Kitabı oku: «Der Aufstand Der Drachen », sayfa 13
Im Gedränge mit wenig Platz, sich zu bewegen, sah Kyra einen Krieger, der mit erhobenem Schwert auf sie zukam. Sofort packte sie mit beiden Händen ihren Stab und hob ihn wie einen Schild über sich. Das Langschwert rauschte auf sie herab, und sie betete, dass Brots‘ Alkanstahl halten möge.
Das Schwert prallte klirrend von ihrem Stab ab und er brach auch nicht.
Kyra wirbelte den Stab herum und schlug dem Krieger damit gegen die Schläfe. Er stolperte und sie versetze ihm einen Tritt, der in rückwärts in den Graben warf.
Ein weiterer Krieger griff sie von der Seite mit einem Flegel an und sie bemerkte, dass sie nicht rechtzeitig reagieren konnte. Doch Leo stürzte sich auf seine Brust und riss ihn zu Boden. Ein anderer Krieger schwang seitlich mit seiner Axt nach ihr und sie hatte kaum Zeit zu reagieren, doch sie wirbelte herum und nutzte wieder ihren Stab, ihn abzuwehren. Sie hielt den Stab senkrecht und konnte kaum den Krieger zurückhalten, als die Schneide der Axt auf sie zukam. Sie lernte eine Wertvolle Lektion und begriff, dass sie diesen Männern in einem Kräftemessen unterlegen war. Sie konnte sie nicht überwältigen; sie musste kämpfen, wie es ihre Kraft zuließ und nicht nach deren Regeln.
Als der Mann die Axt immer näher an sie heran drückte, erinnerte sich Kyra an die versteckten Klingen in ihrem Stab. Sie drehte ihn und zog ihn auseinander. Die Axt rauschte an ihre vorbei und verfehlte sie. Der Krieger war überrascht, denn damit hatte er nicht rechnen können. In derselben Bewegung hob Kyra die beiden Hälften ihres Stabes hoch und rammte dem ihm die Klingen in die Brust.
Ein Schrei erklang – und als Kyra einen Blick hinter sich warf, sah sie die Dorfbewohner – Bauern, Maurer, Schmiede, Rüstungsbauer, Schlachter – alle bewaffnet – über die Brücke laufen. Innerhalb von Sekunden schlossen sie sich den Männern ihres Vaters an bereit, alles zu geben.
Kyra sah zu wie Thomak, der Schlachter, einem Mann mit dem Hackbeil einen Arm abschlug, während Brine, der Maurer, einem Krieger mit dem Hammer den Schädel einschlug. Die Dorfbewohner brachten eine Welle frischen Schwungs in die Schlacht und so untrainiert wie sie waren, überraschten sie doch die Männer des Lords. Sie kämpften leidenschaftlich, und ließen jahrelang aufgestauten Frust über ihre Knechtschaft freien Lauf. Jetzt, endlich, hatte sie eine Gelegenheit, Widerstand zu leisten – eine Chance auf Rache.
Sie drängten die Männer des Lords immer weiter zurück, während sie sich mit roher Gewalt durch sie hindurch prügelten und Männer genauso wie Pferde auf dem Weg töteten. Doch nach wenigen Minuten intensiven Kämpfens begannen die untrainierten Krieger zu Fallen und ihre Schreie erhoben sich über dem Schlachtfeld, als die besser bewaffneten und besser trainierten Krieger sie niedermetzelten. Die Männer des Lords setzten sich zur Wehr und das Blatt wendete sich wieder.
Die Brücke war voller Männer als die Verstärkung der Männer des Lords eintraf. Die Männer ihres Vaters wurden Müde und immer mehr schrien und fielen, getötet von den Männern des Lords. Das Blatt wendete sich gegen sie und Kyra wusste, dass sie schnell etwas tun musste.
Sie betrachtete ihre Umgebung und hatte eine Idee. Sie sprang auf die steinerne Brüstung der Brücke, und fand so die erhöhte Position, die sie brauchte. Sie war die einzige, die geschickt genug war, hier hinauf zu klettern, darum nahm sie ihren Bogen und schoss.
