Kitabı oku: «Philosophische und theologische Schriften», sayfa 5

Yazı tipi:

VIERTES KAPITEL
Das absolut Größte wird nur als unbegreiflich erkannt.
Mit ihm koinzidiert das absolut Kleinste.

Das einfach und absolut Größte erfassen wir, da es zu groß ist, als daß es von uns begriffen werden könnte, weil es die unendliche Wahrheit ist, nicht anders, denn als unbegreiflich (non aliter quam incomprehensibiliter attingimus). Denn da es nicht von der Natur der Dinge ist, welche Ausschreitungen zulassen, so geht es über alles das hinaus, was wir begreifen können. Was wir nämlich durch Sinne, Verstand (ratione) oder Vernunft (intellectu) erfassen, ist unter sich gegenseitig so verschieden, daß keine präzise Gleichheit stattfindet. Die größte Gleichheit, die von nichts verschieden ist, geht somit über allen Begriff.

Da das absolut Größte alles das ist, was sein kann, so ist es ganz und gar Wirklichkeit (in actu). Wie es nicht größer sein kann, so auch aus demselben Grunde nicht kleiner, da es alles das ist, was sein kann. Das Kleinste ist, was nicht mehr kleiner sein kann. Da das Größte eben das ist, so ist klar, daß das Größte und Kleinste koinzidieren. Dies wird dir deutlicher, wenn du beide Begriffe auf das Gebiet der Quantität herüberträgst. Die größte Quantität ist die am meisten (maxime) große, die kleinste – die am meisten kleine. Denke nun die Quantität hinweg, so bleibt das Größte, der Superlativ, in beiden gleich … Gegensätze kommen daher nur im Gebiete des Konkreten vor (oppositiones igitur his tantum excedens admittunt atque excessum, et his differenter conveniunt, maximo absoluto nequaquam), nicht im absolut Größten, es ist über allem Gegensatze. Es ist eben deshalb über aller Bejahung und Verneinung, alles, was es nach unseren Begriffen ist, ist es ebenso, als daß es dasselbe auch nicht ist (omne id, quod concipitur esse, non magis est, quam non est) und umgekehrt, es ist in der Weise das Einzelne (hoc), daß es zugleich alles ist, und in der Weise alles, daß es nichts von allem ist, und in der Weise am meisten dieses, daß es dieses auch am wenigsten ist. Sage ich: Gott, die absolute Größe, ist das Licht, so heißt dies nichts anderes, als: Gott ist am meisten (maxime) Licht, er, der am wenigsten (minime) Licht ist. Das absolut Größte wäre nicht alles Mögliche in Wirklichkeit, wenn es nicht unendlich wäre, der Begriff (via rationis) in seinem (dem kontradiktorischen) Prinzip nicht verbinden kann; denn wir stehen auf dem Boden dessen, was uns die Betrachtung der Natur offenbart, die, weit von der unendlichen Kraft abstehend, ihre unendlichen kontradiktorischen Gegensätze nicht vereinigen kann.

FÜNFTES KAPITEL
Das Größte ist Eines

Ohne Zahl kann die Vielheit der Dinge nicht bestehen; denn ohne Zahl gibt es keine Unterscheidung, Ordnung, Proportion, Harmonie. Wäre die Zahl selbst unendlich, so wäre dasselbe der Fall. Denn daß die Zahl unendlich und daß sie gar nicht ist, kommt auf Eines heraus. Man kommt daher bei der Zahl in aufsteigender Richtung auf kein absolut Größtes. Wäre bei der absteigenden Richtung dasselbe der Fall, so wäre wieder alle Ordnung, Proportionen etc. unmöglich. Man muß daher in der Zahl auf ein Kleines kommen, das nicht kleiner sein kann, und dies ist die Einheit. Sie ist als das schlechthin Kleinste mit dem schlechthin Größten identisch; diese Einheit kann nicht selbst Zahl sein, wohl aber ist sie das Prinzip aller Zahl, weil das Kleinste, und das Ende aller Zahl, weil das Größte. Diese absolute Einheit, die keinen Gegensatz hat, ist das absolut Größte – Gott. Sie ist nicht der Vervielfältigung fähig, weil sie alles ist, was sein kann. Sie kann daher selbst nie Zahl werden. Die Zahl hat uns also zu der Einsicht geführt, Gott sei die absolute Einheit, vermöge welcher er alles wirklich ist, was sein kann. Wer daher sagte, es gebe mehrere Götter, der würde soviel sagen, als, es gebe keinen Gott und kein Universum …

