Kitabı oku: «Das Insolvenzgeld als Mittel zur Fortführung und Sanierung von Unternehmen», sayfa 3

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3. Die gleichzeitige Entwicklung des Insolvenzrechts
a) Die Anfänge des Insolvenzrechts

Das Insolvenzrecht hat im Laufe der Zeit wie kaum ein anderes Rechtsgebiet tiefgreifende Veränderungen erfahren. Es ist daher weder sinnvoll noch möglich, alle diese Veränderungen bis ins letzte Detail darzustellen. Die Betrachtung soll sich ausschließlich darauf beschränken, einen Vergleich zwischen der insolvenzrechtlichen und der sozialrechtlichen Entwicklung zu ermöglichen. Das gibt dem Leser Gelegenheit, die Normen im Kontext einzuordnen.

Die Geschichte des Insolvenzrechts beginnt bereits im römischen Recht. Dieser Einfluss hat auch in anderen Bereichen das deutsche Zivilrecht maßgeblich mitgeprägt. Im römischen Recht gab es eine Gesamtvollstreckung durch die missio in bona bzw. der missio in possesionem als Regelform der Vollstreckung eines Urteils aus dem Formularprozess gegen den nicht leistenden Schuldner.38 Wörtlich ist damit die Einweisung in das Vermögen bzw. den Besitz gemeint, um sich dann daraus zu befriedigen. Schon zur damaligen Zeit wurde das Vermögen des Betroffenen beschlagnahmt, um anschließend die Gläubiger gleichmäßig befriedigen zu können.39 Dieses Konzept ist bis heute erhalten geblieben und deckt sich mit dem Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter in § 80 Abs. 1 S. 1 InsO. Die Beschlagnahme tritt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein. Bis in die Gegenwart ist die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger sowie deren Gleichbehandlung ein wichtiger Grundsatz des Insolvenzrechts. Meist entzündet sich ein Streit über diesen Grundsatz unmittelbar an einzelnen Rechtsfragen innerhalb eines Insolvenzverfahrens.40 Das römische Recht sah weder Sanierung noch Restschuldbefreiung vor.41 Zugegeben: Global agierende Konzerne mit tausenden Beschäftigten waren selbst für römische Verhältnisse – Rom war immerhin die erste Millionenmetropole – nicht mal entfernt denkbar. Die Wirtschaft gab das noch nicht her.

Dennoch waren die römischen Verhältnisse im Hinblick auf das Vollstreckungsverfahren eher martialisch. Die Personalexekution erlaubte die Vollstreckung nicht nur in das Vermögen selbst, sondern auch in andere Rechtsgüter.42 Der Schuldner wurde wortwörtlich in Stücke geschnitten und aufgeteilt. Ein Schuldner verlor sogar seine Stellung als Bürger, wenn er seine Verpflichtungen nicht erfüllen konnte.43 Im späteren germanischen Recht – zur Zeit von 500 v. Chr. bis 100 v. Chr. – fanden sich unter anderem Treuegelöbnisse, die eine Schuldknechtschaft vorsahen, falls jemand sein gesamtes Vermögen verloren hatte.44 Der heute bekannte schuldrechtliche Grundsatz des „pacta sunt servanda“, der unser Verständnis des Insolvenzrechts und Vollstreckungsrechts maßgeblich prägte, entwickelte sich aber erst später als Teil des kanonischen Rechts.45

