Kitabı oku: «Don Quijote», sayfa 3

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Don Quijote entgegnete ihr, aus Liebe zu ihm solle sie ihm die Gunst erweisen, sich hinfüro ein Don vorzusetzen und sich Doña Tolosa zu nennen. Sie versprach es ihm.

Die andre legte ihm den Sporn an, und es gab mit ihr ungefähr die nämliche Zwiesprache wie mit dem Schwertfräulein. Er fragte sie nach ihrem Namen; sie sagte, sie nenne sich die Müllerin und sei die Tochter eines ehrbaren Müllers aus Antequera. Auch sie bat der Ritter Don Quijote, sie solle sich das Don vorsetzen und sich Doña Müllerin nennen, wobei er ihr ebenfalls seinen Dienst und Dank anbot.

Als nun in Galopp und Hast die bis dahin nie gesehenen Feierlichkeiten abgetan waren, konnte Don Quijote die Stunde nicht erwarten, sich zu Pferde zu sehen und auf die Suche nach Abenteuern auszuziehen; und sogleich den Rosinante sattelnd, stieg er auf, umarmte seinen Wirt und sagte ihm, indem er ihm für die Gnade dankte, ihn zum Ritter geschlagen zu haben, so seltsamliche Dinge, daß es unmöglich gelingen kann, sie getreulich zu berichten. Der Wirt, um ihn nur bald außerhalb der Schenke zu sehen, antwortete mit ähnlichen Redensarten den seinigen, wenn auch in weit kürzern Worten; und ohne ihm die Gebühr für die Bewirtung abzufordern, ließ er ihn in Gottes Namen von dannen ziehen.

4. Kapitel
Von dem, was unserm Ritter begegnete, als er aus der Schenke schied

Es mochte um die Stunde des anbrechenden Tages sein, als Don Quijote aus der Schenke schied, so zufrieden, so frischen Mutes, so überglücklich, sich nun zum Ritter geschlagen zu sehen, daß ihm das Vergnügen aus allen Gliedern, ja aus dem Gurt seines Gaules herausplatzte. Aber da ihm die Ratschläge seines Wirtes ins Gedächtnis kamen in betreff der so notwendigen Vorräte, die er mitführen solle, insbesondere des Vorrats an Geld und Hemden, so beschloß er, nach Hause zurückzukehren und sich mit all diesem wie auch mit einem Schildknappen zu versehen, wobei er sich vorsetzte, einen Bauersmann in Dienst zu nehmen, seinen Ortsnachbar, der arm war und Kinder hatte, jedoch zu dem Knappenamte des Rittertums sehr tauglich war. In solchen Gedanken lenkte er den Rosinante seinem Dorfe zu, und dieser, den heimischen Futterplatz schon kennend, begann mit solcher Lust zu traben, daß es schien, als berührte er den Boden nicht mit seinen Füßen.

Der Junker hatte noch nicht viel des Weges zurückgelegt, da deuchte es ihm, als ob ihm zur rechten Hand, aus dem Dickicht eines dort befindlichen Gehölzes, ein schwaches Schreien herausdringe, wie von jemand, der wehklagte; und kaum hatte er es vernommen, als er sprach: »Dank spende ich dem Himmel für die Gnade, so er mir tut, da er mir so bald Gelegenheiten vor die Augen stellt, wo ich erfüllen kann, was ich meinem Beruf schulde, und wo ich die Frucht meines tugendhaften Vorhaben pflücken kann. Diese Weherufe kommen ohne Zweifel von einem oder einer Hilfsbedürftigen, so meines Beistandes und Schutzes bedarf.«

Und die Zügel wendend, lenkte er Rosinante nach der Stelle hin, wo ihm das Schreien herzukommen schien. Und als er wenige Schritte in das Gehölz hineingeritten, sah er eine Stute an eine Eiche gebunden und an eine andre einen Jungen von etwa fünfzehn Jahren, entblößt von der Mitte des Leibes bis zu den Schultern; dieser war es, der das Geschrei ausstieß, und nicht ohne Grund, denn ein Bauer von kräftiger Gestalt war daran, ihm mit seinem Gurt zahlreiche Hiebe aufzumessen, und jeden Hieb begleitete er mit einer Verwarnung und einem Rate, denn er rief: »Die Zunge still, die Augen wach!« Und der Junge antwortete in einem fort: »Ach, Herr, ich will’s nicht wieder tun; bei Christi Leiden, ich will’s nicht wieder tun, ich verspreche Euch, von nun an mehr acht aufs Vieh zu haben.«

