Kitabı oku: «Lilly», sayfa 2
4
Lilly und Angelika sind seit ein paar Jahren beste Freundinnen, wobei die Beiden so unterschiedliche Charaktere haben, dass jeder, der sie kennt, sich fragt, wie so eine Freundschaft überhaupt funktionieren kann. Angelika ist jung, frech und bildschön. Groß, schlank, mit idealen Proportionen, glatter langer Mähne, intensiv blauen Augen, die einen schönen Kontrast zu ihren gefärbten dunklen Haaren darstellen, und dem netten Gesicht. Woher hatte sie nur diesen grässlichen altmodischen Namen? Angelika... Sie trug diesen Namen allerdings mit Stolz und erklärte jeder frisch kennengelernten Person, dass Angelika aus dem Griechischen kommt und engelhaft bedeutet.
Engelhaft in der äußeren Erscheinung stellte es sich schnell heraus, dass sie gar nicht ruhig, schüchtern oder sanft-/demütig war, wie man einen Engel so vorstellt. Stattdessen war sie durchaus selbstbewusst, unabhängig, direkt und hatte ihre eigene Vorstellung darüber, wie ihr Leben funktionieren sollte: Wenn etwas ihr nicht gefiel, trennte sie sich davon leichten Herzens, ohne jegliche Gedanken über die Folgen dieser Entscheidung zu verlieren, denn es konnte nur besser werden. Wozu sollte man Zeit für etwas verschwenden, wenn es Einem nicht gefällt und man stattdessen etwas anderes finden kann: Egal, ob es ein Job, eine Beziehung oder ein Gegenstand ist? Deswegen war sie darin geschickt, ihre Klamotten, ihre Möbel, ihre Hobbys und ihre Männer in ständigem Wechsel zu haben. Die längste Beziehung, die sie je hatte, dauerte zwei Jahre. Und das war die Beziehung zu einer Chanel-Tasche. Wenn diese aber eines Tages in einem Club gestohlen wurde, trauerte Angelika nicht länger als einen Tag, danach geriet die Tasche einfach in die Vergessenheit, wie es auch mit allen ihren alten Sachen passierte.
Ihr Leben war einfach wie auch ihre Philosophie: "Warum muss man sich das Leben schwer machen, wenn es auch einfach geht?" oder auch "Verschieben wir es auf morgen", wie Scarlett O'Hara aus dem Klassiker "Vom Winde verweht" sagte. Und ihre Probleme lösten sich von allein auf. Sie konnte sich ein schönes Leben gönnen. Wer sie nur oberflächlich kannte, wunderte sich, woher sie das Geld her hatte, wenn sie ihre Jobs wie das Hemd wechselte? Vielleicht wegen ihrer Einstellung, dass das Leben einfach ist, wenn man es nicht verkompliziert, klebte das Geld an ihr fest.
Andererseits hatte sie nie das Geld gespart oder für die Zukunft gesorgt. Sie hatte Minimum an Versicherungen, verkaufte paar Mal getragenen Designerkleider doppelt so teuer und hatte nie darum gesorgt, dass es auf dem Konto genug Geld ist. Sie konnte auf einmal alles bis zum letzten Cent für einen überteuren Urlaub auf der Karibik ausgeben und schaffte es während der nächsten paar Tage eine runde Summe fürs weitere Leben zu verdienen. Durch ihre zahlreichen Kontakte und ihre Charme fand sie sich immer eine interessante und gut bezahlte Beschäftigung. Nur eines konnte sie auf Dauer nicht regeln. Sie suchte sich einen perfekten Mann, den es in ihrem Leben bisher noch nie gegeben hat. Sie alle waren gut und sogar manchmal sehr gut. Doch den Einen konnte sie noch nicht finden. Sie wusste aber, dass die Liebe ihres Lebens noch bevorsteht und gab nicht auf.
