Kitabı oku: «Sklavin, Kriegerin, Königin », sayfa 4

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„Diejenigen, die meinen Bruder ermordeten, hatten nicht genug Essen, um am Leben zu bleiben“, sagte Thanos. „In der Verzweiflung ergreift der Mensch verzweifelte Maßnahmen.“

„Stellst du etwa die Weisheit des Königs in Frage?“ fragte die Königin.

Thanos konnte einfach nicht glauben, dass niemand dagegen Einspruch erhob. Sahen sie denn nicht wie ungerecht dieser Vorschlag war? Erkannten sie denn nicht, dass diese neuen Gesetze Öl in das Feuer der Revolution gießen würden?

„Du wirst den Leuten damit nicht einen Moment lang glauben machen können, dass es dir um etwas anderes ginge, als ihnen Leid zuzufügen und deinen eigenen Vorteil zu suchen“, sagte Thanos.

Aus der Gruppe kam Widerspruch.

„Das sind harte Worte, Neffe“, sagte der König und blickte ihm in die Augen. „Ich habe fast den Eindruck, du würdest dich gerne der Rebellion anschließen.“

„Oder vielleicht hat er das bereits?“ sagte die Königin mit skeptischem Blick.

„Habe ich nicht“, knurrte Thanos.

Die Luft in dem Pavillon begann zu brennen und Thanos realisierte, dass, wenn er jetzt nicht aufpasste, er leicht wegen Verrats angeklagt werden konnte – ein Verbrechen auf das die Todesstrafe ohne Prozess stand.

Stephania stand nun auch auf und griff erneut nach Thanos’ Hand – von ihrer Geste genervt, befreite er jedoch erneut seine Hand aus ihrer Umklammerung.

Stephania erbleichte und blickte zu Boden.

„Vielleicht wirst du im Laufe der Zeit erkennen, dass deine Ansichten falsch sind“, sagte der König zu Thanos. „Das neue Gesetz ist beschlossene Sache und soll sofort umgesetzt werden.“

„Gut“, sagte die Königin und lächelte plötzlich. „Nun lasst uns zum zweiten Punkt der heutigen Agenda kommen. Thanos, du bist ein junger Mann von neunzehn Jahren und wir – deine kaiserlichen Vormünder – haben dir eine Frau ausgewählt. Wir haben uns dafür entschieden, dir Stephania zur Frau zu geben.“

Thanos blickte zu Stephania hinüber, ihre Augen waren von Tränen erfüllt und ein besorgter Ausdruck stand ihr im Gesicht geschrieben. Er war angewidert. Wie konnten sie so etwas von ihm verlangen?

„Ich kann sie nicht heiraten“, flüsterte Thanos und ein Kloß bildete sich in seinem Hals.

Ein Murmeln ging durch die Menge und die sprang so schnell auf, dass ihr Stuhl mit einem Krachen rücklings zu Boden fiel.

„Thanos!“ schrie sie und ballte die Fäuste. „Wie kannst du es wagen, dich dem König zu widersetzen? Du wirst Stephania heiraten, ob du es willst oder nicht.“

Beim Anblick der Tränen, die Stephania über die Wangen flossen, warf Thanos ihr einen mitleidigen Blick zu.

„Glaubst du zu gut für mich zu sein?“ fragte sie und ihre Unterlippe bebte.

Er tat einen Schritt auf sie zu und wollte ihr so gut er eben konnte Trost spenden, doch noch bevor er sie erreichen konnte, lief sie bitterlich weinend aus dem Pavillon.

Der König erhob sich sichtlich verärgert.

„Verschmähe sie, mein Sohn“, sagte er und seine Stimme donnerte plötzlich kalt und hart durch die Gartenlaube, „und du landest im Kerker.“

KAPITEL FÜNF

Ceres rannte durch die Straßen der Stadt bis sie spürte, dass ihre Beine sie nicht länger tragen würden, ihre Lungen so sehr brannten, dass sie fast zerrissen und sie sicher sein konnte, dass der Sklavenhalter sie nicht mehr finden konnte.

