Kitabı oku: «Sklavin, Kriegerin, Königin », sayfa 3
„Du wirst mich mitnehmen, nicht wahr?“ sagte Ceres mit einem wilden Unterton in der Stimme.
Er schüttelte düster den Kopf.
„Du musst hier bleiben und deiner Mutter und deinen Brüdern helfen.“
Beim Gedanken daran überkam sie eine Welle des Horrors.
„Du kannst mich nicht allein mit Mutter hier lassen“, sagte sie. „Das würdest du nicht tun.“
„Ich habe mit ihr darüber gesprochen und sie wird sich um dich kümmern. Sie wird gut zu dir sein.“
Ceres stampfte mit dem Fuß auf. Staub flog auf.
„Nein!“
Tränen traten in ihre Augen und kullerten ihre Wangen hinab.
Er trat einen kleinen Schritt auf sie zu.
„Hör mir genau zu, Ceres. Der Palast braucht nach wie vor gelegentlich einige Schwerter. Ich habe ein gutes Wort für dich eingelegt und wenn du die Schwerter so anfertigst wie ich es dir beigebracht habe, dann kannst du dir ein kleines Zubrot verdienen.“
Ihr eigenes Geld zu verdienen, würde ihr mehr Freiheit geben. Ihre kleinen und zierlichen Hände hatten sich als geschickt darin erwiesen aufwendige Muster und Inschriften in die Klingen und Schwertgriffe zu hauen. Die Hände ihres Vaters waren grob, seine Finger dick und breit und es gab nicht viele andere, die diese Fähigkeit vorweisen konnten.
Dennoch schüttelte sie den Kopf.
„Ich will keine Schmiedin werden“, sagte sie.
„Es liegt dir im Blut Ceres. Und du bist talentiert.“
Sie schüttelte entschlossen den Kopf.
„Ich will die Waffen benutzen“, sagte sie, „nicht machen.“
Sobald diese Worte ihren Mund verlassen hatten, bereute sie es sie ausgesprochen zu haben.
Ihr Vater legte seine Stirn in Falten.
„Willst du ein Krieger werden? Ein Kampfherr?“
Er schüttelte den Kopf.
„Es ist nicht völlig ausgeschlossen, dass es eines Tages auch Frauen gestattet sein wird zu kämpfen“, sagte sie. „Du weißt, dass ich trainiert habe.“
Seine Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen.
„Nein“, sagte er bestimmt. „Das ist nicht der Weg, den du einschlagen wirst.“
Der Mut verließ sie. Ihre Hoffnungen und Träumen schienen sich mit seinen Worten zu verflüchtigen. Sie wusste, dass er versuchte es ihr nicht zu schwer zu machen – das tat er immer. Das war eben die Realität. Und um sie am Leben zu halten, musste sie ihren Teil eben beisteuern.
Sie blickte in die Ferne und der Himmel leuchtete im Schein des ersten Blitzes auf. Drei Sekunden später rollte der Donner zu ihnen hinüber.
Hatte sie nicht erkannt wie schlimm es um sie stand? Sie war stets davon ausgegangen, dass sie es gemeinsam schaffen würden, wenn sie als Familie zusammenhielten. Aber das änderte nun alles. Jetzt würde Vater sie nicht mehr in Schutz nehmen können und es gab keine andere Person, die sich zwischen sie und Mutter hätte stellen können.
Eine Träne nach der anderen tropfte auf die ausgedörrte Erde während sie unbeweglich dort stand. Sollte sie ihre Träume aufgeben und dem Rat ihres Vaters folgen?
Er zog etwas hinter seinem Rücken hervor und ihre Augen wurden beim Anblick des Schwertes in seiner Hand groß. Er trat näher an sie heran und sie konnte die Details der Waffe sehen.
Sie war voller Ehrfurcht. Der Schwertgriff, in den eine Schlange eingraviert worden war, bestand aus purem Gold. Sie Klinge war zweischneidig und schien aus dem besten Stahl zu sein. Auch wenn die Herkunft dieses Meisterstücks ihr nicht bekannt war, wusste Ceres sofort, dass es sich dabei um die beste Qualität handelte. Auf der Klinge stand eine Inschrift.
Wo Herz und Schwert sich treffen, da ist Sieg.
Sie hielt den Atem an und starrte es voller Ehrfurcht an.
„Hast du das geschmiedet?“ fragte sie ihre Augen auf das Schwert geheftet.
Er nickte.
„Nach der Art der Nordmänner“, antwortete er. „Ich habe drei Jahre daran gearbeitet. Der Verkauf der Klinge allein könnte unsere Familie ein ganzes Jahr lang ernähren.“
Sie sah ihn an.
