Kitabı oku: «Das Insolvenzgeld als Mittel zur Fortführung und Sanierung von Unternehmen», sayfa 4
II. Die Insolvenzgeldvoraussetzungen im Regelinsolvenzverfahren
1. Allgemeines
Nachdem nun die historischen Grundlagen nachgezeichnet sind, steht die Untersuchung des Insolvenzgelds im Hinblick auf seine konkreten tatbestandlichen Voraussetzungen aus. Diese Grundlagen sind erforderlich, um später die Probleme, die die Rechtsprechung zu mehrfachen Sanierungsversuchen bereitet, nachvollziehen zu können. Die sozialrechtlichen Voraussetzungen sind für das Regelinsolvenzverfahren, die Eigenverwaltung und den Insolvenzplan identisch. Die Unterschiede zwischen Eigenverwaltung und Insolvenzplan wirken sich aus sozialrechtlicher Sicht kaum aus. Das Insolvenzgeld ist, wie bereits geschildert, Teil des Arbeitsförderungsrechtes und systematisch im zweiten Abschnitt von Kapitel 4 des SGB III unmittelbar nach den Vorschriften zum Arbeitslosengeld und vor den weiteren ergänzenden Regelungen zur Sozialversicherung normiert. Insoweit legt schon diese Systematik nahe, dass das Insolvenzgeld neben dem Arbeitslosengeld steht und damit ebenfalls eine Lohnersatzleistung ist. Die Vorschriften unterscheiden sich jedoch inhaltlich und hinsichtlich der Finanzierung erheblich vom Arbeitslosengeld. Ein systematischer Zusammenhang ist aber unbestreitbar.
2. Der Tatbestand des § 165 SGB III
Die Tatbestandsvoraussetzungen des Insolvenzgelds ergeben sich aus dem Wortlaut des § 165 Abs. 1 SGB III. Der Blick auf Detailfragen verstellt schnell den Blick auf die recht klare gesetzliche Systematik.
Überblick über die Insolvenzgeldvoraussetzungen
a) Arbeitnehmer/Beschäftigungsverhältnis
b) Offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt
c) Inlandsbeschäftigung
d) Innerhalb des Dreimonatszeitraumes
e) Insolvenzereignisse– Eröffnung des Insolvenzverfahrens– Abweisung des Antrages mangels Masse– vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Insolvenzantrag nicht gestellt wurde oder offensichtlich mangels Masse abzuweisen wäre
f) Inhalt und Umfang des Anspruchs (Rechtsfolge)
3. Allgemeine Voraussetzungen
Die obige Übersicht zeigt, dass sich die Voraussetzungen in drei Gruppen einteilen lassen: die allgemeinen Voraussetzungen, die spezifischen Insolvenzereignisse und die Rechtsfolgen (also die inhaltliche Reichweite und den Umfang des Anspruches). Diese Einteilung ist nicht zwingend, hat aber eine gewisse innere Logik, da die Voraussetzungen a) bis d) kumulativ vorliegen müssen. Unter e) genügt dagegen bereits ein Insolvenzereignis, um den Anspruch zu begründen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Abweisung mangels Masse haben praktisch die größte Relevanz. Beide schließen einander begrifflich gegenseitig aus. Die Betriebsbeendigung hingegen ist unabhängig von den beiden anderen Insolvenzereignissen.