Sie brach auf einem Hinterhof inmitten von Abfall und Ratten zusammen, sie schlang ihre Arme um ihre Beine und Tränen strömten ihr über die glühenden Wangen. Ohne ihren Vater und eine Mutter, die sie verkaufen wollte, blieb ihr niemand mehr. Wenn sie auf der Straße bliebe und auf den Gehwegen schliefe, dann würde sie irgendwann entweder verhungern oder erfrieren, wenn der Winter einbrach. Vielleicht wäre es das Beste.

Stundenlang saß sie dort und weinte, ihre Augen waren verquollen und ihre Gedanken vor Verzweiflung verwirrt. Wohin würde sie gehen? Wie konnte sie Geld verdienen, um zu überleben?

Der Tag war fast ins Land gegangen als sie sich dazu entschloss, nach Hause zurückzukehren, sich in die Hütte zu schleichen, die noch übrigen Schwerter zu nehmen und sie dem Palast zu verkaufen. Sie erwarteten sie heute dort sowieso. Auf diese Weise würde sie genug Geld haben, um sich in den nächsten Tagen über Wasser halten und einen Plan schmieden zu können.

Sie würde auch das Schwert, das ihr Vater ihr gegeben hatte und das sie unter den Dielen der Hütte versteckte, an sich nehmen. Aber das würde sie niemals verkaufen. Nicht bis sie dem Tod ins Auge blickte, würde sie das Geschenk ihres Vaters aufgeben.

Sie lief nach Hause und war dabei vor bekannten Gesichtern und dem Wagen des Sklavenhalters auf der Hut. Als sie den letzten Hügel erreichte, ging sie hinter der Häuserreihe in Deckung und von dort aus geduckt durch das Feld. Auf Zehenspitzen lief sie über den vertrockneten Boden und hielt dabei Ausschau nach ihrer Mutter.

Eine Welle von Schuldbewusstsein erfasste sie als sie daran dachte, wie sehr sie ihre Mutter geschlagen hatte. Sie hatte ihr trotz all ihrer Grausamkeit kein Leid zufügen wollen. Auch wenn sie ihr das Herz für immer gebrochen hatte.

Nachdem sie auf der Rückseite der Hütte angekommen war, linste sie durch einen Spalt in der Wand. Sie sah, dass sie leer war und ging hinein, um die Schwerter einzusammeln. Doch gerade als sie ihr unter den Dielen verstecktes Schwert hervorholen wollte, hörte sie von draußen Stimmen nahen.

Sie stand auf und lugte durch ein kleines Loch in der Wand. Zu ihrem Erschrecken erblickte sie ihre Mutter und Sartes auf die Hütte zukommend. Ihre Mutter hatte ein blaues Auge und eine geschwollene Wange. Jetzt, da Ceres sah, dass ihre Mutter wohlauf war, musste sie bei ihrem Anblick und dem was sie auf ihrem Gesicht angerichtet hatte, fast grinsen. All die Wut über die Dreistigkeit ihrer Mutter, sie verkaufen zu wollen, wallte wieder in ihr auf.

„Wenn ich dich dabei erwische, wie du für Ceres Essen rausschmuggelst, dann setzt es was, hast du verstanden?“ sagte ihre Mutter schroff als sie und Sartes den Baum der Großmutter passierten.

Als Sartes nicht antwortete, schlug ihre Mutter ihm ins Gesicht.

„Hast du das verstanden Junge?“ sagte sie.

„Ja“, sagte Sartes und blickte mit einer Träne im Auge auf den Boden.

