Kitabı oku: «Allgemeines Verwaltungsrecht», sayfa 6
b) Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts
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Weitere Voraussetzung für die Qualifizierung einer Maßnahme als Verwaltungsakt ist nach § 35 S. 1 VwVfG, dass sie „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ ergeht. Hinsichtlich der damit erforderlich werdenden Abgrenzung der Vollziehung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu privatrechtlichen Rechtsakten wird auf die Ausführungen in Rn. 23 ff. verwiesen. An dieser Stelle sei lediglich noch bemerkt, dass es insoweit nicht darauf ankommt, auf welchem Rechtsgebiet sich die jeweilige Maßnahme auswirkt. Vielmehr ist im Rahmen von § 35 S. 1 VwVfG allein relevant, ob die rechtliche Grundlage, auf der die Maßnahme erfolgt, eine solche des öffentlichen Rechts ist.
Eine Maßnahme ergeht dann „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“, wenn die Ermächtigungsgrundlage, auf die sie gestützt ist, als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist.[38]
Bedeutung erlangt die vorstehende Differenzierung namentlich im Hinblick auf privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte, wie etwa die (öffentlich-rechtliche) Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts gem. § 28 Abs. 2 S. 1 BauGB, durch welche ein (privatrechtlicher Kauf-)Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Verkäufer zu Stande kommt, siehe § 28 Abs. 2 S. 2 BauGB, § 464 Abs. 2 BGB (siehe das Beispiel in Rn. 251). Als weitere Beispiele sind insoweit § 80 BGB (Anerkennung einer Stiftung), § 2 GrdstVG (Grundstücksverkehrsgenehmigung) und § 18 KSchG (Zustimmung zur Massenentlassung) zu nennen.
Hinweis
Im Schrifttum[39] wird das Merkmal „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ mitunter als zu weitgehend erachtet und auf den Teilbereich des „Verwaltungsrechts“ reduziert. Dem ist im Ergebnis zwar zuzustimmen, doch folgt diese Eingrenzung nach dem Gesetzestext erst aus dem weiteren Begriffsmerkmal der „Behörde“, siehe § 1 Abs. 4 VwVfG.
Beispiel[40]
E ist Eigentümerin eines Grundstücks im Gebiet der Stadt S. Deren Tochterunternehmen – die „Stadtwerke GmbH“ – ist das Versorgungsunternehmen von S für Wasser, Gas, Strom und Fernwärme; insoweit ist das Leistungsverhältnis mit den Bürgern privatrechtlich ausgestaltet. Hinsichtlich der Entsorgungsarten Abwasser und Abfall besteht dagegen ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis zwischen S und den Bürgern. Insofern handelt die Stadtwerke GmbH im Auftrag von S, sie berechnet für diese u.a. die städtischen Gebühren für die Entwässerung, fertigt die Abgabenbescheide aus, versendet diese, nimmt die Abgaben entgegen und führt sie an S ab. Mit einem als „Rechnung“ bezeichneten Schreiben, das im Briefkopf die Stadtwerke GmbH ausweist und mit der Grußformel „Ihre Stadtwerke GmbH“ endet, machte diese gegenüber E eine Gesamtforderung für Frischwasser und Entwässerung geltend, „fällig“ bis zum 19.5. des Jahres. Ist hiergegen der Widerspruch statthaft?
