Kitabı oku: «Red Dirt Heart: Lodernde Erde», sayfa 2

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Kapitel 2

Wenn es anfängt, kompliziert zu werden

Ich schlief so gut. Obwohl es schon spät war, als wir endlich einschliefen. Mit ihm an meiner Seite in unserem Bett schlief ich wie ein Baby. Wie immer war ich bereits vor Sonnenaufgang auf den Beinen und nachdem die Hunde gefüttert waren, kam ich wieder ins Haus und fand Travis vor, der gerade seine Reisetasche aufs Bett warf.

»Was treibst du da?«

Er war ein bisschen erschrocken. »Oh.« Er sah die Tasche an, dann mich. »Na ja, ich dachte, weil alle nach Alice fahren, hatte ich gehofft… wir könnten vielleicht auch mitfahren.«

»Oh.«

»Ich dachte, wir könnten mal einen Abend in der Stadt verbringen, das ist alles.«

»Was?« Ich schnaubte. »Ich kann nicht weg.«

»Doch, kannst du«, sagte er schlicht. Als wäre das so einfach, ein ganzes Wochenende wegzufahren.

»Trav, ich kann nicht einfach wegfahren.«

»Sind George und Ma etwa nicht in der Lage, hier nach dem Rechten zu sehen?«

»Sie sind absolut dazu in der Lage«, gab ich zurück und merkte im selben Moment, dass ich gerade seine Sicht der Dinge bestätigt hatte.

Er lächelte. Irgendwie. »Ich will in der Stadt auch einige Dinge besorgen.«

»Zum Beispiel?«, fragte ich. »Wenn du irgendwas willst oder brauchst, dann musst du es nur sagen. Wir können fast alles online bestellen.«

»Nun, was ich haben will, müssen wir direkt abholen«, sagte er und warf mir einen kurzen Blick zu. »Ich hab daran gedacht, Ma einen schöneren Gemüsegarten anzulegen.«

»Sie hat doch einen Gemüsegarten.«

»Das ist kein Gemüsegarten«, antwortete er trocken. »Das ist ein trockener Flecken gebackener Tonerde. Er liegt nicht hoch genug, und die Erde kann Wasser weder speichern noch filtern. Dass sie überhaupt irgendwas zum Wachsen bringt, grenzt an ein Wunder.«

Das tat weh. »George und ich haben den für sie angelegt.«

Seine Augen wurden groß. »Bitte sag mir, dass ihr das getan habt, bevor du Agrarwissenschaft studiert hast.«

»War es«, sagte ich entrüstet. »Ich war ungefähr sechzehn.«

»Oh, Gott sei Dank. Wenn es nämlich danach gewesen wäre, hätte ich mir ernsthaft Sorgen gemacht, was du drei Jahre lang an der Uni getrieben hast.«

Ich lächelte ihn an. »Ich hab dir doch erzählt, was ich in den drei Jahren getrieben habe.«

»Mhm.« Er schnaubte. »Schweinekram. Mit jedem schwulen Mann in Sydney.«

»Nicht mit jedem schwulen Mann«, antwortete ich fröhlich. »Ich bin ziemlich sicher, einige davon waren auch hetero.«

Er knurrte mich an und ich lachte, aber meine Heiterkeit war nur von kurzer Dauer. Ich berührte seine Reisetasche, fühlte den abgenutzten Leinenstoff. »Trav, du kannst in die Stadt fahren, wenn du willst.«

»Ich will, dass du mitkommst.«

»Ich kann nicht.«

»Du meinst, du willst nicht.«

»Trav, ich kann nicht einfach wegfahren. Ich kann nicht einfach die Verantwortung auf jemand anderen schieben.«

Er seufzte.

»Sei nicht sauer.«

»Ich bin nicht sauer«, antwortete er leise. »Ich bin enttäuscht.«

Darauf wusste ich nichts zu entgegnen.

Er nahm seine Reisetasche und stellte sie wortlos in die Ecke des Zimmers. »George sagte, dass er heute Morgen rauswill, um nach der Gruppe Kängurus zu sehen, die wir entdeckt haben.«

»Travis.«

»Ich denke, ich werde ihn heute begleiten«, sagte er und bedachte mich mit einem verkniffenen, gar nicht glücklichen Lächeln.