Von ihrer überlegenen Position aus konnte Kyra einen Krieger nach dem anderen töten. Sie legte auf einen der Männer des Lords an, der mit einer Hacke auf den Rücken ihres ahnungslosen Vaters zielte, und traf ihn direkt in den Hals, bevor er seine Klinge in Duncans Rücken stoßen konnte. Dann schoss sie auf einen Krieger, der einen Kriegsflegel schwang und traf ihn zwischen den Rippen bevor er nach Anvins Kopf schlagen konnte.
Pfeil um Pfeil brachte Kyra ein Dutzend Männer zu Fall, bis sie schließlich jemand bemerkte. Sie hörte, wie ein Pfeil an ihr vorbeizischte, und sie sah, dass einer der Bogenschützen auf sie anlegte. Bevor sie reagieren konnte keuchte sie vor Schmerzen, als ein Pfeil ihren Arm streifte.
Kyra sprang von der Brüstung zurück ins Getümmel. Sie rollte sich ab und während sie ihren schmerzenden Arm hielt, sah sie, wie weitere gegnerische Einheiten die Brücke erreichten. Sie sah, wie ihre Leute weiter zurückgedrängt wurden, und musste mitansehen, wie direkt neben ihre ein Mann den sie kannte erstochen wurde und tot zu Boden ging.
Während sie noch immer um Atem rang, hieb ein Krieger über ihr mit seiner Axt nach ihr und sie wusste, dass es zu spät war, auszuweichen – als plötzlich Leo aus dem Getümmel kam und sich auf den Mann stürzte.
Kyra spürte eine Bewegung am Rand ihres Sichtfelds und wirbelte herum. Ein Krieger hatte mit seiner Hellebarde ausgeholt und ließ sie auf ihren Nacken heruntersausen. Geschockt sah sie zu, wie die Klinge näher kam, bis sie von einem Schwert nur wenige Zentimeter vor ihrem Kopf klirrend aufgehalten wurde. Über ihr stand ihr Vater, der sie vor dem tödlichen Hieb gerettet hatte. Er schwang sein Schwert und lenkte die Hellebarde ab, dann stach er dem Krieger ins Herz.
Doch damit war ihr Vater ungeschützt und sie musste zusehen, wie ein anderer Krieger ihren Vater am Arm traf und er zurück stolperte.
Als Kyra am Boden kniete, stieg ein seltsames ungewohntes Gefühl in ihr auf; es war eine Wärme, die von ihrem Bauch ausging und sich ausbreitete. Es war ein fremdes Gefühl, doch sie akzeptierte es sofort, denn es verlieh ihr ein Gefühl grenzenloser Stärke, die sich durch ihren ganzen Körper ausbreitete. Mit einem einzigen Blick erfasste sie alle feindlichen Krieger, sah ihre Schwächen, und sah, wie jeder einzelne von ihnen zu töten war.
Kyra verstand nicht, was mit ihr geschah – und es war ihr auch egal. Sie nahm diese Macht an, die die Kontrolle über sie übernahm und gab sich ihrer süßen Raserei hin.
Sie stand auf und fühlte sich unbesiegbar, hatte das Gefühl, dass die Zeit um sie herum endlos langsam verging. Sie hob ihren Stab und stürzte sich in die Menge.
Was dann geschah, passierte wie ein Blitz, ein blendendes Gewirr, das sie kaum wahrnehmen konnte und an das ihr fast jeglicher Erinnerung fehlte. Sie spürte, wie die Macht die Kontrolle über ihre Arme ergriff, ihr sagte, wie sie zuschlagen musste, wo sie hingehen musste und sie spürte, wie sie in dem Chaos einen feindlichen Krieger nach dem anderen angriff und sich den Weg durch die Menge bahnte.
Sie schlug einem Krieger gegen die Schläfe, dem nächsten versetzte sie einen Stoß gegen die Kehle; dann sprang sie hoch und schlug mit ihrem Stab zwei Kriegern die Köpfe ein. Sie wirbelte und drehte ihren Stab, während sie wie ein Wirbelwind eine Schneise durch die Menge schlug und eine Spur toter Krieger hinterließ. Niemand konnte sie fangen und niemand konnte sie aufhalten.