Als Don Quijote sah, was vorging, rief er mit zürnender Stimme: »Zuchtloser Ritter, schlecht geziemt es, den anzugreifen, der sich nicht verteidigen kann; steigt zu Rosse und nehmt Euren Speer« – denn der Bauer hatte auch einen Speer an die Eiche gelehnt, wo die Stute mit den Zügeln angebunden war –, »da werd ich Euch zu erkennen geben, daß es der Feiglinge Gepflogenheit ist, so zu handeln wie Ihr.«

Der Bauer, der diese Gestalt, mit Waffen umschanzt, über sich herkommen sah, wie sie den Speer über sein Gesicht hinschwang, hielt sich schon für tot und erwiderte mit begütigenden Worten: »Herr Ritter, dieser Junge, den ich da züchtige, ist ein Knecht von mir, der mir dazu dient, eine Herde Schafe zu hüten, die ich in dieser Gegend habe; er ist so unachtsam, daß mir jeden Tag eins fehlt, und weil ich seine Unachtsamkeit – oder seine Spitzbüberei – bestrafe, sagt er, ich tue es aus Knauserei, um ihm den Lohn, den ich ihm schulde, nicht zu zahlen; und bei Gott und meiner Seele, er lügt.«

»Lügt? Das vor mir, nichtswürdiger Bauernkerl?« rief Don Quijote. »Bei der Sonne, die uns bescheint, ich bin drauf und dran, Euch mit diesem Speer durch und durch zu stechen. Zahlt ihm gleich ohne längere Widerrede; wo nicht, bei dem Gotte, der uns gebeut, so mach ich Euch auf der Stelle den Garaus und hau Euch zunichte. Bindet ihn sogleich los.«

Der Bauer ließ den Kopf hängen, und ohne ein Wort zu entgegnen, band er seinen Knecht los. Don Quijote fragte diesen, wieviel ihm sein Herr schulde; er antwortete: »Neun Monate, zu sieben Realen jeden Monat.« Don Quijote machte die Rechnung und fand, daß sie sich auf dreiundsechzig Realen belief, und sagte dem Bauer, er solle sie alsogleich aus dem Beutel ziehen, wenn er nicht darob des Todes sein wolle. Der furchtsame Bauer antwortete, bei den Nöten, in denen er sei, und bei dem Schwur, den er getan – und doch hatte er noch gar nicht geschworen! –, es seien nicht so viel Realen; denn es müßten ihm abgezogen und in Rechnung gestellt werden drei Paar Schuhe, die er ihm verabreicht habe, und ein Real für zwei Aderlässe, die man ihm gegeben, als er krank gewesen.

»Das ist alles ganz gut«, entgegnete Don Quijote, »aber die Schuhe und die Aderlässe sollen für die Hiebe sein, die Ihr ihm ohne seine Schuld gegeben. Denn wenn er das Leder der von Euch bezahlten Schuhe zerrissen hat, so habt Ihr ihm sein eigenes Leder gegerbt und zerschlissen; und wenn ihm in seiner Krankheit der Bader Blut abgezapft hat, so habt Ihr es ihm bei gesundem Leibe abgezapft, so daß er in dieser Beziehung Euch nichts mehr schuldet.«

»Das Unangenehme in der Sache, Herr Ritter, liegt darin, daß ich kein Geld bei mir habe; Andrés soll mit mir nach Hause kommen, und da werde ich ihm zahlen Real für Real.«

»Ich noch mit ihm gehen?« sagte der Junge, »o weh! Lieber Herr, nicht im Traum tät ich das; denn sobald er sich allein mit mir sieht, wird er mir die Haut abziehen wie einem heiligen Bartholomäus.«

»Solches wird er nicht tun«, entgegnete Don Quijote. »Daß ich es ihm gebiete, ist hinreichend, damit er mir Gehorsam erweise, und sofern er bei dem Ritterorden, den er empfangen hat, mir es schwört, lasse ich ihn frei gehen und verbürge die Zahlung.«