Nun war es an mir zu seufzen. »Vielleicht können wir nächste Woche nach Alice fahren oder das Wochenende zwei Wochen danach. Wenn alle Mann an Deck sind – wenn alle anderen hier sind –, vielleicht können wir dann in die Stadt fahren.«

»Vielleicht«, antwortete er. Dann lächelte er ein wenig aufrichtiger. »Kleine Schritte, Charlie.«

»Tut mir leid.«

»Entschuldige dich nicht. Ich könnte ja mit den anderen fahren, wenn ich wollte.«

»Könntest du«, stimmte ich zu. Nun fühlte ich mich schuldig. »Weißt du, du solltest vielleicht wirklich mit mitfahren. Dir ein schönes Wochenende machen.«

»Das will ich nicht«, sagte er schlicht. »Ich will mit dir fahren. Und da du nun gesagt hast, dass wir das tun werden?« Er lächelte. »Ich werde dich darauf festnageln.«

* * *

»Wir beide sind heute mal wieder unter uns«, sagte ich zu Ma, als ich ihr eine Tasse Tee reichte. Travis und George waren bereits den zweiten Tag nacheinander draußen auf der Suche nach den Kängs und würden um etwa dieselbe Zeit nach Hause kommen wie die anderen, die nach Alice gefahren waren.

»Was hast du heute so vor?«, fragte sie.

»Ich werde mit Shelby einen Ausritt zur östlichen Weide machen und nach den Jährlingen sehen.« Ich trank meinen Tee. »Und heute Nachmittag werde ich ein bisschen Papierkram erledigen, bis die anderen zurück sind.«

»Du und Travis, ihr habt kuschelig ausgesehen zusammen auf der Couch gestern Abend.«

»Er hat… mir beim Lernen geholfen.«

»Das sah nicht so aus, als wäre besonders viel gelernt worden.«

Ich versteckte mein Grinsen hinter meiner Teetasse. »Na ja, es war mein erster Tag.«

»Mhm.« Ma schob ihre Teetasse weg. »Kannst du dir heute selbst etwas zum Mittagessen machen?«

Wir hatten noch nicht einmal gefrühstückt. »Natürlich«, sagte ich zu ihr. »Geht es dir gut? Du bist nicht so munter und fidel wie sonst. Und gestern warst du auch schon ein bisschen ruhig. Ist alles in Ordnung?«

»Ja, alles bestens. Nur ein bisschen angeschlagen. Ich glaube, ich bekomme eine Erkältung«, wiegelte sie ab. »Die Winter werden kälter, je älter man wird, wusstest du das nicht?«

»Ma, du hättest eher etwas sagen sollen.«

»Alles bestens«, wiederholte sie. »Aber da heute alle weg und nur wir zwei hier sind, lass ich es vielleicht etwas ruhiger angehen. Ich kann mir mal einen Morgen freinehmen, oder?«

»Natürlich kannst du das«, antwortete ich. »Geh und setz dich ins Wohnzimmer. Leg die Füße hoch. Ich werde dir etwas Toast machen.«

»Das musst du nicht.«

»Ma. Geh und setz dich hin«, sagte ich mit ernster Stimme. »Jetzt.« Und dann, weil es Ma war, fügte ich hinzu: »Bitte.«

Ich scheuchte sie aus der Küche und machte mich ans Werk. Kurze Zeit später trug ich ein Tablett mit Toast, Saft und Wasser ins Wohnzimmer. Ich zog einen der kleinen Beistelltische zu ihrem Sessel hinüber, holte ihr neuestes Kreuzworträtselheft und sorgte dafür, dass sie es bequem hatte.

»Ich muss heute Vormittag nicht unbedingt raus«, sagte ich zu ihr. »Ich kann beim Haus bleiben. Genau genommen bin ich ziemlich sicher, dass die Motorräder mal gewartet werden müssten.«

»Charlie, es geht mir gut«, sagte Ma. Sie wurde sauer. Ich kannte diesen Tonfall nur zu gut.

»Ma, wenn du dich nicht gut fühlst, kann ich mich um dich kümmern.«

»Ich brauche keinen Babysitter.«

»Ma.«

»Charles Sutton.«

Beim vollen Namen genannt zu werden, bedeutete, die Grenze überschritten zu haben. Ich seufzte und machte mich geschäftig daran, den Kamin mit frischem Anmachholz zu füllen. »Wenn dir kalt wird, dann wirf einfach ein Streichholz rein, okay?« Ich stand auf und ging zur Tür. »Ich hab das Satellitentelefon dabei, falls du irgendetwas brauchst. Und ich bin zum Mittag wieder zurück, und dann werde ich für dich Essen machen.«

Sie verdrehte in der Tat die Augen und ignorierte mich, aber sie stritt nicht mit mir, also betrachtete ich das als Sieg.