SECHSTES KAPITEL
Das Größte ist die absolute Notwendigkeit32

Im Vorhergehenden ist gezeigt, daß außer dem einen Größten alles endlich und begrenzt ist. Das Endliche und Begrenzte hat notwendig etwas, von dem es seinen Anfang und Begrenzung hat. Und da man nicht sagen kann, jenes absolute Größte sei größer als ein gegebenes Endliches, da man nicht so ins Unendliche fortsteigen kann, da sonst das Größte von der Natur des Endlichen wäre, so ist das absolut Größte notwendig, als Anfang und Ende alles Endlichen. Überdies könnte nichts sein, wenn jenes nicht wäre. Wäre das Endliche aus sich, so existierte es, bevor es existiert, und in den Ursachen und Prinzipien gibt es, wie die Regel sagt, keinen Regressus in infinitum. Sodann müssen wir sagen: Das Größte hat keinen Gegensatz, weder das konkrete Sein, noch das Nichtsein. Wie läßt es sich also denken, das Größte könne nicht sein, da gar nicht sein (minime esse) bei ihm heißt: am meisten sein (maxime esse)? Es läßt sich also kein Sein denken ohne das Sein. Ferner: Die größte Wahrheit ist das absolut Größte. Nun aber die größte alle denkbaren Fälle erschöpfende Wahrheit ist die, daß das absolut Größte entweder sei oder nicht sei, oder sei und nicht sei, oder endlich weder sei noch nicht sei. Welches Glied dieser Disjunktion du als das am meisten wahre (maxime verum) bezeichnen magst, so ist der Beweis damit geliefert, denn ich habe jedesmal die größte Wahrheit, die das schlechthin Größte ist. Wenn gleich auch das Wort Sein keine präzise Bezeichnung für das Größte ist, das alle Namen übersteigt, so muß doch dieser Name noch am ehesten ihm zukommen.

Durch diese und unendlich viele ähnliche Beweise vom Standpunkte der Wissenschaft des Nichtwissens erhellt, daß das schlechthin Größte notwendig existiere, weshalb es die absolute Notwendigkeit ist.

SIEBENTES KAPITEL
Von der dreifachen und einen Ewigkeit

Es hat keine Nation gegeben, die nicht Gott verehrte und an ihn als das absolut Größte glaubte. Wir finden von Minar in den Büchern der Altertümer aufgezeichnet, daß die Sissenier hauptsächlich die Einheit angebetet. Pythagoras dagegen, zu seiner Zeit von unerschüttertem Ansehen, faßte jene Einheit als eine dreifache auf. Um die Wahrheit hiervon zu erforschen, müssen wir den Blick des Geistes erhöhen und nach unsern Prämissen sagen:

Was allem Anderssein vorhergeht, ist ohne Zweifel ewig; denn das Anderssein ist soviel als das Veränderlichsein. Das Anderssein besteht aber aus einem und einem andern, es ist daher, wie die Zahl, nach der Einheit; diese geht ihm naturgemäß (naturaliter) voran; sie ist somit ewig. Alle Ungleichheit ist aus einem Gleichen und etwas darüber (excedente), sie geht also der Gleichheit nach; denn sie kann durch Wegnehmen des darüber Hinausgehenden in Gleichheit verwandelt werden. Die Gleichheit geht also naturgemäß der Ungleichheit, die das Anderssein ist, vorher, sie ist also ewig.