„Warum verkaufst du es dann nicht?“
Er schüttelte heftig den Kopf.
„Dafür ist es nicht gemacht worden.“
Er trat noch näher heran und zu ihrer Überraschung streckte er es ihr entgegen.
„Es wurde für dich gemacht.“
Ceres hob eine Hand zum Mund und stieß einen kleinen Schrei aus.
„Für mich?“, fragte sie verwundert.
Er grinste jetzt breit.
„Hast du wirklich geglaubt, ich hätte deinen achtzehnten Geburtstag vergessen?“ antwortete er.
Sie fühlte Tränen in ihre Augen treten. Sie war noch nie so gerührt gewesen.
Aber dann musste sie daran denken, was er zuvor gesagt hatte, dass er nicht wollte, dass sie kämpfte und sie war verwirrt.
„Aber du hast doch gesagt, dass ich nicht trainieren darf“, antwortete sie.
„Ich will nicht, dass du dich dabei in den Tod stürzt“, erklärte er. „Aber ich sehe doch wofür dein Herz wirklich schlägt. Und daran kann ich nichts ändern.“
Er legte eine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf bis sich ihre Augen trafen.
„Deshalb bin ich stolz auf dich.“
Er übergab ihr das Schwert und in dem Moment als sie das kühle Metall auf ihrer Handinnenfläche spürte wurde sie eins mit ihm. Das Gewicht war geradezu perfekt für sie und der Griff schmiegte sich in ihre Hand als wäre er für sie gemacht.
All die Hoffnung die sie zuvor geglaubt hatte verloren zu haben, erwachte nun erneut in ihrer Brust.
„Erzähl deiner Mutter nichts davon“, warnte er sie. „Verstecke es an einem Ort, an dem sie es nicht finden kann, sonst wird sie es verkaufen.“
Ceres nickte.
„Wie lange wirst du fort sein?“
„Ich werde versuchen für einen Besuch noch vor dem ersten Schneefall zurückzukommen.“
„Das sind noch Monate bis dahin!“ sagte sie und tat einen Schritt zurück.
„Mir bleibt nichts anderes übrig –“
„Nein. Verkauf das Schwert und bleib!“
Er legte eine Hand auf ihre Wange.
„Das Schwert zu verkaufen würde uns dieses Jahr über die Runden bringen. Und vielleicht nächstes Jahr. Aber was dann?“ Er schüttelte seinen Kopf. „Nein. Wir brauchen eine Lösung auf Dauer.“
Auf Dauer? Plötzlich realisierte sie, dass diese neue Arbeit ihn ihr nicht nur für ein paar Monate nehmen würde, sondern wahrscheinlich für Jahre.
Ihre Verzweiflung wuchs.
Er trat wieder auf die zu und umarmte sie als würde er ihre Gedanken spüren können.
Sie begann in seinen Armen zu weinen.
„Du wirst mir fehlen Ceres“, sagte er über ihrer Schulter. „Du bist anders als alle Anderen. Jeden Tag werde ich in den Himmel blicken und gewiss sein, dass du unter den selben Sternen wandelst. Wirst du das gleich für mich tun?“
Zuerst wollte sie ihn anschreien und sagen, wie kannst du es wagen, mich hier alleine zu lassen.
Aber ihr Herz hielt sie davon ab und sie wollte es ihm nicht noch schwerer machen als es bereits war.
Eine Träne rollte ihre Wange hinab. Sie schniefte und nickte mit dem Kopf.
„Ich werde jede Nacht unter unserem Baum stehen“, sagte sie.
Er küsste sie auf die Stirn und nahm sie nochmals zärtlich in die Arme. Die Wunden auf ihrem Rücken fühlten sich wie Messer an, doch sie biss die Zähne zusammen und sagte nichts.
„Ich hab dich lieb Ceres.“
Sie wollte ihm antworten, doch sie brachte keinen Ton heraus – die Worte waren ihr im Halse steckengeblieben.
Er holte sein Pferd aus dem Stall und Ceres half ihm dabei Essen, Werkzeug und Material zu verstauen. Er umarmte sie ein letztes Mal und sie glaube, dass ihre Brust vor Traurigkeit zerspringen würde. Noch immer brachte sie kein Wort heraus.
Er stieg auf das Pferd und nickte ihr zu bevor er dem Tier die Sporen gab.
Ceres winkte ihm nach als er davonritt. Sie blickte ihm sehnsüchtig nach bis er hinter einem fernen Hügel verschwand. Die einzig wahrhaftige Liebe die sie jemals empfangen hatte, kam von diesem Mann. Und nun war er fort.