Ich kürzte meinen Ausflug nach Osten zu den Jährlingen ab, hielt mein Versprechen und war zur Mittagszeit wieder zu Hause, aber Ma war auf den Beinen und in der Küche zugange. Sie sah besser aus.

»Bitte schön, Liebes«, sagte sie und reichte mir einen Teller mit Sandwiches und Obst.

Die Portion war groß genug für zwei, also stellte ich sie auf den Küchentisch und füllte zwei Gläser mit Saft. Ich liebte Tage wie diesen, wenn Ma und ich allein waren und wir in der Küche saßen und uns unterhielten.

Das war schon viel zu lange nicht mehr vorgekommen.

Wir redeten über den bevorstehenden Winter-Viehtrieb und was dafür alles zu organisieren sein würde. Es war immer noch einige Wochen hin, aber Ma war gern gut vorbereitet.

Es war später Nachmittag, als ich den vertrauten Klang von zwei Pick-ups hörte, die die Einfahrt herauffuhren, und wusste, dass alle von ihrem Wochenende in der Stadt zurück waren. Sie würden zunächst alle zu ihren eigenen Häusern gehen – auf Sutton Station gab es drei Unterkünfte für die Arbeiter – und sich fürs Abendessen frisch machen.

Kurz danach hörte ich Stimmengemurmel auf der Veranda. Ich nahm an, dass jemand mich sprechen wollte, deshalb erhob ich mich von meinem Schreibtisch und ging meinem Besucher entgegen.

Ich kam nur bis in die Diele, da erschien auch schon Billy in der Vordertür. Er wirkte ungewöhnlich nervös und von seinem normalerweise breiten Lächeln war nichts zu sehen.

»Billy, ist alles in Ordnung?«

»Sicher, Boss«, sagte er. Er strich sein Hemd glatt und blickte sich in der Diele um.

»Billy, was hast du auf dem Herzen? Einfach raus damit.«

»Meine Cousine steckt ein bisschen in Schwierigkeiten«, sagte er. »Wenn das kein Problem ist, Mr. Sutton, dann hatte ich gehofft, sie könnte vielleicht hierbleiben.«

»Wo ist sie?«

»Sie ist hier, Boss. Ich hab sie schon mit hergebracht«, sagte er.

»Geht es ihr gut?«

Ich hatte Billy noch nie zuvor so niedergeschlagen gesehen. Er sprach leise. »Da waren so Kerle und die meinten so… dass sie sich abwechseln wollten bei ihr, wenn du weißt, was ich meine, Mr. Sutton. Ich hab sie also mitgenommen, damit die nicht… machen können, was sie gesagt haben.«

»Geht es ihr gut, Billy?«, fragte ich voller Sorge. »Hat ihr jemand was getan?«

»Sie ist okay«, antwortete er. »Sie hatte Angst und keiner hat auf sie aufgepasst. Aber es hat sie keiner angefasst, Boss, wenn du das meinst.«

Ich seufzte erleichtert. »Ist gut, Billy. Sie kann hierbleiben. Kann ich sie sehen?«

Billy sah zur Vordertür. »Nara?«

Ein Aborigine-Mädchen kam herein, so verängstigt wie ein Babykaninchen. Sie war vielleicht fünfzehn Jahre alt, hatte langes, ungekämmtes Haar, dunkle Haut und einen sehr, sehr ängstlichen Blick, der unverwandt auf Billy ruhte. Ganz offensichtlich wartete sie auf ein Zeichen von ihm, wie sie sich verhalten sollte.

»Sie kann bei mir wohnen, wenn das okay ist«, sagte Billy. »Jetzt, wo Fisher weg ist, steht ja ein Zimmer leer. Sie wird keinen stören, Mr. Sutton.«

Ich wartete darauf, dass das Mädchen mich ansah. »Nara? Ist das dein Name?«

Sie nickte.

»Du kannst hierbleiben«, sagte ich zu ihr. »Aber ich will keinen Ärger haben. Ich erwarte, dass du mit anfasst, um deinen Unterhalt zu verdienen. Hast du schon einmal einen Job gehabt?«

Nara schüttelte ihren Kopf. »Nein.«

»Gehst du zur Schule?«, fragte ich.