a) Arbeitnehmer
Die Norm sieht Insolvenzgeld nur für Arbeitnehmer vor. Das klingt zunächst banal, überträgt aber die damit verbundenen arbeitsrechtlichen Fragestellungen ins Sozialrecht. Im Detail sollen diese hier nicht weiter vertieft werden.87 Der Begriff des Arbeitnehmers steht nicht isoliert, sondern bedingt den Gegenbegriff des Arbeitgebers. Die Verbindung beider Begriffe setzt das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus. Das legt insoweit auch § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III nahe. Der Arbeitsvertrag ist in § 611a Abs. 1 BGB normiert. Als Partei des Arbeitsvertrages ist der Arbeitnehmer aber mittelbar in § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III genannt. Gemeinhin ist gem. § 611a BGB Arbeitnehmer, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist, in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich des Ortes, der Dauer und der Art der Beschäftigung unterworfen ist.88 Der Begriff ist durch die Rechtsprechung des BAG weitgehend geklärt.89 Zusammengefasst und juristisch stark vereinfacht kommt es bei der Frage der Abhängigkeit stets auf diverse tatsächliche Indizien an, die für oder gegen eine Selbstständigkeit oder Abhängigkeit sprechen können. Diese geben dann im jeweiligen Einzelfall den Ausschlag. So kann beispielsweise der Geschäftsführer einer GmbH den tatsächlichen Umständen nach eher abhängig beschäftigt sein oder eher selbstständig.90 Hält er zum Beispiel die Mehrzahl der Gesellschafteranteile, spricht das eher für eine Selbstständigkeit, während eine geringe oder gar keine Beteiligung eher für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht.91 Das Beispiel zeigt schon, dass die Faktoren vielfältig sind. Eine Beurteilung kann nur allein anhand des jeweiligen Einzelfalles erfolgen.
aa) Beschäftigungsverhältnis oder Arbeitsverhältnis?
Häufig wird der Begriff Arbeitsverhältnis von dem des Beschäftigungsverhältnisses unterschieden. Dabei sind beide nur teilidentisch und sollten voneinander abgegrenzt werden.92 Es handelt sich dabei möglicherweise auf den ersten Blick um keine wesentliche Unterscheidung für den Umgang mit § 165 Abs. 1 S. 1 SGB III. Man kann das für bloße „Förmelei“ halten. Die Arbeitnehmerbegriffe im Sozialrecht und Arbeitsrecht unterscheiden sich aber.93 Diese Differenzierung wird teilweise übergangen, indem einfach auf den Arbeitnehmerbegriff des Arbeitsrechts abgestellt wird.94 Die Begriffsmerkmale zeigen zwar große Überschneidungen, sind aber nicht identisch. Da das Insolvenzgeld eine Sozialleistung ist – wenn auch mit einer weitergehenden Zweckbestimmung –, sollte man den sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigtenbegriff zugrunde legen.95 Dafür gibt es auch einen dogmatischen Anknüpfungspunkt: § 3 Abs. 4 Nr. 5 SGB III ordnet das Insolvenzgeld den Entgeltersatzleistungen zu. Für diese ist der Beschäftigtenbegriff in § 7 Abs. 1 SGB IV maßgeblich.96 Streng genommen gibt es also kein sozialversicherungsrechtliches „Arbeitsverhältnis“,97 sondern nur den eigenen Terminus des Beschäftigungsverhältnisses.98 Die fehlenden begrifflichen Unterscheidungen in einzelnen Kommentierungen sind vermutlich allein damit zu erklären,99 dass jedes Arbeitsverhältnis auch ein Beschäftigungsverhältnis ist, aber nicht jedes Beschäftigungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis. In den seltensten Fällen wird es in der Praxis und für die Rechtsfolgen dieser Unterscheidung wirklich jemals ankommen.
