Kitabı oku: «Sklavin, Kriegerin, Königin », sayfa 8
KAPITEL DREIZEHN
Ceres ergriff die Angst als sie bemerkte, dass ihr jemand folgte. Sie beschleunigte ihren Schritt auf dem mit weißen Steinen gepflasterten Gehweg, der in der Morgensonne erstrahlte und der sich durch grüne Wiesen und endlose Blumenstauden schlängelte. Ihre Gedanken schwirrten noch immer um Thanos und ihre letzte Begegnung in der Nacht zuvor. Sie hielt an, blickte über ihre Schulter und lauschte nach den Schritten, die sie sicher war, eben gehört zu haben.
Doch sie konnte niemanden sehen.
Ceres stand ganz still und horchte. Sie hatte keine Zeit für solch alberne Spielchen. Sie musste mit den Waffen in dem Karren den sie zog rechtzeitig noch vor Beginn des Trainings am Übungsplatz sein oder Thanos würde ohne Waffen dastehen.
Wer konnte es nur sein?
Ihr war unglaublich heiß. Sie blickte in den Himmel und ein Schweißtropfen lief ihr über die Stirn. Die Sonne war bereits eine heiße glühende Scheibe und sie verwelkte in ihrer Hitze so wie die Gärten und Felder, die sie umgaben. Die Muskulatur ihrer Arme und Schultern brannte, doch sie durfte jetzt keine Pause machen. Sie war spät dran.
Sie schob den schweren Handwagen an und nahm Geschwindigkeit auf, doch als sie die Schritte erneut vernahm und sich umdrehte und abermals niemanden erblickte wuchs ihre Verärgerung.
Als sie schließlich die Gartenlaube erreicht hatte und die Schritte lauter wurden blickte sie über ihre Schulter. Hinter ihr stand Stephania in einem roten Seidenkleid und einem goldenen Kranz in ihrem goldenen Haar.
Natürlich. Die schnüffelnde Prinzessin.
„Hallo, Waffenmädchen“, sagte Stephania mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen.
Ceres neigte ihren Kopf und drehte sich erpicht darauf so schnell wie möglich von hier fortzukommen wieder um. Doch bevor Ceres entkommen konnte, trat Stephania vor sie und versperrte ihr den schmalen Weg.
„Wie kommt ein Mädchen zu so einer primitiven Arbeit wie der des Waffenhalters?“ fragte Stephania mit den Händen in ihre Hüften gestützt.
„Thanos hat mich in seinen Dienst gestellt“, antwortete Ceres. „Wenn Sie so freundlich wären, würden Sie jetzt bitte – “
„Wirst du mich wohl mit Hochwohlgeborene ansprechen!“ bellte Stephania.
Ceres zuckte zusammen und sie hätte diesem verzogenen Mädchen nur zu gern einmal die Meinung gesagt doch sie hielt ihren Kopf gesenkt und erinnerte sich daran, dass sie nicht hier war um ihre Ehre zu verteidigen, sondern für die Sache der Revolution zu kämpfen.
„Ja, Hochwohlgeborene“, sagte sie.
„Es ist wichtig seinen Platz zu kennen, nicht wahr?“, sagte Stephania.
Sie lief langsam und mit prüfenden Augen im Kreis um Ceres herum. Sie hatte ihre Hände im Rücken verschränkt und ihre Schuhe klapperten auf dem Steinboden.
„Ich beobachte dich seit dem Tag deiner Ankunft hier. Ich werde dich immer beobachten. Hörst du das?“, sagte Stephania.
Ceres biss sich auf die Zunge, sodass sie nicht dem Versucht erlag etwas Respektloses zu erwidern, auch wenn es für sie zunehmend schwieriger wurde stillzuschweigen.
„Ich sehe doch wie du Prinz Thanos ansiehst. Aber du wärest dumm auch nur eine Sekunde lang zu glauben, dass er in dir etwas anderes sehen könnte als – “
„Ich kann Ihnen versichern – “ begann Ceres.
Stephania kam so nahe an Ceres’ Gesicht heran, dass ihre Nasen nur Zentimeter voneinander entfernt waren. Dann zischte sie durch ihre Zähne: „Unterbrich deine Vorgesetzte nicht, wenn sie mit dir spricht!“
Ceres umklammerte den Handgriff des Karrens so sehr, dass ihre Unterarme zu schmerzen begannen.
„Prinz Thanos mag dich angestellt haben doch als seine zukünftige Frau obliegt es meiner Verantwortung sicherzustellen, dass die Beziehungen, die er eingeht, auch vertrauenswürdig sind“, sagte Stephania.