Die Einheit endlich ist entweder Verbindung (connexio) oder Ursache der Verbindung. Verbunden ist, was zugleich geeint ist. Die Zweiheit dagegen (binarius) ist Trennung oder Ursache der Trennung. Wie nun die Einheit der Natur nach der Zweiheit vorhergeht, so auch die Verbindung der Trennung. Folglich ist die Verbindung, wie die Einheit, ewig.

Nun kann es aber nicht mehrere Ewigkeiten geben, sonst wäre etwas vor der Ewigkeit, was unmöglich ist. Auch würde sonst eines dem andern fehlen, und es wäre daher keine der drei Ewigkeiten vollkommen; es wäre etwas ewig, was nicht ewig wäre, da es nicht vollkommen ist. Folglich sind Einheit, Gleichheit und Verbindung Eines (unum). Das ist die Dreieinigkeit, welche Pythagoras, der erste unter allen Philosophen, die Zierde Italiens und Griechenlands, als Gegenstand der Anbetung lehrte.

Wir wollen jedoch noch einiges Bestimmtere über die Zeugung (generatione) der Gleichheit aus der Einheit beifügen.

ACHTES KAPITEL
Von der ewigen Zeugung

Zeigen wir nun ganz kurz, daß aus der Einheit die Gleichheit der Einheit erzeugt werde, und die Verbindung aus der Einheit und der Gleichheit der Einheit hervorgehe.

Die Einheit ist das Sein (unitas dicitur quasi onitas von ν = ens, woher entitas). Gott ist das Sein der Dinge, denn er ist das Prinzip des Seins. Die Gleichheit der Einheit ist daher die Gleichheit des Seins, d. i. daß in einem Dinge nicht mehr und nicht weniger ist, nichts darüber, nichts unter seinem Sein. Ist in einem Wesen mehr, so ist es ein Monstrum, ist weniger, so findet keine Zeugung der Gleichheit aus der Einheit statt. Denn Zeugung (generatio) ist Wiederholung der Einheit oder Vermehrung derselben Natur, wie z. B. der Sohn. Diese Zeugung findet sich nur im Irdischen, aber die Zeugung der Einheit aus der Einheit ist eine Wiederholung der Einheit (una unitatis repetitio) oder die Einheit einmal, wodurch die Einheit kein anderes, wie bei zwei, drei etc. erzeugt, sondern nur die Gleichheit der Einheit, was nichts anderes heißen will, als: Die Einheit erzeugt die Einheit, und diese Zeugung ist ewig.

NEUNTES KAPITEL
Von dem ewigen Hervorgehen der Verbindung

Wie die Zeugung der Einheit aus der Einheit eine einmalige Wiederholung der Einheit ist, so ist das Hervorgehen aus beiden die Einigung (unitio) der Widerholung jener Einheit, oder besser: die Einigung der Einheit und der Gleichheit der Einheit. Sie heißt ein Hervorgehen (processio), weil sie gleichsam eine Ausdehnung vom einen auf das andere ist. Wenn zwei Dinge gleich sind, so breitet sich gleichsam die Gleichheit von dem einen auf das andere aus, sie verbindet und verknüpft sie. Mit Recht sagt man daher, die Verbindung gehe aus der Einheit und Gleichheit der Einheit hervor, denn die Verbindung (connexio) bezieht sich nicht bloß auf eines, sondern die Einheit geht aus der Einheit in die Gleichheit und von der Gleichheit der Einheit in die Einigung (unitionem) hervor. Sie dehnt sich also von dem einen in das andere aus. Nicht von einem Gezeugt-werden aus der Einheit oder der Gleichheit der Einheit sprechen wir bei jener Verbindung, weil sie nicht aus der Einheit durch Wiederholung oder Vermehrung entsteht. Wiewohl die Gleichheit der Einheit aus der Einheit gezeugt wird und aus beidem die Verbindung hervorgeht, so ist doch Einheit, Gleichheit der Einheit und aus beiden hervorgehenden Verbindung eines und dasselbe, wie wenn man von demselben Gegenstande sagt: hoc, id, idem.

