Kitabı oku: «Das digitale Wirtschaftswunder», sayfa 2
DATENSCHUTZ ALS WACHSTUMSKILLER?
Daten sind das „neue Gold“ oder das „neue Erdöl“ – diese und ähnliche Vergleiche haben eines gemeinsam: Sie hinken. Denn Daten sind nicht nur als Rohstoff zu sehen. Jener Teil, der persönliche Daten sind, ist Teil von uns beziehungsweise unserer technologischen Identität. Das macht sie besonders wertvoll und das bedeutet für jene, die sie nutzen, Verantwortung zu übernehmen.
Die Technologie-Skepsis kommt bei der Datenschutz-Thematik besonders zu tragen. Österreich hat eine besondere Beziehung zum Datenschutz. Der weltweit führende Datenschützer, Max Schrems, ist Österreicher. Seine Arbeit wird gern als Kampf Davids gegen Goliath Mark Zuckerberg gefeiert. Nicht, dass man alles gutheißen muss, was Mark Zuckerberg tut, aber die zutiefst skeptische rückschrittliche Einstellung der Datennutzung gegenüber wird uns nicht voranbringen und kann uns in unserer Entwicklung in vielerlei Hinsicht hemmen. Datennutzung ist Realität. Sie wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zunehmen – um das zu wissen, muss man kein Prophet sein. Sie blind zu bekämpfen ist kontraproduktiv, sinnlos und unserer Wirtschaft, dem Wohlstand sowie der Gesellschaft und damit den Menschen gegenüber verantwortungslos. Es gilt sie vielmehr verantwortungsbewusst zu nutzen.
Datenschutz wird in Europa vornehmlich aus der Konsumenten-Perspektive wahrgenommen. Der Grundgedanke der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), dem Kunden die Hoheit über die Daten zu geben, ist dabei grundsätzlich lobenswert und durchaus nachvollziehbar. Wenn aber Unternehmen ernsthaft überlegen müssen, ob sie E-Mail als Kommunikationskanal zum Kunden nicht sperren müssten, weil es den Datenschutz verletzt, dann ist die Umsetzung eine ernsthaft zu hinterfragende Katastrophe. Das Geburtstags-E-Mail darf nicht von der Marketing-Abteilung verschickt werden; und die absurdeste Diskussion in der Datenschutz-Euphorie war wohl jene, in der es darum ging, ob die Sprechanlagen bei den Wiener Gemeindebauten die Namen tragen dürfen oder nur nummeriert werden sollen.
Die große Problematik der Datenschutz-Grundverordnung ist allerdings die Rechtsunsicherheit. Es geht nicht klar hervor, was erlaubt ist und was nicht. Unternehmen müssen sich entscheiden, ob sie im Graubereich agieren oder viel Zeit und Geld investieren, um besonders vorsichtig zu sein und jedes neue IT-Projekt auf den Datenschutz hin rechtlich zu prüfen. Diese unklare Situation und der starke Datenschutz sind ein Wettbewerbsnachteil, den sich Europa den USA gegenüber freiwillig auf Jahrzehnte einhandelt. Wir errichten damit neue Grenzen und erschweren Wirtschaftswachstum und Innovationskraft. Wir dürfen aus dem Datenschutz keinen Wachstumskiller machen. Die nationalen Regeln, Gesetze und Vorschriften sind oft gut gemeint, aber das kann auch – wie so oft – zum Gegenteil von gut werden. Mehr als 100 Länder weltweit haben in den letzten 20 Jahren nationale Datenschutzgesetze erlassen. Aber unsere Wirtschaft, die digitale Wirtschaft der Zukunft, basiert auf der Nutzung von Daten. Diese Gesetze behindern den freien Fluss von Daten, von IT-Produkten, IT-Dienstleistungen und den bei uns dringend benötigten IT-Fachkräften. Wir brauchen eine Balance zwischen notwendiger Regulierung und erforderlicher Freiheit – keine Schieflage.
Konkret bedarf es einer harmonisierten Gesetzgebung in der EU, denn jedes Land interpretiert die europäische Grundlage in Details unterschiedlich. Vor allem benötigt es auch Verordnungen, die aufbauend auf einer europäischen und nationalen Datenstrategie explizit rechtssicheren Raum schaffen und zum Beispiel die Frage der Datennutzung in Europa klären.