Jetzt konnte Ceres sich nicht mehr zusammenreißen.
„Thanos hat mir gesagt, dass er Sie nicht heiraten wird“, sagte sie.
Stephania zuckte zusammen.
„Thanos ist ein intelligenter Mann, aber er ist nicht gut darin den Charakter einer Person einzuschätzen. Er hat wahrscheinlich verpasst sich deine Verfehlungen in der Vergangenheit einmal genauer anzusehen bevor er dich in seine Dienste gestellt hat.“
Ceres fragte sich, ob Stephania wusste, dass sie den Sklavenhalter und die Wärter getötet hatte. Sie würde ihre Stelle verlieren und dafür bestraft werden, wenn es rauskäme.
„Es gibt keine Verfehlungen in meiner Vergangenheit“, sagte Ceres ernst.
Stephania lachte,
„Ach komm schon. Jeder hat etwas in seiner Vergangenheit getan, wofür er sich heute schämt“, sagte sie.
Stephania nahm ein Schwert aus dem Karren und pikste damit Ceres’ Bein. Oh wie gern hätte Ceres der hinterhältigen Prinzessin eine Lektion in der Schwertkunst erteilt. Dann hätte sie erkannt wie unfähig ihre zarten sauberen royalen Hände waren. Doch sie blieb unbewegt stehen.
„Und glaube mir“, sagte Stephania und hielt die Klinge nur einen Haarspalt von Ceres’ Gesicht entfernt. „Wenn es da nur den Deut einer Verfehlung in deiner Vergangenheit gegeben hat, dann werde ich ihn finden und dann wirst du mit dem Kopf voran aus dem Palast geschmissen.“
Stephania schmiss Ceres das Schwert scheppernd vor die Füße.
„Thanos gehört mir, hast du verstanden?“, sagte Stephania. „Er wurde mir vom König und der Königin versprochen und wenn du meiner Hochzeit in die Quere kommst, dann werde ich dir persönlich die Kehle aufschlitzen während du in meiner zukünftigen Sommerunterkunft schläfst.“
Stephania rempelte Ceres mit der Schulter an bevor sie in Richtung des Übungsplatzes des Palastes davonstolzierte.
*
Ceres konnte augenblicklich spüren, dass etwas nicht stimmte als sie in der Übungsarena ankam. Es lag nicht an Stephania, die sie hinter einer Weide stehend anstierte, auch wenn ihre Unterhaltung noch immer Ceres’ Gedanken beschäftigte und sie überaus ärgerte. Es lag auch nicht daran, dass dieser Tag zum wohl heißestes des Jahres werden würde oder dass Thanos noch nicht hier war und trainierte.
Als sie den Handwagen auf den Waffentisch zurollte, erregte Lucious in der Mitte der Übungsarena stehend ihre Aufmerksamkeit. Er umklammerte eine Weinflasche mit einer Hand und ein Schwert mit der anderen. Sein neuer Waffenhalter kniete mit besorgter Miene vor ihm während er einen Apfel auf dem Kopf balancierte. Ceres sah, dass der Waffenhalter mehrere kleine Schnitte in seinem Gesicht und einen auf seinem Hals hatte.
„Bleib… einfach… ganz still“, sagte Lucious. Er schloss seine Augen und deutete mit der Spitze seines Schwertes auf den Kopf des Waffenhalters.
Die anderen royalen Kämpfer und ihre Waffenhalter beobachteten die Szene und rollten nur mit den Augen und verschränkten ihre Arme vor der Brust.
Ceres trat noch näher heran und sie konnte sehen, dass das Gesicht und die Arme von Lucious mit blauen Flecken übersäht waren, eines seiner Augen war geschwollen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, dass er bei den Tötungen gestern verletzt worden war. War ihm nach der Veranstaltung etwas zugestoßen?
Sie lief zum Tisch hinüber und begann die Waffen auszulegen, damit sie vorbereitet war, wenn Thanos erschien. Schwerter, Dolche, ein Dreizack, eine Peitsche.
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass Lucious wankte, was die Herrschaften und einige der Waffenhalter dazu veranlasste in Gelächter auszubrechen.
Lucious berührte mit der Spitze seines Schwertes die Nase des Waffenhalters, der die Augen geschlossen hatte. Der Waffenhalter winselte als ein Tropfen Blut ihm in den Mund lief.
„Wenn du auch nur einen Muskel bewegst, riskierst du deinen Kopf zu verlieren“, sagte Lucious. „Und du wärest der einzige, dem du dafür die Schuld geben könntest.“
Das ist krank, dachte Ceres. Konnte nicht irgendjemand eingreifen? Sie blickte zu den anderen, doch niemand sagte auch nur ein Wort oder machte Anstalten Lucious’ Opfer zur Hilfe zu eilen.