Trotzdem gibt es den begrifflichen Unterschied. Während ein Arbeitsverhältnis immer auf einem freiwillig abgeschlossenen gegenseitigen Vertrag (zwei miteinander korrespondierende Willenserklärungen) beruht, kann ein Beschäftigungsverhältnis im sozialrechtlichen Sinne auch zwangsweise entstehen.100 Der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses geht also über den des Arbeitsverhältnisses noch hinaus. So kann beispielsweise ein Arbeitsvertrag sittenwidrig sein, aber trotzdem ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen.101 Der Schutz durch die Sozialversicherung soll deshalb nicht verloren gehen.102 Der Arbeitgeber soll weiterhin verpflichtet bleiben. Insoweit ist die Unterscheidung doch mehr als eine reine Formalie. Da sich die Zuordnung nach den gleichen Kriterien (persönliche Abhängigkeit, Direktionsrecht und Eingliederung in den Betrieb) richtet, kann man aber in der täglichen Rechtspraxis im Regelfall von einer weiteren Differenzierung absehen.103
bb) Bindungswirkung
Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass das BSG einem arbeitsgerichtlichen Urteil Bindungswirkung in dem Fall beimisst, in dem die Klage mangels eines Arbeitsverhältnisses als unzulässig abgewiesen wurde.104 Wie oben gezeigt, ist der Begriff des Beschäftigungsverhältnisses weiter als der des Arbeitsverhältnisses. Das Fehlen eines Arbeitsverhältnisses indiziert also nicht zugleich das Fehlen eines Beschäftigungsverhältnisses. Umgekehrt hingegen ist ein Arbeitsverhältnis automatisch auch ein Beschäftigungsverhältnis.105 In dem vom BSG entschiedenen Fall wurde aber tatsächlich über ein Beschäftigungsverhältnis in Form eines (speziellen) Arbeitsverhältnisses gestritten. Das fehlende Arbeitsverhältnis hätte auch zu einem fehlenden Beschäftigungsverhältnis geführt, weil beide inhaltlich identisch waren.106 Das kann aber – auch wenn man sich dem Vorwurf begrifflicher Pedanterie aussetzt – nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich noch immer um unterschiedliche Begriffe handelt. Deshalb dürfte eine Bindungswirkung der Feststellungen nur dann und nur soweit zulässig sein, wie es sich offensichtlich bei dem Arbeitsverhältnis um das einzige denkbare Beschäftigungsverhältnis für diesen Streitgegenstand handelt.107
b) Offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt
Aus dem oben beschriebenen Beschäftigungsverhältnis müssen die Arbeitnehmer offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Dazu gehören alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die infolge der Leistung des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber erbracht werden. Erfasst sind auch Ansprüche von Heimarbeitern (§ 13 SGB III, § 12 Abs. 2 SGB IV) und Auszubildenden (§ 14 SGB III, § 7 Abs. 2 SGB IV).108 Sachlich ist es in aller Regel ungenau, nur von „offenen Lohnforderungen“ zu sprechen, weil auch Ansprüche erfasst sein können, die begrifflich über reines Arbeitsentgelt hinaus gehen. Gemeint sind damit Zusatzgratifikationen wie beispielsweise Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Auslöse oder Prämien.109 In der Praxis ist die inhaltliche Bestimmung der konkreten Arbeitnehmeransprüche schwierig, da die vom Insolvenzgeld erfassten Ansprüche aufgrund der Vielzahl von arbeitsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten unterschiedlich sind. Man kann die unterschiedlichsten Leistungen an die Arbeitnehmer vereinbaren. Bei der Gestaltung der Arbeitsverträge ist es möglich, unterschiedliche Formen von Zusatzleistungen (Gewinnbeteiligungen, Fahrzeugnutzung etc.) aufzunehmen. Der vergleichsweise kurze Zeitraum des Insolvenzgelds erschwert dann die Abgrenzung zusätzlich. Bestimmte Sonderzahlungen sind auf die entsprechenden Monate anzurechnen, sodass sie beispielsweise nur mit drei Zwölftel zu berücksichtigen sind. Die Details muss man an dieser Stelle hier nicht vertiefen.110
c) Erlöschen der zugrunde liegenden Ansprüche
Die Ansprüche dürfen auch noch nicht – etwa aufgrund von Erfüllung gemäß § 362 BGB – erloschen sein. Es ist also eine ungeschriebene Voraussetzung, dass tatsächlich die Bezüge ausgefallen sind.111 Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Norm, ist aber bereits historische und logische Voraussetzung des Insolvenzgelds. Die doppelte Zahlung von Insolvenzgeld und Arbeitsentgelt an die Arbeitnehmer ist vom Sinn und Zweck der Norm ausgeschlossen. Durch das Insolvenzgeld sind nur solche Ansprüche auszugleichen, die bisher nicht befriedigt wurden.112 Es kann verschiedene Ursachen haben, dass die Bezüge auch in der Krise nicht ausfallen. Meist hängt das damit zusammen, dass die Ansprüche schon gemäß § 362 BGB erfüllt waren, bevor sie ausfallen konnten. Die Beteiligten (Bundesagentur für Arbeit, vorläufiger Insolvenzverwalter und die vorfinanzierende Bank) müssen letztlich sicherstellen, dass die Ansprüche der Arbeitnehmer nicht anderweitig befriedigt wurden oder werden. Die damit verbundenen Fragen sind bisher in der Literatur und Rechtsprechung kaum untersucht und sollen daher nachfolgend ausführlicher betrachtet werden.113 Sie werden aber erst relevant, wenn die Bundesagentur für Arbeit die Zustimmung zur Vorfinanzierung unter Hinweis auf eine anderweitige Befriedigung der Arbeitnehmeransprüche verweigert.
