Kitabı oku: «Lebensläufe», sayfa 4

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Sie wird Reporterin – und Mutter

Nach dem Volontariat beim Bayerischen Rundfunk wurde die junge Journalistin Lokalreporterin bei der Bildzeitung. In der Redaktion traf sie auf einen Mann, der Einfluss auf ihr weiteres Leben haben sollte. Gabi Weishäupl verliebte sich in den Redaktionsleiter, begann eine Beziehung mit ihm. Einen Gedanken an Heirat verschwendete sie nicht, arbeitete hingegen fieberhaft an ihrer Karriere.

Auf einem Termin knüpfte sie einen Kontakt zur Münchner Messe- und Ausstellungsgesellschaft. Sie wurde angesprochen, ob sie sich vorstellen könne, dort die Pressearbeit zu übernehmen. Sie konnte. Bereits mit 25 Jahren arbeitete Gabriele Weishäupl in einer gehobenen Position, hatte eine eigene Sekretärin. Sie entdeckte ihre Vorliebe für internationales Parkett, reiste von Messe zu Messe und übernahm mit Begeisterung jede neue Aufgabe.

Bis sie merkte, dass sie schwanger war. Ein Kind war, zumindest zu diesem Zeitpunkt, nicht Bestandteil ihrer Planung. Dennoch beschloss Gabriele Weishäupl vom ersten Moment an, dieses Kind zu bekommen. „Die Schwangerschaft und ein Baby haben in meine Lebensphase nicht gepasst. Dennoch war ich mir bewusst, welchen Wert das Geschenk des Lebens hat“, sagt sie rückblickend. Zumal sie damals an ihre Eltern dachte, an deren Bestreben, dem Einzelkind Gabi noch ein Geschwisterchen zu schenken. Ein vergeblicher Wunsch.

Mit ihrem Entschluss, das Kind zu bekommen, ging einher, den Vater zu heiraten. 1974 wurde Verena geboren. Eine alleinerziehende Mutter zu sein, war für Gabi Weishäupl keine Option. Zum einen, weil die gesellschaftliche Akzeptanz zum damaligen Zeitpunkt kaum zu erwarten war, zum anderen, weil sie schlicht Unterstützung im Alltag brauchte. Gabriele Weishäupl erinnert sich daran, was sie damals in einem Erziehungsratgeber gelesen hat: „Es hieß zu der Zeit immer, dass der Vater besonders in den ersten drei Jahren wichtig für das Kind ist.“

Noch wichtiger wurden die Eltern des Mannes, bei denen Verena einen Großteil ihrer Kindheit verbrachte. Von ihrer Schwiegermutter Lilo spricht Gabi Weishäupl mit herzlicher Erinnerung. Sie war der berufstätigen Mutter eine große Stütze und für Verena eine wichtige Bezugsperson. Gabi Weishäupl engagierte auch französische Au-Pair-Mädchen. Letztlich schaffte sie es, ihrem Beruf weiterhin nachzugehen. Eine Entscheidung zwischen Kind und Karriere zu treffen, lehnte sie von Anfang an kategorisch ab. Sie war überzeugt davon, beides vereinen zu können. Vorwürfe, eine schlechte Mutter zu sein, ignorierte sie konsequent, ließ sich kein schlechtes Gewissen einreden.

„Manchmal ist es gelungen, manchmal nicht“, sagt sie über das Vereinbaren von Familie und Beruf im Nachhinein. Ein wenig scheint sich in der Ambivalenz der Gefühle zwischen Mutter und Tochter das Verhältnis zu Gabi Weishäupls eigener Mutter widerzuspiegeln. Heute ist Tochter Verena selbst alleinerziehende Mutter von zwei Mädchen. Gabi Weishäupl, die mit den Enkeltöchtern gerne Zeit verbringt, betont, letztlich nichts zu bereuen: „Ich bin mir sicher, meine Tochter weiß ganz genau, dass sie jederzeit zu mir kommen könnte, wenn sie mich braucht.“

Was sie an Wärme und Zeit Verena als junge Mutter nur eingeschränkt geben konnte, hat sie Jahre später als verhältnismäßig reife, alleinerziehende Mutter mit Sohn Emanuel nachgeholt.

