Kitabı oku: «Vernichtung in guten Zeiten», sayfa 2

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Wehrhaft, standhaft – bis zum Schluss

Von nun an musste unsere Verwaltung immer wieder die unterschiedlichsten Nachweise erbringen, was wir auch leisten konnten, einschließlich der Nachweise anderer Behörden wie Finanzamt etc. Was im Dunkeln blieb, waren die Namen der Dozenten, die in dieser Angelegenheit auch eine Rolle spielten. So konnten wir nicht einschätzen, was hier eigentlich passierte und was davon der Wahrheit entsprach.

Auch ich fuhr dann noch drei Mal nach Leipzig. Die sogenannten Besprechungen fanden im Büro der Z-Büro-Leiterin (das war damals die Abteilung für „zusammengefasste Aufgaben“, in der viele maßgebliche Entscheidungen bzgl. der Bildungsträger gefällt wurden) statt. Sie saß vor mir auf Distanz hinter ihrem Schreibtisch , mein Gesicht war zum Licht des Fensters gewandt, hinter mir saß die stellvertretende Abteilungsleiterin, bereit alles mit zu protokollieren. In keinem der drei Gespräche ging es um etwas Konkretes zu meinem Fall. Angeblich gab es keine Negativlisten oder Einträge. Gegen uns läge nichts vor. Wir könnten jederzeit Bildungsangebote einreichen. Die Bearbeitung unseres Falles wäre schon sehr fortgeschritten, usw., usw. Trotz aller hoch disziplinierten Anstrengungen war keine Klärung möglich, geschweige denn Informationen zu bekommen, sich auszusprechen, Anhaltspunkte zu erhalten oder irgendwelche Probleme zu lösen.

Beide Frauen waren sich über die Sitzordnung sehr im Klaren und wussten sehr genau, dass ihre gezielte Gesprächsführung eine einwandfreie Verzögerungstaktik war. Der Intraneteintrag hatte Zeit, nicht nur Papier ist geduldig; aber wie lange noch unser Bildungsträger, damit fertig zu werden?

Und dann kam der Gipfel der Infamie, vorbei an amtsinternen Verordnungen, eine professionell vorgebrachte Lüge, die das kriminelle Verhalten unseres ehemaligen Mitarbeiters schützte, also ebenso als kriminell zu bezeichnen ist: Beim Bildungsträgertreffen versicherte diese Abteilungsleiterin allen anwesenden Bildungsträgern, dass das Landesarbeitsamt einen Erlass herausgebracht hätte, zum Jahreswechsel grundsätzlich keine neuen Bildungsträger im Bezirk zuzulassen. „Unser Neuer“ – das heißt, unser ehemaliger Kollege – war wohl die berühmte Ausnahme. Diese Veranstaltung verhalf ihm dazu, dass Vermutungen oder Verdächtigungen in keinster Weise in die Richtung gingen, dass er den Intraneteintrag veranlasst hätte. Er hatte sich ja mit einer klaren Begründung förmlich verabschiedet und dies als Kündigungsgrund angegeben. Da waren seine Tücher mit Hilfe von den drei bis vier Mitarbeitern des Arbeitsamtes Leipzig bereits im Trocknen.

Warum es überhaupt nötig war, unsere Vernichtung anzustreben, ist mit meinen mitteleuropäischen Berufserfahrungen nicht zu erklären. Nachdem wir immer wieder die Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit konsultieren wollten und um Hilfe, um ein Gespräch oder entsprechende Informationen baten, was rundum kategorisch verwehrt wurde wie in Kafkas „Das Schloss“, fingen wir an, an uns selbst zu zweifeln. Inzwischen wurden wir überall sogenannter Trägerprüfungen unterzogen, die im Prinzip durchweg positiv verliefen. Dennoch durften die fast 20 vorbereiteten, eingereichten und vorab genehmigten Kurse nicht beginnen.

