Kitabı oku: «Vernichtung in guten Zeiten», sayfa 3

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Nichts wie akquirieren!

Die Situation der öffentlichen Auftragsvergabe war oft nicht transparent, und so musste ich auch Kontakte pflegen und Besuche machen, die es zunächst als nicht wahrscheinlich erscheinen ließen, einen Auftrag zu bekommen. Das ist für eine vertriebsabhängige Firma völlig normal. Diese Vorgehensweise führte uns auch in entlegene kleine Städte mit eigenem Vergabeamt, welches weitgehend eigenständig aufgrund der regionalen Kenntnisse über den Arbeitsmarkt über die Einrichtung von Schulungen entschied. Im persönlichen Kontakt konnten wir unser Schulungsangebot und unsere Lösungsansätze für spezielle regionale Probleme besser kommunizieren – was uns in der damaligen Situation noch wichtiger erschien als sonst. Eigentlich waren ja zu diesem Zeitpunkt die Auftragsbücher mit 24 laufenden, voll besetzten Kursen fast voll, aber dennoch sollte eine Akquise für die nächste Saison nicht unversucht bleiben. Eine Fahrt in dieser Absicht brachte mich in den tiefen Osten.

Bereits am Telefon konnte ich herausfinden, ob es Sinn machte, jemanden mit konkreten Absichten aufzusuchen und mit ihm über Erfahrungen, Konzepte und Erfolge zu sprechen. Weit im Osten sah ich dafür eine Chance – was jetzt wichtig war – es gab einen Termin, der Positives versprach!

Eine Stunde vorher durchkämmte ich das Städtchen und sah in negativ eindrucksvoller Weise das Bild einer „strukturschwachen“ Region. Von „blühenden Landschaften“ war eher wenig zu bemerken, umso mehr aber von dieser Architektur des Umbruchs und den Zeichen eines massiven Strukturwandels: Explodierte Neubaugebiete mit sichtbarem Mietleerstand, Betriebe aus der Jahrhundertwende als Industriebrachen, viele Menschen, die offensichtlich keiner Arbeit nachgingen und sich am helllichten Tag an Haltestellen und Billigsupermärkten häuften. Ein „Vietnamesenmarkt“ bot auf dem vor Zeiten sicherlich sehr schön gewesenen Marktplatz ein ausgeglichenes Bild sich regender öffentlicher Kommunikation: Menschen kamen und gingen, kauften aber nur gelegentlich etwas und zogen mit Taschen voller Pfennigartikeln wieder weiter.

Ich wusste von einem Küchenhersteller, der hier einen neuen Start wagte; ich sah eine Brauerei ohne Produktion („… die hamse stillgelegt.“); die Arbeitslosenquote betrug über 40 Prozent – ohne diejenigen, die in Bildungs-“Maßnahmen“ oder im 2. und 3. Arbeitsmarkt statistisch versteckt waren, ohne die unfreiwilligen Langzeitpendler, ohne diejenigen, die in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurden, ohne die Zeitarbeiter, ohne die Langzeitarbeitslosen, die bei der Sozialhilfe gelandet und so nicht mehr arbeitslos waren, und ohne die, die auf Kurzarbeit Null gesetzt waren.

Ich brauchte nur einmal nach dem Weg fragen und bekam gleich von jemandem, der den Weg zum Arbeitsamt gut kannte, eine sachkundige, präzise Wegbeschreibung. Dort angekommen suchte ich einen Parkplatz, ging durch den Haupteingang an der Pförtnerin vorbei durch einen langen Gang mit Wartebereichen – heute ohne Menschen, weil kein Sprechtag mehr war – in den ersten Stock zum Zimmer der Amtsleiterin. Ich klopfte an, eine freundliche, helle Stimme bat mich herein.

Unser Gespräch begann allgemein, dann wurde es spezieller, aber nicht etwa in Bezug auf konkrete Teilpopulationen des Arbeitsmarktes, deren Qualifikation und Vermittlungschancen sich konkret erörtern ließen – solche Themen sollten besser vermieden werden, merkte ich.