aa) Erfüllung
Eine Möglichkeit des Erlöschens ist die Erfüllung. § 362 BGB sieht vor, dass die Leistung erlischt, wenn sie an den Schuldner bewirkt wird. Gemeint ist damit seit jeher, dass der Leistungserfolg eingetreten ist.114 Auf die Leistungshandlung allein kommt es regelmäßig nicht an.115 Es ist aber denkbar, dass die Ansprüche erfüllt werden, bevor Insolvenzgeld beantragt wird. Das ist auch der Grund, warum der Insolvenzverwalter bewusst die Löhne in dem Dreimonatszeitraum nicht erbringt. Würde er nämlich die Arbeitnehmer nicht über die Vorfinanzierung des Insolvenzgelds bezahlen, sondern sie freiwillig aus der eigentlichen Insolvenzmasse bezahlen, würde deren Anspruch auf Insolvenzgeld erlöschen.116
bb) Cashpool und Erfüllung
Komplizierter wird es, wenn eine anderweitige Haftung eines verbundenen Unternehmens im Raum steht. Gerade in Konzernstrukturen ist es zumindest denkbar, Personalangelegenheiten bei einer Gesellschaft zu bündeln und diese Gesellschaft über weitere Gesellschaften im Rahmen von Cashpooling zu finanzieren. Für das Insolvenzgeld entspricht es auch beim Cashpool der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass die Haftung Dritter allein nicht zum Erlöschen des Insolvenzgeldanspruches führt.117 Zur Begründung führt das BSG an, dass das Gesetz nicht vorsehe, dass auch der Dritte, der für die Forderungen hafte, zahlungsunfähig seien müsse.118 Unterstelle man dies, dann müsste sich der Arbeitnehmer mit einem „weiteren“ Arbeitgeber, nämlich dem Dritten, auseinandersetzen.119 Außerdem setze die Vorschrift nicht den endgültigen Ausfall der Ansprüche voraus.120 Die Vorinstanz hatte dies noch anders gesehen und sich dabei mit den anderen Vorentscheidungen des BSG vertieft auseinandergesetzt.121 Das BSG hatte nämlich für die Fälle des § 613a BGB bereits entschieden, dass die Übernahme und die damit verbundene Haftung des Erwerbers nicht dazu führt, dass der Anspruch auf Insolvenzgeld entfällt.122 Das ist schon aus ökonomischen Überlegungen heraus zutreffend, weil eine übertragende Sanierung ausgeschlossen wäre, wenn der Erwerber stets auch die Ansprüche befriedigen müsste, die sonst vom Insolvenzgeld abgedeckt wären.123 So wäre eine übertragende Sanierung nahezu ausgeschlossen, zumal § 613a BGB schon jetzt in der Praxis die Sanierungsbemühungen erschwert.124 Das LSG NRW stützte seine Erwägungen aber maßgeblich darauf, dass der Arbeitnehmer im zu entscheidenden Fall den Verlust der Forderung hingenommen hat und auch gegenüber dem Dritten keine Ansprüche geltend gemacht hatte.125 Gewährt man dem Arbeitnehmer nunmehr trotzdem Insolvenzgeld, dann werde die Möglichkeit der Manipulation eröffnet, weil der Drittschuldner sich von seiner Schuld „freizeichnen“ könne, was nicht mehr dem Zweck des Insolvenzgelds entsprechen könne.126 Die dahinterstehende Frage ist: Warum soll die Bundesagentur mittels Insolvenzgeld den Dritten von seiner Schuld befreien? Erstaunlich wenig behandelt das BSG die Möglichkeiten einer Manipulation wie vom Landessozialgericht befürchtet.127 Vielmehr vertritt das BSG die Auffassung, dass das Gesetz als Voraussetzung für das Insolvenzgeld eine Zahlungsunfähigkeit des Dritten