Schon seit mehreren Jahren führten wir im Herbst einen mehrtägigen Erwachsenenbildungs-Kongress mit kleiner Messe durch. Hier war unser ganzes Team gefordert, einem professionellen, ausgewählten Publikum ein gutes Event zu bieten. Wegen der angespannten Situation war dieses Jahr unser Verwaltungsleiter nicht mit dabei, sondern er war zur Verabredung einiger Einzelheiten bei einem neuen Auftraggeber in Westdeutschland. Völlig unüblich und ungewohnt für diesen Event wurde ich ans Telefon gerufen. Mein Verwaltungsleiter überbrachte mir eine unklare Nachricht über einen aus Leipzig kommenden Intraneteintrag, von dem man ihm unter vier „inoffiziellen“ Augen berichtet hätte. Für mich war alles vollkommen unverständlich, weil ich ja aus den erwähnten Gründen in letzter Zeit mehrmals in Leipzig war. Welche Tragweite diese Art nachrichtendienstliche Verfolgung hatte, konnten wir nicht einmal ahnen, dazu fehlte uns jegliche negative Erfahrung mit unserem bisherigen staatlichen Auftrageber. Ich bat ihn sofort, das Arbeitsamt in Leipzig anzurufen und einen Termin zu vereinbaren. Der Kongress lief weiter. Mein Kollege fuhr gleich am nächsten Tag weiter nach Leipzig und kam mit einer kleinen Liste, welche Nachweise wir zu bringen hätten, zurück in unser Koordinationsbüro der kleinen Hauptverwaltung. Teilweise betrafen diese Nachweise überhaupt nicht den Standort Leipzig und es ging auch nicht um Mängel, weil wir unmittelbar nachweisen konnten, dass unsere Abläufe korrekt waren.

Ein weiterer Vorwurf war, dass die Dozenten (völlig verallgemeinert) ihr Gehalt nicht bekommen würden. Über 90 Prozent unserer Dozenten waren auf Honorarbasis verpflichtet, die Honorarauszahlung war aus verschiedenen sachlichen Gründen unterschiedlich geregelt, was aber in den jeweiligen Verträgen festgehalten war. Also konnten wir auch hier die entsprechenden ordnungsgemäßen Nachweise erbringen. Bis auf einen: den desjenigen Dozenten, der am Ende eines Weiterbildungsprojektes seinen Dienst nicht antrat mit der Begründung, er hätte sein Honorar nicht bekommen, was, unsere Fristenlösung eingerechnet, nicht stimmte. Im Gegenteil: Er hatte seinen Vertrag grob fahrlässig nicht eingehalten, weil er in dieser Woche einen anderen, attraktiveren Beratungsauftrag hatte. Seine Pflichtverletzung hatte er perfide in die Denunziation umgebogen, wir wären unseren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen. Erst mit der von ihm nicht durchgeführten Unterrichtseinheit mit Klausur wäre sein Modul beendet und die Honorarzahlung fällig gewesen. Das Arbeitsamt hatte diesen Zusammenhang nicht überprüft, sondern aus dieser vermeintlichen Beschwerde die schärfste und heimtückischste Waffe des Intraneteintrags geschmiedet. Zu diesem Zeitpunkt waren wir somit bei allen Arbeitsämtern der neuen Bundesländer vogelfrei. Später führte dies zu unserer Vernichtung. Zu diesem Zeitpunkt hatte einer einen gewaltigen Vorteil davon: Der Mitarbeiter, der sich viele Monate vorher unter Absprache mit dem gleichen Arbeitsamt selbstständig gemacht hatte, der noch während seiner Festanstellung die bfe-Instituts-eigenen Maßnahmebögen als seine eingereicht hatte, der die Beschwerde dieses Dozenten inszeniert hatte, indem er ihm riet, sich bei der Behörde zu beschweren, und der den Vorgesetzten und Kollegen nach Nürnberg meldete, der Ausfall dieses Moduls sei kein Beinbruch und mit dem Arbeitsamt abgesprochen, ein vorgezogener Beginn der praktischen Trainingszeit sei genehmigt.