Hier wurde an diesem Tag nichts konkret. Das war wohl ein Kontakt, der vielleicht in ein bis zwei Jahren zum Wirken kommen würde. Ich überlegte, wie ich doch noch die Kurve kriegen und aus unserem flexiblen Lernsystem mit Stellenvermittlung an diesen Nachmittag ein Paket schnüren könnte, welches wir dringendst brauchten. Und welches als Spezialangebot noch ins Jahres-Budget der Region passte. Aber ich hatte keine Chance, doch noch konkreter zu werden, weil mein Gegenüber diese Ebene einer aktuellen Problemlösung mied, sie interessierte sich nicht dafür. Auf der anderen Seite wurden für den geplanten Neustart des Küchenherstellers zahlreiche Berufsbilder dieser Branche gebraucht.

Da klopfte es an der Tür. Es war wohl der Hausmeister, der auf sein Fragen hin gesagt bekam, er könne alles zusperren. So spät war es geworden. Doch warum beendete meine potenzielle Auftraggeberin unser Gespräch nicht? Schließlich gab es ja auch für sie keinen Erfolg und keinen Sinn. Es hätte genügt zu sagen: „Kommen Sie nächstes Jahr wieder, wenn wir die Maßnahmenplanung machen.“

Ohne dass ich es merkte, weil ich ungewöhnlich zwanghaft auf eine Akquise aus war, gab es einen Themenwechsel. Normalerweise gefallen mir solche Gedankensprünge, weil sich dadurch neue Gesprächsfelder ergeben und ich andere Interessen oder Bedürfnisse meines Gegenübers entdecken kann. Hier war das nicht der Fall.

Es ging um Regionen in Deutschland und auf der Welt, in denen es schön ist und in die man gerne reist. Eine Region wurde sozusagen im Doppelpack betrachtet: Wie ist dort fachmännisch gesehen der Arbeitsmarkt, und wie schön ist es dort , wenn man Urlaub machen könnte. Jetzt standen nicht mehr meine Arbeitsmarktkonzepte und Bildungspläne im Mittelpunkt, sondern auf dem Besprechungstisch lag plötzlich ein Reisekatalog („… na gucke“).

Ich bekam hiermit mitgeteilt, welche Reiseregion die Dame als nächstes bevorzugen würde. Dafür war auch schon eine Seite aufgeschlagen – der Veranstalter war klar, es fehlte nur noch der Termin für diese schöne Reise. Wie würde der mir nun noch mitgeteilt werden?

Ich hatte hier keine Chance, das war eine andere Liga. Aber noch hatte ich nicht entschieden, das Gespräch abzubrechen und mich höflich zu verabschieden. Ich ließ die Balance so, wie sie sich aufgebaut hatte.

Die attraktive Frau meinte dann, sie hätte noch einen anderen Katalog. Sie beugte sich zunächst weit vor – was physikalisch nicht notwendig war, um von ihrem Stuhl aufzustehen – warf ihren Oberleib nach vorne, lehnte sich wieder zurück, um Schwung zu holen, und unterstützte das mit nach oben gezogenen Beinen. In diesem Moment flunkerte mir das Dreieck eines weißen Höschens entgegen. Hui, Vorsicht: Kurve! Jetzt nicht die Contenance verlieren! Ficken für den Aufbau Ost. In der Amtsstube. Das wär’s. Alle Probleme gelöst. Nein, nicht meine Liga.

Die Zeit und das Geschehen waren soweit fortgeschritten, dass ich meine Präsentationen zusammenpacken konnte. Das tat ich auch. Bei diesem Spiel wollte ich nicht mitmachen und ich entschied, die Begegnung beenden. Das ging nur durch ein langes, dozierendes Reden mit vielen Gedankensprüngen, in denen immer wieder Einzelbruchstücke unseres Gesprächs vorkamen und diese Dame sich auch darin finden konnte. Dadurch hatte ich einen harmonischen Abschluss, wie wenn ein Masseur einen immer noch völlig verkrampften Körper am Schluss der Massage abstreift.

So ist mir eine Bildungs-„Maßnahme“ als Auftrag und Umsatz entgangen. Wie in Leipzig (Reisekatalog), in Schwerin (Freizeitboot), in Auer (Gartenmöbel und ein Gebrauchtwagen), in Parchim (Zuschuss für das Studium des Sohnes) und an anderen Orten. Auf dieser Ebene bewegten wir uns nicht. Solche „Geschenke“ verteilte mein Institut nie, solche Aufträge über Vitamin B hatten wir nie gebraucht.

