Kitabı oku: «Die Eucharistie als Opfer der Kirche», sayfa 14
5.2 Maria - Urbild der Ekklesia
Wir stellen also bei Casel fest, dass er Maria ganz als den Typus, das Symbol der heiligen Jungfrau-Mutter Kirche, ansieht.437 Er nennt Maria auch die personifizierte menschliche Sehnsucht nach Gott, da sie die Gesegnete unter den Frauen genannt wird. Sie ist das „Gefäß“ der göttlichen, gnadengeschenkten Weisheit, denn eine weise und reine Jungfrau ist allein für das Göttliche offen. Dies drückt ihre Betitelung „ohne Flecken“ aus. Maria ist im Vollsinn Jungfrau-Braut. Jedoch geht Casel noch einen Schritt weiter, wenn er sagt, dass in Maria die ganze Menschheit Braut Gottes geworden und so vollkommen zu Gott zurückgeholt ist. Die Geburt Jesu aus ihr, der Jungfrau, macht Gott wieder eins mit den Menschen. Da Maria sich in bräutlicher, unbedingter Hingabe Gott zur Verfügung stellt, wahrt sie das heilige Pneuma. Die heilige Jungfrau wird durch das Pneuma zur heiligen Mutter, zur neuen Eva. Maria ist, auch als Mutter Gottes, immer noch die demütige Dienerin Gottes, d.h. ihre eigene Herrlichkeit liegt im Sohn begründet, auf den sie hinweist. Auch das Leid verbindet Mutter und Sohn. Sie steht unter dem Kreuz des Sohnes und wird dabei ganz die Mutter im Pneuma. Casel bewertet die Situation auf Golgatha, dass Maria unter dem Kreuz ihren Sohn, den Erlöser, dem Vater opfert. Nach der Auferstehung sieht sie ihn zum Himmel steigen und erwartet mit den Aposteln die Gabe des heiligen Pneumas. Das alles macht sie zum Abbild der Ekklesia. Johannes, der mit der Mutter unter dem Kreuz steht, nennt Casel ihren Sohn im Pneuma und konstatiert ihm ebenso Jungfräulichkeit. Die Reflexion Marias ist bei Casel in strikte Christozentrik eingebettet. Auf dieser Grundlage betrachtet er ihren Tod, ihre Aufnahme in die ewige Herrlichkeit. Marias Vollendung geschieht allein durch den Sohn. So gilt ihre Aufnahme bei Casel als Bild für die ganze Kirche. Die Aufnahme in Christus geschieht für die Gläubigen durch das Christus-Mysterium, durch das Maria schon im Himmel vollendet thront. Durch Maria ist jetzt die Kirche ebenfalls schon aufgenommen in die Herrlichkeit Gottes. Maria ist in dieser Konzeption Casels der vornehmste Typus der Kirche. Beiden, Maria und der Ekklesia, steht folglich gleichermaßen der Ehrentitel Virgo-Sponsa-Mater – Jungfrau-Braut-Mutter zu. Maria ist im Pneuma Braut, dadurch dann Mutter Christi im Pneuma, weil sie Christ in sich empfängt und gebiert. Maria vereinigt in sich leibliche und pneumatische Mutterschaft. Mit der Ekklesia teilt sie die pneumatische Mutterschaft, da beide Braut Christi sind. Zur wahren Braut muss die wahre Mutterschaft Christi gehören.438 Der Gottessohn, der zweite Adam (Gal 4,4), wird aus dem heiligen Pneuma und aus der Jungfrau Maria geboren. Casel findet hier beide zusammenhängenden Komponenten, Pneuma und Jungfräulichkeit, vor. Beides zeigt ihm an, dass die Geburt Christi aus Pneuma und der Jungfrau Christi Zeugung über das Menschliche hinaushebt und damit zugleich auch die Mutterschaft Mariens. Die leibliche Mutterschaft ist noch kein Privileg, das Maria zur Gesegneten unter den Frauen erheben würde. Erst die unbegreifliche Gnade durch das Pneuma schenkt ihr diesen Vorzug, „weil sie den Logos bewahrte, weil sie das Pneuma in ihre Seele aufnahm und es behütete“ und so zur wahren Mutter Christi wird. Dieser Prozess lässt Maria und Christus aneinander wachsen und in einer immer größeren Einheit verbunden sein. Doch dieser Prozess, so Casel, war zunächst bis zur Verklärung und Erhöhung Christi in Tod und Auferstehung verborgen.439 Nach der Offenbarung der Gottheit des Herrn, d.h. nachdem das Fleisch des Herrn zum Pneuma geworden ist, konnte und kann man seine Mutter in ihrem wahren Sein erkennen, so Casel.440