Generell muss unser Zugang zu Daten sich am Nutzen orientieren: Was bringt die Datenverwendung, was kann ich damit erreichen? Und dann natürlich die Abwägung der Risiken und Gefahren, die dem entgegenstehen. Leider betrachten wir im Moment fast ausschließlich die Risiko-Perspektive, und viel zu selten wird der Nutzen in den Vordergrund gestellt und bewertet.
Die elektronische Gesundheitsakte ist ein gutes Beispiel: Daten können in der Medizin Leben retten, beispielsweise bei Wechselwirkungen von Medikamenten. In Norwegen etwa hat man dies erkannt und die nationale Gesundheitsakte eben genau damit beworben, dass Daten Leben retten können. In Österreich wird die Diskussion absurderweise ausschließlich über die Frage der Haftung für Mediziner geführt, die vielleicht etwas übersehen könnten, wenn ihnen die Daten elektronisch zur Verfügung stehen.
AUS DER KRISE: DIGITALISIERUNG ALS KONJUNKTUR-MOTOR
WIE AUCH IMMER MAN zum technologischen Fortschritt steht, ob skeptisch zurückhaltend, verhalten optimistisch oder euphorisch begeistert – eindeutig ist, dass uns die Digitalisierung eine Orientierung für den Weg in die Zukunft bietet. Und mehr als das: WWW steht nicht nur für das World Wide Web, sondern auch für Wachstum, Wohlstand – und Wandel. Denn der wird notwendig sein, um die ersten beiden W zu erreichen. Und dieser Wandel heißt Digitalisierung.
Zu den besonders abgedroschenen Kalenderweisheiten gehört der Satz „Jede Krise ist auch eine Chance“. Es ist das Letzte, was wir von einem guten Freund hören möchten, wenn wir in einer echten Krise stecken. Das Furchtbare und gleichzeitig Wunderbare daran: Der Satz ist wahr.
Bei einem Forschungsprojekt an der Universität Klagenfurt ging es um das Thema Weisheit. Begehrt, aber schwer zu fassen. Deshalb veröffentlichten die Forscher einen Aufruf in einer Zeitung, „weise Menschen“ zu nominieren. Die genannten Personen wurden zu Interviews eingeladen.
WEISHEIT ENTSTEHT AUS NEGATIVEM
Was sich bei den ausgewählten Personen deutlich zeigte: Fast alle haben einschneidende negative Erfahrungen machen müssen, von schwerer Krankheit über den Tod eines geliebten Menschen bis zu schmerzhaften Trennungen. Ihre Art, mit diesen Schicksalsschlägen umzugehen, sich selbst zu hinterfragen, eigene Glaubenssätze anzuzweifeln, hat schließlich zu einer Art von Weisheit geführt, die die Forscher überzeugt hat.
Auch Covid-19 ist ein einschneidendes, vielleicht sogar traumatisches Erlebnis. Von einem Tag auf den anderen Aufträge verloren, Kunden weg, von Lieferanten abgeschnitten, das ganze Business-Modell auf dem Prüfstand. Die Geschäftswelt im Stillstand. Zumindest teilweise. Denn die digitale Welt drehte sich auch während des Lockdowns weiter, vielfach sogar schneller als zuvor.
Genau das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse des Lockdowns: Die Vorreiter der Digitalisierung tun sich in der Krise wesentlich leichter als die Nachzügler. Sie waren auf Remote Working vorbereitet, konnten ihre Produkte und Dienstleistungen zumindest teilweise über digitale Verkaufskanäle aufrechterhalten, während bei anderen mangels Online-Vertriebsmöglichkeiten schlicht die Lichter ausgingen.
Das ist mehr als eine subjektive Alltags-Beobachtung. In einer Befragung von österreichischen Unternehmen durch Accenture und die Industriellenvereinigung gaben mehr als die Hälfte (57 Prozent) an, dass Digitalisierung im Unternehmen bei der Bewältigung der Krise stark beziehungsweise sogar sehr stark geholfen hat. Damit bestätigt sich empirisch, was Einzelbetrachtungen schon gezeigt haben: Je höher der Digitalisierungsgrad bei der Steuerung von Prozessen, desto geringer der Umsatzrückgang. Wer Datenanalysen und Algorithmen nutzt, ist zwar nicht unverwundbar, hat aber eine signifikant höhere Resilienz gegenüber Krisen.