Heute war einer der seltenen Tage, wenn Lilly und Angelika sich zum Shoppen trafen. Die Kleinen waren, natürlich, auch dabei, denn Opis und Omis wohnten weit außerhalb der Stadt und konnten nur selten als Babysitter einspringen. Wenn sie die Kinder selber hinfahren würde, würde es einfach zu lange dauern, bis sie sich während der Pickzeiten durch die ganzen Staus zum Elternhaus durchboxen und dann wieder zurück fahren würde. Es war Freitagabend (Lilly versuchte, sich mit Angelika möglichst auf einen Freitag zu verabreden, damit sie das Empfangen der neuen Rosen entgehen könnte – Tom wird sie dann selber auf den Tisch stellen und deren Anwesenheit wird für Lilly weniger schmerzhaft sein). Er war übrigens noch auf der Arbeit und über die Nannys haben sie noch nie nachgedacht. Warum auch? Lilly kam immer damit klar, dass sie Mila und Maik überall mitnehmen musste. Sie hatte die Kleinen so lieb. Doch manchmal wünschte Lilly nur, dass sie doch eine Nanny arrangiert hätte, damit sie sich mit ihrer Freundin in einem ruhigen Café hinsetzten und die einfachen Frauengespräche führen könnte. Ansonsten konnte sie sich nicht richtig entspannen, weil sie immer mit einem Auge beobachtete, wo sich die Kiddies befanden und was sie machten, denn sie machten gerne Chaos. Wenn es ihnen langweilig wurde, fingen sie an durchzudrehen. Aber so was von.
Gerade waren sie alle zusammen bei einem Spielzeugladen, wo eine Kinderveranstaltung lief, angekommen. Der Zweck der Veranstaltung war natürlich, dass Kinder sich mit den neuen Spielzeugen anfreundeten und einen riesigen Aufstand machten, wenn die Eltern ihnen das gewünschte Teil nicht besorgten. So wurden die armen Mütter gezwungen die sauteuren Spielwaren zu kaufen. Nur die Taffsten überstanden diese Herausforderung und wagten sich, den Laden ohne Einkäufe dafür aber mit laut schreienden kleinen Monstern auf den Armen zu verlassen und konfrontierten dabei mit den teilweise bösen, teilweise verständnisvollen Blicken anderer Mütter. Marketing. "Ja, wenn du Kinder hast, musst du ständig darüber nachdenken, wie du sie beschäftigen kannst und ihnen Freude bereitest. Es macht auch Spaß, wenn deine Kinder sich freuen. Doch manchmal wünschst du dir auch Zeit für sich selbst", überlegte Lilly.
"Und? Wie läuft es bei Tom? Immer noch so viel Stress auf der Arbeit?" Angelika schien es tatsächlich zu interessieren.
"Ach ja... Er kommt von der Arbeit 'tot' nach Hause und will dann darüber nicht reden. Ich versuche ihn immer zu fragen, wie der Tag so verlaufen ist, doch er sagt meistens etwas Abstraktes und wechselt das Thema. Weißt du, ich glaube, er ist nicht besonders glücklich..."
"Du musst ihm öfter einblasen."
"Pssssst!!! Angelika! Was bist du denn so laut? Wir sind doch im Kinderladen", flüsterte Lilly schnell und drehte ihren Kopf mehrmals nach links und rechts, um sich zu vergewissern, dass niemand ihnen zuhört. Zum Glück schien es Keinen zu interessieren, worüber die Freundinnen sprachen.
"Und was ist das bitte für ein Vorschlag?"
"Wenn das Thema dir unangenehm ist", Angelika hat gemerkt, dass Lilly leicht rot im Gesicht wurde, "werde ich die Klappe halten. Wir sprechen ja sowieso nie darüber. Ich meine, über euch. Nur ich erzähle dir alles. Ich wollte dir nur sagen, dass Männer danach viel entspannter durch den Tag laufen, als wenn etwas in ihren Hosen sie noch nach unten zieht."
Lilly musste kichern. "Warte kurz... Miiila. Maaaik. Na, meine Süßen, schaut mal, dadrüben ist ein lustiger Clown. Guckt mal, er macht Figuren aus Luftballons. Wollt ihr auch Eine haben?" Sie gingen alle zusammen in die Richtung, wo der Clown zahlreiche Kinder unterschiedliches Alters amüsierte.