Das Klirren ihres Stabs, der auf Rüstzeug traf hallte durch die Luft und alles geschah unglaublich schnell. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich eins mit dem Universum; sie hatte das Gefühl als hätte sie keine Kontrolle mehr – doch sie ließ es zu. Sie hatte das Gefühl, außerhalb ihres eigenen Körpers zu sein. Sie verstand diese Macht nicht, und sie machte ihr Angst, doch gleichzeitig fühlte es sich unglaublich gut an.
Innerhalb weniger Augenblicke stand kein feindlicher Krieger mehr auf der Brücke. Sie fand sich auf der anderen Seite wieder, wo sie dem letzten Mann ihren Stab zwischen die Augen stieß.
Schwer atmend stand sie da, und plötzlich begann die Zeit wieder normal zu fließen. Sie sah sich um, sah den Schaden, den sie angerichtet hatte – und war darüber mehr erschrocken als alle anderen.
Das Dutzend der Krieger des Lords, das auf der anderen Seite des Grabens übrig war, sah sie schockiert an, und mit Panik im Blick ergriffen die Männer die Flucht.
Ein Schrei erklang, und Kyras Vater nahm mit seinen Männern die Verfolgung auf. Sie metzelten sie nieder, bis keiner mehr übrig war.
Ein Horn erklang und die Schlacht war vorüber.
Alle Männer ihres Vaters, all die Dorfbewohner standen staunend da uns sahen, dass sie das Unmögliche erreicht hatten. Doch seltsamerweise folgte kein Jubeln, wie es sonst nach einer gewonnenen Schlacht üblich war, keine Umarmungen, kein Jubel.
Stattdessen war alles still, die Stimmung war ernst: sie hatten viele gute Männer verloren, deren tote Körper überall um sie herum lagen. Vielleicht war es das, was die Männer innehalten ließ.
Doch es war mehr als das, das spürte Kyra. Das war nicht der wahre Grund für die Stille. Sie spürte, dass sie der Grund war.
Alle Männer auf dem Schlachtfeld starrten sie an. Selbst Leo sah sie mit Angst im Blick an, als wäre sie eine Fremde.
Kyra stand immer noch schwer atmend da, die Wangen gerötet, und spürte die Blicke auf sich. Sie sahen sie staunend und argwöhnisch an. Sie sahen sie an wie eine Fremde in ihrer Mitte. Und sie wusste, dass jeder von ihnen sich dieselbe Frage stellte. Es war eine Frage, auf die sie selbst gerne die Antwort gewusst hätte, und vor der sie schreckliche Angst hatte:
Wer war sie?
KAPITEL EINUNDZWANZIG
Alec döste immer wieder im Stehen ein, eingezwängt zwischen den anderen Jungen im Wagen und hatte dabei wirre Träume. Er sah sich selbst, wie er in einem Sarg voller Jungen zu Tode gequetscht wurde.
Er erwachte erschrocken, und bemerkte schwer atmend, dass er sich immer noch im Wagen befand.
Zwischenzeitlich hatten sie noch mehrere Male angehalten und noch mehr Jungen waren in den Wagen gepfercht worden, während sie einen weiteren über die Schlaglöcher, bergauf und bergab, durch Wälder und Ebenen hoppelten. Alex war seit der Auseinandersetzung auf den Beinen gewesen, denn er fühlte sich im Stehen sicherer, doch sein Rücken bereitete ihm unerträgliche Schmerzen. Doch es war ihm egal. Es fiel ihm leichter, im Stehen einzudösen, besonders mit Marco an seiner Seite. Die Jungen, die sie angegriffen hatten, hatten sich ans andere Ende des Wagens zurückgezogen, doch zwischenzeitlich traute er niemandem mehr.
Das Hüpfen des Wagens war in Alecs Bewusstsein eingedrungen und er hatte vergessen, wie es ist, auf unbewegtem Boden zu stehen. Er dachte an Ashton und fand Trost in der Tatsache, dass zumindest sein Bruder nicht hier sein musste. Es gab ihm das Gefühl, wenigstens zu etwas Nutze gewesen zu sein und den Mut, durchzuhalten.
Als die Schatten länger wurden war immer noch kein Ende der Reise in Sicht. Alec begann die Hoffnung zu verlieren und fürchtete, dass sie die Flammen nie erreichen würden.
