisten in der Philosophie. Aber er schreibt keine philosophiehistorische Abhandlung, sondern er reflektiert über die Eigenart des Bildes im Verhältnis zum TextText. Vor dieser Folie diskutiert er Magrittes Bild Ceci n’est pas une pipeCeci n’est pas une pipe24 und macht dabei bemerkenswerte kunsthistorische Beobachtungen. „Der Text darf dem betrachtenden Subjekt, das Schauer ist, nicht Leser, nichts sagen; ist ein Wort erkannt, ein Satz verstanden, so verflüchtigen sich auch alle anderen graphischen Zeichen mitsamt der sichtbaren Fülle der Form und lassen nur die lineare, sukzessive Abfolge des Sinns übrig“25, schreibt er. Dagegen ließe sich einwenden, dass jede*r Betrachter*in immer zugleich auch Leser*in ist, dafür bürgt schon die kulturelle Prägung. Insofern müssen diese Worte weniger apodiktisch verstanden werden, als sie bei der Lektüre wirken mögen. Bei einem Bild seien BuchstabenBuchstaben immer „nur das Bild von Buchstaben“26. Wie sieht dann aber ein Urbild von Buchstaben aus? Das bleibt unklar. Über Magrittes Pfeifenbild sagt FoucaultFoucault, Michel, dass der geschriebene Text („dies ist keine Pfeife“) genau der Abbildung eines geschriebenen Textes ähnele.27 Das Repräsentationssystem durch Ähnlichkeit verschränke sich in der Kunstgeschichte mit dem Referenzsystem durch Zeichen zu einem einzigen und einzigartigen Gewebe.28 Und Gewebe, so lässt sich ergänzen, ist lateinisch textus, ist Text. RepräsentationRepräsentation und ReferenzReferenz würden einen neuen Text generieren, der als Bild-Text erscheine. Stellen wir die hypothetische Frage: Wie wäre es demnach zu verstehen, wenn ein Bild behauptet: ich bin kein Buch, aber das Bild eines Buches darstellt? Auch so ließe sich Paul KleesKlee, Paul Offenes BuchOffenes Buch lesen. Wenn Foucault sagt: „ein Gemälde kann von einem Text beherrscht werden, dessen Bedeutungen es nur in Figuren umsetzt“29, dann lässt sich dies ohne Einschränkungen auf Klees Bild Offenes Buch übertragen. Klee braucht keinen Text, denn das Bild ist der Text. Im dritten Teil seiner Schrift macht Foucault auf zwei Prinzipien aufmerksam, welche die abendländische Malerei zwischen dem 15. und dem 20. Jahrhundert kennzeichnen. Das sei einmal die „Trennung zwischen figürlicher Darstellung […] und sprachlicher Referenz“30. Erst durch Klee, KandinskyKandinsky, Wassily und MagritteMagritte, René würde dieses Prinzip in Frage gestellt. Und zum zweiten sei es das Prinzip der Äquivalenz zwischen Ähnlichkeit und RepräsentationRepräsentation.31 Dabei sei es nicht entscheidend, ob das Bild auf etwas Sichtbares verweise oder ob es etwas Unsichtbares, mithin Fiktives, erzeuge, das ihr gleiche, weil Ähnlichkeit und Affirmation nicht zu trennen seien. „Klees Bilder zerlegen die Malerei […] in ihre Elemente und fügen sie zusammen; diese Elemente mögen zwar einfach sein, aber sie basieren auf dem ganzen Wissen der Malerei und sind davon durchdrungen“32. In einem Gespräch aus dem Jahr 1966 bekennt FoucaultFoucault, Michel, Klees Malerei sei „eine Malerei, die wieder Besitz vom Wissen um ihre grundlegendsten Elemente ergriffen hat. Genau diese scheinbar einfachsten, spontansten Elemente, selbst jene, die nicht erscheinen und niemals erscheinen sollten, macht Klee auf dem Bild sichtbar“33. Für Foucault steht fest: „Klee schuf einen neuen Raum“34.