Lucious hob sein Schwert, doch bevor es zum Einsatz kommen konnte, wimmerte der Waffenhalter auf. Der Apfel fiel von seinem Kopf auf den Boden und rollte von dort noch zwei Meter weiter.
„Ich habe dir doch gesagt dich nicht zu bewegen!“ keifte Lucious.
„Es.. Es tut mir leid“, sagte der Waffenhalter. Er wich mit Angst in den Augen zurück.
„Geh mir aus den Augen du nutzloses Stück Mist!“ schrie Lucious.
Der junge Mann erhob sich und flitzte hinüber zu Lucious’ Waffentisch. Erst jetzt war auch Thanos eingetroffen.
„Guten Morgen“, sagte er zu Ceres ohne eine Ahnung zu haben, was gerade passiert war. „Ich nehme an, du hast gut geschlafen?“
„Ja, danke“, sagte Ceres und fühlte sich in seinem Beisein sofort viel wohler.
Sie legte weiterhin Waffen auf den Tisch, doch als er nicht fortfuhr, blickte sie zu ihm auf. Zu ihrer Überraschung blickte er sie eingehend an, mit einem Blick, der sie zu besitzen wünschte und als sie eine Augenbraue nach oben zog, bewegten sich sein Mundwinkel nach oben und formten den Anflug eines Lächelns.
Sie fühlte wie ihre Wangen glühten.
Ohne ein weiteres Wort begann er ihr bei der Sortierung der Waffen zu helfen.
Es ist seltsam, dass er mir hilft, dachte Ceres. Er ist ein Prinz. Vielleicht versuchte er ihr seine Wertschätzung zu zeigen nachdem sie ihm bei den Tötungen geholfen hatte? Er musste das nicht machen, Ceres wusste das, doch eines wusste sie noch viel sicherer. Wenn er ihr gegenüber so liebenswürdig war, würde es ihr schwer fallen den fürsorglichen Mann vor ihr mit dem arroganten Mann für den sie ihn bisher gehalten hatte in Einklang zu bringen.
Ceres blickte zu Stephania und die Augen der Prinzessin sprühten nur so vor Hass. Sie konnte doch nicht wirklich eifersüchtig auf sie sein? Thanos würde sich doch nicht für eine Bürgerliche wie sie interessieren, oder?
Ceres schüttelte den Kopf, lachte leise und verwarf diesen lächerlichen Gedanken.
„Was ist los?“ fragte Thanos lächelnd.
„Nichts“, sagte Ceres. „Was ist eigentlich mit Lucious passiert?“
„Du meinst die blauen Flecken?“
„Ja.“
„Der König hat ihm für sein feiges Verhalten gestern einen Denkzettel verpassen lassen“, sagte Thanos.
Auch wenn Ceres Lucious für einen feigen Idioten hielt, so tat er ihr dennoch leid. Sie selbst war unzählige Male verprügelt worden und hatte viele blaue Flecken davongetragen. Das war nichts, das sie irgendjemandem wünschte.
Plötzlich schrie Lucious seinen Waffenhalter an und als sie aufblickte sah sie, wie Lucious dem jungen Mann seine Faust in den Magen rammte.
„Warum greift nur niemand ein?“ fragte Ceres.
Thanos ging sogleich schnurstracks auf Lucious zu und blieb nur wenige Meter von ihm entfernt stehen.
„Was versuchst du hier zu beweisen?“ fragte Thanos.
Lucious stöhnte.
„Nichts.“
Thanos ging drohend auf Lucious zu.
„Warum sollte ich irgendjemandem irgendetwas beweisen müssen? Ich meine, schau dich doch mal an, alles ist besser als so ein speckiges dürres Mädchen als Waffenhalter zu haben“, sagte Lucious höhnisch lachend.
„Ich würde vorschlagen du zollst deinem Waffenhalter ein wenig Respekt. Solltest du das nicht tun bin ich mir sicher, dass der König nichts dagegen hätte, dich allein in die Arena zu schicken“, sagte Thanos.
„Willst du mir drohen?“ fragte Lucious, in seinen Augen brodelte es.
In diesem Augenblick erschien ein Bote und übergab Thanos eine Schriftrolle. Thanos las sie und blickte sich zu Ceres um. Er nickte ihr zu bevor er im Palast verschwand.
Hatte er eine Vorladung erhalten? Ceres war nicht sonderlich begeistert ohne irgendwelche Anweisungen zurückzubleiben.