"Jaaaaaaa!" Die Kleinen waren überzeugt und fingen an, vor Freude zu springen.
"Dann bleibt hier zusammen mit den anderen Kindern und wartet ein bisschen. Der Robin", las Lilly den scheinbar ausgedachten Namen des Animateurs auf seinem Namensschild, "macht euch die Luftballons. Zuerst bekommen aber diese drei Mädchen ihre Figürchen. Und Mami wird da am Eingang stehen und euch beobachten. Maik, siehst du? Da." Lilly zeigte mit dem Finger Richtung Ladenausgang.
Der Animateur machte seinen Job gut und fing sofort an, die dazu gekommenen Maik und Mila zu animieren. Die Beiden waren nun für ein paar Minuten beschäftigt und Lilly konnte zurück zum Gesprächsthema wechseln. Sie sprach unsicher und schaute dabei abwechselnd auf den Boden, auf Angelika und auf ihre Kinder (sie konnte sie noch unter der Menge von anderen Kindern erkennen).
"Meinst du es ernst mit dem ... ähm... du weißt ja, was ich meine?"
"Blow Job, meinst du? Ja natürlich, wie sonst!"
"Oh Gott, kannst du bitte die ganzen Bezeichnungen irgendwie vermeiden. Es ist mir peinlich."
"Es ist doch eine ganz normale Sache, wie soll ich das denn sonst bitte nennen? Aber wenn du es so unbedingt willst... Und ja, ich meine es sehr ernst. Sex ist ja eins unserer Basisbedürfnisse", Angelika klang streng und selbstbewusst, wie eine Psychologin.
"Angelikaaaaaa..." Lilly hat ihre Augen nach oben gerollt.
"Was? Darf ich jetzt auch das Wort Sex nicht benutzen? Ich wusste nicht, dass du so verschlossen bist."
"Bin ich nicht, nur halt, ich bin es nicht so gewohnt, offen darüber zu sprechen. Erst gar nicht in einem Kinderladen.
"Uuund?" Angelika schaute Lilly erwartungsvoll an.
"Was und?"
"Puschest du das Ego deines Mannes oft genug nach oben?"
"Wie bitte? Was meinst du?"
"Na siehst du! Wie kann man mit dir sprechen? Ich meine genau das, worüber wir gerade gesprochen haben: Machst – du – ES – bei Tom – oft genug?"
"Na immer, wenn wir miteinander schlafen."
"Und das heißt?"
"Äääähh... Mmmm... einmal pro Monat."
"Pro Monat???"
"Ist das schlimm?" Lilly sah gleichzeitig traurig und erschrocken aus.
"Hmmm. Man sagt jeder hat sein eigenes Temperament. Aber ein Mal pro Monat... Ich würde sagen, etwas öfter wäre schon besser.
"Wie oft?"
"Keine Ahnung, so oft wie man Lust hat. Oder willst du ihn etwa nur einmal pro Monat? Du bist doch keine 50!"
"Doch schon, ich meine nicht 50, sondern dass ich schon öfter Lust habe. Aber wie soll es gehen? Unsere Kinder sind immer da und er ist ständig müde. Und ich..."
"Das ist aber doch der Sinn der Sache, dass du ihm einbläääähm... ihn dementsprechend sozusagen aufmunterst. Männer lieben es. Ich habe noch keinen getroffen, der dazu nein sagte."
"Ja, aber es ist doch nicht fair!" Lilly war sehr empört.
"Was ist nicht fair? Dass nur der Mann Spaß hat? Du kannst aber beim nächsten Mal dich entspannen."
