Kitabı oku: «Das beste von Nikolai Gogol», sayfa 15

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In diesem Augenblick brachte man dem Schmied die Schuhe.

»Mein Gott, was für ein Schmuckstück!« rief er freudig und ergriff die Schuhe. »Eure zarische Majestät! Wenn Ihr solche Schuhe anhabt und wenn Ihr mit ihnen, Euer Wohlgeboren, aufs Eis geht, wie müssen dann die Füßchen selbst sein? Ich meine, die sind mindestens aus reinstem Zucker.«

Die Kaiserin, die wirklich die schlanksten und reizendsten Füßchen hatte, mußte lächeln, als sie dieses Kompliment aus dem Munde eines einfältigen Schmiedes hörte, welcher trotz seines braunen Gesichts in seiner Saporogerkleidung als schöner Mann gelten konnte.

Erfreut durch diese wohlwollende Aufmerksamkeit, wollte der Schmied die Zarin schon ordentlich über alles ausfragen: ob es wahr sei, daß die Zaren nichts als Honig und Speck äßen, und dergleichen mehr; da er aber fühlte, daß die Saporoger ihn in die Seiten stießen, entschloß er sich, zu schweigen. Als die Kaiserin sich an die älteren Leute wandte und sie auszufragen begann, wie sie in der Ssjetsch lebten und was für Sitten sie da hätten, trat der Schmied zurück, beugte sich zu seiner Tasche, sagte leise: »Trage mich sofort von hier weg!« und befand sich plötzlich hinter dem Schlagbaum.

»Ertrunken! Bei Gott, ertrunken! Ich will nicht mehr vom Fleck kommen, wenn er nicht ertrunken ist!« stammelte die dicke Webersfrau, in einem Haufen der Weiber von Dikanjka mitten auf der Straße stehend.

»Bin ich denn eine Lügnerin? Habe ich jemand eine Kuh gestohlen? Habe ich jemand mit dem bösen Blick behext, daß man mir nicht glauben will?« schrie ein Weib in einem Kosakenkittel, mit einer violetten Nase, mit den Armen fuchtelnd. »Ich will nie wieder Wasser trinken wollen, wenn die alte Perepertschicha nicht mit eigenen Augen gesehen hat, wie der Schmied sich erhängt hat!«

»Der Schmied hat sich erhängt? Eine schöne Geschichte!« sagte der Amtmann, der gerade von Tschub kam. Er blieb stehen und drängte sich an die sprechenden Weiber näher heran.

»Sag lieber, du willst keinen Schnaps mehr trinken, du alte Säuferin!« antwortete die Webersfrau. »Man muß schon so verrückt sein wie du, um sich erhängen zu können! Er hat sich ertränkt! Er ist im Eisloch ertrunken! Das weiß ich so sicher, wie daß du soeben in der Schenke gewesen bist.«

»Schamlose! Was sie mir vorzuwerfen hat!« antwortete zornig das Weib mit der violetten Nase. »Hättest du doch lieber geschwiegen, du Nichtsnutzige! Weiß ich denn nicht, daß zu dir jeden Abend der Küster kommt?«

Die Webersfrau fuhr auf.

»Was, Küster? Zu wem kommt der Küster? Was lügst du?«

»Der Küster?« kreischte die Küsterin, die sich in ihrem mit blauem Nanking bezogenen Hasenpelz unter die Schreienden drängte. »Ich werde euch den Küster zeigen! Wer sprach eben vom Küster?«

»Zu dieser da kommt der Küster auf Besuch!« sagte das Weib mit der violetten Nase, auf die Webersfrau zeigend.

»Du bist es also, Hündin!« sagte die Küsterin, indem sie auf die Webersfrau losging. »Du bist also die Hexe, die ihn benebelt und mit ihren Teufelskräutern behext, daß er zu ihr kommt?«

»Laß mich in Ruhe, du Satan!« sagte die Webersfrau zurückweichend.

»Du verdammte Hexe, du sollst deine Kinder nicht wiedersehen! Nichtsnutzige! Pfui!« Und die Küsterin spuckte der Webersfrau gerade in die Augen. Die Webersfrau wollt es ihr mit dem gleichen vergelten, spuckte aber statt dessen auf den rasierten Kopf des Amtmanns, der, um alles besser zu hören, ganz dicht an die Streitenden getreten war.

