Kitabı oku: «Sklavin, Kriegerin, Königin », sayfa 9

Yazı tipi:

Er kletterte wieder auf die Füße, sein Kopf drehte sich und plötzlich spürte er einen scharfen Schmerz in seinem Arm, warmes Blut rann ihm aus der frischen Fleischwunde. Er schrie auf.

Nach einem Moment konnte er wieder klar sehen und er trieb sein Schwert in den Unterleib des Riesen. Der Reichssoldat fiel auf seine Knie und Rexus trat einen Schritt zur Seite, bevor der Soldat mit dem Gesicht zuerst auf dem Boden krachte.

Schreie drangen an sein Ohr und er blickte auf und sah die Wägen und die darin eingepferchten Erstgeborenen in weniger als zehn Meter Entfernung. Er rannte zu ihnen hinüber. Mehrere Reichssoldaten mussten auf dem Weg dran glauben, doch dann zerschlug er das Schloss der ersten Wagentür.

„Kämpft mit uns!“ schrie er als die jungen Männer herausströmten. „Gewinnt euch eure Freiheit!“

Rexus rannte zum nächsten Wagen und dann zum nächsten. Er zerschlug die Schlösser, befreite alle Erstgeborenen und lud sie sogleich zum Kämpfen ein. Die Meisten von ihnen hoben die Schwerter von gefallenen Soldaten auf und traten in die Schlacht ein.

Als der Nebel sich lichtete musste Rexus bestürzt erkennen, dass einige seiner Männer gefallen waren. Sie lagen auf dem Kopfsteinpflaster, seine Verbündeten in Ewigkeit, doch seine Freunde nicht mehr. Doch zu seiner großen Freude waren viel mehr Reichssoldaten gefallen.

„Rückzug!“ brüllte Rexus, denn er hatte erreicht, was er hatte erreichen wollen.

Ein Horn erscholl durch den Nebel, es hallte in den Straßen wider und seine Leute flohen vor der Schlacht. Sie zerstreuten sich in den Gassen und Hauptstraßen, sie hoben die Hände empor und schrien ihren Sieg heraus, der in den Straßen widerhallte.

Er blickte in die Gesichter der Lebenden, die zu Freunden fürs Leben geworden waren und er konnte das zärtliche Feuer in den Augen eines jeden erkennen. Es war der Geist der Revolution. Schon bald würde dieses Flackern zu einem Inferno werden und das gesamte Reich niederbrennen.

Alles würde sich von nun an ändern.

KAPITEL FÜNFZEHN

Ceres saß auf dem kalten Kerkerboden und beobachtete den kleinen Jungen neben ihr, der sich vor Schmerzen wand und sich fragen musste, ob er wohl überleben würde. Er lag auf dem Bauch, seine weiße Haut schimmerte im Halbdunkel und seine Augen waren halb offen. Er war auf dem Markt ausgepeitscht worden und versuchte sich nun davon zu erholen. Er wartete auf seinen Schuldspruch so wie jeder andere im Kerker.

So wie sie.

Sie blickte um sich in der mit Männern, Frauen und Kindern gefüllten Zelle. Einige waren an die Mauer gekettet, während andere frei im Raum umherwanderten. Es war dunkel hier drinnen und der Uringestank war noch stärker als in dem Sklavenwagen, denn kein Luftzug konnte den Geruch heraustragen. Die Steinmauer war von Schmutz und getrocknetem Blut überzogen. Die Decke über ihnen wog auf ihnen wie das Gewicht der gesamten Erde, denn sie war gerade hoch genug, dass Ceres darin stehen konnte. Der Boden war von Exkrementen und Mäusekot bedeckt.

Ceres blickte erneut besorgt zu dem Jungen. Er hatte seine Position kaum verändert, seitdem sie ihn gestern hier hineingeworfen hatten. Doch seine Brust hob und senkte sich unter leisen Atemzügen.

Die Sonne schickte einige Strahlen durch das vergitterte Fenster und sie sah, dass seine Wunden mit dem Stoff seiner Tunika zusammentrockneten. Ceres wollte etwas – irgendetwas – tun, um seine Schmerzen zu lindern, doch sie hatte ihn bereits mehrere Male gefragt, ob sie ihm helfen könne und er hatte ihr nicht geantwortet, nicht einmal seine blassblauen Augen hatten geblinkert.

Ceres stand auf und kauerte sich in eine Ecke, ihre Augen waren von den Tränen verquollen, ihr Mund und Hals kratzten durstig. Sie hätte ihm nicht ins Gesicht schlagen sollen, das wusste sie, doch was sie getan hatte, war lediglich eine Reaktion gewesen.