Nein. Gem. § 68 Abs. 1 S. 1 VwGO ist der Widerspruch nur gegen einen Verwaltungsakt statthaft. Bei dem Schreiben der Stadtwerke GmbH handelt es sich jedoch nicht um einen solchen. Die Formulierung „Rechnung“ spricht eindeutig für eine privatrechtliche Handlungsform. Auch kann die Stadtwerke GmbH als Gesellschaft des Privatrechts aus der Sicht eines unbefangenen Dritten grundsätzlich nicht öffentlich-rechtlich und damit in Form eines Verwaltungsakts handeln. In dieser „Rechnung“ hat die Stadtwerke GmbH die von E zu zahlenden Beträge für Frischwasser und Entwässerung in einem Gesamtrechnungsbetrag ausgewiesen. Es wird dort nicht zwischen der Abrechnung für das Frischwasser, das auf einem privatrechtlichen Vertrag beruht, und den öffentlich-rechtlichen Gebühren für Entwässerung unterschieden. Es fehlen auch Begriffe, die wie etwa „Verfügung“ oder „Bescheid“ auf ein hoheitliches Handeln hinweisen könnten. Die Formulierung, dass der Betrag bis zum 19.5. des Jahres „fällig“ wird, entspricht vielmehr den Gepflogenheiten bei einer privaten Rechnung. Im Gegensatz dazu enthält die erste Seite eines Verwaltungsakts im Regelfall den Tenor, mit dem einseitig für den betroffenen Bürger eine verbindliche Rechtsfolge gesetzt wird. Auch hieran fehlt es bei dem hiesigen Schreiben. Schließlich endet dieses mit der Grußformel „Ihre Stadtwerke GmbH“. Auch in diesem Zusammenhang fehlt jeder Hinweis auf S als Hoheitsträgerin oder auf eine Rechtsbehelfsbelehrung, aus der etwa auf eine hoheitlich verbindliche Regelung mit der Folge einer Rechtsschutzmöglichkeit für den Bürger geschlossen werden könnte.
JURIQ-Klausurtipp
Wurde der öffentlich-rechtliche Charakter der streitigen Maßnahme in der Fallbearbeitung bereits auf einer vorhergehenden Gliederungsstufe (z.B. im Rahmen von § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO) geprüft, so kann hierauf nachfolgend (z.B. im Rahmen der Prüfung von § 35 S. 1 VwVfG) verwiesen werden.
c) Hoheitlich
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Die auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ergehende Maßnahme muss nach § 35 S. 1 VwVfG ferner „hoheitlicher“ Natur sein.
Eine Maßnahme ist dann als hoheitlich zu qualifizieren, wenn die Behörde einseitig Gebrauch macht von den ihr zustehenden öffentlich-rechtlichen Befugnissen.[41]
Während öffentlich-rechtliche Befugnisse auch Handlungen der Verwaltung umfassen, die diese im Einvernehmen (konsensual) mit dem Bürger, d.h. zweiseitig, vornimmt (z.B. öffentlich-rechtlicher Vertrag gem. §§ 54 ff. VwVfG; Rn. 94 ff.), zeichnet sich der Verwaltungsakt hingegen gerade dadurch aus, dass er unabhängig vom bzw. sogar gegen den Willen des Betroffenen erlassen werden „kann“ – nicht freilich auch „muss“, wie die Existenz von der Mitwirkung durch den Bürger bedürftigen antragsgebundenen (z.B. Baugenehmigung) und v.a. zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakten belegt.[42] Während bei Letzteren der Betroffene mit der Erteilung/Verweigerung seiner Zustimmung den Erlass/Nicht-Erlass des inhaltlich nicht zur Disposition stehenden Verwaltungsakts beeinflussen kann (z.B. Beamtenernennung, Einbürgerung, Immatrikulation), hat der Bürger beim öffentlich-rechtlichen Vertrag hingegen zusätzlich zum „Ob“ auch auf das „Wie“, d.h. den Inhalt der Regelung, Einfluss.