»Gemeines Frauenzimmer!« rief der Amtmann, indem er sich das Gesicht mit dem Rockschöße abwischte und die Peitsche erhob. Diese Bewegung zwang alle, unter Fluchen nach allen Seiten auseinanderzugehen. »Diese Gemeinheit!« wiederholte der Amtmann, sich noch immer das Gesicht abwischend. »Der Schmied hat sich also ertränkt! Mein Gott! Was für ein guter Maler ist er aber gewesen! Was für feste Messer, Sicheln und Pflugscharen verstand er zu schmieden! Was für eine Kraft steckte in ihm! Ja«, fuhr er nachdenklich fort, »solche Menschen haben wir nicht viel im Dorf. Darum fiel es mir noch im Sacke auf, daß der Ärmste so übel gelaunt war. Da haben wir den Schmied! Eben lebte er noch, und nun ist er nicht mehr! Ich wollte gerade meine scheckige Stute beschlagen lassen! …« Von solchen christlichen Gedanken erfüllt, ging der Amtmann langsam heim.

Oksana verlor die Fassung, als diese Gerüchte sie erreichten. Sie traute zwar wenig den Augen der Perepertschicha und dem Gerede der Weiber: sie wußte, daß der Schmied gottesfürchtig genug war, um nicht seine Seele ins Verderben zu stürzen. Was aber, wenn er wirklich mit der Absicht weggegangen war, nie wieder ins Dorf zurückzukehren? So einen prächtigen Burschen wie diesen Schmied findet man aber auch an einem anderen Orte nicht wieder. Er hat sie doch so geliebt! Er hat länger als alle ihre Launen ertragen … Die Schöne wälzte sich die ganze Nacht unter ihrer Decke von der rechten Seite auf die linke und von der linken auf die rechte und konnte nicht einschlafen. Bald lag sie in bezaubernder Nacktheit, die das Dunkel der Nacht auch vor ihr selbst verhüllte, und schimpfte fast laut über sich selbst; bald wurde sie still und entschloß sich, an nichts mehr zu denken, und dachte dennoch. Sie glühte und war am Morgen schon bis über die Ohren in den Schmied verliebt.

Tschub äußerte weder Freude noch Trauer über das Schicksal des Schmiedes. Seine Gedanken waren nur mit dem einen beschäftigt: er konnte unmöglich die Treulosigkeit der Ssolocha vergessen und fuhr, so verschlafen er auch war, fort, laut auf sie zu schimpfen.

Der Morgen brach an. Die Kirche war schon vor Tagesanbruch voller Menschen. Die älteren Frauen in weißen Kopftüchern und weißen Tuchkitteln bekreuzigten sich andächtig an der Kirchtür. Die Edelfrauen in grünen und gelben Jacken, einige sogar in blauen Überkleidern, mit goldenen Streifen auf dem Rücken, standen vor ihnen. Die Mädchen, die auf den Köpfen ganze Kaufläden von Bändern und am Halse eine Menge von Perlenbändern, Kreuzen und Dukaten trugen, bemühten sich, so nahe als möglich an die Heiligenwand zu kommen. Ganz vorn standen aber die Edelleute und die einfachen Bauern mit Schnurrbärten, Schöpfen, dicken Hälsen und frischrasiertem Kinn, fast alle in Mänteln, unter denen weiße und bei manchen auch blaue Kittel hervorguckten. Auf allen Gesichtern, wohin man auch blickte, spiegelte sich die Feiertagsstimmung. Der Amtmann leckte sich schon die Lippen beim Gedanken an die Wurst, die er nach Beendigung des Fasttages essen würde; die Mädchen dachten daran, wie sie mit den Burschen auf dem Eise laufen würden; die alten Frauen flüsterten die Gebete andächtiger als je. Man hörte in der ganzen Kirche, wie der Kosak Swerbygus sich mit der Stirn bis zum Boden verbeugte. Nur Oksana allein stand wie geistesabwesend da: sie betete und betete auch nicht. In ihrem Herzen drängten sich viele verschiedene Gefühle, eines ärgerlicher und trauriger als das andere, so daß ihr Gesicht nur eine starke Erregung ausdrückte; in ihren Augen zitterten Tränen. Die Mädchen konnten den Grund nicht verstehen und ahnten nicht mal, daß der Schmied schuld daran war. Aber Oksana war nicht die einzige, die an den Schmied dachte. Alle Leute merkten, daß der Feiertag kein richtiger Feiertag war, daß gleichsam etwas fehlte. Zum Unglück war der Küster infolge seiner Reise im Sack heiser geworden und sang kaum hörbar mit zitternder Stimme; der zugereiste Sänger hatte zwar eine prächtige Baßstimme, aber es wäre doch unvergleichlich besser, wenn auch der Schmied dabei gewesen wäre, der, sooft man das »Vaterunser« oder »Und die Cherubime« sang, auf den Chor zu steigen und die Weise anzustimmen pflegte, die man in Poltawa singt. Außerdem war er der einzige, der das Amt eines Kirchenvorstands versah. Die Frühmesse war schon zu Ende, nach der Frühmesse kam das Hochamt … Wo war nun in der Tat der Schmied hingeraten?