Ein DiskursDiskurs über die WirklichkeitWirklichkeit sagt nichts über die Wirklichkeit des Diskurses aus, ein Diskurs über ein Bild ist nicht der Beleg dafür, dass diese diskursive DeutungDeutung des Bildes auch tatsächlich dessen Wirklichkeit repräsentiert. „Es gibt keine grundlegende ontologische Zugehörigkeit zwischen der Wirklichkeit eines Diskurses, seiner Existenz, selbst der Existenz von Diskursen, die den Anspruch erheben, die Wahrheit zu sagen, und dann der Wirklichkeit, von der er spricht“35. Deshalb schwächt Foucault auch den Wahrheitsanspruch eines Diskurses, indem er sprachlich ein anderes Bild wählt. „Was kann der Diskurs dann legitimerweise anderes sein als ein behutsames Lesen? Die Dinge murmeln bereits einen Sinn, den unsere Sprache nur noch zu heben braucht“36. Am Ende seiner Abhandlung stellt er nochmals klar, dass es bei seiner Methode der Diskursanalyse nicht um den Nachweis oder gar die Rettung einer wie auch immer gearteten „Universalität eines SinnsSinn“ oder um eine „Monarchie des Signifikanten“ geht.37 Das wird bei aller Kritik an Foucaults Diskursanalyse oft übersehen. In dem Essay Die Sprache, unendlichDie Sprache, unendlich (1963) schreibt FoucaultFoucault, Michel, SchriftSchrift sei Verdopplung, da sie die phonetischen Elemente und nicht das Signifikat repräsentiere, während das Ideogramm direkte Repräsentation des Signifikats sei.

„Für die abendländische KulturKultur hieß schreiben, sich von Beginn an in den virtuellen Raum der Selbstrepräsentation und der Verdopplung zu stellen; wenn die Schrift nicht das Ding, sondern das Sprechen repräsentiert, dann würde das sprachliche Kunstwerk nichts anderes tun als sich tiefer in diese ungreifbare Dichte des Spiegels vorzuwagen; es würde das Doppel dieses Doppels hervorbringen, welches die Schrift seit jeher ist, auf die Weise ein mögliches und unmögliches Unendliches entdecken; […] Diese Anwesenheit des in der Schrift wiederholten Sprechens gibt dem, was wir ein Werk nennen, zweifelsohne einen ontologischen Status, der jenen Kulturen unbekannt ist, in denen es, wenn man schreibt, die Sache selbst ist, die man bezeichnet, als eigenen Körper, sichtbar, und auf hartnäckige Weise unempfänglich für die Zeit“38.

Sollten wir darauf mit den Worten des dritten JohannesbriefsJohannesbrief antworten: „ich hätte dir viel zu schreiben“ (3. Joh 13)?