Mehr Zeit verstrich und nachdem er ein paarmal eingedöst war, spürte er einen Knuff gegen seine Rippen. Er öffnete die Augen und sah Marco, der mit seinem Kopf in Richtung der Gitterstäbe nickte.
Alec spürte eine Welle der Aufregung, die sich unter den Jungen ausbreitete, und diesmal spürte er, dass etwas anders war. Die Jungen wurden lebendig und begannen, durch die Gitterstäbe zu spähen. Alec drehte sich um und versuchte ein wenig desorientier einen Blick zu erhaschen, doch die Menge war einfach zu dicht.
„Das musst du sehen!“, sagte Marco.
Marco drehte sich, sodass Alec auch einen Blick erhaschen konnte – und diesen Anblick würde er niemals vergessen:
Die Flammen.
Alec hatte sein ganzes Leben lang davon gehört, doch er hatte sie sich einfach nicht vorstellen können. Es war eines dieser Dinge, die man sich nur schwer ausmalen konnte, und er konnte sich einfach nicht vorstellen, wie es möglich sein sollte. Wie konnten die Flammen bis zum Himmel reichen. Wie konnten sie ununterbrochen brennen?
Doch jetzt, wo er sie zum ersten Mal sah, sah er, dass all die Geschichten wahr waren, und es nahm ihm den Atem. Dort, am Horizont, erhoben sich die Flammen wie in den Geschichten der Leute bis zu den Wolken, und er konnte nicht sehen, wo sie endeten. Er konnte das Knistern des Feuers hören und die Hitze spüren, selbst von hier. Es war beeindruckend und erschreckend zugleich.
Entlang der Flammen sah Alec hunderte von Kriegern, Jungen und Männer, die etwa alle dreißig Meter Wache standen. Am Horizont am Ende der Straße sah er einen schwarzen Turm aus Stein, um den einige Gebäude angeordnet waren. Dort konnte er geschäftiges Hin und Her erkennen.
„Sieht aus, als wäre das unser neues Zuhause“, bemerkte Marco.
Alex sah eine Reihe verwahrloster Baracken, voller Jungen mit Ruß im Gesicht. Sein Magen zog sich zusammen als er erkannte, dass das ein Blick in seine erbärmliche Zukunft war, in die Hölle, zu der sein Leben werden würde.
*
Alec wurde von ein paar Pandesiern aus dem Wagen gezerrt und stolperte hinaus zu den anderen Jungen. Andere fielen auf ihn und er rang nach Luft, geschockt, dass der Boden unter ihm von Schnee bedeckt war. Er war das Wetter des Nordostens nicht gewohnt, und er spürte sofort, dass seine Kleider, die dem Klima der Midlands angepasst waren, viel zu dünn waren. Zu Hause in Soli war der Boden weich und von grünem, saftigem Moos bedeckt, auch wenn es nur wenige Tagesritte entfernt lag; dort schneite es nie und der Duft von Blumen lag in der Luft. Hier war der Boden kalt, hart und leblos – und die Luft roch nach Feuer und Ruß.
Alec hatte sich kaum wieder aufgerappelt, als jemand ihm einen Stoß in den Rücken versetzte. Er stolperte vorwärts und sah wie ein Krieger hinter ihm begann, die Jungen auf die Baracken zuzutreiben.
Alec sah, wie mehrere Dutzend Jungen aus seinem Wagen quollen; ein paar wurden tot herausgeschoben. Er staunte, dass er die Reise auf so engem Raum recht unbeschadet überlebt hatte. Jeder Knochen in seinem Körper tat weh, die Gelenke waren steif und als er sich auf die Baracken zu schleppte, hatte er das Gefühl, nie erschöpfter gewesen zu sein. Er hatte das Gefühl, monatelang nicht geschlafen zu haben, und dass er am Ende der Welt angekommen war.