Hinweis
Der z.T. vertretenen Ansicht[43], welche die Begriffe „hoheitlich“ und „öffentlich-rechtlich“ miteinander gleichsetzt (Pleonasmus bzw. Tautologie), kann demnach nicht gefolgt werden.[44]
Beispiel[45]
Unternehmer U waren von der Behörde B für einen Zeitraum von zwei Jahren Beihilfen gewährt worden. Bei einer späteren Betriebsprüfung kam B zu dem Ergebnis, dass U einerseits für das erste Jahr Beihilfen i.H.v. 30 000 € zu viel erhalten hatte, ihm andererseits für das zweite Jahr weitere Beihilfen i.H.v. 80 000 € zustanden. Aufgrund dieses Prüfungsergebnisses forderte B von U per Bescheid einen Betrag i.H.v. 30 000 € zurück und bewilligte U in einem weiteren Bescheid einen Betrag i.H.v. 80 000 € nach. Zwecks Verfahrensvereinfachung setzte B diesen Betrag im Wege einer von ihr erklärten „Verrechnung“ von dem Rückforderungsbetrag i.H.v. 30 000 € ab und zahlte an U nur den Differenzbetrag i.H.v. 50 000 € aus. U ist der Auffassung, dass die von B erklärte Aufrechnung mit der von ihr behaupteten Gegenforderung unzulässig sei und erhebt daher Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht. Ist diese Klageart vorliegend statthaft?
Nein. Nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist die Anfechtungsklage nur dann statthaft, wenn der Kläger die Aufhebung eines Verwaltungsakts begehrt. Das ist in Bezug auf die von B erklärte Aufrechnung allerdings gerade nicht der Fall. Die Aufrechnungserklärung ist – ähnlich wie die Erfüllung einer Geldschuld durch Zahlung eines Geldbetrags – für sich allein noch kein Verwaltungsakt i.S.v. § 42 Abs. 1 VwGO sowie § 35 S. 1 VwVfG. Vielmehr handelt es sich bei der Aufrechnung um die Ausübung eines schuldrechtlichen Gestaltungsrechts und erfolgt in der Regel gem. §§ 387, 388 BGB durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung eines Schuldners, der zugleich der Gläubiger seines Gläubigers ist. Die Aufrechnungserklärung ist also eine Handlung, die der Erfüllung der eigenen Verbindlichkeit dient und dabei gleichzeitig die Befriedigung der eigenen Forderung bewirkt. Die Erklärung wird ohne Rücksicht darauf, ob die Aufrechnung seitens des Bürgers oder seitens der Behörde erfolgt und ob mit einer privatrechtlichen gegen eine öffentlich-rechtliche (§ 395 BGB), mit einer öffentlich-rechtlichen gegen eine privatrechtliche oder mit einer öffentlich-rechtlichen gegen eine öffentlich-rechtliche Forderung aufgerechnet wird, nicht aus einer hoheitlichen Position abgegeben. Sie ergeht damit ähnlich wie eine Willenserklärung, mit der ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (Aufrechnungsvertrag) geschlossen wird, auf einer gleichgeordneten rechtlichen Ebene.
d) Behörde
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Die auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffene hoheitliche Maßnahme muss gem. § 35 S. 1 VwVfG zudem von einer „Behörde“ vorgenommen worden sein, damit sie als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann.
Der Legaldefinition des § 1 Abs. 4 VwVfG[46] zufolge ist unter dem Begriff Behörde – unabhängig von ihrer Bezeichnung[47] – „jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“, zu verstehen (funktioneller bzw. verwaltungsverfahrensrechtlicher Behördenbegriff[48]), wobei „Stelle“ wiederum jede durch Rechtssätze des öffentlichen Organisationsrechts geschaffene, überindividuelle, mit konkreten Verwaltungszuständigkeiten ausgestattete organisatorische Einheit eines Trägers der öffentlichen Verwaltung meint.[49]
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Nicht um einen Verwaltungsakt (Nicht- bzw. Scheinverwaltungsakt) handelt es sich daher zum einen dann, wenn das betreffende Verhalten nicht einer Behörde zugerechnet werden kann (z.B. Aufstellen eines Verkehrsschilds i.S.d. StVO durch einen [nicht beliehenen] Privaten ohne behördlichen Auftrag;[50] vgl. die Beispiele in Rn. 29 und Rn. 52).