Ihre erste Ehe hielt, wenig überraschend, nicht lange. Dass diese Liebe nichts mit der Dimension der Liebe gemeinsam hat, die sie im Anschluss erlebte, ist im Rückblick leicht zu erkennen. Als der BR mit Gabi Weishäupl 2018 die „Lebenslinien“ dreht, wird letztlich von drei wichtigen Männern die Rede sein. Einer ist der Vater ihrer Tochter, einer der Vater ihres Sohnes – beide wird sie nicht namentlich nennen. Die Liebe dazwischen aber wird als eine große Liebe charakterisiert und der Mann, auch aufgrund seiner Prominenz, benannt.

Dr. Karl-Dieter Demisch, Geschäftsführer der Messe München, vor allem bekannt als Chef der Mode-Woche München, erregte ihre Aufmerksamkeit, als sie um die 30 Jahre alt war. Er war elf Jahre älter, schlank, groß, gutaussehend, ein in sich ruhender Mann. Das gefiel Gabi Weishäupl, die stets betonte, keine Schwätzer zu mögen. Und sie gefiel ihm. Dass zu diesem Zeitpunkt beide noch verheiratet waren, änderte nichts daran, dass sich eine Leidenschaft und in der Folge ein heimliches Verhältnis zwischen den beiden entwickelte. Gabi Weishäupl war schnell entschlossen. „Ich habe ihn gesehen und mich für ihn entschieden.“ So einfach beschreibt sie das später.

Anfangs traf sich das Paar auf der Stemmer-Wiese, ging händchenhaltend dort spazieren. Der alte Bauernhof war günstig gelegen, vom Messegelände aus gut erreichbar, aber geschützt vor Blicken. Obgleich Gabi Weishäupl kein schlechtes Gewissen angesichts der geheimen Verbindung spürte, wollte sie die Liebschaft vor den Kollegen zunächst nicht offenbart wissen. Ein Jahr lang trafen sich die beiden, während die Ehen weiterliefen. Gabi Weishäupl zog als Erste einen Schlussstrich unter ihre Ehe. Ob angesichts der Liebe ihr Karrierebewusstsein in den Hintergrund getreten ist? Mitnichten.

Insgesamt drei akademische Titel hat sie sich erarbeitet. Nachdem sie ihr Studium bereits 1977 mit Diplom und Magister Artium abgeschlossen hatte, beendete sie 1980 ihre Doktorarbeit. Thema: „Die Messe als Kommunikationsmedium – Öffentlichkeitsarbeit und Werbung einer Messegesellschaft“. Sie arbeitete nach Dienstschluss daran, wurde gerne als „ewiges Licht“ bezeichnet – weil in ihrem Büro noch Licht brannte, wenn andere längst Feierabend hatten. Sämtliche Freiräume nutzte sie zum Schreiben. Einmal tourte sie zur Weihnachtszeit mit Schreibmaschine und Jeep durch Israel, ein anderes Mal setzte sie sich für einen Trip nach Havanna ab, als Karl-Dieter wieder einmal ein Ultimatum ihrerseits missachtet hatte.

In München blieb keine Zeit zum Verschnaufen. Gabi Weishäupl hatte nicht nur eine Führungsposition als Leiterin der Stabsabteilung Öffentlichkeitsarbeit und Protokoll bei der Messe-Gesellschaft, sondern nahm dazu auch einen Lehrauftrag an der LMU an.

Wieder einmal gab eins das andere. 1985 war das Jahr, das alles veränderte. Zwei Jahre vorher sorgte Dozentin Dr. Weishäupl für Aufsehen, als sie im Rahmen einer praxisbezogenen Veranstaltungsreihe über Public Relations den damaligen Wiesn-Chef Heinz Strobl als Redner in den Hörsaal holte. „Wirbt München nur mit Bier?“ lautete das Thema – damals so exotisch, dass kaum ein Platz frei blieb. Eigentlich trug sich Gabi Weishäupl zu diesem Zeitpunkt mit dem Gedanken, sich zu habilitieren – bis das Schicksal ihr einen Wink gab. Heinz Strobl vertraute ihr an, dass die Nachfolgersuche ihm Kopfzerbrechen bereite. Es sei schwierig, eine passende Persönlichkeit für sein Amt zu finden. Dass er damit einen Mann meinte, dürfte außer Frage stehen. Gabi Weishäupl hatte in diesem Moment einen Geistesblitz. Es wäre untypisch für sie gewesen, die Sache nicht weiter zu verfolgen. Als ihr Entschluss stand, verbrachte sie viel Zeit mit Recherchieren.