MEHR DIGITAL IST GLEICH WENIGER MINUS
Was für einzelne Unternehmen gilt, gilt in Summe auch für die gesamten Volkswirtschaften. Auf makroökonomischer Ebene zeigt sich deutlich, dass Länder wie Finnland, Dänemark oder Schweden deutlich besser durch die Krise kommen, weil dort die Digitalisierung weiter fortgeschritten ist. Das zeigt ein Vergleich des DESI-Index der EU (Digital Economy and Society Index) mit dem prognostizierten Konjunkturabschwung 2020. In den nordischen Ländern dürfte der BIP-Rückgang deutlich niedriger ausfallen als in Italien oder Portugal, Europas Schlusslichtern bei der Digitalisierung.
Hier heruntergelassene Rollbalken und geschlossene Geschäfte, dort boomende Online-Plattformen und schwitzende Paket-Zusteller: Wie unter einem Brennglas hat uns die Corona-Krise vor Augen geführt, welche Bedeutung die Digitalisierung für das Funktionieren der Wirtschaft hat.
Und das gilt nicht nur während der Krise, sondern vor allem auch, um aus der Talsohle möglichst rasch wieder herauszukommen. Das beste und wirkungsvollste Mittel dafür ist die Digitalisierung. Ein solcher Satz ist kein verzweifeltes Beschwören einer Zauberformel, sondern basiert auf einer detaillierten Analyse, wie sie Accenture für die österreichische Bundesregierung durchgeführt hat. Und dieser Satz basiert auch auf einer gehörigen Portion Logik und Alltagserfahrung.
PER ONLINEBANKING DAS BIP STEIGERN
Wer seine Bankgeschäfte online erledigt, muss nicht extra in eine Filiale fahren und dort in einer Schlange vor dem Schalter warten. Er spart also Zeit, was in wirtschaftlichen Kategorien gedacht nichts anders als eine Effizienzsteigerung bedeutet, da eine transaktionale Tätigkeit mit möglichst wenig Aufwand durchgeführt wird. Dadurch wird das Zeitbudget entlastet, es bleibt mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeit. Der Onlinebanking-Nutzer erhöht so seine Produktivität – und damit in Summe auch das BIP.
Aber keine Sorge. Auch wer die durch das Onlinebanking genutzte Zeit lieber für einen kleinen Braunen im Kaffeehaus nutzt, trägt etwas zum BIP bei, solange er seine Rechnung zahlt und dem Ober vielleicht sogar ein Trinkgeld gibt. Alles jedenfalls besser als die Hin- und Rückfahrt zur Filiale und das Warten im Kassenraum.
Dieses Beispiel scheint banal, ist es aber nicht. Denn in Summe addieren sich derartige Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen bei Unternehmen auf makroökonomischer Ebene zu deutlichen Wachstumseffekten. Europäische Studien zeigen, dass eine Erhöhung des Digitalisierungsgrades das BIP einer Volkswirtschaft zwischen 0,4 Prozent (Minimum-Szenario) und 1,9 Prozent (Maximum-Szenario) pro Jahr steigern kann. Umgelegt auf Österreich würde das ein zusätzliches BIP-Wachstum von bis zu 3,6 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten. Zum Vergleich: Der Wertschöpfungsbeitrag der gesamten Land- und Forstwirtschaft zum BIP betrug 2019 4,5 Milliarden Euro.
144 EINGESPARTE MINUTEN
Geht man bei dieser Simulations-Rechnung weiter in die Tiefe, zeigt sich, dass die Effekte allein durch den verstärkten Einsatz von künstlicher Intelligenz erheblich sind. KI trägt dazu bei, die Arbeitsabläufe durch Automatisierung effizienter zu gestalten, wodurch die Beschäftigten mehr Zeit für produktive, wertschöpfende Tätigkeiten bekommen – sozusagen ein potenzierter Onlinebanking-Effekt. In Summe kann das eine Steigerung der Produktivität um bis 30 Prozent bedeuten. Umgerechnet auf einen Acht-Stunden-Arbeitstag bedeutet das pro Beschäftigten einen Gewinn von zwei Stunden und 24 Minuten.