Wenn unsere Kirchenlehrer die Einheit den Vater, die Gleichheit den Sohn, die Verbindung den hl. Geist genannt haben, so haben sie hierbei auf die Ähnlichkeit mit irdischen Verhältnissen Rücksicht genommen. Denn in dem Vater und Sohne ist eine gewisse Gemeinsamkeit der Natur, welche Eine ist (quaedam communitas naturae, quae una est), so daß der Sohn dem Vater in der Natur gleich ist. Denn es ist nicht mehr oder weniger Menschheit in dem Sohne, als in dem Vater (nihil enim magis vel minus humanitatis est in filio, quam in patre), und es besteht unter ihnen eine gewisse Verbindung. Denn eine natürliche Liebe verbindet den einen mit dem andern, wegen der Ähnlichkeit (similitudinem) derselben Natur, die vom Vater auf den Sohn übergeht. Deshalb liebt er den Sohn mehr als einen andern, der mit ihm in der Menschheit übereinstimmt (secum in humanitate convenientem).

Dies ist meiner Ansicht nach, gemäß der pythagoreischen Forschung, die klarste Auffassung der Dreiheit in der Einheit und der Einheit in der Dreiheit.

ZEHNTES KAPITEL
Das Verständnis der Dreiheit in der Einheit geht über alle Begriffe

Untersuchen wir nun, was Martianus wollte, wenn er sagte, eine Philosophie, die sich zum Verständnisse dieser Dreieinigkeit erheben wolle, müsse zuvor Kreise und Sphären aufgegeben haben (evomuisse). Es ist oben gezeigt, daß es nur ein einfachstes Größtes gibt. Es ist nicht die vollkommenste körperliche Figur – die Kugel, nicht Kreis, nicht Dreieck, nicht Linie, sondern über alles dieses hinaus. Man muß daher, was Sinn, Einbildung oder Verstand darbietet, aufgeben, um zu der einfachsten und abstraktesten Vernunfteinsicht (intelligentia) zu gelangen: Alles ist Eines; die Linie ist Dreieck, Kreis und Kugel, die Einheit der Dreiheit usf., das Akzidens Substanz, der Körper Geist, die Bewegung Ruhe etc. Dann erkennen wir, daß Jegliches in dem Einen Eines ist und das Eine Alles und folgerichtig Jegliches in ihm Alles. Namentlich hat man nicht vollständig Kugel, Kreis etc. aufgegeben, solange man nicht zur Einsicht gelangt, die größte Einheit sei notwendig dreieinig. Die Einheit des vernünftigen Erkennens (intellectus) besteht in dem Erkennenden, dem Erkennbaren und dem Erkennen. Willst du dich nun von dem Erkennenden zum absolut Größten erheben und sagen, es sei das am meisten Erkennende, dabei aber nicht beifügen, es sei auch das am meisten Erkennbare und das höchste Erkennen, so hättest du keine rechte Auffassung der größten und vollkommensten Einheit. Die Einheit schließt ferner die Unteilbarkeit, Unterscheidung und Verbindung in sich, da alle drei aus der Einheit stammen; die größte Einheit ist mithin alle drei zumal. Als Unteilbarkeit ist sie die Ewigkeit ohne Anfang, wie denn das Ewige von Nichts getrennt oder geschieden ist; als Unterscheidung ist sie aus der unveränderlichen Ewigkeit, als Verbindung geht sie aus beiden hervor. Folglich, indem ich sage: Die Einheit ist die größte, spreche ich damit die Trinität aus. Mit dem Worte: Einheit bezeichne ich den Anfang ohne Anfang (principium sine principio), mit dem Worte: »größte« den Anfang aus dem Anfange, mit der Kopula »ist« – das Hervorgehen aus beiden.

Ich sagte oben, im Größten sei die Linie zugleich Oberfläche, Kreis und Kugel. Um nun deinen Geistesblick zu schärfen, will ich dich zu der Einsicht dieses Satzes erheben, die dir dann, wenn du dich von den (mathematischen) Figuren zur geistigen Wahrheit selbst erhebst, einen überaus großen Genuß gewähren wird, und du wirst auf diesem Wege in der Wissenschaft des Nichtwissens große Fortschritte machen.