Mit dem roten Wecker beginnt eine neue Zeitrechnung

Im Münchner Rathaus regierte eine große Koalition. Als Parteilose würde der Kampf kein Leichtes werden, als Frau obendrein nicht. Exakt 40 Männer waren es, die sich neben Gabi Weishäupl auf die Leitung des Fremdenverkehrsamtes und damit auch auf die Festleitung von Oktoberfest, Christkindlmärkten und allen anderen Volksfesten der Stadt München bewarben. Von der Anzahl ihrer Konkurrenten hat Gabriele Weishäupl erst erfahren, als nach ihrem Sieg die Bildzeitung titelte: „Die kluge Gabi stellte 40 Männer kalt.“ Die Zahl war keine Rundung, es waren exakt 40 Konkurrenten.

Als sie an einem Sommertag 1984 zum Auswahlgespräch im großen Rathaussaal vor den Wirtschafts- und Personalausschuss der Landeshauptstadt trat, war sie nervös. Mag sein, dass sie ihr dennoch souveränes Auftreten auch dem zu verdanken hatte, was sie sich über die Jahre – mangels weiblicher Vorbilder – von männlichen Führungskräften abgeschaut hatte. Sich in die Brust werfen, mit lauter Stimme sprechen, sollte man auch nichts zu sagen haben. Sie hatte etwas zu sagen. Hatte sich akribisch vorbereitet und genau konzipiert, welche Ideen sie zur Förderung des Münchner Fremdenverkehrs und über die städtischen Feste vorbringen würde. Der rote Wecker, mit dem der Oberbürgermeister der Bewerberin genau zehn Minuten Redezeit einräumte, wirkte anfangs bedrohlich. Als Gabi Weishäupl zu sprechen begann, sich ihr Herzschlag verlangsamte, das Selbstbewusstsein Oberhand gewann, war der rote Teufel ganz schnell gebannt. Als sie sich dem magischen Limit näherte, legt Oberbürgermeister Georg Kronawitter die Hand auf den Wecker. Kommentarlos stellte er ihn aus. Für Gabriele Weishäupl, die so lange sprechen durfte, wie sie wollte, begann damit eine neue Zeitrechnung.

Ab 1985 wurde sie Fremdenverkehrsdirektorin und Chefin des weltgrößten Volksfests. Die erste und bis heute einzige Frau auf diesem Posten hat sich gegen 40 Männer durchgesetzt. Von nun an stand die gelernte Journalistin plötzlich auf der anderen Seite – bereits am Tag nach ihrer Bestellung, dem 26. Juli 1984, musste sie ihr erstes Interview geben. Am Fuße der Bavaria. Dass medial und hinter ihrem Rücken im Rathaus gehörig getratscht wurde, ihre Stelle bei der Messegesellschaft gleichzeitig neu ausgeschrieben wurde – künftig in zwei Positionen geteilt, für die man ganz gezielt zwei Männer suchte – hat sie ignoriert. Auch, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung noch nicht wieder verheiratet war, sondern quasi in wilder Ehe lebte, sorgte für Gemunkel. Gabi Weishäupl kümmerte sich nicht darum. „Ich war immer der festen Überzeugung, dass ich niemandem Rechenschaft schuldig bin.“

Zudem kamen bessere Zeiten, in denen das Happy End in Sachen Liebe endlich erreicht schien: Gabi Weishäupl und Karl-Dieter Demisch heirateten, nachdem die Scheidungen endlich vollzogen waren. Die Hochzeit feierten sie auf dem Quellenhof Passbrunn im Landkreis Dingolfing-Landau. Das Paar hatte sich dort für die Wochenenden einen Bauernhof gekauft, um fernab der beiden Karrieren Zweisamkeit und so etwas wie familiäre Nähe zu genießen. Auch Tochter Verena holte Gabi Weishäupl in dieser Zeit sehr oft zu sich. Es waren kurze Ausnahmezustände in einem sehr betriebsamen, von zwei Karrieren geprägten Eheleben.