Dazu kommt noch der Einsatz von Big-Data-Analysen. Setzt man diese gezielt ein, durchaus verbunden mit KI, ergeben sich neue Erkenntnisse über Kundenverhalten und -wünsche sowie bevorzugte Prozesse und Abläufe, die fundiertere Entscheidungen und damit eine bessere Unternehmenssteuerung ermöglichen.
An dieser Stelle kommt regelmäßig der Einwand, Digitalisierung sei grundsätzlich nur für einen Teil der Unternehmen nutzbar, besondere Skeptiker sprechen sogar von einem kleinen Teil. Es stimmt schon: Friseure werden ihren Kunden weiterhin die Haare nicht digital schneiden können und selbst ein superschnelles Breitband ist zum Föhnen ungeeignet und wird Haare nicht trocknen können. Installateure werden weiterhin eine tropfende Leitung vor Ort abdichten müssen. Aber das ganze Drumherum um seinen Job kann auch der Handwerker digitaler gestalten – und damit effizienter. Das beginnt bei der Terminvereinbarung, umfasst die Möglichkeit, Bilder eines Schadens digital hochzuladen, um so gleich beim ersten Vor-Ort-Termin die richtigen Ersatzteile und Werkzeuge dabeizuhaben, und geht bis zur intelligenten Heizungsanlage, die sich meldet, wenn sie gewartet werden muss und gleich mitteilt, was ihr genau fehlt. Alles das spart leere Kilometer.
Effizienzsteigerung ist dabei kein Selbstzweck. Alle diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass unser Beispiel-Installateur mehr Zeit für seine eigentliche Tätigkeit hat. Das Rezept heißt also: weniger Aufwand für Administration, von der Terminvereinbarung bis zur Abrechnung, und mehr Zeit für das Kern-Business. So wird mehr Wertschöpfung ermöglicht, was mehr Umsatz bedeutet – und im Endeffekt auch mehr Arbeitsplätze schafft.
UNTERSCHÄTZE KRISEN-TOOLS
Allerdings tut sich hier in der Praxis ein erheblicher Gap auf. Denn vieles, was in Unternehmen unter „Digitalisierung“ läuft, ist überspitzt gesagt kaum mehr, als die Mitarbeiter im Homeoffice mit einem Laptop auszustatten, hat also eher mit „Computerisierung“ zu tun. Auch das ist ein Ergebnis der bereits erwähnten Umfrage von Accenture und der österreichischen Industriellenvereinigung – und dieses Ergebnis offenbart ein Dilemma. Denn auf die Frage an die Unternehmen, welche digitalen Tools bei der Krisenbewältigung besonders hilfreich und nützlich sind beziehungsweise sein könnten, erzielt das Aufrechterhalten der Kommunikation mit den Beschäftigten mit 8,5 von 10 Punkten den höchsten Wert.
Jetzt ist die Kommunikation mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur in der Krise existenziell, stellt aber für eine echte Digitalisierungs-Agenda eher die Basis dar – und nicht den Höhepunkt. Denn der Wert einer echten Digitalisierung zeigt sich vor allem in der Steuerung von Prozessen und Abläufen. Je weiter fortgeschritten die digitale Transformation, desto schneller und effizienter kann auf veränderte Marktverhältnisse reagiert und die Produktion entsprechend heruntergefahren werden. Doch dieser Punkt der autonomen oder teilautonomen Kapazitätsanpassungen von Produktionsabläufen spielt bei der Bewertung der digitalen Krisen-Tools durch die Unternehmen mit 4,9 von 10 Punkten nur eine untergeordnete Rolle. Das bedeutet: Der wahre Wert der Digitalisierung von Produktionsabläufen wird von vielen Unternehmen noch nicht erkannt und entsprechend niedrig bewertet.