Sie schluckte heftig und ihr Blick schoss zu Billy, bevor sie mich wieder ansah. »Ich wollte, aber ich muss mich stattdessen um meine Familie kümmern.«

Es war normal in den Aborigine-Gemeinden hier im Outback, dass die älteren Mädchen die Erziehung der jüngeren Geschwister übernahmen. »Nun, du fängst morgen Früh an zu arbeiten. Dann besprechen wir auch die Regeln, die hier auf der Farm gelten. Aber grundsätzlich tust du das, was entweder ich oder Billy dir auftragen, okay?«

Sie nickte erneut und lächelte schüchtern. Billy nickte scharf zur Vordertür und Nara beeilte sich, nach draußen zu gehen. Billy schenkte mir ein aufrichtiges, erleichtertes Lächeln. »Danke, Mr. Sutton.« Ich kannte ihn seit vielen Jahren und ich hatte ihn noch nie so… verunsichert gesehen. Ich wusste, dass er eine große Familie hatte, aber er hatte sein Privatleben stets… nun ja, eben privat gehalten. Dass er Nara hierherbrachte und fragte, ob sie hierbleiben konnte, zeigte, wie ernsthaft besorgt er um sie war.

»Billy, geht es ihr wirklich gut?«, fragte ich. Sie sah wirklich nicht so aus.

»Ab jetzt ja«, sagte er leise. Er ging zur Tür.

»Billy?«, fragte ich. Er drehte sich um und sah mich an. »Geht es dir gut?«

»Alles okay, Mr. Sutton. Ich bin froh, dass du sagst, sie kann hierbleiben. Sie wird keinen Ärger machen.«

»Das weiß ich«, antwortete ich. Es war sowohl eine Warnung als auch eine Beruhigung für ihn.

Nachdem er gegangen war, stand ich noch eine Minute lang in der Diele, dann ging ich zu Ma ins Wohnzimmer. Sie war offensichtlich Zeugin der Unterhaltung geworden.

»Das war sehr nett von dir«, sagte sie.

»Die Kleine sah total verängstigt aus.«

»Stimmt.«

»War ich zu streng mit ihr?«, fragte ich. »Ich will nicht, dass die Leute herkommen und denken, sie könnten hier machen, was sie wollen. Deshalb musste ich was sagen. Aber meine Güte, sie sah aus, als wollte sie jeden Moment die Flucht ergreifen.«

Ma schenkte mir ein beruhigendes Lächeln. »Sie kommt schon klar. Lassen wir ihr einfach ein, zwei Tage, um sich einzugewöhnen, hm?«

Und dann – es war offenbar einfach so ein Abend für Ach, du Scheiße-Momente – klopften Trudy und Bacon an die offene Wohnzimmertür. »Können wir dich einen Augenblick sprechen?«, fragte Trudy.

Ma erhob sich. »Ähm, ich geh nur mal kurz auf mein Zimmer«, sagte sie und ließ meine beiden Farmarbeiter ziemlich verlegen im Eingang stehen.

»Kommt rein, Leute«, sagte ich. Ich war neugierig, was wohl der Grund ihres Besuchs sein mochte. Ich schnappte mir die Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. »Was gibt's?«

Ich hätte wissen müssen, was kommt, als sie nebeneinander auf der Couch Platz nahmen.

»Na ja«, fing Bacon an. »Wir wollten dich wissen lassen, dass wir beide schon seit einer ganzen Weile zusammen sind.«

Ich bin sicher, dass ich blinzelte wie ein Idiot. »Huh?«

»Ich und Craig sind zusammen. Wir sind… ein Paar«, erklärte Trudy peinlich berührt. Ich hatte sie noch nie erröten sehen. Niemals. »Schon seit einer Weile.«

Ich war so verblüfft, dass ich erst gar nicht begriff, dass Craig Bacons echter Name war. Ich glaube, dass ich lachte. »Äh, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«

»Wir wollten es nicht länger geheim halten«, fügte Trudy hinzu.

»Wie lange seid ihr denn schon…?«, fragte ich, unsicher, wie ich es formulieren sollte.

»Etwa ein Jahr«, sagte Bacon. Er lächelte, sah aber nervös aus. Er nahm Trudys Hand.

»Es ist nur so«, sagte Trudy, »so, wie die Dinge jetzt stehen, mit dir und Travis, dachten wir, wir könnten…« Niemand hatte bisher jemals über meine Beziehung mit Travis geredet. Jedenfalls nicht mit mir.

Bacon drückte ihre Hand. »Wir waren nicht sicher, ob wir etwas sagen sollten. Wir wollten nicht, dass du uns sagst, es wäre nicht erlaubt oder dass einer von uns dann vielleicht gehen müsste.«

»Was?«, fragte ich. »Nein. Nein, das ist nicht… das würde ich nicht machen.« In Wahrheit aber hätte ich noch vor einem Jahr wahrscheinlich genau das getan. Aber jetzt, da ich mit meinem Freund zusammenlebte und -arbeitete, konnte ich es ihnen kaum vorwerfen, dass sie dasselbe taten. »Ich weiß, dass ihr nicht zulassen werdet, dass das eure Arbeit hier beeinträchtigt.« Meine zweite Warnung-Schrägstich-Beruhigung des Abends. Ich wurde langsam richtig gut darin.