Regen begann vom Himmel zu fallen und prasselte ihr gegen das Gesicht.
„Vater!“ schrie sie so laut sie konnte. „Vater ich hab dich lieb!“
Sie fiel auf die Knie und vergrub das Gesicht schluchzend in ihren Händen.
Sie wusste, dass sich ihr Leben für immer verändert hatte.
KAPITEL DREI
Mit schmerzenden Füßen und brennenden Lungen stieg Ceres so schnell sie nur konnte den steilen Hügel empor. Sie war darauf bedacht, keinen Tropfen Wasser aus den beiden Eimern, die sie auf beiden Seiten trug, zu verschütten. Normalerweise würde sie jetzt eine Pause machen, doch ihre Mutter hatte ihr gedroht kein Frühstück zu geben, sollte sie bei Sonnenaufgang nicht zurück sein – und kein Frühstück bedeutet, dass sie bis zum Abend nichts essen würde. Der Schmerz machte ihr nichts aus – wenigstens lenkte er sie von den um ihren Vater kreisenden Gedanken ab und von den neuen Zuständen, die seit seiner Abreise zu Hause Einzug gehalten hatten.
Die Sonne war gerade hinter den fernen Alva Bergen aufgegangen und tauchte die zerklüfteten Wolken über ihr in ein goldenes Rosa. Ein weicher Wind blies durch das hohe gelbe Gras zu beiden Seiten der Straße. Ceres sog die frische Morgenluft ein und trieb sich dazu an, noch schneller zu laufen. Ihr Brunnen war ausgetrocknet und an dem nächsten in einem Kilometer Entfernung bildete sich jetzt immer eine lange Schlange. Doch das würde ihre Mutter nicht als Entschuldigung taugen. So hielt sie tatsächlich erst auf dem Kamm des Hügels an – die Aussicht verschlug ihr den Atem.
Dort in der Ferne sah sie ihr Haus, vor dem ein bronzener Karren stand. Ihre Mutter stand dort und sprach mit einem Mann, der so übergewichtig war, dass Ceres glaubte noch nie jemanden gesehen zu haben, der auch nur halb so dick war. Er trug eine violette Leinentunika und einen roten Seidenhut. Sein langer Bart war buschig und grau. Sie blinzelte und versuchte die Situation zu verstehen. War er ein Händler?
Ihre Mutter trug ihr bestes Kleid, ein grünes bodenlanges Leinengewand, das sie vor einigen Jahren von dem Geld gekauft hatte, das eigentlich für ein neues Paar Schuhe für Ceres bestimmt gewesen war. Das ergab alles keinen Sinn.
Zögernd begann Ceres den Hügel hinabzusteigen. Sie wendete ihren Blick nicht von der Szene ab. Ceres wurde noch neugieriger als sie sah, dass der alte Mann ihrer Mutter einen schweren Ledersack gab. Das eingefallene Gesicht ihrer Mutter begann dabei zu leuchten. Hatte sich das Blatt gewendet? Würde Vater nach Hause kommen können? Dieser Gedanke machte ihr das Herz ein wenig leichter, auch wenn sie versuchte ihn nicht zu sehr an sich heranzulassen, bevor sie die Einzelheiten kannte.
Als sich Ceres dem Haus näherte, drehte sich ihre Mutter zu ihr um und lächelte sie freundlich an – Ceres spürte einen Knoten in ihrem Magen. Das letzte Mal als ihre Mutter sie so angelächelt hatte – mit strahlenden Zähnen und leuchtenden Augen – hatte Ceres eine ordentliche Tracht Prügel einstecken müssen.
„Mein liebes Kind“, sagte ihre Mutter in zuckersüßem Ton. Sie öffnete ihre Arme und grinste sie an, dass Ceres das Blut in den Adern gefror.
„Das ist das Mädchen?“ sagte der Mann mit einem lüsternen Lächeln, seine dunklen durchdringenden Augen weiteten sich bei Ceres’ Anblick.
Ceres war nun so weit herangekommen, dass sie jede einzelne Hautfalte des übergewichtigen Mannes sehen konnte. Sein Gesicht war nichts als eine breite flache Nase und als er seinen Hut abnahm, kam darunter eine schweißbedeckte Glatze zum Vorschein, die in der Sonne glänzte.
Ihre Mutter tänzelte zu Ceres hinüber, nahm ihr die Eimer ab und setzte sie auf dem versenkten Gras ab. Allein diese Geste zeigte Ceres, dass wirklich etwas nicht stimmte. Langsam machte sich Panik in ihr breit.