Ein Reichssoldat trat in die Mitte der Arena und verlas die Reihenfolge, in der die Herrschaften antreten würden. Lucious und Argus würden als erste dran sein.
„Endlich!“, sagte Lucious.
Er donnerte die Weinflasche auf den Boden wo sie zerbrach. Sein Waffenhalter bot ihm ein Schwert an, er griff es und schritt mit – wie Ceres fand – gespielter Begeisterung in die Übungsarena wo Argus ihn erwartete.
Der Reichssoldat gab den Kampf frei und die Herrschaften begannen sich zu bekämpfen. Lucious’ erster Angriff endete mit dem Verlust seines Schwertes, einige Zuschauer kicherten, andere rollte nur mit den Augen. Ceres erkannte, dass Lucious nicht wusste wie er seine Energie gewinnbringend einsetzen konnte. Seine Schwertführung und seine Schritte wählte er ohne groß darüber nachzudenken und vollzog sie mit zu großer körperlicher Anstrengung.
Die Gegner gingen wieder auf ihre Ausgangspositionen, Klinge an Klinge, doch schon nach ein paar Sekunden und Hieben schlug Argus Lucious das Schwert erneut aus der Hand und hielt ihm seine Schwertspitze an die Brust.
Sobald der Reichssoldat Argus zum Gewinner des Kampfes erklärt hatte ließ Argus sein Schwert sinken und verließ rasch die Übungsarena.
„Komm schon Cousin. Gib mir noch eine Chance!“ schrie Lucious ihm nach. „Ich hab es ja nicht einmal ernsthaft versucht!“
Als Lucious sah, dass Argus nicht auf ihn einging, drehte er sich zu seinem Waffenhalter.
„Xavier, kämpfe mit mir“, sagte Lucious.
„M-M-Mein Herr?“, sagte Xavier und stotterte nervös. „Das würde ich mein Herr, doch ich kann nicht kämpfen.“
Lucious lief verärgert zu seinem Waffentisch hinüber, ergriff einen Dolch und stieß ihn Xavier in den Bauch.
Ceres schlug sich eine Hand vor den Mund und sie keuchte zusammen mit den anderen beim Anblick des Waffenhalters, der schreiend auf dem Boden lag und seine Arme um seinen Leib schlang.
„Schafft mir diesen Taugenichts hier raus!“ schrie Lucious.
Wenige Sekunden später hatten mehrere Reichssoldaten den stöhnenden Waffenhalter auf die Füße gehievt und auf einer Bahre aus der Arena getragen.
„Was ich nicht verstehe“, sagte Lucious und schlenderte zu Georgios Tisch hinüber, „ist, warum ich es immer nur mit solchen inkompetenten Trotteln zu tun habe. Georgio, mein Freund, leih mir deinen Jungen.“
Georgio trat zwischen seinen Waffenhalter und Lucious.
„Lucious du weißt, dass ich dich überaus schätze. Aber das ist Wahnsinn. Geh nach Hause“, sagte Georgio mit einem Glucksen und legte eine Hand auf Lucious’ Schulter.
„Nimm deine süßen Jungshände von mir runter!“ schrie Lucious und stieß Georgios Arm weg.
Drohungen ausstoßend lief Lucious auf einen weiteren Waffenhalter zu und forderte ihn auf mit ihm zu kämpfen. Doch sein Meister wies ihn zurück.
„Niemand will mit mir kämpfen?“ schrie Lucious, lief dabei langsam den Kreis ab und ließ seine Augen über die Zuschauer gleiten. „Seid ihr alle nichts als weichgekochte Schlappschwänze?“
Mit seinen kalten und feindseligen Augen durchkämmte er weiter das Publikum, doch die meisten wendeten den Blick von ihm ab.
Dann erblickte er Ceres.
Ceres spürte einen Knoten in ihrem Magen als sie sah wie er mit dem Finger auf sie deutend in ihre Richtung stapfte.
„Du!“ schrie er. „Du wirst mit mir kämpfen!“
Ceres glaubte, dass sie im Stande war ihn zu besiegen, dennoch war sie zurückhaltend, denn sie fürchtete ihn zu verletzen oder ihn als unfähigen Kämpfer vor dem Publikum dastehen zu lassen. Und wenn sie ihn unfähig aussehen ließe, dann würde Lucious sicherlich dafür sorgen, dass sie ihre Stelle am Palast verlor.
„Bei allem Respekt, aber ich kann nicht gegen Sie kämpfen“, sagte sie.