nicht vorsehe.128 Im Kern der Argumentation geht es also um das befürchtete Ausfallrisiko beim Dritten. Der Arbeitsvertrag besteht nur zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber. Der Dritte ist nicht Vertragspartei, auch wenn er haftet. Verweist man nun die Arbeitnehmer auf diese Haftung, anstelle ihnen Insolvenzgeld zu gewähren, bürdet man ihnen zusätzlich das Insolvenzrisiko für den Dritten auf, ohne, dass es überhaupt eine vertragliche Verbindung gäbe.129 Das dürfe den Arbeitnehmern nicht zugemutet werden, da das Insolvenzgeld weitreichenderen Schutz bieten solle.130
Dem lässt sich entgegenhalten, dass dieses Insolvenzrisiko ohnehin immer bei Abschluss eines Arbeitsvertrages besteht. Es ist ein allgegenwärtiges Risiko. Ob das bereits eine besondere Mehrbelastung für die Arbeitnehmer darstellt, ist zweifelhaft. Jedenfalls ist diese Argumentation aber nur dann zutreffend, wenn die Arbeitnehmer gegen den Dritten nur einfache Haftungsansprüche haben. Anders muss die Beurteilung ausfallen, wenn der Dritte die Löhne bereits aus seinem Vermögen ausgesondert hat und auch ein Insolvenzverwalter des Dritten darauf nicht mehr zugreifen kann oder anderweitig ausreichend Sicherheit geleistet wurde. Soweit die Ansprüche der Arbeitnehmer durch einen Dritten vollumfänglich und auch durch werthaltige Sicherheiten abgesichert sind, gibt es keinen Grund, zusätzlich Insolvenzgeld zu gewähren. Die Erfüllung der Ansprüche ist damit bereits so weit fortgeschritten, dass die Erfüllung nicht mehr verhindert werden kann. Nur der endgültige Ausfall der Forderung kann zu einem Anspruch auf Insolvenzgeld führen. Wenn trotzdem Insolvenzgeld gewährt wurde, muss die Bundesagentur aber ihrerseits die Ansprüche der Arbeitnehmer als Masseverbindlichkeiten zurückverlangen können. Andernfalls würde die Masse durch Insolvenzgeld und durch die Haftung des Dritten doppelt subventioniert, obwohl die Arbeitnehmer nur einmal befriedigt werden können. Die Bundesagentur würde dann unter Umständen nur die Quote erhalten, obwohl ein Dritter vollumfänglich für die Bezüge aufgekommen ist. Dadurch erhöht sich die Masse und die Quote auf Kosten der Allgemeinheit. Denkbar sind solche Konstellationen vor allem dann, wenn Körperschaften des öffentlichen Rechts grundsätzlich die Personalkosten tragen.131 Insoweit muss man die Ansicht des BSG wohl präzisieren. Ein bloßer Anspruch gegen einen Dritten auf Zahlung der Bezüge genügt nicht, um das Insolvenzgeld auszuschließen. Ist dieser Anspruch aber ausreichend insolvenzfest oder kann die Erfüllung der Arbeitnehmeransprüche nicht mehr verhindert werden, dann gibt es keinen Grund, die Masse mittels Insolvenzgeld weiter zu subventionieren. Der Schutzzweck der Insolvenzgeldsicherung würde verfehlt. Das gilt erst recht, wenn letztlich der Dritte die Ansprüche befriedigt oder befriedigen könnte. Dann fallen nachträglich die Voraussetzungen des § 165 Abs. 1 SGB III weg. Die Abtretung des Insolvenzgeldanspruches und damit auch die Vorfinanzierung gehen ins Leere. Soweit die Bank dennoch in Unkenntnis dieser Umstände an die Arbeitnehmer geleistet hat, dürfte sie einen Anspruch gegen die Insolvenzmasse haben.