„Darf ich Ihnen meine einzige Tochter Ceres vorstellen, sie ist mein ganzer Stolz und meine ganze Freude“, sagte ihre Mutter und tat so als würde sie sich eine Träne wegwischen. „Ceres, das ist Lord Blaku. Bitte zeige deinem neuen Herren Respekt.“
Dieser Satz traf Ceres wie ein Messer ins Herz. Sie fuhr zusammen. Ceres blickte zu ihrer Mutter, die mit dem Rücken zu Lord Blaku stand und Ceres so böse anlächelte, wie sie es noch nie getan hatte.
„Meinem neuen Herren?“ fragte Ceres.
„Um unsere Familie vor dem finanziellen Ruin zu retten und uns die öffentliche Schande zu ersparen, hat Lord Blaku in seiner Güte deinem Vater und mir ein großzügiges Angebot unterbreitet: ein Sack Gold im Tausch gegen dich.“
„Was?“ keuchte Ceres und glaubte einer Ohnmacht nahe zu sein.
„Bitte sei nun das gute Mädchen, das ich kenne und erweise ihm Respekt“, sagte ihre Mutter und warf Ceres einen warnenden Blick zu.
„Das werde ich mit Sicherheit nicht“, sagte Ceres und trat einen Schritt zurück. Sie richtete sich verärgert auf. Warum war ihr nicht gleich klar gewesen, dass es sich bei dem Mann um einen Sklavenhändler handelte und der Inhalt des Ledersacks sie das Leben kosten würde.
„Vater würde das niemals zulassen“, fügte sie verbissen hinzu während Horror und Empörung zunahmen.
Ihre Mutter verzog das Gesicht und griff nach ihrem Arm, ihre Fingernägel gruben sich in Ceres’ Haut.
„Wenn du dich zusammenreißt, dann wird dich dieser Mann vielleicht zur Frau nehmen und das wäre in deinem Fall doch das Beste, was dir passieren könnte“, murmelte sie.
Lord Blaku fuhr mit der Zunge über seine verkrusteten Lippen, seine gierigen und geschwollenen Augen verschlangen Ceres’ Körper. Wie konnte ihre Mutter ihr das nur antun? Sie wusste, dass ihre Mutter sie nicht so sehr liebte wie ihre Brüder – aber das?
„Marita“, sagte er mit nasaler Stimme. „Sie sagten Ihre Tochter sei schön, aber Sie haben ganz vergessen zu erwähnen, was für eine prächtige Kreatur sie ist. Wenn mir erlaubt ist zu sagen, dass ich noch nie ein Weib mit solch sinnlichen Lippen, solch leidenschaftlichen Augen und einem Körper so wohlgeformt und fest wie dem ihren gesehen habe.“
Ceres’ Mutter legte seufzend eine Hand auf ihr Herz und Ceres hatte das Gefühl sich gleich übergeben zu müssen. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und befreite sich von dem Griff ihrer Mutter.
„Dann hätte ich ja vielleicht sogar einen höheren Preis verlangen können, wenn sie Ihnen so sehr zusagt“, sagte Ceres’ Mutter und senkte traurig ihren Blick. „Schließich ist sie noch immer unser geliebtes Mädchen.“
„Ich bin bereit für eine solche Schönheit auch gut zu bezahlen. Was halten Sie von fünf Goldstücken mehr?“ fragte er.
„Das wäre sehr großzügig von Ihnen“, antwortete ihre Mutter.
Lord Blaku trottete zu seinem Wagen hinüber um das zusätzliche Gold zu holen.
„Vater würde nie und nimmer seine Zustimmung geben“, sagte Ceres spöttisch.
Ceres’ Mutter trat drohend einen Schritt näher auf sie zu.
„Oh, allerdings war es die Idee deines Vaters“, entgegnete sie schnippisch und mit hochgezogenen Augenbrauen. Ceres wusste, dass sie log – immer wenn sie die Augenbrauen so hochzog, log sie.
„Glaubst du etwa dein Vater liebt dich mehr als mich?“ fragte ihr Mutter.
Ceres zwinkerte und wunderte sich, was das mit der ganzen Sache zu tun hatte.
„Ich könnte nie jemanden lieben, der glaubt, besser zu sein als ich“, fügte sie hinzu.
„Du hast mich nie geliebt?“ fragte Ceres und ihr Ärger wandelte sich in Hoffnungslosigkeit.
Mit dem Gold in der Hand watschelte Lord Blaku zu Ceres’ Mutter hinüber, um es ihr zu überreichen.
„Ihre Tochter ist jedes dieser Goldstücke wert“, sagte er. „Sie wird mir eine gute Frau sein und viele Söhne gebären.“
Ceres biss sich auf die Lippen und schüttelte immer wieder ihren Kopf.