"Nein, du verstehst es nicht! Ich kann mich nicht entspannen. Es geht einfach nicht! Ich habe das Gefühl, dass er immer nur müde ist und dann muss ich die ganze Arbeit erledigen. Und ich traue mir nicht zu, zu sagen, wie es mir am Besten gefällt. Manchmal weiß ich sogar selbst nicht, was mir gefällt und was nicht. Ich muss mich immer anstrengen. Immer! Und unser Sex ist immer so langweilig und vorhersehbar. Und der Prozess macht mir einfach keinen Spaß!!! Ich mache es, weil wir es immer so machen. Ich hasse es!" Den letzten Satz schrie sie auf, hat dann plötzlich verstanden, dass sie das alles lieber nicht sagen sollte und wurde still.
Angelika schaute die fast weinende Freundin mit groß aufgemachten Augen an und sagte: "Warum hast du es mir nie erzählt? Das ist doch scheiße! Vielleicht musst du die Kegelübungen oder so ausprobieren, wenn du nicht kommen kannst."
"Angelika, du hast mich falsch verstanden. Ich habe doch nicht gesagt, dass ich nicht komme. Ich tue es, nur aber in einer bestimmten Pose und muss mich dabei zu sehr anstrengen. Ich mag nur den Prozess nicht, weil es immer das Gleiche ist."
"Ach so... dann geht's ja noch. Aber warum sprichst du mit Tom einfach nicht darüber?"
"Ich habe es einmal versucht und er hat sich beleidigt gefühlt, weil er meinte, dass ich ihn beschuldige und dann wollte ich nicht mit ihm streiten. Du weißt ja, wir streiten nie. Dann habe ich es einfach gelassen. Man kann nicht alles haben. Aber in der letzten Zeit ist es einfach unerträglich."
"Meinst du, du liebst Tom noch? War es immer bei euch so? Vielleicht solltest du lieber einen anderen Mann suchen, wenn ihr so nicht kompatibel seid?"
"Klar liebe ich ihn", konterte Lilly wie auswendig gelernt. "Natürlich liebe ich ihn. Ich kann mein Leben ohne ihn nicht vorstellen. Wenn der Sex noch dazu gut wäre... meinst du, es ist überhaupt möglich?"
"Vielleicht brauchst du eine Affäre? Dann kannst du Beides haben: deine Liebe und guten Sex."
Für Lilly kam dies nicht in Frage und sie ließ Angelika davon wissen. Sie erzählte ihr noch, dass sie aus Prinzip monogam ist und die Affären an sich sehr schlecht findet. Angelika hatte etwas andere Meinung zu diesem Thema, doch wollte Lilly nicht ärgern und behalt sie für sich. Schließlich war es das erste Gespräch über ihr intimes Leben und sie wollte es friedlich abschließen. Angelika hatte das Gefühl, dass ihre freundschaftliche Beziehung noch ein bisschen vertraulicher wurde, obwohl sie auch bisher ganz gut funktionierte. Lilly war ihrerseits etwas erleichtert, dass sie sich zumindest teilweise von der Last der eigenen negativen Gedanken befreien konnte. Außerdem hat sie für sich selbst verstanden, dass sie ihren Mann liebt und sich deswegen um ihre Beziehung kämpfen sollte. Den Rest dieses Abends hatte sie gute Laune und hat beschlossen, alles zu tun, um ihr sexuelles Leben zu verbessern.
5
Bis zur Pause blieb noch eine halbe Stunde. Lilly hat schon die ganzen To-Dos abgehackt und musste nur aufpassen, dass sie die Anrufe der Kunden entgegennimmt. Sie war alleine im Büro. Die Kollegen waren in einem Meeting und hatten vor, gleich danach in die Kantine zur Mittagspause gehen. Lilly hat sich also entschieden, die Zeit nicht zu verlieren, holte ihr Handy raus und schrieb eine WhatsApp-Nachricht: "Hey Angelika, wie heißen diese Übungen, über die wir letzte Woche gesprochen haben? Ich glaube, ich würde mich darüber informieren wollen." Angelika ließ auf ihre Antwort nicht lange warten. Sie schickte Lilly gleich einen grinsenden Smiley und dann noch nach gefüllter Ewigkeit, die nichtmal eine Minute dauerte, einen Link und die Beschriftung dazu "Viel Spaß, meine Liebe". Und natürlich hat sie dazu einen Smiley mit dem zwinkernden Auge angefügt. Eine Mitteilung ohne Emoji würde bedeuten, sie ist beleidigt oder hat keine gute Laune, was wirklich ein seltener Fall war.
