Kitabı oku: «Kill dein Kaninchen!», sayfa 3

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Die Medien


Angst, Hass, Titten und Wetterbericht sorgen für Auflage.

Auch wenn wir uns auf keinen Fall in die Reihen der »Lügenpresse-Schreier« begeben wollen, fällt nicht nur uns auf, dass »Angst, Hass, Titten und Wetterbericht«5 für Auflage sorgen. Wir glauben nicht, dass die Medien Lügen verbreiten, zumindest die meisten nicht. Wir denken, dass die Marketing-Experten unter den Medienschaffenden genau wissen, dass sie mit Geschichten, die Angst machen, Leser, Hörer und TV-Zuschauer erreichen. Reality-Soaps lassen uns in gesellschaftliche Abgründe blicken und seriöse Nachrichtensendungen verbreiten eine Horrormeldung nach der anderen. Tote Kinder, brennende Häuser, grausame Überfallszenen und Mord dominieren unsere mediale Welt. Positive Nachrichten lassen sich anscheinend nicht so gut verkaufen. Dazu ein Zitat des deutschen Aphoristikers Erwin Koch:

»Mit ihrem Fokus auf das Negative zeigen uns die Medien kein Abbild, sondern ein Zerrbild des Lebens, das von den Rezipienten dann auch prompt mit der Realität verwechselt wird.«

Da ist was dran, finden wir. Wir werden also, je nach Häufigkeit der Mediennutzung, den ganzen Tag mit schlechten Nachrichten bombardiert – in der Zeitung, im Radio, im TV und ganz besonders auch im Internet. Wie sollen wir denn dabei noch gut gelaunt bleiben?

Die Pharmaindustrie

Wenn wir in den USA in einer Drogerie vor einem Regal mit Schmerztabletten stehen, trifft uns fast der Schlag. Aspirin und Tylenol, das bei uns Paracetamol heißt, gibt es in allen möglichen Varianten. Die Aspirin-Behälter sind bis oben hin mit bis zu 1000 Pillen gefüllt und kosten nur um die 20 US-Dollar.


Medikamente werden wie Bonbons konsumiert.

Aber auch bei uns in Europa und in Deutschland bekommt man das Gefühl, dass Medikamente wie Bonbons konsumiert werden. Anstatt auf die Zipperlein des Körpers zu hören und ein bisschen Ruhe einkehren zu lassen, gibt es für alles eine passende Pille. Die lindert – zumindest vorübergehend – die Symptome, meist aber nicht die Ursachen.

Wir Menschen haben Angst, dass wir nicht leistungsfähig genug sind oder dass ein Tag mit Kopfschmerzen im Bett nicht vertretbar ist. Ständige Verfügbarkeit muss gewährleistet sein, und wenn der Körper sagt: »Stopp – ich brauche eine Pause!«, dann gehen wir eben chemisch dagegen vor.

Gerade bei Selbstständigen – auch bei uns selbst – haben wir das Phänomen »Angst, etwas Wichtiges zu verpassen« beobachtet. Oft haben wir Ruhephasen immer wieder vor uns hergeschoben und verschoben. Mit dem Ergebnis, dass der Körper irgendwann ganz laut schreit: »Meetings kannst du jetzt vergessen. Du bleibst im Bett!«

Viele von uns haben eine riesige Panik davor, Anrufe oder E-Mails zu verpassen oder gar einmal völlig auszufallen. Und dann kommt auch noch die Angst vor neuen Epidemien dazu. Schweinegrippe, Vogelgrippe, Geflügelpest, BSE …

In den letzten Jahren poppen immer wieder Meldungen mit neuen Gefährdungen auf. Auch die Angst vor Masern und anderen »Kinderkrankheiten« ist zurückgekehrt. Im Fokus steht meist die Frage: impfen oder nicht impfen? Von der Angst der Eltern um die Gesundheit ihrer Kinder oder auch generell der Menschen um die eigene Gesundheit und die von Angehörigen profitiert wieder einmal eine Industrie wie keine andere: die Pharmaindustrie.