»Bedenke Euer Gnaden, Herr, was Ihr da saget«, versetzte der Junge; »denn dieser mein Dienstherr ist kein Ritter, hat auch keinerlei Ritterorden empfangen; er ist Juan Haldudo der Reiche, Bürger zu Quintanar.«

»Das tut wenig zur Sache«, erwiderte Don Quijote, »denn es kann Haldudos geben, die Ritter sind; um so mehr, da jeder der Sohn seiner Taten ist.«

»So ist’s in Wahrheit«, sagte Andrés darauf; »aber dieser mein Herr, welcher Taten Sohn ist er, da er mir meinen Lohn, meinen Schweiß und meine Arbeit, vorenthalten will?«

»Ich will Euch nichts vorenthalten, mein guter Andrés«, antwortete der Bauer; »tut mir nur den Gefallen mitzugehen, und ich schwör Euch bei allen Ritterorden, die es in der Welt gibt, Euch zu bezahlen, wie ich gesagt, Real für Real und obendrein mit Zinseszinsen.«

»Die Zinsen erlasse ich Euch«, sagte Don Quijote; »gebt ihm sein Geld bar, damit begnüge ich mich, und bedenket wohl, daß Ihr es erfüllet, wie Ihr es geschworen habt; wenn nicht, so schwöre ich Euch mit demselben Eide, daß ich wiederkehre, um Euch aufzusuchen und zu züchtigen, und daß ich Euch finden werde, wenn Ihr Euch auch noch besser als eine Eidechse versteckt. Und wenn Ihr wissen wollt, wer Euch dieses gebietet, damit Ihr Euch um so ernstlicher verbunden fühlet, es zu erfüllen, so erfahret, daß ich der tapfre Don Quijote von der Mancha bin, der Abhelfer aller Unbilden und Widerrechtlichkeiten. Und somit Gott befohlen, und es komme das Versprochene und Beschworne nicht aus Euren Gedanken, bei Strafe der ausgesprochenen Strafe!«

Und dies sagend, spornte er seinen Rosinante, und in kurzer Zeit war er fern von ihnen.

Der Bauer folgte ihm mit den Augen, und als er bemerkte, daß der Ritter aus dem Gehölze hinaus und nicht mehr zu sehen war, wendete er sich zu seinem Knechte Andrés und sagte zu ihm: »Komme Er her, mein Sohn, ich will Ihm zahlen, was ich Ihm schulde, wie dieser Abhelfer aller Unbilden mir geboten hat.«

»Da schwör ich drauf«, entgegnete Andrés, »und sage, daß Ihr vernünftig handelt, das Gebot des wackern Ritters zu erfüllen; möge er tausend Jahr leben! Denn danach zu schließen, wie er tapfer ist und ein guter Richter, so wird er, so wahr Gott lebt, wenn Ihr mich nicht bezahlt, zurückkehren und ausführen, was er gesagt.«

»Auch ich schwöre drauf«, versetzte der Bauer; »aber ob meiner großen Liebe zu Ihm will ich die Schuld vergrößern, um die Bezahlung zu vergrößern.«

Und er packte ihn am Arm und band ihn abermals an die Eiche und gab ihm da so viel Hiebe, daß er ihn fast für tot auf dem Platze ließ. »Rufe Er jetzt, Herr Andrés«, sprach der Bauer, »den Abhelfer aller Unbilden, und Er wird sehen, wie er dieser Unbill nicht abhilft; zwar glaube ich, daß sie noch gar nicht vollendet ist, denn es kommt mir die Lust, Ihm lebendig die Haut abzuziehen, wie Er gefürchtet.«

Indessen band er ihn endlich los und gab ihm die Erlaubnis, zu gehen und seinen Richter aufzusuchen, auf daß dieser das ausgesprochene Urteil vollstrecke.

Andrés zog nicht wenig erbost von dannen und schwur, den tapfern Don Quijote von der Mancha aufzusuchen und ihm Punkt für Punkt des Vorgefallenen zu erzählen, und sein Herr werde es ihm mit siebenfachem Ersatze zahlen müssen. Aber bei alledem ging er weinend von dannen, und sein Herr blieb lachend zurück.