Würde Thanos sie hier rausholen? Oder waren seine Versprechen genauso leer wie die all der anderen Adligen?

Die schwangere Frau, die ihr gegenüber saß, strich über ihren geschwollenen Bauch und stöhnte leicht. Ceres fragte sich, ob sie zu Zwangsarbeit verurteilt würde. Vielleicht musste die Frau in diesem Drecksloch ihr Kind zur Welt bringen. Sie blickte wieder zu dem kleinen Jungen und ihr Herz schmerzte beim Gedanken, dass es nicht viele Jahre her war, dass Sartes so groß gewesen war und sie erinnerte sich daran, wie sie ihm Schlaflieder vorgesungen hatte, damit er einschlafen konnte.

Sie straffte ihre Haltung als sie die Silhouetten von zwei Gefangenen bemerkte, die sich ihr näherten.

„Kennst du diesen Jungen?“ fragte eine Stimme barsch.

Ceres sah auf. Einer der Männer hatte ein schmutziges Gesicht mit Bart und verärgerte blaue Augen. Der andere hatte eine Glatze und war so muskulös wie ein Kampfherr, die Haut unter seinen Augen war mit verschlungenen schwarzen Tattoos bedeckt.

Der bullige der Beiden knackte mit seinen Fingerknochen und die Kette um seinen Knöchel rasselte bei jeder seiner Bewegungen.

„Nein“, sagte sie und schaute weg.

Der Mann mit Bart stützte beide Hände an der Wand hinter ihr ab und kesselte sie so ein. Sein widerlicher Atem schlug ihr ins Gesicht.

„Du lügst“, sagte er. „Ich habe gesehen, wie du ihn angeschaut hast.“

„Ich lüge nicht“, sagte Ceres. „Und selbst wenn, dann würde es für dich oder irgendjemanden sonst hier doch keinen Unterschied machen. Wir würden noch immer in diesem Loch feststecken und auf unsere Bestrafung warten.“

„Wenn wir dich etwas fragen, dann erwarten wir eine ehrliche Antwort“, sagte der Mann mit den Tattoos und trat einen Schritt voran, so dass seine Kette wieder rasselte. „Oder haltet ihr zwei euch für etwas Besseres?“

Ceres wusste, dass es nichts nützen würde, nett zu den Zweien zu sein oder ihnen auszuweichen. Sie würden sie nicht in Ruhe lassen.

Sie duckte sich schnell, glitt unter den Armen des einen hindurch und spurtete auf die andere Seite des Raumes. Dort konnten die Ketten sie nicht erreichen. Doch sie kam nicht besonders weit.

Der Mann mit den Tattoos hob sein Bein und die daran befestigte Kette. Ceres Beine verfingen sich darin und sie fiel mit dem Gesicht zuerst auf den Boden. Der Mann mit dem Bart trat dem kleinen Jungen auf den Rücken, sodass er vor Schmerzen aufschrie.

Ceres versuchte aufzustehen, doch der Tattoo-Mann wandte seine Kette um ihren Hals und begann daran zu ziehen.

„Lasst den Jungen… in Ruhe“, würgte sie hervor.

Die Schreie des Jungen waren ihr wie ein Stich ins Herz. Sie zerrte an der Kette und versuchte, sich zu befreien.

Der Tattoo-Mann zog aber immer stärker und bald konnte sie nicht mehr atmen.

„Du machst dir Sorgen, nicht wahr? Jetzt wird der Junge verbluten, weil du gelogen hast“, sagte der Bärtige.

Er gab dem Jungen einen raschen Tritt in den Rücken. Der Schrei des Kindes erfüllte die überfüllte Zelle. Die anderen Gefangenen drehten sich weg oder weinten still vor sich hin.

Ceres spürte wie ihr Körper erwachte, Energie stieg wie ein Sturm in ihr auf. Ohne überhaupt zu wissen was sie tat, floss die Kraft in ihre Hände und riss die Kette entzwei.

Der Bärtige starrte sie an als hätte er der Wiederauferstehung eines Toten beigewohnt.

Von den Ketten befreit, nahm Ceres die Kette auf und schlug mit ihr auf den Bärtigen ein, immer und immer wieder bis er kauernd in einer Ecke lag und um Gnade winselte.

Die neuerwachte Energie ließ sie herumwirbeln und sich dem Tätowierten stellen. Sie spürte wie diese Kraft jede ihrer Körperzellen durchdrang und ihr die Kraft gab, die Angreifer zu überwältigen.

„Wenn du ihn oder mich oder irgendjemand anderen hier noch einmal anfassen solltest, dann werde ich dich mit meinen bloßen Händen umbringen, hast du das verstanden?“ sagte sie und zeigte auf ihn.