Mit unseren Büros und Weiterbildungsprojekten waren wir bis dato noch an über 15 Standorten vertreten. Die laufenden Kurse sowie die über 20 im Einsatz befindlichen Dozenten bedurften bei der sich mittlerweile einstellenden Gerüchteküche und Rufschädigung einer besonderen Betreuung. Wie sich später herausstellte, hatten Festangestellte ihre Diebestour auch bereits in Bochum, Suhl und Nürnberg vorbereitet, um uns Kurse wegzunehmen. Auch im „vertrauten“ Kreis spürte man also, dass es kein leichtes Arbeiten war.

Immer noch nicht aufgegeben war der mögliche Beginn der fast 20 Kurse; um diese Standorte mussten wir uns besonders kümmern – ohne Erfolg. Hinzu kamen völlig neuartige Aufgaben bei Bank, Steuerberater, Finanzamt etc. incl. Tuchfühlung mit rechtsanwaltschaftlichen Dingen, die uns wegen der persönlichen Unbedarftheit völlig zu absorbieren schienen.

Eines Tages hatte das verbliebene Nürnberger Team einen viele Seiten umfassenden Brief an das Büro des damaligen Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit verfasst und abgeschickt. Er wurde nie beantwortet.

Ein paar Wochen später, nachdem sich vieles ereignet hatte, bat ich unser Rest-Team gemeinsam die Mittagspause zu verbringen. Wir machten einen fast zweistündigen gemeinschaftlichen Spaziergang und kehrten dann ein, um eine Suppe zu essen. Wir hatten kaum miteinander geredet, keiner konnte das Wort Intraneteintrag oder den Namen des ehemaligen Kollegen mehr hören.

Dies war der Abschied von meinen teilweise über vierzehn Jahre lang liebgewonnenen und geschätzten Mitarbeitern, Kollegen, Freunden und Partnern. Diese vier Stunden des letzten Tages entsprachen unserer emotionalen und geistigen Dichte, die uns immer so leistungsfähig und flexibel machte. Wir pflegten die Verteilung von Verantwortung in einer flachen Hierarchie, auch wenn ich manchmal doch der Chef sein durfte oder musste. So auch in diesem Augenblick, in dem ich entschied, meinem Team mitzuteilen, dass dies der vorgezogene diesjährige Betriebsausflug und gleichzeitig die Verabschiedung sei. Wir müssen uns verabschieden und jeder seinen Weg gehen.

Die Vorfälle in Aschaffenburg

Nach der weitgehenden Auflösung unseres Büros in Nürnberg, Neutorgraben, ging es darum, den Rest im Prinzip noch gut gehender Kurse mit einem kleineren Team zu betreuen – auch in der Absicht, im Herbst die bereits eingereichten weiteren 16 Kurse durchführen zu dürfen und zu können.

In unserer Kursstätte in Aschaffenburg ging es zunächst um die Beauftragung einer gruppenweisen Schulung und Rekrutierung von Fachpersonal für den Möbelhandel. Für derartige Problemlösungen und eine Zusammenarbeit mit externen Auftraggebern war das Arbeitsamt Aschaffenburg sehr gut vorbereitet. Die Signale am Arbeitsmarkt für passende freie Stellen wurden dort erkannt. Ein rein für den Außendienst zuständiger, kompetenter Arbeitsvermittler war dafür abgestellt, die internen Abteilungen waren darauf vorbereitet. Es wurde partnerschaftlich und sachorientiert kommuniziert, unbürokratisch gehandelt, sogar amtsbezirksübergreifend rekrutiert und informiert, es schien ein neues Modellprojekt zu werden, von einzelnen vernachlässigbaren Unebenheiten abgesehen.

Zwei Dinge waren bei der Vorbereitung und in der Startphase auffällig: Ein einziger Möbelhändler als zukünftiger Arbeitgeber drängte sich sehr in den Vordergrund, als ob er das alles bezahlen würde, und trotz des eher spektakulären Projektes blieb der Arbeitsamtsdirektor im Hintergrund.

Es kam unser bereits praktizierte Instituts-Modell zum Tragen: Wir informierten und berieten die möglichen Teilnehmer, wählten sie aus und stellten die Kurse zusammen – schon Monate vor dem Beginn!