Lilly klickte erwartungsvoll auf den Link und wurde fast von dem enttäuscht, was sie gesehen hat. Im Gegensatz zu ihren Erwartungen konnte sie dort keine lusterregenden Bilder entdecken, sondern viel Text unter der Überschrift "So trainieren Sie ihren Beckenboden mit den Kegel-Übungen" – zumindest war es ihr klar, wie die Übungen heißen. Das einzige Bild, das sich auf der Webseite befand, war die Abbildung einer im Hintergrund auf dem Boden liegenden Frau und einem Baby im Vordergrund. "Na toll", dachte Lilly, "will sie jetzt, dass ich noch ein drittes Baby bekomme, oder was?! Kegel... Kegel... Hoffentlich geht es hierbei nicht darum, dass man die kegelförmigen Gegenstände was weiß ich wohin einführt?"
Lilly war sehr skeptisch, fing aber trotzdem an, den Artikel zu lesen. "Aha! Kegel war also der Urologe, der diese Übungen ausgedacht hat. Doch halt, was haben Urologen mit Gynäkologie zu tun? ... gut für schwache Beckenbodenmuskel... vor allem für Frauen, die ein Kind zur Welt gebracht haben... Zwei Kinder. Ich habe zwei Kinder... Vielleicht ist es doch etwas für mich? Gut, lass uns weiter lesen. ... Wie bitte? Rosine in der Harnröhre? Tischtennisball in der Vagina?! Murmel im Rektum??! Was ist das denn für ein Quatsch! Wie soll ich das bitte schön vorstellen? Danke natürlich, dass es nur um die Vorstellungskraft geht, doch anscheint muss ich zuerst diese trainieren! Hiiiiilfe!"
Lilly hat verstanden, dass sie nichts über ihren Körper weiß, vor allem wenn es um die untere Hälfte ging. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie man bitte die ganzen Muskeln anspannen sollte. In dem Artikel stand, dass man beim regelmäßigen Training die Intensität der Orgasmen erhöhen und dadurch die Lustempfindungen beim Sex steigern kann. Es wurde dort auch etwas über die mehrfachen Orgasmen berichtet. "Ist das überhaupt war?" Lilly musste googeln. Tatsächlich, es gab sowas. Sie wurde neidisch und gleichzeitig wütend auf alle Frauen, die es "problemlos haben und kommen und gehen und was auch immer sie da tun! Und dabei sogar mehrmals! Wie kann das überhaupt sein? Das ist nicht fair!"
Könnte sie diesen Stand jemals erreichen? Der Artikel auf der Seite hat versprochen, dass die Ausführung des Kegelns viel einfacher fallen sollte, sobald man herausfindet, wie man die entsprechenden Muskeln beherrscht. Na toll! Die Kolumnistin berichtete noch etwas über die Übungen von vorne nach hinten, von einer Seite zur anderen und von diagonalen Übungen. Lilly war verwirrt und fing an, weiter zu recherchieren.
Sie hat bei mehreren Websites gestöbert, sogar bei den typischen Frauenmagazinen, was sie normalerweise nie tat, hat viel Neues herausgefunden und hat sogar beschlossen YouTube-Videos über die Anatomie des Menschen anzuschauen, um besser zu verstehen, was sie selbst ausmacht. Sie mochte es, wenn sie alles versteht, bevor sie etwas macht. Sie war ein Kopfmensch.
Nach und nach ist Lilly auf den Seiten mit den Empfehlungen für besseres sexuelles Leben gelandet. Das alles war ihr völlig ungewohnt: die ganzen Sexspielzeuge ("Manno, gab es viele" – sie konnte manchmal nicht verstehen, wie man diese benutzen sollte), Dessous, Massagekerzen, Aphrodisiaka, es gab sogar Empfehlungen für Frauen-Pornos mit irgendwelchen komischen, wenn nicht tristen, Filmbeschreibungen.