KURZ GEFASST: VOM URINSTINKT ZUM WIRTSCHAFTSZWEIG

Wahrscheinlich haben wir an dieser Stelle die eine oder andere Branche vergessen. Es wird aber sicherlich deutlich, dass das Geschäft mit der Angst lukrativ ist. Lassen Sie sich also nicht von jeder Meldung gleich aus der Fassung bringen. Arbeiten Sie stattdessen lieber daran, irrationale Ängste loszuwerden. Das spart nicht nur Geld, sondern schont auch Ihre Nerven.

Was hilft gegen Angst?

Wir müssen nicht immer gleich zu Medikamenten greifen. Denn das Leben stattet uns mit vielen ganz natürlichen Mitteln aus, die uns beim Bekämpfen von Ängsten unterstützen. Den gesunden Menschenverstand haben wir ja bereits erwähnt und können ihn gar nicht genug betonen. Aber es gibt noch viel mehr natürliche und äußerst wirksame Anti-Angst-Mittel – zum Beispiel:

Erfahrung

Je mehr Erfahrung wir mit einer Situation haben, die uns Angst macht, desto leichter wird es meist, damit umzugehen. Wir kennen zahlreiche Musiker, die sich zu Anfang fürchteten, auf die Bühne zu gehen. Viele haben immer Lampenfieber. Dennoch lassen sie zahlreiche positive Erfahrungen – beispielsweise begeisterte Publikumsreaktionen – immer wieder ins Rampenlicht treten.

Ein befreundeter Comedian hat einmal erzählt: »Wenn die Angst ganz weg ist, dann fehlt oft auch die Energie auf der Bühne. Dann wird alles zur Routine. Und das wäre ja langweilig. Aber meine Erfahrung hat mich deutlich ruhiger werden lassen.«

Übung und Routine

Je öfter wir etwas gemacht haben, desto leichter fällt es uns. Wer erinnert sich noch an seine ersten Fahrversuche? So richtig routiniert waren die sicherlich nicht. Wir haben immer noch vor Augen, wie schwer es war, einfach nur loszufahren und sich in den fließenden Verkehr einzureihen. Ein Horror! Worauf wir damals alles noch aktiv achten mussten, schien völlig unüberschaubar. Heute läuft das alles von alleine, und wir denken eher: »Eigentlich ist es ein Wunder, dass nicht mehr Unfälle passieren, wenn man sieht, wie die anderen Auto fahren!«

Freunde


Echte Freunde sind eine Macht gegen die Angst.

Echte Freunde, also nicht unbedingt diejenigen, die sich auf unseren Social-Media-Kanälen tummeln, sind eine nicht zu unterschätzende Macht gegen die Angst. Zum einen geht es im gegenseitigen Umgang offen zu. Zum anderen profitieren wir von den Erfahrungen und Routinen der anderen. Ein Gespräch mit einem guten Freund kann leicht neue Perspektiven aufzeigen, die wir selbst in unserem »Filter« nicht entdeckt hätten. Freunde können aber auch dabei helfen, Ängste abzubauen. Oft genügt es schon, dass sie einem zuhören und einen im Notfall auffangen. Sie bieten starken Rückhalt und sind Menschen, mit denen wir Angstsituationen gemeinsam angehen können.

Fakten

Viele unserer Ängste sind völlig irrational. Wir haben Angst vor dem Fliegen, brettern aber mit 200 Sachen über die Autobahn. Das Flugzeug ist jedoch nachweislich das sicherere Verkehrsmittel. Das können wir in zahlreichen Statistiken nachlesen. Wir haben Angst vor der Überfremdung und vor dem Verlust unserer Identität als Nation. Trotzdem lieben wir es, beim Italiener Pizza zu essen, beim Vietnamesen Frühlingsrollen zu genießen oder beim Libanesen Mezze zu bestellen. Wir sind einfach wirklich gut darin, die Wahrheit selektiv zu sehen. Zudem können verschiedene Studien und Statistiken glaubhaft vermitteln, dass eine »Überfremdung« nicht passieren wird und Deutschland als klassisches Einwanderungsland neue Impulse und Kulturen nicht nur verkraften kann, sondern sogar davon profitiert.6 Bleibt jedoch das Misstrauen, ob diese Studien tatsächlich auf Fakten beruhen oder ob sie selektiv durchgeführt wurden, um ein bestimmtes Bild zu erzielen, das politisch und gesellschaftlich gewünscht ist.


Wahrheit ist häufig eine Frage der Perspektive.