Als „fliegender Bildungsträger“ hatten wir sehr gut geeignete Räume gefunden. Die Dozenten zeigten ihre bewährte Mobilität, die ihnen auch Spaß machte, die ganze Organisation ging von Nürnberg aus. Sprecher in den Gruppen sorgten für ein transparentes, demokratisches Klima und unterstützten das für unsere Erwachsenenbildung nötige Sozialgefüge.

Die Gruppenzusammensetzung war selbstverständlich nicht optimal. Wer kann grundsätzlich schon erwarten, dass aus einer völlig heterogenen Ansammlung von Arbeitslosen aus Aschaffenburg eine völlig homogene, fein geschliffene Bewerbergruppe entsteht. Wer tagtäglich mit dem Arbeitsmarkt und seinen Menschen zu tun hat, kennt die Problematik. Hier standen wir auch Schulter an Schulter in einheitlicher Meinung mit den entsprechenden Mitarbeitern des Arbeitsamtes. Diese Art „Kollegialität“ und Vertrautheit kannte ich schon von vielen solchen Begegnungen. Unsere Erkenntnisse waren gepaart mit einer unausgesprochenen Solidarität und sozialen Nähe zu diesen arbeitslosen Mitbürgern.

Der kleine Unterschied zwischen Arbeitsamt und uns war allerdings, dass wir als Bildungsträger eine unausgesprochene und vertraglich nirgendwo stehende Verpflichtung eingegangen waren, mit einer Bildungsmaßnahme alle Teilnehmer in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln. Das war unser Problem. Ein Teil der Kursteilnehmer würde mit dem erreichten Klassenziel einen sehr guten adäquaten Arbeitsplatz bekommen. Ein anderer Teil aber nicht, weil er bald glauben oder gar der Überzeugung sein würde, dass er nicht geeignet wäre, dass kein Arbeitsplatz in Wohnnähe wäre usw. Hier setzten dann unsere Beratungskompetenz und vor allem auch die höheren Motivationskünste ein, um bei diesen Teilnehmern Potenziale zu wecken, damit auch sie die subjektiv-richtige Stelle finden würden.

Aus professioneller Sicht lebenslanges Lernen zu organisieren ist so eine Situation für Andragogen nicht ganz so schwierig, wie sie sich anhört: Teilnehmer eines Weiterbildungskurses können sich positiv mit ihrer Lebenssituation auseinandersetzen, das Lernen wieder lernen, konkrete Einmündungswege mit allen Tricks kennen lernen und ausprobieren und nicht zuletzt auch neue Fachinhalte lernen, die generierbar sind. Sie können über einen geschützten Versuch-und-Irrtum-Vorgang zu einem neuen Selbstbewusstsein kommen und mit konkreten Tipps oder sogar konkreten Arbeitsstellen versorgt werden.

Wenn Not am Mann war, übernahmen wir die Verhandlungen mit dem potenziellen Arbeitgeber bis diesem schwindelig wurde oder er vor lauter schlechtem Gewissen danach in die Kirche ging. Wenn man uns die Türe wies, kamen wir zu einer anderen Türe wieder herein und standen erneut auf der Matte. Bei gruppenweisen Vermittlungen stellten wir die Arbeitgeber vor die Alternative: zwei gute Bewerber und einen schlechten oder keinen. Unser Institut hatte dadurch nicht selten eine Vermittlungsquote von fast 100 Prozent.