Ihre erste Wiesn war die Jubiläumswiesn zum 175-jährigen Bestehen des Fests 1985. Vorgänger Heinz Strobl bestimmte die Geschicke via Ein-Jahres-Vertrag noch mit, weil er sich das ausdrücklich so gewünscht hatte. Für Gabi Weishäupl begann einmal mehr der Kampf, sich in einem sehr männlich dominierten Feld zu behaupten.

Das galt nicht nur für die eine Sparte ihrer neuen Tätigkeit als Festleiterin. Als Fremdenverkehrsdirektorin traf sie fast ausschließlich auf Männer. Das galt im Inland ebenso wie bei internationalen PR-Terminen. Meistens war Gabi Weishäupl nahezu ausschließlich von Männern umringt, besonders in den Anfangsjahren, sah schuldbewusste Blicke der Gastgeber, wenn als einzige Willkommensgeschenke Krawatten bereit lagen. Gelegentlich kam sie dem mit einer Prise Humor entgegen: „Manchmal trage ich auch Krawatte“, sagte sie dann.

Dirndlkleid ja, Rollenklischees nein

Genauso wie Gabi Weishäupl kategorisch ablehnte, einfach „nur“ die Wiesn-Chefin zu sein, wehrte sie sich gegen ein Denken in Geschlechterkategorien. Das Dirndlkleid machte sie zu ihrem Markenzeichen, weil sie auf Terminen in aller Welt in dem „traditional costume“ die Blicke auf sich zog. Wenn Gabi Weishäupl als Vertreterin für München vorgestellt wurde – sei es in Asien oder Amerika – brandete fröhlich-zustimmender Beifall auf. Selbst wenn es für andere Teilnehmer der Runde nur ein höflich-distanziertes Kopfnicken gab. Gabi Weishäupl lernte daraus und akzeptierte das Traditionsgewand als beste aller Dienstkleidungen. Die Frage, wie viele Dirndlkleider sie eigentlich besitzt, musste sie sich im Laufe der Jahre von Journalisten weltweit immer wieder stellen lassen. Nach einer Weile lehnte sie es ab, eine Antwort zu geben: „Einen Mann würde wohl auch niemand nach der Anzahl seiner Anzüge fragen.“ Einem Reporter antwortete sie auf die obligatorische Frage einmal klipp und klar, sie sei als Festleiterin im Einsatz, nicht als Dirndlkönigin. Dass sie heute als Mitbegründerin der Trachtenrenaissance gesehen wird, macht sie dennoch ein wenig stolz. Dass auf den Volksfesten mittlerweile wieder sämtliche Altersgruppen Dirndl tragen, schreibt man der berühmten Münchner Wiesn-Chefin zu.

Gabi Weishäupl erfüllte auch pflichtbewusst eine andere Erwartungshaltung: Auf Terminen in aller Welt wurde sie getreu ihrer Rolle natürlich gerne gebeten, das Anzapfen zu übernehmen. Um diese Königsdisziplin zu erlernen, begab sie sich in die Kaderschmiede, die bereits zahlreiche Münchner Oberbürgermeister vor ihr aufgesucht hatten: den Bierkeller des Nockherbergs. Das erste Fass war mit Luft gefüllt, das zweite mit Wasser, das dritte mit Bier. Gabi Weishäupl bestand nicht nur den Lehrgang, sondern auch ihre Premiere vor Publikum auf der Tourismusmesse ITB in Berlin 1985 mit Bravour.