Das Prasseln des Feuers erfüllte die Luft und Alec sah, kaum hundert Meter weit weg, die Flammen. Sie gingen auf sie zu und sie schienen immer größer und bedrohlicher zu werden. Aus der Nähe waren sie einfach ehrfurchtgebietend und er genoss die Wärme, die mit jedem Schritt, den er auf sie zuging, stärker wurde. Doch er fürchtete, wie heiß es werden würde, wenn er dorthin kam, wo die Hüter standen, kaum zwanzig Meter vom Feuer entfernt. Er sah, dass sie das normale Rüstzeug trugen, und einige saßen schlaff zusammengesunken da, kollabiert von der Hitze.
„Siehst du die Flammen da, Junge?“, hörte er eine finstere Stimme.
Alex drehte sich um und sah den Jungen, mit dem er im Wagen eine Auseinandersetzung gehabt hatte. Er lief mit einem Freund neben ihm her und sah ihn böse an.
„Wenn ich dein Gesicht da rein stoße, wird niemand dich mehr erkennen – nicht mal deine Mama. Ich werde dir deine Hände abbrennen, bis nur noch verkohlte Stümpfe übrig sind. Du solltest genießen was du hast, bevor du es verlierst.“
Er stieß ein finsteres, gemeines Lachen aus, das fast wie ein Husten klang.
Alec, mit Marco an seiner Seite, sah ihn trotzig an.
„Du konntest mich im Wagen nicht schlagen“, antwortete Alec, „und du wirst es auch hier nicht schaffen.“
Der Junge kicherte.
„Das hier ist kein Wagen, Junge“, sagte er. „Wir werden heute Nacht in derselben Baracke schlafen. Eine Nacht, ein Dach. Du und ich. Und ich habe alle Zeit der Welt. Vielleicht nicht heute und vielleicht auch nicht morgen – doch eines Nachts, wenn du es am wenigsten erwartest, wirst du schlafen und ich werde dich kriegen. Dann wachst du in den Flammen auf. Träum süß“, schloss er lachend.
„Wenn du so ein Harter bist“, sagte Marco, „worauf wartest du dann? Wir sind hier. Versuch‘s doch!“
Alex sah wie der Junge zögerte und den pandesischen Kriegern einen Blick zuwarf.
„Zur rechten Zeit“, antwortete er.
Damit verzog er sich in die Menge.
„Mach dir keine Sorgen“, sagte Marco. „Du schläfst wenn ich Wache halte und du tust dasselbe für mich. Wenn dieser Abschaum in unsere Nähe kommt, werden sie sich wünschen, dass sie es nicht getan hätten“
Alec nickte zustimmend, dankbar, während er die Barracken betrachtete und staunte. Ein paar Meter vor dem Eingang schon konnte Alec den Gestank von Schweiß riechen, der aus dem Gebäude drang. Er wich zurück, als er hinein geschoben wurde.
Alec versuchte, sich an das Dämmerlicht in der Baracke zu gewöhnen, das nur durch ein paar kleine Fenster hoch oben ins Innere drang. Er sah den Sandboden und erkannte sofort, dass er Wagen, in dem sie gekommen waren, so schlimm er auch gewesen war, besser war, als das hier. Er sah reihenweise argwöhnische, feindselige Gesichter, die ihn musterten. Sie fingen an zu johlen und brüllen, sichtlich bemüht, sie, die Neulinge einzuschüchtern und ihr Territorium abzustecken.
„Frischfleisch!“, rief einer.
„Futter für die Flammen“, schrie ein anderer.
Alec begann, sich zunehmend Sorgen zu machen, als sie immer weiter in den großen Raum getrieben wurden. Schließlich blieb er vor einem freien Haufen Stroh stehen – nur um einen Tritt zu bekommen.
„Das ist mein Platz, Junge.“
Alec drehte sich um und sah einen älteren Rekruten, der ihn böse anstarrte und einen Dolch in Händen hielt.
„Es sei denn, du willst, dass ich dir den Hals aufschneide“, warnte er.
Marco trat dazwischen.
„Behalt dein Heu“, sagte er. „Es stinkt sowieso.“
Beide drehten sich um und gingen weiter in das lange Gebäude hinein, bis sie in einem Winkel im Schatten zwei Heuhaufen fanden. Beide waren an der Wand und kaum einen Meter voneinander entfernt.