Ich verließ diese graue, traurige Stadt so gegen 17 Uhr, alle Straßen waren fast leergefegt, und fuhr nachts noch bis nach Hause. Kein klarer Gedanke wollte sich formen. Eine Auswertung war substanzlos. Ich hatte mit hohem Aufwand noch einmal etwas probiert. Das Ausspähen eines speziellen Arbeitsmarktsegmentes war wieder einmal gut und gültig, was dann kam, hätte gut gehen können, verlief sich aber in einem entfernten Niemandsland.

Zu einem viel späteren Zeitpunkt, als schon alles den Bach heruntergegangen war, hatte ich mir ein Treffen mit einem leitenden Mitarbeiter der Innenrevision der Bundesbehörde verschafft. Da war noch gar nichts offiziell. Es war eine Begegnung in einer Pizzeria, bei der ich versichern musste, dass es sich ausschließlich um ein privates Anliegen handelte. Warum sollte ich diesem Mann das versagen, er wird triftige Gründe gehabt haben, also versprach ich, was er wollte.

Meine Schilderungen, in denen ich allerdings Ross und Reiter nicht nannte, hatten ihn nicht überrascht. Er ließ mich schätzen, wie hoch private Verbindungen dieser Art zwischen der Behörde als Auftraggeber und Bildungsträgern einzustufen wären. Ich tippte auf bundesweit 20 Prozent, er erwiderte: „Wir schätzen, es sind über 80 Prozent“. Weil ich nicht zu diesen über 80 Prozent gehöre und niemals gehört habe und nie gehören werde, konnte es nun mit meiner notwendigen Akquise nichts werden. Nur schade, dass gut zu sein, nichts nützt („…na gucke…“).

Arbeitsamt Schwerin, Nebenstelle Parchim/Lübz

Unser Institut hatte umfassende Erfahrungen und neben anderem eine gewachsene Kompetenz im Bereich EDV, Managementtechnik und Verkaufstraining. Deshalb bemühten wir uns in Bremen und in Nürnberg um den Zuschlag für die Einrichtung einer Call-Center-Schule. Aus gewissen nachvollziehbaren Gründen hatte das in Bremen nicht geklappt. Man wollte uns eben nicht. Das gesamte Know-how und die nötigen Ressourcen für eine Projektentwicklung waren nach wie vor vorhanden.

Die nächste Gelegenheit, das alles einsetzen zu können, bot sich in Parchim. Dort waren wir schon fast zehn Jahre mit einer Hotelfachschule tätig – übrigens mit den besten IHK-Ergebnissen – und bekannt. Das regionalpolitische Problem bestand darin, Call-Center-Betreiber davon zu überzeugen, nach Parchim zu gehen. Nur so würde dort auch eine Vielzahl an Arbeitsplätzen entstehen. Ein wichtiges Argument war das vorhandene, qualifizierte Personal. Wir sollten hierfür eine gewisse Garantie geben, dass innerhalb von ein bis zwei Jahren bis zu tausend (Teilzeit-) Mitarbeiter am Markt wären.

Um diese Strategie einer vollkommenen Neuansiedlung zu untermauern, mussten aus unserer Sicht folgende Maßnahmen durchgeführt werden: Die Anzahl und Qualifikation der Arbeitslosen musste untersucht und bereits angelegte Info- und Beratungsveranstaltungen durchgeführt werden. Es mussten potenzielle Teilnehmer getestet und exemplarische Berufsverläufe durchgespielt und für den geplanten Zweck motiviert werden, weil auch für die Teilnehmer dies völlig neue Berufsbilder waren. Schließlich musste für die Gesamtsituation – die Betreiber und die Teilnehmer – ein profunder Bildungsplan erstellt werden. Es mussten neue Räume angemietet und eine professionelle Call-Center-Anlage erworben und installiert werden. Es mussten Lehrkräfte für diesen Standort motiviert und viele, viele Details geregelt werden, fast wie bei einem Wanderzirkus, der für eine gute Organisation hinter den Kulissen sorgen muss, von der die verehrten Zuschauer nichts ahnen.