„Und solltest du sie jemals irgendwo sehen, bring sie nach Hause, sodass ich ihr eine Tracht Prügel verpassen kann, die sie ihren Lebtag nicht vergessen wird.“

Sie setzten sich erneut in Richtung Hütte in Bewegung und Ceres’ Herz begann plötzlich wie wild zu schlagen. Sie griff nach den Schwertern und schoss so schnell und leise sie konnte zur Hintertür der Hütte. Gerade als sie hinausschlüpfte, wurde die Vordertür aufgerissen und sie lehnte sich gegen die Außenwand und horchte. Die Wunden der Klauen der Omnikatze brannten auf ihrem Rücken.

„Wer ist dort?“, sagte ihre Mutter.

Ceres hielt den Atem an und schloss ihre Augen.

„Ich weiß, dass du dort bist“, ihre Mutter und wartete. „Sartes geh und schau nach der Hintertür. Sie ist angelehnt.“

Ceres drückte die Schwerter an ihre Brust. Sie hörte die Schritte von Sartes näher kommen und dann öffnete sich die Tür mit einem Ächzen.

Sartes’ Augen wurden weit als er sie sah, und er schnappte nach Luft.

„Ist dort irgendjemand?“ fragte ihre Mutter.

„Ähm… nein“, sagte Sartes, seine Augen füllten sich mit Tränen als sie Ceres’ trafen.

Ceres formte mit den Lippen ein „danke“, und Sartes gab ihr mit der Hand ein Zeichen zu verschwinden.

Sie nickte, und mit schwerem Herzen lief sie zurück Richtung Feld. Die Hintertür schlug zu. Sie würde ein anderes Mal kommen, um ihr Schwert zu holen.

*

Ceres blieb schwitzend vor den Toren des Palastes stehen, ausgehungert und erschöpft hielt sie die Schwerter in der Hand. Die Reichssoldaten standen Wache, erkannten sie aber klar als das Mädchen, dessen Vater üblicherweise die Schwerter lieferte und ließen sie ohne nachzufragen passieren.

Sie rannte über das Kopfsteinpflaster des Hofes und bog hinter einem der vier Türme zu dem Steinhaus des Schmiedes ab. Sie trat ein.

Der Schmied stand neben dem Amboss vor dem knisternden Ofen und schlug auf ein glühendes Schwert ein. Eine Lederschürze schützte ihn vor den umherfliegenden Funken. Der besorgte Ausdruck in seinem Gesicht rief Ceres’ Wachsamkeit auf den Plan. Er war ein fröhlicher und energiegeladener Mann mittleren Alters und machte sich nur selten Sorgen.

Seine verschwitzte Glatze grüßte ihn noch, bevor er bemerkte hatte, dass sie eingetreten war.

„Guten Tag“, sagte er als er sie sah und nickte in Richtung des Werktisches, wo sie ihre Schwerter ablegen sollte.

Sie durchquerte den heißen und verqualmten Raum. Das Metall rasselte, als sie es auf dem verbrannten und zerfurchten Holz des Tisches ablegte.

Er schüttelte sichtlich verstört seinen Kopf.

„Was ist los?“ fragte sie.

Er blickte besorgt auf.

„Ausgerechnet an diesem Tag krank zu werden“, murmelte er,

„Bartholomew?“ fragte sie und sah, dass der junge Waffenhalter der Kampfherren nicht wie gewöhnlich hier war und hektisch die letzten paar Waffen für das anstehende Kampftraining vorbereitete.

Der Schmied hörte auf zu hämmern und blickte bekümmert auf, seine buschigen Augenbrauen waren zusammengezogen.

Er schüttelte seinen Kopf.

„Und dazu noch vor einem Kampftraining“, sagte er. „Und nicht irgendeinem Kampftraining.“ Er versenkte die Klinge in den glühenden Kohlen des Ofens und trocknete sich seine tropfende Braue mit dem Ärmel seiner Tunika ab. „Heute werden die Adligen mit den Kampfherren trainieren. Der König hat zwölf von ihnen auserwählt. Drei von ihnen werden bei den Tötungen antreten.“

Sie verstand nun seine Sorge. Es stand in seiner Verantwortung, die Waffenhalter zu stellen und wenn er das nicht konnte, dann würde seine Anstellung auf dem Spiel stehen. Hunderte von Schmieden warteten nur darauf, seine Stelle zu übernehmen.