In diesem Zusammenhang ist der Tod Marias für Casel wichtig zu betrachten. Maria wird von den Kirchenvätern „Lade des lebendigen Gottes“ genannt und Casel folgert, dass Maria nach ihrem Heimgang erst recht die Christusträgerin ist, d.h. ganz von Christi Gegenwart erfüllt. Das Sterben Mariens führt sie in die ganze Fülle des Lebens, in die Fülle Gottes hinein. Dies ist das Mysterium in vollem Sinn, da Mysterium Erfüllung mit der Gegenwart Gottes bedeutet. Das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel stellt der Ekklesia Maria letztgültig als ihr Urbild vor Augen. Maria ist, wie gesagt, genauso wie die Ekklesia, Braut Christi. Dies drückt wiederum die Erfülltheit von der Gegenwart der Gotteskraft aus. Die Ekklesia ist im Heilsdrama des Christusmysteriums der Ort der Gottesgegenwart. Christus ist für die Ekklesia gestorben und damit gleichfalls für Maria, so Casels Ansatz. Maria und die Ekklesia folgen dem Herrn, dem Verklärten. Die sterbende Maria ist der Typus der Ekklesia, die dieser Welt stirbt, d.h. ihrem Eigensinn, ihrem Ich, um allein zum göttlichen Leben zu gehören. Daher bezeichnet er den Heimgang Mariens als Bild für die zur Hochzeit mit dem Herrn, ihrem Bräutigam, eilende jungfräuliche Braut. Ihrem Bräutigam Christus will sie alleine angehören, mit ihm eins sein, als der eine Christus, dessen Leib sie teilt und dessen Haupt Christus ist. Sterbend, so Casel, wird die Ekklesia Frau Christi, die ihrem innersten Wesen nach sich selbst stirbt und daher zur Herrschaft mit Christus gelangt.441
Die endgültige Vereinigung Marias mit dem Sohne, der zugleich der Bräutigam ihres Pneumas ist, kommt in ihrem Tod zur Vollendung, was für die Kirche wiederum Urbildfunktion hat: Durch und in Maria ist die ganze Menschheit aufgenommen in Gott. Die Ehrentitel Mariens sind also auf die Ekklesia übertragbar: Jungfrau-Mutter-Braut. Sie ist Braut im Pneuma und dadurch Mutter Christi im Pneuma. Maria teilt mit der Ekklesia die pneumatische Mutterschaft,442 weil die Gläubigen durch die pneumatische Geburt aus dem Pneuma und dem Wasser aus dem Mutterschoß der neutestamentlichen Jungfrau Ekklesia geboren werden. Maria besitzt diese jungfräuliche Mutterschaft aus dem Pneuma in ihrem irdischen Leben und Gott gibt dieses Pneuma der ganzen Ekklesia.443
Damit führt er die augustinische Lehre über Maria in seine Konzeption ein. Die pneumatische Beziehung ist eine umgekehrte Beziehung. Pneumatisch zeugt Christus Maria – Tochter Christi – filia sponsi. Das Privileg der leiblichen Mutterschaft ist allein Maria zu Teil geworden, doch die pneumatische Mutterschaft ist jeder Christus liebenden Seele eigen.444
Casel analysiert die Einschätzung der weiblichen Natur durch die Kirche im Hinblick auf Maria und gelangt für sich zu einer Definition, dass die wahre Frau nicht in sich selbst ruhen will, sondern sich ganz dem Bräutigam, dem geliebten Mann zur Verfügung stellen will. In der Hingabe der Liebe, der Teilnahme am Leben des Mannes, erlangt die Frau schließlich ihre eigene Vollendung. Auf Maria übertragen bedeutet dies, dass ihre Vollendung durch den Sohn geschieht. Casel verschließt zwar nicht den Blick für die Entwicklung des Frauenbildes im 20. Jahrhundert, bleibt dennoch bei seinem Verständnis des eigentlichen Wesens der Frau: Teilnahme an einem Ganzen, das durch ein Anderes erst dazu wird.445 Auf der Grundlage dieses Ansatzes geht Casel davon aus, dass die von Gott aufgenommene Maria der Typus des erfüllten Frauseins ist. Ihre Hingabe sei kein „Sich-Wegwerfen“ sondern ein „Sich-Wegschenken“ an den Sohn, der