ELFTES KAPITEL
Die Mathematik ist ein treffliches Hilfsmittel
im Erfassen göttlicher Wahrheiten

Alle unsere weisen und frommen Kirchenlehrer sagen einstimmig, die sichtbaren Dinge seien Abbilder der unsichtbaren Welt, der Schöpfer könne auf diesem Wege wie in einem Spiegel und Rätsel erkannt werden. Daß aber die geistigen, an sich von uns unerfaßbaren Dinge auf dem Wege des Symbols von uns erkannt werden, hat seinen Grund in dem oben Gesagten, weil alle Dinge in einem uns freilich unbekannten Verhältnis zu einander stehen, so daß aus allen das eine Universum sich herausstellt, und alles in dem einen Größten das Eine selbst ist. Und wiewohl jedes Abbild dem Urbilde ähnlich ist, so ist doch außer dem größten Abbilde, welches dasselbe, was das Urbild ist, in der Einheit der Natur kein Abbild so ähnlich oder auch gleich, daß es nicht unendlich ähnlicher oder gleicher sein könnte. Bedient sich nun unser Forschen des Abbildes, so darf natürlich hinsichtlich des Abbildes kein Zweifel obwalten, da der Weg zum Ungewissen nur durch das vorausgesetzte Gewisse geht. Nun bewegt sich aber alles Sinnliche wegen der in ihm überwiegenden materiellen Möglichkeit in einem gewissen beständigen Schwanken. Dagegen hat das Abstrakte (abstractiora istis), nicht als ob es der materiellen Zutat, ohne welche es sich nicht vorstellen läßt, ganz und gar entbehrte, große Festigkeit und Gewißheit, wohin die Sätze der Mathematik gehören. Daher haben die Philosophen in ihnen eine Anleitung zur philosophischen Forschung (exempla indagandarum rerum) gefunden; keiner von den berühmten Alten hat schwierige Untersuchungen anders als mittelst der Ähnlichkeiten, welche die Mathematik darbietet, angestellt. So lehrte Boëtius, der berühmte römische Gelehrte, niemand könne es in den göttlichen Dingen zu einer Wissenschaft bringen, der keine Übung in der Mathematik habe. Setzte nicht Pythagoras, der erste Philosoph dem Namen und der Tat nach, alle Untersuchung der Wahrheit in das Verständnis der Zahl? Ihm folgten die Platoniker und die ersten christlichen Philosophen in dem Grade, daß unser Augustin und nach ihm Boëtius behaupteten, die Zahl sei im Geiste des Schöpfers das Urbild der zu erschaffenden Dinge gewesen. Wie konnte uns Aristoteles, der durch Widerlegung seiner Vorgänger als einzig dastehen wollte, in der Mathematik anders die Differenz der Arten lehren, als indem er sie mit den Zahlen verglich? Indem er uns über die Gestalt der Naturwesen und wie eine in der andern enthalten ist, belehren wollte, nahm er zu den mathematischen Formen seine Zuflucht, wenn er sagte: Wie das Dreieck in dem Viereck, so ist das Niedere in dem Höheren enthalten, um nichts von unzähligen andern Vergleichungen zu sagen … Hat nicht die Lehre der Epikuräer von den Atomen und vom leeren Raume, eine Ansicht, die Gott leugnet und alle Wahrheit aufhebt, nur durch den mathematischen Beweis der Pythagoräer und Peripatetiker ihre Widerlegung gefunden, indem sie zeigten, man könne nicht auf unteilbare und einfache Atome kommen, die Epikur als Prinzip annahm? Auf diesem Wege der Alten also, mit ihnen vorgehend, sagen wir, daß wir uns, da man einmal zum Göttlichen nur mittelst der Symbole gelangen kann, der mathematischen Zeichen wegen ihrer unzerstörlichen Gewißheit am passendsten bedienen können.