Hinweis
„Erforderlich, aber auch genügend für die Annahme eines Verwaltungsakts in Abgrenzung von einem Nichtakt (Scheinverwaltungsakt) ist dann, wenn die betreffende Maßnahme eine Behörde als Entscheidungsträger ausweist, intern jedoch ein Privater sie getroffen hat, dass die nach außen in Erscheinung tretende Behörde das Tätigwerden des Privaten als Geschäftsbesorger veranlasst hat, der Geschäftsbesorger also mit ihrem Wissen und Wollen tätig geworden ist. Hiervon kann nur gesprochen werden, wenn die von dem Geschäftsbesorger durchzuführende Tätigkeit ihrer Art und ihrem Umfang nach so hinreichend genau bestimmt ist, dass ohne Weiteres feststellbar ist, ob er sich im Rahmen der ihm übertragenen Tätigkeit gehalten hat.“ Dass die Behörde den Inhalt des Bescheids ggf. nicht kannte und ihn daher vor seinem Erlass nicht auf seine Richtigkeit hin überprüfen konnte, führt zu keiner anderen Beurteilung der Verwaltungsaktqualität.[51]
Zum anderen ist der Behördenbegriff auf die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben begrenzt, so dass Maßnahmen auf dem Gebiet der Gesetzgebung, der Regierung und der Rechtsprechung ebenfalls nicht unter § 35 S. 1 VwVfG fallen. Verfassungs-, prozess-, straf-, kirchen- und völkerrechtliche Tätigkeiten gehören zwar zum öffentlichen Recht, nicht aber zu dessen Teilbereich des Verwaltungsrechts und sind daher keine Verwaltungsakte. Aufgrund der funktionalen Definition des Behördenbegriffs in § 1 Abs. 4 VwVfG kann es allerdings durchaus vorkommen, dass auch Organe der Gesetzgebung sowie der Rechtsprechung einmal als „Behörde“ zu qualifizieren sind, nämlich dann, wenn sie im konkreten Fall Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (z.B. Erteilung eines Hausverbots durch den Präsidenten des Bundestags bzw. den Gerichtspräsidenten).
JURIQ-Klausurtipp
Über § 35 S. 1 VwVfG hinaus kann der Begriff „Behörde“ in der Klausurbearbeitung auch in folgenden Zusammenhängen relevant werden:
• | Zuständigkeit, vgl. § 3 VwVfG (Rn. 140 ff.); |
• | Verwaltungsverfahren, siehe §§ 9 ff. VwVfG (Rn. 150); |
• | Beteiligtenfähigkeit im Verwaltungsprozess, siehe § 61 Nr. 3 VwGO i.V.m. z.B. § 8 Abs. 1 BbgVwGG[52]; |
• | richtiger Klagegegner, siehe § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. z.B. § 19 Abs. 2 AGVwGO Saarl.[53] |
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Da sich der Behördenbegriff v.a. beim ersten Zugriff erfahrungsgemäß häufig nur schwer erschließt, wird nachfolgend eine Kurzdarstellung des zugrundeliegenden Verwaltungsorganisationsrechts gegeben:[54] Originärer Träger der öffentlichen Verwaltung ist der Staat als Inhaber der ursprünglichen Herrschaftsgewalt. In der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 GG) kommt neben dem Zentralstaat „Bundesrepublik Deutschland“ auch den einzelnen Gliedstaaten, d.h. den 16 Bundesländern, Staatsqualität[55] zu, vgl. auch Art. 30 GG; die Kommunen sind insoweit den Ländern zuzuordnen.
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Die Bestimmung des Verwaltungsträgers ist v.a. im Rahmen von § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO relevant, wonach die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich gegen den Rechts-, d.h. Verwaltungsträger der Behörde zu richten ist. Bzgl. der allgemeinen Leistungsklage, der allgemeinen Feststellungsklage sowie des Normenkontrollverfahrens (§ 47 Abs. 2 S. 2 VwGO) gilt das Rechtsträgerprinzip ausnahmslos.[56]
Als juristische Personen (des öffentlichen Rechts) sind der Bund und die Länder zwar rechtsfähig, d.h. sie können Träger von Rechten und Pflichten sein, nicht jedoch auch handlungsfähig. Ebenso wie juristische Personen des Privatrechts (z.B. Aktiengesellschaft, AG) bedürfen daher auch der Bund und die Länder Organe, um handeln zu können.