Dafür gab es Tag für Tag über eineinhalb Jahre zwischen unserem Institut, der regionalen Wirtschaftsförderung, den Call-Center-Betreibern, die im ganzen Bundesgebiet verteilt waren, und dem Arbeitsamt detaillierte Arbeitsgespräche und Vereinbarungen darüber, wie man das Ziel erreichen könnte. Es sollten in einem gewissen Turnus immer 80 Schüler an der Weiterbildung, hier präziser beruflichen Fortbildung, teilnehmen. Die ersten 40 Teilnehmer wurden geschult und es gab eine große Warteliste von weiteren Teilnehmern. Trotz weiterlaufendem Vertrag mit der Arbeitsverwaltung wurde kein weiterer Teilnehmer finanziell vom Arbeitsamt gefördert. Den Call-Center-Betreibern, die ihrerseits ihre Planungen abgeschlossen hatten, konnte ich keine Erklärung für diesen Zustand geben. Eines meiner geradlinigsten und arbeitsmarktwirksamsten Projekte kam hier zu Fall. Keine Erklärung, keine Erläuterung, keine Entschuldigung, keine Auseinandersetzung, keine Kommunikation, sondern alles kafkaesk.

Die letzten Rettungsversuche, die scheiterten

Trotz persönlicher Beteuerungen von Arbeitsamtsmitarbeitern, dass die Sache erledigt sei, blieb der Intraneteintrag bestehen. So manches uns gut gesinnte Amt wurde nervös und verstärkte pro Forma die Qualitätsprüfungen laufender Kurse, die von Dozenten geleitet wurden, die auch immer nervöser wurden, ob sie schlussendlich ihre Honorare bekommen würden. Manche schlechte Stimmung übertrug sich auf die in ihrer spezifischen Lage unsicheren Teilnehmer, die langsam auch etwas mitkriegten. In Nürnberg wurden die Kurse ausgerechnet von einem Mitarbeiter aus dem Arbeitsamt Schweinfurt geprüft, der seit Monaten daran arbeitete, dass wir dort keine Aufträge bekamen, und wohl privat mit dem dortigen Konkurrenten bekannt war und schon längst unseren dort verantwortlichen Mitarbeiter auf seine Seite gezogen hatte.

Die Verwaltungsabteilung unseres Instituts versuchte auf Hochtouren Kursgebühren einzutreiben, was misslang. Die Außenstände, das heißt der Betrag, den die Behörde noch nicht bezahlt hatte, wuchsen immens. Die Abstände der Bankgespräche nahmen nun nach über sechs Monaten dauerndem Liquiditätsengpasses ab.

Es gab auch viel Positives: Langjährige gute Beziehungen wurden zumindest durch Akklamation aufrecht erhalten. Die zentrale Koordination in Nürnberg stand nach wie vor zu mir. Einige Dozenten durchschauten die Situation voll und blieben letztlich im eigenen Interesse loyal und stundeten die Bezahlung zugunsten anderer, deren wirtschaftliche Situation und Einsicht dies verständlicherweise nicht erlaubten.

Wir stellten Rettungspläne und Reorganisationspläne auf, nahmen aber auch mit einzelnen Ämtern bereits Kontakt auf, um eine Übergabe von Kursen an andere Träger zu ermöglichen. Dies sollte dazu dienen, im Interesse der Teilnehmer und Dozenten noch mehr Schaden abzuwenden. Doch ohne jegliche Absprache und vertragliche Grundlage wurden sämtliche Teilnehmer in Schwerin, Suhl und Gera innerhalb von Minuten an andere Träger überstellt, obwohl immer noch der Unterricht von uns durchgeführt wurde, Verträge nicht gekündigt waren und alles den Umständen entsprechend gut verlief.

In Schwerin wurde die komplette Hotelfachschule vom Arbeitsamt an einen anderen Bildungsträger überstellt, obwohl wir selbst konkrete Übergabe- und Verkaufsgespräche führten und vertraglich vorbereiteten. Was diese Behörde sich leistete, war aus unserer Sicht Betrug und Diebstahl – das Gleiche gilt für den Bildungsträger, der so zu neuen Pfründen kam.

In Schweinfurt wurden nach fast einjähriger Vorbereitung ein sehr komplizierter Kurs eine Woche vor Beginn an unseren schärfsten Konkurrenten überstellt. Darüber hinaus wurde unser Mitarbeiter vom Arbeitsamt zur fristlosen Kündigung aufgefordert, wenn er seine Tätigkeit retten wollte, und ebenfalls dem Konkurrenten zur Verfügung stellt. Unsere sämtlichen schriftlichen Ausführungen für die Kursdurchführungen wurden einfach weitergegeben ohne Rücksicht auf Urheberrecht, Copyright oder sonstige Eigentumsrechte.

