Kitabı oku: «Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen», sayfa 3
Zwischen diesen äußersten Gegenpolen bewegten sich nun die mannigfachsten Uebergänge und Kombinationen. Denn die Religionen so wenig wie die Menschen waren ausgeklügelte Bücher. Sie waren historische, nicht logisch oder auch nur psychologisch widerspruchslos konstruierte, Gebilde. Sie ertrugen sehr oft in sich Motivenreihen, die, jede für sich konsequent verfolgt, den andern hätte in den Weg treten, oft ihnen schnurstracks zuwiderlaufen müssen. Die »Konsequenz« war hier die Ausnahme, und nicht die Regel. Die Heilswege und Heilsgüter waren aber auch in sich regelmäßig psychologisch nicht eindeutig. Auch der altchristliche Mönch und auch der Quäker hatten einen sehr starken kontemplativen Einschlag in ihrer Gottsuche: – aber der Gesamtinhalt ihrer Religiosität, vor allem der überweltliche Schöpfergott und die Art der Versicherung der Gnadengewißheit, wies sie immer wieder auf den Weg des Handelns. Und andrerseits: auch der buddhistische Mönch handelte: – nur wurde dies Handeln jeder konsequenten inner weltlichen Rationalisierung entzogen durch die letzte Orientierung des Heilsstrebens an der Flucht aus dem »Rad« der Wiedergeburten. Die Sektierer und andere Bruderschaften des okzidentalen Mittelalters: Träger der religiösen Durchdringung des Alltagslebens, fanden ihr Gegenbild in den eher noch universeller entwickelten Bruderschaften des Islam; auch die dafür typische Schicht: Kleinbürger und namentlich Handwerker, war beiderseits die gleiche, – aber der Geist der beiderseitigen Religiosität war sehr verschieden. Aeußerlich betrachtet, erscheinen zahlreiche hinduistische religiöse Gemeinschaften als »Sekten« ebensogut wie die des Okzidents, – aber das Heilsgut und die Art der Heilsvermittlung lagen nach radikal entgegengesetzter Richtung. – Die Beispiele sollen hier nicht weiter gehäuft werden, da wir ja die wichtigsten der großen Religionen individuell betrachten wollen. Diese sind untereinander weder in dieser noch in anderer Hinsicht einfach in eine Kette von Typen, deren jeder gegenüber dem andern eine neue »Stufe« bedeutet, einzugliedern. Sondern sie sind sämtlich historische Individuen höchst komplexer Art und erschöpfen, alle zusammen genommen, nur einen Bruchteil derjenigen möglichen Kombinationen, welche aus den sehr zahlreichen einzelnen dabei in Betracht kommenden Faktoren denkbarer weise gebildet werden könnten.
Es handelt sich bei den nachfolgenden Darlegungen also in keiner Art um eine systematische »Typologie« der Religionen. Andererseits freilich auch nicht um eine rein historische Arbeit. Sondern »typologisch« ist die nachstehende Darstellung in dem Sinne, daß sie das für den Zusammenhang mit den großen Gegensätzen der Wirtschafts gesinnung in typischer Art Wichtige an den historischen Realitäten der religiösen Ethiken betrachtet, und Anderes vernachlässigt. Nirgends beansprucht sie also ein voll abgerundetes Bild der dargestellten Religionen zu bieten. Sie muß diejenigen Züge, welche der einzelnen Religion im Gegensatz zu anderen eigen und zugleich für unsere Zusammenhänge wichtig sind, sehr stark herausheben. Eine von jenen besonderen Wichtigkeitsakzenten absehende Darstellung müßte diese gegenüber dem hier gezeichneten Bild oft mildern, fast immer aber noch andere hinzufügen und gelegentlich auch wohl nachdrücklicher, als es hier möglich wäre, zum Ausdruck bringen, daß – natürlich – alle qualitativen Gegensätze in der Realität letztlich sich irgendwie als rein quantitative Unterschiede der Mischungsverhältnisse von Einzelfaktoren auffassen lassen. Für uns hier wäre es aber höchst unfruchtbar, diese Selbstverständlichkeit immer neu betonen zu wollen.