Aber er knurrte nur und stürmte auf sie zu. Sie hob ihre Hand und spürte die brodelnde Hitze in ihr brennen. Ohne ihn auch nur zu berühren, flog er durch den Raum und prallte mit einem Knall gegen die Wand hinter ihm. Er brach auf dem Boden ohnmächtig zusammen.

Eine spannungsgeladene Stille stellte sich ein, und Ceres spürte alle Blicke auf sie gerichtet.

„Was für eine Kraft war das?“ fragte sie schwangere Frau.

Ceres blickte zu ihr, dann zu den anderen; jeder im Raum blickte verdutzt drein.

Der kleine Junge setzte sich wimmernd auf und Ceres kniete sich neben ihn.

„Du musst dich ausruhen“, sagte sie.

Jetzt, da der Stoff von dem Rücken des Jungen heruntergerissen worden war, konnte sie neben dem Blut auch Eiter sehen und sie wusste, dass, wenn seine Wunden nicht gereinigt würden, dann würde er an einer Infektion sterben.

„Wie hast du das gemacht?“ fragte der Junge.

Alle Augen waren noch immer auf Ceres gerichtet, und jeder wollte die Antwort auf diese Frage hören.

Doch es war eine Frage, auf die sie selbst gerne eine Antwort gewusst hätte.

„Ich… weiß es nicht“, sagte sie. „Es hat… mich einfach überwältigt, als ich gesehen habe, was er mit dir vorhatte.“

Der Junge hielt inne und legte sich wieder hin, seine Augen waren matt. Er sagte: „Danke.“

„Ceres“, flüsterte jemand plötzlich aus der Dunkelheit. „Ceres!“

Ceres drehte sich um und schaute durch die Gitterstäbe. Die Fackeln des Ganges umrissen die Silhouette einer Person mit Kapuze. War es ein Diener, den Thanos geschickt hatte?

Darauf bedacht, niemandem auf die Finger oder Zehen zu treten, tastete sich Ceres in Richtung des Fremden vor. Er zog seine Kapuze vom Kopf und sie erblickte mit großem Erstaunen und Verwunderung ihren Bruder Sartes.

„Wie hast du mich gefunden? Was machst du hier?“ fragte sie. Ihre Finger umklammerten die Stäbe und sie verspürte Freude und Furcht zur gleichen Zeit.

„Der Schmied hat mir gesagt, dass du hier sein würdest“, flüsterte er mit Tränen in den Augen. „Ich hab mir solche Sorgen um dich gemacht.“

Sie schob eine Hand durch die Gitterstäbe und presste ihre Hand gegen seine Wange.

„Du lieber Sartes, mir geht es gut.“

„So sieht es aber nicht aus“, sagte er. In seinem Gesicht stand Ernsthaftigkeit.

„Es ist schon okay. Wenigstens haben sie bisher nicht vor…“

Sie zögerte das Unaussprechliche über die Lippen zu bringen, denn sie wollte Sartes nicht beunruhigen.

„Wenn sie dich umbringen Ceres,… dann… dann werde ich…“

„Hör auf damit. Das werden sie nicht.“ Sie senkte ihre Stimme, bevor sie flüsterte: „Was ist mit der Rebellion?“

„Gestern gab es im Norden von Delos eine Schlacht, eine große. Wir haben gewonnen.“

Sie lächelte.

„Es geht also los“, sagte sie.

„In diesem Augenblick kämpft Nesos an der Front. Er ist gestern verletzt worden, aber nicht genug, um ihn zu Hause zu halten.“

Ceres musste schmunzeln.

„Durch nichts kleinzukriegen. Und Rexus?“ fragte sie.

„Ihm geht es auch gut. Er vermisst dich.“

Es rührte Ceres beinahe zu Tränen, Sartes das sagen zu hören. Wie sehr auch sie Rexus vermisste.

Sartes lehnt sich näher zu ihr hin. Sein Umhang bedeckte seinen Arm und als sie nach unten blickte,  spürte sie einen scharfen, kalten Gegenstand in ihrer Hand – einen Dolch. Ohne ein Wort zu sagen, nahm sie den Dolch, steckte ihn in ihren Hosenbund und ließ ihn unter ihrem Hemd verschwinden.

„Ich muss gehen, bevor mich jemand sieht“, sagte Sartes,

Sie nickte und streckte sehnsuchtsvoll ihre Arme durch die Stäbe.

„Ich hab dich lieb Sartes. Vergiss das nicht.“

„Ich dich auch. Mach’s gut.“

Gerade als er im Gang verschwunden war, sah sie einen Wärter näherkommen. Sie kauerte sich wieder in die Ecke neben den Jungen und strich ihm über sein Haar. Der Wärter schloss die Tür auf und trat in die Zelle.