Ob Fakten tatsächlich Fakten sind, ist heutzutage wirklich nicht mehr so einfach zu überprüfen. Jeder Studie steht eine weitere gegenüber, die das Gegenteil behauptet. Und jeder, der Lust darauf hat, mal etwas zu veröffentlichen oder seine Meinung im etwas anonymeren Rahmen des Internets kundzutun, hält sich für einen Journalisten und verkauft seine Meinung als alleinige Wahrheit. Akzeptieren Sie also nicht so schnell eine Aussage als Fakt. Wahrheit ist leider inzwischen häufig eine Frage der Perspektive geworden.

Schauen Sie bei sogenannten Fakten immer genau hin und fragen Sie sich: »Wer hat eine Studie in Auftrag gegeben? Wer profitiert von welchen Ergebnissen? Sind die Aussagen belegbar?« Wer der Wahrheit nahekommen möchte, sollte sich auf jeden Fall aus verschiedenen Quellen Informationen zusammensuchen und nicht vergessen, den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Wir haben davon nämlich mehr, als wir oft glauben.

Unabhängigkeit

Wer sich von anderen Menschen finanziell oder auch emotional abhängig macht, ist viel anfälliger für Ängste als diejenigen, die sich ein Stückchen Unabhängigkeit bewahren. Das gilt sowohl im Privatleben als auch im Job.

Hat man in einer Partnerschaft keine eigenen Freunde mehr, pflegt man keine eigenen Hobbys, steigt die Verlustangst meist an. Das liegt daran, dass wir schnell das Gefühl bekommen, ohne den anderen nichts mehr zu sein. Eine Freundin sagte neulich: »Ich habe meinem Lebensgefährten gedroht: Wenn du mich verlässt und wieder nach da draußen schickst, dann bringe ich dich um!« Im ersten Moment war die Geschichte ein Lacher. Wir sind überzeugt, dass sie ihn nicht umbringen würde. Sie hat sich aber emotional so eng an ihn gebunden, dass sie sich selbst abhängig fühlt. Das jagt ihr eine Heidenangst ein. Viel schlimmer ist für sie aber die Vorstellung, wieder auf dem sogenannten Singlemarkt aktiv werden zu müssen.


Abhängigkeit schürt Ängste!

Im Job sieht das ähnlich aus. Wer selbstständig ist, sollte sich nicht auf ein Standbein und besonders nicht auf einen Kunden verlassen. Wenn der wegbricht, ist von heute auf morgen Panik angesagt. Kurzfristig betrachtet ist die wahrscheinlich sogar berechtigt. Es gibt zahlreiche Beispiele von Firmen, die deswegen Pleite gemacht haben. Die meisten erinnern sich bestimmt noch an Berichte von landwirtschaftlichen Betrieben, die aufgrund von Großaufträgen von Discountern expandiert haben. Danach wurden ihre Preise so gedrückt, dass es besser war, aufzugeben, anstatt zu liefern und draufzuzahlen. Aber auch Kleinunternehmer, die sich aufgrund eines Versprechens von zahlreichen Aufträgen selbstständig gemacht haben, mussten oft wieder aufgeben, weil der vermeintliche Großkunde insolvent war oder intern entschieden wurde, neue Prioritäten zu setzen.

Welcher Lebensbereich auch immer betroffen ist: Abhängigkeit ist nie gut und sorgt häufig für Ängste, die nicht sein müssten. Wir haben übrigens beide mehrere Standbeine. Ralf ist Moderator, Speaker, Eventdesigner, Autor und Veranstalter für Impro-Hotels. Mona arbeitet in der PR, im Künstlermanagement, ist Journalistin und Autorin.