Obgleich das Suchen oder Bestätigen weiblicher Klischees ihre Sache nicht war, setzte Gabi Weishäupl Akzente, die Außenstehende klar ihrer „weiblichen Hand“ zuordneten. Wiesn-Wirt Peter Schottenhamel sagt in einem Interview, Gabi Weishäupl habe einem sehr harten Geschäft eine „zarte weibliche“ Nuance gegeben. Zu ihrem Amtsantritt habe man eine sehr hübsche, sehr kompetente Frau erlebt – „die uns dann schon gelernt hat, wo’s lang ging“.

Als Gabi Weishäupl 1985 im alten Behördenhof – so nannte sich damals das Servicezentrum des Oktoberfests – ihr Arbeitsquartier bezog, zogen mit ihr einige Besonderheiten ein. So hat es in einer vor Blicken geschützten Ecke ihres Interimsbüros einen Schminktisch gegeben. Die Hausschuhe, die sie abseits der öffentlichen Bühne gerne statt der Pumps trug, standen allzeit bereit. Im Kühlschrank war stets eine Flasche Cola light. Es war über die Jahre hinweg zu einer typischen Schlagzeile geworden, dass die Wiesn-Chefin selbst während des Oktoberfests kaum einen Schluck Bier trinkt. Lediglich beim Anstich nippte sie an der Maß. Wenn der Höhepunkt des Berufsjahres sich dem Ende neigte, gönnte sie sich alljährlich gen Ende der Wiesnzeit ein Gläschen Wein. Während sich große Abordnungen, denen sie als Gastgeberin diente, Hendl und Brezen schmecken ließen, zog sich Gabi Weishäupl meist nach der ersten Begrüßung und wenigen Bissen an den Schreibtisch zurück. Für große Mahlzeiten stand sie in dem zwei Wochen andauernden Ausnahmezustand zu sehr unter Strom.

Ein Händchen für Ästhetik und Nostalgie zeigte Gabi Weishäupl in ihrer Tätigkeit als Festleiterin. Es mag ein Rückgriff auf die Kindheit in der Jugendstilvilla gewesen sein, die sie als erwachsene Frau auch als geschmacksprägend bezeichnet. Alljährlich ließ sie es sich nicht nehmen, den Ministerpräsidenten beim Anstich mit einem Rosenanstecker in den Stadtfarben zu schmücken.

Ihr Markenzeichen wurde eine alte Schaustellerorgel, die sie mit größter Leidenschaft drehte, um Gästen aus aller Welt damit ein Willkommensständchen zu spielen. Sie sorgte damit auch für die musikalische Unterhaltung beim alljährlichen Wiesn-Kehraus, den sie bereits zu Beginn ihrer Amtszeit initiierte und zur festen Einrichtung machte. Er war ein Dankeschön für all jene, die hinter den Kulissen wichtige Dienste tun, BRK, Polizei, Sicherheitspersonal. Sie wurden von der Wiesn-Chefin mit einer Feierstunde und einem üppigen Büfett belohnt, im Betreiber des legendären Käferzelts und später mit dessen Sohn fand Weishäupl dafür einen Geber. Schönste Ausprägung von Weishäupls nostalgischer Ader dürfte die Oide Wiesn gewesen sein, die 2010 zum ersten Mal stattfand. Historische Fahrgeschäfte zu familienfreundlichen Preisen machten sie zu einem solch großen Erfolg, dass via Unterschriftenaktion eine Wiederholung gefordert wurde. Die Festleiterin selbst liebte die Fahrt mit der Krinoline.

Sogar dem geliebten Pemperlprater verschaffte Gabi Weishäupl bereits 2008 einen Platz auf der Wiesn. Das Intermezzo währte nicht lange, da nicht alle Schausteller die Begeisterung für das nostalgische Fahrgeschäft teilten, das die Aufmerksamkeit sämtlicher Medienvertreter auf sich zog. Die Veränderungen bauten stetig aufeinander auf. In Gabriele Weishäupls Kopf begannen die Überlegungen bereits beim ersten dienstlichen Gang über die Theresienwiese. Sie ließ der Gedanke nicht mehr los, aus diesem Fest etwas zu machen, das ihrem Charakter entsprach, das sie mit Authentizität vermarkten konnte. Gabi Weishäupl fiel früh auf, dass die meisten Besucher – wie Wiesn-Wirte und Schausteller – männlich waren. Rauer Ton schlug ihr entgegen. Raufereien fielen ihr in den Blick. Die Musik in den Zelten erschien ihr zu laut, die Lichter zu grell. Allerorten irritierten sie Männer, die jeden beliebigen Winkel zwischen Fahrgeschäften und Bierzelten zum wilden Bieseln nutzten.