Der Teufel flog während des Restes der Nacht mit dem Schmied auf dem Rücken noch schneller zurück, und Wakula befand sich im Nu neben seinem Hause. In diesem Augenblick krähte ein Hahn.

»Wohin?« schrie der Schmied, den Teufel, der davonlaufen wollte, am Schwanze packend. »Wart mal, Freund, das ist noch nicht alles, ich hab’ mich bei dir noch nicht bedankt.«

Und er ergriff einen ordentlichen Stecken, versetzte ihm drei Hiebe, und der arme Teufel lief so schnell davon wie ein Bauer, dem der Assessor ordentlich eingeheizt hat. So war der Feind des Menschengeschlechts, statt andere Menschen zu foppen, zu verführen und zu narren, selbst genarrt worden.

Nun trat Wakula in den Flur, vergrub sich ins Heu und schlief bis zum Mittag durch. Als er erwachte und sah, daß die Sonne schon hoch am Himmel stand, erschrak er.

»Ich habe ja die Frühmesse und das Hochamt verschlafen!«

Und der gottesfürchtige Schmied versank in Trauer, da er sich sagte, Gott habe wohl zur Strafe für seinen sündigen Vorsatz, seine Seele zu verderben, den Schlaf über ihn geschickt, der ihn davon abhielt, an diesem hohen Feiertage zur Kirche zu gehen. Aber er beruhigte sich bald, indem er sich vornahm, in der folgenden Woche die Sünde dem Popen zu beichten und von diesem Tage an ein ganzes Jahr lang täglich fünfzig Kniefälle zu machen. Er blickte in die Stube hinein, es war aber niemand da: Ssolocha war wohl noch nicht heimgekommen.

Behutsam holte er aus dem Busen die Schuhe und wunderte sich wieder über die kostbare Arbeit und das wunderbare Erlebnis der letzten Nacht; er wusch sich, kleidete sich, so gut er konnte, an, zog die Kleider an, die er von den Saporogern bekommen hatte, holte aus der Truhe eine neue Lammfellmütze mit blauem Tuch, die er noch niemals aufgesetzt hatte, seit er sie in Poltawa gekauft; holte auch einen neuen Gürtel in allen Farben; tat das alles zusammen mit einer Kosakenpeitsche in ein Tuch und ging geradeswegs zu Tschub.

Jener sperrte die Augen auf, als der Schmied zu ihm kam, und wußte nicht, worüber er mehr staunen sollte: darüber, daß der Schmied von den Toten auferstanden war, daß er es gewagt hatte, zu ihm zu kommen, oder daß er sich wie ein Saporoger aufgeputzt hatte. Noch mehr staunte er aber, als Wakula das Tuch aufband, vor ihn eine nagelneue Mütze und einen Gürtel, wie man ihn im Dorfe noch niemals gesehen hatte, auf den Tisch legte, ihm zu Füßen fiel und mit flehender Stimme sagte: »Hab Erbarmen, Väterchen! Zürne nicht! Hier hast du eine Peitsche: schlage, so viel deine Seele verlangt. Ich liefere mich dir selbst aus und bekenne alles; schlag zu, aber zürne nicht. Du und mein verstorbener Vater wart ja einst wie zwei Brüder, ihr habt zusammen gegessen und getrunken.«