„Hört zu ihr Gauner. Die Namen derjenigen, die übermorgen hingerichtet werden: Apollo.“

Der Junge keuchte und Ceres spürte, dass er unter ihren Händen zu zittern begann.

„…Trinity…“ fuhr der Wärter fort.

Die schwangere Frau kauerte sich zusammen und schlang ihre Arme um den dicken Bauch.

„…Ceres…“

Ceres spürte, wie Panik sie ergriff.

„…und Ichabod.“

Ein am anderen Ende der Zelle angeketteter Mann vergrub das Gesicht in seinen Händen und weinte leise.

Der Wärter machte kehrt, verließ die Zelle und schloss hinter sich zu. Seine schweren Schritte, die im Gang verhallten, waren das einzige, was zu hören war.

Mit diesen wenigen Worten war ihr Tod nun Gewissheit.

KAPITEL SECHZEHN

Thanos stürmte in den Thronsaal. Er umklammerte eine Schriftrolle, die vom König unterzeichnet worden war – das schreckliche Dokument, das Ceres’ Todesurteil enthielt. Das Herz hämmerte in seiner Brust als er den weißen Marmorboden entlangdonnerte. Er tobte vor Wut.

Thanos hatte immer gefunden, dass der Saal unverhältnismäßig groß war. Die mit Bögen geschmückte Decke war übertrieben hoch und der Weg von der massiven Bronzetür bis hin zu den zwei Thronsesseln am anderen Ende war nichts als Verschwendung. Oder vergifteter Raum. Der Thronsaal war der Ort, an dem alle Gesetze und Regeln gemacht wurden und für Thanos war es der Ort, von dem die herrschende Ungerechtigkeit herrührte.

Berater und andere Hochwohlgeborene saßen auf aufwendig geschnitzten Stühlen zwischen den roten Marmorsäulen zu beiden Seiten des Raumes. Sie trugen teure Kleider und drehten an ihren goldenen Ringen. Die unterschiedlichen Farben ihrer Schärpen zeigten ihren Rang an, den sie stolz zur Schau trugen.

Die Sonne schien durch das Buntglas der Fenster und blendete ihn bei jedem Schritt. Doch seine Augen blieben auf den König gerichtet, der auf einem goldenen Stuhl am Ende des Raumes saß. Schon stand Thanos am Fuße der Treppe, die zu den Thronstühlen führte. Er schmiss das Hinrichtungsurteil vor die Füße des Königs und der Königin, die gerade mit dem Handelsminister sprachen.

„Ich fordere, dass Sie diese Anordnung sofort zurücknehmen!“, sagte Thanos.

Der König blickte mit müden Augen auf.

„Warte, bis du dran bist, Neffe.“

„Ich habe keine Zeit. Ceres soll morgen hingerichtet werden!“, sagte Thanos.

Der König schniefte verärgert und scheuchte den Minister weg. Nachdem der Minister gegangen war, blickte der König zu Thanos.

„Ceres, mein Waffenhalter, wenn ich Sie darauf aufmerksam machen darf, ist von Lucious in den Kerker geschmissen worden und jetzt ist sie zum Tode verurteilt worden?“, sagte Thanos.

„Ja, sie hat einen Adligen geschlagen und darauf steht laut Gesetz die öffentliche Hinrichtung“, sagte der König.

„Sind Sie darüber unterrichtet worden, dass Lucious zuerst Hand angelegt hatte? Und das nur, weil sie ihn in einem Schwertkampf besiegt hat, zu dem er sie gezwungen hat?“

„Woher weiß diese Bürgerliche, wie man mit dem Schwert kämpft?“ fragte die Königin. „Das ist gegen die Gesetze des Landes.“

Der König nickte und die Berater murmelten zustimmend.

„Ihr Vater hat am Palast als Schmied gearbeitet“, sagte Thanos.

„Wenn er ihr beigebracht hat, wie man mit dem Schwert umgeht, dann sollen sie beide auf der Stelle hingerichtet werden“, sagte die Königin.

„Wie kann man ein guter Schwertschmied sein, wenn man nicht weiß, wie man mit einem Schwert umgeht“, erwiderte Thanos. „Der Beruf des Schwertschmiedes steht auch Frauen offen.“

„Hier geht es nicht darum, Schmied oder Schwertkämpfer zu sein, Thanos. Hier geht es um eine Bürgerliche, die einen Adligen auf königlichem Boden angegriffen hat“, sagte der König.

Die Königin legte eine Hand auf die des Königs.