Die Entwicklung des Vollstreckungsrechts im mittelalterlichen Deutschland hingegen war zunächst noch geprägt vom Prioritätsprinzip („Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“). Bereits der Sachsenspiegel und der Schwabenspiegel enthielten Regeln zur Vollstreckung gegen den säumigen Schuldner.46 Eine gemeinsame Befriedigung der Gläubiger fand nicht statt. Erst nach und nach setzte sich – anfänglich noch ausschließlich in den Städten – die Gesamtvollstreckung im Sinne einer gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger nach römischem Vorbild durch.47 Innerhalb dieser Phase entwickelten sich vom 15. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert hinein wesentliche Grundzüge des heutigen Insolvenzrechts, die bis heute prägend sind. Das ist natürlich sehr verkürzt und vereinfacht dargestellt, aber die Wiederentdeckung des römischen Rechts beeinflusste das spätere gesamtdeutsche Konkursrecht.48 Diese Entwicklungen gipfelten dann 1877 in der ersten Konkursordnung. Die Schwierigkeit (damals wie heute) bestand in der Verknüpfung von materiellem Recht und Zivilprozessrecht.49 Noch heute zeigt sich dieses Phänomen beispielsweise bei der Prozessaufrechnung.50

b) Von der Konkursordnung zur Insolvenzordnung

Mit der Ausarbeitung des BGB wurde die Konkursordnung in den Folgejahren ebenfalls angepasst. Die neue Konkursordnung trat dann zusammen mit dem BGB am 1. Januar 1900 in Kraft. Sie sah bereits in § 174ff. KO die Möglichkeit eines Zwangsvergleiches vor. Der Zwangsvergleich war aber stets noch Teil des eigentlichen Konkursverfahrens.51 Erstmals entwickelte sich dann 1927 mit der Vergleichsordnung ein System zur Abwendung von reinen Abwicklungsverfahren, das aber noch nicht betriebswirtschaftlich orientiert war.52 Hier beginnt bereits in der Weimarer Zeit die Geschichte der Sanierung und Fortführung von Unternehmen. Durch die deutsche Teilung nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich das Recht unterschiedlich weiter. In der BRD wurden gleichzeitig mit der Einführung des Insolvenzgelds im Jahr 1974 Bestrebungen angestellt, den „Konkurs des Konkurses“53 (gemeint sind massearme Verfahren) zu vermeiden.54 Es sollten mehr ausproduzierte und halbfertige Leistungen fertig gestellt werden.55 Massearme Konkurse sollten durch eine dynamische Sequestration vermieden werden.56 In Westdeutschland wurden mit dem Gesetz über den Sozialplan von 1985 weitergehende Regelungen zugunsten der Arbeitnehmer getroffen.57 Da in der DDR die Planwirtschaft vorherrschend war und alle großen Betriebe verstaatlicht waren, gab es kein Bedürfnis nach einem eigenen Konkurs- oder Insolvenzrecht. Volkseigene Betriebe – so das damalige Selbstverständnis – konnten keine finanziellen Krisen haben. Ähnlich ist es heute nur noch bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, § 12 InsO, die bislang noch nicht insolvenzfähig sind.

Es gab sowohl das Recht auf als auch die Pflicht zur Arbeit, was die meisten privatautonomen Gestaltungen, die über den Bedarf des täglichen Lebens hinaus gingen, unmöglich gemacht hatte.58 § 42 StGB-DDR sah die Pflicht zur Arbeit vor, indem „asoziales Verhalten“ kriminalisiert wurde. Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung mit der DDR sah das dann anders aus. Die Volkseigenen Betriebe (VEB) waren den „neuen“ Kräften des Marktes schutzlos ausgeliefert und konnten sich nicht selbstständig am Markt halten. Große Betriebe gerieten am freien Markt in die Krise. Im Gebiet der damaligen DDR galt ab dem 1. Juli 1990 die Gesamtvollstreckungsordnung, um die ehemals verstaatlichten Betriebe abzuwickeln. Diese hatte damals immerhin 23 Paragrafen. Die Regelungsdichte war, für den Umfang, den einige Unternehmen hatten, klein.59 Für die Sanierung großer Unternehmen war die Gesamtvollstreckungsordnung ursprünglich nicht konzipiert. Sie war eine Übergangslösung zur Überführung von Unternehmen in die Marktwirtschaft.