„Lord Blaku wird dich morgen früh abholen, geh ins Haus und pack deine Habseligkeiten zusammen“, sagte Ceres’ Mutter.
„Nein!“ schrie Ceres.
„Das ist schon immer dein Problem gewesen Mädchen. Du denkst immer nur an dich selbst. Dieses Gold“, sagte ihre Mutter und wedelte mit dem Geldbeutel vor Ceres’ Gesicht herum, „wird deine Brüder am Leben halten. Es wird unsere Familie zusammenhalten, uns ermöglichen das Haus zu behalten und nötige Reparaturen durchzuführen. Hast du schon einmal darüber nachgedacht?“
Für den Bruchteil einer Sekunde dachte Ceres darüber nach, ob sie selbstsüchtig war, aber dann erkannte sie, dass ihre Mutter sie zu manipulieren versuchte und dabei Ceres’ Liebe zu ihren Brüdern ausspielte.
„Machen Sie sich keine Sorgen“, sagte Ceres’ Mutter und drehte sich zu Lord Blaku. „Ceres wird tun, was ich ihr sage. Alles was Sie tun müssen, ist streng zu ihr zu sein und sie wird zahm wie ein Lämmchen werden.“
Niemals. Niemals würde sie die Frau dieses Mannes oder das Eigentum von sonst jemandem. Niemals würde sie ihrer Mutter oder jemand anderem gestatten ihr Leben gegen fünfundfünfzig Goldstücke einzutauschen.
„Ich werde niemals zu diesem Sklavenhändler gehen“, sagte Ceres energisch und warf ihm einen angeekelten Blick zu.
„Undankbares Kind!“ rief Ceres’ Mutter. „Wenn du nicht tust, was ich dir sage, werde ich dich so lange prügeln bis du nicht mehr gerade gehen kannst. Geh mir jetzt aus den Augen!“
Der Gedanke von ihrer Mutter geschlagen zu werden, brachte alte und schreckliche Erinnerungen zurück; er führte sie zurück zu der fünf Jahre alten Ceres und dem furchtbaren Moment, als ihre Mutter sie so lange geschlagen hatte bis sie das Bewusstsein verloren hatte. Die physischen Wunden, die diese anderen Prügelstrafen hinterlassen hatten, waren geheilt, die Wunden in Ceres’ Herz jedoch hatten niemals aufgehört zu bluten. Jetzt, da sie wusste, dass ihre Mutter sie nicht liebte und niemals geliebt hatte, zerriss ihr das Herz endgültig.
Noch bevor sie antworten konnte, trat Ceres’ Mutter an sie heran und verpasste ihr eine schallende Ohrfeige.
Zunächst war Ceres von dem plötzlichen Angriff überrascht und sie verlor beinahe das Gleichgewicht. Doch dann geschah etwas mit ihr. Dieses Mal würde sie sich nicht wie sonst alles gefallen lassen.
So verpasste Ceres ihrer Mutter auch eine Ohrfeige, die so hart war, dass sie mit erschrockenem Blick zu Boden fiel.
Mit rotem Gesicht kam ihre Mutter zurück auf die Beine. Sie griff Ceres’ Schulter und Haar und rammte ihr ein Knie in den Magen. Als Ceres sich von Schmerzen ergriffen vorn überbeugte, stieß ihre Mutter ihr Knie in Ceres’ Gesicht, sodass sie zu Boden ging.
Der Sklavenhalter stand nur da und glotzte, seine Augen stierten und er kicherte. Er fand ganz offensichtlich Gefallen an diesem Kampf.
Noch immer hustend und nach Luft ringend schaffte es Ceres zurück auf ihre Füße. Mit einem Schrei schmiss sie sich gegen ihre Mutter und warf sie zu Boden.
Das war das allerletzte Mal, war alles, was Ceres denken konnte. All die Jahre, in denen sie nicht geliebt worden war, in denen sie nichts als Verachtung erfahren hatte, warf sie in diesem Moment wie Zunder in das Feuer ihrer Wut. Mit eisernen Fäusten schlug sie immer und immer wieder ihrer Mutter ins Gesicht, wuterfüllte Tränen rannen ihr über die Wangen und entfesselte Schluchzer drangen ihr über die Lippen.
Schließlich regte ihre Mutter sich nicht mehr.
Ceres’ Schultern zogen sich bei jedem Schluchzen in die Höhe und ihre Eingeweide schienen sie zusammenzuballen. Von Tränen verquollen blickte sie mit noch größerem Hass zu dem Sklavenhalter auf.