Organe sind organisatorisch – nicht aber: rechtlich – selbstständige und vom Wechsel ihrer Inhaber unabhängige Einrichtungen eines Verwaltungsträgers (z.B. Gemeinde), die dessen Zuständigkeit nach innen (z.B. Gemeinderat; vgl. im Privatrecht etwa den Aufsichtsrat der AG) und/oder außen (z.B. Bürgermeister; bei der AG: der Vorstand) für diesen wahrnehmen.[57]
Über welche und wie viele Organe eine juristische Person des öffentlichen Rechts verfügt, kann bei Trägern der mittelbaren Staatsverwaltung (Rn. 50), die aufgrund des aus dem Demokratieprinzip folgenden institutionellen Gesetzesvorbehalts (Rn. 15) über kein Organerfindungsrecht verfügen, nur durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes bestimmt werden. Demgegenüber beruht die Errichtung staatlicher Behörden nicht stets auf einem Bundes- bzw. Landes(organisations)gesetz (Rn. 140), sondern kann auch durch einen zuständigkeitsregelnden Organisationserlass – als atypischer Verwaltungsvorschrift mit Bindungswirkung gegenüber Gerichten und Bürgern (Rn. 238 ff.) – erfolgen.
Die Ausübung der den Organen zugewiesenen Zuständigkeiten wiederum erfolgt letztlich durch natürliche Personen (Organwalter), die allein über die nötige Handlungsfähigkeit verfügen. Das rechtlich relevante Verhalten eines Organwalters wird dessen Organ und das Organhandeln wird seinerseits dem betreffenden Verwaltungsträger zugerechnet.
An dieser Stelle sind auch die Behörden zu verorten: jede Behörde ist zugleich Organ – nicht aber umgekehrt, gibt es doch auch Organe, die nicht aufgrund gesetzlicher Ermächtigung konkrete Verwaltungsaufgaben im Außenverhältnis zum Bürger wahrnehmen (z.B. der Senat einer Universität). Im Gegensatz zu dem Rechtsträger, für den die Behörde – bzw. die in ihr tätigen natürlichen Personen – handelt, ist sie selbst nicht rechtsfähig. Intern sind Behörden regelmäßig noch in verschiedene Abteilungen, Referate, Dezernate etc. aufgegliedert.[58] Die kleinste Organisationseinheit bildet dabei das Amt, d.h. der institutionalisierte Aufgabenbereich, der einer bestimmten natürlichen Person (Amtswalter) zur Wahrnehmung zugewiesen ist. Ist die Behörde – wie häufig der Fall – monokratisch organisiert, so wird sie von einer Person geleitet (Behördenvorstand, z.B. Regierungspräsident) und in deren Vertretung („i.V.“) bzw. Auftrag („i.A.“) von den übrigen zeichnungsbefugten Behördenbediensteten gehandelt; ob es sich bei diesen um Beamte oder Angestellte handelt, ist insofern irrelevant, vgl. Art. 33 Abs. 4 GG. Demgegenüber haben Kollegialorgane (z.B. Gemeinderat) mehrere Organwalter als Mitglieder. Zu den Befugnissen der Behördenspitze gehört neben der Personalauswahl und der konkreten Aufgabenzuweisung auch das Recht, allgemeine Anordnungen zu geben sowie Einzelweisungen in konkreten Fällen zu erteilten (vgl. Rn. 72 f. und Rn. 239).
Beispiel
Beamter B (Amtswalter) ist im Bauamt (unselbständige Untergliederung einer Behörde) der kreisfreien Stadt S (juristische Person) tätig. Die von B „i.A.“ unterzeichnete Baugenehmigung wird dem Oberbürgermeister (Behörde) von S zugerechnet.