im Pneuma ihr Bräutigam ist. Zugleich hebt er hervor, dass Maria als Aufgenommene nicht in einem irdischem Sinne Braut ist, sondern in der Form der Opferbereitschaft aus Gottesagape heraus: Sponsa Verbi – Braut des Logos. Beide sind geeint durch den Hauch des Pneumas, so wird sie Gefäß für das göttliche Pneuma, was sie umgekehrt selbst zum Pneuma macht. Die hier nun herrschende Agape ist dienende Agape, was nach Casels Konzept das innere Wesen des Weiblichen ist: Damit ist die Frau wieder so hingestellt, wie von Gott in der Schöpfung erdacht, nämlich als in Liebe unterworfene Teilhaberin des Lebens des Mannes. Er geht so weit zu sagen, dass die Einheit im Pneuma wiederhergestellt ist und durch die Ungleichheit in der Gleichheit die Agape zur höchsten Blüte gelangt. Für dieses neue Verhältnis von Mann und Frau führt Casel verschiedene neutestamentliche Begegnungen Jesu mit unterschiedlichen Frauen an, die durch diese Begegnung den wahren Sinn des Lebens erkennen. Maria ist für Casel das Spiegelbild des Logos, d.h., dass sie im Glanz Christi das ist, was sie ist. Ihre innerste Agape lässt sie vor dem Sohn zurücktreten, um ihn vor den Menschen leuchten zu lassen. Sie verkündet als Braut des Bräutigams, durch ihre demütige Liebeshingabe ganz den Bräutigam und erhält selbst die Größe, die ihr zusteht.446 In eben dieser Haltung ist Maria für Casel das Urbild der Ekklesia:
„So ist Maria der vornehmste Typus der Braut des Neuen Bundes, der Ekklesia. Denn diese ist ja auch ganz hingebendes Weib [Casel benutzt immer diesen Begriff, aber nicht in negativ besetztem Sinne. Anmerk. d.Verf.], treue Braut, geehrte Königin, die alles von ihrem geleibten Bräutigam Christus empfängt, in seinem Glanze strahlt und ihm die Liebe jauchzend zurückgibt und darin selig ist. So sehr strahlt sie im Glanze Christi, dass man sie vom Herrn kaum unterscheiden kann, dass beide zusammen der eine Christus sind.“447
Casel fordert darum dazu auf:
„Schauen wir hin auf Maria, das Vorbild der christlichen Frau, dem Typus der Ekklesia. Sie wollte nicht Christus sein, aber durch ihre Demut strahlt sie im Glanze ihres hohepriesterlichen Sohnes, des Bräutigams ihrer Seele, strahlt sie als heilige Sophia. Die göttliche Weisheit, deren Gefäß sie ist, leuchtet durch sie hindurch. Sie ist Abglanz des Logos.“448
5.3 Synthese der ekklesiologischen Bilder
Casel sagt von den Bildern, die man für die Kirche verwendet, dass sie Symbole der pneumatischen, göttlichen Wirklichkeit sind, die sich vor dem geistigen Auge entschleiern.449 Er folgert, dass um der Ekklesia willen alles andere ins Dasein gerufen worden ist. Hinter dieser Aussage verbirgt sich die Auffassung: das Mysterium des Christus aeternus. Christus hat nicht nur als der Logos ein ewiges Sein in Gott, sondern auch als Mensch. Von Joh 17,24 her wird der Rückschluss auf den Herrn mit einer Ekklesia gezogen, der sie in eine Vorrangstellung stellt, sie zum Herz der Schöpfung beruft, zum Ort der Versöhnung des Kosmos mit Gott. Sie wird als Krone der Schöpfung gesehen, da sie in sich die ganze Kreatur in Christus dem Vater darbietet.450 Das Verständnis des Verhältnisses von Christus zur Kirche mündet darum in dieser Gedankenkonzeption immer in den Grundgedanken der Einigung ein. Die Einigung mit Christus, dem Haupt, bezieht die Gläubigen in die Einigung mit dem trinitarischen Sohn ein und dadurch zur Teilhabe an der göttlichen Natur. Da die Einigung durch den Sohn zugleich mit dem Vater und dem Pneuma vollzogen wird, erhält der Gläubige Anteil am innersten Leben des dreieinigen Gottes. Die Ekklesia ist mit dem Sohn und Vater im Lebensstrom geeint worden. Diese personale Einigung sieht Casel im Bild