Und auf solche Weise half der tapfere Don Quijote der Ungebühr ab; und höchst vergnügt über das Geschehene, dünkte es ihn, er habe seinem Rittertum einen äußerst glücklichen und erhabenen Anfang gegeben. Mit großer Selbstzufriedenheit zog er nach seinem Dorfe hin und sprach dabei halblaut: »Wohl kannst du dich glücklich nennen über alle Frauen, die heut über die Erde hinwandeln, o du vor allen Schönen schöne Dulcinea von Toboso, da es dir zum Lose fiel, all deinem Willen und Belieben einen so kriegskühnen und so berufenen Ritter unterwürfig und dienstbar zu haben, wie es Don Quijote von der Mancha ist und sein wird, welcher gestern, wie die ganze Welt weiß, den Ritterorden empfing und heute die größte Gewalttat und Unbill abgestellt hat, welche widerrechtlicher Sinn je erdachte und ein grausames Herz je verübte. Heute riß er die Geißel aus der Hand jenem mitleidlosen Bösewicht, der so ganz ohne Anlaß jenen zarten Prinzen geprügelt.«

Indem gelangte er an einen Weg, der sich in vier teilte, und sogleich kamen ihm die Kreuzwege in den Sinn, wo die fahrenden Ritter sich der Überlegung hingaben, welchen dieser Wege sie einschlagen sollten; und um sie nachzuahmen, hielt er eine Zeitlang still, und nachdem er äußerst gründlich überlegt hatte, ließ er dem Rosinante den Zügel frei, dem Willen des Gaules den seinigen unterordnend; der aber folgte seinem ersten Vorhaben, nämlich den Weg nach seinem Stalle zu traben. Und als er etwa zwei Meilen geritten, erschaute Don Quijote eine große Schar von Leuten, die, wie man nachher erfuhr, toledanische Kaufleute waren, welche zum Einkauf von Seide nach Murcia reisten. Es waren ihrer sechs; sie zogen daher mit ihren Sonnenschirmen nebst vier Dienern zu Pferde und drei Maultierjungen zu Fuß. Kaum erblickte die Don Quijote, als er sich einbildete, es gebe dies wiederum ein Abenteuer, und da er in allem, soviel ihm möglich schien, die Begebnisse, die er in seinen Büchern gelesen, nachahmen wollte, so meinte er, da komme ihm ein solches gerade zupaß, um es ritterlich zu bestehen. Und so, mit stattlicher Haltung und Zuversichtlichkeit, setzte er sich stramm in den Steigbügeln, faßte den Speer fest, legte die Tartsche an die Brust, und inmitten des Weges haltend, wartete er, daß jene fahrenden Ritter herannahten – denn für solche hielt und erachtete er sie selbstverständlich –, und als sie so weit herangekommen, daß sie gesehen und gehört werden konnten, erhub Don Quijote seine Stimme und sprach mit stolzem Gebaren: »Alle Welt halte still, wenn nicht alle Welt bekennt, daß es in aller Welt kein schöneres Fräulein gibt als die Kaiserin der Mancha, die unvergleichliche Dulcinea von Toboso.«

Beim Klang dieser Worte und beim Anblick der seltsamen Gestalt, die sie gesprochen hatte, hielten die Kaufleute an, und an der Gestalt und den Worten erkannten sie alsbald die Verrücktheit des Mannes, dem diese und jene angehörten. Indessen wollten sie gern ausführlicher erfahren, auf was jenes Bekenntnis abziele, das man von ihnen verlangte, und einer von ihnen, der zu Späßen gelaunt und ein äußerst gescheiter Kopf war, sprach zu ihm: »Herr Ritter, wir unsrenteils wissen nicht, wer die treffliche Dame ist, von der Ihr redet; zeigt sie uns, und wenn sie von so großer Schönheit ist, wie Ihr angebt, so werden wir gutwillig und ohne welchen Zwang das Bekenntnis der Tatsache ablegen, das uns von Eurer Seite abverlangt wird.«

»Wenn ich sie euch zeigte«, entgegnete Don Quijote, »was würdet ihr Großes damit tun, eine so offenkundige Wahrheit zu bekennen? Das Wesentliche in der Sache besteht gerade darin, daß ihr, ohne sie zu sehen, es glauben, bekennen, behaupten, beschwören und verfechten müsset; wo nicht, so seid ihr mit mir in Fehde, ungeschlachtes und übermütiges Volk; und ob ihr nun einer nach dem andern kommt, wie es die Regel des Rittertums erheischt, ob alle zusammen, wie es Gewohnheit und böslicher Brauch derer von eurem Gelichter ist, hier erwarte und erharre ich euch, vertrauend dem Rechte, das ich auf meiner Seite habe.«