Andersartigkeit

Suchen Sie sich Menschen, die anders sind als Sie. Das erweitert Ihren Horizont ungemein und lässt Sie die Angst vor Neuem und Unbekanntem schnell vergessen, weil Sie noch nie da gewesene Erfahrungen sammeln. Andere Meinungen und Blicke auf Themen sorgen für frischen Wind und unterstützen auch dabei, angstgeprägte Vorurteile abzulegen. Jede Andersartigkeit hilft uns, eine neue Perspektive einzunehmen. Wir beide lieben es zum Beispiel, mit Menschen aus anderen Generationen zu sprechen, am besten außerhalb der eigenen Familie:

Mona hat in New York mit zwei Dozentinnen an unterschiedlichen Colleges in den USA gesprochen. Eine der Damen, die die Position einer Dekanin innehat, weigerte sich zum Beispiel, einer Einladung ins Weiße Haus zu folgen. Sie wollte auf keinen Fall die Trump-Regierung unterstützen. Furchtlos stellte sie sich einem ungeliebten Regime entgegen und hat damit ein klares Statement gesetzt. In Deutschland hätten wir uns höchstwahrscheinlich erst einmal Gedanken darüber gemacht, was alles passieren könnte, wenn wir »den Gehorsam verweigern«. Manchmal scheint es, als ob uns so ein positiver Aktionismus fehlt. Die Dame ist übrigens Einwanderin. Sie stammt ursprünglich aus Jamaika, hat in Kanada studiert und lebt und arbeitet bereits seit über 40 Jahren in den USA. Und: Ihren Job übt sie immer noch aus!

Ralf hat ungefähr zur gleichen Zeit mit seinem Team das Bühnen- und Rahmenprogramm der IdeenExpo in Hannover gestaltet. Hier geht es um Fort- und Weiterbildung für Schüler. Um deren Nerv und auch den der Eltern zu treffen, ist ein ständiger Dialog mit der heranwachsenden Generation unerlässlich. Das baut Vorurteile und Berührungsängste ab und erweitert den eigenen Horizont um ein Vielfaches.

Neugier


Neugier macht Angst zum Fremdwort.

Entwickeln Sie eine Lust darauf, außergewöhnliche Wege zu gehen. Je eingefahrener wir sind, desto wichtiger erscheint es, dass alles so bleibt, wie es ist. Gewohnheit und Altbekanntes schaffen eine scheinbare Sicherheit. Doch wenn dann plötzlich etwas Unvorhergesehenes passiert, gerät die Sicherheit schnell ins Wanken. Wer Lust darauf hat, neue Wege zu gehen, hat weniger Angst davor, diese Pfade auch einmal zu beschreiten, wenn er nicht dazu gezwungen wird. Zudem wird er routinierter im Umgang mit Veränderungen. Je besser wir mit Veränderungen umgehen können, desto leichter wird es. Und je neugieriger Sie sind, desto aktiver gehen Sie in Veränderungen hinein, und Angst wird zum Fremdwort.

Distanz zur Angst

Schaffen Sie eine gedankliche Distanz zu Ihren Ängsten, anstatt sich immer tiefer hineinfallen zu lassen oder sich gar mit ihnen zu identifizieren. Einige Menschen beschäftigen sich so sehr mit ihren Ängsten, dass sie sich im schlimmsten Fall darüber definieren. Wir möchten hier nicht dazu aufrufen, Ängste zu ignorieren. Ein gesunder Abstand dazu ist jedoch dringend anzuraten. Das zeigt auch das folgende Beispiel:

Eine Freundin erzählte uns vor einiger Zeit, dass sie ihre Arbeit nicht mehr schaffen würde, weil sie so große Angst davor habe, ihren Job zu verlieren. Die Angst war auch nicht unbegründet, denn in ihrer Firma gab es bereits die dritte Kündigungswelle innerhalb weniger Jahre. Bisher war sie davon jedoch verschont geblieben. Sie steigerte sich trotzdem immer weiter in die Situation der vermeintlich Entlassenen hinein.

Irgendwann saß sie tagsüber wie gelähmt an ihrem Schreibtisch und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Sie machte Fehler, wurde langsam und brachte keinerlei Kreativität mehr in die Firma ein. Innerlich hatte sie mit dem Kapitel bereits abgeschlossen und sich in die Opferrolle begeben. Allerdings war sie auch nicht in der Lage, die Konsequenzen zu ziehen und sich aktiv einen neuen Job zu suchen. Sogar in der Freizeit gab es kein anderes Thema mehr. Ihre Freunde konnten die immer wieder selbe Leier nicht mehr hören.