„Du wirst!“, sagte Lucious. „Ich befehle dir gegen mich anzutreten.“
Sie blickte zu den anderen, einige schüttelten ihre Köpfe, andere schauten weg, Stephania hatte ein böses Grinsen auf den Lippen. Durfte sie sich ihm widersetzen? Was würde passieren, wenn sie es täte? Würde Lucious sie rausschmeißen? Der Verstand sagte ihr, dass er das würde.
„Dann muss ich mich dem Befehl beugen“, sagte sie und dachte, dass es wohl besser sei zu tun was er ihr sagte.
Lucious’ Gesicht leuchtete auf.
„Doch zuerst würde ich gerne mein Schwert aus der Hütte des Schmieds holen“, sagte Ceres und dachte an das Schwert ihres Vaters.
„Aber beeil dich, kleine Ratte“, sagte Lucious.
Sein Kommentar empörte sie, doch sie würde den beleidigenden Worten eines besoffenen Feiglings nicht so viel Gewicht beimessen.
Endlich würde sie ihr Schwert in einem echten Duell einsetzen können. Ceres war begeistert und rannte zu der Hütte des Schmieds. Sie holte ihr Schwert vom Dachboden und sprintete zurück in die Übungsarena. Sie nahm ihre Stellung gegenüber von Lucious ein, der dort mit seinem Schwert bereit stand.
Lucious erblickte Ceres’ Schwert und ihm fiel die Kinnlade herunter.
„Woher würde ein Nagetier wie du eine solche Waffe haben?“ fragte er mit gierigem Blick.
„Mein Vater hat es mir geschenkt.“
„Was für ein Idiot muss er gewesen sein“, sagte Lucious.
„Warum?“ fragte Ceres.
„Heute werde ich dich besiegen und dann gehört deine Waffe mir.“
Lucious stürzte sich auf Ceres und ihre Schwerter trafen sich. Obwohl Lucious alles andere als muskulös aussah, war er stark. Nachdem er ein paar Hiebe gut weggesteckt hatte, begann sie zu zweifeln, ob sie ihn wirklich besiegen konnte.
Er schlug erneut auf sie ein doch sie wich aus. Schwert an Schwert umkreisten sie einander und stierten sich dabei in die Augen. In seinen haselnussbraunen Augen spiegelte sich der Hass gegen sie und sie fragte sich, womit sie das eigentlich verdient hatte.
Er stemmte sich gegen sie, sodass sie zurückwich und ins Wanken geriet. Sein Gesicht war schweißbedeckt und seine Schultern angespannt.
Doch dann verdunkelten sich Lucious’ Augen und er schwang sein Schwert in einer ungeschickten Bewegung in ihre Richtung. Sie sprang über die Klinge und trat ihm noch im Flug in den Unterleib so dass er auf dem Rücken landete.
Einen Moment lang bewegte er sich nicht und Ceres fragte sich, ob er das Bewusstsein verloren hatte. Doch dann stieß er ein plötzliches Ächzen aus und setzte sich auf. Er lehnte sich auf sein Schwert und kletterte zurück auf seine Füße während er atemlos etwas vor sich hin murmelte.
„Du bist besser als ich dachte, das muss ich zugeben”, sagte Lucious. „Aber jetzt ist Schluss mit lustig. Ich hab jetzt keine Lust mehr auf diese Spielchen und du kleine Ratte musst sterben.“
Schweiß lief Ceres brennend in die Augen und sie hob ihr Schwert während sie mehrmals kräftig ausatmete. Sie konnte Stephanias Blick im Nacken spüren. Er spornte sie noch mehr zum Sieg an.
Lucious kam auf sie zu gestürmt und griff sie mit all seiner Kraft an. Sie tat so als würde sie seinen Angriff entgegennehmen, doch dann wich sie plötzlich aus und sie trat mit ihren beiden Beinen gegen die seinen. Er fiel bäuchlings auf die Erde.
Sein Schwert schlitterte über den Boden und blieb in wenigen Metern Entfernung liegen. Dann wurde es mucksmäuschenstill.
Lucious rollte sich auf den Rücken. Ceres stand über ihm und hielt ihm ihr Schwert an die Gurgel. Sie wartete auf die Siegerverkündigung des Reichssoldaten.
Doch der Soldat blieb stumm.
Sie blickte auf und noch immer drang kein Wort aus dem Mund des Reichssoldaten. Nur ein undurchdringlicher Ausdruck stand ihm im Gesicht geschrieben.
Mit finsterer Miene stand Lucious auf und spuckte Ceres vor die Füße.
„Ich weigere mich den Sieg eines Mädchens anzuerkennen“, sagte er.
Ceres trat einen Schritt vor.
„Ich habe ganz klar gewonnen“, sagte sie.