„Der König wird nicht erfreut sein, wenn ein Waffenhalter fehlt“, sagte sie.

Er stützte seine Hände auf den dicken Oberschenkeln ab und schüttelte den Kopf. Genau in diesem Moment traten zwei Reichssoldaten ein.

„Wir kommen, um die Waffen abzuholen“, sagte einer und blickte Ceres finster an.

Auch wenn es nicht verboten war, so schickte es sich doch für Mädchen nicht in Waffenschmieden zu arbeiten. Sie waren Männersache. Dennoch hatte sie sich bereits an die abfälligen Bemerkungen und gehässigen Blicke gewöhnt, die sie fast jedes Mal hinnehmen musste, wenn sie die Lieferungen zum Palast brachte.

Der Schmied erhob sich und ging zu drei mit Waffen gefüllten Eimern hinüber, die für das Training vorbereitet worden waren.

„Sie finden hier alle übrigen Waffen, die der König für den heutigen Tag gewünscht hat“, sagte der Schmied zu den Reichssoldaten.

„Und der Waffenhalter?“, fragte einer der Reichssoldaten nach.

Gerade als der Schmied seinen Mund öffnen wollte, hatte Ceres eine Idee.

„Das bin ich“, sagte sie und sie spürte wie Aufregung in ihr wach wurde. „Ich vertrete Bartholomew heute und bis er wieder gesund ist.“

Die Reichssoldaten blickten sie einen Moment lang erschrocken an.

Ceres kniff ihre Lippen zusammen und tat einen Schritt auf sie zu.

„Ich habe mein ganzes Leben lang zusammen mit meinem Vater für den Palast gearbeitet. Wir haben Schwerter, Schilde und viele andere Arten von Waffen hergestellt“, sagte sie.

Sie wusste nicht woher plötzlich dieser Mut kam, aber sie stand aufrecht da und blickte den Soldaten direkt in die Augen.

„Ceres…“, sagte der Schmied und blickte sie mitleidig an.

„Versuchen Sie es mit mir“, sagte sie und verlieh ihrer Forderung Nachdruck, denn sie wollte ihre Fähigkeiten nur zu gerne unter Beweis stellen. „Niemand außer mir kann gerade für Bartholomew einspringen. Und wenn ein Waffenhalter fehlte, wäre der König nicht verärgert?“

Sie war sich zwar nicht sicher, doch sie ging davon aus, dass die Reichssoldaten und der Schmied so ziemlich alles dafür getan hätten, den König froh zu stimmen. Vor allem heute.

Die Reichssoldaten blickten zum Schmied und der Schmied blickte zu ihnen. Dieser dachte einen Moment lang nach. Und noch einen weiteren. Schließlich nickte er. Er legte eine Vielzahl an Waffen auf den Tisch und forderte sie dazu auf, ihr Wissen unter Beweis zu stellen.

„Dann zeig uns, was du kannst Ceres“, sagte der Schmied verschmitzt. „So wie ich deinen Vater kenne, hat er dir wahrscheinlich alles das beigebracht, was du eigentlich nicht wissen solltest.“

„Und noch viel mehr“, sagte Ceres und lachte sich innerlich ins Fäustchen.

Sie ging die verschiedenen Waffen der Reihe nach durch, erklärte wie man sie benutzte und was ihre Vorzüge waren und wie sie für den Einen besser geeignet waren als für den Anderen.

Als sie damit fertig war, blickten die Reichssoldaten zum Schmied.