Zum Glück hatte sie einen Chef, der bemerkte, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Er sprach sie darauf an. Auch er war sich seiner Position im Unternehmen nicht mehr sicher und erzählte ihr, wie er mit der schwierigen Lage umging. Er versuchte, seine Angst zu akzeptieren, sich aber nicht mehr von ihr leiten zu lassen. Anstatt sich permanent einzureden »Das geht alles schief!«, schickte er die Angst in Gedanken jeden Tag ein bisschen weiter von sich weg, bis sie zur Tür hinausgegangen war. Dann schloss er die Tür und versuchte wieder dafür zu sorgen, dass sich die Firma aus der Umsatzflaute herausarbeiten konnte. Unsere Freundin folgte seiner Strategie. Gemeinsam und mit einer gesunden Haltung gegenüber der Situation schafften sie es, die Umsatzflaute zu besiegen. Als das schließlich geschafft war, wurde der Chef befördert und hat unsere Freundin gleich mit in den neuen Aufgabenbereich genommen. Sie hatte zusammen mit ihm die Angst besiegt, die Kehrtwende eingeleitet und sich so ihren Arbeitsplatz gesichert.

KURZ GEFASST: WAS HILFT GEGEN ANGST?

Jeder hat Ängste, und so vielfältig sie sind, so unterschiedlich sind auch die Wege, um sie loszuwerden. Es gilt in jedem Fall zu vermeiden, dass wir uns von unseren Ängsten überfordern und leiten lassen. Sonst kommt das große böse Panik-Kaninchen und wir schlittern Stück für Stück in den totalen Kontrollverlust.

Die Ängste der Deutschen

Die regelmäßige Studie »Die Ängste der Deutschen« im Auftrag der R+V Versicherung basiert auf 16 Grundängsten, die jedes Jahr abgefragt werden. Aufgeteilt sind diese in wirtschaftliche bzw. politische Themen, externe Bedrohungen, persönliche Sorgen und Umweltängste. Alles Wissenswerte dazu gibt es unter:

https://www.ruv.de/presse/aengste-der-deutschen

In den Ergebnissen der Studie aus dem Jahr 2016 sind besonders zwei Tendenzen zu beobachten:

1. Die Ängste der Menschen hierzulande werden immer stärker

Die Studie wurde bereits zum 25. Mal durchgeführt und noch nie waren die Werte so hoch wie heute. In allen Bundesländern nehmen die Ängste der Menschen zu. Hessen liegt mit zurzeit 59 Prozent an der Spitze, dicht gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 55 Prozent. In Berlin haben die Menschen mit 40 Prozent am wenigsten Angst. Vielleicht liegt die generelle Gelassenheit der Berliner darin begründet, dass Zuwanderung und Integration dort schon lange Themen sind, mit denen man sich vonseiten der Politik und besonders vonseiten der Bevölkerung beschäftigt. Kein Ort in Deutschland ist multikultureller, keiner vielseitiger, und zumindest aktuell bewegt sich auch keiner im selben Tempo, in dem sich die Hauptstadt dreht. Die Berliner sind es also gewohnt, dass sich permanent etwas verändert, dass man in den Straßen einiger Stadtteile mehr Fremdsprachen als Deutsch hört und dass viele sich eher von Touristen als von Zuwanderern gestört fühlen.

2. Die Menschen in Ost und West haben dieselben Ängste

Eine Erkenntnis der Studie hat uns ziemlich überrascht: Die Top 6 der Ängste der Deutschen sind im Osten dieselben wie im Westen. Angeführt wird die Liste von der Angst vor Terrorismus. In ganz Deutschland fürchten sich 73 Prozent davor. Nahe dran liegt die Angst vor politischem Extremismus (68 Prozent) und vor Spannungen durch den Zuzug von Ausländern (67 Prozent). Weiterhin spielen die Überforderung von Behörden und Bürgern durch Asylbewerber (66 Prozent) und die Überforderung von Politikern (65 Prozent) eine große Rolle. Die Menschen sind aber auch über die Kosten, die durch die EU-Schuldenkrise verursacht werden (65 Prozent), beunruhigt. Die Angst vor Naturkatastrophen, die in der Studie aus dem Jahr 2015 noch ganz an der Spitze stand, ist 2016 nicht einmal mehr in den Top 7 zu finden, die deutschlandweit zusammengefasst wurden.