Wie gibt man solch einem Fest eine Handschrift, die es auch für sensiblere Zeitgenossen, für Frauen, Kinder, Familien, Senioren attraktiv macht? Wie gestaltet man ein Fest, damit es den Ur-Münchnern genauso ein Gefühl von Heimat gibt wie den Zuagroasten? Gegen den Strich ging Gabi Weishäupl außerdem von Anfang an der jährliche Hype um den Bierpreis. Eine ihrer ersten Amtshandlungen bestand darin, eine sozio-ökonomische Befragung zu starten. Dass solch ein groß angelegter Wirtschaftsbetrieb nicht der Markt- und Meinungsforschung unterworfen war, konnte Gabriele Weishäupl nicht verstehen. Die frischgebackene Chefin musste sich nicht nur an dieser Stelle gegen Zweifel und manche Anfeindung altgedienter Figuren aus dem Gewerbe durchsetzen. Als Rüstzeug dagegen diente ihr ein dickes Fell, kombiniert mit einem steten Lächeln bei innerer Wehrhaftigkeit. Sie hielt bewusst eine schützende Distanz ein, ließ sich auch von den Beschickern nicht von der ersten Sekunde an duzen.

Im Laufe der Zeit avancierte vieles zum Erfolg, was anfangs noch argwöhnisch belächelt wurde. So ist es Gabriele Weishäupl zu verdanken, dass das wilde Bieseln – förmlich genannt das Urinieren außerhalb der dafür vorgesehenen Anlagen – per Oktoberfestverordnung verboten wurde. Damit einher ging, dass mehr Toilettenanlagen eingerichtet und die bestehenden modernisiert wurden. Das Konzept einer sanften Wiesn beinhaltete Familienangebote oder das Wiesnbarometer, das anzeigt, wie groß die Besucherstärke gerade ist. Auch das alkoholfreie Bier lässt sich durchaus mit der Wiesntradition vereinen.

Dass beim Anzapfritual nicht mehr Hinz und Kunz in der Anzapfbox stehen können, ist nur ein weiteres Beispiel für die Weishäuplsche Hand. Nachdem sie im ersten Jahr entsetzt war über das Gedränge, das sich im großen Moment um das 200-Liter-Fassl entwickelte, legte Gabriele Weishäupl in den kommenden Jahren fest, wer den ohnehin sehr knappen Platz in der Anzapfbox einnehmen darf. Das Ergebnis war weniger Gedränge, bessere Fotos für die Medienvertreter aus aller Welt. Ein kleines Stückchen mehr Platz für den anzapfenden Oberbürgermeister – Weishäupl hat in ihrer Amtszeit zwei davon erlebt, Georg Kronawitter und später Christian Ude. Dafür waren es gleich fünf Ministerpräsidenten, die sich während Weishäupls Regentschaft die Ehre gaben: Franz Josef Strauß, Max Streibl, Edmund Stoiber, Günther Beckstein und Horst Seehofer.

Ein Sohn und das Ende einer Liebe

Während Gabi Weishäupl das Oktoberfest mehr und mehr zu ihrer Herzensangelegenheit machte, das restliche Jahr über für München in aller Welt Werbung machte, darüber hinaus weitere Volksfeste und Märkte begleitete, ging im Privaten Stück für Stück verloren, was so romantisch begonnen hatte. Karl-Dieter war eine große Liebe, aber das Paar ergänzte sich immer weniger. „Unsere Karrieren sind synchron gelaufen“, sagt Gabriele Weishäupl heute darüber. Beide Partner waren erfolgreich und auch darauf bedacht, es weiterhin zu bleiben. Die ersten Risse zeigten sich. Gegenseitige Vorwürfe blieben nicht aus. Bekanntschaften mit anderen Männern stellten sich ein.