Tschub sah nicht ohne heimliche Freude, wie der Schmied, der sich sonst um keinen Menschen im Dorfe kümmerte, der mit der Hand Hufeisen und Fünfkopekenstücke wie Buchweizenfladen zusammendrückte, wie dieser selbe Schmied zu seinen Füßen lag. Um seine Würde zu wahren, nahm Tschub die Peitsche und schlug ihn dreimal auf den Rücken. »Nun, das genügt, steh auf! Hör stets auf alte Leute! Wir wollen alles vergessen, was zwischen uns war. Nun, sag jetzt, was du willst!«

»Gib mir Oksana zur Frau, Väterchen!«

Tschub dachte eine Weile nach und betrachtete die Mütze und den Gürtel: die Mütze war wunderbar, der Gürtel stand ihr nicht nach; er dachte an die treulose Ssolocha und sagte entschlossen: »Gut! Schicke deine Brautwerber her!«

»Ach!« schrie Oksana auf, über die Schwelle tretend und den Schmied erblickend, und richtete auf ihn erstaunt und freudig ihre Blicke.

»Schau nur, was ich dir für Schuhe mitgebracht habe!« sagte Wakula. »Es sind dieselben, die die Zarin trägt.«

»Nein, nein! Ich brauche keine Schuhe!« sagte sie, mit den Händen fuchtelnd und ihn unverwandt anblickend. »Ich will auch ohne die Schuhe …« Sie kam nicht weiter und errötete.

Der Schmied trat näher heran und ergriff ihre Hand; die Schöne schlug sogar die Augen nieder. Noch nie war sie so wunderbar schön gewesen. Der entzückte Schmied küßte sie still, ihr Gesicht erglühte in einem noch tieferen Rot, und sie wurde noch schöner.

Der Bischof, seligen Angedenkens, kam einmal durch Dikanjka, lobte die schöne Lage und hielt, als er durch die Straße fuhr, vor einem neuen Hause.

»Wem gehört dieses bemalte Haus?« fragte Seine Eminenz die hübsche Frau, die mit einem Kinde auf dem Arme vor der Tür stand.

»Dem Schmied Wakula!« antwortete ihm mit einer Verbeugung Oksana, denn sie war es.

»So schön! Eine schöne Arbeit!« sagte Seine Eminenz, die Türen und Fenster betrachtend. Die Fenster waren aber ringsherum mit roter Farbe gestrichen, und auf den Türen waren überall reitende Kosaken mit Pfeifen in den Zähnen dargestellt.

Noch mehr lobte aber Seine Eminenz Wakula, als sie erfuhr, daß er die Kirchenbuße eingehalten und die ganze linke Chorseite in der Kirche unentgeltlich mit grüner Farbe und roten Blumen bemalt hatte. Das ist aber noch nicht alles. An die Wand neben dem Kircheneingang malte Wakula den Teufel in der Hölle, einen so abscheulichen Teufel, daß alle, die vorbeigingen, ausspuckten; und die Weiber trugen ihre Kinder, wenn sie auf dem Arme zu weinen anfingen, an dieses Bild und sprachen: »Schau, was für ein Scheusal da hingemalt ist!« Und das Kind hielt seine Tränen zurück, schielte nach dem Bilde und schmiegte sich an die Brust seiner Mutter.