KURZ GEFASST: DIE ÄNGSTE DER DEUTSCHEN

Noch nie hatten die Deutschen so viele Ängste wie zurzeit. Diese Ängste verändern sich – abhängig von aktuellen Ereignissen. Momentan ist besonders die Angst vor Terrorismus sehr hoch. Dahingegen hat sich die Angst vor Naturkatastrophen, die in der Vorjahresstudie noch ganz oben stand, beinahe in Luft aufgelöst.

German Angst – die geerbte Angst

Aufgrund der aktuellen Studie könnte man das, was man uns Deutschen bereits seit längerer Zeit nachsagt, bestätigt sehen. Viele denken, wir seien ein Volk der Angsthasen: Für uns hat man international sogar den Begriff »German Angst« kreiert, der eine unbegründete Angst oder Besorgtheit – besonders vor dem Verlust des eigenen Lebensstandards – ausdrücken soll.


Das Volk der Angsthasen?!

Aber was genau steckt hinter der German Angst? Wir Deutschen gelten als zögerlich, weil wir die Konsequenzen unseres Handels fürchten. Angeblich liegt die typisch deutsche Zögerlichkeit darin begründet, dass wir Angst davor hätten, unseren Lebensstandard zu verlieren. Deshalb würden wir uns auch nichts trauen. Kurzum: Man macht sich gerne ein bisschen lustig über unser »zitterndes« Volk, das in den Augen vieler doch eher im »Paradies« lebt, also von allem genug hat und sich im Grunde nicht beschweren kann. Zumindest gilt das für die meisten Deutschen. Unser Lebensstandard ist hoch und die Arbeitslosigkeit gering. Tatsächlich haben wir laut der Bundesagentur für Arbeit im Oktober 2017 mit 3,6 Prozent eine ziemlich niedrige Arbeitslosenquote.7 Im Vergleich: Die Arbeitslosenquote in Spanien lag durchschnittlich bei 16,7 Prozent und der EU-Schnitt belief sich auf 7,4 Prozent.8 Außerdem stieg unser Wirtschaftswachstum 2016 – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) und entgegen den Erwartungen – wieder um starke 1,9 Prozent.9 2015 lag es bereits 1,7 Prozent höher als im Vorjahr. Ist die German Angst also eine Tatsache? Machen wir uns wirklich grundlos Sorgen um unser Hab und Gut?

Sehen wir es zunächst einmal positiv: Wer Angst um seinen Wohlstand und seinen Besitz hat, der hat etwas zu verlieren. Wer nichts hat, braucht sich auch keine Sorgen zu machen. Das heißt aber noch lange nicht, dass die German Angst berechtigt ist. Schauen wir doch in eine Zeit zurück, in der sie besonders stark ausgeprägt war. Als Mitte der 1950er-Jahre Gastarbeiter nach Deutschland kamen, war die Feindseligkeit groß und ebenso die Angst, dass sie den Deutschen die Arbeitsplätze wegnehmen könnten und sich ihre Kultur mit unserer vermischen würde. Tatsächlich haben die Gastarbeiter jedoch zum deutschen Wirtschaftswunder beigetragen und wir haben alle profitiert.

Blicken wir einmal kurz auf unsere persönlichen Erinnerungen:

Wir haben beide ähnliche Erfahrungen mit der, nennen wir sie mal »Ängstlichkeit« gemacht. Wir beide sind auf dem Land groß geworden, in Regionen in Süddeutschland, die stark für Traditionsbewusstsein stehen. Beide sind wir schon im Alter von ungefähr 20 in die Großstadt »geflüchtet«. Beide mussten wir Sätze wie »Hast du dir das gut überlegt?« und »Was da alles passieren kann!« von vielen Seiten hören – sei es von der eigenen Verwandtschaft oder auch von Freunden und Bekannten. Die meisten hielten uns für Spinner, die sowieso bald wieder in den Schoß des Bekannten zurückkehren würden. Außerdem war die Sorge darum, welchen Gefahren und Risiken wir in der Großstadt ausgesetzt wären, viel größer und wurde häufiger kommuniziert als die Freude darüber, dass wir uns dazu entschieden hatten, einen neuen Weg zu gehen. Solche Aussagen können einen ganz schön blockieren, wenn man selbst auch noch ein bisschen unsicher ist. Doch der jugendliche Tatendrang und der Wunsch nach Veränderung und dem Ausbruch aus alten Zwängen hat überwogen. Wir haben diese Entscheidung beide nicht bereut.

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