Erst nach der Wiedervereinigung vereinheitlichte man das System von Konkurs, Vergleichsordnung und Gesamtvollstreckungsordnung zu einem einheitlichem Insolvenzrecht. Am 1. Januar 1999 trat damit die Insolvenzordnung nach vierjähriger Wartezeit in Kraft.60 Das Gesetz beendete die „interlokale Rechtsspaltung“.61 Man entwickelte ein gesamtdeutsches Insolvenzrecht. Erstmals kamen im Jahre 1999 Regelungen in die Insolvenzordnung, die mit einigen traditionellen Prinzipien brachen. So ermöglichte das Gesetz erstmals die Restschuldbefreiung. Außerdem stellte der Gesetzgeber in § 1 InsO ausdrücklich klar, dass nunmehr auch der Erhalt eines Unternehmens ein Verfahrensziel sein kann. Dieses Ziel verfolgten die Schuldner bzw. die Geschäftsführer eines Unternehmens aus Eigeninteresse natürlich schon immer. Erstmals etablierte man aber das Insolvenzplanverfahren, um einem Hauptziel der Reform, nämlich der Unternehmenssanierung, gerecht werden zu können. Die Verfahrensziele Liquidation, Sanierung und übertragende Sanierung sah der Gesetzgeber nunmehr als gleichwertig an.62 Schon damals wurde in Frage gestellt, ob diese verbesserten Möglichkeiten in der Praxis als echte Alternative angenommen werden würden.63 Tatsächlich zeigte die weitere Entwicklung auch, dass zwar mit dem Insolvenzplan und der Eigenverwaltung durchaus Instrumentarien geschaffen wurden, um Sanierungen zu erleichtern, aber die praktische Umsetzung eher ernüchternd ausfiel.64

Die Gründe dafür sind vielschichtig, teilweise wurde die Schuld bei den Insolvenzverwaltern gesucht, die nicht bereit waren, über Nacht die Zerschlagungskultur abzulegen.65 Soweit behauptet wird, durch die Zerschlagungskultur sei eine bessere Befriedigung der Gläubiger möglich gewesen, ist diese Erklärung mit Sicherheit zu einfach, zeigt aber, dass es nicht ausreichend ist, theoretische Sanierungsmöglichkeiten zu schaffen.66 Entscheidend ist die praktische Umsetzung im Unternehmen. Vor diesem Hintergrund steuerte der Gesetzgeber nunmehr mit dem ESUG, das am 1. März 2012 in Kraft trat, weiter in Richtung „Sanierungsfreundlichkeit“. Ohne umfänglich auf die Regelungen im Einzelnen eingehen zu wollen, hat das Gesetz dazu geführt, dass sowohl der Schuldner als auch die Gläubiger mehr Mitbestimmungsrechte im Verfahren haben. Insbesondere die Möglichkeiten zur Aufhebung der Eigenverwaltung oder Abberufung des Sachwalters wurden eingeschränkt. Hauptziele waren: die frühzeitige Sanierung insolvenzbedrohter Unternehmen, ein erhöhter Gläubigereinfluss, bessere Chancen auf Eigenverwaltung und die Verbesserung von Sanierungschancen im bereits eröffneten Verfahren.67 Wie so häufig, hat jede Verbesserung dieser Rechte zugleich auch einen Nachteil: Die Manipulationsmöglichkeiten sind gestiegen.68 Gleichwohl hat der Gesetzgeber aufgezeigt, wie er sich eine weitere Entwicklung vorstellt. Die Sanierung ist damit endgültig zu einem selbstständigen Insolvenzzweck herangereift. Die Evaluation des ESUG hat gezeigt, dass die beabsichtigten Ziele weitgehend erfüllt wurden, aber im Einzelnen noch Nachbesserungen notwendig sind.69