Auch die für die Wirtschaftsethik wichtigen Züge der Religionen aber sollen uns hier wesentlich unter einem bestimmten Gesichtspunkt interessieren: in der Art ihrer Beziehung zum ökonomischen Rationalismus, und zwar – da auch dies noch nicht eindeutig ist – zum ökonomischen Rationalismus von demjenigen Typus, der den Okzident als eine Teilerscheinung der dort heimisch gewordenen Art der bürgerlichen Lebensrationalisierung seit dem 16. und 17. Jahrhundert zu beherrschen begann. Denn es ist hier vorweg noch einmal daran zu erinnern: daß »Rationalismus« etwas sehr Verschiedenes bedeuten kann. So schon: je nachdem dabei entweder an jene Art von Rationalisierung gedacht wird, wie sie etwa der denkende Systematiker mit dem Weltbild vornimmt: zunehmende theoretische Beherrschung der Realität durch zunehmend präzise abstrakte Begriffe, – oder vielmehr an die Rationalisierung im Sinne der methodischen Erreichung eines bestimmten gegebenen praktischen Zieles durch immer präzisere Berechnung der adäquaten Mittel. Beides sind sehr verschiedene Dinge trotz der letztlich untrennbaren Zusammengehörigkeit. Selbst innerhalb der denkenden Erfassung des Wirklichen scheiden sich ähnliche Typen: man hat die Unterschiede der englischen gegenüber der kontinentalen Physik auf sie zurückzuführen versucht. Jene Rationalisierung der Lebensführung aber, mit der wir es hier zu tun haben, kann ungemein verschiedene Formen annehmen. Der Konfuzianismus ist im Sinne des Fehlens jeder Metaphysik und fast aller Reste religiöser Verankerung: – so weitgehend, daß er an der äußersten Grenze dessen steht, was man überhaupt allenfalls noch eine »religiöse« Ethik nennen kann, – so rationalistisch und zugleich, im Sinne des Fehlens und der Verwerfung aller nicht utilitarischen Maßstäbe, so nüchtern, wie kein anderes der ethischen Systeme außer etwa demjenigen J. Benthams. Aber er ist von diesem und von allen okzidentalen Typen des praktischen Rationalismus ganz außerordentlich verschieden trotz fortwährender wirklicher und scheinbarer Analogien. »Rational« im Sinn des Glaubens an einen geltenden »Kanon« war das höchste Kunstideal der Renaissance, rationalistisch im Sinn der Ablehnung traditionaler Bindungen und des Glaubens an die Macht der naturalis ratio auch ihre Lebensbetrachtung trotz der Einschläge platonisierender Mystik. »Rational« in einem wieder ganz anderen Sinn: dem der »Planmäßigkeit«, war aber auch die Methode der Abtötungs- oder der magischen Askese oder Kontemplation in deren konsequentesten Formen, etwa im Yoga oder in den spätbuddhistischen Manipulationen mit Gebetsmaschinen. »Rational« teils im gleichen Sinn: der formalen Methodik, teils aber im Sinn der Unterscheidung von normativ »Geltendem« und empirisch Gegebenem, waren überhaupt alle Arten von praktischer Ethik, die systematisch und eindeutig an festen Heilszielen orientiert wurden. Diese, letztgenannte, Art von Rationalisierungsprozessen nun interessiert uns im folgenden. Der Versuch, ihre Kasuistik hier vorwegzunehmen, hätte keinen Sinn, da ja gerade diese Darstellung selbst einen Beitrag zu ihr liefern möchte.
Um dies zu können, muß sie sich aber eine Freiheit herausnehmen: »unhistorisch« in dem Sinne zu sein, daß die Ethik der einzelnen Religionen systematisch wesentlich einheitlicher dargestellt wird, als sie es im Fluß der Entwicklung jemals war. Es müssen hier eine Fülle von Gegensätzen, die innerhalb der einzelnen Religionen lebten, von Entwicklungsansätzen und Zweigentwicklungen beiseite gelassen und also die für uns wichtigen Züge oft in einer größeren logischen Geschlossenheit und Entwicklungslosigkeit vorgeführt werden, als sie in der Realität sich vorfanden. Diese Vereinfachung würde historisch »Falsches« dann ergeben, wenn sie willkürlich vorgenommen würde. Das aber ist, wenigstens der Absicht nach, nicht der Fall. Es sind vielmehr stets diejenigen Züge im Gesamtbilde einer Religion unterstrichen, welche für die Gestaltung der praktischen Lebensführung in ihren Unterschieden gegen andere Religionen die entscheidenden waren3.