Lucious erhob seine Hand und ohrfeigte sie mit seiner Rückhand. Die Zuschauer keuchten. Ohne auch nur kurz nachzudenken und aus einem Impuls heraus schlug Ceres zurück.
In dem Augenblick als ihre Hand sein Gesicht traf wusste sie, dass es ein riesiger Fehler war; doch gab es nichts, das es wieder ungeschehen gemacht hätte. Jeder hatte es gesehen und obwohl sie nicht wusste was genau auf das Schlagen eines Adligen stand, so war sie sich sicher, dass es keine leichte Strafe sein würde.
Lucious hielt sich seine Wange und blickte sie mit großen und überraschten Augen an. Für einige Momente schien die Zeit stillzustehen.
„Nehmt sie fest!“ schrie er und deutete mit dem Finger auf sie.
Ceres stolperte einige Schritte zurück, alles erschien ihr wie ein Alptraum. Doch ihr Verstand wollte nicht recht funktionieren und bevor sie überhaupt etwas tun oder sagen konnte, griffen zwei Reichssoldaten sie bei den Armen.
Einen Moment später schleppten sie sie aus der Arena, weit fort von hier und dem Leben, das sie beinahe gehabt hatte.
KAPITEL VIERZEHN
„Rexus!”
Rexus drehte sich um und erblickte einen verzweifelten Nesos, der auf ihn zu rannte. Sein Herz erfüllte sich mit Angst und Schrecken. Nesos war zu einer wichtigen Mission entsandt worden und Rexus wusste, dass seine Gegenwart somit nichts Gutes bedeuten konnte.
Nesos kam schlitternd vor Rexus zum Stehen. Staub wirbelte um ihn und er stützte seine Hände auf den Knien ab, während er nach Luft japste.
„Ich komme… gerade aus dem Norden von Delos und… da waren überall Reichssoldaten… sie sagen, dass es neue Gesetze gäbe, sie ziehen.... erstgeborene Männer ein… und wenn man sich widersetzt, bezahlt man mit dem Leben“, sagte Nesos noch immer außer Atem, Schweiß rann von seinem Gesicht.
Rexus gefror das Blut in den Adern. Er sprang auf und rannte zum Haupteingang des Schlosses. Er musste die anderen warnen.
„Als erstes werden sie den Osten, dann den Westen… und schließlich den Süden von Delos angreifen“, sagte Nesos, der ihm folgte.
Rexus hatte eine Idee.
„Nimm dir ein paar Männer und schickt alle Tauben, die wir haben, zu unseren Verbündeten“, sagte er. „Teile ihnen mit, dass wir uns so schnell wie möglich unterhalb der Nordkreuzung treffen werden und sie sollen so viele Waffen, wie sie nur tragen können, mitbringen. Wir werden diese Erstgeborenen befreien, dann können sie sich der Rebellion anschließen. Ich werde sofort losreiten und die Verbündeten hier zusammentreiben.“
„Sofort“, sagte Nesos.
Das ist der Anfang, dachte Rexus und rannte los. Heute würden sie ein Exempel setzen und im Namen der Freiheit töten.
Innerhalb weniger Momente hatte Rexus mehr als hundert Männer und fünfzig Frauen vor dem Wasserfall versammelt. Sie saßen auf Pferden und hielten Waffen in ihren Händen. Als er ihnen ihren Plan erläuterte, konnte er die Angst in ihren Augen sehen. Ein ängstlicher Krieger konnte keine Schlacht gewinnen, das wusste er. Und so stand er vor ihnen und sprach.
„Ich sehe die Todesangst in euren Augen stehen“, sagte Rexus.
„Fürchtest du nicht den Tod?“ schrie ein Mann aus der Menge.
„Ja, das tue ich. Ich wünsche nicht zu sterben. Doch mehr als den Tod fürchte ich den Rest meines Lebens auf Knien zu fristen“, sagte Rexus. „Mehr als den Tod fürchte ich, dass ich niemals in den Genuss der Freiheit kommen werde. Diese Erstgeborenen können uns helfen, diese Freiheit zu erringen.“
„Doch was wird aus unseren Kindern!“ schrie eine Frau. „Sie werden für unsere Rebellion bestraft werden!“
„Ich selbst habe keine Kinder, aber ich kenne die Angst, jemanden zu verlieren, der mir wichtig ist. Wenn wir gewinnen, dann werden eure Kinder und Kindeskinder in einer Umgebung frei von Unterdrückung aufwachsen. Und wollt ihr denn nicht, dass eure Kinder euch in eurem Mut und nicht in eurer Angst nacheifern?“, sagte er.