„Ich nehme an, es ist besser einen weiblichen Waffenhalter zu haben als gar keinen“, sagte der Schmied. „Lasst uns zum König gehen und mit ihm sprechen. Vielleicht wird er es erlauben und einsehen, dass es niemanden sonst gibt.“

Ceres war so begeistert, dass sie beinahe ihre Arme um den Schmied geschmissen hätte als er ihr zuzwinkerte. Die Soldaten erschienen immer noch unsicher, aber da es keine andere offensichtliche Lösung gab, stimmten sie zu, sie mitzunehmen.

Sie folgte den Reichssoldaten durch die Hintertür und betrat den Trainingsplatz des Palastes. Ceres war den Geruch aus Schweiß, Leder und Metall gewohnt und erst recht den Klang von kämpfenden Schwertern und brüllenden Kampfherren. Einen ganz neuen Anblick boten jedoch all die Adligen, die jetzt im Zentrum des Geschehens standen. Sie trugen die neusten und auf Hochglanz polierten Rüstungen und machten den Eindruck als könnten sie eine oder auch ein paar hundert Stunden? Unterricht in der Schwertkunst ganz gut gebrauchen. Ceres hatte das Gefühl, dass sie nicht hierher gehörten. Es widerte sie sogar an, sie hier auf dem Kampfplatz zu sehen und neben ihnen all die Unterherren, Grafen und Hochwohlgeborenen, die ihnen zusahen und sich dabei Berge von Essen einverleibten und aus goldenen Kelchen tranken. Sollen sie doch zu ihren verschwenderischen Festen zurückgehen, dachte Ceres. Besser als gespielter Mut und vermeintliche Ehre.

Einer der Adligen hob sich jedoch vom Rest ab: Thanos. Sie sah, wie er sich windig, graziös und agil bewegte. Zu ihrer Überraschung wirkte er fast so gewieft wie Brennius; außerdem trug er im Gegenzug zu den anderen keine Rüstung. Auch sein Haar sah anders aus als das seiner royalen Mitstreiter. Es war nicht ordentlich zu einem Pferdeschwanz zurückfrisiert, sondern sprang ihm bei jeder Bewegung gelockt und wild ins Gesicht.

Ceres verzog den Mund. Er wusste vielleicht das ein oder andere über das Kämpfen, aber er war auch der hochmütigste unter den Adligen, der stets finster in seine Umgebung blickte und nie den Anschein erweckte, an irgendetwas teilnehmen zu wollen.

Die Wache führte sie zum Thron und als der Schmied dem König Ceres als seinen Ersatzwaffenhalter vorstellte, hielt der König kurz inne und kicherte dann in Richtung seiner Berater, die zu seinen beiden Seiten saßen. Ceres gefiel nicht, dass er sie ansah als sei sie ein Ärgernis, das man schnell loswerden wollte. Doch dann hellte sich das Gesicht des Königs auf als hätte er gerade eine brillante Idee gehabt.

„Da ich auch niemanden anderen wüsste, muss es wohl so sein wie du sagst“, sagte der König zum Schmied. „Ceres, geh und assistiere Prinz Thanos.“

Der König sagte es in einer Weise, die Ceres das Gefühl gab, dass es eine Strafe oder Schande für Prinz Thanos sein sollte, aber ihr war das egal. Auch wenn sie sich nicht sonderlich darüber freute, Waffenhalter für Prinz Thanos zu spielen, so war sie ihm doch zugewiesen worden und konnte ihre Fähigkeiten auf dem königlichen Hof beweisen. Das war mehr als man als Mädchen hätte erhoffen können.

Sie verneigte sich vor dem König und blickte zum Schmied als sie an ihm vorbeiging. Der Schmied nickte ihr zu und sein Gesichtsausdruck verriet, dass er zumindest ein wenig stolz war. Danach begab er sich zurück zu seiner Hütte.

Die Reichssoldaten begleiteten Ceres zu Thanos hinüber. Dieser stand neben einem Tisch. Als Thanos Ceres erblickte wurde sein Blick noch finsterer.