„Wenn ich nicht wüsste, dass Thanos Stephania versprochen ist, würde ich fast glauben, dass er Interesse an diesem Mädchen zeigt“, sagte er.

„Ich hege kein Interesse für sie, abgesehen davon, dass sie der beste Waffenhalter ist, den ich jemals gehabt habe“, log Thanos.

„Stephania hat gesagt, dass sie dich mit ihr auf dem Übungsplatz gesehen hat… Was war noch der Name des Mädchens?“ fragte die Königin.

„Ceres“, sagte Thanos.

„Ja, Ceres. Und Stephania hat gesagt, dass du ihren Arm gehalten hast.“

„Das Mädchen hat kein Zuhause und deshalb habe ich ihr angeboten, im Sommerhaus für einige Zeit zu bleiben“, sagte Thanos.

„Und wer hat dir das erlaubt?“ fragte die Königin.

„Sie wissen genauso gut wie ich, dass es das Haus meiner Eltern war und es seit ihrem Tod leer steht“, sagte Thanos.

„Stephania ist eine intelligente und ehrenhafte junge Frau und sie sagt, dass sie dem seltsamen Mädchen nicht traut. Hat Ceres irgendwelche Zeugnisse? Offizielle Papiere? Sie könnte eine Mörderin sein, die für die Rebellion arbeitet“, sagte die Königin sich immer mehr in die Sache hineinsteigernd.

„Meine Liebe, wir sollten realistisch bleiben. Glaubst du wirklich, dass die Rebellion einen weiblichen Kämpfer schicken würde?“, sagte der König.

„Vielleicht nicht“, antwortete die Königin. „Vielleicht aber doch und sie würden denken, dass ein leichtgläubiger Prinz wie Thanos solch einer rohen Person und Kriegerin erliegen würde, um Zugang zu seiner Familie zu erhalten.“

„Wie auch immer. Das Mädchen hat ihr Urteil bekommen und um die Ehre von Lucious zu bewahren, wird es auch ausgetragen werden“, sagte der König.

„Ihnen war es auch egal, was aus ihm wird als Sie ihn zu den Tötungen geschickt haben!“, sagte Thanos.

Der König rutschte auf die Stuhlkante vor und deutete auf Thanos, seine Augen funkelten böse.

„Junge, du lebst in unserem Palast. Die Gnade und der Großmut der Königin und des Königs werden dir zuteil. Willst du uns schon wieder herausfordern?“ fragte er.

Thanos deutete auf das Reichsbanner zur Rechten des Königs.

„Freiheit und Gerechtigkeit für jeden Bürger!“ schrie er und seine Stimme hallte im Raum wider. „Ist liegt in der Verantwortung der Landesführung die Freiheit der Bürger zu schützen und Gerechtigkeit walten zu lassen. Das ist keine Gerechtigkeit.“

„Hör mit diesem Unsinn auf“, sagte der König. „Die Entscheidung ist gefallen und es spielt keine Rolle, wie sehr du bitten und betteln wirst.“

„Dann müssen sie auch Lucious einsperren und hinrichten lassen für das, was er getan hat“, sagte Thanos.

„Auch wenn ich um den Verlust von Lucious nicht eine Sekunde trauern würde, so muss ich doch den Gesetzen des Landes folgen“, sagte der König. „Solltest du meiner Entscheidung in irgendeiner Form in die Quere kommen, so wirst du vom Hof verbannt werden. Verschwinde jetzt, ich habe Wichtigeres zu tun.“

Thanos kochte vor Wut, drehte sich auf den Fußsohlen um und stürmte aus dem Thronsaal. Das Blut pulsierte in seinen Ohren.

Er marschierte nach draußen zum Übungsplatz und nahm ein Langschwert. Er reagierte sich an einer Attrappe ab, bis nur noch ein hölzerner Stumpf übrig war und auch den schlug er mit einem Satz noch ab.

Dort stand er mit dem Schwert in seinen Händen, nur sein Brustkorb hob und senkte sich und dann schleuderte er mit aller Kraft die Waffe in den Palastgarten.

Wie konnte der König nur glauben, dass er gerecht handelte? Gerechtigkeit bedeutete, dass jeder Mensch die gleichen Rechte, Privilegien und Strafen genoss, und Thanos wusste, dass das nicht der Fall war.

Er ging zu der Gartenlaube und sank auf einer Bank nieder, seine Schläfe ruhte in seiner Hand.