4. Die Vorfinanzierung aus historischer Sicht

Die Erhaltung der Fortführungs- und Sanierungsoption ist untrennbar mit der Vorfinanzierung des Insolvenzgelds verbunden. In der Praxis gilt die Vorfinanzierung als das wesentliche Sanierungsinstrument.70 Daher kann eine historische Betrachtung nicht ohne die Geschichte der Vorfinanzierung im Speziellen auskommen. Bei der Einführung des Insolvenzgelds im Jahr 1974 war eine Vorfinanzierung unter Einbeziehung einer Bank nicht im Gesetz vorgesehen. Die Gesetzesbegründung aus dem Jahr 1974 erwähnt diese Möglichkeit nicht; der Gesetzgeber hatte es, soweit das heute überhaupt noch rekonstruierbar ist, wohl nicht bedacht.71 Aus diesem Umstand lässt sich noch lange nicht schließen, dass die Vorfinanzierung ein praktisch völlig unbekanntes Instrument gewesen ist. Im Gegenteil: Bereits vor Einführung des Insolvenzgelds waren Banken bereit, Löhne vorzufinanzieren, wenn sie sich damit eine günstigere Verwertung sichern konnten. So verwundert es nicht, dass schon 1964 das BAG zu entscheiden hatte, inwieweit eine Sparkasse Lohnforderungen von Arbeitnehmern abkaufen darf, um eine höherwertige Verwertung der bestehenden Materialien sicher zu stellen.72 Was also passieren würde, wenn eine Sozialleistung die Löhne der Arbeitnehmer unmittelbar absichert, war zumindest vorhersehbar. Wirtschaftlich hat man die Notwendigkeit einer zumindest zeitweisen Weiterarbeit schon früher erkannt. Insoweit war es also zumindest naheliegend, dass die Praxis auf die Einführung des Konkursausfallgeldes entsprechend reagieren könnte. Wie in solchen Fällen üblich – man denke an das gewohnheitsrechtlich gebildete Institut des Sicherungseigentums73 – sind solche Entwicklungen meist an der Grenze des gerade noch gesetzlich zulässigen Rahmens. Bevor eine solche Konstruktion rechtssicher ist oder der Gesetzgeber eine Regelung trifft, kann noch einige Zeit vergehen.

Schon unmittelbar nach der Einführung des damaligen Konkursausfallgeldes soll es beispielsweise zu Manipulationen gekommen sein, indem Arbeitnehmer zur Weiterarbeit veranlasst wurden und die Gesamtergebnisse der Produktion Banken oder Gläubigerpools zugeflossen sind, weil die Banken den Arbeitnehmern für die Übergangszeit zinslose Nettodarlehen gewährt haben.74 Es kam auch zu verzögerten Konkursanträgen, um den geschützten Zeitpunkt bestmöglich auszunutzen.75 Das Problem ist, dass solche Missbräuche nur dann öffentlich wurden und heute noch werden, wenn es zum Streit darüber kommt. Die Zahl der Missbrauchsfälle könnte also wesentlich höher sein, als überhaupt bekannt wurde. Es traten damit in der Praxis erstmalig Fallgestaltungen auf, die den sozialversicherungsrechtlichen Charakter des Konkursausfallgeldes ernsthaft in Frage stellten.76 Das ist kaum verwunderlich, da die Arbeitskraft der Arbeitnehmer eine beachtliche Ressource ist. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die eher restriktive Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf die Gewährung von Insolvenzgeld. Es wurde immer wieder versucht, die Möglichkeiten einer missbräuchlichen Verwendung durch eine grundsätzlich einschränkende Auslegung einzufangen.77 Das BSG hat erstmals – wenn auch noch vergleichsweise allgemein – Grundsätze aufgestellt, wann eine Vorfinanzierung missbräuchlich sein kann. Eine Grenze sollte immer dort zu ziehen sein, wo einzelne Gläubiger aufgrund der Vorfinanzierung unberechtigte Sondervorteile erhalten.78 Gleichzeitig kann aber auch ein Missbrauch dergestalt eintreten, dass auf Kosten der Sozialversicherung und der Arbeitnehmer eine Mehrung der Masse stattfindet, die allen Massegläubigern Vorteile bietet.79 Die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds war also von Anfang an mit einem Makel des Missbrauchs behaftet. Interessant daran ist, dass man damals noch davon ausging, dass die Zusammenarbeit zwischen Sequester und Gericht schon aufgrund der Publizität ein Mindestmaß an Missbrauchsschutz bietet. Die Versuche der Rechtsprechung, einem Missbrauch vorzubeugen, waren dem Gesetzgeber nicht ausreichend, sodass mit Einführung des SGB III ein neuer Weg gewählt wurde.80 Nunmehr sollte die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der kollektiven Vorfinanzierung explizit ihre Zustimmung erteilen.81 Eine kollektive Vorfinanzierung ohne staatliche Beteiligung war also formal ausgeschlossen. Ob dieses Ziel des Gesetzgebers wirklich erreicht wurde, wird im späteren Verlauf noch vertieft.