Auf diese Situationen, die sich meistens im letzten Drittel eines Kurses abspielen, waren wir bereits innerlich und organisatorisch vorbereitet. Wichtig war es, neben der Vermittlung fachlicher Inhalte permanent das persönliche Befinden der Teilnehmer einzuschätzen und sie auch emotional zu begleiten. Und ebenso wichtig war es, rechtzeitig adäquate sogenannte Praktikumsplätze zu haben, das heißt potenzielle Arbeitsplätze, die in Unternehmen aus einer Trainingssituation nach der Theoriephase entstehen können. Solche Möglichkeiten zu finden und sie richtig einzuschätzen, war eine zentrale Kompetenz, auf die wir sehr stolz waren. Denn kein Personalleiter oder Unternehmer ließ immer „die Katze aus dem Sack“ und offenbarte eine offene Stelle, die er schon gar nicht dem Arbeitsamt gemeldet hatte. Es war also eine aufwendige und komplizierte Analyse, durch die wir auch dank unserer langen Erfahrung und unserer Intuition herausfanden, wo eine zumindest mittelfristige Position entstand. Hinzu kam grundsätzlich, dass Unternehmen nicht nur misstrauisch gegenüber Arbeitslosen sind, sondern auch in einer gleichbleibenden Ertragslage aus den bekannten Gründen eines überregulierten Arbeitsmarktes prinzipiell lieber keine neuen Mitarbeiter einstellen wollen.

Die Kurse in Aschaffenburg waren wie die meisten unserer Kurse bewegt, durchwachsen, sehr gut durchorganisiert, trotzdem vor Überraschungen nicht gefeit, manchmal hochemotional und ohne den Anteil an Idealismus aller Mitarbeiter undenkbar. Eine Art Dienstleistung total, zwischen hoher Professionalität auf der einen Seite und der Gestalt eines Sackes voller Flöhe auf der anderen. Aber am Ende würde es wieder so sein wie immer: Die Leute sind untergebracht, sie haben ein seriöses Zeugnis für die Zukunft, die Arbeitsamtskasse hat wieder Einzahler und kann etliche Zahlungsempfänger von ihrer Liste streichen. Eine nützlichere Arbeit kann ich mir als Erwachsenenbildner eigentlich nicht vorstellen. Mit dieser inneren Zufriedenheit kann ich auch auf jegliches Danke vom Teilnehmer, vom Mitarbeiter, vom Arbeitsamt oder vom eingesetzten Dozenten verzichten.

Inzwischen schwappte die Liquiditätskrise von Leipzig, Gera, Suhl und Schwerin kommend auf unsere „gesunden“ Kurse über. Meine eigene Solidität geriet in Gefahr. So langsam aber sicher konnten wir nicht mehr wissen, was noch passieren würde. Immerhin gab es schon ein paar wenige, aber penetrante Dozenten, die berechtigt oder unberechtigt ihr Honorar anmahnten und sich einer der deutschesten Tugenden hingaben: Sie beschwerten sich nicht bei unserer Verwaltung, sondern sie denunzierten. Wenn nun der so vom Denunzianten Angesprochene diese „Information“ nicht an den Betroffenen gibt, wo sie zur Lösung des eventuellen Problems hingehört, sondern sie ohne Anhörung, Erörterung, Diskussion, Verteidigung, Stellungnahme, Lösungsvorschlag negativ interpretiert, falsch interpretiert, nicht überprüft aktenkundig macht, in irgendeiner Weise weitergibt, ohne den Betroffenen mit einzubeziehen, dann wird die Denunziation zur Verfolgung, zur Hetze, zur Vernichtung – vor allem, wenn der Tatbestand entsprechend verfälscht ist und der sich selbst abspulende Entwicklungsprozess nicht aufgehalten wird.

So weit hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht gedacht. Ich dachte nur, ich müsse etwas tun, zumindest informieren und auf Hilfe und Verständnis hoffen. So beschloss ich, beim Arbeitsamt vorzusprechen. Meine beiden Ansprechpartner waren an diesem Tage nicht im Amt. Also klopfte ich bei der zentralen Verwaltungsstelle an und traf auf einen Mitarbeiter dieses Büros, den ich kannte und der mir sympathisch war. Ich schilderte meine Vermutungen, was die Ursachen der falschen Informationen, der Gerüchte, der Vorhaltungen anging, aber auch die sich abzeichnenden Schwierigkeiten die, wenn nichts geschehen würde, bald auch die Aschaffenburger Kurse treffen würden. Ich merkte, dass ein Gespräch und eine Begegnung dieser Art in diesem Zimmer und in der ganzen Laufbahn dieses Beamten noch nicht vorgekommen waren. Und hätte ich nicht beruflich mit dem Thema Körpersprache zu tun gehabt, hätte ich die Sprachlosigkeit nicht interpretieren können. Das heißt, die Reaktion dieses erstaunten und voller Mitgefühl erscheinenden Menschen habe ich wahrscheinlich richtig interpretiert. Was ich aber falsch einschätzte, war dieses Amt, diese Behörde, diese bürokratische Anstalt. Denn von der Reaktion dieses einzelnen Menschen entwickelte sich nichts weiter in Richtung einer weiteren Erörterung mit anderen maßgeblichen Personen, geschweige denn in Richtung einer Problemlösung.