„Du wirst dich prächtig schlagen“, sagte Lord Blaku mit einem arglistigen Grinsen. Er hob den Geldsack vom Boden auf und befestigte ihn an seinem Ledergürtel.
Noch bevor sie sich versah, hatte er sie gepackt. Er zerrte Ceres zu seinem Wagen und schmiss sie mit einer flinken Bewegung auf die Rückbank als wäre sie ein Sack Kartoffeln. Seine Masse und Kraft überstiegen ihre Möglichkeiten sich zu wehren. Er hielt ihr Handgelenk mit einer Hand fest, während er mit der anderen nach einer Kette fischte. Dabei sagte er: „Du hast doch nicht etwa gedacht, dass ich glauben würde, dich hier morgen noch antreffen zu können.“
Sie blickte zu dem Haus, in dem sie achtzehn Jahre lang gelebt hatte und ihre Augen füllten sich beim Gedanken an ihre Brüder und ihren Vater mit Tränen. Sie musste eine Entscheidung treffen, bevor er sie angekettet hatte, wenn sie sich selbst retten wollte.
Sie nahm all ihre Kraft zusammen und zog ihren Arm mit einer schnellen Bewegung aus dem griff des Sklavenhalters. Sie ließ ihr Bein nach oben schnellen und trat ihm so hart sie nur konnte ins Gesicht. Er fiel rücklings aus dem Wagen auf den Boden.
Sie sprang aus dem Wagen und rannte so schnell, wie sie ihre Füße trugen, die staubige Straße hinab. Sie ließ eine Frau zurück, die sie schwor nie wieder Mutter zu nennen, sie ließ aber auch all das zurück, was sie in ihrem bisherigen Leben gekannt und geliebt hatte.
KAPITEL VIER
Umgeben von der königlichen Familie versuchte Thanos vergebens seinem Gesicht einen freundlichen Ausdruck zu verleihen. Er griff nach dem goldenen Weinkelch. Er hasste es hier zu sein. Er hasste diese Leute, seine Familie. Auch hasste er diese königlichen Zusammenkünfte – vor allem diejenigen, die auf die Tötungen folgten. Er wusste wie das Volk lebte, in welcher Armut sie lebten und er spürte wie sinnlos und ungerecht dieser Pomp und Hochmut wirklich war. Er hätte alles dafür gegeben nicht hier sein zu müssen.
Thanos gab sich nicht die geringste Mühe an den belanglosen Gesprächen seiner Cousins und Cousine Lucious, Varius und Aria teilzunehmen. Stattdessen beobachtete er die herrschaftlichen Gäste, die im Palastgarten in ihren Togen und Stolen umherstolzierten und dabei aufgesetzt grinsten und falsche Nettigkeiten ausspuckten. Einige seiner Cousins und Cousinen bewarfen sich mit Essen, während sie auf dem gepflegten Rasen und zwischen den Tischen voll mit gutem Essen und Wein umherhuschten. Andere stellten ihre Lieblingsszenen aus den Tötungen nach, sie lachten und machten sich über diejenigen lustig, die heute ihr Leben verloren hatten.
Hunderte Menschen waren hier und nicht einer war ehrhaft.
„Ich werde nächsten Monat drei Kampfherren kaufen“, sagte der älteste unter ihnen, Lucious, mit aufgeregter Stimme, während er sich mit einem seidenen Tuch eine Schweißperle von der Augenbraue tupfte. „Stefanus war nicht einmal die Hälfte von dem wert, was ich für ihn bezahlt habe und wenn er nicht schon tot wäre, so würde ich höchstpersönlich ein Schwert in ihn stoßen, dafür dass er wie ein Mädchen in der ersten Runde gekämpft hat.“
Aria und Varius lachten, doch Thanus fand seine Bemerkung alles andere als amüsant. Ob sie die Tötungen nun als Spiele betrachteten oder nicht, sie sollten den Tapferen wie den Toten zumindest Respekt zollen.
„Aber habt ihr Brennius gesehen?“ fragte Aria und ihre großen blauen Augen wurden groß. „Ich hatte eigentlich vor ihn zu kaufen, aber dann hat er mir diesen dünkelhaften Blick zugeworfen als ich ihn bei den Proben beobachtet habe. Könnt ihr euch das vorstellen?“ fügte sie augenrollend und schnaufend hinzu.
„Und er riecht wie ein Stinktier“, setzte Lucious noch eine drauf.
Alle außer Thanos lachten erneut.
„Keiner von uns hätte sich wohl für ihn entschieden“, sagte Varius. „Auch wenn er länger als erwartet durchgehalten hat, so war er doch schrecklich in Form.“
Thanos konnte sich nicht länger zusammenreißen.