Ceres – was war sie für ihn? Warum brauchte er sie so sehr wie die Luft zum Atmen? Mit ihren grünen Augen, die geheimnisvoll funkelten, ihren blassen rosa Lippen, die Worte sprachen, die er niemals müde sein würde zu hören und mit der ruhigen Stärke ihres geschmeidigen Körpers, der gleichzeitig verletzlich wirkte, war sie wie ein frischer Atemzug in sein Leben gekommen. Sie war anders als die Mädchen am Hof, die über Belangloses schwatzten und Gerüchte verbreiteten, nur um selbst besser dazustehen. Ceres strahlte diese Tiefe aus und jeder Teil von ihr war so wahrhaftig und ohne den leisesten Zug von Anmaßung. Und es wirkte so, als wüsste sie, was er brauchte, noch bevor er es selber tat – ein sechster Sinn vielleicht?

Er stand auf und lief in der Laube mehrere Minuten auf und ab. Er fragte sich, was er jetzt tun sollte.

Als sie vor den Toren des Stadions gestanden und auf die Tötungen gewartet hatten, hatte er sie gefragt, ob er ihr sein Leben anvertrauen konnte. Sie hatte das bejaht. Auch wenn ihre Stimme einen Moment mit der Antwort gezögert hatte, so wusste er, dass sie ihr Leben für ihn geben würde, wenn es jemals notwendig würde.

Wenn er sie rettete, dann würde er aus dem Palast geschmissen. Wenn er sie ihrem Schicksal überließ, dann würde er nicht mehr weiterleben können.

Er straffte seine Haltung und atmete tief ein.

Er wusste, was zu tun war.

KAPITEL SIEBZEHN

Ihrer Erschöpfung und schweren Augen und Glieder zum Trotz hatte Ceres die ganze Nacht nicht schlafen können. Sie konnte durch das kleine vergitterte Fenster das beginnende Morgengrauen sehen und sie wünschte, es aufhalten zu können. Mit dem Morgen brachen ihre letzten Momente an und sie wusste, dass sie in weniger als einer Stunde tot sein würde.

„Hast du Angst?“ fragte Apollo dessen Kopf in ihrem Schoss ruhte, während sie über sein Haar strich.

Sie blickte zu ihm und wollte lügen. Aber sie konnte es nicht.

„Ja. Was ist mit dir?“, sagte Ceres.

Er nickte mit einer Träne im Auge.

Sie konnte fühlen, wie er unter ihren Händen zitterte oder war es ihre Hand, die zitterte?

Die schwangere Frau blickte mit wachen Augen zu Ceres. Schritte hallten zunächst schwach im Gang wider. Dann kam das ferne Geräusch immer näher, bis Ceres nichts als den Klang von marschierenden Männerfüßen hören konnte und noch bevor sie es wusste, standen die Wärter vor ihrer Zelle und schlossen die Tür auf.

„Apollo, Trinity, Ceres und Ichabod mitkommen“, sagte er. Weitere Reichssoldaten warteten hinter ihm.

Mit Händen, die ihr kaum gehorchen wollten, half Ceres Apollo beim Aufstehen. Er reichte ihr gerade einmal bis kurz über die Hüfte. Was für eine Schande, dass er niemals zu einem vollen Mann heranreifen würde, dachte sie.

Als sie ihn losließ, gaben seine Beine unter ihm nach, und er brach auf dem Boden zusammen.

„Tut mir leid“, sagte Apollo mit traurigen Augen.

Sie kniete sich neben den Jungen. Tränen brannten ihr in den Augen und Ceres warf dem Wärter einen bösen Blick zu als sie Apollo wieder auf die Füße half. Darauf bedacht, die Wunden auf seinem Rücken nicht zu berühren, stützte sie ihn auf ihrem Weg durch den vom Fackellicht schwach erleuchteten Gang. Die beiden anderen Gefangenen folgten ihnen.

Der Wärter packte Apollo und schob ihn nach vorne, sodass er, von zwei Soldaten gehalten, nicht zusammenbrechen konnte. Ceres, die versuchte ihre schlotternden Beine unter Kontrolle zu bringen, folgte auf ihn. Hinter ihr liefen Trinity und der alte Ichabod. Die Ketten rasselten als die Reichssoldaten Ceres und den anderen Fesseln um Knöchel und Handgelenke anlegten. Zwei Reichssoldaten geleiteten danach jeweils einen Gefangen weiter. Trinity schaukelte vor und zurück und hielt ihren Bauch. Dann hörte Ceres sie ein altes Wiegenlied anstimmen – genau das Wiegenlied, das Ceres immer Sartes vor dem Einschlafen vorgesungen hatte.