Schreckliche Rache

I

Es braust, es dröhnt durch Kiews Vorstadt; der Kosakenhauptmann Gorobetz feiert die Hochzeit seines Sohnes. Viele Leute sind zum Hauptmann zu Gast gekommen. In alten Zeiten liebte man, gut zu essen; noch mehr liebte man, gut zu trinken; und vor allem liebte man, lustig zu sein. Auf seinem braunen Pferde kam der Saporoger Kosak Mikitka; vom ausgelassenen Zechgelage auf dem Pereschljai-Felde kam er geritten, wo er sieben Tage und sieben Nächte des polnischen Königs Schlachta mit Rotwein traktiert hatte. Es kam auch der Blutsfreund und Kampfgenosse des Hauptmanns, Danilo Burulbasch, vom anderen Ufer des Dnjepr gefahren, wo zwischen zwei Bergen sein Gut lag; sein junges Weib Katerina und seinen einjährigen Sohn brachte er mit. Die Gäste staunten über das weiße Antlitz der Pani Katerina, über ihre Brauen, so schwarz wie deutscher Samt, über das schmucke Gewand und den Rock aus schwerer blauer Seide und über ihre silberbeschlagenen Stiefel; aber noch mehr staunten sie, daß ihr alter Vater nicht mitgekommen war. Nur ein einziges Jahr hatte der in der Heimat hinter dem Dnjepr gelebt und einundzwanzig Jahre war er verschollen gewesen; erst dann war er zu seiner Tochter zurückgekehrt, als sie schon verheiratet war und einen Sohn geboren hatte. Viel Wunderliches hätte er wohl berichten können. Einer, der so lange in fremden Landen geweilt, kann ja manches erzählen; dort ist ja alles anders als bei uns: die Menschen sind anders, und es gibt auch keine Christenkirchen dort … Doch er war nicht mitgekommen.

Den Gästen wurde süßer Schnaps mit Rosinen und Pflaumen kredenzt und auf einer großen Schüssel das Hochzeitsbrot aufgetragen. Die Spielleute legten für eine Weile ihre Zimbeln, Geigen und Pauken weg und griffen nach der unteren Kruste des Brotes, in die Geld eingebacken war. Die jungen Mädchen und Frauen wischten sich indes mit gestickten Tüchern die Gesichter ab und traten wieder aus ihren Reihen hervor, während die Burschen, die Hände in die Hüften gestemmt und stolze Blicke um sich werfend, gerade im Begriff waren, ihnen entgegenzutanzen – als der alte Hauptmann zwei Heiligenbilder brachte, um das junge Ehepaar mit ihnen zu segnen. Diese Bilder hatte ihm der ehrwürdige Einsiedler, der greise Warfolomej, gegeben. Sie waren weder reich geziert, noch funkelten sie von Silber oder Gold; aber keine höllische Macht hatte über den Gewalt, der sie in seinem Hause bewahrte. Der Hauptmann erhob die Bilder und wollte gerade ein kurzes Gebet sprechen, als plötzlich die Kinder, die auf dem Hofe spielten, aufschrien und dann auch die übrigen Leute, die sich im Hofe drängten, erschrocken zurückwichen, voller Angst auf einen Kosaken in ihrer Mitte weisend. Niemand wußte, wer er war. Er hatte schon gar feurig den Kosakentanz getanzt und die Leute, die sich um ihn drängten, durch einige Worte zum Lachen gebracht. Als aber der Hauptmann die Heiligenbilder emporhob, veränderte sich plötzlich das Gesicht des Kosaken: die Nase wurde lang und neigte sich auf die Seite, die vorher braunen Augen wurden grün, die Lippen blau, das Kinn erzitterte und wurde spitz wie ein Speer, aus dem Munde zeigte sich ein Hauer, hinter dem Kopf wuchs ein Buckel, und der Kosak verwandelte sich in einen Greis.

»Er ist es! Er ist es!« schrien die Leute, sich eng aneinander drängend.

»Der Zauberer zeigt sich wieder!« riefen die Mütter, rasch ihre Kinder bei den Händen packend.

Würdevoll trat der Hauptmann vor und sagte mit lauter Stimme, die Heiligenbilder dem Fremden entgegenhaltend: »Verschwinde, Abbild des Satans! Für dich ist kein Platz hier!«

Der seltsame Greis zischte, knirschte wie ein Wolf mit den Zähnen und verschwand.

Wie das Meer im Sturme, erbrauste es in der Menge; man lärmte, man schrie, man sprach durcheinander.

»Was ist das für ein Zauberer?« fragten die Jungen und Unerfahrenen.

»Unheil droht!« sprachen die Alten und schüttelten die Köpfe. Und überall auf dem weiten Gehöfte des Hauptmanns sammelten sich die Leute zu Haufen und lauschten den Geschichten von dem wunderlichen Zauberer. Aber fast jeder erzählte anderes, und niemand wußte etwas Sicheres zu sagen.