Bacon schüttelte den Kopf. »Das wird es nicht.«

Trudy fügte eilig hinzu: »Bevor ich meinen Job hier verliere, verpasse ich lieber Bacon einen saftigen Arschtritt.«

Ich musste über Bacons Gesichtsausdruck lachen. »Ich habe kein Problem damit«, sagte ich. »Ehrlich gesagt tut es mir eher leid, dass ihr das Gefühl hattet, es mir nicht schon früher sagen zu können. Ich bin froh, dass ihr jetzt mit mir gesprochen habt.«

»Travis meinte, es würde dir nichts ausmachen«, sagte Bacon. Und dann bekam er sofort diesen Oh, Scheiße!-Gesichtsausdruck, und ich wusste, dass er das nicht hätte sagen sollen.

»Travis wusste Bescheid?«, fragte ich.

Trudy schluckte schwer. »Er hat letzte Woche mit uns zusammen draußen Zäune repariert«, sagte sie, als würde das alles erklären. »Er meinte, du würdest nichts dagegen haben. Hat uns nur geraten, ehrlich zu sein, das ist alles.«

»Hat er das?«

»Sei nicht sauer auf ihn«, fügte sie eilig hinzu. »Wir baten ihn, nichts zu sagen, und er stimmte zu, dass es das Beste wäre, wenn du es von uns selbst erfährst.«

»Wir wollten nur, dass du Bescheid weißt«, sagte Bacon. »Es ändert sich ja nichts. Was die Arbeit angeht, wird alles so sein wie immer.«

Ich nickte und schenkte ihnen ein Lächeln. »Das weiß ich. Und danke, dass ihr es mir gesagt habt.« Sie nahmen das als ihr Stichwort zum Aufbruch und als sie zur Tür gingen, stand ich auf und sagte: »Hey.« Trudy und Bacon blieben stehen und sahen mich an. »Äh, ich schätze, ich sollte euch ebenfalls danken. Dafür, dass es euch nichts ausmacht, dass ich… und Travis. Ich, äh, ich weiß es zu schätzen, dass ihr zu mir gestanden habt, auch wenn es bestimmt nicht so einfach war. Das bedeutet mir viel und ich hätte mich schon längst bedanken sollen.«

Ich geriet immer ins Faseln, wenn ich nervös war.

Sowohl Trudy als auch Bacon lächelten mich an. Wahrscheinlich hatte ich gerade die am wenigsten bossmäßige Rede aller Zeiten vor ihnen gehalten. »Er ist ein toller Kerl«, sagte Trudy. »Hyperaktiv oder so was – kann nicht einen Moment wirklich stillsitzen – aber ein toller Kerl.«

Ich lachte darüber und nachdem sie gegangen waren, setzte ich mich wieder auf die Couch und seufzte.

Tja, das war seltsam. Genau genommen war der ganze Abend schon seltsam gewesen.

Als Nächstes hörte ich die Ankunft der Bikes und Stimmen bei der Scheune. Als sich die Vordertür öffnete, erwartete ich Travis, aber es war George.

»Hey«, begrüßte ich ihn.

»Charlie«, sagte er mit einem Nicken.

»Ähm, nur dass du Bescheid weißt, Billys Cousine wird eine Weile bei uns leben. Wenn du also ein Kind hier rumlaufen siehst, dann ist sie das.«

»In Ordnung«, sagte er. George war nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Er sah mich von oben bis unten an. »Alles klar bei dir?«

»Seltsamer Tag«, antwortete ich kryptisch.

George lachte, so als wüsste er etwas, das ich nicht wusste, aber dann verschwand er ohne weiteres Wort in der Diele.

Ich lehnte mich auf der Couch zurück und fuhr mir mit der Hand durch die Haare. Was für ein verdammter Tag. Erst fühlte Ma sich nicht gut, dann Billy und seine Cousine, dann Trudy und Bacon… Gott. Ich fragte mich, ob irgendetwas diesen Tag noch schlimmer machen könnte, als ich Travis die Verandastufen heraufkommen hörte. Die Vordertür ging auf und er streckte seinen Kopf durch die Tür. Er wirkte aufgeregt und ein bisschen nervös.