„Also gut“, murmelte er und starrte über das Feld zu seinem Onkel hinüber als würde er fähig sein, Dolche aus seinen Augen schießen zu lassen. Der König warf Thanos ein verächtliches Lächeln zu, das Ceres Vermutung, sie sei eine Art Strafe, bestätigte.

Thanos trat vor Ceres und sie bemerkte wie der Kragen seines Hemdes offen stand und den Blick auf ein paar lockige dunkle Haare auf seiner muskulösen Brust freigab. Ihr stockte der Atem. Er blickte zu ihr und als sich ihre Augen begegneten, traf sie auf einen durchdringenden Blick mit Pupillen schwärzer als Ruß. Dennoch wirkte er nicht einschüchternd auf sie. Vielmehr zog die unendliche Tiefe seiner Augen sie zu ihm hin und machte es so unmöglich wegzusehen.

Erst als er sich dem Augenkontakt entzogen hatte, konnte sie wieder durchatmen und klare Gedanken fassen; sie war noch immer fest entschlossen, ihm zu zeigen, was sie konnte.

„Ich nehme an, dass ich dir trauen kann, wenn der Schmied dich in den höchsten Tönen lobt“, sagte Thanos als sie die Waffen nacheinander auf dem hölzernen Tisch auslegte.

Auch wenn sie ein Mädchen war und auch wenn Thanos zweifellos intelligent genug war zu erkennen, dass sich sein Onkel hier einen gemeinen Spaß erlaubte, so überraschte es sie doch, dass er ihr eine Chance gab.

„Ich werde mein bestes geben, Sir“, sagte sie und legte ein Schwert auf das Holz.

Er blickte sie an, seine aufmerksamen Augen studierten sie eingehend, sodass sie sich unwohl fühlte.

„Solche Formalitäten sind hier unangebracht. Thanos ist völlig ausreichend“, sagte er.

Sie war erneut von seiner unkomplizierten Art überrascht. Hatte sie ihn falsch eingeschätzt? War er nicht der arrogante, selbstgerechte und undankbare junge Mann, den sie sich vorgestellt hatte?

Nachdem sie alle Waffen ausgelegt hatte, verlas ein Kaisersoldat die Kampfregeln. Sie würden zuerst einigen Kampfherren zusehen, bevor die königliche Auswahl an die Reihe käme. Der Kaisersoldat rief Lucious auf und ein blonder, muskulöser, wenn auch etwas schlaksiger junger Mann trat vor einen der Kampfherren. Thanos lehnte sich nach vorne.

„Ich bezweifle, dass Lucious lange durchhalten wird“, flüsterte er.

„Warum glaubst du das?“ fragte Ceres und wunderte sich, warum er sich einer Fremden gegenüber so negativ über einen seiner Kumpane äußern würde.

„Das wirst du gleich sehen.“

Thanos zog die rechte Seite seiner Lippe nach oben. Ceres gefiel, dass er mit ihr sprach als wären sie sich gleich.

Noch bevor der Kampf begann, wusste Ceres, dass Thanos Recht hatte. Die Füße von Lucious standen zu nahe zusammen, sein Griff um das Schwert war zu schwach und seine Augen nicht fokussiert genug. Es wäre vorsichtig gesagt peinlich ihm dabei zuzusehen, wie er recht schnell gegen solch einen Krieger verlieren würde.

Mit dem ersten Kontakt der Schwerter blickte Ceres nach oben in den bedeckten Himmel. Sie wandte ihren Blick nicht vom Himmel ab während sie das Stöhnen der Kämpfer und das Klirren des Metalls hörte. Der Kampf ging weiter und Ceres wunderte sich bereits, ob sie Lucious unterschätzt hatte. Zumindest schien er einigen Kampfgeist zu besitzen, wenn auch sonst nichts.