Dieser Befund wird durch ein weiteres Ergebnis der Umfrage gestützt. Zwar schätzen 60 Prozent der befragten Unternehmen ihren Digitalisierungsgrad in Bezug auf die Kommunikation mit Mitarbeitern und die Verfügbarkeit von Informationen als relativ hoch ein. Netzwerke und virtuelle Kommunikations-Tools werden also gut genutzt. Ebenso viele Unternehmen sagen aber durchaus selbstkritisch, dass der Stand einer weitergehenden Digitalisierung von Geschäftsmodellen und Produktionsprozessen eher gering ist. Das bedeutet, dass virtuelle Werkzeuge in der Produktion oder Datenmodelle und Algorithmen als Basis von Geschäftsmodellen kaum oder nur in geringem Ausmaß Anwendung finden. Dasselbe Dilemma: Auch bei Unternehmen, die sich einen hohen Digitalisierungsgrad bescheinigen, besteht ein großer Aufholbedarf, wenn es darum geht, die Möglichkeiten der Digitalisierung wirklich zu nutzen. Kein Grund also, sich zurückzulehnen, im Gegenteil.
Damit sind wir beim dritten W, neben Wachstum und Wohlstand, dem Wandel. Denn geht es um Digitalisierung und Arbeitsplätze, landet man schnell bei (scheinbaren) Widersprüchen. Berechnungen von Accenture haben ergeben, dass in Österreich rund 23 Prozent aller Tätigkeiten automatisierbar wären. Das ist fast jeder vierte Job und klingt ziemlich bedrohlich. Umgekehrt belegen zahlreiche Untersuchungen, dass die Digitalisierung neue Jobs schafft. In Branchen, die digitale Tools und Möglichkeiten nutzen, sind fast die Hälfte aller neuen Jobs auf die Digitalisierung zurückzuführen. Die Experten vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) schätzen ein jährliches Job-Plus von 0,4 Prozent durch die Digitalisierung als realistisch ein. Das klingt nach nicht viel, entspricht aber jährlich knapp 20.000 neuen Arbeitsplätzen.
Also was jetzt: Ist die Digitalisierung Jobkiller oder Job-Förderer? Die Antwort darauf ist eindeutig: Job-Förderer. Denn KI und Digitalisierung schaffen keine Jobs ab, sie automatisieren Tätigkeiten. So hat der Bankomat nicht den Bankangestellten überflüssig gemacht, sondern nur eine „kleine“ Transaktion aus dem umfassenden Spektrum der Bank-Dienstleistungen automatisiert. Dadurch bleibt dem Mitarbeiter jetzt mehr Zeit für das Gespräch mit dem Kunden und dessen Beratung, also für produktivere Tätigkeiten. Die Möglichkeit, seine Steuererklärung online selbstständig zu erstellen und einzureichen, erspart dem Bürger einen mühsamen Weg und hat auch den Finanzbeamten nicht überflüssig gemacht. Er muss nur nicht mehr händisch Zahlen von einem Formular in ein anderes übertragen, sondern kann andere Aufgaben übernehmen. Im Idealfall macht die KI also unsere Jobs interessanter, weil sie die repetitiven Tätigkeiten für uns erledigt.
PROZESS STATT SCHALTER
Der Schlüssel dafür liegt im Wort Transformation. Denn die Digitalisierung hat keinen Schalter, den man einfach einschalten kann – und dann ist alles digital. Digitalisierung ist keine App, die man einfach herunterladen kann, und dann ist alles auf einen Schlag digital. Vielmehr geht es um einen Prozess, der nicht von heute auf morgen vor sich geht. Das bedeutet nicht, dass alles beim Alten bleibt und man die Entwicklung irgendwie aussitzen kann. Aber es bedeutet, dass ausreichend Zeit zur Anpassung bleibt. Diese Zeit muss allerdings auch genutzt werden. Dazu mehr im nächsten Kapitel.
Laut einer Studie der Initiative „fit4internet“ verfügen rund 66 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher über digitale Basis-Kompetenzen. Das bedeutet, sie können sich Informationen aus dem Internet beschaffen und über das Netz kommunizieren, können Probleme mittels digitaler Technologien lösen und haben zumindest Grundwissen zur jeweiligen Software.