»Herr Ritter«, erwiderte der Kaufmann, »ich bitt Euch flehentlich im Namen all dieser Prinzen, die wir hier sind, damit wir unser Gewissen nicht beschweren durch das Bekenntnis einer von uns nie gesehenen noch gehörten Sache, und zumal da letztere so sehr zur Beeinträchtigung der Kaiserinnen und Königinnen in den Landschaften Alcarria und Estremadura ist, daß Euer Gnaden geruhen möge, uns irgendein Bildnis dieser Dame zu zeigen, wenn es auch nur so groß wäre wie ein Weizenkorn, denn wenn man den Faden hat, kann man daran den Knäuel aufwickeln; und damit werden wir zufriedengestellt und beruhigt sein, und Euer Gnaden wird Genugtuung und Befriedigung zuteil werden. Ja, ich meine sogar, wir sind schon so sehr auf ihrer Seite, daß, wenn auch ihr Bild uns zeigen sollte, daß sie auf einem Auge schielt und aus dem andern ihr Zinnober und Schwefel fließt, wir trotz alledem, um Euer Gnaden gefällig zu sein, zu ihren Gunsten alles, was Ihr wollt, sagen werden.«

»Nicht fließt von ihr, niederträchtiges Hundegezücht«, antwortete Don Quijote von Zorn entflammt, »nicht fließt von ihr, sag ich, was ihr da saget, sondern Ambra und Moschus auf Wangen weich wie Baumwollflocken, und sie ist weder scheel noch bucklig, sondern gerader als eine Spindel vom Guadarrama-Gebirg. Ihr aber sollt die ungeheure Lästerung büßen, die ihr gegen eine solche Schönheit ausgestoßen, wie die meiner Herrin ist.

Und dies sagend, stürzte er mit eingelegtem Speer auf den Sprecher los, mit solcher Wut und solchem Ingrimm, daß, wenn das gute Glück es nicht gefügt hätte, daß Rosinante auf halbem Weg strauchelte und fiel, es dem verwegenen Kaufmann übel ergangen wäre.

Rosinante stürzte, und sein Herr kugelte ein gutes Stück Weges weit über das Feld hin; er wollte sich wieder aufrichten und vermochte es nimmer; solche Hindernis und Beschwer verursachten ihm Speer, Tartsche, Sporen und Helm, nebst dem Gewicht der uralten Rüstung. Und während er sich abarbeitete, um aufzukommen, und nicht konnte, rief er in einem fort: »Fliehet nicht, feiges Volk, elendes Volk; bedenket, daß nicht durch meine Schuld, sondern die meines Pferdes ich hingestreckt hier liege.«

Einer von den mitreisenden Maultierjungen – der gewiß nicht sehr wohlgesinnt war! – konnte, als er den armen Gestürzten solch hochmütige Reden führen hörte, es nicht länger ertragen, ohne ihm die Antwort auf die Rippen zu geben. Er eilte auf ihn zu und ergriff den Speer, und nachdem er ihn in Stücke zerbrochen, begann er mit einem dieser Stücke unsrem Don Quijote so viele Prügel zu geben, daß, ungeachtet und trotz seiner Rüstung, er ihn wie Weizen im Mühltrichter zermahlte. Seine Herren riefen ihm zu, er solle ihn nicht so arg prügeln, er solle von ihm ablassen; aber der Junge war einmal im Zug und wollte das Spiel nicht aufgeben, bis er den ganzen Rest seines Zornes auf die Karte gesetzt; er machte sich an die übrigen Bruchstücke des Speeres und zerbrach sie vollends auf dem gestürzten Jammermann, der bei dem ganzen Ungewitter von Prügeln, das auf ihn regnete, den Mund keinen Augenblick schloß und Drohungen ausstieß gegen Himmel und Erde und gegen die Wegelagerer, denn für das hielt er sie.