5. Historische Betrachtung – was bleibt?
a) Auswirkungen sozialrechtlicher Änderungen

Wie eingangs versprochen, sollte der historische Abriss kein Selbstzweck sein. Ziel war es, folgende Beobachtung herauszustellen: Während sich das Insolvenzrecht und seine Methoden und Möglichkeiten massiv verändert haben, sind die Regelungen zum Insolvenzgeld vom tatsächlichen Regelungsgehalt her weitgehend unverändert geblieben. Das Insolvenzrecht hat sich von einem reinen Zerschlagungs- und Abwicklungsverfahren zu einem Sanierungsverfahren entwickelt – nicht so das Sozialrecht. Noch heute ist der Kern der Erstregelung von 1974 erhalten geblieben. Der Anspruch ist von einem Insolvenzereignis abhängig und erstreckt sich grundsätzlich auf einen Zeitraum von drei Monaten. Eine vollständige Reform des Insolvenzgelds oder eine umfassende Evaluation fehlen bis heute. Die Veränderungen durch das ESUG haben keinen wesentlichen Niederschlag im Sozialrecht gefunden. Die ESUG Evaluation setzt sich mit dem Insolvenzgeld selbst nur am Rande auseinander, erkennt aber immerhin die Probleme, die die Rechtsprechung des BSG verursacht.82 Im Hinblick auf die Vorfinanzierung gab es einzelne Änderungen, die jedoch auch für die grundsätzliche Ausrichtung kaum Neuerungen gebracht haben. Die Nützlichkeit des Insolvenzgelds ist unbestritten. Fast alle Beteiligten profitieren von einer erfolgreichen Vorfinanzierung. Änderungsbedarf war nicht erkennbar. Freilich hat man schon früh erkannt, dass die Vorfinanzierung nicht frei von Missbrauchspotential ist und dementsprechend den Zustimmungsvorbehalt durch die Bundesagentur für Arbeit aufgenommen.

b) Auswirkungen der insolvenzrechtlichen Änderungen

Das Insolvenzrecht hat sich von der Konkursordnung über die Vergleichsordnung und die Gesamtvollstreckungsordnung hin zu einem zunehmend sanierungsfreundlichen Regelungskonzept entwickelt. Einige Sanierungsinstrumente, beispielsweise der Insolvenzplan, sind weitaus jünger als die Regelungen zum Insolvenzgeld. Der Gesetzgeber hat versucht, das deutsche Insolvenzrecht attraktiv zu gestalten und einen Insolvenztourismus in andere Länder zu verhindern.83 Die Sanierung soll zukünftig noch mehr in die Zeit vor Insolvenzantragstellung verlagert werden, was letztlich auch die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) zeigt.84 Das legt die Folgefrage nahe, ob und wenn ja, wie das Konzept „Insolvenzgeld“ mit den bereits vorliegenden und noch kommenden Änderungen Schritt halten kann. Man könnte meinen, dass der Gesetzgeber neben der insolvenzrechtlichen Betrachtung auch eine sozialrechtliche Evaluation (ähnlich der ESUG Evaluation) vorgenommen hat. Die Geschichte von Insolvenzgeld und Insolvenzrecht zeichnet aber ein anderes Bild. Das Insolvenzgeld blieb unangetastet. Man sah offenbar keinen Sinn darin, auch das Insolvenzgeld umfassend zu reformieren.85 Ob diese Einschätzung zutrifft, wird sich im weiteren Verlauf noch zeigen.