In Summe liegen diese 66 Prozent über dem Durschnitt aller EU-Staaten und reichen für einen Rang im vorderen Mittelfeld – aber noch lange nicht für die Champions League. Denn auf den Kopf gestellt bedeutet dieser Wert auch, dass es jedem Dritten an diesen Basis-Kompetenzen mangelt. Hier bedarf es also noch gezielter Qualifikationsmaßnahmen, um alle fit für den digitalen Wandel zu machen.
Digitale Fitness ist kein Selbstzweck. So wie es ja auch im Fitnessstudio – hoffentlich – nicht nur darum geht, dass sich die Muskeln deutlich unter dem T-Shirt abzeichnen, sondern darum, dem Körper etwas Gutes zu tun und seine Gesundheit zu stärken. Für eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich geht es bei der digitalen Fitness vor allem um die Schaffung von Wettbewerbsvorteilen gegenüber der Konkurrenz am Weltmarkt. Der flächendeckende und generationenübergreifende Umgang mit digitalen Technologien bietet hier die Möglichkeit, die Arbeitsproduktivität zu erhöhen.
Digitale Fitness betrifft vor allem das Arbeitsumfeld, das sich stark verändert. Digitalisierung ist längst nicht nur ein Thema für Ingenieure, Versicherungsmathematiker und Entwickler von Videospielen. Bei Porsche Austria, Europas größtem Autohandels-Unternehmen, erfolgt die Service-Aufnahme in der Werkstatt über ein Tablet. Auftrag und Workflow werden digital erfasst, die Werkstatt arbeitet komplett papierlos. Lehrlinge, die das nicht beherrschen, haben es schwer, da mitzukommen.
NICHTS HEBELT BESSER
Gelingt dieser Qualifizierungs- und Anpassungsprozess, kann sich der Digitalisierungs-Motor weiterdrehen. Denn neben den Produktivitätseffekten für Unternehmen pushen öffentliche Investitionen in die Digitalisierung die gesamte Volkswirtschaft. Dass staatliche Investitionen positive Wachstumsimpulse auslösen, ist weder neu noch überraschend, noch spektakulär. Besonders ist allerdings, dass Investitionen in die Digitalisierung größere Effekte auslösen als staatliche Ausgaben für den Arbeitsmarkt, den Straßen- oder auch Wohnungsbau. Das WIFO hat errechnet, dass in die Digitalisierung investierte Mittel erhebliche weitere wirtschaftliche Aktivitäten auslösen, die einen Multiplikator von 2,2 aufweisen. Das bedeutet, dass jeder Euro, der in die Digitalisierung investiert wird, weitere 1,2 Euro wirtschaftliche Aktivität auslöst. Das klingt nicht sehr imposant, in anderen Dimensionen aber schon: Eine Milliarde Euro, von Bund, Ländern oder Gemeinden in den technologischen Fortschritt investiert, bringt 1,2 Milliarden Euro zusätzliche Wertschöpfung.
Mit einem Multiplikator von 2,2 liegt die Digitalisierung an der Spitze aller staatlichen Investitionshebel. Ausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik bringen das 1,9-Fache, wird der private Konsum angekurbelt, beträgt der Hebel 1,8, bei Investitionen in Gebäude beträgt er 1,7. Wird in die Anschaffung von Fahrzeugen investiert, beträgt der Faktor 1,1. Anders ausgedrückt: Besser als in die Digitalisierung kann der Staat nicht investieren, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Es hat also nichts mit Technikverliebtheit zu tun, sondern mit einem klaren Blick, die Digitalisierung als wesentlichen Fortschritts- und Wohlstandstreiber zu sehen. Und damit auch als entscheidenden Faktor für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft.
Und nicht nur das. Es wäre falsch, Digitalisierung nur als Wirtschafts-Thema zu sehen. Auch abseits von Aufträgen und Arbeitsplätzen hat gerade die Corona-Krise gezeigt, wie essenziell digitale Tools und Möglichkeiten sind, um in Extremsituationen gesellschaftliches Leben aufrechtzuerhalten. Ohne digitale Instrumente hätte es kein E-Learning gegeben, also keinen Schulunterricht. Ohne digitale Instrumente gäbe es keine Möglichkeit, vom Arzt verschriebene Rezepte in der nächsten Apotheke abzuholen, ohne je das Wartezimmer des Arztes betreten zu haben und sich einem erheblichen Infektionsrisiko auszusetzen.
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