Hinweis
Die in der Praxis anzutreffenden Bezeichnungen sind terminologisch nicht stets korrekt. So wird insbesondere der Begriff „Amt“ häufig auch in einem weiteren Sinne zur Bezeichnung einer Behörde (z.B. Finanzamt) oder eines Teils von dieser (z.B. Ordnungsamt) verwendet. Zudem werden mitunter Behörden (z.B. Regierungspräsidium) nach ihrem Behördenleiter (z.B. Regierungspräsident) benannt.
50
Anstatt die ihm zukommenden Verwaltungsaufgaben unmittelbar durch eigene Behörden zu erfüllen (z.B. Kreiswehrersatzamt [Bund], Bezirksregierung [Länder]),[59] bedient sich der Staat (Bund und Länder) in bestimmten Bereichen – insbesondere auf der unteren Verwaltungsebene – anderer selbstständiger Rechtssubjekte[60] zur Aufgabenerledigung, wobei innerhalb dieser mittelbaren Staatsverwaltung u.a. noch weiter zwischen Verwaltungsträgern mit (z.B. Kommunen, Art. 28 Abs. 2 GG) und ohne Selbstverwaltungsbefugnissen (z.B. Beliehene; Rn. 51) differenziert werden kann.[61] Diese im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben (v.a. Art. 83 ff. GG) zulässige Dezentralisation bietet oftmals Vorteile in puncto Sach- und Bürgernähe, Flexibilität und Einbeziehung von Sachverständigen usw. Dass auch insoweit rechtmäßig gehandelt wird (vgl. § 118 Abs. 1 GemO BW, Art. 109 Abs. 1 bay. GO, § 119 Abs. 1 GO NRW), überwacht der Staat[62] im Wege der Rechtsaufsicht (z.B. gem. §§ 121 ff. GO NRW: Unterrichtung, Beanstandung, Aufhebung, Anordnung, Selbst-/Ersatzvornahme, Bestellung eines Beauftragten, Auflösung der Gemeindevertretung[63]) bzw. – sofern sich die Kontrolle auch auf die Zweckmäßigkeit erstreckt (z.B. §§ 9 Abs. 2, 3 Abs. 1 OBG NRW) – mittels des Instruments der Fach-/Sonderaufsicht (vgl. § 118 Abs. 2 GemO BW, Art. 109 Abs. 2 bay. GO, § 119 Abs. 2 GO NRW, z.B. allgemeine Weisung; Rn. 73).[64]
51
Träger dieser derivativen, d.h. von Bund und Ländern als originären Verwaltungsträgern abgeleiteten, (mittelbaren Staats-)Verwaltung sind die als juristische Personen organisierten Körperschaften[65], Anstalten[66] und Stiftungen[67] des öffentlichen Rechts sowie natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, soweit ihnen bestimmte Verwaltungsaufgaben durch oder aufgrund Gesetz[68] zur selbstständigen hoheitlichen Wahrnehmung übertragen worden sind (Beliehene, vgl. § 44 Abs. 3 BHO; z.B. Luftfahrzeugführer, § 12 Abs. 1 LuftSiG; TÜV-Sachverständige, § 29 Abs. 2 S. 2 StVZO). Der Beliehene ist im Umfang der ihm jeweils übertragenen hoheitlichen Kompetenzen selbst „Behörde“ i.S.v. § 1 Abs. 4 VwVfG – mit allen sich hieraus ergebenden Konsequenzen.
Beispiel[69]
In Verwaltungsstreitsachen wegen Versagung der Prüfplakette durch den amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfer für den Kraftfahrzeugverkehr bei Untersuchungen nach § 29 StVZO ist die Klage gem. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO[70] gegen den Technischen Überwachungsverein (TÜV) zu richten, bei dem der Sachverständige oder Prüfer angestellt ist (str.[71]).