Was sich in der vertrauensvollen und empathischen Situation zwischen dem Beamten und mir abspielte, war in keinster Weise multiplizierbar. In meiner Wahrnehmung und Phantasie in diesem Zimmer, in dieser Gesprächssituation erkannte ich nicht die symbolische Kommunikation eines Fallbeils oder jemanden, der versucht mir die Haut abzuziehen oder auf den Kopf zu scheißen.

Mit der klaren Vorstellung, wie das Aschaffenburger Problem, wenn es größer wird, zu lösen wäre, machte ich mich auf den Weg nach Nürnberg, in der Aschaffenburger Kursstätte war schön längst niemand mehr. Auf der Rückfahrt klingelte zwei Mal das Handy von zu Recht besorgten Dozenten, denen ich glaubwürdig meine positive Strategie mitteilte. Ich hoffte darauf, dass sich diese positive „kämpferische“ Stimmung am nächsten Unterrichtstag verbreiten würde.

Dies traf zu. Aufgrund der sich zuspitzenden Lage sprang ein Dozent ab, ein anderer, loyaler sprang ein. Die Situation war gerettet. Der Zeitpunkt fiel zusammen mit einem Anruf des Arbeitsamtsdirektors aus Aschaffenburg bei mir im Büro. Ein langes Gespräch ergab sich. Mir schien, die Stimmung jenes Gespräches in der zentralen Verwaltungsstelle setzte sich tatsächlich im Hause dort fort. Der Arbeitsamtsdirektor erklärte mir, man sehe die Sache nüchtern, man sehe sich in der Lage, trotz merkwürdiger Irritationen die Kurse bis zum Schluss zu retten. Sorgen bereite ihm das anerkannte Zeugnis des Verbandes, der ja wegen unserer drohenden Insolvenz abgesprungen sei. Ich sagte, ein anderer Verband, der umfassende Erfahrungen in der Aus- und Weiterbildung hätte, hätte sich bereits zur Verfügung gestellt, die Prüfungskommission zu bilden und ein gültiges Zeugnis auszustellen. Der Direktor fragte dann nochmals intensiv prüfend, ob wir alle Faktoren aufweisen könnten, die Kurse bis zum nahenden Schluss durchzuführen. Ich sagte ja, die Räume, die Dozenten und die Praktikumsplätze seien sicher. „Dann machen wir weiter“, antwortete der Direktor. Wir vereinbarten ein Termin, zu dem ich mich bei ihm einfinden sollte, um alles noch einmal zu besprechen.

Ich fuhr an diesem Tag frühzeitig nach Aschaffenburg und besuchte alle Kurse, ließ die Dozenten und Sprecher zu mir kommen und versicherte allen, dass wir die Kurse wie geplant zu Ende führen würden. Mit meiner Seminarleiterin, die bis zu diesem Zeitpunkt schon viel aushalten musste, fuhr ich guter Hoffnung ins Arbeitsamt und ging in den ersten Stock zum Vorzimmer des Direktors. Die Vorzimmerdame machte die Tür zum Direktorenzimmer auf und ich erschrak.

An einem Besprechungstisch saßen soweit ich mich erinnere acht Personen, von denen ich den netten Herrn vom Z-Büro kannte, die Arbeitgeberin aus dem Möbelhandel und den jungen Rechtsanwalt vom Möbelfachverband-Bayern. Er hatte mir diese Berufsposition zu verdanken. Ihn kannte ich besonders gut, weil ich ihn selbst über mehrere Nachmittags-Coachings aus einer Gruppe arbeitsloser Juristen in den Verband vermittelt hatte. Der Hauptgeschäftsführer kam nicht selbst, trotz langjähriger Mitgliedschaft und der vielen heißen Eisen, die ich für ihn aus dem Feuer geholt hatte, ließ er mich eiskalt fallen.