Die Milizen wurden gespenstisch leise und nichts als das Brausen des Wasserfalls und das gelegentliche Wiehern eines Pferdes war zu hören.
„Gebt euch nicht dem Glauben hin, dass das Reich euch eines Tages Freiheit geben wird“, sagte Rexus.
„Ich und viele andere hier sind deiner Meinung“, schrie ein Mann. „Aber glaubst du, dass wir eine echte Chance haben, den Krieg zu gewinnen?“
„Der Krieg wird nicht an einem Tag gewonnen sein“, fuhr Rexus fort. „Und auch nicht an zweien. Aber letzten Endes werden wir siegen. Das Volk, das nach Freiheit ruft, wird am Ende erhört werden.“
Einige Köpfe nickten und Waffen wurden in die Luft gehoben.
„Wir sind wenige. Sie sind viele“, sagte ein anderer Mann.
„Die Zahl der Unterdrückten ist hundert Mal höher als die der Unterdrücker und sobald wir genügend Verbündete haben, werden wir triumphieren!“, sagte Rexus.
„Sie werden uns niemals erlauben, den Thron zu besetzen“, sagte eine Frau.
„Erlauben?“, sagte Rexus. „Wir brauchen keine Erlaubnis vom König, der Königin oder den Adligen, um uns aus der Unterdrückung zu befreien. Heute und an allen Tage, die folgen, werden wir uns selbst die Erlaubnis geben, um der Freiheit Willen zu kämpfen!“
Ein Rebell nach dem anderen streckte seine Waffe in die Luft und bald darauf übertönte ihr Jubel das Brausen des Wasserfalls.
Rexus wusste, die Zeit war gekommen.
*
Mit seinen Männern im Gefolge und dem Klang von galoppierenden Pferden im Ohr befand sich Rexus auf dem Weg nach Delos. Seine Gedanken schweiften zu Ceres. Sie hatte so mager und verletzlich ausgesehen, als er sie das letzte Mal gesehen hatte und sei Herz zersprang beinahe beim Gedanken an sie. Wie jedes Mal hatte er sich auch dieses Mal wie ein Idiot benommen – hatte sie nur kurz geküsst, wenn er sie doch viel lieber in seine Arme genommen und gehalten hätte.
Hoch auf seinem Pferd sitzend erblickte er den Palast in der Ferne und es grauste ihm bei dem Gedanken, dass sie dort war inmitten des Meeres aus Verdorbenheit, unter denjenigen Wölfen, die sie nun bekämpften und die ihr das Leben in jedem Moment streitig machen konnten. Er wollte wie der Wind reiten und Ceres aus diesem Ort retten.
Er hatte Ceres heiraten wollen, seitdem er sich erinnern konnte; tatsächlich war er zu großen Teilen der Rebellion auch deshalb beigetreten, damit ihre Kinder in Freiheit aufwachsen konnten. Doch jedes Mal, wenn er sie sah, war seine Zunge wie verknotet und er war nie im Stande gewesen die Worte zu sagen. Er war ein Idiot.
Auf dem Weg in ein ungewisses Schicksal realisierte er, dass es nicht stimmte, was er den Rebellen gerade gesagt hatte. Seine größte Angst war nicht ein Leben auf Knien. Seine größte Angst war, dass Ceres dies tun musste und dass sie niemals die Chance bekämen, zusammen glücklich zu werden.
*
Rexus erreichte die Nordkreuzung zusammen mit seinen Truppen. Schwerer Nebel hüllte sie wie einen Schleier ein und verlieh Delos den Anstrich einer Geisterstadt. Was ihnen auf ihrer Reise begegnet war, hatte alles übertroffen, was sie sich hatten ausmalen können – Leichen lagen mit dem Gesicht nach unten auf den Wegen, ihre Glieder seltsam verrenkt, Mütter hielten schluchzend ihre toten Kinder im Arm, geplünderte Häuser, Blut floss das Kopfsteinpflaster die Straßen hinab.
Er wusste, dass dies nur der Anfang war.
Der Späher, den er vorausgeschickt hatte, berichtete, dass über eintausend Reichsoldaten in der Piazza warteten – auch wenn die Zahl bei den Wetterverhältnissen nur eine wage Schätzung war. Die Soldaten waren gerade dabei, ihre Mahlzeit einzunehmen und so war es der perfekte Zeitpunkt sie anzugreifen.
Rexus blickte sich zu den edlen Gesichtern und teuren Freunden um. Nicht einer trug eine anständige Rüstung wie die der Reichssoldaten, obgleich die meisten von ihnen genügend Kampferfahrung mitbrachten. Diese kleine Armee aus circa zweihundert Männern würde keine Chance gegen die über tausend Reichssoldaten haben. Hatte er diese tapferen Männer und Frauen in den Tod geführt?