Die verbliebenen weiteren 23 Kurse gingen mit irgendeiner völlig unprofessionellen Lösung ohne unser Institut zu Ende. Die genehmigten 16 neuen Kurse kamen nicht zustande. Ein Kollege aus dem Führungsteam in Nürnberg befand sich wegen einer Herzattacke im Krankenhaus und musste ausscheiden. Eine organisatorische und finanzielle Rettung schien nicht mehr möglich. Die letzten neun Monate hatten nichts mehr mit dem zu tun, wie wir unsere Arbeit während der letzten 20 Jahre gemacht hatten. Insolvenz wurde angemeldet. Die bis dahin ausstehenden Kursgebühren von über einer halben Million Euro kamen nicht mehr beim Institut an, sondern beim Insolvenzverwalter.

Die Teilnehmer des bis ganz zum Schluss verbliebenen Weiterbildungskurses, der mit einem besonderen situativen Verständnis und fachwissenschaftlicher Berufsauffassung der leitenden Mitarbeiter des Arbeitsamtes Garbsen nach der Insolvenzanmeldung zu Ende geführt wurde, erhielten bei der Verabschiedung die entsprechenden gültigen Bildungsträger- und Verbandszeugnisse aus meiner Hand überreicht – unterstützt und begleitet von besonders kompetenten, zivilcouragierten und psychologisch volumigen Mitarbeitern des dortigen Arbeitsamtes, die sich um all das andere Drumherum nicht scherten.

Bis dahin hatte ich die Verantwortung über mehr als zehntausend Zeugnisse für Studienteilnehmer, denen wir in den ersten Arbeitsmarkt verholfen haben. Wir hatten alles für sie und die Behörde erledigt: Arbeitsmarktsegmente untersucht, praxistaugliche Lehrpläne geschrieben, Teilnehmer beraten und ausgewählt, sie in Praxisphasen vermittelt, sie in Arbeitsstellen des ersten Arbeitsmarktes vermittelt. Bezahlt hatte die Behörde mit bescheidenen Tarifen den Stundensatz pro Teilnehmer. Aber es war eine sinnvolle, erfüllende Aufgabe. An diesem Tag sollten es meine letzten Studienteilnehmer sein, die ein Zertifikat von mir erhielten. Kein schönes Gefühl, immer noch eine unerklärliche Situation.

Die Hausbank

Das Bildungsinstitut, wurde mit der konkreten Erwartung vorbereiteter, eingehender Aufträge und Einnahmen ohne Bankkredit gegründet. Wir kamen mit einer minimalen Ausstattung aus; ebenso hielten sich die Personalkosten in bescheidenem Rahmen. An allem wurde so gut wie möglich gespart. Dies bedeutete einen guten Start und eine gute Basis. Auch die Bank wurde jetzt auf ihren neuen Kunden aufmerksam, weil ein hoher Betrag das Girokonto füllte. Das hielt an und setzte sich steigernd fort, was gut war für Rücklagen aus Gründen der Sicherheit. Allerdings kamen mit der kontinuierlichen Expansion – wir eröffneten Niederlassungen in mehreren deutschen Städten – auch völlig ärgerlicher Verwaltungsaufwand, verbunden mit Kosten, auf unser junges Unternehmen zu, die mit der eigentlichen Leistungserbringung nichts zu tun hatten. Das schmälerte das Budget auf ein normales Maß mit dennoch guter Bonität.

Eine weitere Steigerung der Umsatzerlöse folgte durch die Eröffnung einer Hotelfachschule in Mecklenburg-Vorpommern. Davon merkte die Bank offensichtlich nichts – keine Betreuung, keine Beratung, eigentlich nicht einmal ein Verständnis einer „Betriebswirtschaft der Dienstleistung“ während dieser Expansion. Auch dafür benötigten wir keinen Kredit. Wir erwarben eine Immobilie, die wir vom Girokonto ohne langfristige Finanzierung bezahlten. Ein neu gegründetes Konsortium half bei der vollkommenen Restaurierung des Objektes und der Einrichtung eines wirklich noblen Weiterbildungsinstituts für die Hotelbranche. Die Expansion brachte zwangsläufig einen Fixkostensprung mit sich und auch wieder völlig neue Kostenarten wie Rechtsanwaltsgebühren, Beiträge für Versicherungen und Mitgliedschaften sowie ungewohnte Kosten der Personalentwicklung für die Mitarbeiter in den Filialen der neuen Länder. Mit den Rücklagen für die Absicherung der Marktpräsenz gab es aber nie einen Grund für eine Beunruhigung.