Susan SontagSontag, Susan hat 1964 in ihrem epochemachenden Essay Against InterpretationAgainst Interpretation provokant gefordert: „Statt einer HermeneutikHermeneutik brauchen wir eine Erotik der Kunst“39. Auch wenn dies einem bewusst zugespitzten und zudem eher unerfüllbaren Postulat gleicht, es skaliert doch das Verhältnis von TextText und TextdeutungTextdeutung neu. „Die InterpretationInterpretation basiert demnach auf einer Diskrepanz zwischen der offensichtlichen BedeutungBedeutung des Textes und den Ansprüchen des (späteren) Lesers“40. Ist diese offensichtliche Bedeutung des Textes dessen BuchstäblichkeitBuchstäblichkeit? Denn wie kann ansonsten eine weitere, andere Bedeutung des Textes offensichtlich sein, da sie ja erst durch die DeutungDeutung gefunden werden muss? Sontag fordert eine Interpretation modernen Stils, die hinter dem eigentlichen Text nach einem „Untertext“41 gräbt, den sie als eigentlichen Text anerkennt. „Verstehen heißt interpretieren“42 und das wiederum bedeutet, „die Welt arm und leer machen – um eine Schattenwelt der ‚Bedeutungen‘ zu errichten“43. Die Reduktion eines Kunstwerks auf seinen Inhalt, die nur diesen interpretiert, gleiche einer Zähmung des Kunstwerks. Diese Selbsttechnik (so wird es FoucaultFoucault, Michel später nennen) der InterpretationInterpretation als einer DisziplinierungDisziplinierung des Kunstwerks hatte in der Kunst- und LiteraturgeschichteLiteraturgeschichte, in der KulturgeschichteKulturgeschichte insgesamt fatale Folgen. Diese Art der disziplinierenden Interpretation, die nur auf die inhaltlichen Merkmale abhebt, ist Ausdruck einer Gewalteinwirkung auf das Kunstwerks und macht dieses in der Lesart SontagsSontag, Susan zum reinen Gebrauchsgegenstand. Der Untertext vieler Kunstwerke ging verloren, wurde unterdrückt und wich in subversive Deutungen aus. Erst die erfrischende Neugier des modernen Subjekts gewann den Mut zum Untertext wieder zurück und dafür steht, so kann man hinzufügen, in der Kunst das Werk Paul KleesKlee, Paul, ganz besonders das Bild Offenes BuchOffenes Buch. Sontag greift sogar auf religiöses Vokabular zurück, um die Not des Kunstwerks (oder vielleicht auch die Angst des Kunstwerks vor der Interpretation?) zu betonen, wenn sie von einer regelrechten Heimsuchung des Kunstwerks durch die Interpretation spricht.44 Sie formuliert ihr Plädoyer dafür, die Bedeutung der Inhalte einzuschränken und stattdessen „mehr zu sehen, mehr zu hören und mehr zu fühlen“45. Damit kommt wieder die Rolle des*r Rezipienten*in ins Spiel, der*die über den Positivismus der BuchstäblichkeitBuchstäblichkeit hinaus nach den Untertexten – oder besser: nach den Hintertexten – eines TextesText gräbt. Dass Sontag dies mit dem Appell auf den Verzicht von jeglicher DeutungDeutung verknüpft, ist deutlich über das Ziel hinausgeschossen, eingedenk der Tatsache, dass Interpretieren stets die Verbindung von Beschreiben und Deuten ist. Man kann aber Sontags anregende Provokationen zum Anlass nehmen, neu über das Verhältnis von Kunst oder Text und Deutung nachzudenken.

Während seiner Zeit als Bauhaus-Dozent schrieb Paul KleeKlee, Paul einen Essay mit dem Titel exakte versuche im bereich der kunstexakte versuche im bereich der kunst, der zuerst in der Bauhauszeitschrift von 1928 erschienen ist. Darin heißt es: „man lernt hinter die fassade sehen, ein ding an der wurzel fassen. man lernt erkennen, was darunter strömt, lernt die vorgeschichte des sichtbaren. lernt in die tiefe graben, lernt bloßlegen. lernt begründen, lernt analysieren.“46 Die knappste Formel von Klees Autopoetik ist sein vielfach zitiertes Wort: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar.“Klee, Paul47 Das wirft insgesamt eine fundamentale Frage auf. Ist es für eine DeutungDeutung entscheidend, welche Intention eine Künstlerin oder ein Künstler mit ihren Kunstwerken verknüpfen? Ist im Rahmen der Literaturwissenschaft tatsächlich für die Deutung entscheidend, welches die AutorintentionAutorintention des TextesText ist? Der Schriftsteller D.H. LawrenceLawrence, D.H. bringt es auf den Punkt in seinem Aperçu: „Never trust the artist. Trust the tale“48, und rückt damit das generelle Misstrauen gegenüber den Selbstaussagen, Selbstexplikationen und Autopoetologien der Autoren und Autorinnen in den Fokus. Zugleich aber macht dieses Zitat ein entscheidendes Problem deutlich oder eben sichtbar, es ist die Tatsache, dass etwas in einem Bild enthalten sein muss, das etwas anderes sichtbar macht. Die Frage nach dem Ort dieses Anderen bleibt, ist er im Bild oder außerhalb des Bildes? Ist das hermeneutischHermeneutik intrinsisch oder hermeneutisch extrinsisch zu verstehen? Angenommen HölderlinHölderlin, Friedrich hätte recht, und wir wären wirklich nur deutungslose Zeichen (wie er in der zweiten Fassung des zwischen 1802 und 1806 entstandenen Gedichts Mnemosyne schreibt), so hieße das, wir könnten gedeutet werden, wir sind Objekte der DeutungDeutung, zugleich sind wir aber als Deutende auch deren Subjekte. Objekt und Subjekt zugleich – das ist nicht nur ein logischer Widerspruch von Deutung und DeutbarkeitDeutbarkeit, sondern führt uns an die Grenzen des Vorstellbaren. Anders ist es mit Texten. Wenn Texte deutungslos wären, könnten sie dennoch von uns gedeutet werden. Sie sind aber niemals selbst Subjekte der Deutung, sondern immer nur deren Objekt. Insofern ist Deutung intentional. Und sie ist das, was nach CassirersCassirer, Ernst Verständnis den Menschen ausmacht: „Es ist das symbolischesymbolisch Denken, das die natürliche Trägheit des Menschen überwindet und ihn mit einer neuen Fähigkeit ausstattet, der Fähigkeit, sein Universum immerfort umzugestalten“49.