Wenn die Tauben ihre Ziele erreicht hatten, dann würden ein paar mehr Frauen und Männer auf dem Weg zu ihnen sein, weitere Hundert würden so vielleicht zu ihnen stoßen, doch das würde immer noch nicht genug sein, um eintausend Soldaten zu besiegen.
„Allerdings befinden sich dort auch Hunderte von Erstgeborenen eingesperrt in Wägen in der Mitte der Piazza“, sagte der Späher zu Rexus.
„Hunderte sagst du?“ fragte Rexus und seine Zuversicht wuchs.
Der Späher nickte.
Rexus benannte dreißig Männer, ihn selbst eingeschlossen, dessen Hauptziel es sein würde, die Schlösser der Wägen aufzubrechen und die Erstgeborenen zum Kampf einzuladen, das würde die Zahl der Rebellen erheblich erhöhen. Die anderen Männer und Frauen würden unterdessen gegen die Reichssoldaten kämpfen, sodass ihnen nicht sofort auffiel, dass ihre neuen Rekruten gestohlen wurden.
Als Rexus seinen Plan vollständig dargelegt hatte, waren bereits hundert weitere kampfbereite Revolutionäre zu ihnen gestoßen.
Rexus beauftragte Nesos, den Späher und die Hälfte der Miliz die Stadt von Norden aus anzugreifen. Dann wartete er ungeduldig auf den Späher, der ihnen mitteilte, dass die Rebellen sicher an der Nordseite des Platzes angelangt waren.
Was für ein bedeutender Moment!, dachte er. Seit Jahrhunderten hatte die Unterdrückung wie ein Fluch über dem Land gelegen, wie eine Kette hatte sie sich um den Hals von Tausenden von Menschen geschnürt.
Zitternd und doch entschlossen hob Rexus das Schwert.
„Für die Freiheit!“ schrie er als er die Revolutionäre in die Schlacht führte.
Pferdehufe hämmerten auf dem Steinboden als sie in Richtung des Platzes ritten. In der Brust eines jeden Rebellen schlugen zwei Herzen, eines der Furcht und eines der Hoffnung.
Ich muss ihnen Hoffnung geben, dachte Rexus, auch wenn Schwachheit mein Herz ergreift.
Und so trieb er sein Pferd im Angesicht seines möglichen Todes voran.
Rexus ritt mit seinem Pferd so weit er konnte auf das Schlachtfeld in Richtung der Wägen, in denen die Erstgeborenen saßen. Doch dann hielt ihn ein erster Schwall an Kämpfern davon ab, weiterzureiten. Er ließ einen Kampfschrei fahren und warf sich in das Kampfgetümmel.
Rexus hob sein Schwert und stach einem der Soldaten mitten ins Herz, er schlitze einem anderen die Kehle auf und versenkte sein Schwert in dem Unterleib eines drittem. Die Schreie der Verwundeten umgaben ihn.
Ein Reichssoldat zerrte Rexus von seinem Pferd und kam mit einem Schwert in der Hand auf ihn zu. Doch Rexus duckte sich und trat dem Soldaten gegen das Knie. Knochen splitterten.
Der nächste Reichssoldat – ein Mordskerl – schlug Rexus sein Schwert aus der Hand. Ohne Waffe stürzte Rexus sich auf ihn und vergrub seine Daumen in den Augen des Mannes.
Der Riese kreischte und trat Rexus in den Bauch, so dass er rücklings zu Boden ging. Ein weiterer Soldat kam auf Rexus zu, dann noch einer.
Schon war er von dreien umzingelt, drei gegen einen.
Er sah, dass sein Schwert nur zwei Meter von ihm entfernt lag und so kroch er auf Händen und Knien zu ihm. Doch ein Soldat stellte sich ihm in den Weg. Rexus griff nach dem Dolch in seinen Stiefeln und trieb ihn in die Wade des Soldaten, bevor der auch nur nach seinem Schwert greifen konnte. Rexus sprang auf die Füße.
Der Riese hatte jetzt einen Speer in der Hand und stürmte auf Rexus zu. Dieser sprang zurück, sodass er im Boden stecken blieb und er nur ihn mit einem Tritt zum Brechen bringen konnte. Er trat dem Riesen mit aller Kraft in den Unterleib. Der rührte sich nicht. Dafür stach Rexus seinem Gegner in den Fuß, doch das bezahlte er mit einem Faustschlag gegen seine Schläfe. Er fiel zu Boden, er konnte das Blut in seinen Ohren rauschen hören.