Ceres konnte nicht länger ihre Tränen zurückhalten und beim Gedanken an ihre Brüder und Rexus war es als würde ihr Herz in zwei Teile zerbrechen. Sie würde sie niemals wiedersehen, niemals wieder mit ihnen Scherze machen, niemals wieder Brot mit ihnen brechen oder mit ihnen rangeln. Das waren solch glückliche Zeiten gewesen, auch wenn sie durch die Grausamkeiten ihrer Mutter getrübt worden waren. Doch sie liebte sie und sie fragte sich, ob sie das auch wirklich wussten.

Ceres hatte das Gefühl, dass ihre Füße sich wie Steinblöcke anfühlten als sie den Gang hinunterging. Der schöne Gesang der schwangeren Frau begleitete ihren Weg. Auf den Stufen aus dem Kerker heraus konnte Ceres sehen, dass die Dunkelheit noch nicht ganz verflogen war und noch immer ein paar vereinzelte Sterne über ihr funkelten, als kämpften sie gegen die Morgendämmerung an. Ein offener von einem Pferd gezogener Wagen stand im Hof bereit und Ceres wurde zusammen mit den anderen Gefangen hineingeschoben. Unter den Peitschenhieben der Reichssoldaten musste sie sich bücken und sie begann das Reich noch mehr zu hassen.

Als es Apollo nicht vermochte, alleine in den Wagen zu klettern, packte ihn ein Reichssoldat und beförderte ihn hinein, sodass er mit dem Kopf gegen eine der Seiten des Wagens prallte. Ein Aufschrei entfuhr seinen Lippen als sein Kopf bei diesem Aufprall ein knackendes Geräusch machte.

„Wie könnt ihr nur zu solchen Grausamkeiten fähig sein?“ schrie Ceres die Reichssoldaten an, bevor sie sich Apollo widmete.

Sie rutschte näher zu dem Jungen und starrte hilflos auf die unnatürliche Haltung seines Halses. Sie hob vorsichtig seinen blutenden Kopf und legte ihn in ihren Schoss.

„Apollo?“ krächzte sie. Furcht überkam sie als sie merkte wie leblos sein Körper plötzlich geworden war.

„Ich kann nicht mehr sehen…“, flüsterte Apollo heiser. Seine Augen füllten sich mit Tränen. „Ich… kann nicht… Ich kann meine Beine nicht mehr spüren.“

Sie lehnte sich nach vorne und küsste seine Stirn. Er hatte Mühe zu atmen und sie wollte ihm helfen. Doch alles was sie tun konnte, war seine kleine kalte Hand zu halten.

„Ich bin da“, sagte Ceres und die Worte blieben ihr beinahe im Halse stecken. Tränen tropfen auf seine schmutzige und zerrissene Tunika.

„Versprich mir, dass du meine Hand hältst… bis ich… tot bin“, stammelte Apollo.

Ceres brachte kein Wort hervor, sie nickte nur und drückte seine Hand. Sie strich ihm sanft das blonde Haar von der verschwitzten Stirn.

Seine Augenlider flatterten, bevor sie sich schlossen und dann bemerkte sie, dass seine Brust aufgehört hatte sich zu heben. Sein Gesicht wurde zu einer Totenmaske.

Sie schluchzte und drückte seine Hand an ihre Lippen, bevor sie sie vorsichtig auf seine Brust legte. Jetzt musste er wenigstens nicht die Enthauptung über sich ergehen lassen, dachte sie. Er war frei.

Auf dem Weg durch die Menge konnte Ceres sich nicht von dem armen Junge abwenden, seine schmalen Lippen, seine geschwungenen Wimpern, die Sommersprossen auf seiner Nase. Sie wollte ihn wissen lassen, dass sie noch immer an ihn dachte und ihn nicht allein und der Willkür der Reichssoldaten, die ihm Freiheit und Leben geraubt hatten, ausgesetzt im Wagen zurücklassen würde. Vielleicht brauchte sie ihn auch ein wenig, denn er erinnerte sie daran, dass es in dieser Welt nicht nur grausame Menschen gab, dass Unschuld und Freundlichkeit noch immer die mächtigeren Kräfte auf dieser Welt waren.

Der Wagen holperte an einer unkenntlichen Masse hasserfüllter Gesichter und Worte vorbei. Doch sie wandte den Blick nicht von Apollos friedlicher Miene. Auch eine verfaulte Tomate, die Ceres auf der Wange traf, änderte das nicht.

Sie kamen vor einem hölzernen Gerüst zum Stehen und die Gefangenen wurden aufgefordert, den Wagen zu verlassen. Ceres jedoch weigerte sich Apollo freizugeben und klammerte sich an ihn.

Der Reichssoldat, der für den tödlichen Wurf verantwortlich gewesen war, griff Apollo bei den Beinen und zerrte ihn aus dem Wagen und Ceres’ Armen.