von Braut und Bräutigam. Dabei schenkt sich die Braut dem Gatten frei von jedem Zwang, und beide werden zu einer Person, die als eine Person am Herzen des Vaters ruht. Die Psalmworte (Ps 2,7) „Mein Sohn bist du! Heute zeuge ich dich“ werden in dieser Art von Casel nicht nur auf Christus, sondern zugleich auf die Ekklesia und ihre Einbeziehung in die heilige Dreifaltigkeit bezogen. Casel sieht das letzte Ziel dieser Einigung im Überströmen des göttlichen Lebens in die Ekklesia, die mit dem Sohn thronen darf, die so ein Symbol der Trinität ist. Die Ekklesia ist nur zu verstehen, wenn man in das innerste Lebensmysterium Gottes, und das ist die Trinität, hineinblickt.451 Denn die Einheit des dreifaltigen Gottes ist der Schlüssel für die Einheit von Christus und Ekklesia. Die größte Einheit bei gleichzeitiger größter Verschiedenheit ist Urbild für die Ekklesia. Jeder einzelne ist ein vom anderen verschiedenes Glied am Leibe Christi. Das Pneuma vermag die Einheit zu stiften, dass von der Ekklesia als einer Person gesprochen werden kann, die ihrerseits als Person eins ist mit Christus selbst. Hier spricht Casel vom pneumatischen Christusleib. Er betont, schon Paulus habe bei der Einheit des Leibes stets auch von der Trinität gesprochen. Den Grund für diese Gegenüberstellung sieht er darin begründet, dass die trinitarische Einheit, durch den göttlichen Liebeswillen, einer sichtbaren Darstellung bedürfen wollte und dies im pneumatischen Leib Christi erzeugt habe, dass damit der Sehnsucht des Menschen geholfen und die gespaltenen Menschheit im Blut Christi zum einen vollendeten Menschen geformt sei. Wo das Pneuma, das innerste Wesen der Kirche, als Braut des Herrn offenbar wird, da erscheint die Ekklesia als Ganzes. Das Pneuma erscheint zwar in verschiedenen Gaben der Glieder, was die Einheit nicht beeinträchtigt. Vielmehr wird so das Wachsen der Agape ermöglicht durch verschiedene Charismen in der Gemeinschaft.452 Damit erscheint die Kirche deutlich als ein Liebesbund, einer Einheit von Gläubigen untereinander und mit Christus (vgl. Röm 14,7-10), die die wesenhafte urbildliche Einheit von Vater und Sohn abbilden. Der Christus aeternus bildet die Mitteilung der Sohnesherrlichkeit und dadurch die Offenbarung der väterlichen Offenbarung der Agape an die Gläubigen ab und ist so zugleich seinshafte Mittelung des göttlichen Lebens.453
5.4 Ausblick
Drei grundlegende Kirchenbilder legt Casel in seinem ekklesiologischen Entwurf vor, die er allesamt biblisch und von den Kirchenvätern inspiriert herleitet. Kirche als Leib Christi, Kirche als Jungfrau-Braut Christi und Kirche als Mutter. Letzteres ist personalisiert durch den Rückgriff auf Maria, die Mutter Christi. Alle Bilder zeigen die innere enge Verbindung von Ekklesia an Jesus Christus. Ob als Leib, Jungfrau-Braut oder Mutter ist Kirche in diesem Konzept nicht denkbar ohne die Verankerung und Begründung in Jesu Sein und Handeln. Erst aus ihm heraus gelangt Kirche zur Existenz. Die Ekklesiologie Casels gründet in der radikalen christozentrischen Ausrichtung der Theologie Casels. Er geht dabei so weit zu sagen, dass Kirche und Christus gemeinsam den pneumatischen Christus bilden. Das Wesen der Ekklesia ist grundsätzlich an das Wesen Christi gebunden. Damit stellt sich jetzt die Frage, welche Konsequenzen das Wesen der Kirche für das Handeln der Ekklesia hat bzw. wie sich das Wesen der Kirche konkret äußert. Dabei ist zugleich zu fragen, kann die Ekklesia eigenständig aktiv handeln, oder handelt sie passiv mit Christus, ihrem Haupt und Bräutigam. Diese Frage ist für unser Thema von großer Bedeutung, weil wir ja letztlich nach der Eucharistie als Opfer der Kirche fragen.