Eine erste unvorhergesehene Auftragskrise verschlang viel Substanz, zusätzlich mussten wir wegen verzögerter Zahlungseingänge Dispokredite in Anspruch nehmen. Unsere Bilanzen waren nach wie vor bankgerecht.

Sie beinhalteten allerdings nichts, was für einen Dienstleistungsbetrieb wichtig ist: Know-how und Erfahrung, eine bundesweite Marktpräsenz mit Filialen einschließlich einer guten Organisationsstruktur für dieses Gewerbe („Seminare mit handwerklicher Qualität“), die jederzeit abrufbare Seminarausstattung für bis zu 1000 Kursteilnehmer etc. Die Darstellung solcher Werte verlangt die Gesetzgebung nicht, was zeigt, dass die Dienstleistungsbranche insgesamt in einem modernen Wirtschaftssystem noch nicht mit allen seinen produktiven Faktoren gesehen wird. Im Bereich der Festeinstellungen setzten wir auf mehr Kompetenz im Management und weniger Lehrbefähigung im eigenen Haus, was dem Unternehmen eine gute Kostenflexibilität gab und sich auch organisatorisch als sehr anpassungsfähig erwies.

Und dann kam – Jahre später – die richtige Auftragskrise, deren Ursache im geplanten Vertrauensbruch von zwei bis drei eigenen Mitarbeitern und deren Komplizenschaft mit Mitarbeitern der öffentlichen Verwaltung in den entsprechenden örtlichen Ämtern lag. Zudem wurden einer neu geschaffenen Einrichtung in Mecklenburg-Vorpommern keine Teilnehmer zugeteilt, obwohl es Verträge gab. Auch waren bereits vor Beginn dieser Weiterbildung für die Studienteilnehmer Arbeitsplätze fest vereinbart. Wir wirkten sogar wie eine Unternehmensberatung bei der Neuansiedlung der Arbeitsplatz schaffenden Firmen mit und gaben den Investoren Garantien für die Personalbeschaffung. Das war ausschlaggebend für deren Ansiedlung als Call-Center-Dienstleister in der Region Parchim und Schwerin – mehrere Firmen mit weit über tausend Arbeitsplätzen wollten sich niederlassen.

Zu diesem Zeitpunkt, ohne da schon genau zu wissen, warum es zu dieser Krise gekommen war, weil sich alles über Monate verdeckt abspielte, kam es zu einem besorgniserregenden Liquiditätsengpass. Keiner unserer Steuer- oder Finanzberater nahm ihn jedoch nach so vielen erfolgreichen Jahren ernst. Nur unsere Bank wurde nervös. Wir mussten uns verschiedenen Sitzungen aussetzen, bei denen man lediglich feststellen konnte, dass unser Dienstleistungs-Metier hier immer noch nicht bekannt war. Das war aber nicht die Ursache für deren Unruhe. Schließlich wurden Sicherheiten verlangt, um den Dispokredit zu erhöhen. Dies wäre eigentlich nicht nötig gewesen, weil über einen längeren Zeitraum Zahlungen ausgeblieben waren, die man hätte abtreten können. Unsere Buchhaltung konnte den Nachweis erbringen, dass ein hoher sechsstelliger Betrag von der Bundesbehörde ausstand. Wir waren mit der Organisation und zwei Geschäftsführern privat in der Lage Sicherheiten zu geben. Mit dem erweiterten, raschen Dispokredit sollten vor allem die freiberuflichen Dozenten zügig bezahlt werden.