Der Junge ward endlich müde, und die Kaufleute verfolgten ihre Straße und nahmen für den ganzen Weg Stoff zum Plaudern über den armen Prügelhelden mit. Dieser, sobald er sich allein sah, versuchte aufs neue, ob er sich aufrichten könnte; allein wenn er es nicht konnte, da er gesund und wohlbehalten, wie sollte er es jetzt tun, zerdroschen und schier in Stücke zerschlagen? Und dennoch hielt er sich beglückt, denn es bedünkte ihn, es sei dies ein Mißgeschick, wie es der Beruf fahrender Ritter mit sich bringe, und er schrieb es gänzlich der Schuld seines Rosses zu. Und bei alledem wurde es ihm nicht möglich, sich aufzurichten, so zerbleut war er am ganzen Leibe.

5. Kapitel
Wo die Erzählung vom Mißgeschick unseres Ritters fortgesetzt wird

Da er nun sah, daß er sich schlechterdings nicht regen konnte, verfiel er darauf, zu seinem gewöhnlichen Hilfsmittel seine Zuflucht zu nehmen, nämlich an irgendeinen Vorgang aus seinen Büchern zu denken; und seine Torheit brachte ihm jenen mit Baldovinos und dem Markgrafen von Mantua ins Gedächtnis, als Carloto den ersteren verwundet im Waldgebirge liegenließ; eine Geschichte, die die Kinder auswendig wissen, die Jünglinge nicht vergessen haben, die Greise hochhalten und sogar glauben und die bei alledem um nichts wahrer ist als die Wunder Mohammeds. Diese also dünkte ihm auf den Fall, in dem er sich befand, genau zu passen; und so begann er mit Gebärden großen Schmerzes sich auf dem Boden zu wälzen und schwach aufatmend dasselbe zu sprechen, was, wie berichtet wird, der verwundete Ritter vom Walde sprach:

O wo bist du, meine Herrin,

Daß dich fühllos läßt mein Schmerz?

Wohl magst du’s nicht wissen, oder

Falsch und treulos war dein Herz.

Und solchergestalt fuhr er in der Romanze fort, bis zu jenen Versen, die da lauten:

Mantuas edler Markgraf, du mein

Ohm und angestammter Herr!

Und das Schicksal wollte, daß, wie er an diesen Vers gelangte, gerade ein Bauer aus seinem eignen Orte, sein Nachbar, vorüberkam, der eine Last Weizen in die Mühle gebracht hatte. Als dieser den Mann dort hingestreckt liegen sah, näherte er sich ihm und fragte ihn, wer er sei und was ihm denn weh tue, daß er so trübselig jammere. Ohne Zweifel meinte Don Quijote, jener sei der Markgraf von Mantua, sein Oheim, und so antwortete er ihm nichts andres, als daß er in seiner Romanze dort fortfuhr, wo er ihm Bericht über sein Unglück gab und über die Liebeswerbung des Kaisersohnes bei seiner Gemahlin, alles in derselben Weise, wie die Romanze es singt.

Der Bauer stand verwundert da, als er das unsinnige Zeug hörte; er nahm ihm das Visier ab, das von den Prügeln schon in Stücke geschlagen war, reinigte ihm das Gesicht, das er voll Staubes hatte, und kaum hatte er es gereinigt, so erkannte er ihn und sprach zu ihm: »Herr Quijano« – denn so mußte er wohl geheißen haben, als er noch seinen Verstand hatte und noch nicht vom friedlichen Junker zum fahrenden Ritter befördert war –, »wer hat Euer Edlen solchermaßen zugerichtet?«

Allein auf alles, was er ihn fragte, fuhr der Junker nur mit seiner Romanze fort.

Da der gute Kerl das sah, nahm er ihm, so gut er konnte, den Koller und das Schulterblech ab, um zu sehen, ob er eine Wunde an sich trage; aber er sah weder Blut noch irgendein Wundenmal. Er brachte es fertig, ihn vom Boden aufzurichten, und mit nicht geringer Mühe hob er ihn auf seinen Esel, weil ihm dies bequemer zum Reiten dünkte. Er las die Waffen bis auf die letzten Lanzensplitter zusammen und band sie fest auf Rosinante; den nahm er am Zügel und den Esel am Halfter und wanderte nach seinem Dorfe, sehr nachdenklich darüber, daß er derlei Ungereimtheiten von Don Quijote zu hören bekam.