Schließlich, ehe zur Sache gekommen wird, noch einige Vorbemerkungen zur Erklärung häufig wiederkehrender terminologischer Besonderheiten der Darstellung4.
Die religiösen Vergesellschaftungen und Gemeinschaften gehören bei voller Entwicklung zum Typus der Herrschaft sverbände: sie stellen »hierokratische« Verbände, d.h. solche dar, bei welchen die Herrschaftsgewalt durch das Monopol der Spendung oder Versagung von Heilsgütern gestützt wird. Alle Herrschaftsgewalten, profane wie religiöse, politische wie unpolitische, lassen sich als Abwandlungen von oder Annäherungen an einige reine Typen ansehen, welche gebildet werden durch die Frage: welche Legitimitäts grundlage die Herrschaft für sich in Anspruch nimmt. Unsere heutigen Verbände, vor allem die politischen, haben den Typus »legaler« Herrschaften. Das heißt: die Legitimität zu befehlen ruht für den Inhaber der Befehlsgewalt auf rational gesatzter, paktierter oder oktroyierter, Regel, und die Legitimation zur Satzung dieser Regeln wiederum auf rational gesatzter oder interpretierter »Verfassung«. Im Namen nicht einer persönlichen Autorität, sondern im Namen der unpersönlichen Norm wird befohlen und der Erlaß des Befehls selbst ist auch seinerseits Gehorsam gegenüber einer Norm, nicht freie Willkür oder Gnade oder Privileg. Der »Beamte« ist der Träger der Befehlsgewalt, und niemals übt er sie zu eigenem Recht aus, sondern stets trägt er sie zu Lehen von der unpersönlichen »Anstalt«, dem durch gesatzte Regeln normativ beherrschten spezifischen Zusammenleben bestimmter oder unbestimmter, aber nach regelhaften Merkmalen angebbaren Menschen. Die »Kompetenz«, ein sachlich abgegrenzter Bereich von möglichen Befehlsobjekten, umgrenzt den Bereich seiner legitimen Gewalt. Eine Hierarchie von »Vorgesetzten«, die er im »Instanzenzuge« beschwerdeführend anrufen kann, steht dem »Bürger« oder »Mitglied« des Verbandes gegenüber. So auch im heutigen hierokratischen Verband: der Kirche. Der Pfarrer oder Priester hat seine bestimmt abgegrenzte »Kompetenz«: die durch Regeln festgelegt ist. Auch für das höchste Kirchenhaupt gilt das: die heutige »Infallibilität« ist ein Kompetenzbegriff: dem inneren Sinn nach verschieden von dem, was ihr voranging (noch zur Zeit Innocenz' III.). Die Scheidung von »Amtssphäre« (bei der Infallibilität: dem Definieren »ex cathedra«) und »Privatsphäre« ist ganz ebenso durchgeführt wie beim politischen (oder sonstigen) Beamten. Die rechtliche »Trennung« des Beamten von den Verwaltungsmitteln (in Natur- oder Geldform) ist in der Sphäre der politischen und hierokratischen Verbände genau so durchgeführt wie die »Trennung« des Arbeiters von den Produktionsmitteln in der kapitalistischen Wirtschaft: sie ist deren völlige Parallele.
Dies alles aber ist, soviel Ansätze dazu sich schon in der frühesten Vergangenheit finden, in seiner Vollentwicklung spezifisch modern. Die Vergangenheit kannte andere Grundlagen der legitimen Herrschaft, die übrigens auf Schritt und Tritt in ihren Rudimenten auch in die Gegenwart hineinreichen. Wir wollen sie wenigstens terminologisch kurz umschreiben.