»Trav?«

Er kam herein und erst da sah ich, dass er ein Bündel in den Armen hielt. Es war sein Hoodie, den seine Mom ihm geschickt hatte. Travis grinste und zog den Stoff zurück. Zwei große Ohren und zwei große, braune Augen kamen zum Vorschein.

Oh Scheiße, Travis hatte ein Riesenkänguru-Baby auf dem Arm.

Kapitel 3

Shitville. Einwohner: ich.

»Travis«, fragte ich leise. »Was soll das werden?«

Er grinste und trat ins Zimmer, das Bündel aus großen Ohren und neugierigen, braunen Augen immer noch auf dem Arm. »Na ja, ihre Mutter fand ein vorzeitiges Ende«, sagte er und seine Mundwinkel sanken herab. »Und als wir hingingen, um den Kadaver zu Hundefutter zu verarbeiten, war da das Junge.«

»Travis«, sagte ich kopfschüttelnd. »Wir können kein Känguru halten.«

»Warum nicht?«, fragte er.

»Weil Kängurus eine Plage sind. Sie vernichten die Weidepflanzen für unser Vieh. Ihr wart da draußen, um sie auszumerzen, nicht, um Haustiere daraus zu machen.«

Travis' Lächeln erstarb. »Aber es ist nur ein Baby. Ich habe keine Probleme damit, gegen Plagen vorzugehen, aber ich konnte doch nicht ein hilfloses Baby da draußen zurücklassen. Sie wäre entweder verhungert oder von Dingos gefressen worden.«

»Oder du hättest sie erschießen können. Es erschießen. Was auch immer. Du hättest es erschießen können.«

Travis klappte die Kinnlade herunter. Er sah… entsetzt aus. »Ich konnte sie doch nicht einfach erschießen!«

»Rote Riesenkängurus können einem erwachsenen Mann Brust und Bauch aufreißen, Trav. Ganz zu schweigen davon, was sie mit unseren Hirtenhunden machen.« Ich schüttelte den Kopf. »Du kannst sie nicht behalten.«

Travis betrachtete für eine lange Weile das Junge, das er in den Armen hielt. Und als er mich schließlich wieder ansah, hatte er diesen dickköpfigen, entschlossenen Ich kann verdammt noch mal tun, was ich will-Ausdruck in den Augen. »Tja, ich behalte sie aber. Zumindest, bis sie groß genug ist, um für sich selbst zu sorgen.«

»Travis«, fing ich an.

»Nein, Charlie«, sagte er rundheraus. »Nein.« Und damit drehte er sich um und ging in die Küche.

Ich stand im leeren Wohnzimmer und hatte keine Ahnung, in welches verdammte Paralleluniversum ich an diesem Tag geraten war. Mein langweiliges, ruhiges Leben, in dem nie irgendetwas passierte, wurde immer unlangweiliger. Ich kratzte mich am Kopf und zog in Betracht, Travis zu folgen, aber dann dachte ich, dass er etwas Zeit brauchte, um sich zu beruhigen und die Dinge in vernünftigerem Licht zu sehen. Sicher, Babykängurus waren niedlich und flauschig, so wie alle Tierbabys. Aber das galt auch für Babyfüchse, Babykaninchen und sogar Babyratten. Und von denen hielten wir auch keine auf dem Hof. Ganz sicher nicht.

Eine Plage war eine Plage.

Und aus kleinen Kängurus wurden große, ausgewachsene Kängurus, und Rote Riesenkängurus waren gefährlich. Sie waren dafür bekannt, dass sie Hirtenhunde und auch Menschen angriffen und ernsthaft verletzten oder gar töteten. Das würde ich nicht riskieren.

Und weil ich mich heute nicht mehr mit ihm streiten und stattdessen über alles nachdenken wollte, was an diesem Nachmittag passiert war, ging ich lieber ins Bett.

Ich blieb wach und wartete so lange auf Travis, wie ich die Augen offen halten konnte.

Als ich aufwachte, war ich allein.

Ich hörte Stimmen aus der Küche – sie klangen nach Travis und Ma – und angesichts der Tatsache, dass er mich offenbar nicht sehen wollte und ich keine besondere Lust hatte, mich zu unterhalten, oder schlimmer: ignoriert zu werden, schnappte ich mir meinen Hut vom Haken und ging zur Vordertür hinaus. Genau genommen ging ich Travis nicht wirklich aus dem Weg, aber ich musste vor dem Frühstück die Hunde füttern und Dinge erledigen.

Jedenfalls war genau genommen er es, der angefangen hatte, nicht mit mir zu reden, und er hatte nicht in unserem Bett geschlafen…

… meinem Bett.