Ein Faß Met wurde auf den Hof gerollt und mancher Eimer griechischen Weines daneben gestellt. Und wieder wurden alle lustig. Die Spielleute schmetterten, die jungen Mädchen und Frauen und die wackeren Kosaken in bunten Röcken flogen im Tanze dahin. Selbst die neunzigjährigen und hundertjährigen Greise, die auch schon etwas bezecht waren, rührten die Beine im Tanze und ließen ihre alten Jahre, die sie nicht umsonst verlebt hatten, wieder aufleben. Man zechte bis spät in die Nacht hinein, und man zechte so, wie man es heute nicht mehr tut. Endlich brachen die Gäste auf; aber nur wenige von ihnen gingen nach Hause: viele blieben beim Hauptmann über Nacht; und noch viel mehr Kosaken schliefen ungebeten unter den Bänken, auf dem Fußboden, neben den Pferden und vor den Ställen ein: wo ein berauschter Kosakenkopf gerade hinfiel, da blieb er schon liegen und schnarchte über ganz Kiew.

II

Still leuchtet es über die ganze Welt: der Mond zeigt sich hinter dem Berge. Wie mit einem Tuch aus Damast, wie mit einem schneeweißen Schleier verhüllt er das gebirgige Ufer des Dnjepr, und die Schatten ziehen sich in das Dickicht der Fichten zurück.

Inmitten des Dnjepr schwimmt ein eichener Einbaum. Zwei Burschen sitzen vorn, die schwarzen Kosakenmützen schief auf die Seite gerückt, und unter ihren Rudern sprüht der Wasserstaub empor, wie unter dem Feuerstahl die Funken.

Warum singen die Kosaken nicht? Warum sprechen sie nicht davon, daß die römischen Pfaffen die Ukraine durchziehen und das Kosakenvolk in Katholiken umtaufen? Davon, wie sie am Salzsee zwei Tage lang gegen die Tatarenhorde kämpften? Wie sollen sie auch singen und von den kühnen Taten sprechen! Ihr Pan Danilo ist ja in Gedanken versunken, und der Ärmel seines karmesinroten Kaftans hängt aus dem Boote hinaus und badet im Flusse; ihre Herrin Pani Katerina wiegt leise ihr Kind und wendet keinen Blick von ihrem Manne, während ihr von keiner Leinwand geschütztes Festgewand vom Wasserstaub wie von grauer Asche überschüttet wird.

Schön ist der Blick von der Mitte des Dnjepr auf die hohen Berge, auf die weiten Wiesen, auf die grünen Wälder! Diese Berge sind gar keine Berge; sie haben keine Sohlen, oben wie unten ragen spitze Gipfel, und über ihnen und unter ihnen wölbt sich der hohe Himmel. Auch die Wälder auf den Anhöhen sind gar keine Wälder: es sind Haare, die auf dem struppigen Kopfe des Waldgreises gewachsen sind. Seinen Bart umspült das Wasser, und unter dem Barte und über den Haaren wölbt sich der hohe Himmel. Auch die Wiesen sind keine Wiesen: ein grüner Gürtel ist es, der den runden Himmel in der Mitte umgürtet; und in der oberen und in der unteren Hälfte wandelt der Mond.

Aber Pan Danilo blickt nicht auf die Ufer, er blickt nur auf sein junges Weib. »Mein junges Weib, meine goldene Katerina, warum bist du in Gram versunken?«

»Ich bin nicht in Gram versunken, mein Pan Danilo! Mich haben die seltsamen Mären vom Zauberer erschreckt. Man erzählt sich, er sei schon so auf die Welt gekommen: schon als Kind wäre er so schrecklich gewesen, daß keines von den anderen Kindern mit ihm spielen wollte. Höre nur, mein Pan Danilo, wie schrecklich das ist, was man von ihm sagt: es scheint ihm immer, daß alle Leute ihn verhöhnen. Wenn er am finstern Abend einen Menschen trifft, so dünkt es ihn gleich, daß jener den Mund auf tut und grinst. Und diesen Menschen findet man am nächsten Tage als Leiche. Mir war so sonderbar, so grauenvoll zumute, als ich diese Mären hörte!« So sprach Katerina. Und sie holte ihr Tuch hervor und wischte damit dem Kinde, das in ihren Armen schlief, das Gesicht ab. Auf dem Tuche waren mit roter Seide Blätter und Beeren gestickt: ihre eigene Arbeit war’s.