Am Schlimmsten daran waren die zahlreichen Aussagen, dass man seine Wünsche dem Partner unbedingt kommunizieren sollte. "'Probiert neue Stellungen aus, seid selbstbewusst, akzeptiert euren Körper', bla-bla-bla! Wie soll man seinem Partner sagen, dass das, was von ihm gerade als Sex wahrgenommen wird, einfach unmöglich ist und dass alles, was in den letzten Jahren passiert ist, einfach daneben war, ohne sein Ego zu verletzen? Wie kann man neue Stellungen ausprobieren, wenn es immer nach demselben Szenario abläuft? Wie soll man seinem Mann mitteilen, dass man als Frau es doch härter haben will, dass man gleichzeitig hart genommen und sinnlich verwöhnt werden will, wenn man ihm früher sagte, dass Frauen nur Romantik mögen? Können die Männer solche Aussagen überhaupt verstehen? Wahrscheinlich würden sie dich bitten, zuerst selbst zu kapieren, was du willst und erst dann klare Anweisungen zu geben. Aber was, wenn eine Frau keine Anweisungen geben will, sondern will, dass der Mann sie spürt und danach entscheidet, ob seine Berührung, Kuss etc. gut war oder nicht und sich dementsprechend anpasst? Und wegen dem Körper und der ganzen Selbstakzeptanz: Muss man etwa seine Schwangerschaftsstreifen, drei extra Kilos und Cellulitis lieben? Nöööö." Zu akzeptieren hieß für Lilly aufzugeben. Und Aufgeben wollte sie auf keinen Fall.
Genau deswegen hat sich Lilly für etwas entschieden, was sie selbst verstehen konnte, und nicht für irgendwelchen psychologischen Krempel! Sie wollte Ergebnisse sehen. Und deswegen hat sie gerade eine runde Summe für teure Spitzen-Dessous, ein Kochbuch mit aphrodisierenden Gerichten, stimulierende Massagegels, "spanische Fliege" Tropfen, die angeblich wie Viagra auf die Frauen wirken, sowie für ein Fitness-Abonnement ausgegeben, damit sie ihrem Körper die gewünschte Straffe aneignen konnte, um sich selbst zu mögen und um wiederum entspannter beim Sex zu sein.
Die Kollegin kam rein, wenn Lilly in ihren Emails checken wollte, ob die Bestellung angegangen ist.
"Du hast heute langen Arbeitstag und machst keine Pause? Alles in Ordnung bei dir?" Die Kollegin war sehr penibel und achtete darauf, dass alles nach dem Protokoll ablief.
"Ach ja, ich musste nur ein paar Sachen recherchieren. Wegen dem Urlaub." Lilly hat ihren Browser geschlossen und hat herausgefunden, dass sie tatsächlich fast die ganze Pause im Internet verbracht hat. "Aber ich habe noch zehn Minuten. Ich glaube, ich schaffe noch, mir einen Salat zu holen."
Lilly stand auf und fand heraus, dass ihre Blase ziemlich voll war. Ein kurzes Lächeln erschien auf ihren Lippen und sie kam sich selbst dabei ein bisschen blöd vor. "Wie stand es dort? Man sollte beim Pinkeln den Urinstrahl anhalten, um die drum herum liegenden Muskeln zu trainieren? Na lass uns schauen..."
"Gott, ist es schwer!" Lilly versuchte diese "Scheiß-Übung" auszuführen und ertappte sich auf dem Gedanken, dass sie umso nervöser wurde, je weiter sie es machte. Der fünfte Versuch die entsprechenden Muskeln zusammenzupressen hat gescheitert und sie war froh, sich endlich entspannen zu können. "Wer könnte nur denken, dass Pinkeln so viel Spaß machen kann, wenn man es wie ein normaler Mensch macht und nicht versucht irgendwas dort zusammenzuziehen. Na ja." Zumindest wusste sie schon, was sie überhaupt anspannen musste.