Aber als Lucious wenige Minuten nach Beginn des Kampfes zu schreien begann und die Zuschauer erschrocken zu murmeln begannen, konnte sie nicht anders und richtete ihren Blick wieder auf die Kämpfer. Lucious lag auf dem Boden, er hielt die Klinge seines Schwertes mit einer Hand und den Griff mit der anderen. Er hatte Mühe das Schwert des Kampfherren von seinem Gesicht fernzuhalten. Blut tropfte von seinem Arm und er bettelte winselnd, den Kampf zu beenden.

„Genug!“, sagte der König und der Kampfherr trat zurück.

Lucious’ Waffenhalter kam zu ihm herübergerannt und bat ihm eine Hand an, doch Lucious schlug sie nur fort.

„Ich kann alleine aufstehen!“ pfiff er keuchend durch zusammengebissene Zähne und spuckte dabei allerlei Unanständigkeiten aus.

Lucious hielt sich seine verletzte Hand und rollte sich auf den Bauch, bevor er aufstand.

„Ich habe doch gesagt, dass ich das hier nicht will!“ schrie er dem König entgegen. „Sehen Sie was passiert ist. Sie haben einen Idioten aus mir gemacht.“

Er stürmte über den Platz und verschwand durch den gewölbten Eingang im Palast. Die meisten der Blaublütigen hatten keinen Ton von sich gegeben, doch einige von ihnen lachten.

„Immer das gleiche Drama mit Lucious“, sagte Thanos und rollte mit den Augen.

„Es folgen Thanos und Oedifus“, verkündete ein Kaisersoldat.

„Bist du bereit?“ fragte Thanos Ceres.

„Ja. Du auch?“ erwiderte sie.

Er hielt kurz inne und blickte sie von der Seite an, bevor er antwortete: „Immer. Ich werde mit Dreizack und Schild anfangen.“

Sie gab ihm den Schild und nachdem sie es an seinem Arm befestigt hatte, gab sie ihm auch den Dreizack. Ihr Puls beschleunigte sich als sie ihn in die Mitte der Übungsarena gehen sah. Sie hoffte, dass er gewinnen würde, auch wenn ihr das als eher unwahrscheinlich erschien. Man konnte einen Kampfherrn nicht einfach besiegen, vor allem nicht und davon ging Ceres aus, wenn man so wenig Erfahrung hatte wie diese Adligen.

Der Kampfherr war ungefähr genauso groß wie Thanos, doch waren seine Muskeln geradezu monströs, wie Ceres feststellen konnte. Seine Arme waren von Narben bedeckt, sein Gesicht von früheren und ungleichmäßig verheilten Wunden entstellt und er knurrte bei Thanos’ Anblick noch bevor das Duell begonnen hatte.

Thanos wagte den ersten Angriff und Ceres konnte sehen, dass er ein hervorragender Kämpfer war. Im Laufe des Duells gelang es dem Kampfherrn nicht, Thanos kleinzukriegen. So sehr er es auch versuchte, Thanos war zu wendig und flink, so schnell wie eine Klapperschlange beim Angriff und besaß die Stärke einer Omnikatze. Er schien nicht nur die Gedanken seines Gegners lesen zu können, sondern seine Füße waren auch so geschickt wie die eines trainierten Tänzers.

Während des gesamten Zweikampfes war Thanos dem Kampfherrn immer einen Schritt voraus, was die Zuschauer dazu veranlasste, ihm begeistert zuzujubeln. Ceres fand, dass der Dreizack eine gute Wahl für ihn gewesen war, von der Art seiner Bewegungen glaubte sie jedoch, dass erst das Langschwert ihm den Sieg bringen würde.

In der nächsten Sekunde ging der Kampfherr in die Hocke und holte mit einer Drehbewegung seines Beins über dem Sand aus. Er schlug Thanos die Füße unter den Beinen weg, sodass dieser auf seinem Rücken landete. Er sprang sofort wieder auf die Beine, doch sein Dreizack lag nun in einigen Metern Entfernung.