Pan Danilo versetzte kein Wort. Er blickte ab und zu ins Dunkel hinüber, wo in der Ferne, hinter dem Walde, ein schwarzer Erdwall zu sehen war, und hinter dem Walde ein altes Schloß ragte. Über seinen Brauen erschienen plötzlich drei tiefe Furchen; mit der linken Hand strich er sich über den kühnen Schnurrbart. »Nicht das ist schrecklich, daß er ein Zauberer ist«, sprach er, »aber schrecklich ist es, daß er ein schlimmer Gast ist. Was fiel ihm ein, sich hierherzuschleppen? Ich hörte, die Polen wollen hier eine Festung errichten, um uns den Weg zu den Saporogern abzuschneiden. Mag es nur wahr sein … Ich werde sein Teufelsnest zerstören, sobald ich auch nur ein Wort davon höre, daß er die Feinde bei sich versteckt hält. Ich werde den alten Hexenmeister verbrennen, daß selbst die Raben nichts mehr zu picken haben werden. Ich denke mir auch, daß er nicht wenig Gold und anderes Gut bei sich hat. Hier wohnt dieser Satan! Wenn er Gold hat … Wir werden gleich Kreuze sehen: das ist ein Friedhof! Hier modern seine unsauberen Ahnen. Man sagt, sie alle seien immer bereit gewesen, sich mitsamt ihren Seelen und ihren zerfetzten Kaftans für einen Groschen dem Teufel zu verkaufen. Wenn er aber in Wahrheit Gold besitzt, so will ich nicht lange zögern: nicht immer kann man es im Kriege erbeuten…«

»Ich weiß, was du im Sinne hast: nichts Gutes verheißt mir die Begegnung mit ihm. Du atmest so schwer, du blickst so streng, so finster sträuben sich die Brauen über deinen Augen! …«

»Schweig, Weib!« sagte Danilo erbost. »Wer sich an euch bindet, der wird selbst zum Weibe. Bursche, gib mir Feuer für die Pfeife!« Er wandte sich zu einem der Ruderer um; dieser klopfte die glimmende Asche aus seiner Pfeife und begann sie in die Pfeife seines Herrn zu stopfen. »Sie schreckt mich mit dem Zauberer!« fuhr Pan Danilo fort. »Der Kosak fürchtet, Gott sei Dank, weder die Teufel noch die römischen Pfaffen. Das wäre gut, wenn wir auf unsere Weiber hörten. Nicht wahr, Burschen? Unser Weib ist die Pfeife und der scharfe Säbel!«

Katerina schwieg und blickte auf das schlafende Wasser hinab, das der Nachtwind furchte, und der ganze Dnjepr schimmerte silbergrau wie ein Wolfsfell im Mondlicht.

Der Einbaum wendete um und hielt sich am waldigen Ufer. Bald wurde hier ein Friedhof sichtbar: morsche Kreuze drängten sich aneinander. Kein Wacholder blühte zwischen ihnen, kein Gras grünte unter ihnen; nur der Mond bestrahlte sie von der Himmelshöhe.

»Hört ihr die Schreie, Burschen? Jemand ruft uns zu Hilfe!« rief Pan Danilo seinen Ruderern zu.

»Wir hören die Schreie, von dieser Seite scheinen sie zu kommen«, sagten die Burschen zugleich und wiesen nach dem Friedhof.

Es war aber schon wieder alles still. Der Kahn wendete wieder um und folgte dem vorspringenden Ufer. Plötzlich ließen die Ruderer ihre Ruder sinken und starrten auf das Ufer hinüber. Auch Pan Danilo war wie erstarrt. Angst und kalter Schauer drangen in die Adern der Kosaken.