1. Es soll bei den nachfolgenden Erörterungen unter dem Ausdruck: »Charisma« eine (ganz einerlei: ob wirkliche oder angebliche oder vermeintliche) außeralltägliche Qualität eines Menschen verstanden werden. Unter »charismatischer Autorität« also eine (sei es mehr äußerliche oder mehr innerliche) Herrschaft über Menschen, welcher sich die Beherrschten kraft des Glaubens an diese Qualität dieser bestimmten Person fügen. Der magische Zauberer, der Prophet, der Führer auf Jagd- und Beutezügen, der Kriegshäuptling, der sog. »cäsaristische« Herrscher, unter Umständen das persönliche Parteihaupt, sind gegenüber seinen Jüngern, seiner Gefolgschaft, der von ihm geworbenen Truppe, der Partei usw. solche Herrschertypen. Die Legitimität ihrer Herrschaft beruht auf dem Glauben und der Hingabe an das Außergewöhnliche, übernormale Menschenqualitäten Hinausgehende und deshalb (ursprünglich: als übernatürlich) Gewertete. Also: auf magischem oder auf Offenbarungs- und Heldenglauben, dessen Quelle »Bewährung« der charismatischen Qualität durch Wunder, durch Siege und andere Erfolge: durch Wohlergehen der Beherrschten, ist, und der deshalb nebst der in Anspruch genommenen Autorität schwindet oder doch zu schwinden droht sobald die Bewährung ausbleibt und der charismatisch Qualifizierte sich von seiner magischen Kraft oder von seinem Gott verlassen zeigt. Die Herrschaft wird nicht nach generellen Normen, weder traditionellen, noch rationalen, sondern – im Prinzip – nach konkreten Offenbarungen und Eingebungen gehandhabt und ist in diesem Sinne »irrational«. Sie ist »revolutionär« im Sinne der Ungebundenheit an alles Bestehende: »es steht geschrieben – ich aber sage euch…!«
2. Es soll im nachfolgenden: »Traditionalismus« die seelische Eingestelltheit auf und der Glaube an das alltäglich Gewohnte als unverbrüchliche Norm für das Handeln heißen, und daher ein Herrschaftsverhältnis, welches auf dieser Unterlage, also: auf der Pietät gegen das (wirklich oder angeblich oder vermeintlich) immer Gewesene ruht, als »traditionalistische Autorität« bezeichnet werden. Die weitaus wichtigste Art der auf traditionalistischer Autorität beruhenden, ihre Legitimität auf Tradition stützenden Herrschaft ist der Patriarchalismus: die Herrschaft des Hausvaters, Ehemannes, Hausältesten, Sippenältesten über die Haus- und Sippengenossen, des Herren und Patrons über die Leibeigenen, Hörigen, Freigelassenen, des Herren über Hausdiener, Hausbeamte, des Fürsten über Haus- und Hofbeamte, Ministerialen, Klienten, Vasallen, des Patrimonialherren und des Fürsten (»Landesvaters«) über die »Untertanen«. Es ist der patriarchalen (und der als Spielart ihr zugehörigen patrimonialen) Herrschaft eigentümlich: daß sie neben einem System unverbrüchlicher, weil als absolut heilig geltender, Normen, deren Verletzung magische oder religiöse Uebel im Gefolge hat, ein Reich frei schaltender Willkür und Gnade des Herrn kennt, welche im Prinzip nur nach »persönlichen«, nicht nach »sachlichen« Beziehungen wertet und in diesem Sinne »irrational« ist.