Das Modell POIKAIPOIKAI

Mit dieser KULTURGESCHICHTE DER LITERATURKULTURGESCHICHTE DER LITERATUR soll die Diskussion im Fach über die Möglichkeiten einer kulturgeschichtlichen Germanistik weiter fundiert werden. Ausgehend von einem ursprünglich sozialgeschichtlichenSozialgeschichte Paradigma, wie es in der Germanistik seit den 1970er-Jahren bis über die Jahrtausendwende hinaus methodologisch diskutiert1 und dessen Ende immer wieder konstatiert wurde2, nehme ich in dieser KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR eine Erweiterung und Neufundierung der theoretischen Rahmenbedingungen sowie eine deutliche inhaltliche Ausweitung vor. Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR ist das Ergebnis des Selbstverständnisses von LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft als einer Kulturwissenschaft. Denn obwohl immer wieder über das Ende der Sozialgeschichte in der Literaturwissenschaft spekuliert wurde, ist es doch unübersehbar, dass die Diskussion um die methodologische Neuorientierung und die thematische Erweiterung des Fachs Germanistik bzw. der Neueren deutschen Literaturwissenschaft zu einer Kulturwissenschaft weitergeführt wurde, längst spricht man vom cultural turn.3 Der Legitimationsdruck, dem die Geisteswissenschaften im Allgemeinen und dem die Literaturwissenschaft im Besonderen von den 1990er-Jahren bis zum ersten Dezennium des 21. Jahrhunderts ausgesetzt waren, führte letztlich zu einer disziplinären Neuorientierung. Der Leitbegriff von Kulturwissenschaft wirkte theoriestimulierend und in der Folge der Theoriestimulation auch transferstimulierend als transdisziplinäre Diskurserweiterung. Dieser Theorietransfer generierte schließlich Forschungsimpulse. Dies kann letztlich zu einem Paradigmenwechsel in den Geisteswissenschaften führen.

Eine KULTURGESCHICHTE DER LITERATURKULTURGESCHICHTE DER LITERATUR ist keine Ereignisgeschichte, sondern Prozessgeschichte. Darin unterscheidet sie sich von herkömmlichen Literaturgeschichten. Sie rekonstruiert nicht LiteraturgeschichteLiteraturgeschichte, sondern sie fragt nach der Bedeutung und FunktionFunktion der LiteraturLiteratur im kulturellen Prozess. Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR ist wesentlich mehr als reine Rezeptionsforschung, sie bewahrt die klassische Trias von ProduktionProduktion, DistributionDistribution und RezeptionRezeption von Literatur als wechselseitige Bedingungsfaktoren für die gesellschaftliche Aufgabe und Bedeutung der Literatur. Sie setzt sich dabei mit der Kritik an hermeneutischenHermeneutik Positionen und mit den Problemen einer positivistischen Selbstexplikation auseinander. Damit leistet eine kulturwissenschaftlich orientierte LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft einen Modernisierungsimpuls in dieser Disziplin, und die KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR wird zum Bindeglied zwischen der Literaturwissenschaft als einer interpretatorischen Textwissenschaft und einer Kulturwissenschaft, welche die kulturellen Praktiken und sozialen Gebrauchsweisen von Literatur berücksichtigt, deren Themen von Fragen der Handschriftenüberlieferung bis zur Medienkonkurrenz unserer Tage reichen.

Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR untersucht die Bedingungen, die Funktion und die Bedeutung der Produktion, der Distribution, der Rezeption und der TransformationTransformation von Literatur, den historischen Wandel von literaler Kommunikation am Beispiel literarischer Texte, die Veränderung von KulturtechnikenKulturtechnik (das impliziert Arbeiten zu Hypertexten ebenso wie Untersuchungen zur Geschichte des Lesens und Schreibens), den gesellschaftlich-historisch bedingten MedienwechselMedienwechsel und den kulturellen Prozess mit kulturgeschichtlichenKulturgeschichte, religionsgeschichtlichen, mediengeschichtlichen oder spezifisch literaturgeschichtlichenLiteraturgeschichte Fragestellungen. Eine KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR untersucht die Mündlichkeit, die Schriftlichkeit (Hand- und Druckschriftlichkeit) und die Bildlichkeit von Literatur. Sie fragt dabei jeweils nach den Bedingungen der Produktion, der Distribution, der Rezeption und der Transformation von Literatur. Im Hinblick auf die ProduktionProduktion erfordert die KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR Kenntnisse und Fertigkeiten der archivalischen Forschung und der editorischen Praxis, Aspekte der Handschriftenkunde sind ihr ebenso wichtig wie Aspekte der Textüberlieferung, der Entstehungsgeschichte und Druckgeschichte des Werks, der Verlagsgeschichte. Ihr Gegenstand ist also nicht nur die Literatur im umgangssprachlichen Sinn, sondern auch die Archivalie, das Manuskript, der Brief, der Gebrauchstext, die Zeitschrift etc. Die DistributionDistribution betrifft Kommunikations- und Gebrauchsformen der Verbreitung von Literatur oder von literarischen Techniken wie beispielsweise Briefwechsel, Literaturkritiken, Buch- und Buchhandelsgeschichte, Institutionengeschichte, Zensurgeschichte, Fragen der Buchherstellung, des literarischen Lebens, der Lesegesellschaften, Büchereien, Bibliotheken etc. Die RezeptionRezeption bezieht sich vor allem auf den Bereich der Lektürepraxis sowie auf Form-Inhalt-Relationen. Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATURKulturgeschichte der Literatur operiert auf einer doppelten Ebene, sie beschreibt die Form und bestimmt den Inhalt, sie berücksichtigt die Außenfaktoren und die Binnenperspektiven eines Textes. Die TransformationTransformation von Literatur betrifft den MediensprungMediensprung der LiteraturLiteratur vom geschriebenen zum gesprochenen, zum inszenierten oder zum verbildlichten Text. Die Transformation zielt auf die Einschreibung von Literatur in ein anderes Zeichensystem, das textlich oder nicht-textlich, analog oder digital sein kann. Damit wird die klassische methodologisch-kulturwissenschaftliche Trias von Produktion, Distribution und Rezeption von Literatur um die Transformation (den Mediensprung) von Literatur erweitert. Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR ist thematisch und disziplinär dialogfähig. Diese Dialogtransparenz betrifft die Theologie und Religionsgeschichte, die Wissens- und Diskursgeschichte, die Philosophie, die Theater- und Medienwissenschaft, die kulturwissenschaftliche Sprachwissenschaft und die Musikwissenschaft mit ihren je eigenen disziplinären Ausprägungen von Kulturwissenschaft.