„Brennius war von allen am besten in Form“, rief er dazwischen. „Wenn ihr keine Ahnung von der Kampfkunst habt, dann haltet besser den Mund.“
Die Cousins verfielen ins Schweigen und Arias Augen nahmen die Größe von Untertassen an, sie blickte zum Boden. Varius plusterte sich auf und verschränkte finster dreinblickend die Arme. Er trat näher an Thanos heran als würde er ihn herausfordern wollen, Spannung lag in der Luft.
„Vergesst doch diese selbstherrlichen Kampfherren“, sagte Aria und stellte sich in einem Versuch die Situation zu entschärfen zwischen sie. Sie winkte die jungen Männer näher zu sich heran und begann zu flüstern, „Ich habe ein sonderbares Gerücht gehört. Eine kleine Biene hat mich wissen lassen, dass der König mit dem Gedanken spielt jemanden von königlicher Abstammung bei den Tötungen antreten zu lassen.“
Sie tauschten unsichere Blicke aus und verstummten.
„Ich glaube nicht, dass er mich schicken würde“, sagte Lucious. „Ich habe kein Interesse daran mein Leben für ein dämliches Spiel zu riskieren.“
Thanos wusste, dass er im Stande war die meisten der Kampfherren zu schlagen, doch einen anderen Menschen zu töten war etwas, das er nicht würde tun wollen.
„Du hast doch nur Angst dabei draufzugehen“, sagte Aria.
„Habe ich nicht“, erwiderte Lucious. „Nimm das zurück!“
Thanos Geduld war am Ende. Er verließ die Gruppe.
Er sah wie seine entfernte Cousine Stephania umherwanderte als würde sie nach jemandem aller Wahrscheinlichkeit sogar ihm Ausschau halten. Erst vor ein paar Wochen hatte ihm die Königin mitgeteilt, dass sie Stephania für ihn als Frau auserkoren hatte, er jedoch sah das ganz anders. Stephania war genauso verzogen wie alle anderen seiner Cousins und Cousinen und er hätte lieber auf den Titel, sein Erbe und sogar sein Schwert verzichtet als sie zu heiraten. Sie war in der Tat eine Schönheit, sie hatte goldenes Haar, milchweiße Haut und blutrote Lippen, doch wenn sie ihm noch einmal erzählen würde, wie ungerecht das Leben für sie war, würde er sich die Ohren abschneiden.
Er floh zu den Rosen am Rande des Gartens und versuchte dabei jeglichen Augenkontakt mit den Anwesenden zu vermeiden. Aber gerade als er um die Ecke biegen wollte, stellte Stephania sich ihm in den Weg. Ihre braunen Augen leuchteten auf.
„Guten Abend Thanos“, sagte sie mit einem bezaubernden Lächeln auf den Lippen, dass wohl den meisten der jungen Männer die Spucke aus den Mundwinkeln geflossen wäre. Allen außer Thanos.
„Dir auch einen guten Abend“, sagte Thanos, umrundete sie und setzte seinen Weg fort.
Sie hob den Saum ihrer Stola und folgte ihm wie eine Fliege, die man nicht mehr loswird.
„Findest du es nicht auch furchtbar ungerecht, dass – “, setzte sie an.
„Ich habe zu tun“, antwortete er mit barscherem Tonfall als gewollt, sodass sie kurz innehielt. Er drehte sich zu ihr um. „Es tut mir leid… Ich habe diese Partys nur so satt.“
„Vielleicht hast du ja Lust einen kleinen Spaziergang mit mir im Garten zu machen?“ sagte Stephania. Ihre rechte Augenbraue schnellte in die Höhe während sie näher trat.
Das war so ziemlich das letzte was er gewollt hätte.
„Hör mal“, sagte er, „ich weiß, dass die Königin und deine Mutter sich in den Kopf gesetzt haben uns irgendwie zusammenzubringen, aber – “
„Thanos!“ hörte es jemanden hinter ihm rufen.
Thanos drehte sich um und erblickte den Boten des Königs.
„Der König würde sich freuen, wenn Sie zu ihm in den Gartenpavillon kommen würden“, sagte er. „Und Sie ebenso, gnädige Frau“
„Darf ich fragen warum?“ fragte Thanos.
„Es gibt wohl einiges zu besprechen“, sagte der Bote.
Da er in der Vergangenheit keine regelmäßigen Unterredungen mit dem König gehabt hatte, fragte sich Thanos, worum es wohl gehen würde.
„Selbstverständlich“, sagte Thanos.