Den Direktor hatte ich noch nie persönlich gesehen, nur ausführlich mit ihm telefoniert. Er hatte eine Art Freizeitschuhe an, etwas ungepflegt, bei einem Schuh waren die Schnürsenkel aufgegangen. Er trug ein dünnes Sommerhemd mit einer schmalen Lederkrawatte und hatte großräumige Schweißflecken unter den Achseln.

Er führte kurz in die Sitzung ein und begann damit, dass noch eine Person fehlen würde, nämlich der Geschäftsführer des zukünftigen Bildungsträgers, der unsere Kurse übernehmen würde. Ich könne aber auch sagen, dass ich damit nicht einverstanden sei. Dann schaute er auf unsere Seminarleiterin und fragte sie, ob sie ab morgen bereit wäre, beim neuen Bildungsträger zu arbeiten. Alle anderen sagten nichts. Dann kam der neue Bildungsträger. Er willigte ein, die Kurse zu übernehmen. Vor allen Leuten sagte der Direktor dann zu der Arbeitgeberin, sie duzend, dass sie „ihre Leute“ kriegen würde.

Der Direktor wandte sich wieder zur Seminarleiterin und fragte sie noch einmal, ob sie ab morgen beim neuen Bildungsträger arbeiten würde. Meine Kollegin verneinte. Bis zu dieser Zehntelsekunde war ich mir nicht sicher, ohne sie im Nachhinein in ihrem Ehrgefühl verletzen zu wollen, ob sie nicht vielleicht doch zusagen würde, denn wir hatten schon viele Überraschungen erlebt.

Dann fragte der Direktor mich, ob ich mit der Übergabe einverstanden sei. Ich antwortete mit fester Stimme: „Nein, aber ich kann sie nicht verhindern. Dies ist ein Skandal, Herr Direktor.“ Er beendete die Sitzung.

Wir fuhren in die Kursstätte zu den wartenden Dozenten, für die nun eine ganze Welt zusammenbrach, denn sie hatten die letzten Wochen ohne Honorar gearbeitet und hätten auf weitere Zwischenzahlungen zunächst verzichtet, um wirklich ihre Kurse zu Ende zu führen und das ganze Lehrinstitut zu retten. Wie mir in diesen Minuten zumute war, kann ich bis heute nicht beschreiben. In meinem ganzen persönlichen und beruflichen Leben hat noch nie jemand versucht, mir unter Missachtung aller Grundformen sozialen und humanen Verhaltens so etwas Vernichtendes zuzufügen.

Wenn man unterzugehen droht, versucht man sich an etwas zu klammern. Was mich stark gemacht hat, war die Erinnerung an die rührende kollegiale und fast freundschaftliche materielle Unterstützung, die diejenigen durch ihren Einsatz gaben, die zu mir und zum Institut hielten. Glücklicherweise waren wir längst ein Team auf gleicher Ebene geworden, in dem jeder alle Informationen über unseren Zustand hatte und nicht etwa meinen Versprechungen oder Einschätzungen folgen musste.

Schon am übernächsten Tag, wir hatten unsere Zelte bereits abgebrochen, rief man bei uns im Büro an und wollte die Zeichenbretter, Bücher, Computer, die Liste der Praktikumsplätze und der Dozenten usw. haben. Leider auf dem Rücken der Teilnehmer austragend gaben wir nichts von dem Gewünschten heraus, nicht einmal die Noten der zahlreichen Klausuren, die wir ordnungsgemäß bis dahin durchgeführt hatten. Dieser Pantoffelheld hatte seinen „Diebstahl“ nicht richtig vorbereitet. Und im Amt hatte ihm wohl in seinem Alleingang auch niemand von denen, die um die Details und den Fortschritt der Kurse wussten, geholfen.