3. Die charismatische Herrschaft, die auf dem Glauben an die Heiligkeit oder den Wert von Außeralltäglichem ruht, und die traditionalistische (patriarchale) Herrschaft, die auf den Glauben an die Heiligkeit des Alltäglichen sich stützt, teilten in früher Vergangenheit die wichtigsten Arten aller Herrschaftsbeziehungen unter sich auf. »Neues« Recht konnte in den Kreis des kraft Tradition Geltenden nur durch Charismaträger: Orakel von Propheten oder Verfügungen von charismatischen Kriegsfürsten, eingefügt werden. Offenbarung und Schwert, die beiden außeralltäglichen Mächte, waren auch die beiden typischen Neuerer. Aber beide verfielen, sobald sie ihr Werk verrichtet hatten, in typische Art der Veralltäglichung. Mit dem Tode des Propheten oder Kriegsfürsten entstand die Nachfolgerfrage. Mochte sie durch Kürung (ursprünglich nicht eine »Wahl«, sondern eine Auslese nach Charisma) oder durch sakramentale Versachlichung des Charisma (Nachfolgerdesignation durch Weihe: hierokratische oder apostolische »Sukzession«) oder durch den Glauben an die charismatische Qualifikation der Sippe (Erbcharisma: Erbkönigtum und Erbhierokratie) gelöst werden: stets begann damit in irgendeiner Art die Herrschaft von Regeln. Nicht mehr kraft rein persönlicher, sondern kraft erworbener oder ererbter Qualitäten oder kraft Legitimation durch einen Kürungsakt herrschte der Fürst oder Hierokrat. Der Prozeß der Veralltäglichung und das hieß: Traditionalisierung, hatte eingesetzt. Und, was vielleicht noch wichtiger war: mit dauernder Organisation der Herrschaft veralltäglichte sich der Menschenstab, auf den sich der charismatische Herrscher stützte: seine Jünger, Apostel, Gefolgen, – zu Priestern, Lehenvasallen, vor allem: Beamten. Aus der ursprünglich spezifisch wirtschaftsfremd: von Geschenken, Almosen, Kriegsbeute, kommunistisch lebenden charismatischen Gemeinschaft wurde eine durch Landnutzung, Sporteln, Deputate, Gehälter: durch Pfründen also, unterhaltene Schicht von Hilfspersonen des Herren, die ihre legitime Gewalt nunmehr – in sehr verschie denen Stadien der Appropriation – von Belehnung, Verleihung, Anstellung herleiteten. In aller Regel bedeutete das eine Patrimonialisierung der Herrengewalten, wie sie auch aus dem reinen Patriarchalismus sich durch Zerfall der straffen Gewalt des Herren entwickeln konnte. Der mit dem Amt beliehene Pfründner oder Lehensmann hat kraft der Beleihung in aller Regel ein eigenes Recht daran. Er ist im Besitz der Verwaltungsmittel, ähnlich wie der Handwerker in dem der ökonomischen Produktionsmittel. Er hat aus seinen Sporteln oder sonstigen Einnahmen die Kosten der Verwaltung zu tragen, oder er führt von den beigetriebenen Leistungen der Untertanen nur einen Teil an den Herren ab, der Rest verbleibt ihm. Er kann – im Grenzfall – sein Amt vererben und veräußern wie anderen Besitz. Wir wollen von ständischem Patrimonialismus sprechen, wo die Entwicklung, sei es aus einem charismatischen, sei es aus einem patriarchalen, Anfangszustand her, durch Appropriation von Herrengewalten dieses Stadium erreicht hat.
Aber bei diesem Stadium ist die Entwicklung selten stehen geblieben. Ueberall finden wir den Kampf des (politischen oder hierokratischen) Herren mit den Inhabern oder Usurpatoren ständisch appropriierter Herrenrechte. Er versucht: sie, sie: ihn zu expropriieren. Je nachdem es ihm gelingt, sich in den Besitz eines eigenen Stabes von ihm allein anhängenden, an sein Interesse geknüpften Beamten und – damit zusammenhängend – eigener, fest in der eigenen Hand behaltener Verwaltungsmittel zu setzen (eigene Finanzen bei politischen und – im Okzident seit Innocenz III. bis Johann XXII. fortschreitend – hierokratischen Herren, eigene Magazine und Arsenale für die Verpflegung von Heer und Beamten beim profanen Herrscher), desto mehr entscheidet sich dieser Kampf zu seinen Gunsten und gegen die allmählich expropriierten ständischen Privilegieninhaber. Geschichtlich sehr verschieden war der Charakter jener Beamtenschicht, auf deren Hilfe sich der Herr im Kampf um die Expropriation der ständischen Herrengewalten stützte: Kleriker (typisch in Asien und im frühmittelalterlichen Okzident), Sklaven und Klienten (typisch im vorderasiatischen Orient), Freigelassene (im begrenzten Maß typisch für den römischen Prinzipat), humanistische Literaten (typisch in China), endlich: Juristen (typisch im Okzident der Neuzeit, sowohl in der Kirche wie in den politischen Verbänden). Ueberall bedeutete der Sieg der Fürstenmacht und die Expropriation der partikularen Herrenrechte mindestens die Möglichkeit, oft auch das tatsächliche Eintreten einer Rationalisierung der Verwaltung. Aber in höchst verschiedenem Grade und Sinn, wie wir sehen werden. Vor allem ist zwischen der materialen Rationalisierung der Verwaltung und Rechtspflege durch einen Patrimonialfürsten, der seine Untertanen utilitarisch und sozialethisch beglückt so, wie ein großer Hausherr seine Hausangehörigen, und der formalen Rationalisierung durch die von geschulten Juristen geschaffene Durchführung der Herrschaft allgemeinverbindlicher Rechtsnormen für alle »Staatsbürger« zu scheiden. So flüssig (etwa in Babylon, Byzanz, dem hohenstaufischen Sizilien, dem stuartischen England, dem bourbonischen Frankreich) der Unterschied war, letztlich bestand er doch. Und die Geburt des modernen okzidentalen »Staats« ebenso wie der okzidentalen »Kirchen« ist zum wesentlichsten Teil Juristen werk gewesen. Woher sie die Kraft und den Ideengehalt zu dieser Arbeit und die technischen Mittel dafür nahmen, ist hier noch nicht zu erörtern.