Nicht minder nachdenklich zog dieser dahin, der, weil ganz zerdroschen und zerschlagen, sich nicht recht auf dem Esel zu halten vermochte und von Zeit zu Zeit Seufzer zum Himmel schickte; dergestalt, daß er aufs neue den Bauern zur Frage veranlaßte, er möge ihm doch sagen, was ihm weh tue. Und es schien nicht anders, als ob der Teufel selbst die auf seine jetzigen Umstände passenden Geschichten ihm ins Gedächtnis brächte; denn in diesem Augenblick vergaß er des Baldovinos, und es fiel ihm der Mohr Abindarráez ein, als der Vogt von Antequera, Rodrigo von Narváez, ihn gefangennahm und ihn zur Haft nach seiner Vogtei führte. So geschah’s, daß, als der Bauer ihn abermals fragte, wie er sich befinde und was ihm weh tue, er ihm mit den nämlichen Ausdrücken und Reden antwortete, die der gefangene Abencerraje dem Rodrigo von Narváez sagte, ganz in derselben Weise, wie er es in der Geschichte der Diana von Jorge von Montemayor gelesen hatte, wo es geschrieben steht, und er wendete sie so passend an, daß der Bauer des Teufels werden wollte, ein so endloses Gewebe von Albernheiten zu hören. Aus alledem ward dem Bauer klar, daß sein Nachbar verrückt sei, und er eilte, ins Dorf zu kommen, um des Überdrusses loszuwerden, den ihm Don Quijote mit seinem langen Gerede verursachte.

Zum Schlusse fügte der Ritter bei: »Es wisse Euer Gnaden, Herr Rodrigo von Narváez, daß diese schöne Jarifa, von der ich gesprochen, jetzt die reizende Dulcinea von Toboso ist, für welche ich die ruhmreichsten Rittertaten getan habe, tue und tun werde, die man in der Welt gesehen hat, jetzt vielleicht sehen mag und künftig sehen wird.«

Darauf antwortete der Bauer: »Bedenke doch Euer Gnaden, Herr Junker, bei meiner armen Seele, daß ich weder Don Rodrigo von Narváez noch der Markgraf von Mantua bin, sondern Pedro Alonzo, Euer Ortsnachbar, und daß Euer Gnaden weder Baldovinos noch Abindarráez sind, sondern der ehrsame Junker Herr Quijano.«

»Ich weiß, wer ich bin«, sagte Don Quijote, »und weiß, daß ich nicht nur jeder der gedachten Helden sein kann, sondern auch sämtliche Pairs von Frankreich und selbst all die neun Söhne des Ruhms; denn all den Großtaten, die sie alle zusammen und jeder für sich vollbracht haben, werden die meinigen voranstehen.«

Unter diesen Gesprächen und andern ähnlicher Art gelangten sie ans Dorf, zur Zeit, als der Abend kam; allein der Bauer wartete, bis es etwas dunkler wurde, damit man den zerbleuten Junker nicht so schlecht beritten sähe. Als nun die ihm passend scheinende Stunde gekommen, begab er sich ins Dorf und in Don Quijotes Haus, wo er alles im Aufruhr fand. Es waren da der Pfarrer und der Barbier des Ortes, die mit Don Quijote sehr befreundet waren, und die Haushälterin sagte ihnen eben mit lautem Schreien: »Was dünkt Euer Gnaden, Herr Lizentiat Pero Pérez« – denn so hieß der Pfarrer –, »von dem Unglück meines Herrn? Sechs Tage ist’s her, daß weder er noch der Gaul, weder die Tartsche noch der Speer noch die Rüstung zu sehen sind. Ich Unglückselige! Ich denke mir, und so sicher ist’s die Wahrheit, als ich geboren bin, um zu sterben, daß diese verwünschten Ritterbücher, die er hat und so regelmäßig zu lesen pflegt, ihm den Verstand verdreht haben; denn jetzt entsinne ich mich, daß ich ihn oftmals, wenn er so vor sich hinsprach, habe sagen hören, er wolle ein fahrender Ritter werden und draußen in der Welt herum auf Abenteuer ziehen. Daß doch dem Satanas und Barrabas alle derlei Bücher befohlen seien, die den feinsten Kopf, den es in der ganzen Mancha gab, zugrunde gerichtet haben!«