Das Kerngerüst einer KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR ruht auf einem reflektierten Fundament, das Aussagen trifft über die Bedingungen und Möglichkeiten von Literatur. Drei Kernparadigmata sind dabei geltend zu machen, deren Ursprung in einer exakten Lektüre und der erweiternden Deutung ihres Ursprungs in der aristotelischenAristoteles Poetik liegt und die das Werk strukturieren: Die PoiesisPoiesis von LiteraturLiteratur, die KatharsisKatharsis von Literatur und die AisthesisAisthesis von Literatur. Die PoiesisPoiesis betrifft das Machen von Literatur, die Katharsis betrifft die WirkungPoetik (Aristoteles)Poetik (Aristoteles) von Literatur und die Aisthesis betrifft das Wahrnehmen und Darstellen von Literatur. Diese drei Paradigmata beziehen sich erstens auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Produktion, auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Distribution, auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Rezeption und auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Transformation der Poiesis von Literatur; zweitens auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Produktion, auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Distribution, auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Rezeption und auf die Bedingungen und Möglichkeiten der TransformationTransformation der KatharsisKatharsis von LiteraturLiteratur; und drittens auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Produktion, auf die Bedingungen und Möglichkeiten der DistributionDistribution, auf die Bedingungen und Möglichkeiten der RezeptionRezeption und auf die Bedingungen und Möglichkeiten der Transformation der AisthesisAisthesis von Literatur.

Für das Werk KULTURGESCHICHTE DER LITERATURKULTURGESCHICHTE DER LITERATUR hat sich im Laufe der Arbeit folgende konzeptuelle Struktur ergeben. In der Einleitung wird das Verständnis von PhilologiePhilologie als einer KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR diskutiert. Hier werden die grundlegenden Methodendiskussionen der Neueren deutschen LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft sowie Positionen der Nachbardisziplinen kritisch rekapituliert. Dieser Teil ist der Darlegung der Grundparadigmata von PoiesisPoiesis, KatharsisKatharsis und AisthesisAisthesis und ihrer Herleitung aus der aristotelischen Poetik gewidmet. Das Philologieverständnis von Friedrich SchlegelSchlegel, Friedrich mit seinem Begriff der ExperimentalphilologieExperimentalphilologie wird ebenso thematisiert wie theoretische Positionen zum Thema BuchstäblichkeitBuchstäblichkeit und DeutungDeutung, einschließlich der RezeptionstheorieRezeptionstheorie, kritisch gewürdigt werden. Der Begriff des PermatextesPermatext als eines kulturgeschichtlichKulturgeschichte beständigen Referenztextes wird am Beispiel der aristotelischenAristoteles Poetik neu in den wissenschaftlichen Diskurs eingeführt. Der DiskursDiskurs über DeutungDeutung und Bedeutung in der Literatur der ModerneModerne wird kritisch analysiert, die hermeneutischeHermeneutik Differenz der DeutungDeutung von fiktionalen und nicht-fiktionalen Texten sowie grundsätzlich die Möglichkeiten und Grenzen des Verstehens im Spannungsfeld von BuchstäblichkeitBuchstäblichkeit und symbolischer Deutungsymbolische Deutung werden problematisiert.