Dem Bett. Was auch immer, zum Teufel. Er war letzte Nacht nicht ins Bett gekommen.

Ich beschäftigte mich, so lange ich konnte, in der Scheune. Na ja, bis Ma mich zum zweiten Mal zum Frühstück rief. Ich hängte meinen Hut an den Haken und setzte meinen mürrischen Hintern auf meinen Platz am Kopfende des Tisches, neben Travis.

Ich sah ihn nicht an. Ich nahm ihn nicht zur Kenntnis. Ich schätze, dass die anderen meine miese Laune bemerkten, weil sie stumme Blicke untereinander tauschten und dabei immer wieder kurz zu mir und Travis blickten. Außer natürlich George, der entweder nichts merkte oder den es einfach nicht kümmerte. Er gab seine Anweisungen für den Tag, kurz und knapp, und bevor ich vom Tisch aufstehen konnte, hakte Travis unter dem Tisch seinen Fuß um meinen Knöchel. Dieses Füßeln, das er immer machte.

Ich zog meinen Fuß weg und stand auf, bevor mein wild schlagendes Herz mich davon abhalten konnte. Ich trug die beiden leeren Tabletts in die Küche zu Ma. »Wie fühlst du dich heute Morgen?«, fragte ich. »Ich hätte das schon eher fragen sollen, entschuldige.«

»Besser, glaube ich«, sagte sie und legte eine Hand auf meinen Arm. »Mit dir alles in Ordnung, Charlie?«

Ich sah ihr nicht in die Augen. »Sicher, was sollte sein?«

Dann kam Travis in die Küche, so als hätte er eine perfekt getimte Anweisung von einem Bühnenregisseur bekommen. Was natürlich mein Stichwort war, besagte Bühne zu verlassen. Und ich sah ihn nicht an.

»Charlie«, sagte er leise, als ich an ihm vorbeiging.

»Bin beschäftigt«, rief ich aus der Diele zurück. Ich nahm meinen Hut und ließ die Vordertür hinter mir zuknallen. Also beschäftigte ich mich. Den ganzen verdammten Tag lang.

Ich verbrachte etwas Zeit mit Billy und seiner Cousine Nara. Sie sah schon viel besser aus, frisch geduscht und in sauberen, vermutlich geborgten Kleidern. Wir unterhielten uns eine Weile, ich erklärte ihr die grundlegenden Regeln der Station und versuchte, ein bisschen was über sie herauszufinden. Wie sich herausstellte, konnte sie weder reiten noch ein Motorrad fahren. Auch konnte sie nicht besonders gut lesen oder schreiben. Und ich hatte keinen Schimmer, was ich mit ihr anfangen sollte.

»Schon gut, Boss«, sagte Billy. »Ich nehm sie unter meine Fittiche, bring ihr was bei.«

Es war offensichtlich, dass Billy wollte, dass seine Cousine auf der Farm blieb, aber ich hatte gerade keine Geduld für nichts und war in mieser Stimmung. Ich atmete tief durch und versuchte, mich zusammenzureißen. Es war nicht die Schuld der Kleinen, dass mein fester Freund auf der Couch geschlafen hatte. »Sicher, Billy«, sagte ich. »Nara, du hörst auf Billy, okay? Und in ein paar Tagen sehen wir dann, wo du dich nützlich machen kannst.«

Sie nickte nervös. »Ist gut. Danke, Mr. Sutton.«

Nara sah immer noch aus, als würde sie jeden Moment die Flucht ergreifen wollen, und ich fragte mich unweigerlich, was dieses Kind durchgemacht hatte und was wirklich passiert war, das Billy bewogen hatte, ihr Unterschlupf zu gewähren. Ich unterdrückte meine Laune und lächelte sie an, um ihr das Gefühl zu geben, hier willkommen zu sein. »Es mag für dich vielleicht nicht so furchtbar spannend sein«, lenkte ich ein. »Aber es sind alles nette Leute hier. Wenn Billy nicht da ist, kannst du zu mir kommen. Wenn du das lieber nicht möchtest, dann ist für gewöhnlich Ma irgendwo im Haus. Du gehst und redest mit ihr. Ihr wird das nichts ausmachen.«

Nara nickte und Billy schenkte mir sein typisches breites Grinsen. Ich schlug ihm mit der Hand auf die Schulter, dann überließ ich die beiden sich selbst. Ich beschloss, den Tag mit Shelby zu verbringen, anstatt darauf zu warten, dass Travis nicht mit mir sprach. Ich rief Shelby zu mir, sattelte sie und machte mich nach Norden auf, bevor irgendjemand rauskommen und fragen konnte, was ich vorhatte.