Im September 1990 bekam Gabi Weishäupl ein zweites Kind: Sohn Emanuel. Sie war zu diesem Zeitpunkt 43 Jahre alt. Es wurde ein Wiesn-Baby. Die Festleiterin verpasste wegen der Entbindung den Anstich – das einzige Mal seit Beginn ihrer Amtszeit. Sobald es ihr Zustand zuließ, nahm sie den Kleinen stolz mit auf die Theresienwiese. Das Wiesn-Personal hatte der Chefin bereits einen Kindsbaum, mit Stramplern und Schnullern behängt, im Büro aufgebaut. Was in der Rückschau nach heiler Welt klingt, war einmal mehr mit vielen Stürmen verbunden.

Emanuel ist nicht das Kind von Karl-Dieter Demisch. Gabriele Weishäupl verschweigt den Vater, sowohl den Medien als auch dem nächsten Umfeld gegenüber. Der Gang zu Bürgermeister Georg Kronawitter war mit Aufregung verbunden, das mediale Gewitter über den Skandal kündigte sich bereits an. Im Nachhinein empfindet Gabi Weishäupl große Erleichterung und Dankbarkeit. Als sie ihrem Chef erklärte, dass sie schwanger war, das Kind nicht von ihrem Mann stammte und sie sich scheiden lassen würde, reagierte der Oberbürgermeister unaufgeregt. Für ihn zählte nur eine Frage: „Machen Sie trotzdem weiter, Frau Weishäupl?“ Ja, sie machte weiter. Der Gedanke ans Aufhören wäre nie eine Option gewesen.

Von nun an hatte die Tourismus- und Wiesn-Chefin noch einen dritten Vollzeit-Job: Mutter. Alleinerziehende Mutter. Zum Vater ihres Sohnes unterhielt sie keine weitere Beziehung, die Ehe mit Karl-Dieter war abgeschlossen. Gabi Weishäupl schenkte alle Aufmerksamkeit ihrem Sohn, überschüttete ihn mit Zuneigung. Sie holte emotional nach, was sie bei der Tochter versäumt hatte. Um Kind und Karriere unter einen Hut zu bekommen, griff sie auf die Hilfe von Kinderfrauen zurück. Die Beziehung zu Emanuel blieb über die Jahre eng. An Weihnachten fuhren die beiden traditionell nach Niederbayern zu Weishäupls Eltern. Engelmar Weishäupl kümmerte sich liebevoll um seinen Enkel, vermittelte ihm ähnliche Dinge wie früher seiner Tochter. Emanuel spürte früh, dass seiner Mutter ihre Arbeit wichtig ist. Er sei in einem karrierebewussten Haus aufgewachsen, sagt er später in einem Fernsehinterview. Es klingt nicht wie ein Vorwurf, eher verständnisvoll. Seine Mutter habe ihn immer beschützt, sich wie eine Löwenmutter vor ihn gestellt.

Obgleich sie das Mutter-Sein als erfüllend entdeckte, ist Gabriele Weishäupl nie häuslich geworden. Klassische Haushaltstätigkeiten wie das Kochen entlocken ihr noch heute keine gesteigerte Begeisterung. Ohne berufliche Verwirklichung wollte sie nicht existieren. Das Oktoberfest und alle Menschen, die daran arbeiteten, begriff sie als Familie. Alljährlich ließ sie sich gerne erfassen von einem Geist, den sie mit den Worten „We are family“ umschreibt. Meist beginnend Mitte August, anhaltend, bis das Fest Anfang Oktober gut ausgeklungen war. Gabi Weishäupl war zwar auch für alle anderen Volksfeste in der Stadt zuständig, kein anderes aber wuchs ihr so ans Herz wie das Oktoberfest. Sie fieberte Fixterminen wie dem Rundgang mit den Schaustellern entgegen, bereitete sich akribisch auf Pressekonferenzen vor und empfand jedes Mal ein eigenartiges Gefühl von Leere, wenn nach der zweiwöchigen Weltveranstaltung ganz plötzlich Stille auf der Theresienwiese einkehrte.

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