„Mörder!“ schrie sie so laut sie konnte und Tränen strömten aus ihren Augen.

Die Soldaten schmissen Apollo auf einen Heuberg. Dann kamen sie auf Ceres zu, aber die verkroch sich in einer der Ecken des Wagens und weigerte sich herauszukommen.

Der Reichssoldat, der eben mit seinen widerlichen Händen Apollo gegriffen hatte, betrat schließlich den Wagen. Er sollte für den Mord an einem unschuldigen Jungen nicht ungeschoren davonkommen. Sie sah, dass die anderen Reichssoldaten damit beschäftigt waren, die anderen Gefangenen das Gerüst hinaufzubefördern, und sie sah ihre Chance zur Rache gekommen. Vielleicht würde ihr Versuch kläglich scheitern – aber sie würde sowieso sterben.

Als der Reichssoldat sich vorbeugte, um sie aus dem Wagen zu holen, wand Ceres ihre Handschellen um seinen Hals und zog mit aller Kraft daran.

Der Soldat drehte sich auf den Rücken und begann nach Luft zu japsen, er schlug mit seinen Armen und Beinen wild um sich und langte mit seinen dreckigen Fingern nach der Kette. Sein Gesicht wurde immer röter.

Aber Ceres wollte den Mörder nicht gehen lassen und sie zog noch fester, sodass sein Gesicht sich violett färbte.

In einem letzten verzweifelten Versuch, sein Leben zu retten, versuchte der Reichssoldat, Ceres’ Hals zu fassen zu bekommen. Sie wehrte ihn mit ihren Ellbogen ab. Gerade als sie vernahm, dass sich die anderen Reichssoldaten dem Wagen näherten, endete der Todeskampf und der Soldat in ihren Armen sank zusammen.

Obwohl sie wusste, dass er tot war, löste sie ihn erst aus dem Griff ihrer Ketten als zwei Reichssoldaten sie aus dem Wagen zogen und sie an den Fuß der Treppen schubsten.

Die Treppen führten das Gerüst hinaus. Einer der Soldaten zückte einen Dolch, dessen Spitze er ihr in den Rücken drückte, sodass die Klinge ein wenig ihre Haut durchbohrte. Sie tat einen Schritt. Dann einen weiteren.

Ihre Füße sträubten sich, doch Ceres stieg eine Stufe nach der anderen hinauf. Die Rufe der Menge dröhnten wie ein fernes Gewitter. Erst als sie ganz oben stand, wurde sie von ihren Fesseln befreit.

Ihr Herz schlug wie wild in ihrer Brust, doch das bemerkte sie kaum. Ihr Hals war trocken, ihre Augen nass. War die Menge verstummt? Sie war unfähig, das zu beurteilen, denn Angst hatte vollkommen Besitz von ihr ergriffen.

Ein Reichssoldat band grob ihre Hände auf ihrem Rücken zusammen. Sie wehrte sich nicht. Es gab jetzt keinen Grund mehr, sich zu wehren, das wusste sie. Sie konnte sich getrost dem Tod ergeben.

Der Soldat stieß sie in Richtung eines Mannes mit Kapuze und Axt in der Hand. Ihr Henker.

Sie befahlen ihr, sich auf einen hölzernen Klotz zu knien. Als sie nicht sofort reagierte, setzte ein Reichssoldat sie auf ihre Knie und ihr Kopf fiel ihr auf die Brust. Sie blickte auf und sah verschwommen die Menge vor sich, ihr gesamter Körper zitterte und ihr war übel.

„Hast du noch irgendetwas zu sagen?“ fragte er Henker.

Sie war wie festgefroren und versuchte zu begreifen, dass es nun wirklich vorbei war. Ihr Leben, vorüber? Nein. Das konnte nicht sein. Es war so schnell vergangen, zu schnell und plötzlich hatte sie keine Zeit mehr gehabt.

„Mädchen, hast du noch etwas zu sagen?“ drängte der Henker.

Sie hatte etwas zu sagen, doch die Worte in ihrem Kopf ergaben keinen Zusammenhang.

Die Menge wurde still, alle Augen waren auf sie gerichtet. Dann legte der Henker ihr eine Augenbinde an.

Sie spürte das weiche Holz unter ihren Knien. Sich dem Tod ergebend lehnte sie sich nach vorne und legte ihr Kinn auf die Holzkante.

Vater, dachte sie. Sartes. Nesos.

Rexus.

Zu ihrem Erstaunen tauchte auch das Bild von Thanos vor ihrem inneren Auge auf, und sie erkannte endlich, dass sie, auch wenn sie Rexus liebte, sich in Thanos verliebt hatte.