Ich brauchte einfach etwas Zeit für mich. Zeit, um den Kopf klar zu bekommen. Zeit, um durchzuatmen. Ich war seit sechs Monaten kein einziges Mal allein ausgeritten. Seit Travis hier angekommen war. Und nachdem ich vor seiner Ankunft so lange ganz für mich allein gewesen war, war es nun schön, mal wieder etwas Zeit nur für mich zu haben.

Vielleicht hatte er sich deswegen freiwillig gemeldet, vier Tage lang Zäune reparieren zu gehen. Vielleicht hatte er Zeit ohne mich verbringen wollen…

Ich versuchte, nicht zu denken, während ich ritt. Shelby fühlte sich gut unter mir an, geschmeidig und vertraut. Und so wie sie ihr Kinn und die Ohren aufgerichtet hatte, war ich sicher, dass auch sie sich hier draußen wohlfühlte. Ich glaube, sie hatte das genauso vermisst wie ich.

»Schon eine Weile her, was, mein Mädchen?«, sagte ich zu ihr. »Ist es gut, hier draußen zu sein, nur wir zwei, so wie früher? Oder vermisst du Texas an unserer Seite?« Niemand verstand, warum ich mit meinem Pferd redete, als wäre sie ein Mensch. Ich machte das aber immer. »Mir gefällt's, wenn Travis und Texas mit uns reiten. Na gut, es gefällt mir nicht nur – ich liebe es. Aber es ist auch irgendwie schön, wenn wir zwei allein unterwegs sind, ja?«

Natürlich antwortete sie nicht.

»Du magst Texas, oder? Er ist ein gutes Pferd. War am Anfang ein bisschen verrückt, aber die meisten jungen Burschen sind so. Wir können nichts dafür. Aber Travis hat ihn anscheinend gut hinbekommen. Er ist jetzt ein gutes Stockhorse. Travis scheint zu glauben, dass er das geschafft hat«, sagte ich. »Aber wir wissen, dass das nicht so ist. Es liegt daran, dass du und Texas so viel Zeit miteinander verbringt – weil Travis und ich so viel Zeit miteinander verbringen – und Texas von dir gute Manieren gelernt hat.« Ich beugte mich vor und tätschelte ihren Hals. »Aber das sagen wir ihnen nicht.«

Im Winter hatte die Wüste andere Farben als unter der Sommersonne. Die Erde war noch so rot wie immer, aber es war ein sanfteres Rot. Vielleicht lag es an dem veränderten Sonnenlicht oder es war die kühlere Luft, frisch und sauber. Da war nicht diese sengende Sonne, die alles verdorrte, was sie berührte, und die Luft brannte nicht in den Lungen.

Der Winter brachte seine eigenen Probleme mit sich, aber die kühleren Tage und kalten Nächte gefielen mir am besten. Besonders jetzt, da ich einen hochgewachsenen, texanischen Körper in meinem Bett hatte, um mich warmzuhalten…

»Ach.« Ich seufzte. »Ich habe das Recht, auf ihn sauer zu sein.« Dann grollte ich. »Na ja, okay. Vielleicht auch nicht. Vielleicht habe ich überreagiert. Aber Kängurus sind eine Plage. Sie fressen unsere Ernte, wir schießen sie ab. So ist das nun mal. Und dann ist er nicht ins Bett gekommen. Er hat auf der Couch geschlafen… oder in einem Gästebett oder… ich weiß nicht einmal, wo er geschlafen hat, aber jedenfalls nicht bei mir. Und was soll das, bitte?«

Ich seufzte dramatisch und zog die Zügel an, damit Shelby stehen blieb.

»Na gut, vielleicht habe ich überreagiert. Aber das hat er auch.« Ich schnaubte. Oder knurrte. Oder so etwas. »Und was soll die Schmollerei? Nicht mit mir zu sprechen? Man ignoriert nicht einfach seinen…« Noch während ich die Worte aussprach, fiel mir ein, dass Travis heute Morgen versucht hatte, mit mir zu reden, und dass ich wohl eher ihn ignoriert hatte…

Ich seufzte, lang und laut. »Wie zum Henker soll ich denn wissen, was ich tue? Ich habe keinen verdammten Schimmer! Ich hab keine Erfahrung mit diesem Mist. Ich weiß nicht, was man machen muss, damit eine Beziehung funktioniert.«

Shelby verlagerte ihr Gewicht und zuckte mit den Ohren, was in Pferdesprache so viel hieß wie: Geh nach Hause und entschuldige dich, du Idiot.

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