Zu seinem Missfallen hakte sich eine überaus wohlgelaunte Stephania bei ihm ein und zusammen folgten sie dem Boten hinüber zu der Laube des Königs.
Als Thanos bemerkte, dass mehrere Berater des Königs und sogar der Kronprinz anwesend waren, kam ihm die Einladung in diese Runde noch seltsamer vor. Sie alle hatten bereits auf Bänken und Stühlen Platz genommen. Er würde kaum etwas zu ihren Gesprächen beizutragen haben, da seine Vorstellung von Regierungsführung stark von der ihren abwich. Das Beste ist es einfach den Mund zu halten, dachte er.
„Was für ein schönes Paar ihr seid“, sagte die Königin mit einem strahlenden Lächeln als sie eintraten.
Thanos biss sich auf die Lippe und bot Stephania einen Stuhl neben ihm an.
Nachdem alle eingetroffen waren, erhob sich der König und die Versammlung verstummte. Sein Onkel trug eine knielange Toga, doch im Gegenzug zu den weißen, roten und blauen Gewändern der Anderen, war seines in violett, der Farbe, die dem König vorbehalten war. Auf seinem zunehmend haarlosen Haupt thronte ein goldener Kranz und seine Wangen und Lider schienen trotz eines Lächelns zu hängen.
„Die Massen sind aufsässig“, sagte er mit seiner ernsten Stimme langsam. Er ließ seinen Blick mit der Autorität eines Königs über die Gesichter gleiten. „Die Zeit ist überreif, sie daran zu erinnern, wer hier der König ist. Strengere Gesetze müssen eingeführt werden. Vom heutigen Tage an werden deshalb die Abgaben auf Eigentum und Nahrung verdoppelt.“
Ein überraschtes Murmeln setzte ein, das von zustimmendem Nicken gefolgt wurde.
„Eine vortreffliche Idee, Eure Exzellenz“, sagte einer seiner Berater.
Thanos konnte seinen Ohren nicht trauen. Die Steuern verdoppeln? Er hatte sich mit Bürgerlichen unterhalten und wusste, dass die bisher verlangten Abgaben bereits mehr waren, als die meisten leisten konnten. Er hatte Mütter gesehen, die den Tod ihres verhungerten Kindes beweinten. Erst gestern hatte er einem obdachlosen, vier Jahre alten und klapperdürren Mädchen etwas zu essen gegeben.
Thanos musste den Blick senken, um nicht dem Drang Einspruch gegen diese kranke Idee zu erheben nachzugeben.
„Und außerdem“, fuhr der König fort, „wird von nun an der erstgeborene Sohn einer jeden Familie in der königlichen Armee dienen. Auf diese Weise werden wir der sich im Untergrund formierenden Revolutionsbewegung entgegenwirken.“
Einer nach dem anderen beglückwünschte den König zu dieser weisen Entscheidung.
Doch dann wendete sich der König Thanos zu.
„Thanos“, sagte der König schließlich. „Du hast bisher geschwiegen. Sprich!“
Es wurde still in der Gartenlaube und alle Augen richteten sich auf Thanos. Er stand auf. Er wusste, dass er dem verhungernden Mädchen, der trauernden Mutter, all denjenigen deren Leben scheinbar nicht zählte, eine Stimme geben musste. Er musste für sie sprechen, denn es würde sonst niemand tun.
„Noch strengere Regeln werden die Rebellion nicht brechen“ sagte er mit klopfendem Herzen. „Sie werden sie damit nur noch mehr ermuntern. Die Bürger in Angst und Schrecken zu versetzen und ihnen jegliche Freiheit abzusprechen, wird sie der Revolution gegen uns in die Arme treiben.“
Ein paar Leute lachten, andere besprachen sich untereinander. Stephania nahm seine Hand und versuchte ihn damit vorzeitig zum Schweigen zu bringen, doch er entzog sich diesem Versuch.
„Ein großer König macht von Liebe und Angst Gebrauch, um seine Untergebenen zu regieren“, sagte Thanos.
Der König warf der Königin einen nervösen Blick zu. Er erhob sich und ging zu Thanos hinüber.
„Thanos du hast Mut bewiesen, deine Meinung hier vorzubringen“, sagte er und legte dabei eine Hand auf seine Schulter. „Doch war es nicht dein jüngerer Bruder, der kaltblütig von diesen Menschen ermordet wurde, Menschen, die sich selbst regierten wie du sagst?“
Thanos kochte innerlich. Wie konnte sein Onkel es wagen den Tod seines Bruders an dieser Stelle so leichtfertig einzusetzen? Seit Jahren trauerte Thanos jede Nacht vor dem Einschlafen um seinen verlorenen Bruder.