ZWÖLFTES KAPITEL
Wie man sich der mathematischen Zeichen
für den vorliegenden Zweck zu bedienen habe

Da aus dem Früheren bekannt ist, daß das schlechthin Größte nicht zu dem gehört, was wir wissen oder erfassen, so muß man, wenn man es auf dem Wege des Symbols erforschen will, über die Ähnlichkeit hinausgehen (transilire). Da alle mathematischen Zeichen endlich sind, so muß man zuerst die mathematischen Figuren mit den Veränderungen, die sie zulassen (cum suis passionibus), als endliche betrachten, sodann die endlichen Verhältnisse entsprechend auf derlei unendliche Figuren übertragen, endlich diese Verhältnisse der unendlichen Figuren auf das schlechthin Unendliche, das von jeder Figur frei ist, übertragen. Dann wird unser Nichtwissen auf eine unbegreifliche Weise belehrt werden, wie wir, die wir in rätselhaftem Erkennen uns abmühen (nobis in aenigmate laborantibus), über das Höchste mit mehr Wahrheit urteilen können. So verglich der fromme Anselm die höchste Wahrheit mit der unendlichen Linie; nach seinem Vorgange bringe ich die Linie der Geradheit als gerade Linie in Anwendung. Andere haben die hochheilige Trinität mit einem Dreieck von drei gleichen Seiten und rechten Winkeln verglichen. Und weil ein solches Dreieck notwendig unendliche Seiten hat, so ist es ein unendliches Dreieck. Wir folgen auch dieser Auffassung. Wieder andere wollten die unendliche Einheit darstellen und nannten Gott den unendlichen Kreis. Diejenigen endlich, welche die höchste Wirksamkeit (actualitatem) Gottes darstellen wollten, bezeichneten Gott als die unendliche Kugel. Ich werde zeigen, daß sie alle zusammen eine richtige Auffassung Gottes gehabt und alle ein und dasselbe gedacht haben.

DREIZEHNTES KAPITEL
Von den möglichen Veränderungen (de passionibus)
der größten und unendlichen Linie

Ich sage also: Gäbe es eine unendliche Linie, so wäre sie ein Dreieck, Kreis und Kugel; ebenso, gäbe es eine unendliche Kugel, so wäre sie Dreieck, Kreis und Linie; das gleiche gilt vom unendlichen Dreieck und Kreise.


Fürs erste erhellt, daß die unendliche Linie eine gerade ist. Denn der Durchmesser eines Kreises ist eine gerade Linie, die Peripherie eine krumme, größer als der Durchmesser. Wenn nun diese krumme Linie kleiner wird, je größer der Kreis ist, so ist die Peripherie des größtmöglichen Kreises gar nicht krumm, folglich ganz gerade; es koinzidiert also das Kleinste mit dem Größten, wie aus der hier stehenden Figur erhellt. Fürs zweite, um zu zeigen, daß die unendliche Linie das größte Dreieck, Kreis und Kugel sei, müssen wir sehen, was aus der endlichen Linie werden kann (quid sit in potentia liniae finitae); was sie werden kann, ist die unendliche Linie wirklich (actu). Erstens wissen wir, daß die endliche Linie länger und gerader sein kann, und es ist bereits gezeigt, daß die größte Linie die längste und geradeste ist. Zweitens, wenn die Linie a b um den festen Punkt a so herumbewegt wird, bis b zu c kommt, so entsteht ein Dreieck. Wird die Umdrehung vollendet, bis b zu seinem Anfange zurückkehrt, so entsteht ein Kreis. Wird endlich b zu seinem entgegengesetzten Punkte, d, gebracht, so entsteht ein Halbkreis; und wird nun dieser Halbkreis um den unbeweglichen Durchmesser b d herumbewegt, so entsteht die Kugel. In ihr gelangt die Potenz der Linie zur letzten und vollsten Entfaltung. Ist nun die unendliche Linie alles actu, was die endliche in der Potenz ist, so folgt, daß sie Dreieck, Kreis und Kugel zugleich ist, was zu beweisen war.


Ich werde jedoch noch deutlicher im Folgenden zeigen, daß, was in der Potenz endlich, in Wirklichkeit unendlich ist.