Alec atmete sofort erleichtert auf; es fühlte sich so gut an, die schmerzenden Beine auszuruhen und still zu liegen. Er fühlte sich sicher mit dem Rücken zur Wand, in einer Ecke, wo man ihn nicht so einfach aus dem Hinterhalt angreifen konnte und er einen Blick über den ganzen Raum hatte. Er sah hunderte von Rekruten, die umherwanderten, einige stritten und jeden Augenblick kamen mehr herein. Er sah auch, wie ein paar tot an den Füßen herausgezerrt wurden. Dieser Ort war die Hölle auf Erden.
„Mach dir keine Hoffnungen – es wird noch schlimmer werden“, sagte eine Stimme neben ihm.
Alec drehte sich um und sah einen Jungen, ein paar Meter entfernt von ihm im Schatten liegen. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt blickte er zur Decke auf. Er kaute an einem Strohhalm herum und hatte eine tiefe, müde Stimme.
„Der Hunger bringt die meisten um“, fügte der Junge finster hinzu. „Etwa die Hälfte aller Jungen, die hierher kommen, sterben daran. Die anderen sterben an irgendwelchen Krankheiten. Und wenn dich das nicht umbringt, wird es einer der Jungen tun. Vielleicht wegen einem Stück Brot – oder wie meistens, vollkommen grundlos. Vielleicht mag er einfach nicht, wie du gehst, oder wie du aussiehst. Vielleicht erinnerst du ihn an jemanden. Oder vielleicht sucht er einfach ein Ventil für seinen Hass. Ich hab letzte Nacht gesehen, wie einer einem die Kehle durchgebissen hat, bevor die anderen irgendwas tun konnten.“
Alec und Marco tauschten Blicke aus und fragten sich, auf was sie sich da eingelassen hatten.
„Und nein“, fügte der Junge hinzu. „Ich habe keinen gesehen, der mehr als einen Mond lang überlebt hat.“
„Du bist noch da“, stellte Marco fest.
Der Junge grinste und kaute weiter an seinem Strohhalm herum.
„Weil ich gelernt habe, zu überleben“, antwortete er.
„Wie lange bist du schon hier?“, fragte Alec.
„Zwei Monde“, antwortete er. „Die längsten Monde meines Lebens.“
Alec keuchte geschockt. Zwei Monde, die ihn zu demjenigen machten, der hier am längsten überlebt hat? Hier wurden die Jungen wirklich im wahrsten Sinne des Wortes verheizt. Er begann sich zu fragen, ob es ein Fehler gewesen war, hierher zu kommen; vielleicht hätte er einfach in Solis gegen die Pandesier kämpfen und schnell sterben sollen. Dann wäre er wenigstens zu Hause gestorben. Er dachte an Flucht; schließlich hatte er seinem Bruder den Dienst erspart – was hatte er davon, wenn er hierblieb?
Alec betrachtete die Wände, musterte die Fenster und Türen, zählte die Wachen und fragte sich, ob es eine Möglichkeit zur Flucht gab.
„Das ist gut“, sagte der Junge, der immer noch an die Decke starrte, jedoch irgendwoher wusste, was er dachte. „Denk an Flucht. Denk an alles andere, als an diesen Ort. Nur so kannst du überleben.“
Alex wurde rot, verlegen, weil der Junge seine Gedanken gelesen hatte, und erstaunt, dass es ihm gelungen war, ohne ihn überhaupt anzusehen.
„Doch versuch es besser nicht“, sagte der Junge. „Ich weiß nicht wie viele von uns jede Nacht dabei sterben. Besser getötet zu werden als so zu sterben.“
„Wie zu sterben?“, fragte Marco. „Foltern sie einen?“
Der Junge schüttelte den Kopf.
„Schlimmer“, antwortete er. „Sie lassen dich gehen.“
Alec sah ihn verwirrt an.
„Was meinst du?“, fragte er.
„Sie suchen sich die Stelle dazu gut aus“, erklärte er. „Der Wald da draußen ist eine einzige Todesfalle. Wilde Eber und andere Tiere, Trolle – alles was du dir vorstellen kannst. Keiner hat es je überlebt.“
Der Jung grinste und sah sie zum ersten Mal direkt an.
„Willkommen meine Freunde“, sagte er lächelnd. „Willkommen bei den Flammen!“