52
Abzugrenzen vom Beliehenen ist der Verwaltungshelfer, der selbst nicht Hoheitsträger ist, sondern dessen Handeln vielmehr unmittelbar der ihn im Rahmen der funktionalen bzw. funktionellen Privatisierung („Outsourcing“) einschaltenden Behörde zugerechnet wird (Rn. 348). Unter dem Begriff „Verwaltungshelfer“ sind mehr oder weniger unselbstständig agierende Private zu verstehen, die Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde wahrnehmen (z.B. Abschleppunternehmer, Bauunternehmer bei der Absperrung von Straßen, Schülerlotse).[72]
Beispiel[73]
Die Umzugsfirma U führte am 14.12. im baden-württembergischen S einen Umzug für den Kunden K durch. Zu diesem Zeitpunkt verfügte U über eine gem. § 45 StVO von der zuständigen Behörde B erteilte und noch bis zum 19.8. des Folgejahres gültige Erlaubnis, „bei durchzuführenden Umzügen Halteverbote nach Zeichen 283 StVO im Stadtkreis S aufzustellen“ (Jahresdauergenehmigung). 3 Tage vor dem Umzug stellte U Schilder zur Errichtung einer am Umzugstag gültigen Halteverbotszone vor dem Haus des K auf. Als an diesem Tag dort gleichwohl noch der Pkw des P abgestellt war, informierte U die Polizei. Unter Hinweis auf die von U eingerichtete Halteverbotszone ordnet diese das Abschleppen des Fahrzeugs an. P fragt nach der Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens.
Der Abschleppvorgang als Teil einer Ersatzvornahme erweist sich als rechtswidrig. Ihr liegt ein vollstreckbarer Verwaltungsakt nicht zugrunde. Nach dem hier maßgeblichen § 2 LVwVG BW ist ein solcher aber Voraussetzung jeglicher Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung. Eine Halteverbotszone mit dem damit verbundenen – sofort vollziehbaren (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO analog, § 2 Nr. 2 LVwVG BW) – Wegfahrgebot ist durch das Aufstellen der entsprechenden Verkehrszeichen nicht wirksam eingerichtet worden. Dem Vorgehen des U lag eine verkehrsrechtliche Anordnung, die die Merkmale eines Verwaltungsakts in Gestalt einer Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 Alt. 3 LVwVfG BW erfüllt, nicht zugrunde. Es fehlt bereits am Handeln einer Behörde (§ 1 Abs. 2 LVwVfG BW). Die Verkehrszeichen sind deswegen als bloße Schein-Verwaltungsakte (Nichtakte) einzustufen, die jedenfalls insoweit rechtliche Wirkungen nicht entfalten. Für den Erlass verkehrsregelnder Anordnungen sind nach § 45 Abs. 1 bis 1g StVO in erster Linie die Straßenverkehrsbehörden zuständig. Diese können nach § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StVO zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum die Benutzung bestimmter Straßen beschränken. Nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft muss die zuständige Behörde die ihr zugewiesenen Aufgaben grundsätzlich durch eigene Bedienstete erfüllen. Dieser Vorgabe entspricht das Vorgehen von B nicht. Denn der Einrichtung der Halteverbotszone im Interesse der Ermöglichung reibungsloser Be- und Entladungsarbeiten beim Umzug lag eine nach Ort und Zeit individualisierte und konkretisierte Anordnung von B nicht zugrunde. Vielmehr hat darüber allein U – ohne jegliche vorherige Ab- oder Rücksprache mit B – gemäß seinen betrieblichen Erfordernissen, wenn auch in dem durch die Jahresdauergenehmigung gesetzten allgemeinen Rechtsrahmen, entschieden. Dieses Vorgehen ist nicht durch § 45 Abs. 6 StVO gedeckt. Danach müssen die Unternehmer vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, von der zuständigen Behörde Anordnungen nach § 45 Abs. 1 bis 3 StVO u.a. darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind. Denn diese Bestimmung verlagert nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht etwa die Entscheidungskompetenz auf den privaten Unternehmer. Der Private wird nicht aufgrund ihm übertragener hoheitlicher Befugnisse eigenständig regelnd tätig. Vielmehr obliegt ihm – insoweit als einem bloßen Verwaltungshelfer – lediglich die tatsächliche Umsetzung der zuvor von der zuständigen Behörde getroffenen Entscheidung, indem er deren Anordnungen mittels der Verkehrszeichen gemäß § 39 Abs. 2, § 45 Abs. 4 StVO bekannt gibt.