Zusammenfassend kann man aber festhalten, dass Sozialrecht und Insolvenzrecht bislang nicht in einem einheitlichen Gesamtkonzept aufeinander abgestimmt sind.86 Dabei ließe sich mit sozialrechtlichen Änderungen durchaus auch das Gesamtziel einer frühzeitigen Sanierung und Restrukturierung sowie der Erhalt der Arbeitsplätze mittelbar fördern. Die Synergieeffekte durch die bessere Abstimmung des Sozialrechts und des Insolvenzrechts liegen auf der Hand.

26 Vgl. Vesting, Rechtstheorie § 6 Rn. 196; vgl. auch BVerfG, NVwZ 2014, 577 (579f.). 27 Vgl. Vesting, Rechtstheorie § 6 Rn. 196; Vgl. auch BVerfG, NVwZ 2014, 577 (579f.). 28 Vgl. BVerfG, 1, 299 (312); 10, 234 (244); 11, 126 (130f.); 20, 283, (288ff.). 29 Drittes AFG-Änderungsgesetz vom 17.7.1974, BGBl. 1974 I 1481. 30 Drittes AFG-Änderungsgesetz vom 17.7.1974, BGBl. 1974 I 1481. 31 Brand/Kühl, § 165 SGB III Rn. 5; Kreikebohm/Waltermann/Mutschler, § 165 SGB III Rn. 1; Gagel/Peters-Lange, § 169 Rn. 7; erinnert sei auch an die Verhältnisse in Großbritannien unter A. IV. 32 BT-Drucks. 7/1750 S. 11. 33 Vgl. Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt- De Caluwe/Schmidt, 2. Auflage 2001 § 183 SGB III Rn. 2. 34 Vgl. BT-Drucks. 7/1750 S. 11. 35 BGBL. I 2001 S. 3443; Abs. 1 S. 1 wurde um den Terminus „im Inland beschäftigt waren“ ergänzt und S. 2 enthielt eine Regelung zum ausländischen Insolvenzereignis. 36 BGBl I 2011 S. 2854. 37 Vgl. BT-Drucks. 17/6277 S. 105f. 38 Madaus, JZ 2016 S. 548 (548). 39 Vgl. Madaus, JZ 2016 S. 548 (548f.). 40 Vgl. nur als Beispiel dazu Hoffmann/Marquardt, NZI 2017 S. 513 (515f.). 41 Vgl. Madaus, JZ 2016 S. 548 (548f.). 42 Das Leben, die Ehre, der Körper Vgl. Meier, Die Geschichte des deutschen Konkursrechts insbesondere die Entstehung der Reichskonkursordnung von 1877, S. 3. 43 Meier, Die Geschichte des deutschen Konkursrechts – insbesondere die Entstehung der Reichskonkursordnung von 1877 S. 4. 44 Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte Kap. 2 Rn. 25. 45 Hecke, Das kanonische Recht, S. 21 m.w.N. 46 Vgl. zum Ganzen Seip, DGVZ 1983 S. 51ff. 47 Meier, Die Geschichte des deutschen Konkursrechts – insbesondere die Entstehung der Reichskonkursordnung von 1877, S. 44. 48 Meier, Die Geschichte des deutschen Konkursrechts – insbesondere die Entstehung der Reichskonkursordnung von 1877, S. 199. 49 Meier, Die Geschichte des deutschen Konkursrechts insbesondere die Entstehung der Reichskonkursordnung von 1877 S. 199. 50 Vgl. Leichsenring, NJW 2013, S. 2155 (2159). 51 Keller, Insolvenzrecht Rn. 48. 52 Gottwald/Gottwald, § 1 Rn. 16; Nerlich/Römermann/Braun vor §§ 217–219 Rn. 20. 