Die Nichte sagte dasselbe, ja noch mehr dazu: »Wisset, Meister Nikolas« – dies war der Name des Barbiers –, »daß es meinem Herrn vielmals geschah, in diesen verruchten Schlacht- und Abenteuerbüchern zwei Tage nebst den Nächten dazu in einem fort zu lesen, und nachher warf er das Buch aus den Händen weg und zog das Schwert und ging mit Hieben gegen die Wände an, und wenn er dann ganz abgemüdet war, sagte er, er habe vier Riesen, wie Türme so groß, umgebracht, und der Schweiß, den er vor Ermüdung ausschwitzte, der, sagte er, sei Blut von den Wunden, die er im Gefecht erhalten; und gleich trank er einen großen Krug kalten Wassers in sich hinein und war dann wieder gesund und beruhigt und sagte, dies Wasser sei ein gar köstlicher Trank, den ihm der weise Alquife gebracht, ein großer Zauberer und Freund von ihm. Aber ich selbst bin schuld an allem, weil ich euch Herren nicht von den Narreteien meines Herrn Oheims in Kenntnis gesetzt, damit ihr abgeholfen hättet, bevor es dahin kam, wohin es gekommen, und alle diese verfluchten Bücher – deren er viele besitzt – verbrannt hättet; denn wohl verdienen sie das Feuer, als wenn sie Ketzer wären.«

»Das sag ich auch«, sprach der Pfarrer, »und aufs Wort, es soll der morgende Tag nicht vergehen, ohne daß man über sie öffentliches Gericht halte und sie zum Feuer verurteilt werden, damit sie einem, der sie etwa künftig lesen würde, nicht Anlaß geben, zu tun, was mein lieber Freund getan haben muß.«

All dieses hörten der Bauer und Don Quijote mit an, und nun begriff jener vollends die Krankheit seines Nachbarn. So begann er denn laut zu rufen: »Öffnet, ihr Herrschaften, dem Herrn Baldovinos und dem Herrn Markgrafen von Mantua, der hart verwundet daherkommt, und dem Herrn Mohren Abindarráez, den der tapfre Rodrigo von Narváez, der Vogt von Antequera, gefangen herführt.«

Bei diesen Worten eilten sie alle heraus, und da die beiden Männer ihren Freund, die Frauen ihren Herrn und ihren Oheim erkannten – der noch nicht von dem Esel abgestiegen war, weil er nicht konnte –, liefen sie herbei, ihn zu umarmen. Er aber sagte: »Bleibt alle zurück, denn ich komme schwer verwundet daher durch meines Rosses Schuld; man bringe mich in mein Bett und rufe, sofern es möglich sein sollte, die weise Urganda, damit sie meine Wunden verbinde und pflege.«

»Seht nur, zum Henker!« sagte hier die Haushälterin, »ob mir mein Herz es nicht richtig gesagt hat, wo es meinem Herrn fehlt. Gehe Euer Gnaden in Gottes Namen hinauf; denn ohne daß jene Urganda zu kommen braucht, werden wir Eure Wunden hier zu pflegen wissen. Verflucht, sag ich, seien noch einmal und noch hundertmal diese Ritterbücher, die Euer Gnaden so zugerichtet haben.«

Sie brachten ihn sogleich zu Bette, und als sie ihm die Wunden untersuchen wollten, fanden sie keine; er aber sagte, es sei alles nur eine Quetschung, weil er mit seinem Gaul Rosinante einen großen Sturz getan, als er mit zehn Riesen gekämpft, den ungeschlachtesten und verwegensten, die man weit und breit auf Erden finden könne.

»Aha!« sagte der Pfarrer, »Riesen sind im Spiel? Beim Zeichen des heiligen Kreuzes, ich will sie morgen verbrennen, bevor der Abend kommt.«

Man stellte dem Ritter hunderterlei Fragen, aber auf keine mochte er etwas andres erwidern, als daß man ihm zu essen geben und ihn schlafen lassen solle; denn das sei ihm das Nötigste. Es geschah also, und der Pfarrer erkundigte sich sehr ausführlich bei dem Bauern nach den Umständen, unter denen er Don Quijote gefunden habe. Dieser erzählte ihm alles, nebst dem Unsinn, den der Junker geäußert, als er ihn fand und als er ihn herbrachte, und dies verstärkte im Lizentiaten den Vorsatz, das zu tun, was er andern Tags wirklich ausführte, nämlich seinen Freund Meister Nikolas zu rufen und sich mit ihm in Don Quijotes Haus zu begeben.

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