Mit dem Siege des formalistischen juristischen Rationalismus trat im Okzident neben die überkommenen Typen der Herrschaften der legale Typus der Herrschaft, dessen nicht einzige, aber reinste Spielart die bureaukratische Herrschaft war und ist. Das Verhältnis der modernen Staats- und Kommunalbeamten, der modernen katholischen Priester und Kapläne, der Beamten und Angestellten der modernen Banken und kapitalistischen Großbetriebe stellt, wie schon erwähnt, den wichtigsten Typus dieser Herrschaftsstruktur dar. Als das für unsere Terminologie entscheidende Merkmal muß dabei das vorhin Erwähnte gelten: die Unterwerfung nicht kraft Glaubens und Hingabe an charismatisch begnadete Personen: Propheten und Helden, auch nicht kraft heiliger Tradition und der Pietät gegen den durch Traditionsordnung bestimmten persönlichen Herren und – eventuell – seine durch Privileg und Verleihung zu eigenem Recht legitimierten Amtslehen- oder Amtspfründeninhaber, sondern die un persönliche Bindung an die generell bezeichnete sach liche »Amtspflicht«, welche ebenso wie das korrespondierende Herrschaftsrecht: – die »Kompetenz« – durch rational gesatzte Normen (Gesetze, Verordnungen, Reglements) fest und derart bestimmt sind; daß die Legitimität der Herrschaft zur Legalität der generellen, zweckvoll erdachten, formell korrekt gesatzten und verkündeten Regel wird.
Die Unterschiede der vorstehend skizzierten Typen reichen bis in alle Einzelheiten ihrer sozialen Struktur und ökonomischen Bedeutung.
Es könnte nur in einer systematischen Darstellung erhärtet werden, inwiefern die hier gewählte Art der Unterscheidung und Terminologie zweckmäßig ist. Hier sei nur betont: daß sie mitnichten den Anspruch erhebt, die einzig mögliche zu sein, noch vollends: daß alle empirischen Herrschaftsgebilde einem dieser Typen »rein« entsprechen müßten. Im geraden Gegenteil stellt die überwiegende Mehrzahl von ihnen eine Kombination oder einen Uebergangszustand zwischen mehreren von ihnen dar. Wir werden immer wieder gezwungen sein, z.B. durch Wortbildungen wie: »Patrimonialbureaukratie« zum Ausdruck zu bringen: daß die betreffende Erscheinung mit einem Teil ihrer charakteristischen Merkmale der rationalen, mit einem anderen der traditionalistischen – in diesem Fall: ständischen – Herrschaftsform angehört. Dazu treten aber höchst wichtige Formen, welche – wie die feudale Herrschaftsstruktur – historisch universell verbreitet waren, aber mit wichtigen Zügen gar nicht glatt unter eine der drei oben unterschiedenen Formen einzuordnen sind, sondern nur durch eine Kombination mit anderen Begriffen (in diesem Fall: dem des »Standes« und der »Standesehre«) verständlich werden. Oder welche, wie die Funktionäre der reinen Demokratie (Turnus-Ehrenamt und ähnliche Formen auf der einen, plebiszitäre Herrschaft auf der anderen Seite) oder wie gewisse Arten der Honoratiorenherrschaft (einer Sonderform der traditionalistischen Herrschaft), teils aus andern als »Herrschafts«-Prinzipien, teils aus eigentümlichen Abwandlungen des Charismabegriffes zu verstehen sind, aber ihrerseits gerade zu den historisch allerwichtigsten Fermenten der Entbindung des politischen Rationalismus gehört haben. Die hier vorgeschlagene Terminologie will also nicht die unendliche Mannigfaltigkeit des Historischen schematisch vergewaltigen, sondern sie möchte nur, für bestimmte Zwecke, brauchbare begriffliche Orientierungspunkte schaffen.