Auf einem der Gräber wankte das Kreuz, und leise erhob sich daraus ein vertrockneter Leichnam. Der Bart reichte ihm bis zum Gürtel; lange Krallen waren ´ an den Fingern, viel länger als die Finger selbst. Langsam erhob er die Arme. Sein Gesicht erbebte und verzerrte sich. Schreckliche Qualen schien er zu leiden. »Schwül ist mir! Schwül!« stöhnte er mit wilder, unmenschlicher Stimme. Die Stimme schnitt einem ins Herz wie ein Messer. Und plötzlich versank der Leichnam wieder. Ein anderes Kreuz wankte, und wieder kam ein Leichnam hervor, noch schrecklicher und noch riesenhafter; er war ganz mit Haaren bewachsen, sein Bart reichte bis an die Knie, und die knöchernen Krallen waren noch länger als beim ersten. Noch wilder rief er: »Mir ist so schwül!« und versank in die Erde. Nun wankte ein drittes Kreuz, und ein dritter Leichnam stand auf. Es schien, als ob nur die Knochen allein sich über die Erde erhoben hätten. Der Bart reichte bis an die Sohlen; die Finger mit den langen Krallen bohrten sich in die Erde. Schrecklich warf er die Arme empor, als ob er nach dem Monde greifen wolle, und schrie so auf, als ob ihm jemand seine gelben Knochen zersäge …

Das Kind, das in Katerinas Armen schlief, erwachte mit einem Schrei; die Pani selbst schrie auf; die Ruderer ließen die Mützen in den Dnjepr fallen; auch der Pan fuhr zusammen.

Und plötzlich war alles verschwunden, als wäre es nie gewesen; doch die Burschen griffen noch lange nicht zu ihren Rudern. Voller Sorge blickte Burulbasch auf seine junge Frau, die erschrocken das schreiende Kind wiegte; er drückte sie an sein Herz und küßte sie auf die Stirn. »Fürchte nichts, Katerina! Schau: es ist ja nichts!« sagte er, nach allen Seiten weisend. »Der Zauberer will den Menschen nur Angst machen, damit niemand wagt, seinem unsauberen Nest nahe zu kommen. Doch nur die Weiber allein kann er damit erschrecken! Gib mir den Sohn in den Arm!«

Mit diesen Worten nahm Pan Danilo seinen Sohn, hob ihn in die Höhe und hielt ihn ganz nahe vor seinen Lippen. »Nun, Iwan, fürchtest du dich vor Zauberern? – Sag: Nein, Vater, ich bin ja ein Kosak! – Genug, laß das Weinen! Wir kommen bald nach Hause! Und wenn wir zu Hause sind, wird dir Mutter Brei geben, wird dich in die Wiege legen und dir das Lied singen:

›Lulli, lulli, lulli!

Lulli, Söhnchen, lulli!

Wachse auf zu muntern Spielen,

Wachse auf zu stolzen Zielen,

Ruhm und Zierde der Gemeinde

Und ein Schrecken für die Feinde!‹

Höre, Katerina! Ich glaube, dein Vater will nicht in Frieden mit uns leben. So finster, so verdrießlich kam er hier an, als sei er uns böse … Wenn er mit uns nicht zufrieden ist, was brauchte er herzukommen? Er weigerte sich, auf unsere Kosakenfreiheit zu trinken! Auch unser Kind wollte er nicht auf die Arme nehmen! Anfangs wollte ich ihm alles sagen, was ich auf dem Herzen habe, aber ich konnte nicht sprechen und brachte kein Wort über die Lippen. Nein, er hat kein richtiges Kosakenherz! Wenn sich zwei Kosakenherzen begegnen, so springen sie aus der Brust einander zu! Nun, meine lieben Burschen, sind wir bald am Ufer? Ich will euch neue Mützen schenken. Du, Stetzko, kriegst eine samtene mit Gold. Ich habe sie mal einem Tataren zugleich mit dem Kopfe abgenommen; seine ganze Rüstung fiel mir zu, nur seine Seele allein ließ ich frei. Legt an! Nun sind wir daheim, und du weinst noch immer, Iwan! Nimm ihn, Katerina!«

Alle stiegen ans Land. Hinter dem Berge zeigte sich ein Strohdach: das war Pan Danilos Ahnensitz. Hinter dem Hause ragte noch ein anderer Berg, und dann kam gleich das freie Feld: hundert Werst konnte man da gehen, ohne auf einen einzigen Kosaken zu stoßen.

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Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
13 kasım 2024
Hacim:
1270 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9788026823018
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