Doch was geschah: Obwohl wir dem Wunsch nachkamen, neue Sicherheiten zu geben, um damit liquide zu sein, löste die Bank die Verrechnungsschecks an die Dozenten nicht ein. Der Bankdirektor und seine Sachbearbeiterin hielten weder ihr Wort noch hielten sie sich an ihre schriftliche Zusage, für einen befristeten Zeitraum den Kredit zu erhöhen. Die geplatzten Schecks lösten natürlich helles Entsetzen aus, die Sache ging wie ein Lauffeuer durch die Geschäftswelt. Besonders betroffen waren die uns lange bekannten Privatdozenten, welche einen besonders ungeschützten beruflichen Status haben. Ein langjähriges, kollegiales Verhältnis war angekratzt, erschüttert, zum Teil zerrüttet. Um die eigene, bei vielen geschätzte Glaubwürdigkeit zu erhalten oder wieder herzustellen, überbrachten wir den Dozenten privat am Wochenende und auch nachts Bargeld, denn die laufenden Seminare durften auf keinen Fall unterbrochen werden. Doch das half nicht bei allen Mitarbeitern. Ich erinnere mich an einen Managementtrainer, NLP-ausgebildet, der mir am Telefon drohte, er könne mir mit seiner Kompetenz am Telefon „… einen Herzinfarkt hinreden“. Nun gut, sollte er es versucht haben, hätte ich ihm trotz seines sicher unwirksamen Versuches bei seinem offensichtlich gewaltigen eigenen Finanzproblem geholfen. Wir waren so groß, dass ich gar nicht wusste, was für aggressive, dumme Dozenten wir hatten.

Das hatte alles Auswirkungen auf den täglichen Unterricht mit immer noch ca. 500 (Ganztages-)Schülern. Zu diesem Zeitpunkt – wir hatten wieder konkrete neue und sinnvolle Aufträge in Aussicht – hatte sich unsere ganze Problemlösungsstrategie immer noch nicht auf die hintertreibenden Mitarbeiter und deren Komplizen in den örtlichen Ämtern konzentriert, sondern nur darauf, dass Geld benötigt wird – eine Mammutaufgabe. Die Bank hatte verbürgte neue Sicherheiten und gab trotzdem keinen Cent Spielraum. Ein verhandlungsoffensives Nachhaken bei der Bank-Zentrale ergab die Rückmeldung, mein Gehalt als Geschäftsführer sei zu hoch, ich hatte mir aber gar keines mehr ausbezahlt.

Später konnte man dann aus der Presse erfahren, dass diese Bank zu diesem Zeitpunkt so pleite war, wie eine Bank nur pleite sein kann. Deshalb konnte sie diese ernste vorübergehende Liquiditätslücke nicht überbrücken und setzte die Grundlage jeglichen wirtschaftlichen Zusammenarbeitens aufs Spiel: Vertrauen. Das bewerte ich als einen immensen Schaden mit großer Tragweite, der so schnell nicht wieder gut zu machen ist. Der materielle Schaden, der dadurch entstanden ist, ein fleißiges Unternehmen dem Henker auszuliefern und ihm nicht zu empfehlen, die zusätzlich erbrachten Sicherheiten einer anderen Bank anzubieten, ist monetär und wirtschaftsethisch nicht zu beziffern. Eine offene Frage bleibt, warum wir nichts davon erfahren hatten, dass unsere eigene Hausbank, über deren Konten pro Jahr ca. fünf Millionen Euro flossen, selbst pleite war, warum eine Bankenaufsichtsbehörde wie das Regionalbüro der Deutschen Bundesbank davon nichts vermeldete. Es kann doch nicht ausschlaggebend gewesen sein, dass der Inhaber der Bank und der Regionaldirektor der Bundesbank befreundet waren. Das ausgiebige, sympathische Sponsorenwesen der Bank hatte äußerst nachhaltige Auswirkungen auf das Vertrauensverhältnis zu ihren Kunden; umso größer war die Enttäuschung. Über dreitausend Klein- und Mittelbetriebe verloren wegen dieser Bank ihre Existenz und mussten Insolvenz anmelden. Und zig tausend Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz. Die nächste Frage, die sich hier aufdrängt, lautet: Warum hat der Bayerische Staat diese Bank nicht mit sicherlich wenig erforderlichen Millionen gerettet, um das Schlimmste zu verhindern? Der Inhaber der Bank war dann mit der Staatsanwaltschaft konfrontiert und ist nun vorbestraft – was mir auch nichts nützt. Die Reste der Bank wurden von der Commerzbank übernommen mit Milliarden Euro Subventionen. Von wem: vom Staat. Das ist die Antwort auf diese bayerische Tragödie.

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