Bisher haben wir in der Ekklesiologie Casels nach den Bildern der Einheit mit Christus gefragt und fanden „Leib“, „Braut“ und „Jungfrau-Mutter“ als wirklichkeitserfüllte, christologische Kirchenbilder. Die Einheit der Kirche mit Christus zeigt sich laut Casel zugleich in konkreten Lebensäußerungen und nennt die ganze Liturgie und insbesondere die Sakramente an dieser Stelle. Als wir uns die Grundzüge des Theologieentwurfes Casels deutlich machten, sahen wir, dass das eine Mysterium Christi bei Casel nicht ohne das Kultmysterium denkbar ist. Wir wollen uns darum nun abschließend in diesen Paragraphen der Ekklesiologie dem Kultmysterium bei Casel eingehender zuwenden und danach im nächsten Paragraphen konkret die Eucharistie in der Fragestellung der Vergegenwärtigung des Lebensopfers Christi im Kultmysterium der Ekklesia bearbeiten. Daraus wird sich ergeben, ob und in welcher Weise überhaupt von einem Opfer der Kirche die Rede sein kann.
6. Das Kultmysterium der Ekklesia
Grundlegendes zur Ekklesiologie Casels haben wir uns bereits im 1. Paragraphen vor Augen geführt. Bei Casel wird die Heilsvermittlung grundsätzlich ganzheitlich und personal verstanden und daher ist die Gnade ganz konkret verstanden. Die Einheit von Gläubigen und Christus ist als „Mitsterben und Mitleben“ der Gläubigen mit Christus angesehen. Dieses „mit“ Christus bildet die sakramentale Grundgestalt.454 Taufe und Eucharistie sind für Casel, gerade durch die Normativität der Väterzeit, der eigentliche Ausgangspunkt für das „mit Christus“. Als sacramenta maiora sind sie Fixpunkt für die christozentrische Ausrichtung auf die Passion Christi, in der ihr Entstehen liegt. Die übrigen Sakramente, mit Ausnahme der Firmung, sind somit schwieriger von Casel in eine so eng konzipierte Sakramententheologie einzufügen. Priesterweihe, Ehe, Buße und Krankensalbung versteht er darum eher vom Sein und Handeln der Kirche her als zentrale Verwirklichungsweisen des Kircheseins und zugleich als Manifestation der Lebensgemeinschaft mit dem Haupt Christus. Casels Anliegen ist es, eine losgelöste und individuelle Gnadenvermittlung abzuwehren und vielmehr eine tätige Mitwirkung der Kirche im Sakrament aufzeigen. Das Sakrament erhält von Casel die Bedeutung einer Ausdruckshandlung der inneren Beziehung von Christus und Kirche: Sakramente sind von Christus bereitstellt, damit die Kirche Christi Liebe nun in unüberbietbarem Symbol ausdrücken kann.455
Dieses Konzept sieht im Kultmysterium nicht allein die Gnadenwirkung, also allein den Effekt aus dem Heilshandeln Christi, sondern das Erlösungswerk selbst wird als solches gegenwärtig gesetzt. Es wendet sich also gegen jedwede Effektustheorie. Auch wenn Casel eine ablehnende Haltung gegenüber der Scholastik einnimmt, beruft er sich doch öfter auf das scholastische Grundprinzip „Gratia supponit et perficit naturam“, meist in Bezug auf die heidnischen Mysterienkulte und ihr Verhältnis zu den christlichen Sakramenten. Um seine Argumentation zu festigen, greift er auf Thomas von Aquin zurück. Doch lässt sich zeigen, dass Thomas letztlich