53
Schließlich kann die Verwaltung im Rahmen der ihr eröffneten Wahlfreiheit (Rn. 11) ihre Aufgaben auch in privatrechtlicher statt in öffentlich-rechtlicher Form wahrnehmen. Dies nicht nur dadurch, dass ein Verwaltungsträger für seine Handlungen die Form des Privatrechts wählt (Rn. 22). Vielmehr kann er sich auch im Hinblick auf die Organisationsform derjenigen Einrichtung, der die Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben übertragen und deren Anteile vom jeweiligen Verwaltungsträger entweder zu 100% gehalten (Eigengesellschaften) oder von diesem mehrheitlich beherrscht (gemischt-wirtschaftliche Unternehmen[74]) wird, (juristischer Personen) des Privatrechts bedienen (z.B. Stadtwerke GmbH), sog. formelle bzw. Organisationsprivatisierung.[75] Diese „privatrechtlich organisierten Verwaltungsträger“ vermögen im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträgern freilich ausschließlich in privat-, nicht aber auch in öffentlich-rechtlicher Form zu handeln (Ausnahme: Der privatrechtlich organisierte Verwaltungsträger wird beliehen, so z.B. gem. § 33 Abs. 1 S. 2 PostG die privatisierte Deutsche Post AG mit der Aufgabe der förmlichen Postzustellung; Rn. 29). Zieht sich der Staat aus der Erledigung der von ihm bisher wahrgenommenen Aufgaben dagegen ganz zurück und überlässt er diese dem privaten (gesellschaftlich-wirtschaftlichen) Bereich – in den er aber zwecks Gewährleistung der Gemeinwohlbelange weiterhin regulierend eingreift (z.B. durch die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, vgl. Art. 87f GG) –, so liegt ein Fall der materiellen bzw. Aufgabenprivatisierung vor.
Verfassungsrechtliche „Privatisierungsgrenzen“ (z.B. bzgl. des Maßregelvollzugs und der Verkehrsüberwachung) können sich namentlich aus dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG sowie aus Art. 33 Abs. 4 GG ergeben.[76] Denn „die Regelungs- und Sanktionsmacht, die [der Staat] von der Bevölkerung zur Begründung seiner eigenen Legitimation an sich zieht, [kann er nicht] so ohne Weiteres wieder an ,private Dienstleister‘ abgeben, damit diese dann für ihn als ,Subunternehmer‘ ohne Legitimation hoheitliche Aufgaben wahrnehmen. Mit dem Recht etwas zu ,dürfen‘, folgt nicht automatisch das Recht, mit diesem ,Dürfen‘ beliebig umzugehen. Der Bürger hat einen Anspruch darauf, dass der Staat die ihm gewährte Macht im Rahmen der ihm gewährten Regelungskompetenz eigenverantwortlich ausübt und nach Prinzipien eines Rechtsstaates gerichtlich überprüfbar rechtfertigt. Will ein staatliches Exekutivorgan die ihm gewährte Regelungs- und Sanktionsmacht delegieren, muss es dafür eine im Rahmen eines gesetzgeberischen Verfahrens durch die parlamentarische Repräsentation der Bevölkerung (Legislative) ergangene Ermächtigungsgrundlage haben. Soweit es sich nicht ohnehin um absolute hoheitliche Kernaufgaben handelt, die von einem derartigen Verfassungsrang sind, dass sie grundsätzlich nicht übertragbar sind, wozu insbesondere Justiz, Polizei und die Fiskalverwaltung gehören, muss in dieser Ermächtigungsgrundlage klar und eindeutig bestimmt sein, was übertragen wird, warum es übertragen wird, wie es übertragen wird und wie es kontrolliert wird.“[77]
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