Das gleiche gilt für eine letzte terminologische Unterscheidung. Wir verstehen unter ständischer Lage eine primär durch Unterschiede in der Art der Lebensführung bestimmter Menschengruppen (und also meist: ihrer Erziehung) bedingte Chance positiver oder negativer sozialer Ehre für sie. Sekundär – und damit wird an die vorstehende Terminologie der Herrschaftsformen angeknüpft – pflegt diese sehr häufig und typisch zusammenzuhängen mit einem der betreffenden Schicht rechtlich gesicherten Monopol entweder auf Herrenrechte oder auf Einkommens- und Erwerbschancen bestimmter Art. Ein »Stand« ist also im (natürlich nicht immer vorliegenden) Fall der Erfüllung aller dieser Merkmale eine durch die Art der Lebensführung, die konventionalen spezifischen Ehrbegriffe und die rechtlich monopolisierten ökonomischen Chancen (nicht immer verbandsmäßig organisierte, stets aber irgendwie vergesellschaftete) Menschengruppe. Commercium (im Sinn von »gesellschaftlichem« Verkehr) und connubium von Gruppen untereinander sind die typischen Merkmale der ständischen Gleichschätzung; ihr Fehlen bedeutet ständische Unterschiede. Unter »Klassenlage« sollen im Gegensatz dazu die primär durch typische ökonomisch relevante Lagen, also: Besitz bestimmter Art oder Gelerntheit in der Ausübung begehrter Leistungen, bedingten Versorgungs- und Erwerbschancen einerseits, die daraus folgenden allgemeinen typischen Lebensbedingungen (z.B. die Notwendigkeit, sich der Werkstattdisziplin eines Kapitalbesitzers zu fügen) genannt werden. Eine »ständische Lage« kann sowohl Ursache wie Folge einer »Klassenlage« sein, ist aber keines von beiden notwendig. Klassenlagen können ihrerseits primär marktbedingt sein (arbeits- und gütermarktbedingt) – und sind es heute in den der Gegenwart spezifischen typischen Fällen. Aber dies ist nicht absolut notwendig der Fall. Grundherr und Kleinbauer sind es im Fall geringer Marktverflochtenheit fast gar nicht, die verschiedenen Kategorien der »Rentner« (Boden-, Menschen-, Staats-, Wertpapierrentner) in sehr verschiedenem Sinn und Maß. »Besitzklassen« und (primär marktbedingte) »Erwerbsklassen« sind also zu scheiden. Die heutige Gesellschaft ist vorwiegend klassengegliedert, und zwar in spezifisch hohem Maße in Erwerbsklassen. Sie enthält aber in dem spezifisch ständischen Prestige der »Bildungs«-Schichten ein (äußerlich durch die ökonomischen Monopole und gesellschaftlichen Vorzugschancen der Diplominhaber am deutlichsten verkörpertes) höchst fühlbares ständisches Gliederungselement. In der Vergangenheit war die Bedeutung der ständischen Gliederung weit ausschlaggebender, vor allem auch für die ökonomische Struktur der Gesellschaften. Denn auf diese wirkt sie einerseits durch die Schranken oder Reglementierungen des Konsums und durch die Bedeutung der ständischen – vom Standpunkt der ökonomischen Rationalität aus: irrationalen – Monopole, andererseits durch die Tragweite der beispielgebenden ständischen Konventionen der betreffenden Herrenschichten außerordentlich stark ein. Diese Konventionen konnten ihrerseits den Charakter ritueller Stereotypierung tragen, und dies war in hohem Maße der Fall bei den asiatischen ständischen Gliederungen, denen wir uns nunmehr zuerst zuwenden.