Schneller als sie denken konnte, nahm Ceres das Langschwert und schrie: „Thanos!“

Er blickte zu ihr und sie warf ihm das Schwert zu. Er fing es in der Luft auf und ließ keine Sekunde verstreichen, um damit gegen den Kampfherrn vorzugehen. Funken sprühten als Metall auf Metall traf. Beim Anblick von Thanos’ angespanntem Gesicht und dem Spiel seiner Muskeln ballte Ceres die Fäuste zusammen und hielt den Atem an.

Der Kampfherr wich stolpernd und keuchend immer weiter zurück, Speichel quoll aus seinen Mundwinkeln, doch Thanos gab nicht nach. Er schlug dem Kampfherrn das Schwert aus der Hand und beförderte ihn auf den Boden, sodass Thanos schließlich über ihm stand und ihm sein Schwert an den Hals hielt.

Mit weit aufgerissenen Augen und rasendem Herzen jubelte Ceres zusammen mit dem Rest der Menge.

Thanos blickte zum König und sah, dass sein Gesicht wie versteinert war. Der König kniff die Augen zusammen und lehnte sich flüsternd zu einem seiner Berater auf der rechten Seite hinüber. Mit dem Nicken seines Onkels senkte Thanos das Schwert und verließ den Trainingsplatz.

Er lief auf sie zu, Bewunderung und Verwunderung spiegelten sich jetzt in seinen Augen. Er blickte sie einige Sekunden lang stumm und schwer atmend an. Dann sprach er.

„Wie hast du gewusst, welche Waffe ich brauchte?“ fragte er und wischte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn.

„Es war die Art deiner Bewegungen“, sagte sie. „Es sah einfach so aus, als würde das Langschwert die richtige Wahl sein.“

Noch immer keuchend beobachtete er sie eingehend und nickte.

Dann durchquerte er die Trainingsfläche in Richtung Palast. Ceres war für einen Moment unsicher, wie sie sowohl sein seltsames Verhalten als auch das Fehlen weiterer Instruktionen zu verstehen hatte. Sollte sie hier stehen bleiben? Sollte sie auch gehen? Sie entschied sich zu warten bis man ihr sagte, dass es nichts weiter zu tun gäbe.

Einige Minuten später und während der nächsten Runde trat ein Diener an sie heran.

„Für Sie, gnädige Frau“, sagte er und hielt ihr ein kleines Säckchen unter die Nase. „Eine Aufmerksamkeit von Prinz Thanos. Der Prinz würde Sie gerne als seinen neuen Waffenhalter einstellen, sofern Sie denn wollen. Wenn Sie das Angebot annehmen, bittet er Sie morgen eine Stunde vor Sonnenaufgang wieder hier zu sein.“

Ceres streckte ihre Hand aus und nachdem sie das Säckchen in Empfang genommen hatte, öffnete sie es, um darin fünf Goldstücke zu finden. Im ersten Augenblick war sie vor Freude so überwältigt, dass es ihr die Sprache verschlug, doch als der Diener sie erneut fragte, ob sie das Angebot annehmen wollte, sagte sie ja.

„Es steht Ihnen nun frei zu gehen, gnädige Frau“, sagte er, wirbelte herum und lief zurück in den Palast.

„Danke“, sagte sie und bemerkte, dass niemand mehr da war, um sie zu hören. Sie blickte zum Ostturm auf und sah Thanos dort stehen und sie beobachten. Er nickte ihr zu und lächelte bevor er wieder im Inneren verschwand.

Mit leichtem Herzen lief sie aus dem Palast in Richtung Zuhause, von dort wollte sie nun endlich ihr Schwert holen. Sie hatte außerdem vor, ihren Brüdern ohne das Wissen der Mutter das gerade verdiente Geld zuzustecken. So würde Ceres auch Gelegenheit haben, sich von ihnen zu verabschieden.

Endlich war sie gewollt.

Endlich hatte sie ein Zuhause.