53 Dieser Begriff wurde geprägt durch Kilger, KTS 1975 S. 142ff. 54 Steinwedel, DB 1998, S. 822 (824f.); vgl. auch die Zusammenfassung bei Leithaus, NZI 2019, S. 1. 55 Steinwedel, DB 1998, S. 822 (824f.). 56 Steinwedel, DB 1998, S. 822 (824f.); die dynamische Sequestration ähnelt der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ausführlich zum Begriff MüKo/Haarmeyer/Schildt, § 22 InsO Rn. 5. 57 BGBl I 1985 S. 369ff. 58 Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte Kap. 8 Rn. 543. 59 Erinnert sei insoweit beispielsweise an die Konsum Genossenschaften oder die VEB Kombinate chemische Werke Buna. 60 Vgl. BGBl. 1994 I S. 2866; Vgl. auch BT Drs. 12/2443. 61 Windel, Jura 1999, S. 1 (1); Smid, BB 1999 S. 1 (1ff.). 62 Uhlenbruck, BB 1998, 2009 (2009). 63 Windel, Jura 1999, 1 (10); Vgl. Häsemeyer, ZHR 1996, 109 (111). 64 Vgl. zu den Hintergründen der Reform Smid, BB 1999, 1 (1ff.). 65 So zumindest Römermann, NJW 2012, 645 (645). 66 Vgl. dazu Reischl, Insolvenzrecht, 1. Auflage, § 11 Rn. 812f. 67 Vgl. K. Schmidt, BB 2011, 1603ff.; Vallender, MDR 2012, 61ff; Reill-Ruppe, VuR 2019, 56 (57f.). 68 Zutreffend Römermann, NJW 2012, 645 (645). 69 Vgl. Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole, Kurzbericht zur ESUG Evaluation abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/Artikel/101018_Kurztbericht_Evaluierung_ESUG.pdf;jsessionid=541DA22FAE209569B9651B6D86B5A587.2_cid289?_blob=publicationFile&v=2 (zuletzt besucht am 24. Juni 2019, 13:00 Uhr). 70 Vgl. Hunold, NZI 2015 S. 785 (788); zur Technik B. IV. 71 BT DruckS. 7/2260. 72 BAG BB 1964, 699ff. 73 Vieweg/Werner, § 12 Rn. 2; Dagegen MüKo/Oechsler, Anh. § 929–936 Rn. 3. 74 Uhlenbruck, KTS 1980 S. 80 (82). 75 Uhlenbruck, KTS 1980 S. 80 (82). 76 Zutreffend Gagel/Peters-Lange, § 170 SGB III Rn. 66. 77 BSGE 70, 265ff. 78 BSGE 76, 67, (70). 79 BSGE 76, 67, (72). 80 Dazu BT-Drs. 13/4941, S. 188. 81 Dazu BT-Drs. 13/4941, S. 188; Schlegel/Voelzke/E. Schneider, jurisPK-SGB III, § 170 SGB III Rn. 38. 82 Vgl. Jacoby/Madaus/Sack/Schmidt/Thole Kurzbericht ESUG Evaluation Gesamtausgabe S. 205f. abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/News/Artikel/101018_Gesamtbericht_Evaluierung_ESUG.pdf;jsessionid=D178D86CB9144C361BD715CD278454FB.2_cid297?_blob=publicationFile&v=2 (zuletzt besucht am 24. Juni 2019 14:33 Uhr.). 83 Vgl. Paulus, ZIP 2011, 1077ff.; vgl. auch Weller/Thomale/Benz, NJW 2016, 2378 (2382). 84 Vgl. Lange/Swierczok, BB 2019, 514 (515f.); Arnold, NZI 2019, 49 (50f.). 85 BT-Drs. 17/6277, 105. 86 Vgl. Frank/Heinrich, NZS 2011, 689 (672).

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