nicht für die These Casels Pate stehen kann, sondern nur als Zeuge der Tradition benannt werden kann. Als Theologe sieht Thomas von Aquin dann doch schon die schlichte Gegenwart der Gnade mit dem rein symbolischen Gedächtnis des Heilswerkes. Casel will aber im Kultmysterium die geschichtliche Heilstat als „pneumatisches Geschehen“ gegenwärtig sehen, d.h. die Heilstat, in der seinsmäßigen Wandlung vom Leiden zur Herrlichkeit hindurch, wird nicht neu von Karfreitag bis Ostern vollzogen, sondern wird unter einem kultischen Symbol gegenwärtig. Casel geht es bewusst nicht um die Gegenwärtigwerdung nur der Gnadenwirkung des österlichen Erlösungsgeschehens.456 Für Casel steht immer die Vergegenwärtigung des ganzen Christusmysteriums im Vordergrund aller Ekklesiologie. Warum legt er aber diesen besonderen Wert auf die kultische Vergegenwärtigung des Christusmysteriums?
6.1 Kultmysterium als Ausdruck der Einheit von Gott – Mensch
„Die Einheit von Gott und Mensch im Christusmysterium wird durch die Einheit von Christus und der Kirche im Kultmysterium gegenwärtig und zugänglich. Die anthropologischen Voraussetzungen, die Casel in den antik-heidnischen Mysterien und deren Symboldenken fand, sind ebenso wie historisch-kritische Überlegungen einzubeziehen. Sie ersetzen die philosophischen Grundlagen christlicher Theologie nicht, sondern fordern sie heraus. Die langen religionshistorischen und philologischen Auseinandersetzungen Casels mit den Gegnern einer Vorbildhaftigkeit der antiken Mysterien für das christliche Verständnis belegen den Mangel einer adäquaten philosophischen Grundlegung. Die knappe Formulierung Thomas’ von Aquin: gratia supponit et perficit naturam, lässt offen, was in diesem Zusammenhang Natur des Menschen bedeutet.“457
Casels Sicht der menschlichen Natur ist harmartiologisch bestimmt. Eine positive Würdigung der menschlichen Natur oder die Vorstellung, dass diese durch die Gnade entfaltet werden könnte, sucht man in diesem theologischen Konzept vergeblich. Es findet sich eher die Gleichsetzung von Natur und Sünde. Das Kreuz bildet die Gegenposition zur gottfernen Natur. Die Natur erscheint als die Kluft zwischen Gott und Mensch. Dabei zeigt sich eine bedenkliche Tendenz. Schilson zeigt auf, dass es zu einer so großen Vergöttlichung des Menschen durch das Gnadengeschehen kommt, dass die Gefahr besteht, dass das Geschöpfsein des Menschen verloren geht und die Individualität eingebüßt wird. Der „natürliche Mensch“ verliert sich zugunsten seiner Bestimmung als „zweiter Christus“. Der Mensch soll in dieser Konzeption der Gnade seinem eigenen Ich sterben, um zum Mysterium, zum Symbol der Einheit von Gott und Mensch im Gottmenschen Christus zu werden. Schilson bemerkt, dass hier eine überzogene Theozentrik vorliegt.458 Nun schließt sich für uns die Frage an, wie in der Caselschen Denkform Gnade und Freiheit des Menschen grundsätzlich zueinander stehen. Die Freiheit meint bei Casel zwar die wahre Größe des Menschen, dennoch hat Gottes Gnade bei ihm absoluten Vorrang.459
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