cc) Hinterlegung
Gleiches muss insoweit auch für die Hinterlegung gelten. Hinterlegt der Dritte gemäß § 372 BGB das Geld infolge der Ungewissheit hinsichtlich eines im Raum stehenden Insolvenzverfahrens und verzichtet er dabei gemäß § 378 BGB auf sein Rücknahmerecht, tritt die Erfüllungswirkung für die Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis ein. Die Bundesagentur für Arbeit darf dann mangels offener Ansprüche auf Arbeitsentgelt kein Insolvenzgeld gewähren. Der vorläufige Insolvenzverwalter oder der eigenverwaltende Schuldner sollte dann auch nicht eine Vorfinanzierung organisieren, weil die Gefahr besteht, dass der Anspruch auf Insolvenzgeld niemals entsteht. Das birgt erhebliche Haftungsrisiken. Es bedarf aber auch keiner Vorfinanzierung, weil die offenen Bezüge durch die Hinterlegung ausreichend abgesichert sind. Dass die Insolvenzmasse dann nicht von der Vorfinanzierung profitiert, ist hinzunehmen.
dd) Treuhandkonten
Denkbar ist in den obigen Konstellationen, dass Gelder für die Bezüge der Arbeitnehmer auf ein Treuhandkonto gezahlt werden. Solche Fälle werden ausschließlich im Zusammenhang mit dem öffentlichen Recht relevant. Diese Konstruktion kann insbesondere dann vorkommen, wenn noch Rechtsstreitigkeiten anhängig oder zu erwarten sind und das Treuhandkonto entsprechende Sicherheit bieten soll.132 Die Ausgestaltung dieser Treuhandabreden kann dabei unterschiedlich ausfallen. Die Unterscheidungen sind vielfältig und richten sich nach der Rechtsstellung der handelnden Personen oder der Art des Treuhandkontos.133 Allen Treuhandverhältnissen gemein ist, dass der Treugeber dem Treunehmer Vermögensrechte bzw. Verfügungsmacht überträgt und der Treunehmer davon nur im Rahmen der schuldrechtlichen Abrede Gebrauch machen soll.134 Die schuldrechtliche Abrede hat meist den Charakter eines Auftrages oder eines Geschäftsbesorgungsvertrages.135 Treuhandverhältnisse bestehen damit aus einer dinglichen und einer schuldrechtlichen Komponente.136 Eine allgemeine Definition der Dinglichkeit gibt es nicht. Es handelt sich um einen Rechtsfolgenbegriff. Alle potenziell dinglichen Rechte müssen bei einer Gesamtschau der Wirkungen in die Nähe des Eigentums rücken. Eine Treuhandvereinbarung begründet ein Aussonderungsrecht, wenn sie eine dingliche Komponente enthält. Das liegt insgesamt aber weniger an der Dinglichkeit, als vielmehr an der Veränderung der damit einhergehenden haftungsrechtlichen Zuordnung, für die die Dinglichkeit Indizwirkung hat.137 Je nach Ausgestaltung der Treuhandabrede kann ein Zahlungsanspruch gegen einen Treuhänder zu einer quasi Erfüllung gegenüber den Arbeitnehmern führen. Das hängt letztlich davon ab, wie stark der Treuhänder in der Treuhandabrede gebunden ist. Dem Insolvenzverwalter oder dem eigenverwaltenden Schuldner ist es regelmäßig verwehrt, die Forderung für die Masse zu realisieren, wenn dies nicht ausdrücklich in der Treuhandvereinbarung vorgesehen ist. Falls die Treuhandabrede die Auszahlung nur an die Arbeitnehmer vorsieht, dann können auch in diesem Fall für den Zeitraum der Treuhandabrede keine offenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt entstehen. Insolvenzgeld dürfte nur für die tatsächlich ausgefallenen Ansprüche gewährt werden, die über den treuhänderischen hinterlegten Betrag hinausgehen.