Aus diesem konzeptuellen Aufriss ergeben sich folgende Diskussionspunkte: Theoretischer Bezug und Methodendiskussion, Konzepte der Kulturgeschichtsschreibung, Buchstäblichkeit und Deutung in Sozialgeschichte, Poststrukturalismus, New Historicism, Dekonstruktion, Mikrophilologie, Rezeptionstheorie, Hermeneutik und in anderen Wissenschaftsdiskursen. Die Geschichte der literarischen HermeneutikHermeneutik wird dabei nur am Rande eine Rolle spielen, statt dessen liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung des Deutungsproblems (mehrfacher SchriftsinnSchriftsinn). Buchstäblichkeit und symbolische Deutung können als Strukturkonzept einer Kulturgeschichte gewonnen werden, das Kultur als TextKultur als Text und Kontext liest. Die Paradigmata von Poiesis, Katharsis und Aisthesis stellen dabei die Grundlegung dar. Der erste Teil (Poiesis) entfaltet den Gebrauch des Paradigmas der PoiesisPoiesis, hier wird PhilologiePhilologie als Überlieferungsgeschichte verstanden, was Aspekte der Handschriftengeschichte, der Druckgeschichte und der Editionsgeschichte literarischer Texte einschließt. Deren systematische Fundierung wird rekonstruiert und unter anderem an den Beispielen der aristotelischenAristoteles Poetik, GoethesGoethe, Johann Wolfgang WertherDie Leiden des jungen Werthers und am Thema der Autorschaft diskutiert. Der zweite Teil (Katharsis) widmet sich dem Gebrauch des Paradigmas der KatharsisKatharsis, hier wird Philologie als Wirkungsgeschichte verstanden, was Aspekte der Gattungsgeschichte, der Rezeptionsgeschichte und der Wissenschaftsgeschichte einschließt. Zur WirkungWirkung gehört nicht nur die affektive Wirksamkeit von LiteraturLiteratur, sondern auch die symbolischesymbolisch Deutungsmöglichkeit. Literatur entfaltet ihre Wirkung auch in ihrer DeutbarkeitPoetik (Aristoteles)Poetik (Aristoteles). Deutbarkeit ist ein wesentliches Merkmal der Wirkung von Literatur. Wirkungskonzepte vom MittelalterMittelalter bis in die Gegenwart werden an ausgesuchten Textbeispielen untersucht. Am Ende dieses Teils gehe ich explizit auf die Möglichkeiten der transdisziplinären Interaktion zwischen LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft und Musikwissenschaft u.a. am Beispiel von MozartMozart, Wolfgang Amadeus und MendelssohnMendelssohn, Moses ein. Der ChorChor als eine ästhetische Schnittstelle von literaler, musikaler und theatraler Kunst in Johann KlajsKlaj, Johann OratorienOratorien wird einer genauen kulturgeschichtlichenKulturgeschichte Re-Lektüre zwischen Textierung und NotationNotation unterzogen. Der dritte Teil (AisthesisAisthesis) entfaltet den Gebrauch des Paradigmas der Aisthesis, hier wird Philologie als Deutungsgeschichte verstanden, was Aspekte der LiteraturgeschichteLiteraturgeschichte, der transdisziplinären Diskursgeschichte, der Theorie- und Thesengeschichte bis hin zur Mikrogeschichte des Buchstäblichen am Beispiel von GoethesGoethe, Johann Wolfgang WertherDie Leiden des jungen Werthers, von CortázarCortázar, Julios RayuelaRayuela und von Lammellentexten einschließt. Die beispiellose Karriere des Möglichkeitsbegriffs in Literatur und Literaturwissenschaft unter dem Label des MimesisMimesispostulats, die Möglichkeiten der Textdeutung als InterpretationInterpretation kultureller Deutungsmusterkulturelle Deutungsmuster am Beispiel von Texten der Frühen NeuzeitFrühe Neuzeit, des BarockBarock, der AufklärungAufklärung, des Sturm und DrangSturm und Drang, des 19. Jahrhunderts und der klassischen ModerneModerne (EinsteinEinstein, Carl, MusilMusil, Robert, DöblinDöblin, Alfred) bilden die Referenzgrundlage.

Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATURKULTURGESCHICHTE DER LITERATUR bietet mitnichten eine Großtheorie. Ich versuche stattdessen den Term KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR als Metabegriff differenter kulturwissenschaftlicher Theorieprofile und Lösungsansätze geltend zu machen. Kulturgeschichte zeichnet sich dann durch eine Kombinatorik unterschiedlicher Selbstthematisierungsvorschläge aus.4 Dadurch will sich eine KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR ihre Anschlussfähigkeit an unterschiedliche Konzeptualisierungsformen von KulturKultur, von Kulturtheorie und von Kulturwissenschaft bewahren. Sie verfolgt das kulturgeschichtliche Kontextualisierungsgebot, sie festigt durch den Rekurs auf einen kontextualistischen Kulturbegriff das figurative Denken, sie kommentiert den Wandel textueller Kommunikation und sie erklärt die TransformationTransformation von KulturtechnikenKulturtechnik. Kulturwissenschaftlich zu arbeiten bedeutet, die Synergieeffekte von Theoriedebatten und Methodendiskussionen für die jeweilige Einzeldisziplin zu nutzen. Dieser kontextualistische Ansatz lotet die gemeinsame Schnittmenge von Text und KontextKontext auf der Gegenstandsebene und von DeutungDeutung und BedeutungBedeutung auf der methodologischen Ebene aus, sie bildet die Bezugsgrundlage sowohl in methodologischer als auch in gegenstandsspezifischer Hinsicht. Jeder Text hat einen Kontext, aber der Text ist nicht sein Kontext. Die Deutung eines Textes referiert auf die Bedeutung seines Kontextes und die Deutung eines Kontextes referiert auf die Bedeutung seines Textes. Die Deutung eines Textes erschöpft sich nicht in dem, was sein Kontext bedeutet, und die Bedeutung eines Textes erschließt sich nicht allein aus der Deutung seines Kontextes. Vielmehr erlangt der Text Bedeutung durch die Deutung seines Kontextes. Dabei geht es nicht um Deutung als einer ausschließlichen Rekonstruktion historischer BedeutungBedeutung, sondern die Bedeutung eines Textes liegt in der DeutungDeutung seines Kontextes, die selbst wiederumPoetik (Aristoteles)Poetik (Aristoteles) kontextabhängig, also historisch-kulturellen Veränderungen unterworfen ist. Das heißt, KulturKultur ist nicht TextText (das wäre gegen einen textualistischen Kulturbegriff vorzutragen)5, sondern Kultur ist KontextKontext, kulturwissenschaftliches Arbeiten ist kontextualistisches Arbeiten.6

Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATURKULTURGESCHICHTE DER LITERATUR arbeitet mit dem sogenannten erweiterten Literatur- und MedienbegriffMedienbegriff. Gegenstand der kulturwissenschaftlichen Forschung ist nicht ausschließlich die fiktionale LiteraturLiteratur, sondern auch die nicht-fiktionale. Expositorische Texte (Gebrauchstexte) haben hier dieselbe wissenschaftliche Valenz wie fiktionale Texte. Die KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR untersucht die Techniken und Praktiken kultureller Prozesse und deren literarischer Medien. Kulturelle Technik bedeutet allgemein die Bereitstellung der Techniken zur Ausbildung kultureller Identität, die informationell, medial, politisch-gesellschaftlich, sprachlich, regional, berufs- und tätigkeitsspezifisch, personal etc. erfolgen kann, wobei auch Aspekte materieller Volkskultur berücksichtigt werden. Kulturelle Praktiken meint die Festschreibung und Auflösung von Geschlechterdifferenzen, von Machtverhältnissen, von Mechanismen der Trivialisierung und Elitarisierung bzw. Kanonisierung von Literatur, die literarische Enkulturation, die mediale FunktionFunktion der Literatur im Sinne einer Vermittlung kultureller Standards, Verhaltens- und Bewusstseinsformen und generell die Funktionalisierung von Literatur zur Sicherung eines historisch-kulturellen Prozesses. Natur im Sinne einer Metapher als Buch zu lesen, ist uns lange geläufig. Nun aber wird dieser Blick umgekehrt, nicht die Natur erscheint als ein Text, sondern das, was der Fall ist (WittgensteinWittgenstein, Ludwig), die Kultur ist Text und Kontext gleichermaßen (insofern kann man von einem kon-textualistischen Kulturbegriff sprechen). Das ist der doppelte Blick der ModerneModerne, diesen Blick mit seinen historischen Entwicklungslinien erkennen zu können und verstehen zu lernen, ist die genuine Aufgabe einer KULTURGESCHICHTE DER LITERATUR.

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